Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. xxx/1998, wird wie folgt geändert:

1. Art. 10 Abs. 1 Z 1 wird folgender Ausdruck angefügt:

„Verwaltungsgerichtsbarkeit, ausgenommen Organisation der Verwaltungsgerichte in den Ländern, jedoch einschließlich der Art der Ausübung der Gerichtsbarkeit und der Beratung und Abstimmung;“

2. In Art. 10 Abs. 1 Z 6 entfällt der Ausdruck „Verwaltungsgerichtsbarkeit;“

3. Art. 82 Abs. 1 lautet:

„(1) Soweit nicht hinsichtlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit anderes bestimmt ist, geht alle Gerichtsbarkeit vom Bund aus.“

4. Art. 89 lautet:

Artikel 89. (1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen, Wiederverlautbarungen, Gesetze und Staatsverträge steht, soweit in diesem Artikel nicht anderes bestimmt ist, den Gerichten nicht zu.

(2) Hat ein Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Hat ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht, der Oberste Gerichtshof, ein Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

(3) Ist die vom Gericht anzuwendende Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten, so hat der Antrag des Gerichtes an den Verfassungsgerichtshof die Feststellung zu begehren, daß die Rechtsvorschrift gesetzwidrig oder verfassungswidrig war.

(4) Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 gelten für Wiederverlautbarungen, Abs. 2 und Abs. 3 nach Maßgabe des Art. 140a für Staatsverträge sinngemäß.

(5) Welche Wirkungen der Antrag des Gerichtes für das bei ihm anhängige Verfahren hat, wird durch Bundesgesetz geregelt.“

5. Art. 111 lautet:

Artikel 111. Zur Entscheidung in Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens sowie in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde können besondere Verwaltungsgerichte eingerichtet werden, die in der Sache selbst entscheiden können.“

6. In Art. 118 Abs. 4 erster Satz entfällt der Ausdruck „– vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 119 a Absatz 5 –“.

7. Nach Art. 118 Abs. 4 wird folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Gegen einen im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Bescheid eines Organes der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht (Art. 130 Abs. 1 Z 1) beziehungsweise beim Verwaltungsgerichtshof (Art. 135c Abs. 1 Z 1) und beim Verfassungsgerichtshof (Art. 144 Abs. 1) erhoben werden.“

8. Art. 119a Abs. 5 entfällt.

9. In Art. 119a Abs. 9 lautet:

„(9) Die Gemeinde hat im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde Beschwerde beim Verwaltungsgericht (Art. 131) und beim Verfassungsgerichtshof (Art. 144 Abs. 1) zu erheben.“

10. Das Sechste Hauptstück lautet:

„Sechstes Hauptstück

Garantien der Verfassung und Verwaltung

A. Verwaltungsgerichtsbarkeit

Artikel 129. (1) Die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch die Verwaltungsgerichte in den Ländern und durch den Verwaltungsgerichtshof in Wien ausgeübt.

(2) Zur Entscheidung in Angelegenheiten des Art. 10 Abs. 1 kann ein besonderes Verwaltungsgericht eingerichtet werden. Für dieses gelten Art. 135h Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 dritter Satz und Art. 136 sinngemäß; Art. 133 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Satz und Art. 135 gelten nicht.

1. Verwaltungsgerichte

Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden, womit

           1. Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden oder

           2. Rechtswidrigkeit von Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahmen) oder

           3. Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden

behauptet wird. Durch Bundes- oder Landesgesetz kann vorgesehen werden, daß über Rechtswidrigkeit von Maßnahmen durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist. In Verwaltungsstrafsachen kann die Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 3 durch Bundesgesetz ausgeschlossen werden.

(2) Ob und unter welchen Voraussetzungen gegen ein sonstiges Verhalten der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erhoben werden kann, wird durch Bundes- oder Landesgesetz geregelt.

(3) In den Angelegenheiten, in denen die Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 1 an die Verwaltungsgerichte zulässig ist, ist ein administrativer Instanzenzug ausgeschlossen. [Anm.: Abs. 3 erscheint verzichtbar, weil sich die Nichtanrufbarkeit einer Verwaltungs-(Adminstrativ-)instanz bereits daraus ergibt, daß die Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges nach Art. 131 nicht Prozeßvoraussetzung ist. Darüber hinaus bleibt bei der derzeitigen Formulierung der Bestimmung unklar, was im Fall des Art. 130 Abs. 1 Z 3 zu gelten hat, weil die Anrufung der Oberbehörde im Devolutionsweg nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu Art. 103 Abs. 4 B‑VG gerade kein Beschreiten des administrativen Instanzenzuges ist]

(4) Ist einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 stattzugeben, so hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufzuheben. Das Verwaltungsgericht kann jedoch in der Sache selbst entscheiden, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

(5) Rechtswidrigkeit liegt nicht vor, soweit die Gesetzgebung von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überläßt, die Behörde aber von diesem freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Artikel 131. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Beschwerde erheben:

           1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

           2. in den Angelegenheiten der Art. 11, 11a, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 auch der zuständige Bundesminister;

           3. in den Angelegenheiten des Art. 15 Abs. 5 erster Satz auch die Landesregierung.

(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 gegen Bescheide  zulässig sind, wird durch Bundes- oder Landesgesetz geregelt.

