Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

2. Sitzung,

Donnerstag, 10. Juli 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Tagesordnung

 

1. Geschäftsordnung des Konvents

(Der Entwurf der Geschäftsordnung wurde in der Sitzung vom 30. Juni 2003 verteilt.) Schriftliche Abänderungsanträge können bis zum Ende dieses Tagesordnungspunktes eingebracht werden. Eine Abstimmung ist für die Sitzung am 25. Juli 2003 in Aussicht genommen.

2. Fortsetzung der Generaldebatte vom 30. Juni 2003.

3. Bestimmung der Ausschüsse des Konvents


 

 

Inhalt

 

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler....................................... 3

Dr. Claudia Kahr...................................................................................................... 4

Dr. Clemens Jabloner.............................................................................................. 5

Mag. Renate Brauner............................................................................................... 6

Ing. Helmut Mader.................................................................................................... 7

Dr. Peter Bussjäger................................................................................................. 7

Mag. Renate Brauner............................................................................................... 9

Johann Hatzl.......................................................................................................... 10

Walter Prior............................................................................................................ 11

Dr. Robert Tauber.................................................................................................. 12

Friedrich Verzetnitsch............................................................................................ 14

Dr. Peter Wittmann................................................................................................ 15

Albrecht Konecny................................................................................................... 16

Dr. Bernhard Raschauer....................................................................................... 17

Dr. Peter Böhm...................................................................................................... 19

Dr. Günther Voith................................................................................................... 20

Dr. Karl Korinek...................................................................................................... 21

Mag. Werner Wutscher......................................................................................... 22

Dr. Klaus Wutte..................................................................................................... 23

Dr. Klaus Poier....................................................................................................... 25

Dr. Herbert Haller................................................................................................... 26

Dr. Michaela Pfeifenberger.................................................................................... 27

DDr. Christoph Grabenwarter................................................................................ 28

DDr. Karl Lengheimer............................................................................................ 30

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner............... 31

Dr. Elfriede Mayrhofer............................................................................................ 31

Dipl.-Ing. Josef Pröll............................................................................................... 32

Dr. Reinhard Rack................................................................................................. 34

Dr. Johann Rzeszut............................................................................................... 35

Dr. Andreas Khol.................................................................................................... 37

Dr. Johannes Schnizer.......................................................................................... 38

Dr. Claudia Kahr.................................................................................................... 39

Dr. Clemens Jabloner............................................................................................ 39

MMag. Dr. Madeleine Petrovic............................................................................... 40

Dr. Gerhart Holzinger............................................................................................. 40

Dr. Peter Bussjäger............................................................................................... 41

Dr. Andreas Khol.................................................................................................... 41

Dr. Karl Korinek...................................................................................................... 42

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner............... 42

 


 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur heutigen Sitzung des Konvents. Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, darf ich Ihnen einige organisatorische Details beziehungsweise auch Details über den Ablauf der Sitzung zur Kenntnis bringen.

Wir werden, wie in der Tagesordnung vorgesehen, mit Tagesordnungspunkt 1, der Behandlung der Geschäftsordnung, beginnen. Grundlage für die heutige Debatte ist die Ihnen beim letzten Mal zugekommene Geschäftsordnung, beziehungsweise der diesbezügliche Entwurf für eine Geschäftsordnung. Seit dem letzten Mal ist eine Reihe von Abänderungsanträgen eingegangen, und es gab diesbezüglich eine erste Sichtung des Präsidiums. Das Präsidium ist der Auffassung gewesen, dass eine weitere Behandlung nicht nur der Geschäftsordnung selbst, sondern vor allem auch der Abänderungsanträge erforderlich sein wird, die in der heutigen Sitzung nicht zum Abschluss gelangen kann.

Darüber hinaus sollen die Ergebnisse der heutigen Debatte für die endgültige Formulierung der Geschäftsordnung ausgewertet werden. Es wird daher noch ein weiterer Entwurf einer Geschäftsordnung nach diesem heutigen Sitzungstag erstellt werden, und es wird Ihnen dieser neue Entwurf rechtzeitig bis zur nächsten Sitzung auch zugesandt werden. Es können natürlich in der heutigen Sitzung noch weitere Abänderungsanträge eingebracht werden, aber ich möchte betonen, nur bis zum Ende dieser Sitzung. Nach Ende dieser Sitzung gibt es keine weitere Abänderungsanträge.

Alle Abänderungsanträge, die bisher eingebracht wurden, beziehungsweise noch heute eingebracht werden, werden vom Präsidium nochmals überarbeitet. Wie ich bereits gesagt habe, wird ein weiterer Entwurf erstellt, und dieser Entwurf wird in der nächsten Sitzung des Konvents, die für den 25. Juli vorgesehen ist, zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Der zweite Tagesordnungspunkt wird die Fortsetzung der Generaldebatte sein. Und der dritte Tagesordnungspunkt sieht die Bestimmung der Ausschüsse vor. Diesbezüglich hat das Präsidium eine Vorberatung vorgenommen, und Sie finden die Vorschläge des Präsidiums für die Einsetzung von Ausschüssen beziehungsweise deren Themen in ihrer Tagungsmappe.

Darüber hinaus befindet sich in ihrer Tagungsmappe ein Formblatt, mit dem Sie sich, sofern sie Interesse haben, für Ausschüsse anmelden können. Bitte, sich nicht für mehr als vier Ausschüsse anzumelden, und dabei auch eine Reihung der von Ihnen in Aussicht genommenen Priorität vorzunehmen, und zwar zwischen 1 und 4, so dass das Präsidium aufgrund Ihrer Meldung und Ihrer Prioritätenreihung dann eine Zusammensetzung der Ausschüsse vornehmen und die Zusammensetzung in der nächsten Sitzung des Konvents auch einer Beschlussfassung zuführen kann.

