Das Präsidium des Österreich-Konvents hat den Ausschuss 2 um Prüfung ersucht, ob hinsichtlich der im Verfassungsrang stehenden Bestimmungen im Zusammenhang mit der Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre ein Änderungsbedarf besteht bzw. wie die betreffenden Regelungen an die zu schaffende Struktur des Bundesverfassungsrechts angepasst werden können.
Der Ausschuss 2 hat sich in seinen Beratungen über das erste an ihn gerichtete Mandat mit dem BVG über die Begrenzung von Bezügen oberster Organe, BGBl. Nr. 281/1987, sowie mit dem BVG über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, (im Folgenden: BezBegrBVG) befasst und dazu im Tabellenteil I zum Bericht des Ausschusses 2 vom 9. Juli 2004 Folgendes festgehalten: „Vom Ausschuss 2 wird für beide Gesetze empfohlen, in die Verfassungsurkunde eine Ermächtigung zur Regelung von Bezügen und deren Begrenzungen einzubauen, nicht jedoch Detailregelungen. Für Detailregelungen sollte ein „2/3-Gesetz“ erwogen werden. Sofern diese Regelungen auch für die Bundesländer gelten, müsste für eine entsprechende Mitwirkung der Länder (über den Bundesrat) im Gesetzgebungsverfahren gesorgt werden.“
Im Zuge der Beratung über das zweite Ergänzungsmandat in der 13. Sitzung am 1. Juli 2004 hat der Ausschuss 2 erneut festgehalten, dass eine Ermächtigung für den Gesetzgeber, ein Verfassungsausführungsgesetz zu erlassen, angestrebt werden soll.
„Artikel X. (1) Für öffentliche Funktionäre auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie für Funktionäre von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, können durch Verfassungsausführungsgesetz Obergrenzen hinsichtlich der Höhe und der Anzahl der zu leistenden Bezüge festgelegt werden. Für Mitglieder einer gesetzgebenden Körperschaft kann darüber hinaus die Pflicht zur Offenlegung ihrer Einkommen normiert werden.
(2) Durch das in Abs. 1 genannte Gesetz können dem Rechnungshof Aufgaben im Zusammenhang mit der Anpassung der darin angeführten Bezüge übertragen werden. Weiters kann der Rechnungshof in diesem Gesetz mit der Erstellung eines Berichtes über die Bezüge, die von den seiner Kontrolle unterliegenden Rechtsträgern geleistet werden, sowie mit der Erstellung eines Berichtes über das durchschnittliche Einkommen der gesamten Bevölkerung beauftragt werden.
(3) Das in Abs. 1 genannte Verfassungsausführungsgesetz bedarf der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.“
In der
Ermächtigungsnorm sollen in möglichst knapper Form lediglich diejenigen Aspekte
des zu schaffenden Verfassungsausführungsgesetzes, die in einem
Spannungsverhältnis zu bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen stehen,
ausdrücklich angeführt werden.
Die
Ermächtigung zur Erlassung eines Verfassungsausführungsgesetzes betreffend
bezügerechtliche Regelungen erstreckt sich auf öffentliche Funktionäre aller
Gebietskörperschaften, somit auch auf jene Funktionäre, für die ansonsten eine
Kompetenz des Landesgesetzgebers besteht. Weiters sind die Funktionäre all
jener Rechtsträger erfasst, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen
(demgegenüber findet sich derzeit in § 10 BezBegrBVG nur eine auf
bestimmte Funktionäre beschränkte Regelung.) Diese weit gefasste Ermächtigung
trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Auflistung einzelner erfasster
Funktionäre mit der Zielsetzung einer möglichst knappen Ermächtigungsnorm in
Widerspruch stünde. Dem Verfassungsausführungsgesetzgeber soll es aber - in Entsprechung der geltenden Rechtslage - freistehen, die Ermächtigung nur hinsichtlich
bestimmter Kategorien von Funktionären in Anspruch zu nehmen; gegebenen Falles
sollte dies in den Erläuterungen klar gestellt werden.