(3) Gegen die Maßnahme kann gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

(4) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 kann erheben, wer als Partei des Verwaltungsverfahrens zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Artikel 132. Ausgeschlossen von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sind die Angelegenheiten:

           1. die in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verfassungsgerichtshofes fallen;

           2. die in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallen;

           3. die in die Zuständigkeit der Abgabenbehörden oder der Finanzstrafbehörden des Bundes fallen;

           4. in denen die Entscheidung in oberster Instanz einer Kollegialbehörde zusteht, deren Mitglieder gemäß verfassungsgesetzlichen Bestimmungen oder gemäß Art. 20 Abs. 2 in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind.

Artikel 133. (1) Das Verwaltungsgericht besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern. Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes bilden die Vollversammlung.

(2) Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes ernennt die Landesregierung.

(3) Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes müssen das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen und bereits durch mindestens fünf Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die der Abschluß dieses Studiums vorgeschrieben ist. Wenigstens der vierte Teil der Mitglieder soll aus dem Kreis der Bundesbediensteten entnommen werden.

(4) Dem Verwaltungsgericht können Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines allgemeinen Vertretungskörpers nicht angehören. Zum Präsidenten oder Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtes kann nicht bestellt werden, wer eine der im ersten Satz bezeichneten Funktionen in den letzten vier Jahren bekleidet hat.

(5) Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes sind berufsmäßig angestellte Richter. Die Bestimmungen des Art. 87 Abs. 1 und 2 und des Art. 88 Abs. 2 sind auf sie anzuwenden. Am 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, treten sie kraft Gesetzes in den dauernden Ruhestand.

Artikel 134. (1) Das Verwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter oder durch Senate. Die Senate sind von der Vollversammlung aus den Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bilden.

(2) Die Geschäfte sind durch die Vollversammlung auf die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes für die landesgesetzlich bestimmte Zeit im voraus zu verteilen. Eine nach dieser Geschäftsverteilung einem Mitglied zufallende Sache darf diesem nur durch Verfügung der Vollversammlung und nur im Fall seiner Verhinderung oder dann abgenommen werden, wenn er wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist.

(3) Die nach Abs. 1 und 2 der Vollversammlung obliegenden Geschäfte können auch von einem Ausschuß derselben besorgt werden.

Artikel 135. Die nähere Organisation und das Verfahren der Verwaltungsgerichte wird auf Grund der Bundes- und Landesgesetze durch eine von der Vollversammlung zu beschließende Geschäftsordnung geregelt.

2. Verwaltungsgerichtshof

Artikel 135a. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt

           1. über Rechtsmittel, womit Rechtswidrigkeit von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, oder

           2. über Rechtsbehelfe, womit Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte

behauptet wird.

(2) Art. 130 Abs. 5 gilt sinngemäß.

(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann ein Rechtsmittel gemäß Art. 135a Abs. 1 Z 1 durch Beschluß ablehnen. Die Ablehnung ist unzulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Artikel 135b. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Kompetenzkonflikte der Verwaltungsgerichte untereinander und zwischen den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof selbst.

(2) Ist ein Verwaltungsgericht aus Gründen der Befangenheit an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert, so bestimmt der Verwaltungsgerichtshof ein anderes Verwaltungsgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache.

Artikel 135c. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt

           1. über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden folgender Verwaltungsbehörden behauptet wird:

                a) der Abgabenbehörden und der Finanzstrafbehörden des Bun­des;

               b) von Kollegialbehörden, deren Mitglieder gemäß verfassungs­gesetzlichen Bestimmungen in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind;

                c) von Kollegialbehörden, deren Mitglieder gemäß Art. 20 Abs. 2 in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind, sofern die Erhebung einer Be­schwerde beim Verwaltungsgerichtshof gesetzlich ausdrücklich für zulässig erklärt ist;

           2. über Beschwerden, womit Verletzung der Entscheidungspflicht der in Z 1 genannten Verwaltungsbehörden behauptet wird.

(2) Art. 130 Abs. 5 gilt sinngemäß.

(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann eine Beschwerde gemäß Art. 135c Abs. 1 Z 1 durch Beschluß ablehnen. Art. 135a Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.

Artikel 135d. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß Art. 135c Abs. 1 Z 1 Beschwerde erheben:

           1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges;

           2. in den Angelegenheiten der Art. 11, 11a, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 sowie in jenen Angelegenheiten, in denen dem Bescheid eines Landes- oder Bezirksschulrates ein kollegialer Beschluß zugrunde liegt, der zuständige Bundesminister, soweit die Parteien den Bescheid im administrativen Instanzenzug nicht mehr anfechten können.

(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen Be­schwerden gemäß Art. 135c Abs. 1 Z 1 gegen Bescheide zulässig sind, wird durch Bundes- oder Landesgesetz bestimmt.

(3) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 135c Abs. 1 Z 2 kann erheben, wer als Partei des Verwaltungsverfahrens zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Artikel 135e. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht auch unter folgenden Voraussetzungen: Ist in einer Angelegenheit der Art. 11, 11a, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 von Amts we­gen ein Bescheid zu erlassen und unterläßt die zuständige Verwaltungsbehörde dies rechtswidrigerweise, so kann der zuständige Bundesminister die Landesregierung auffordern, für die Erlassung des Bescheides zu sorgen. Wird der Bescheid nicht innerhalb von sechs Monaten nach einer solchen Aufforderung erlas­sen, so kann der zuständige Bundesminister Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben.