Heute wird nur über die Einsetzung der Ihnen vorgeschlagenen Ausschüsse abgestimmt, aber noch nicht über deren Zusammensetzung und deren Vorsitzende.

Ich darf Sie ersuchen, dass Sie das Formblatt während dieser Sitzung ausfüllen und bis zum Ende der Sitzung an Frau Dr. Moser, die zu meiner Linken sitzt, dann übergeben. Ich möchte auch aufmerksam machen, dass die Beschlussfassung, die heute über die Ausschüsse beziehungsweise deren Themen vorgenommen werden wird, nicht eine abschließende Beratung beziehungsweise eine abschließende Beschlussfassung über die Ausschüsse schlechthin darstellen soll. Es wird daher auch in Zukunft noch möglich sein, sofern von Ihrer Seite Interesse besteht, weitere Ausschüsse einzusetzen. Es soll also nicht bedeuten, wenn heute über diese zehn Ausschüsse abgestimmt wird, dass es keine weiteren Ausschüsse geben kann; sofern hierfür ein Bedarf besteht, kann der Konvent auch weitere Ausschüsse einsetzen. Das Präsidium war lediglich der Meinung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der Einsetzung dieser zehn Ausschüsse das Auslangen gefunden werden kann.

Ich darf nochmals wiederholen: Geben Sie das ausgefüllte Formblatt hier beim Vorsitz ab, wenn Sie Interesse an einer Teilnahme in einem oder maximal vier Ausschüssen haben.

Ich möchte zuletzt noch auf ein besonderes Problem hinweisen, dass sich daraus ergeben hat, dass gleichzeitig mit der Sitzung dieses Konvents auch eine Nationalratssitzung stattfindet. Es sind dadurch einige Abgeordnete zum Nationalrat, die gleichzeitig Mitglieder des Konvents sind, gehindert, derzeit im Konvent präsent zu sein, weil ihre Präsenz im Nationalrat erforderlich ist.

Sofern sich solche Abgeordnete auf die Rednerliste haben eintragen lassen, darf ich Ihr Einverständnis voraussetzen, dass wir diesen Abgeordneten insoweit entgegenkommen, als sie auch das Wort zu einem späteren Zeitpunkt ergreifen können, als sie in der Rednerliste eingetragen sind, um auf diese Weise dieser Kollision zwischen zwei Sitzungen ausweichen zu können.

Die Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic meldet sich aus der Bankreihe zur Geschäftsordnung. Sie kritisiert die Gleichzeitigkeit der Sitzungen von Konvent und Nationalrat, da dadurch etliche Konventsmitglieder an der Teilnahme gehindert werden. Insbesondere kritisiert Madeleine Petrovic die Tatsache, dass der Bundeskanzler im Nationalrat parallel zur Konvents-Tagung eine Erklärung abgebe, um dem so Petrovic in Turbulenzen geratenem Finanzminister beizustehen. Petrovic sieht in dieser Parallelität die Gefahr einer Abwertung der Arbeit des Konvents und merkt angesichts des heißen Wetters ironisch an, dass die Konventsmitglieder auch an die Alte Donau zum Baden fahren könnten, falls ihre Arbeit wenig Wertschätzung der Regierung genieße.

Danke, Frau Abgeordnete. Erstens betrachte ich die Erklärung eines Bundeskanzlers nicht als Turbulenz, zweitens möchte ich hinzufügen, dass ich interessiert daran bin, dass dieser Konvent und diese Sitzung des Konvents friktionsfrei abgeführt werden können, und ich daher meine, es wäre deshalb angebracht, dass wir jenen Mitgliedern des Nationalrates, die gleichzeitig Mitglieder des Konvents sind, eben die Möglichkeit einräumen, ihre Wortmeldung auch zu einem späteren Zeitpunkt als in der Rednerliste eingetragen, nachholen zu können.

Ich darf hinzufügen, dass ursprünglich eine Sitzung des Nationalrates nicht angedacht war, dass sie dennoch, weil das eben seitens des Nationalrates durchaus möglich ist, dann doch angesetzt wurde und dass wir beide, nämlich Nationalrat und Konvent, das Beste daraus machen sollten und dass Nationalrat und Konvent nicht auf Konfrontationskurs gehen sollten. Ich würde das schon festhalten wollen.

Ich darf nun zum ersten Punkt der Tagesordnung kommen. Es haben sich, und das ist im Hinblick auf die von mir gemachten Ausführungen gerade für die beiden ersten Redner von Relevanz, Präsident Khol und Präsident Fischer als erste Redner zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Sie werden ihre Wortmeldungen, wenn sie die Möglichkeit haben, wieder im Konvent anwesend zu sein, nachtragen können.

Ich darf daher als erste Rednerin Frau Dr. Kahr aufrufen. Bitte sehr, Frau Doktor.

Dr. Claudia Kahr: Vorerst einmal allseits guten Morgen. Zur Frau Abgeordneten Petrovic. Ich habe ein großes Herz für die Alte Donau, das können Sie mir glauben und es würde mich jetzt auch ziemlich hinziehen, das können Sie mir auch glauben. Aber ich glaube, dass der Konvent sich nicht beirren lassen sollte. Turbulenzen, ob man sie als solche sieht oder nicht, das sei dahingestellt, gibt es oft. Wenn wir uns davon irritieren lassen, dann wird die euphorische Stimmung des Auftaktes nicht anhalten.

Zur Geschäftsordnung habe ich eigentlich nicht sehr viel zu sagen. Es hat einen ausführlichen Diskussionsprozess gegeben. Die Geschäftsordnung ist umfangreich geworden. Die Zielsetzung ist immer die gleiche: man bemüht sich für alle Eventualitäten, Verfahren vorzusehen, dass es zu keinen Streitereien kommen kann. Natürlich bleiben offene Punkte.

