9. Juli 2004

 

Erste Stellungnahme

zur zweiten Ergänzung des 6er-Mandates

betr. Pkt. 3 (öffentlicher Dienst)

 

 

 

Vorbemerkung

Eine Hauptaufgabe des Österreich-Konvents besteht ua. in der „Durchforstung“ der bestehenden Verfassungsrechtslage im Hinblick auf nicht erforderliche Verfassungs­bestimmungen. Folgerichtig ist auch bei der Neuformulierung von Verfassungsrecht darauf zu achten, dass ein im Sinne dieser Aufgabe verfassungspolitisch vertretbares Maß an Regulierungsdichte nicht überschritten wird.

 

 

Aus dem Ausschussbericht des 6er-Ausschusses

 

Der Ausschuss 6 ist unter Berücksichtigung der in der Vorbemerkung erwähnten As­pekte übereingekommen, auch für die Zukunft eine knappe verfassungsrechtliche Grundlage für den öffentlichen Dienst zu erarbeiten und hat im Konsens folgende Bestimmung vorgeschlagen:

 

„Unparteilichkeit, Gesetzestreue und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sind zu sichern.“

 

Wie bereits auf S. 23 des Ausschussberichtes erwähnt, unterblieb die verfassungs­rechtliche Festlegung der Rechtsform von öffentlichen Dienstverhältnissen, um dem einfachen Gesetzgeber in die Lage zu versetzen, auf Grundlage der Kompetenz zur Erlassung von Gesetzen dienstrechtlichen Inhaltes eine Auswahlentscheidung zu treffen. Es wurde seitens des Ausschusses nicht für erforderlich erachtet, schon auf Verfassungsebene diese Entscheidung bezüglich der Rechtsform zu treffen.

 

Diese Vorgangsweise ist umso verständlicher, als – wie auf S. 22 nachzulesen ist – im Ausschuss kein Konsens darüber bestand, ob in Zukunft die Dienstverhältnisse der öffentlich Bediensteten auf einer öffentlich-rechtlichen oder auf einer privatrechtli­chen Basis stehen sollen.

 

 

Besonderer Funktionsschutz

Im Hinblick auf das im Ergänzungsmandat geforderte materielle Kriterium des be­sonderen Funktionsschutzes ist ebenfalls auf den Ausschussbericht (S. 22) zu ver­weisen, wo bereits ausdrücklich davon die Rede ist, dass die „Gewährleistung dienst­rechtlicher Sicherheiten für exponierte Bedienstete von der Rechtsform völlig unab­hängig [ist].“

 

Die konkrete Definition eines Schutzbereiches auf Verfassungsebene ist bereits der­zeit nicht gegeben und erscheint auch wenig praktikabel. Mit der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung sollte aber der erforderliche dienstrechtliche Schutz effek­tuierbar sein.

 

Disziplinarrecht

Derzeit gibt es nur im öffentlich-rechtlichen Dienstrecht ein spezifisches Disziplinar­wesen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, in privatrechtlich determinierten Dienstordnungen disziplinäre Maßnahmen vorzusehen, wenn dies für opportun er­achtet wird. Das Disziplinarwesen ist somit nicht zwingend auf den Bereich des öf­fentlich-rechtlichen Dienstrechts beschränkt und könnte in allen Bereichen des öf­fentlichen Dienstes eingesetzt werden.

 

 

Verfassungsrechtliche Grundsätze für verschiedene Rechtsformen

Die vom Ausschuss auf S. 22 vorgeschlagene Verfassungsbestimmung eignet sich dazu,

·        sowohl für ein öffentlich-rechtliches Dienstrecht,

·        als auch für ein privatrechtliches Dienstrecht,

·        als auch für eine „Mischform zwischen beiden Varianten“

eine verfassungsrechtliche Basis abzugeben.

 

 

Durchlässigkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften

In Anbetracht der Zusammensetzung des Ausschusses 6 mit Vertretern ua. aus dem Bundes-, Landes- und Gemeindebereich wurde der auf S. 25 angeführte Textvor­schlag (im Konsens) erarbeitet. Davon abweichende Textvorschläge finden derzeit keinen Konsens.

 

Zu den in der Mandatsergänzung geforderten Verfassungstexten:

·        zu aa) Ein gemeinsames Dienstrecht aller Gebietskörperschaften erscheint nur dann realisierbar, wenn die Dienstrechtskompetenz ungeteilt nur einem Gesetz­geber zustünde.

·        zu aaa) Ein diesbezüglicher Vorschlag liegt bereits vor; vgl. S. 25.

·        zu bbb) Die Umsetzung dieser Variante dürfte die Wiedereinführung der Rechts­lage vor BGBl. I 1999/8 (Abschaffung des Homogenitätsprinzips) erfordern.

 

 

Diensthoheit

Im Ausschuss war man der Ansicht, dass es nicht zwingend erforderlich ist, die Diensthoheit per Verfassungsgesetz den obersten Organen vorzubehalten. Es mag dies in vielen Fällen zwar durchaus zweckmäßig sein, eine bloße gesetzliche Er­mächtigung dürfte aber durchaus ausreichen. Die Wahrnehmung einer – bloß ge­setzlich normierten – Diensthoheit etwa durch ein nachgeordnetes Organ ändert nichts an der verfassungsrechtlich vorgesehenen Letztverantwortung und Durch­griffsmöglichkeit der jeweils zuständigen obersten Organe.