Werner Wutscher                                                                                       15. Dezember 2003

 

 

 

 

Reformaspekte zu

Gemeindebereich und Agrarbehörden

sowie Lösungsaspekte zu offenen Fragen

 

Diskussionsgrundlage

für die 5. Ausschusssitzung des Ausschusses 6

am 17. Dezember 2003

 

 

 

 

 

 

 

  I. Offene Fragen zur Weisungsfreistellung .......................................................... 2

            1. Verfassungsrechtliche Varianten der Weisungsfreistellung

            2. Verdeutlichung eines Lösungsansatzes samt Textvorschlag

 II. Offene Fragen zur Flexibilisierung der Verwaltungsorganisation .................. 4

            1. Beseitigung unklarer Ausgliederungsschranken (samt Textvorschlag)

            2. Gebietskörperschaftsübergreifende Einrichtungen (samt Textvorschlag)

            3. Aufhebung wechselseitiger Bindungen und Zustimmungsrechte

III. Reformaspekte im Gemeindebereich ................................................................ 7

            1. Verwaltungsreformatorische Neutralität des Gemeindeverfassungsrechts

            2. Zur Aufgabenwahrnehmung und zum Rechtsschutz

            3. Keine Doppelgleisigkeiten in der Kontrolle

IV. Zu den Agrarbehörden ....................................................................................... 8
 V. Vorschlag für die Neustrukturierung der Art. 19 bis 23 B-VG ........................ 8
Ausblick auf die weiteren Ausschussthemen und -termine ................................. 9

 

Anlage: Die große Vielfalt weisungsfreier Organe .............................................. 10


I. Offene Fragen zur Weisungsfreistellung

1. Verfassungsrechtliche Varianten der Weisungsfreistellung

Unter Berücksichtigung der vielfältigen Welt der weisungsfreien Organe, wie sie in der Anlage auf über drei Seiten aufgelistet sind, zeigt sich deutlich, dass eine ge­samthafte verfassungsrechtliche Lösung der Weisungsfreistellungsproblematik drin­gend erforderlich ist, will man bei der gesetzlichen Determinierung der Verwaltungs­organisation nicht ständig punktuell erforderliche Weisungsfreistellungen in der ver­pönten Form von Verfassungsbestimmungen im jeweiligen Materiengesetz provozie­ren. (An der Annahme, dass an der Weisungsfreiheit der derzeit weisungsfrei gestell­ten Organe nicht gerüttelt werden soll, hat sich nichts geändert.)

            Wie bereits im Diskussionspapier für die 3. Ausschusssitzung angeführt, gibt es mehrere verfassungslegistische Möglichkeiten, um eine einfachgesetzliche Wei­sungsfreistellung herbeizuführen:

1.      Die inhaltliche Definition jenes Bereiches der Verwaltung, der per einfachem Ge­setz weisungsfrei gestellt werden kann.
Diese Vorgangsweise wird im Ausschuss 7 gewählt, um insbesondere Regulierungsbehörden zu erfassen. Gleichzeitig wird versucht, eine Formulierung zu finden, die möglichst viele der derzeit weisungsfrei gestellten Behörden mit berücksichtigt.

 

2.      Die Verwendung des Behördentypus der sog. "133 Z 4 – Behörde" gewisserma­ßen als "Gesetzesvorbehalt" zur strikten verfassungsrechtlichen Weisungsbin­dung (Art. 20 Abs. 2 B-VG).
Im Ausschuss 9 wird versucht, die von diesen Behörden wahrgenommenen Angelegenheiten in den Aufgabenbereich von Verwaltungsgerichten erster Instanz zu integrieren.

 

Als dritte Möglichkeit wurde bereits in der 3. Ausschusssitzung die Frage erörtert, ob nicht die Schaffung eines relativ allgemein gehaltenen Gesetzesvorbehaltes eine zweckmäßige Lösung sein könnte. Im Fokus dieses Lösungsansatzes stand insbe­sondere die breite Vielfalt der verschiedensten weisungsfreien Organe, die in nahezu allen Bereichen des besonderen Verwaltungsrechts anzutreffen sind. Es dürfte näm­lich legistisch nicht ganz einfach sein, für alle diese Organe eine taugliche Umschrei­bung zu finden, um deren Weisungsfreistellung weiterhin zu ermöglichen.

