DDr. Karl
Lengheimer
DISKUSSIONSUNTERLAGE
Die
Bundeshauptstadt Wien in der Bundesverfassung
Zum Unterschied vom Verfassungsentwurf des
Jahres 1920 kann eine neue Bundesverfassung heute von der Voraussetzung zweier
völlig getrennter, autonomer und gleichberechtigter Bundesländer Wien und
Niederösterreich ausgehen.
Bei den bundesverfassungsrechtlichen Regelungen
über die Bundesländer bzw. die Bundeshauptstadt Wien sind die allgemeinen Ziele
des Konvents zu berücksichtigen, einen knapp gehaltenen Verfassungsentwurf zu
erstellen, der dem einfachen Bundes- und den Landesgesetzgebern eine möglichst
weitgehende Autonomie einräumt.
Die neue Bundesverfassung sollte von einer
Gleichbehandlung der neun Bundesländer ausgehen. Das bedeutet, dass sie
gegenüber allen neun Bundesländern eine gleiche Regelungsdichte einhält und
diesen in gleicher Weise das Recht zukommt, ihre innere Struktur im Rahmen der
bundesverfassungsrechtlich vorgesehenen Grenzen frei zu regeln. Dies gilt
sowohl hinsichtlich der Kompetenzen oder der Behördenstruktur in den einzelnen
Ländern als auch (unter Berücksichtung der Ergebnisse des
Arbeitsausschusses 8) der Organisation der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit
inklusive der allfälligen Einrichtung von Fachsenaten, wie sie derzeit im Art.
111 B-VG vorgesehen sind.
Auch sollte das Land Wien neben dem Organ der
Gesetzgebung die damit verbundenen Kontrollrechte, die Einrichtung von
Landesrechnungshöfen, von Untersuchungsausschüssen und dgl. auf Landesebene
ebenso wie alle anderen Bundesländer einrichten können.
Eine differenzierte
bundesverfassungsgesetzliche Regelung auf Grund des Status des Bundeslandes
Wien als Bundeshauptstadt und Gemeinde ist lediglich hinsichtlich einer dem
derzeitigen Art. 116 Abs. 1 B-VG entsprechenden Regelung der neuen Verfassung
erforderlich, wonach sich jedes Bundesland in Gemeinden gliedert. Dabei sollte
es der Autonomie des Wiener Landesgesetzgebers überlassen bleiben, ob er
ebenfalls innerhalb des Landes eine Gemeindestruktur schafft oder als Land und
Stadt Landesorgane mit jenen Aufgaben betraut, die in anderen Ländern auf Grund
bundesverfassungsrechtlicher Bestimmungen den Gemeinden zukommen.
Unter diesem Aspekt scheint es nicht
erforderlich zu sein, die Bundeshauptstadt in der Bundesverfassung weiterhin in
der Doppelfunktion als Land und Gemeinde (VfGH Slg. Nr. 10203) zu kennzeichnen.
Die Verfassungsbestimmung könnten demnach etwa
wie folgt lauten:
(1. Fassung)
Jedes Bundesland gliedert sich in Gemeinden,
das Bundesland Wien in Bezirke. Ob und inwieweit diesen Aufgaben einer Gemeinde
zukommen, ist durch Landes(verfassungs)gesetz zu regeln.
(2. Fassung)
Jedes Bundesland gliedert sich in Gemeinden.
Das Bundesland Wien ist als Bundeshauptstadt gleichzeitig Gemeinde im Sinne der
Art. ... (derzeitige Art. 115 bis 120 B-VG)..., soweit nicht durch
Landes(verfassungs)gesetz eine weitere territoriale Gliederung in Gemeinden
erfolgt.
(3. Fassung)
Jedes Bundesland gliedert sich in Gemeinden.
Das Bundesland Wien ist als Bundeshauptstadt gleichzeitig Gemeinde im Sinne der
Art. ... (derzeitige Art. 115 bis 120 B-VG).