Zum Begriff
des Verfassungsausführungsgesetzes siehe sogleich unten.
Um - insbesondere - den Ländern wie bisher die
Festsetzung niedrigerer Bezüge zu ermöglichen, soll in der Ermächtigung
explizit von Obergrenzen die Rede sein. Durch den Verweis auf die Anzahl der
Bezüge soll auch die in § 4 BezBegrBVG enthaltene Regelung über die
Stilllegung von Bezügen erfasst werden.
Das
BezBegrBVG enthält auch Regelungen betreffend Ruhe- und Versorgungsbezüge;
gegebenen Falles sollte in den Erläuterungen klar gestellt werden, dass sich
die Ermächtigung auch auf Regelungen betreffend Ruhe- und Versorgungsbezüge
erstreckt.
Im letzten
Satz ist die Möglichkeit zur Einführung einer Offenlegungspflicht für
Abgeordnete vorgesehen. In § 9 BezBegrBVG werden demgegenüber auch den
Präsidenten des Nationalrates, des Bundesrates bzw. der Landtage Aufgaben übertragen
(Führung von öffentlich aufzulegenden Listen). Inwieweit diesen Organen
derartige Aufgaben durch Verfassungsausführungsgesetz zugewiesen werden können,
ohne dass diese in der verfassungsgesetzlichen Ermächtigung ausdrücklich
angesprochen werden, könnte fraglich sein.
Die
Übertragung von weiteren, nicht im B‑VG enthaltenen Aufgaben an den
Rechnungshof bedarf einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung. Abgesehen von
der (bereits erfüllten) Verpflichtung, allen Landtagen über alle bezügerechtlichen
landesgesetzlichen Regelungen zu berichten, wurden dem Rechnungshof durch das
BezBegrBVG folgende Aufgaben übertragen: Ermittlung und Kundmachung des
Anpassungsfaktors, Erstellung eines Einkommensberichts betreffend bestimmte
Bedienstete von - der Rechnungshofkontrolle
unterliegenden - Rechtsträgern, Erstellung eines
Berichts über das durchschnittliche Einkommen der gesamten Bevölkerung. Diese
Aufgaben sollen in der Ermächtigung gemäß Abs. 2 explizit angesprochen
werden.
In § 8
BezBegrBVG finden sich neben der Verpflichtung zur Erstellung von
Einkommensberichten auch Mitteilungspflichten (von Rechtsträgern an den
Rechnungshof bzw. von Personen, die Bezüge beziehen, an die Rechtsträger). Angesichts
des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 2003, KR
1/00, wurde eine Verpflichtung zur namentlichen Offenlegung - über die Offenlegungspflicht von Abgeordneten
gemäß Art. X Abs. 1 zweiter Satz hinaus - nicht in die Ermächtigung
aufgenommen. Vielmehr wird in der entsprechenden Ermächtigung auf einen Bericht
über zu leistende Bezüge (und nicht über Personen, die bestimmte Bezüge
beziehen) abgestellt.
Da das
BezBegrBVG ein gemäß Art. 44 Abs. 2 B‑VG zustimmungspflichtiges
Verfassungsgesetz darstellt, soll auch das künftig an dessen Stelle tretende
Verfassungsausführungsgesetz demselben Zustimmungserfordernis unterliegen. Der
vorgeschlagene Wortlaut lehnt sich an die Formulierung des Art. 44
Abs. 2 B‑VG an.
Der
Ausschuss 3 hat sich in seinen Beratungen über das Ergänzungsmandat mit
den Art. 59a und 59b B‑VG (Sonderregelungen für öffentlich Bedienstete im
Zusammenhang mit ihrer Stellung als Nationalratsabgeordnete) befasst. Im
Bericht über das Ergänzungsmandat (Seite 11) wurde dazu festgehalten, dass
diejenigen Bestimmungen, welche die bezügerechtlichen Konsequenzen der Ausübung
eines Mandates durch einen öffentlich Bediensteten regeln (Art. 59a
Abs. 2 zweiter und dritter Satz, Abs. 3 zweiter Satz, Art. 59b B‑VG)
nicht zwingend auf verfassungsgesetzlicher Ebene getroffen werden müssen.