            Auch aus einem verwaltungsreformatorischen Blickwinkel heraus betrachtet kann es nicht einerlei sein, mit welchem Konsensquorum eine rechtspolitisch ge­wünschte unabhängige Organstellung beschlossen wird. Noch dazu wo eine gewisse Unabhängigkeit bereits heute zu einem mehrfach anzutreffenden Phänomen der Ver­waltung und damit – trotz der Abweichung vom Weisungsprinzip – auch zur österrei­chischen Verwaltungskultur zählt.


2. Verdeutlichung eines Lösungsansatzes samt Textvorschlag

Die zuvor angesprochene Lösung wurde in der Sitzung teilweise heftig abgelehnt, weil darin eine im Belieben des einfachen Gesetzgebers stehende Weisungsfreistel­lung gesehen wurde, die letztlich (im Zusammenhang mit der Lockerung des Legali­tätsprinzips) zu einer Gesamtänderung (!) der Bundesverfassung führen könnte.

            Um solche Missverständnisse zu vermeiden, sei auf die flankierenden Um­stände des vorgeschlagenen Lösungsansatzes hingewiesen, die nochmals verdeut­licht werden sollen:

·        Die Freistellung vom Weisungsprinzip soll auch weiterhin einen Ausnahmecharak­ter haben, der sachlich zu begründen sein wird und steht damit nicht zur freien Disposition des einfachen Gesetzgebers. Diese Ausnahmesituation könnte durch eine entsprechende Stellung bzw. Formulierung oder durch eine eindeutige Erläu­terung des Verfassungstextes effektuiert werden.
Auch wenn es tatsächlich "im Belieben" des einfachen Gesetzgebers stünde, so wäre das immer noch der Beschluss eines demokratisch legitimierten Gesetzgebers.

 

·        Trotz Weisungsfreistellung soll ein verdünnter Einfluss erhalten bleiben. Eine sol­chermaßen im Ergebnis gelockerte Weisungsbindung ermöglicht einerseits sach­lich erforderliche Steuerungsmöglichkeiten wie auch die angemessene Wahrneh­mung politischer Verantwortlichkeiten. Als allgemeine Steuerungsmittel könnten Ernennungs- und Abberufungsbefugnisse sowie Richtlinienkompetenzen dienen.

 

Damit könnten abgestufte Formen der Unabhängigkeit erreicht werden und nicht nur wie derzeit eine umfassende Weisungsbindung oder eine völlige Weisungsfreiheit. Es wird daher folgender – leicht adaptierter – Textvorschlag nochmals zur Diskussion gestellt:

Textvorschlag:

 

   (x) [Statuierung des Weisungsprinzipes auf Basis des Art. 20 Abs. 1 B-VG]

 

  (y) Durch Gesetz können erforderlichenfalls/ausnahmsweise weisungsfreie Organe geschaffen wer­den. Dem zuständigen obersten Organ verbleibt eine der Art der jeweiligen Verwaltungsgeschäfte ent­sprechende allgemeine Leitungs- und Aufsichtsbefugnis.

 

            Es erscheint durchaus legitim, im Zuge der Konventsberatungen mehrere Lö­sungsansätze zu verfolgen und im Rahmen der Zwischenberichte verschiedene Er­gebnisse vorzuschlagen, die in der Folge gegenüber gestellt werden können. Gerade unterschiedliche Perspektiven auf eine Problemlage erhöhen die Entscheidungsratio­nalität.

            Weiters ist darauf hinzuweisen, dass derzeit die Weisungsfreistellung auch Gegenstand eines anhängigen VfGH-Verfahrens (G 363/02) zum Rechtsschutzbe­auftragten nach dem MilitärbefugnisG ist.

 


II. Offene Fragen zur Flexibilisierung der Verwaltungsorganisation

In der 3. Ausschusssitzung wurden die Flexibilisierungsmöglichkeiten der Verwal­tungsorganisation nicht abschließend behandelt. Unter Berücksichtigung des jewei­ligen Diskussionsstandes werden daher die einzelnen Punkte wieder aufgegriffen und zur Diskussion gestellt.