Ein offener Punkt und das hat sich in den Stellungnahmen und Abänderungswünschen gezeigt, ist die Frage der Vertretungsregelung sowohl auf der Ebene des Konvents selbst als auch auf der Ebene der künftigen Ausschüsse, die, so hoffe ich, bald eingesetzt werden. Dabei denke ich schon noch an die Auftaktveranstaltung – diese festliche Stimmung, diese große Erwartung – auch mit Blick auf Sisyphus. Ich hoffe, dass dieser verhaltene Optimismus anhalten wird und dass sich die Entscheidungsträger dieser Republik nicht dann, wenn es an die Detailarbeit geht, ganz absentieren, sondern auch weiterhin nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten selbst kommen werden. Ich glaube, dass man an die Selbstverantwortung appellieren muss, in der Geschäftsordnung aber eine doch eher lockere Regelung für die Möglichkeit einer Vertretung vorsieht.

Was die Beratungen in den Ausschüssen betrifft, gehe ich davon aus, dass , wenn das Ausschussmitglied selbst nicht anwesend sein kann, eine Vertretung stattfinden kann, zumindest in Form eines Beobachters. Ich gehe davon aus, dass die Mitglieder engagiert sind und nichts verpassen wollen.

Als Letztes noch. Ich hätte zur Einladung, Präsident Fiedler, das kommt vielleicht überraschend, nur eine Anmerkung. Ich hatte in Erinnerung, dass wir in der Frage der Nominierung zwar anstreben, dass sich jeder im Laufe der Sitzung selbst nominieren kann, allerdings dass es immerhin ein Wochenende möglich sein muss zu reflektieren und an die angegebene E-Mail-Adresse bis nächsten Montag noch melden kann, weil ja manche hier gar nicht anwesend sind.

Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke Frau Dr. Kahr. Nur zur Klarstellung: Jene Mitglieder des Konvents, die heute nicht anwesend sein können, haben eine Zuschrift bekommen beziehungsweise werden noch eine Zuschrift bekommen, dass eine Anmeldung bis 12 Uhr des 15. Juli (Dienstag) möglich sein wird. Diese Möglichkeit soll auch allen anderen Mitgliedern offen stehen. Ich würde aber ersuchen, dass von den anwesenden Mitgliedern bereits heute eine Anmeldung vorgenommen werden möge, weil dann eine bessere Übersicht besteht, wer Interesse an der Mitarbeit in einem Ausschuss hat.

Also, ich darf Sie ersuchen, dass Sie heute Ihre Meldungen abgeben und nicht bis zum Dienstag, 12 Uhr, zuwarten wollen. Nach Dienstag, 12 Uhr, wird keine weitere Anmeldung vorerst entgegen genommen. Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Präsident Dr. Jabloner.

Dr. Clemens Jabloner: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich habe dem Entwurf der Geschäftsordnung entnommen, dass die Ausschüsse nicht öffentlich sind. Ich gehöre nicht zum Kreis jener Personen, die sich vertreten lassen können und mein Ersuchen geht daher in die Richtung, dass sich die Präsidenten der Höchstgerichte – ich habe ohne Auftrag dieses Ersuchen erweitert – durch einen Beobachter ohne Stimm- und auch allenfalls ohne Rederecht vertreten lassen können, weil nicht alle Gerichtstermine disponibel sind und auch die Ausschüsse, wenn man in mehreren Mitglied ist, kollidieren können.

Ein echter Stellvertreter wäre umso besser, aber einen Beobachter, den sollte man uns zugestehen. Ich danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident. Ich möchte darauf verweisen, dass die Vertretungsregelung sicherlich noch ein Thema im Zusammenhang mit der Festlegung der Geschäftsordnung sein wird, dass allerdings der Konvent aber auch das Präsidium an die Vorgaben des Gründungskomitees gebunden sind und das Gründungskomitee sehr klare Vorgaben für die Vertretung im Konvent gegeben hat, über die auch der Konvent selbst und das Präsidium nicht hinausgehen können.

Ich möchte nur darauf aufmerksam machen.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Stadträtin Mag. Brauner.

Mag. Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es sehr kurz machen, denn meine Wortmeldung geht in die Richtung, die Frau Dr. Kahr schon formuliert hat. Ich verstehe natürlich, dass das für das Präsidium eine sehr schwierige Aufgabe ist, hier Vorschläge zu erarbeiten. Man muss sicher anerkennend festhalten, dass versucht wurde, eine Regelung zu finden. Nichtsdestotrotz würde ich sehr dringend bitten, die Frage der Vertretung noch einmal zu reflektieren, denn es ist wirklich für viele, vor allem für die, die auch in anderen Bereichen in einer exekutiven Funktion tätig sind, und wenn man die Arbeit wirklich ernst nimmt – und das wollen wir doch wirklich bitte alle - so eine Vertretungsmöglichkeit ganz, ganz wichtig. Dies gilt auch für viele andere, die in ihrem beruflichen Bereich sehr viel zu tun haben und trotzdem die Arbeit hier ernst nehmen wollen.

Ich bin sehr dankbar für die Präzisierung, dass es auch für die, die da sind, möglich ist, noch ein bisschen zu überlegen, denn die Zusammensetzung der Ausschüsse und wo man seine Schwerpunkte setzt, ist natürlich für die zukünftige Arbeit sehr bestimmend.  Deswegen bin ich, Herr Präsident, sehr dankbar für die Präzisierung. Ich verstehe natürlich, dass es notwendig ist, sich so rasch wie möglich zu melden, um die Vorbereitungsarbeiten zügig weitertreiben zu können, bin aber dankbar für die Präzisierung, dass es bis zu dem Dienstag, glaube ich haben Sie jetzt gesagt, noch möglich ist, auch für die, die da sind, wiewohl ich natürlich sehe, dass wir das so schnell wie möglich machen wollen, um auch die schwierige Arbeit des Präsidiums nicht noch schwieriger zu machen. – Danke vielmals.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Stadträtin.