Artikel 135f. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Artikel 135g. Ausgeschlossen von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sind:

           1. die Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte oder des Verfassungsgerichtshofes fallen;

           2. die Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallen.

           3. sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, die Angelegenheiten, in denen die Entscheidung in oberster Instanz einer Kollegialbehörde zusteht, deren Mitglieder gemäß Art. 20 Abs. 2 in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind.

Artikel 135h. (1) Der Verwaltungsgerichtshof besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern (Senatspräsidenten und Räten).

(2) Den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die sonstigen Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung. Die Bundesregierung erstattet ihre Vorschläge, soweit es sich nicht um die Stelle des Präsidenten oder des Vizepräsidenten handelt, auf Grund von Dreiervorschlägen der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtshofes.

(3) Alle Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes müssen das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen und bereits durch mindestens zehn Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die der Abschluß dieses Studiums vorgeschrieben ist. Wenigstens der dritte Teil der Mitglieder muß die Befähi­gung zum Richteramt haben. Wenigstens der vierte Teil der Mitglieder soll aus dem Kreis der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, womöglich aus dem Kreis der Landesbediensteten, entnommen werden.

(4) Art. 133 Abs. 4 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß für Mitglieder der allgemeinen Vertretungskörper, die auf eine bestimmte Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode gewählt wurden, die Unvereinbarkeit auch bei vorzeitigem Verzicht auf das Mandat bis zum Ablauf der Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode fortdauert. Art. 133 Abs. 5 gilt sinngemäß.

Artikel 135i. Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet durch Senate. Die Geschäfte sind durch die Vollversamm­lung auf die Senate für die bundesgesetzlich bestimmte Zeit im voraus zu verteilen. Art. 134 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 zweiter Satz gilt sinngemäß.

Artikel 136. Die nähere Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Grund der Bundesgesetze durch eine von der Vollversammlung zu beschließende Geschäftsordnung geregelt.“

11. Die Überschrift vor Art. 137 lautet:

„B. Verfassungsgerichtsbarkeit“

12. Art. 138 Abs. 1 lit. b lautet:

              „b) zwischen den Verwaltungsgerichten oder dem Verwaltungsgerichtshof und allen anderen Gerichten, insbesondere auch zwischen diesen Gerichten und dem Verfassungsgerichtshof selbst, sowie zwischen den ordentlichen Gerichten und anderen Gerichten;“

13. Art. 139 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes- oder Lan­desbehörde auf Antrag eines Gerichtes, sofern aber der Verfassungsgerichtshof eine solche Verordnung in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen.“

14. Art. 139a lautet:

Artikel 139a. Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarun­gen auf Antrag eines Gerichtes, sofern aber der Verfassungsgerichtshof eine solche Wiederverlautbarung in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen. Er erkennt über Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarungen eines Landes auch auf Antrag der Bundesregierung und über Gesetzwidrig­keit von Wiederverlautbarungen des Bundes auch auf Antrag einer Landesregierung. Er erkennt ferner über Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Wiederverlautbarung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Art. 139 Abs.  2 bis 6 ist sinngemäß anzuwenden.“

15. Art. 140 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Verfassungswidrigkeit eines Bundes- oder Landesgesetzes auf Antrag eines zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständigen Gerichtes, des Obersten Gerichtshofes, eines Verwal­tungsgerichtes oder der Verwaltungsgerichtshofes, sofern aber der Verfassungsgerichtshof ein solches Gesetz in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen.“

16. Art. 144 lautet:

Artikel 144. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen Bescheide der Ver­waltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Wiederverlautbarung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

(2) Der Verfassungsgerichtshof kann eine Beschwerde bis zur Verhandlung durch Beschluß ableh­nen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist. Dies gilt nicht in Angelegenheiten, die gemäß Art. 132 von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte und gemäß Art. 135g von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausge­schlossen sind. Lehnt der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde ab, so hat er sie auf Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.

(3) Erkennt der Verfassungsgerichtshof, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung rechts­widriger Rechtsvorschriften in seinen Rechten verletzt worden ist, so hat er die Beschwerde auf Antrag des Beschwerdefüh­rers dem Verwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten. Dies gilt nicht in Angelegenheiten, die gemäß Art. 132 von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte beziehungsweise gemäß Art. 135g von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.“

17. In Art. 147 Abs. 2 wird der Ausdruck „ihren ständigen Wohnsitz“ durch den Ausdruck „ihren Hauptwohnsitz“ ersetzt.

18. Art. 147 Abs. 3 lautet:

„(3) Der Präsident, der Vizepräsident, die sonstigen Mitglieder und die Ersatzmitglieder müssen das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen und bereits durch mindestens zehn Jahre eine Berufs­stellung bekleidet haben, für die der Abschluß dieses Studiums vorgeschrieben ist.“

19. Art. 148 lautet:

„Artikel 148. Die nähere Organisation und das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes wird auf Grund der Bundesgesetze durch eine von der Vollversammlung zu beschließende Geschäftsordnung geregelt.“