 

1. Beseitigung unklarer Ausgliederungsschranken (samt Textvorschlag)

Die rege Ausgliederungstätigkeit in den letzten Jahren hat zwei Hauptfragen aufge­worfen:

1.   Wo verlaufen die verfassungsrechtlich zulässigen Ausgliederungsschranken ?

2.   Wie verhindert man die Unübersichtlichkeiten und Strukturmängel im Bereich der ausgegliederten Rechtsträger ?

 

In der Bundesverwaltung haben die Bundesministerien derzeit eine Stellung als verfassungsrechtlich exklusiv vorgesehener Hilfsapparat des Bundesministers inne (Art. 77 Abs. 1 B-VG). Den Bundesministerien können weiters "unterstellte Ämter" nachgeordnet werden. Darüber hinaus erlaubt die Judikatur des VfGH in Maßen die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben an Rechtsträger außerhalb der staatlichen Verwaltung (Beleihung). Unklar bleibt freilich einerseits, wo die vom VfGH angedeu­teten Beleihungsgrenzen tatsächlich verlaufen und anderseits, inwieweit öffentliche Aufgaben, die nicht in öffentlich-rechtlicher Rechtsform wahrgenommen werden, auch von Ausgliederungsschranken begrenzt sind.

            Die angesprochene Organisationsstruktur hat sich im Großen und Ganzen bewährt und soll daher grundsätzlich weiter bestehen. Dennoch ist den Ausgliede­rungsbedürfnissen insoferne Rechnung zu tragen, als eine verfassungsrechtliche Klarstellung im Hinblick auf die mögliche Übertragung von Aufgaben an öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche juristische Personen erfolgen sollte.

            Ausgliederungen stellten schon bisher bloß Ausnahmen von der staatlichen Aufgabenwahr­nehmung dar. Unter einem rein quantitativen Personalgesichtspunkt lässt sich zeigen, dass seit 1991 beim Bund eine Ausgliederungsquote von lediglich 8,4 % zu verzeichnen ist (ohne Post und ÖBB).

 

            Für die Länder und Gemeinden gilt eine ähnliche Problemlage, wobei im Aus­schuss die einhellige Meinung vertreten wurde, dass die Ämter der Landesregierung nicht geteilt werden und unter einer einheitlichen inneren Leitung stehen sollen.

            Der nachfolgende Textvorschlag versucht diese Aspekte zu berücksichtigen, wobei vorerst eine für den Bund und die Länder gleichermaßen passende Bestim­mung vorgeschlagen wird (angesiedelt im Umkreis des derzeitigen Art. 20 B-VG). Im Bereich dieser Bestimmung könnte noch zusätzlich die Anforderungen des VfGH nach effizienter Verwaltungsführung unmittelbar positiviert werden, da das derzeit geltende Effizienzgebot sich bloß indirekt über die Kriterien der Rechnungshofkon­trolle herleiten lässt. Organisationsgrundsätze, die bloß für den Bund, für die Länder oder für die Gemeinden gelten sollen, wären in die jeweiligen B-VG-Abschnitte aufzu­nehmen.

Textvorschlag:

 

   (x) Zur Besorgung der Geschäfte der obersten Organe sind die ihnen unterstellten Ämter berufen und können erforderlichenfalls Rechtsträger [außerhalb der Verwaltungsorganisation] betraut wer­den.

 

            Damit der Vorteil einer erhöhten Flexibilität nicht in eine völlige Strukturlosig­keit der Verwaltungslandschaft umschlägt, wäre – gewissermaßen als Weiterentwick­lung des Gesellschaftsrechts für den öffentlichen Bereich – an die einfachgesetzliche Schaffung von Organisationstypen zu denken, die die spezifischen Anforderungen an ausgegliederte Rechtsträger berücksichtigen (wie z.B. die Gewährleistung der erfor­derlichen parlamentarischen Kontrolle, die Berücksichtigung hoheitlicher Aufgaben­wahrnehmung oder abgestimmte Haftungsstandards). Das Bestehen solcher Organi­sationstypen könnte allen Gebietskörperschaften den Einsatz ausgereifter Ausgliede­rungsmodelle ermöglichen.