Als Nächster zu Wort gemeldet wäre Herr Präsident Walter Prior. Wenn ich richtig informiert bin, sind aber alle weiteren Wortmeldungen bis auf die der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig gestrichen. Ist das richtig? Das wären die Wortmeldungen von Herrn Bürgermeister Dr. Häupl, von Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann, von Herrn Dr. Schnizer, von Herrn Sektionschef Dr. Matzka, von Herrn Prof. Dr. Funk. Es verbleibt dann tatsächlich nur die Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, für sie gilt die Regelung, die ich vorhin gesagt habe, dass sie sich auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sie sich einfindet, noch zu Wort melden kann.

Damit ist die Rednerliste für den Tagesordnungspunkt 1 erschöpft – zumindest vorerst. Also wenn Präsident Khol, Präsident Fischer und Frau Abgeordnete Glawischnig noch erscheinen werden, dann können sie sich auch zu diesem Tagesordnungspunkt noch zu Wort melden.

Wir gelangen damit zum Tagesordnungspunkt 2, der Fortsetzung der in der letzten Sitzung des Konvents begonnenen Generaldebatte.

Als Ersten auf der Rednerliste sehe ich hier Herrn Präsidenten Prof. Mader. Bitte, Herr Präsident, ich darf Ihnen das Wort erteilen.

Ing. Helmut Mader: Herr Vorsitzender! Hoher Konvent! Die bisherigen Debattenbeiträge haben mir bei unserem ersten Plenum Ende Juni ebenso Hoffnung und Zuversicht vermittelt, wie das Konzept grundsätzlich und die Organisation, mit der uns das Präsidium schon an den Start schickte.

Und weil ich die Zeit für eine Bestandsaufnahme und Reform unserer Verfassung für reif halte, auch des entstandenen Kompetenzgerüstes bis hin zur besseren Regelung der Finanzen und auch der Kontrolle, habe ich mir unseren und meinen persönlichen Optimismus auch nicht durch Gedanken bremsen lassen, , die mich hier herinnen rund 30 Jahre zurückführten, in dieses Sitzungszimmer und an meine Zeit als Vorsitzender , denn gar so viel hat sich demokratiepolitisch hier nicht verändert. Eben, und genau deshalb glaube ich so sehr an die Chance dieses Konvents und genau deshalb genügt mir vorerst die definierte Ausgangsbasis des Bundesstaates im Adamovich´sen Sinn. Und genau deshalb will ich mich, obwohl felsenfest überzeugter Föderalist, zurücknehmen mit guten fachlichen Ratschlägen am Beginn einer langen und schwierigen Wegstrecke des notwendigen Miteinanders.

Ich glaube, es darf keine Verweigerung nur aus Gründen der Gewohnheit, der rituellen Besitzstandsverteidigung geben, und auch keine Tauchstation, wenn erhöhte und manchmal unangenehme Verantwortung im Einnahmenbereich verlangt wird. Und wir dürfen uns auch nicht gegenseitig den Reformwillen absprechen.

Wir müssen nach der GO-Beschlussfassung und Ausschussbesetzung wohl in harter Kleinarbeit und unverdrossen analysieren, einander zuhören und dann Bausteine formen. Es steht dazu keineswegs im Widerspruch, dass es Visionen, Wünsche, Landtagsbeschlüsse, Vorstellungen der Landeshauptleute und der Landtagsprä-sidentenkonferenz, Vorschläge aller Art also gibt und wohl auch die notwendige Probe aufs Exempel, wie weit wir wirklich schon von der Subsidiarität als für mich demokratiepolitischem, wichtigen Bauprinzip entfernt sind.

Je weiter man von den Schalthebeln des Bundes und der Zentralen allein schon geographisch entfernt ist, um so mehr verspürt man das, und um so mehr freut man sich aber auch über den Umstand, dass derzeit an der Spitze beider Kammern des österreichischen Parlaments erstmals in der Geschichte der Republik zwei Tiroler stehen. Auch das dürfte bei mir, im Ernst jetzt, den Optimismus und die Zuversicht für die kommenden 18 Monate beflügelt haben. Aber ganz besonders das Gefühl, dass es meines Wissens schon ein fixes Ergebnis ist, dass unsere Republik und die neun Bundesländer ein gutes Ergebnis brauchen, und dass sie es nicht mehr bekommen, wenn wir jetzt diese Chance verwirken.

In diesem Sinne auf gute Zusammenarbeit Herr Präsident und Hoher Konvent.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke sehr Herr Präsident! Auch für die aufmunternden Worte. Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Prof. Dr. Bussjäger. Bitte sehr, Herr Professor.

Dr. Peter Bussjäger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die primäre Funktion einer Verfassung ist es, so lehrt uns ein Blick in die Geschichte des Konstitutionalismus, Macht zu beschränken. Sie beschränkt die Macht der Regierung und unterwirft sie der Kontrolle der Legislative und der Gerichte. Sie beschränkt die Macht der Legislative, bindet sie an die Verfassung und unterwirft sie der Kontrolle eines Verfassungsgerichtes. Eine föderale Verfassung schließlich bricht die Macht auf verschiedene Ebenen des Staates herab.

Manche Verfassung, wie auch unser B-VG geht sogar noch weiter und beschränkt die Macht des Verfassungsgesetzgebers selbst. Machtbeschränkung ist nicht Selbstzweck, sondern verfolgt das Ziel, Freiheit zu garantieren. Die Verfassung der Freiheit – ich knüpfe damit ganz bewusst an den Titel eines Werkes eines Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften an, der zudem ein Österreicher war, nämlich Friedrich August von Hajek an – ist nicht primär dem Gedanken der Effizienz verpflichtet, sondern der Schaffung und Erhaltung von Autonomie.

