DER PRÄSIDENT

 

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DES VERWALTUNGSGERICHTSHOFES

 

Univ.Prof. Dr. Clemens Jabloner

 

 

 

Herrn

Generalsekretär

Mag. Werner WUTSCHER

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Stubenring 1

1010  Wien     Wien, am 9. Dezember 2003

 

 

 

Sehr geehrter Herr Generalsekretär!

 

Zu Ihrem Schreiben an den Vorsitzenden des Ausschusses 3, Univ.Prof. Dr. Holzinger, erlaube ich mir die folgenden Bemerkungen. Zwar wird im Brief soweit korrekt wiedergegeben, dass unterschiedliche Positionen zur Frage des Legalitätsprinzips eingenommen wurden. Die Diskussion dieser Standpunkte findet aber keinen Niederschlag, was ich als Mangel empfinde. Mir ist Folgendes in Erinnerung:

- Gegen den Vorsitz wurde eingewendet, dass bei Zugrundelegung der heutigen Judikatur des VfGH, aber auch des VwGH, und bei Berücksichtigung der herrschenden Lehre Art. 18 B-VG nicht so verstanden werden muss, dass es zu einer Überdeterminierung des Verwaltungshandelns kommt. Dem wurde meines Erachtens nichts Konkretes entgegengehalten. Insbesondere müsste man aus verwaltungsreformatorischer Sicht - in seriöser wissenschaftlicher Ausarbeitung - dann genau jene Felder des Verwaltungshandelns bezeichnen, in denen - von einem bestimmten Standpunkt her gesehen - Änderungen notwendig sind, diese aber im herrschenden Verfassungsrecht nicht gedeckt sind.

- In der Diskussion habe ich darauf hingewiesen, dass ich mir - bei Wahrung des rechtsstaatlichen Aspekts des Art. 18 B-VG - eine Änderung im Bereich der Verordnungsgebung nach Abs. 2 vorstellen könnte (analog dem Text von 1920). Allenfalls könnte sogar ein neuer Typus einer "selbstständigen Verordnung" in Betracht gezogen werden. Dieser Vorschlag wurde auch von anderen Sitzungsteilnehmern (Wielinger, auch Raschauer) mit Interesse aufgenommen.

- Ich habe ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht und zu erklären versucht, dass eine Abschwächung des Legalitätsprinzips mit einer Verdichtung des gerichtlichen Kontrollmaßstabes einhergehen könnte. Auch dieser Gedankengang sollte meines Erachtens nicht verloren gehen.

- Über das Gemeinschaftsrecht schließlich wurde kaum diskutiert, insbesondere auch nicht darüber, ob ein verminderter Standard der Legalität in diesem Rechtsbereich Änderungen des Art. 18 Abs. 1 B-VG nach sich ziehen sollte.

Ich möchte nicht lästig fallen, aber beim Legalitätsprinzip handelt es sich um ein zentrales Element der österreichischen Bundesverfassung. Für die weitere Arbeit des Ausschusses 3 kommt es meines Erachtens auch auf jede Nuancierung der Botschaft aus dem Ausschuss 6 an. Insoweit werde ich mir, sehr geehrter Herr Generalsekretär, erlauben, mit dem Vorsitzenden des Ausschusses 3 auch ein bilaterales Gespräch zu führen, um ihm meine Einschätzung nahe zu bringen.

 

Mit den besten Grüßen

Clemens Jabloner e.h.