20. Art 151 wird folgender Abs. 20 angefügt:

„(20) Die Art. 10 Abs. 1 Z 1 und 6, 82 Abs. 1, 89, 111, 118 Abs. 4 und 4a, 119a Abs. 9, das Sechste Hauptstück, die Überschrift vor Art. 137, die Art. 138 Abs. 1 lit. b, 139 Abs. 1 erster Satz, 139a, 140 Abs. 1 erster Satz, 144, 147 Abs. 3 und 148 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 treten mit xx. xxxxxx xxxx in Kraft. Art. 119a Abs. 5 tritt mit Ablauf des yy. yyyyyy yyyy außer Kraft. Als Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaften im Sinne der Art. 133 Abs. 3, 135h Abs. 3 und 147 Abs. 3 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 gilt auch die Vollendung der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien.“


Erläuterungen

 

Zu Z 1 (Art. 10 Abs. 1 Z 1) und Z 2 (Art. 10 Abs. 1 Z 6):

 

Die Übernahme des Kompetenztatbestandes „Verwaltungsgerichtsbarkeit ...“ in Art. 10 Abs. 1 Z 1 ist auch in Art. 1 Z 2 der Regierungsvorlage einer Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1996 (14 BlgNR XX. GP) vorgesehen und wird in den bezughabenden Erläuterungen zutreffend mit dem inhaltlichen Zusammenhang dieses Kompetenztatbestandes mit dem Kompetenztatbestand „Verfassungsgerichtsbarkeit“ begründet. Ergänzend ist hinzuzufügen, daß die systematische Zuordnung des Kompetenztatbestandes „Verwaltungsgerichtsbarkeit“ zu dieser Ziffer des Art. 10 bereits im Jahr 1920 erwogen wurde (vgl. die Fassung Renner des Art. 25 Z 1 des Renner-Mayer-Entwurfes, abgedruckt bei Ermacora, Die Entstehung der Bundesverfassung 1920, Bd. 4. Die Sammlung der Entwürfe zur Staats- bzw. Bundesverfassung [1990], 414 ff. [426]).

 

Die Organisation der Verwaltungsgerichte in den Ländern (vgl. Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG 1920) ist nach der vorgeschlagenen Bestimmung in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache, allerdings mit bestimmten, taxativ aufgezählten Ausnahmen. Unter der gesetzlichen Regelung der „Art der Ausübung der Gerichtsbarkeit“ (zum Begriff die Überschrift vor den §§ 5 bis 8 JN) ist die Festlegung innergerichtlicher „Zuständigkeiten“ zu verstehen, also insb. die Regelung der Frage, ob das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter oder durch Senate zu entscheiden hat, aus wievielen Mitglieder ein Senat besteht, ob und unter welchen Voraussetzungen „verstärkte Senate“ zu bilden sind, und welche Funktion ein Berichter hat (vgl. die §§ 11 bis 14 VwGG); auch die Zuweisung von Aufgaben an den Präsidenten und die Vollversammlung gehören hierher. Der Tatbestand „Beratung und Abstimmung“ ist nicht erklärungsbedürftig (vgl. die §§ 9 bis 14 sowie § 15 VwGG).

 

Daß das Dienstrecht der Mitglieder der Verwaltungsgerichte in den Ländern in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist, ergibt sich aus Art. 21 und braucht daher nicht gesondert erwähnt werden. Auslegungsprobleme, wie sie der geltende Art. 129b Abs. 6 B‑VG aufwirft, können dadurch vermieden werden (vgl. Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung [1990], 127 ff).

 

Die Organisation des besonderen Verwaltungsgerichtes gemäß Art. 129 Abs. 2 ist nach dem vorgeschlagenen Art. 10 Abs. 1 Z 1 in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (vgl. Art. 129 Abs. 2 iVm. Art. 136). Ebenfalls in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 16 B‑VG das Dienstrecht seiner Mitglieder (vgl. Art. 129 Abs. 2 iVm. Art. 135h Abs. 2 erster Satz).

 

Nach Art. 130 Abs. 1 erster Satz werden die Kompetenzen der Verwaltungsgerichte im B‑VG grundsätzlich abschließend geregelt. Anders ist dies bezüglich des Art. 130 Abs. 2, wonach die (einfache) Gesetzgebung Beschwerden gegen ein „sonstiges Verhalten der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze“ vorsehen kann; siehe dazu die Erläuterungen zu Z 10 (Art. 130 Abs. 2). Eine Art negativer Kompetenz-Kompetenz der (einfachen) Gesetzgebung enthält Art. 130 Abs. 1 zweiter und dritter Satz.

 

Schließlich ergibt sich aus dem vorgeschlagenen Art. 10 Abs. 1 Z 1, daß das Verfahren der Verwaltungsgerichte in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist; vgl. Art. 135 (Z 10).

 

Zu Z 3 (Art. 82 Abs. 1):

 

Die Neufassung des Art. 82 Abs. 1 B‑VG ist erforderlich, weil sich Art. 82 auch auf die Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit bezieht (vgl. Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 1920 [1922], 178).

 

Zu Z 4 (Art. 89):

 

Entsprechend den unabhängigen Verwaltungssenaten sollen auch die Verwaltungsgerichte die Befugnis haben, rechtswidrige Rechtsvorschriften (generelle Normen) beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Diese Befugnis soll auch die Anfechtung von Wiederverlautbarungen erfassen, wodurch ein aus Anlaß der B‑VG-Novelle 1988 unterlaufenes Redaktionsversehen beseitigt werden kann (vgl. Aichlreiter, Unabhängige Verwaltungssenate und Normenkontrolle, JBl. 1990, 606 f.; Thienel, Verfahren der Verwaltungssenate2 [1992], 123 ff.; Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8 [1996], Rz 1138).