Der Verfassungskompromiss in Österreich von 1920, der in der letzten Sitzung bereits ausführlich gewürdigt wurde, und die nachfolgende Verfassungsentwicklung haben diesen Gedanken mit dem demokratischen, rechtsstaatlichen, bundesstaatlichen und wohl auch dem republikanischen Bauprinzip umgesetzt. Wenngleich, das kennen wir, in der konkreten Ausgestaltung bekanntermaßen in vielen Punkten unzulänglich. Es ist daher konsequent, wenn der Verfassungskonvent nun den Versuch unternimmt, die Verfassung der Freiheit auf diesen Grundlagen neu zu errichten.

Ich möchte im Folgenden kein Programm für einen solchen Neubau aufstellen, sondern nur stichwortartig darlegen, dass das Gelingen des Projektes nicht nur den viel beschworenen, offenen, tabulosen Diskurs voraussetzt, sondern auch eine neue Verfassungskultur.

Das Verfassungsdokument: Mit der Sichtung und Bereinigung des Rechtsbestandes ist die Sache nicht getan. Ein bloß neu kodifizierter Text würde am inhaltlichen Zustand der Bundesverfassung nichts ändern, sondern ihn erst richtig publik machen. Entscheidend wird sein, ob wir wirklich bereit sind, von der manchmal bequemen Verfassungskasuistik abzugehen und die Verfassungsmodifikation zu erschweren.

Kann man an die Einführung eines Inkorporierungsgebotes denken, das vom Bundesverfassungsgesetzgeber nicht bei erster sich bietender Gelegenheit wieder ausgehebelt wird?

Rechtsstaat: Das Programm, die Dimensionen des Legalitätsprinzips zu überdenken, klingt überzeugend. Die Gesetzesflut wird aber in Wahrheit von einer Unkultur in der Gesetzgebungspraxis hervorgerufen, die von einer Determinierungsverliebtheit geprägt ist, die jenseits des verfassungsrechtlich Gebotenen steht. Die entscheidende Frage, die sich hier stellt, ist, ob wir bereit sind, der Vollziehung, selbstverständlich unter der Kontrolle der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, im Interesse einer flexiblen und an die spezifischen Verhältnisse angepassten Vorgehensweise Spielräume zu verschaffen. Diese Vorgehensweise wird dann auch zwangsläufig uneinheitlich sein, das müssen wir uns klar sein.

Demokratie: Der Parlamentarismus wird wohl weiterhin die zentrale Rolle im Demokratiekonzept der österreichischen Bundesverfassung einnehmen. Dennoch sind auch hier neue Denkansätze angebracht. Soll das Volk weiterhin nur von Gnaden des Parlaments an der Gesetzgebung beteiligt werden? Wollen wir auch im Verfassungsrecht zur Kenntnis nehmen, dass das Internet existiert und darüber nachdenken, welche Möglichkeiten der Teilnahme am politischen Leben dieses Medium eröffnet? Vom Uraltthema Briefwahl möchte ich hier gar nicht reden.

Föderalismus: Föderalismus hat die Funktion, durch Machtteilung Autonomie, das bedeutet Selbständigkeit und Eigenverantwortung, zu gewährleisten. Hier stellt sich die Frage, ob wir bereit sind, das auch im internationalen Vergleich unschwer erkennbare Übermaß an Aufsicht und Bevormundung abzubauen. Föderalismus bedeutet auch zwangsläufig Uneinheitlichkeit, Differenzierung. Der österreichische Einheitlichkeits­wahn, möchte ich schon sagen, wird in weiten Bereichen Europas nicht geteilt.

Es stellt sich die Frage, ob wir zu einer sinnvollen Verteilung der Gesetzgebungs­aufgaben und der Vollziehungsaufgaben in der Lage sind. Es stellt sich hier auch die Frage, ob die maßgeblichen Akteure bereit sind, auch im Bereich der Finanzen die Eigenverantwortung zu stärken.

Meine Damen und Herren! Ich habe mit dieser Wortmeldung nur auf einige der Probleme aufmerksam machen wollen, die sich hier in der laufenden Konventsarbeit stellen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Stadträtin Mag. Brauner. Bitte, Frau Stadträtin

Mag. Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben das letzte Mal schon sehr ausführlich darüber diskutiert, welch wichtige, aber fast unlösbare Aufgabe vor uns liegt – welch breite Palette von Fragen zu diskutieren ist. Ich denke, es ist für uns alle hier auch wichtig, Prioritäten zu setzen. Meine Priorität ist sehr klar. Ich sehe in diesem Verfassungskonvent die einmalige Chance, das demokratische Prinzip, eines der Grundbausteine der Verfassung, mit noch mehr Leben zu erfüllen und hier noch Weiterentwicklungen zu erarbeiten.

Und ich denke, Demokratie, dieser so wichtige und große Begriff, lässt sich auch sehr konkret messen. Meiner Meinung nach zum Beispiel daran, wie wir mit Minderheiten umgehen, und damit meine ich nicht nur autochthone Minderheiten, sondern auch Menschen, die hierher zugewandert sind.  Zuwanderer, Menschen mit Migrationshintergrund, die in unserem Land leben und Teil unserer Gesellschaft geworden sind.