 

2. Gebietskörperschaftsübergreifende Einrichtungen (samt Textvorschlag)

Die Möglichkeit der Errichtung von gemeinsame Bund-Länder- bzw. Länder-Länder-Einrichtungen wurde in der 3. Ausschusssitzung einhellig befürwortet. Dafür sollten folgende einfachgesetzlich umzusetzende Prinzipien gelten:

·        Errichtung durch Bund oder ein Bundesland; organisatorische Verantwortung der errichtenden Gebietskörperschaft; oberste organisatorische Leitung und Aufsicht durch oberstes Organ der errichtenden Gebietskörperschaft; in dieser Hinsicht parlamentarische Kontrolle durch die Volksvertretung der errichtenden Gebiets­körperschaft.

·        Rechtsform: Amt einer Gebietskörperschaft oder juristische Person des öffentli­chen (oder privaten) Rechts.

·        Typische Organisation: ein oder zwei auf Zeit bestellte Geschäftsführer; Kuratori­um als Aufsichtsorgan, in dem die übertragenen Gebietskörperschaften vertreten sind; Kuratorium bestellt Geschäftsführer.

·        Hoheitliche und/oder nicht-hoheitliche Befugnisse.

·        Übertragung von Befugnissen: hoheitliche Befugnisse durch Gesetz, sonst nach Maßgabe der gebotenen Rechtsform.

·        Koordination der Betrauung: entweder Art. 15a-Vereinbarung oder der Errich­tungsakt selbst regelt bereits die Betrauung (generelle Zustimmung), sonst Zu­stimmung der Regierung der errichtenden Gebietskörperschaft im Einzelfall.

·        Funktionelle Zurechnung: die Einrichtung agiert (wie Gemeinde oder Gemeinde­verband) als Organ jener Gebietskörperschaft, deren Aufgaben jeweils wahrge­nommen werden; dementsprechend fachliche Leitung und Aufsicht durch die betrauende Gebietskörperschaft und Amtshaftung (bei hoheitlichen Befugnissen) der betrauenden Gebietskörperschaft; von der Einrichtung erlassene Verordnun­gen sind dementsprechend Bundesverordnungen oder Verordnungen des betref­fenden Bundeslandes i.S. von Art. 139 B-VG.

·        Entsprechende Ergänzung der Bestimmungen über die Rechnungshofkontrolle; Erfordernis getrennter Datenverarbeitung ergibt sich schon nach dem Daten­schutzG 2000.

Auf verfassungsrechtlicher Ebene könnte möglicherweise der eine, an Art. 9 Abs. 2 B-VG orientierte Satz genügen:

Textvorschlag:

 

   (x) Durch Gesetz können einzelne Hoheitsrechte des Bundes und der Länder auf gemeinsame Ein­richtungen übertragen werden. Die Verantwortlichkeit für die Wahrnehmung der übertragenen Aufga­ben bleibt unberührt.

 

3. Aufhebung wechselseitiger Bindungen und Zustimmungsrechte

Von den verschiedenen verfassungsrechtlichen Vorschriften, die die Ausgestaltung der Verwaltungsorganisation an die Zustimmen einer fremden Gebietskörperschaft binden, könnten folgende entfallen:

·        Die landesgesetzliche Änderung von Organisationsstrukturen der Ämter der Lan­desregierung und der Bezirksverwaltungsbehörden bedarf der Zustimmung der Bundesregierung (Art. 15 Abs. 10 B-VG).

 

·        Die Änderung der Grenzen der Verwaltungsbezirke bedarf der Zustimmung der Bundesregierung (§ 8 Abs. 5 lit. d Übergangsgesetz 1920).

 

·        Die Änderung der Grenzen der Gerichtsbezirke bedarf der Zustimmung der je­weiligen Landesregierung (§ 8 Abs. 5 lit. d Übergangsgesetz 1920).

 

·        Die Geschäftseinteilung der Landesregierung bedarf der Zustimmung der Bun­desregierung, soweit die mittelbare Bundesverwaltung betroffen ist (§ 2 Abs. 5 BVG-ÄmterLReg).