 

Aus Art. 135 Abs. 4 muß der Schluß gezogen werden, daß Art. 89 seit dem Inkrafttreten der B‑VG-Novelle 1975 auf den Verwaltungsgerichtshof nur im Wege der Verweisung Anwendung findet. Dies entspricht nicht dem historischen Verständnis der Schöpfer der Bundesverfassung, die davon ausgingen, daß Art. 89 des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 für alle Gerichte mit Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes, also auch für den Verwaltungsgerichtshof gilt (vgl. Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 1920 [1922], 181 ff.). Anstatt eine weitere – auch legistisch unzweckmäßige –Verweisungsbestimmung für die Verwaltungsgerichte zu schaffen, soll Art. 89 zur Gänze neu erlassen werden; dieser gilt künftig auch für die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof.

 

Im übrigen siehe die Erläuterungen zu Z 14 (Art. 139a).

 

Zu Z 6 (Art. 118 Abs. 4 erster Satz), Z 7 (Art. 118 Abs. 4a), Z 8 (Art. 119a Abs. 5 B‑VG) und Z 9 (Art. 119a Abs. 9):

 

Der vorgeschlagene Art. 118 Abs. 4a soll klarstellen, daß gegen Gemeindebescheide unmittelbar Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann.

 

Zu Z 10 (Sechstes Hauptstück):

 

Zu den Überschriften der Abschnitte A und B:

 

Der Titel des Abschnittes A („Verwaltungsgerichtsbarkeit“) folgt dem Titel des Abschnittes B des Dritten Hauptstückes („Gerichtsbarkeit“); der Titel des Abschnittes B war entsprechend anzupassen.

 

Zu Art. 129:

 

Nach dem geltenden Art. 129 B‑VG ist (ua.) der Verwaltungsgerichtshof „[z]ur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung ... berufen“. Diese Formulierung wurde durch die Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 1946, BGBl. Nr. 211, eingeführt, geht aber auf die Verfassung 1934 zurück. Da sie in der Lehre wiederholt als zu weit kritisiert wurde (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 61; Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 [1987], Anm. 3 zu Art. 129 B‑VG), soll sie vermieden und durch die in Abs. 1 vorgeschlagene, neutralere Formulierung ersetzt werden.

 

Abs. 2 erster Satz soll die (einfache) (Bundes)Gesetzgebung ermächtigen, für die Angelegenheiten des Art. 10 Abs. 1 ein besonderes Verwaltungsgericht einzurichten (vgl. derzeit Art. 129c B‑VG). Aus Abs. 2 zweiter Satz ergibt sich, inwieweit die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für dieses Verwaltungsgericht von den für die Verwaltungsgerichte in den Ländern abweichen. Im übrigen gelten die Bestimmungen des B‑VG betreffend die Verwaltungsgerichte auch für dieses Verwaltungsgericht.

 

 

Zu Art. 130:

 

Abs. 1 bestimmt die möglichen Gegenstände der verwaltungsgerichtlichen Prüfung und den Maßstab für diese Prüfung.

 

Abs. 1 erster Satz entspricht im wesentlichen Art. 130 Abs. 1 erster Satz B‑VG in der Fassung der B‑VG-Novelle 1975. Die für die „Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt“ übliche Bezeichnung „Maßnahme“ wird als Rechtsbegriff in das B‑VG eingeführt (vgl. Art. 1 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit).

 

Abs. 1 zweiter Satz soll dem Umstand Rechnung tragen, daß in den Verwaltungsvorschriften verschiedentlich administrative Rechtsbehelfe gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgesehen sind (vgl. näher Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2 [1992], 121 f.).

 

Die Formulierung des Art. 132 B‑VG hat in der Rechtsprechung zu erheblichen Unklarheiten (vgl. VwGH 22.3.1996, Zl. 95/17/0450 zum Begriff „Finanzstrafsachen“) sowie zu einer problematischen Auslegungsdivergenz zwischen Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof geführt (vgl. VwSlgNF 11.682A einerseits und VfSlg. 13.987/1994 andererseits). Dies hat wegen des untrennbaren Zusammenhanges der Regelungen betreffend den Säumnisschutz im Verwaltungsstrafverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof Rückwirkungen auf die einfachgesetzliche Rechtslage und steht einer konsistenten Regelung des Säumnisschutzes entgegen. Mit Abs. 1 dritter Satz wird daher davon abgesehen, die Berechtigung zur Erhebung der Säumnisbeschwerde im B‑VG abschließend und kasuistisch („Finanzstrafsachen“, „Privatanklagesachen“, „landesgesetzliches Abgabenstrafrecht“) zu regeln. Stattdessen soll die einfache Gesetzgebung ermächtigt werden, die Säumnisbeschwerde in „Verwaltungsstrafsachen“ auszuschließen. In welchem Umfang sie dies tut, steht ‑ innerhalb der verfassungsrechtlichen Schranken ‑ in ihrer rechtspolitischen Dispositionsfreiheit. Die Ermächtigung bezieht sich auf alle in Verwaltungsstrafsachen ergehenden, also auch die verfahrensrechtlichen Bescheide.

