Vorschlag für den Bericht zum Ergänzungsmandat

betr. öffentlicher Dienst

 

 

Verfassungsrechtliche Grundsätze

Der Ausschuss 6 ist in seinem Bericht übereingekommen, auch für die Zukunft eine knappe verfassungsrechtliche Grundlage für den öffentlichen Dienst zu erarbeiten und hat im Konsens folgende Bestimmung vorgeschlagen:

 

„Unparteilichkeit, Gesetzestreue und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sind zu sichern.“

 

Wie bereits auf S. 23 des Ausschussberichtes erwähnt, unterblieb die verfassungs­rechtliche Festlegung der Rechtsform von öffentlichen Dienstverhältnissen, um dem einfachen Gesetzgeber in die Lage zu versetzen, auf Grundlage der Kompetenz zur Erlassung von Gesetzen dienstrechtlichen Inhaltes eine Auswahlentscheidung zu treffen.

 

Es wird von einem Teil des Ausschusses auch weiterhin nicht für erforderlich erach­tet, schon auf Verfassungsebene eine Entscheidung bezüglich der Rechtsform zu treffen. Eine solche verfassungsrechtliche Vorprägung der Rechtsform des öffentli­chen Dienstes wird als eine zu starke Einengung des einfachen Dienstrechtsgesetz­gebers angesehen und steht auch im Widerspruch zu der Aufgabe im Österreich-Konvent, die verfassungsrechtliche Regulierungsdichte kritisch zu hinterfragen.

 

Dieser Teil des Ausschusses ist daher der Ansicht, dass sich die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung betreffend den öffentlichen Dienst dazu eignet,

·        sowohl für ein öffentlich-rechtliches Dienstrecht,

·        als auch für ein privatrechtliches Dienstrecht,

·        als auch für eine „Mischform zwischen beiden Varianten“

eine verfassungsrechtliche Basis abzugeben.

 

Ein anderer Teil des Ausschusses meint hingegen, dass eine verfassungsrechtliche Vorprägung aller öffentlichen Dienstverhältnisse in Gestalt des öffentlichen Rechts erfolgen sollte. Es wird aber darauf hingewiesen, dass neue Formen gefunden wer­den, um die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten.

 

Der gesamte Ausschuss hat sich letztlich aber ausdrücklich dazu bekannt, dass die öffentlichen Dienstverhältnisse auch in Zukunft gesetzlich determiniert sein sollen.

 

 

Besonderer Funktionsschutz

Im Hinblick auf das im Ergänzungsmandat geforderte materielle Kriterium des beson­deren Funktionsschutzes ist ebenfalls auf den Ausschussbericht (S. 22) zu verwei­sen, wo bereits ausdrücklich davon die Rede ist, dass die „Gewährleistung dienst­rechtlicher Sicherheiten für exponierte Bedienstete von der Rechtsform völlig unab­hängig [ist].“

 

Die konkrete Definition eines Schutzbereiches auf Verfassungsebene ist schon der­zeit nicht gegeben und erscheint auch wenig praktikabel. Die Ausschussmitglieder sind sich aber darüber einig, dass mit der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung der erforderliche dienstrechtliche Schutz effektuierbar ist.

 

 

Disziplinarrecht

Derzeit gibt es nur im öffentlich-rechtlichen Dienstrecht ein spezifisches Disziplinar­wesen. Es ist dies gewissermaßen eine Konsequenz der üblichen Lebenslänglichkeit und Unkündbarkeit der öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse. Grundsätzlich be­stünde aber auch die Möglichkeit, in privatrechtlich determinierten Dienstordnungen disziplinäre Maßnahmen vorzusehen, wenn dies für opportun erachtet wird und etwa in einem Disziplinarstatut, das qua lex contractus Teil eines Dienstvertrages sein könnte.

 

Gegen eine privatrechtliche Determinierung von Disziplinarmaßnahmen wurde vor­gebracht, dass sie an undemokratische Strukturen gemahne und keinen geeigneten Rechtsschutz ermögliche. Dies wurde von anderen Mitgliedern in Abrede gestellt und darauf hingewiesen, dass heute der arbeitsrechtliche Rechtsschutz einen ausrei­chenden Schutz gewährleiste. In Einzelmeinungen wurde in diesem Zusammenhang sogar auf eine ausgeprägte Dienstnehmerfreundlichkeit der Arbeitsgerichte hinge­wiesen.

 

Im Hinblick auf die Effektivität des Disziplinarrechts wurden sehr unterschiedliche Positionen eingenommen. So wurde einerseits dem Disziplinarwesen jegliche Wirk­samkeit abgesprochen und eine gänzliche Aufhebung verlangt. Dem gegenüber wurde vorgebracht, dass zumindest in den uniformierten Dienstbereichen der Exeku­tive und des Militärs ein spezifisches Disziplinarwesen erforderlich sei.