 

Das BVG aus 1925 über die "Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien" (BVG-ÄmterLReg) könnte zwar in der derzeitigen Form aufgehoben werden. Allerdings wäre in das B-VG der Grundsatz zu übernehmen, dass die Ämter der Landesregierung in ihrer Einheitlichkeit erhalten bleiben und der "innere Dienst" unter der Leitung des Landeshauptmannes sowie des Landesamtsdirektors stehen sollen.

 

III. Reformaspekte im Gemeindebereich

1. Verwaltungsreformatorische Neutralität des Gemeindeverfassungsrechts

Die rund 2.360 Gemeinden stellen einen wesentlichen Faktor in der österreichischen Verwaltungslandschaft dar und haben demgemäß ein nicht unbedeutendes Reform­potenzial. Unter rein verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten lassen sich freilich nicht allzu viele verwaltungsreformatorische Ansätze erkennen. Eine allfällige Neu­ausrichtung des Gemeinde-Verfassungsrechts wird daher im Ausschuss 3 stattfin­den, wo die Gemeinden unter institutionellen Gesichtspunkten behandelt werden. Auf einzelne Punkte könnte aber aus der Perspektive des Ausschusses 6 zumindest hin­gewiesen werden.

            Die Einrichtung der Gemeinde als Selbstverwaltungskörper verschafft ihr ein hohes Ausmaß an Autonomie und Eigenverantwortung. Es empfiehlt sich daher, groß angelegte Strukturreformpläne wie Gemeindezusammenlegungen u.ä. eher vor­sichtig zu betreiben, da die Erfahrung zeigt, dass Eingriffe von außen auf Seiten der Gemeinden zu starken Abwehrreaktionen führen, die letztlich auch die angestrebten Reformziele vereiteln.

            Verfassungsrechtlich von zentraler Bedeutung für die Gemeinden sind der "eigene Wirkungsbereich" als Kernstück der Gemeindeautonomie und ihre rechtliche Position als "Einheitsgemeinde". Beide Aspekte sind aus der Sicht der Verwaltungs­reform relativ neutral. Die Möglichkeit zur Bildung von Gemeindeverbänden (Art. 116a B-VG) stellt eine wichtige Form der interkommunalen Zusammenarbeit sicher und sollte selbstverständlich erhalten bleiben.

            Die Zusammenfassung von Ortsgemeinden zu Gebietsgemeinden erscheint dem gegenüber nicht zweckmäßig, da damit eine neue Verwaltungsebene in die ohnehin schon vielschichtige Verwaltungslandschaft eingezogen würde. Die entspre­chende Bestimmung in Art. 120 B-VG hat heute nur mehr einen bloß programmati­schen Charakter aus der Entstehungszeit des B-VG. Der Art. 120 B-VG könnte daher gänzlich entfallen.

 

2. Zur Aufgabenwahrnehmung und zum Rechtsschutz

Die Gemeinden sind heute die Hauptakteure in der Daseinsvorsorge, die allerdings zumeist unterhalb der "verfassungsrechtlichen Wahrnehmungsschwelle" erfolgt und deshalb im Konvents-Zusammenhang nicht von zentraler Bedeutung ist.

            Im Rahmen der hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung ist als Besonderheit auf das Rechtsmittel der "Vorstellung" gegen Entscheidungen aus dem Bereich des eige­nen Wirkungsbereiches der Gemeinde hinzuweisen, das sich als recht schwerfällig erweisen kann, weil darüber von der jeweiligen Aufsichtsbehörde bloß kassatorisch entschieden wird.

 

3. Keine Doppelgleisigkeiten in der Kontrolle

Die Gebarungskontrolle der Gemeinden findet derzeit im Rahmen der Gemeindeauf­sicht statt und wird von Organen des jeweiligen Amtes der Landesregierung durchge­führt. Da sich diese Kontrolle bewährt hat, sollte es auch dabei bleiben. Die flächen­deckende Heranziehung des Rechnungshofes bzw. der Landesrechnungshöfe würde zu Doppelgleisigkeiten in der Kontrolle führen und ist deshalb abzulehnen.             (Ähnliches wäre auch im Hinblick auf die Kontrolle der Landesverwaltung zu erwägen.)