 

„Verwaltungsstrafsachen“ im Sinne des vorgeschlagenen Abs. 1 dritter Satz sind zunächst die Verfahren wegen „Verwaltungsübertretungen im Sinne des VStG“, das sind gemäß Art. VI Abs. 1 und 3 EGVG alle Übertretungen, die von Behörden zu ahnden sind, für deren behördliches Verfahren gemäß Art. II EGVG das AVG und das VStG gelten. Hinzu kommt gemäß § 254 Abs. 1 FinStrG der sog. „Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechts“, soweit für Strafverfahren in diesem Bereich das VStG gilt. Eine Ausnahme hinsichtlich der „Finanzstrafsachen des Bundes“, wie sie im geltenden Art. 129a Abs. 1 Z 1 B‑VG enthalten ist, ist wegen des vorgeschlagenen Art. 132 Z 3 entbehrlich.

 

Abs. 2 soll die (einfache) Gesetzgebung ermächtigen, Beschwerden gegen ein „sonstiges Verhalten der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze“ (vgl. Art. 23 B‑VG) vorzusehen. Die Übertragung der Zuständigkeit zur Kontrolle über Akte der Privatwirtschaftsverwaltung an ein Verwaltungsgericht ist demnach auch weiterhin (entgegen VfGH 26.6.1997, G 270/96 ua.) verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Durch Inanspruchnahme der Kompetenz-Kompetenz des Art. 130 Abs. 2 können Rechtsschutzlücken geschlossen werden, die sich aus dem Typenzwang des Rechtsquellensystems der Bundesverfassung ergeben (vgl. Mayer, Die „Normativität“ faktischer Amtshandlungen, FS Walter [1991], 463; Merli, „Normativität“ und Begriff der „Maßnahme“ nach Art. 129a Abs. 1 Z 2 B‑VG, ZfV 1993, 251).

 

Soweit die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte im Bescheidbeschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 reicht, wird es nach Abs. 3 nur mehr eine Verwaltungsinstanz geben.

 

Die in Abs. 4 vorgesehene, (grundsätzlich) kassatorische Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichtsbarkeit (erster Instanz) entspricht einer langen, bis in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Tradition (vgl. Lemayer, Apologetische Studien zur Verwaltungsgerichtsbarkeit [1895]). Eine Ausnahme wird jedoch für den Fall vorgesehen, daß eine sofortige Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtes im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

 

Abs. 5 entspricht Art. 130 Abs. 2 B‑VG. Der Maßstab für die Prüfung durch das Verwaltungsgericht, ob die Verwaltungsbehörde – etwa im Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft– vom Ermessen „im Sinne des Gesetzes“ Gebrauch gemacht hat, entspricht damit jenem des Verwaltungsgerichtshofes nach dieser Bestimmung.

 

Zu Art. 131:

 

Die Bestimmung regelt, wer in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 zur Beschwerdeerhebung beim Verwaltungsgericht legitimiert ist (vgl. die Art. 131, 131a und 132 in der Fassung der B‑VG-Novelle 1975). Wer gegen ein sonstiges Verhalten der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben kann, regeln die gemäß Art. 130 Abs. 2 zu erlassenden Bundes- und Landesgesetze.

 

Zu Art. 132:

 

Zu dieser Bestimmung vgl. Art. 131 B‑VG 1920.

 

Z 1 entspricht Art. 133 Z 1 B‑VG.

 

Z 2 umfaßt insb. auch die Fälle der sog. „sukzessiven Kompetenz“.

 

Zu Z 3 vgl. die Ausnahmen des Art. 129a Abs. 1 Z 1 und 2 B‑VG betreffend die „Finanzstrafsachen des Bundes“.

 

Zu Z 4 erster Fall vgl. Art. 20 Abs. 1 B‑VG. Z 4 zweiter Fall entspricht Art. 133 Z 4 B‑VG.

 

Zu Art. 134:

 

Nach Abs. 1 erster Satz ist die Gerichtsbarkeit bei den Verwaltungsgerichten durch Einzelrichter oder durch Senate auszuüben. Ob der (Bundes)Gesetzgeber die Entscheidung durch den Einzelrichter oder durch einen Senat vorsieht, steht – innerhalb der sonstigen verfassungsrechtlichen Schranken – in seinem rechtspolitischen Ermessen. Da es sich beim Verfahren vor dem Verwaltungsgericht um ein erstinstanzliches (Gerichts)Verfahren handelt, wird grundsätzlich der Einzelgerichtsbarkeit der Vorzug zu geben sein (vgl. die §§ 5 ff JN).

 

Abs. 2 orientiert sich an Art. 87 Abs. 3 B‑VG.

 

Zu Art. 135, Art.  136 und Art. 148 (Z 19):

 

Vgl. die Erläuterungen zu Z 1 (Art. 10 Abs. 1 Z 1). Im Hinblick auf die Formulierung des hier vorgeschlagenen Art. 135 sollen auch die Art. 136 und Art. 148 B‑VG entsprechend angepaßt werden (vgl. Art. 136 und Art. 148 B‑VG 1920 sowie Walter, Die österreichische Bundesverfassung. System [1972], 710 FN 3).