Demokratie misst sich auch an dem Begriff der Geschlechterdemokratie, denn wie wir demokratische Instrumente nutzen können, hängt mit unseren Lebensumständen zusammen. Die Lebensumstände zwischen Männern und Frauen sind, wie wir alle wissen, in diesem Land immer noch unterschiedlich, und Chancen und Möglichkeiten sind ungerecht verteilt. Gerade, wenn ich mich in dieser Runde umschaue, und sehe, dass auch hier sehr viel weniger Frauen sitzen, denke ich, sollten wir alle miteinander – denn Fragen der Gleichberechtigung sind gesellschaftspolitische Fragen und gehen uns damit alle an, Männer und Frauen, denke ich – sollten wir also diesen Aspekt auch ganz besonders im Auge behalten. Auch was die Sprache betrifft, denn wir alle wissen, welche wichtige Funktion Sprache hat, und hier geschlechtergerecht zu agieren, denke ich, ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt.

Und Demokratie ist für mich untrennbar mit sozialer Verantwortung gegenüber dem Einzelnen verbunden. Soziale Gerechtigkeit muss egoistischen Interessen gegenüber­gestellt werden. In diesem Sinne verstehe ich das Ziel einer Weiterentwicklung der Demokratie.

Natürlich sind auch alle Fragen, die schon das letzte Mal sehr ausführlich angesprochen wurden, wie Demokratieabbau, ein möglichst effizienter, ein schlanker Staat, ein ganz wichtiger Punkt. Ich denke, dass wir uns auch hier über die Inhalte definieren müssen, denn ein abgeschlankter Staat, der so schlank ist, dass er dem Bürger und der Bürgerin nicht mehr dienen kann, nutzt niemandem. Neben den Kriterien, die natürlich wichtig sind, der Raschheit, der Einfachheit, der Kosteneinsparung stehen zumindestens gleichwertig auch die Qualität, die soziale Verantwortung und die Bürger- und Bürgerinnennähe. Das heißt ich möchte keinesfalls dem Spargedanken seine Berechtigung absprechen, aber ich denke, dass wir nicht wichtige staatliche Strukturen neoliberalen Vorstellungen opfern dürfen. Besonders der Rechtsschutz, der Grundrechtsschutz, liegt mir besonders am Herzen und da darf keinesfalls am falschen Platz gespart werden.

Ich denke, dass der Grundrechtskatalog auf europäischer Ebene durchaus ein Anknüpfungspunkt auch für einen österreichischen Grundrechtskatalog bilden kann. Es gilt, diesen um in Österreich historisch gewachsene Grundrechte zu ergänzen und in ein modernisiertes Bundesverfassungsgesetz zu gießen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich denke, dass Effizienzsteigerung ein wichtiger Teil unserer Zielvorstellungen sein muss. Zum Abbau unnötiger Bürokratie ja, aber das Aufgeben sozialer Verantwortung des Staates oder gar von demokratischen Elementen oder von bewährten Grundprinzipien der Verfassung können jedenfalls für mich kein Ziel oder Ergebnis eines Konvents sein. Mir schwebt ein modernes, novelliertes, verständliches Bundesverfassungsgesetz vor, das die bewährten Prinzipien bewahrt, aber von unnötigem Ballast befreit.

Und zum Abschluss noch eine Bemerkung: im Gegensatz zu vielen anderen Staaten ist in Österreich das, was wir als Verfassungsbewusstsein bezeichnen, also die Identifikation mit der Verfassung, sehr wenig entwickelt. Ich denke, auch hier haben wir eine Chance, etwas zu verändern, einerseits durch die Tatsache dieses Konvents durch möglichst viel Transparenz und durch möglichst viel Einbeziehung. Es wurde schon erwähnt, das wir noch Wege suchen sollten, wie wir auch die Zivilgesellschaft in diesen Prozess einbeziehen können, und andererseits dass ein neues Bundesverfassungsgesetz einfach und klar strukturiert ist und da erlauben Sie mir das sehr bewusst als Nichtjuristin zu sagen, dass es in einer Sprache formuliert ist, die so ist, dass auch die Bürger und Bürgerinnen von der Straße sie entsprechend verstehen, damit die Ideen dahinter auch ins Bewusstsein der Menschen dieses Landes eindringen können. Ich wünsche uns allen dazu viel Erfolg. – Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Stadträtin.

Als Nächster zu Wort gemeldet wäre Herr Dr. Wejwoda. Er hat aber auf seine Wortmeldung verzichtet. Daher ist der nächste Redner Herr Präsident Hatzl. Bitte, Herr Präsident

Johann Hatzl: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der gebotenen Kürze einige Bemerkungen. Natürlich stehe ich positiv zu dem Grundsatz und zum Grundgedanken, den der Konvent versucht als Ergebnis zu finden. Trotzdem gestatten Sie mir zu sagen, ich sehe meine Aufgabe nicht darin, zwingend eine neue Verfassung, die völlig anders als die bisherige ist, zu finden und zu schreiben, sondern ich sehe die Aufgabe vor allem darin, dass eine gute Verfassung, die Österreich besitzt, die notwendigen Veränderungen bekommt, die sich aus verschiedenen Entwicklungen, zum Beispiel aus der Europäischen Union oder aus anderen Bereichen ergaben oder wo wir der Meinung sind, hier gibt es auch andere Gesichtspunkte für die Zukunft, die zu betrachten sind.

Es gibt noch immer sehr gültige und richtige Orientierungspunkte der bestehenden Verfassung, wir werden dennoch eine erweiterte Horizontbetrachtung vornehmen müssen. Wir werden, wie schon zuvor angesprochen, sie verständlicher machen müssen. Aber vor allem müssen wir uns darum kümmern, welches Schutzbedürfnis es in unserer Gesellschaft zusätzlich gibt , das in der bestehenden Verfassung noch nicht aufgenommen ist und das auch für die Zukunft für die Bevölkerung, für die Menschen dienlich und wichtig ist.