 

 

IV. Zu den Agrarbehörden

Die Ausgestaltung der erstinstanzlichen Agrarbehördenstruktur obliegt dem einfa­chen (Landes-)Gesetzgeber und ist somit nicht zentraler Betrachtungsgegenstand des Österreich-Konvents.

            Auf Landes- und Bundesebene sind allerdings gemäß Art. 12 Abs. 2 B-VG in Angelegenheiten der Bodenreform (Agrar-)Senate als Verwaltungsbehörden aus­drücklich vorgesehen. Diese kollegialen Rechtsmittelbehörden bedürften freilich keiner verfassungsrechtlichen Verankerung. Der Art. 12 Abs. 2 B-VG könnte daher entfallen.

 

 

V. Vorschlag für die Neustrukturierung der Art. 19 bis 23 B-VG

Viele der in diesem Ausschuss zu erarbeitenden Textvorschläge dürften in den Re­gelungsbereich der Art. 19 bis 23 B-VG fallen. Es wäre daher zu erwägen, ob diese Verfassungsbestimmungen unter Einschluss der vorzuschlagenden Texte neu zu­sammengefasst und geordnet werden sollten. In diesem Rahmen könnten auch die "politischen Funktionäre" [Öffentliche Funktionäre] eine neue verfassungsrechtliche Grundlage erhalten, die derzeit in Gestalt des Art. 19 B-VG [Oberste Organe] nur ungenügend und missverständlich besteht.

 

Art. .. Oberste Verwaltungsorgane

   (1) Die obersten Verwaltungsorgane sind der Bundespräsident, die Bundesregierung und deren Mitglieder sowie die Landesregierungen.

   (2) [Weisungsprinzip]

   (3) [Ausnahmen vom Weisungsprinzip]

   (4) [Grundsätze der Verwaltungsorganisation]

   (5) [Effizienzgebot]

 

 

Art. .. Öffentliche Funktionäre

   (1) Öffentliche Funktionäre sind die Amtsträger der obersten Verwaltungsorgane sowie ...

   (2) Durch Gesetz werden die Bezüge und die erwerbswirtschaftliche Betätigung außerhalb der öffentlichen Funktion geregelt.

 

 

Art. .. Öffentlicher Dienst

 

 

Art. .. Auskunftspflicht/Amtsgeheimnis

 

 

Art. .. Amtshilfe (??)

 

 

Art. .. Amtshaftung

 

 

 

Ausblick auf die weiteren Ausschussthemen und -termine

6. Ausschusssitzung am Mittwoch, den 7. Jänner 2004, 14.00 – 17.00 Uhr

·        Besondere Verwaltungsbereiche

            - Sicherheitsbehörden

            - Schulbehörden

 

Weitere Termine:

Freitag, 30. Jänner 2004, 14.00 – 17.00 Uhr

Dienstag, 17. Februar 2004, 9.00 – 12.00 Uhr

Freitag, 27. Februar 2004, 9.00 – 12.00 Uhr

Dienstag, 9. März 2004, 9.00 – 12.00 Uhr

 


Anlage

 

 

Die große Vielfalt weisungsfreier Organe

 

Weisungsfreie Behörden, die in den Ausschüssen 7 und 9
zu behandeln sind

·        Regulierungsbehörden – mit zahlreichen fugitiven Verfassungsbestimmungen

·        Kollegiale "133 Z 4 – Behörden" mit richterl. Einschlag gem. Art. 20. Abs. 2 B-VG inkl. Agrarsenate, Oberster Patent- und Markensenat, Datenschutzkommission, Umweltsenat, Übernahmekommission, Börseberufungssenat, Bundeskommunika­tionssenat, Disziplinarsenate nach Kammerrecht, Schiedskommissionen nach ASVG, Krankenanstaltenrecht und Sozialhilferecht, regulierungsbehördliche Kom­missionen, Unabhängige Heilmittelkommission Landesvergabeämter u.v.a.m.