Diesfalls sollte in die Verfassung lediglich eine Ermächtigung aufgenommen
werden, Näheres durch ein mit qualifizierter Mehrheit zu beschließendes Gesetz
(Verfassungsausführungsgesetz) zu regeln. Weiters wird im Bericht auf die
Beratungen des Ausschusses 2 zum Thema Bezügerecht verwiesen und angeregt,
die oben genannte Ermächtigung in die für den Bereich Bezügebegrenzung zu
schaffende Ermächtigungsnorm einzubauen. Wenn man dieser Anregung Rechnung
tragen will, könnte dies durch die Einfügung eines neuen Absatzes nach
Art. X Abs. 2 erfolgen, der wie folgt lautet:
„(2a) In dem in Abs. 1 genannten Gesetz können auch nähere Bestimmungen über das Ausmaß der Dienstleistung sowie über die Höhe und die Kontrolle von Bezügen von öffentlich Bediensteten, die zu Mitgliedern des Nationalrates, des Bundesrates oder des Europäischen Parlaments gewählt wurden, getroffen werden.“
Eine
Einbeziehung von Bediensteten, die zu Mitgliedern des Europäischen Parlaments
gewählt wurden, erscheint zweckmäßig; anders stellt sich dies für öffentlich
Bediensteten dar, die zu Abgeordneten eines Landtages gewählt wurden (siehe
Art. 95 Abs. 4 B‑VG).
Nach dem
vorliegenden Textvorschlag wären die genannten Regelungsinhalte in einem
einheitlichen Verfassungsausführungsgesetz zu normieren, das als ganzes - auch hinsichtlich der eben genannten Inhalte - der Zustimmungspflicht durch den Bundesrat
unterliegt.
Zwar können gemäß Art. 31 B‑VG abweichende Beschlussquoren auch in der Geschäftsordnung des Nationalrates normiert werden, eine nähere Determinierung der Erzeugungsbedingungen für Verfassungsausführungsgesetze im B‑VG selbst erscheint aber - insbesondere da der neu zu schaffenden Artikel den Begriff „Verfassungsausführungsgesetz“ enthält - zweckmäßig. Da es wohl mehrere Verweise auf Verfassungsausführungsgesetze im B‑VG geben wird (Bezügerecht, Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates, Unvereinbarkeitsgesetz, Staatssymbole), sollen die Erzeugungsbedingungen nicht in jeder Bestimmung erneut normiert werden, sondern in einer eigenständigen - an den Wortlaut des Art. 44 Abs. 1 B‑VG betreffend die Erzeugungsbedingungen von Verfassungsgesetzen angelehnten - Bestimmung erfolgen.
„Artikel Y. Verfassungsausführungsgesetze können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden; sie sind als solche („Verfassungsausführungsgesetz“) ausdrücklich zu bezeichnen.“
„Artikel Y. Verfassungsausführungsgesetze sind einfache Gesetze, die vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden können; sie sind als solche („Verfassungsausführungsgesetz“) ausdrücklich zu bezeichnen.“
Hinsichtlich Variante 1 könnte überlegt werden, ob in den Erläuterungen klargestellt werden sollte, dass Verfassungsausführungsgesetze nur erhöhten Erzeugungsbedingungen unterliegen, nicht aber Bestandteil des formellen Verfassungsrechts sind.
Als Alternative zum Begriff „Verfassungsausführungsgesetz“ könnte auch der Begriff „Bundesgesetz, das erhöhten Erzeugungsbedingungen unterliegt“, der sich im Vorschlag des Ausschusses 2 betreffend die Neuregelung der Staatssymbole findet, verwendet werden.