Die jetzige Verfassung garantiert einen sehr starken und auch demokratischen Aufstieg unserer Republik. Sie ist verlässlich, und dies gilt es zu wahren. Es gilt aber genauso zu wahren – meiner Auffassung nach –  die Struktur des Bundesstaates. Österreich ist ein Bundesstaat. Österreich ist aber auch ein Land der Städte und Gemeinden, und wir haben nachzudenken, in welcher Form auch hier noch dieser Grundsatz verstärkt in der Verfassung abgesichert werden kann. Gelegentlich würde ich auch zum Nachdenken anregen, wieweit nicht Länder-, Städte-  oder Gemeindevertretungen auch das Recht der Antragstellung an das Parlament für Gesetzwerdungen bekommen könnten.

Je näher zum Bürger, umso mehr Lebensqualität wird auch der Bürger der Verfassung und dem Verständnis zuschreiben. Ich warne aber davor, die Bundesüberlegungen, die gelegentlich angesprochen werden, je mehr man an Kompetenz nach Brüssel abgeben muss, durch neue Kompetenz von den Ländern oder von den Städten und Gemeinden sich zu holen. Das wäre ein falscher Weg. Es wäre sogar nachzudenken, wie weit es auch eine umgekehrte Form dieser „Straße“ geben kann.

Meine Damen und Herren! Es geht aber auch beim Nachdenken über unsere Verfassung nicht nur um das Lesbare, sondern auch um das einfacher Kontrollierbare. Ich bin ganz klar der Auffassung, dass wir durchaus nachdenken sollen, wie kann Demokratie gestärkt werden. Es sollte die Diskussion beendet sein, die gelegentlich auch in Österreich noch immer geführt wird, zum Beispiel auf der Bundesebene: welche Voraussetzungen sind notwendig, um Kontrollrechte des Parlaments gegenüber Regierenden einzurichten, die zum Teil in den Ländern umgesetzt sind, auf der Bundesebene noch nicht. Hier gibt es einen Handlungsbedarf auch in der Verfassung. Und ich bin auch der Meinung, man sollte vorsichtig sein, bei aller Diskussionsfreudigkeit, die man einbringen kann, zu signalisieren, dass man diesen Konvent auch dafür verwenden möchte, um bestehende Kontrollpositionen auch, wenn sie nicht genützt werden, gelegentlich in den „Machtmöglichkeiten“ (mit Anführungszeichen) staatlicher Organe zum Beispiel beim Bundespräsidenten deswegen abzuschaffen, nur weil er ganz einfach von manchen dieser Möglichkeiten nicht Gebrauch macht. Das macht misstrauisch, und Misstrauen ist nie etwas Gutes auf dem Weg einer Arbeit für neue Regeln oder für erweiterte Regeln. Im Gegenteil, wir sollten hier eher versuchen, Schwächen auszumerzen. Ich sage ganz bewusst eine solche Schwäche: es ist meiner Meinung nach in der Verfassung künftig eine bestimmte Mindestzeit für die Begutachtung von Gesetzen vorzuschreiben, weil die Länder und die Vertretungen in den Gemeinden und in den Städten bei der jetzigen Form, wie sie vorgenommen wird, ganz einfach nicht in der Lage sind, umfassend hier auch an die Arbeit zu gehen. Sie sehen, die Demokratie ist noch ordentlich erweiterbar und verbesserbar, mit dem Ziel, dass ganz einfach am Schluss stehen muss, Österreich hat seine gute Verfassung verbessert und noch praktikabler gemacht. In diesem Sinn für uns einen guten Erfolg.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Präsident! Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Walter Prior. Bitte sehr!

Walter Prior: Herr Präsident! Hoher Konvent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bereits mehrere Male angesprochen worden, jedes Staatswesen braucht von Zeit zu Zeit eine Anpassung an die neuen Entwicklungen in Staat und Gesellschaft. Vor allem, wenn die Gemeinschaft größer wird, und die Einflüsse von draußen steigen, ist dies ganz besonders notwendig. Unser Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten eine dynamische Entwicklung erfahren. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union und der ersten europäischen Verfassung gibt sich diese Notwendigkeit zur Anpassung in besonderem Maße. Es ist unbestritten, dass die geltende Bundesverfassung ein segensreicher Grundsatzrahmen für unser Land ist. Das Prinzip, zuerst gemeinsame Lösungen zu suchen und die Macht im Staate sinnvoll zu verteilen, ist auch die Grundlage für den Aufstieg unseres Landes. Ich meine auch, dass wir dieses Prinzip der konsensualen Demokratie nicht verwässern, sondern es den Erfordernissen der neuen Gesellschaft anpassen sollen. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung in Europa und auf die neu formulierten Grundsätze der Europäischen Union muss unser Ziel in der Diskussion dieses Konvents sein, die Entscheidungen noch weiter zu den Menschen und in die Regionen zu verlagern. Ich trete daher für eine stärkere Regionalisierung im Aufbau unserer Einrichtungen der Demokratie ein.