·        Unabh. Verwaltungssenate (UVS), Unabh. Bundesasylsenat (UBAS), Bundesver­gabeamt

·        Selbstverwaltung inkl. Kammern, Sozialversicherungsträger, Jägerschaften, Wassergenossenschaften und -verbände, Agrargemeinschaften, Hochschüler­schaft sowie Universitäten

 

Gesamtübersicht der weisungsfreien Behörden und Organe

Es wird von der Prämisse ausgegangen, dass ausgegliederte Rechtsträger außer­halb der Hoheitsverwaltung nur dann weisungsgebunden sind, wenn dies ausdrück­lich gesetzlich angeordnet ist (VfSlg. 15.946/2000; VfGH v. 10.10.2003, G 222/02).

 

·        Oesterreichische Nationalbank
(1. allgemein, 2. Verfassungsbestimmung § 79 Abs. 5 BWG)

·        Finanzmarktaufsicht
(Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 FMABG)

·        Vorstandsvorsitzende der Post-Nachfolge-Unternehmen
(Verfassungsbestimmung § 17a PoststrukturG)

·        Schulräte (Art. 81a Abs. 4 B-VG)

·        Mitglieder der Kollegialorgane der Universitäten und Kunstuniversitäten (Verf.bestimmungen § 13 Abs. 2 UOG und § 14 Abs. 2 KUOG i.V.m. § 20 UniG)

·        Prüfungskommission (Verfassungsbestimmung § 29 Abs. 6 BDG)

·        Berufungskommission (Verfassungsbestimmung § 41a Abs. 6 BDG)

·        Berufungskommission (Verfassungsbestimmung § 73a HeeresdiszG)

·        Leistungsfeststellungskommission (Verfassungsbestimmung § 88 Abs. 4 BDG)

·        Disziplinarkommission (Verfassungsbestimmung § 102 Abs. 2 BDG)

·        Disziplinarkommission (Verfassungsbestimmung § 15 Abs. 5 HeeresdiszG)

·        Disziplinarkommissionen
(Verfassungsbestimmungen § 91 Abs. 2 Landeslehrer-DienstrechtsG
und § 99 Abs. 2 land- und forstwirtschaftliches Landeslehrer-DienstrechtsG)

·        Gutachterkommission (Verfassungsbestimmung § 207j Abs. 7 BDG)

·        Begutachtungskommission
(Verfassungsbestimmung § 7 Abs. 6 AusschreibungsG)

·        Weiterbestellungskommission
(Verfassungsbestimmung § 18 Abs. 3 AusschreibG)

·        Aufnahmekommission (Verfassungsbestimmung § 34 Abs. 1 AusschreibungsG)

·        Auswahlkommission
(Verfassungsbestimmung § 14 Abs. 10 Statut auswärtiger Dienst)

·        Viele ähnliche dienstrechtliche Kommissionen der Länder

·        Gleichbehandlungskommission
(Verfassungsbestimmung § 24 Abs. 5 BundesGleichbehG)

·        Gleichbehandlungskommission
(Verfassungsbestimmung § 10 Abs. 1a GleichbehG)

·        Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen
(Verfassungsbestimmung § 40 Abs. 7 UOG und § 39 Abs. 7 KUOG)

·        Viele ähnliche Kommissionen der Länder

·        Beschwerdekommission (Verfassungsbestimmung § 4 WehrG)

·        Menschenrechtsbeirat (Verfassungsbestimmung § 15a SPG)

·        UVS (Art. 129b Abs. 2 B-VG)

·        Bundesvergabeamt (Verfassungsbestimmung § 139 Abs. 1 BVergG)

·        Bundes-Vergabekontrollkommission

·        Unabhängiger Bundesasylsenat (Art 129c Abs. 3 B-VG, § 38 AsylG)

·        Unabhängiger Finanzsenat
(Verfassungsbestimmungen § 1 UFSG, § 271 Abs. 1 BAO, § 66 Abs. 1 FinStrG;
§ 85d ZollR-DG)

·        Berufungssenat (§ 48 Wr. Stadtverfassung ?)

·        Disziplinarkommissionen (Verfassungsbestimmung des § 19 Abs. 7 ApothG)

·        Schiedsstelle nach Art. III UrhGNov 1980 (Verfassungsbestimmung des § 4)

·        Umweltanwaltschaften (z.T. Verfassungsbestimmungen der Länder)

·        Kinder- und Jugendanwaltschaften (?)