 

Zu Artikel 135a:

 

Aus Abs. 1 ergibt sich die Zweistufigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hervorzuheben ist, daß der Verwaltungsgerichtshof „immer“ und „in allen Angelegenheiten“, die in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallen, in oberster Instanz zu entscheiden hat (arg.: „Der Verwaltungshof erkennt ...“). Beschränkungen des Instanzenzuges von den Verwaltungsgerichten an den Verwaltungsgerichtshof durch die einfache Gesetzgebung sind damit – anders in der ordentlichen Gerichtsbarkeit; vgl. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht. System [1972], 540 f zu Art. 92 Abs. 1 B‑VG – von Verfassungs wegen ausgeschlossen.

 

Abs. 3 soll Art. 131 Abs. 3 B‑VG ersetzen. Eine besondere Regelung für Verwaltungsstrafsachen ist im Hinblick auf die Rechtsprechung der Europäischen Kommission für Menschenrechte entbehrlich (vgl. EKMR 16.1.1996, Appl. 26.808/95 [Hauser gegen Österreich); 28.2.1996, Appl. 26510/95 [H.S. gegen Österreich]).

 

Zu Artikel 135b:

 

Zu Abs. 1 siehe die Erläuterungen zu Z 12 (Art. 138 Abs. 1 lit. b).

 

Abs. 2 folgt § 30 JN und soll eine Delegation von Rechtssachen durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichen.

 

Zu Artikel 135c:

 

In jenen Angelegenheiten, die gemäß dem vorgeschlagenen Art. 132c Abs. 1 Z 3 und 4 von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ausgeschlossen sein sollen, kann gemäß Abs. 1 Z 1 wegen Rechtswidrigkeit und gemäß Abs. 1 Z 2 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Hinsichtlich der in Abs. 1 Z 1 genannten Behörden (Abgaben- und Finanzstrafbehörden des Bundes, verfassungsgesetzlich weisungsfrei gestellte Kollegialbehörden, Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag) verbleibt es damit bei der vor dem Inkrafttreten dieser B‑VG-Novelle geltenden Rechtslage.

 

Abs. 2 entspricht Art. 130 Abs. 2 B‑VG.

 

Zu Artikel 135d:

 

Abs. 1 entspricht Art. 131 Abs. 1 Z 1 und 2 B‑VG, Abs. 2 entspricht Art. 131 Abs. 2 B‑VG, Abs. 3 Art. 132 B‑VG in der Fassung der Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 1946.

 

Zu Artikel 135e:

 

Die Bestimmung entspricht Art. 1 Z 46 der Regierungsvorlage einer Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1996 (14 BlgNR XX. GP).

 

Zu Artikel 135f:

 

Die Bestimmung entspricht Art. 130 Abs. 1 zweiter Satz B‑VG und wird aus systematischen Gründen ein eigener Artikel.

 

Zu Artikel 135g:

 

Vgl. die Erläuterungen zu Art. 132.

 

Zu Artikel 135h:

 

Die Bestimmung entspricht im wesentlichen Art. 134 B‑VG. Der Begriff „rechts- und staatswissenschaftliche Studien“ wurde durch den Begriff „Studium der Rechtswissenschaften ersetzt. Statt „Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst der Länder“ lautet es jetzt: „Kreis der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, womöglich aus dem Kreis der Landesbediensteten,“, sodaß auch Vertragsbedienstete erfaßt sind (vgl. Art. 21 B‑VG).

 

Zu Artikel 135i:

 

Die Bestimmung entspricht Art. 135 B‑VG.

 

Zu Artikel 136:

 

Vgl. die Erläuterungen zu Z 10 (Art. 135).

 

Zu Z 11 (Überschrift vor Art. 137):

 

Siehe die Erläuterungen zu Z 10 (Zu den Überschriften der Abschnitte A und B).

 

Zu Z 10 (Art. 135b Abs. 1) und Z 12 (Art. 138 Abs. 1 lit. b):

 

Über Kompetenzkonflikte („Zuständigkeitsstreitigkeiten“) zwischen den ordentlichen Gerichten entscheidet nach § 47 JN das zunächst gemeinsam übergeordnete ordentliche Gericht (eine analoge Regelung enthält § 5 AVG). Über Kompetenzkonflikte zwischen den Verwaltungsgerichten und zwischen den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof selbst soll daher konsequenterweise gemäß dem vorgeschlagenen Art. 135 b Abs. 1 der Verwaltungsgerichtshof (und nicht gemäß Art 138 Abs. 1 B‑VG der Verfassungsgerichtshof) zu entscheiden haben. Die Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen den Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof soll nach dem vorgeschlagenen Art. 138 Abs. 1 lit. b – analog der nach Art. 138 Abs. 1 lit. b B‑VG für Kompetenzkonflikte zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof geltenden Rechtslage – dem Verfassungsgerichtshof obliegen.

 

Zu Z 13 (Art. 139 Abs. 1 erster Satz):

 

Die Bestimmung entspricht Art. 139 Abs. 1 erster Satz B‑VG in der Fassung der B‑VG-Novelle 1975.

 

Zu Z 14 (Art. 139a):

 

Die Bestimmungen betreffend die Wiederverlautbarungsprüfung sollen klarer und in möglichst weitgehender Übereinstimmung mit den Bestimmungen betreffend die Verfahren zur Prüfung anderer Rechtsvorschriften (Verordnungen, Gesetze, Staatsverträge) gefaßt werden.