 

 

Durchlässigkeit bzw. Einheitlichkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften

In Anbetracht der Zusammensetzung des Ausschusses 6 mit Vertretern u.a. aus dem Bundes-, Landes- und Gemeindebereich wurde für den Ausschussbereicht der auf S. 25 angeführte Textvorschlag (im Konsens) erarbeitet.

 

Grundsätzlich ist zu den im Ergänzungsmandat unter b) angegebene Punkten fol­gendes zu bemerken:

·        zu aa) Ein gemeinsames Dienstrecht aller Gebietskörperschaften erscheint letzt­lich nur dann realisierbar, wenn die Dienstrechtskompetenz ungeteilt nur einem Gesetzgeber zustünde.

·        zu aaa) Ein diesbezüglicher Vorschlag liegt bereits vor; vgl. S. 25 des Ausschuss­berichtes.

·        zu bbb) Die Umsetzung dieser Variante dürfte die Wiedereinführung der Rechts­lage vor BGBl. I 1999/8 (Abschaffung des Homogenitätsprinzips) erfordern.

 

In den ergänzenden Ausschussberatungen wurde der Aspekt eines gebietskörper-schaftsübergreifenden einheitlichen Dienstrechts wieder aufgegriffen. Es war eine überwiegende Meinung festzustellen, die sich grundsätzlich zu einem einheitlichen Dienstrecht auch über die Grenzen der Gebietskörperschaften hinweg bekannten. Es müsse freilich eine ausreichende Flexibilität bestehen, um die legitimen Interessen der einzelnen Gebietskörperschaften berücksichtigen zu können. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass ein „Kerndienstrecht“ der Gebietskörperschaften ein­heitlich erlassen wird, das insbesondere aus den strukturell bedeutenden Eckpunk­ten eines „öffentlichen Arbeitsrechts“ besteht (z.B. Aufnahme und Beendigung eines Dienstverhältnisses, Urlaubs-, Arbeitszeit- und ähnliche Regelungen).

 

Im Ausschuss wurde die Meinung bekräftigt, dass das einheitsstiftende Element ei­nes einheitlichen Dienstrechts in einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz (einer vermutlich neuen Kompetenzordnung) liegt. Ein solches „Kerndienstrecht“ könnte allenfalls auch in seinen Beschlussfassungserfordernissen einem erhöhten Ländereinfluss unterliegen.

 

Insbesondere von Landes- und Gemeindeseite wurde klargestellt, dass deren Inter­essenssphäre gewahrt bleiben müsse und etwa speziell ausgerichtete und bereits erprobte Gehalts- und Pensionssysteme, innerorganisatorische und dienstbehördli­che Aspekte, Objektivierungsangelegenheiten u.a. weiterhin selbst wahrgenommen werden können.

 

 

Diensthoheit

Zur Frage der verfassungsrechtlichen Verankerung der Diensthoheit wurde einerseits die Position vertreten, dass eine solche nicht dringend erforderlich sei, da die derzei­tige Bestimmung im Art. 21 Abs. 3 B-VG nur von geringer normativer Bedeutung sei und die Dienstgeberfunktion der Gebietskörperschaften in der Gestalt der „Personal­verwaltung“ ohnehin nach den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verwaltung zu erfolgen hätte.

 

Für einige Ausschussmitglieder waren damit die bereits früher aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die Auswirkungen der Aufhebung von Art. 21 Abs. 3 weiterhin nicht geklärt. In einigen Diskussionsbeiträgen wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, dass eine klare politische Personalverantwortung auch in Zukunft bestehen müsse.

 

Der Ausschussvorsitzende hat die Ausschussmitglieder Sektionschef Dr. Manfred Matzka und Univ.Prof. Dr. Bernhard Raschauer ersucht, eine Darstellung der Konse­quenzen einer Aufhebung von Art. 21 Abs. 3 B-VG vorzunehmen. In dieser Darstel­lung (Anlage ) kommen die beiden Autoren zu dem Ergebnis, dass bei einer Aufhe­bung

·        ein Instanzenzug in dienstrechtlichen Angelegeneheiten nicht mehr notwendig zum obersten Organ führen muss und

·        dass ein Weisungszusammenhang grundsätzlich nach den normalen Regeln er­folgte, bei ausgegliederten Rechtsträgern freilich erst positivrechtlich angeordnet werden müsste.

·        Die parlamentarische Verantwortlichkeit bliebe wie für jede andere Verwaltungsma­terie uneingeschränkt bestehen.

 

In der weiteren Diskussion wurde noch geklärt dass sich die angeführten Konsequen­zen insbesondere auf die hoheitlichen Dienstverhältnisse bezögen. Für privatrecht­liche Dienstverhältnisse hat diese Verfassungsbestimmung schon derzeit eine einge­schränkte Bedeutung. Eine umfassende politische Verantwortlichkeit besteht aber
– wie derzeit schon – auch für öffentlich Bedienstete auf privatrechtlicher Basis.

 

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass aus der Sicht des Ausschusses keine zwingenden Gründe für eine Beibehaltung des Art. 21 Abs. 3 B-VG bestehen.