·        Patienten- und Pflegeanwaltschaften (?)

·        Rechtsschutzbeauftragte
(§ 149n StPO, § 62a SPG, § 57 MBG – nur einfachgesetzlich)

·        Sicherheitsvertrauenspersonen
(Verfassungsbestimmung § 11 Abs. 2 BundesBedSchutzG)

·        Sicherheitsfachkräfte (bei Anwendung ihrer Fachkunde)
(Verfassungsbestimmung § 73 Abs. 3 BundesBedSchutzG)

·        Gleichbehandlungsbeauftragte und Kontaktfrauen
(Verfassungsbestimmung § 37 Abs. 1 BundesGleichbehG)

·        Einsatzstraforgane (Verfassungsbestimmung § 81 Abs. 3 HeeresdiszG)

·        Fachhochschulrat (Verfassungsbestimmung § 7 Abs. 4 FHStG)

·        Akkreditierungsrat (Verfassungsbestimmung § 4 Abs. 2 UniAkkrG)

·        Flugunfalluntersuchungsstelle (Verfassungsbestimmung § 4 Abs. 4 FlUUG)

·        Bundesmuseen im Rahmen ihrer Privatrechtsfähigkeit
(§ 31a Abs. 7 FOG, einfachgesetzlich)

·        Leiter der Statistik Österreich (in fachlichen Fragen)
(§ 38 Abs. 1 B-StatG, einfachgesetzlich)

·        Generaldirektor für Wettbewerb (Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 3 WettbewG)

·        Ethikkommissionen (z.T. einfachgesetzlich, sonst vorausgesetzt)

·        ORF (Art. I Abs. 2 Rundfunk-BVG i.V.m. ORF-G ?)

 

Weisungsfreiheit vorausgesetzt

·        Organe des Entschädigungsfonds

·        Organe des NS-Opferfonds

·        Organe des Nationalfonds

·        Kuratorium des Versöhnungsfonds

·        Schiedsgericht nach § 5 BVG Landesgrenze Wien-NÖ

·        Grenzkommission (§ 8 BVG Staatsgrenze Ö-BRD iVm Art. 19 Grenzvertrag 1972)

·        Grenzkommission (§ 9 BVG Staatsgrenze Ö-CH iVm Art. 16 Grenzvertrag 1970)

·        Grenzkommission (verfassungsändernder Vertrag mit Liechtenstein aus 1960)

 

Grenzfälle

·        Bundesrechenzentrum GmbH (lt. Kucsko-Stadlmayer Weisung nicht angeordnet)

·        Arsenal GmbH (lt. Kucsko-Stadlmayer Weisung nicht angeordnet)

·        Agrarmarkt Austria (lt. Raschauer Weisung nicht klar geregelt)

·        Arbeitsmarktservice (lt. Raschauer Weisung nicht klar geregelt)

·        Wr. Bauoberbehörde (Art. 111 B-VG i.V.m. § 138 Wr. BauO)

·        Wr. Abgabenberufungskommission (Art. 111 i.V.m. § 203 Wr. AbgO)

·        Österreichische Bundesfinanzierungsagentur

·        Österreichische Kontrollbank (Meldestelle nach BörseG, Ausfuhrförderung)

·        Kommunalkredit Austria (Abwicklungsstelle nach UmweltförderungsG)

·        Verrechnungsstellen (APCS u.a.) nach VerrechnungsstellenG (insb. im Fall der Aufhebung durch VfGH)

·        Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses (§ 225g AktG)

·        Personalvertretungen

·        Prüfer/Prüforgane

·        Amtssachverständige

·        Beiräte, Kommissionen

 

Allenfalls rechtspolitisch interessant

·        Kommunikationskommission Austria (KommAustria)

·        Hauptverband der österr. Sozialversicherungsträger (falls künftig nicht als Selbstverwaltung eingerichtet)

·        Staatsanwaltschaften

·        Bundeskartellanwalt

·        Beitragsregime der gesetzlich anerkannten Kirchen

 

Ausgeklammert

sind zwischenstaatliche Einrichtungen wie z.B. der Verwaltungsrat nach dem Int. Energieprogramm oder die Ministerkonferenz nach WTO-Abkommen u.v.a.m.