Bundeskanzleramt Verfassungsdienst (Hg.)

Neuordnung der Kompetenzverteilung in Österreich

Grundlagen und Ergebnisse der Arbeitsgruppe für Fragen der Neuordnung der Kompetenzverteilung (Strukturreformkommission)

Wien: Bundeskanzleramt 1990

 

1. Inhaltsübersicht

 

Einleitung

 

Mitglieder der Arbeitsgruppe für Fragen der Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung (Strukturreformkommission)

 

Fragebogen über Erfahrungen mit der bestehenden Kompetenzverteilung

 

Auswertung der Antworten zum Fragebogen

 

Leistungsmängel der bestehenden Kompetenzverteilung.

Gutachten von o. Univ. Prof. Dr. Bernd-Christian Funk (Universität Graz)

 

Bundesstaatliche Kompetenzverteilungssysteme im rechtsvergleichenden Überblick.

Gutachten von o. Univ. Prof. Dr. Heinz Schäffer (Universität Salzburg)

 

Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung. Teilbereich Finanzverfassung.

Gutachten von o. Univ. Prof. DDr. Hans-Georg Ruppe (Universität Graz)

 

Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung. Teilbereich ökonomische Gesichtspunkte der Steuer- und Aufgabenverteilung.

Gutachten von ao. Univ. Prof. Dr. Wilfried Schönbäck (Technische Universität Wien)

 

Schlußbericht der Arbeitsgruppe für Fragen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung

 

Kurzfassung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe für Fragen der Neuordnung der Kompetenzverteilung

 

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2.       Kurzfassung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe für Fragen der Neuordnung der
Kompetenzverteilung

 

Die 1989 eingerichtete „Arbeitsgruppe für Fragen der Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung“ („Strukturreformkommission“) hat nunmehr ihren Schlussbericht vorgelegt. Der Arbeitsgruppe gehören Verfassungsexperten des Bundes, der Länder und der Gemeinden sowie wissenschaftliche Experten an. Aufgabe der Arbeitsgruppe war es, die Mängel der geltenden bundesstaatlichen Kompetenzverteilung umfassend darzustellen und Lösungsmöglichkeiten für deren Beseitigung aufzuzeigen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe basieren vor allem auf vier wissenschaftlichen Gutachten sowie auf einer Umfrage bei den Dienststellen der Gebietskörperschaften und der gesetzlichen Interessensvertretungen.

 

Das wesentliche Ergebnis der Arbeiten der Strukturreformkommission lässt sich wie folgt zusammenfassen:

 

          Die Analyse der geltenden Kompetenzverteilung hat eine Reihe von Funktionsschwächen zutage gebracht. Diese machen eine Reform der Strukturen erforderlich, eine bloße Verschiebung von Zuständigkeiten wäre keinesfalls ausreichend.

 

          Für eine Reform der Kompetenzverteilung wird gefordert, dass sie sich an einem bestimmten Konzept orientiert und nicht – wie das in der bisherigen legislativen Praxis vorwiegend geschieht – systemlos und ohne größere verfassungspolitische Perspektive erfolgt.

 

          Die Reform soll eine dem Wesen des Bundesstaates besser entsprechende, ausgewogene Aufgaben- und Ausgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bringen.

 

          Dem Bund und den Ländern sollen sinnvoll abgerundete Staatsaufgaben und nicht bloß Aufgabenfragmente zugeordnet werden.

 

          Die Neuordnung soll unter Berücksichtigung von Regelungstraditionen, insoweit sie sich bewährt haben, sowie unter Beachtung wirtschaftlicher Erkenntnisse und von Gesichtspunkten der Verwaltungsvereinfachung erfolgen.

 

          Die verfassungskräftig verankerte Gemeindeautonomie soll unberührt bleiben.

 

          Eine Reform der Kompetenzverteilung soll die Zusammenhänge zwischen Staatsaufgabenbesorgung und Finanzierungsverantwortung stärken.


 

          Im Einzelnen wird folgendes empfohlen: Eine neue bundesstaatliche Kompetenzordnung soll einfacher und vollständig sein, sie soll mehr Flexibilität bei ausreichender Orientierungssicherheit bieten und die Verantwortlichkeit der Kompetenzträger für die ihnen zugewiesenen Aufgabenbereiche zum Ausdruck bringen.

 

           Die Kooperation der Gebietskörperschaften soll in ihrem Anwendungsbereich und in ihren Mechanismen verbessert und erweitert werden.

           Der Kompetenztypus der „Grundsatzgesetzgebung“ hat in der österreichischen Staatspraxis die an ihn gesetzten Erwartungen nicht zu erfüllen vermocht. Die Strukturreformkommission zeigt Wege auf, um dieses Problem zu lösen.

           Besonders empfohlen wird die Auflassung der mittelbaren Bundesverwaltung und die grundsätzliche Überführung der betreffenden Materien in den Kompetenztypus des Art 11 B-VG.

           Die generelle Kompetenzfreistellung der nichthoheitlichen Verwaltung sollte beseitigt werden. Der Bedeutung dieser Angelegenheiten entsprechend sollte eine besondere Kompetenzverteilung geschaffen werden. Die Strukturreformkommission zeigt auch hier Lösungsmöglichkeiten auf.

 

          In finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht wird eine Weiterentwicklung des gegenwärtigen Verbundsystems im Sinne verstärkter Betonung der Parität und Autonomie der Finanzausgleichspartner empfohlen. Das zu entwickelnde System sollte durch folgende Elemente gekennzeichnet sein:

           Verfassungsförmliche Verankerung der zentralen finanzverfassungsrechtlichen Weichenstellungen.

           Beibehaltung des Steuerverbundes für die fiskalisch wichtigen Steuern.

           Überantwortung von zusätzlichen Abgabenobjekten und/oder Zuschlagsrechten an die Länder bei gleichzeitiger Beseitigung der Landesumlage.

           Beseitigung der Abgabentypologie des § 6 F-VG.

           Ermächtigung des Bundes zur Bedarfsgesetzgebung auch für allgemeine Regeln des materiellen Abgabenrechts.

           Verstärkung der Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden bei für sie kostenverursachendem Bundesrecht.

           Zurückdrängung von Transferzahlungen.

           Beibehaltung und Stärkung des Grundsatzes der eigenen Kostentratung; die Ausnahmen für Kostenabwälzungen waren zu streichen, die für Kostenübernahmen wären wesentlich enger als bisher zu fassen.