 

Die Formulierung des vorgeschlagenen Art. 139a orientiert sich stärker an Art. 139 B‑VG. In diesem Sinne wird nunmehr davon gesprochen, daß der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarungen zu erkennen hat und nicht über „die Frage“, ob bei der Wiederverlautbarung einer Rechtsvorschrift die Grenzen der Ermächtigung überschritten wurden (vgl. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8 [1996], Rz 1135). Maßstab der Wiederverlautbarungsprüfung sind, entsprechend der geltenden Rechtslage, jene Gesetze (im materiellen Sinn), die zur Wiederverlautbarung ermächtigen.

 

Da die Formulierung des Art. 139a erster Satz B‑VG von jener des Art. 139 Abs. 1 B‑VG abweicht, wurde in der Lehre (vgl. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8 [1996], Rz 1138) die Auffassung vertreten, die Bedingungen, unter welchen der Verfassungsgerichtshof im Wiederverlautbarungsprüfungsverfahren von Amts wegen einzuschreiten hätte, seien weiter gezogen als bei der Verordnungsprüfung (arg.: „anzuwenden“). Dies dürfte freilich kaum der Absicht des historischen Gesetzgebers der B‑VG-Novelle 1981, BGBl. Nr. 350, entsprechen, wurde doch die Prozeßvoraussetzung der Präjudizialität bis zur Neufassung der Art. 139 und 140 durch die B‑VG-Novelle 1975 in den Art. 139 Abs. 1 und Art. 140 Abs. 1 B‑VG mit denselben Worten umschrieben. Die vorgeschlagene Formulierung soll diese Unklarheit beseitigen und klarstellen, daß die Präjudizialität im Wiederverlautbarungsprüfungsverfahren nicht anders zu beurteilen ist als im (Gesetzes- und) Verordnungsprüfungsverfahren.

 

An die Stelle der Verweisung des Art. 139a letzter Satz B‑VG auf Art. 89 Abs. 2 und 3 B‑VG soll der in Z 4 vorgeschlagene Art. 89 Abs. 4 erster Fall treten.

 

Zu Z 15 (Art. 140 Abs. 1 erster Satz):

 

Vgl. die Erläuterungen zu Z 4 (Art. 89).

 

Zu Z 16 (Art. 144):

 

Nach Abs. 1 kann der Verfassungsgerichtshof nunmehr auch mit der Behauptung angerufen werden, der Beschwerdeführer sei durch die Anwendung einer gesetzwidrigen Wiederverlautbarung in seinen Rechten verletzt worden.

 

Abs. 2 entspricht Art. 144 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Satz B‑VG. Die Bestimmung wurde sprachlich vereinfacht und an die neue Rechtslage angepaßt.

 

Abs. 3 entspricht Art. 144 Abs. 3 erster Satz B‑VG. Die neue Formulierung soll klarstellen, daß eine Abtretung der Beschwerde nur nach einer (negativen) Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofes in Betracht kommt (arg.: „Hat der Verfassungsgerichtshof erkannt“). Die im geltenden Art. 144 Abs. 3 B‑VG enthaltene Wendung „in einem sonstigen Recht“ ist mißverständlich, wenn nicht unzutreffend; sie soll daher entfallen. Im übrigen wurde auch diese Bestimmung sprachlich vereinfacht und an die neue Rechtslage angepaßt.

 

Zu Z 17 (Art. 147 Abs. 2):

 

Durch die B‑VG-Novelle BGBl. Nr. 504/1994 wurden sämtliche Bestimmungen des B‑VG, die den Begriff „ordentlicher Wohnsitz“ enthielten, neu gefaßt und mit 1. Jänner 1995 in Kraft gesetzt. Nicht angepaßt wurde Art. 147 Abs. 7 B‑VG, der den Begriff „ständiger Wohnsitz“ enthält. Die Materialien zu dieser Bestimmung, die durch § 65 der B‑VG-Novelle 1929 in das B‑VG eingefügt wurde, geben kaum Aufschlüsse über den Inhalt des Begriffes „ständiger Wohnsitz“: Nach der Wortmeldung des Abgeordneten der christlichsozialen Partei Dr. Kneusel in der 110. Sitzung des Nationalrates am 7. Dezember 1929 (StenProt. III. GP, 3034) sei durch die Bestimmung, wonach drei Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ihren ständigen Wohnsitz nicht in Wien haben müssen, „die Gewähr oder wenigstens einigermaßen die Gewähr geboten, daß in diesem obersten Gerichtshof auch die Länder ihre entsprechende Vertretung besitzen“. Im Ergebnis dürfte davon auszugehen sein, daß „ständiger Wohnsitz“ im Sinne des Art. 147 Abs. 7 B‑VG nur ein Ort sein kann, an dem eine Person auch ihren „ordentlichen Wohnsitz“ (im Sinne des B‑VG in der Fassung vor der B‑VG-Novelle BGBl. Nr. 504/1994) hätte. Dies rechtfertigt es, auch den Begriff „ständiger Wohnsitz“ in Art. 147 Abs. 7 B‑VG durch den Begriff „Hauptwohnsitz“ zu ersetzen.

 

Zu Z 18 (Art. 147 Abs. 3):

 

Da in den Art. 133 Abs. 3 und 136a Abs. 2 künftig an den Abschluß des (Diplom)Studiums der Rechtswissenschaften angeknüpft werden soll, war auch Art. 147 Abs. 3 entsprechend zu ändern.

 

Zu Z 19 (Art. 148):

 

Vgl. die Erläuterungen zu Z 10 (Art. 135).