In den kommenden Jahren und Jahrzehnten werden sich die Problemstellungen in unserer Republik zunehmend nach den Bedingungen der umgebenden Regionen orientieren. Als Burgenländer darf ich sagen, unser Bundesland grenzt mit der Slowakei, Ungarn und Slowenien an drei neue Mitgliedsländer der Union. Naturgemäß werden wir da andere, spezielle Lösungen in vielen Sachfragen brauchen, als die Bundesländer im Westen von Österreich. Um so mehr trete ich dafür ein, dass die Lösungskompetenzen der Landesparlamente gestärkt und ausgeweitet werden. Und nicht, weil es eventuell eine aktuelle Diskussion herausfordert, muss auch die Funktion und die Aufgabenstellung, die Zusammensetzung des Bundesrates neu überdacht werden. Ich möchte jedoch klarstellen, es geht mir keinesfalls darum, diese opportunistische Meinung, die hie und da in den letzten Monaten auch ausgesprochen wurde, dass es hier nicht um die Abschaffung des Bundesrates geht, ganz im Gegenteil, es geht mir darum, dass die Kompetenzen des Bundesrates gestärkt werden sollen. Denn gerade die Gestaltung der Bundesgesetzgebung, die jetzt schon sehr viele Aufgaben an die Länder und an die Gemeinden delegiert, hat zusätzliche Belastungen für die Länder und für die Gemeinden gebracht, ohne ihnen aber die notwendigen finanziellen Mitteln für die Erfüllung der Aufgaben entsprechend zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch – und als Angehöriger der kroatischen Volksgruppe im Burgenland möchte ich das hervorheben, für die Stellung der Volksgruppen in unserem Land. Auch hier werden von Österreich formal viele Verpflichtungen übernommen, Angelegenheiten der Volksgruppen sind ja Kompetenz des Bundes. Bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen werden insbesondere die Gemeinden aber alleine gelassen. Das gilt zum Beispiel für die erhöhten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Amtssprache für das zweisprachige Schul- und Kindergartenwesen. In vielen Bereichen gibt es zwar Absichtserklärungen und wohlklingende Projekte, doch bei der Finanzierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie zum Beispiel im Bereich der Minderheitenmedien fehlt es jedoch an konkreten Schritten und Maßnahmen.

Unsere Volksgruppen, die Vielfalt unseres Landes bedarf einer aktiven Politik, Absichtserklärungen auf dem Papier sind uns zu wenig. Auch diese Fragen müssen in der Diskussion zur Verfassungsreform eine wesentliche Rolle spielen. Und nicht zuletzt, meine Damen und Herren, steht für mich an oberster Stelle der Zielsetzungen eine grundlegende Reform der Verwaltung. Sie muss noch weiter zu den Menschen rücken. Das heißt, dass die Servicezentren der Verwaltung in die Bezirke und in die Bundesländer gerückt werden müssen. Als Vertreter einer Region, die in erster Linie ländlicher Raum ist, bin ich dafür, dass wir auf den ländlichen Raum besonderes Augenmerk legen, und im Gegensatz zu manchen Bemühungen, die Ausstattung der ländlichen Gebiete mit den Stellen der öffentlichen Verwaltung stärken und nicht ausdünnen. Der Österreich-Konvent, meine sehr geehrten Damen und Herren, soll eine breite Plattform sein für die Diskussion, wie wir unsere bestehende Verfassung der neuen Gesellschaft und der neuen politischen Landschaft anpassen sollen. Es geht meiner Meinung nach nicht um eine neue Verfassung, sondern um die neue Justierung der Regeln unserer Demokratie und um einen Modernisierungsschub für die Verwaltung Österreichs. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine konstruktive und zielorientierte Diskussion bei diesem Konvent. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Ihnen, Herr Präsident! Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Landesamtsdirektor Tauber in Vertretung für Herrn Landeshauptmann Niessl. Bitte, Herr Landesamtsdirektor!

Dr. Robert Tauber: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die dynamische Entwicklung, die unser Land und unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten und zuletzt durch den Beitritt zur Europäischen Union, die Globalisierung der Wirtschaft, die erhöhte Mobilität der Menschen, erfahren hat, sowie der daraus sich ergebende Handlungsbedarf in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen, wurden schon von Vorrednern der Generaldebatte angesprochen. Der Österreich-Konvent bietet nun die Chance in den letzten 25 Jahren wiederholt geführte und zum Teil sehr weit gediehene Überlegungen über eine Neuordnung der Aufgabenverteilung im Staat nunmehr von einer weit gesamtheitlicheren Sicht zu diskutieren und zu gestalten. Die Qualität unserer Verfassung mit ihren Grundprinzipien ist dabei ebenso unbestritten, wie die unbefriedigende Situation, die durch die in der Folge beschlossenen Vielzahl bundesverfassungsgesetzlicher Regelungen eingetreten ist. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwarten daher, die Schaffung einer klaren übersichtlichen Verfassung mit einer vom Gedanken der Subsidiarität, der Bürgernähe und Effizienz getragenen Aufgabenverteilung, und einer danach ausgerichteten Struktur der Institutionen. Die Länder bekennen sich, wie von Frau Landeshauptmann Klasnic ausgeführt, zu einer großen Reform, mit einer, den genannten Grundsätzen folgenden Neubewertung der innerstaatlichen Strukturen und Institutionen, da das nicht nur für die Zufriedenheit der Bürger mit der staatlichen Leistungserbringung von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch ein wesentliches Kriterium für Österreich als Wirtschaftsstandort in der Zukunft sein wird.

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass ungeachtet aller sehr erfolgreichen Bemühungen des Bundes, der Länder und Gemeinden in weiten Bereichen der Verwaltung, e-Government einzuführen, unsere Bürger, wie eine von uns kürzlich durchgeführte Kundenbefragung bei einer Bezirkshauptmannschaft eindeutig zeigte, die persönliche Beratung und die durch genaue Kenntnisse der örtlichen beziehungsweise regionalen Rahmenbedingungen mögliche rasche Erledigung besonders schätzen.

Die Arbeit des Österreich-Konvents sollte sich aber nicht nur mit Institutionen und Zuständigkeiten befassen, sondern auch mit der Frage einer Stärkung der sozialen Verantwortlichkeit des Staates beziehungsweise dem Ausbau der sozialen Sicherheit für die Menschen unseres Landes auf bürgernaher Ebene.

Die BürgerInnen unseres ländlich strukturierten Landes erwarten, dass die wirtschaftliche Entwicklung, die zur Bildung von Zentren und zur Ausdünnung des ländlichen Raumes führt, nicht noch durch Ausdünnung beziehungsweise Schwächung von staatlichen Entscheidungsstrukturen vor Ort gefördert wird. Im Sinne einer wohl verstandenen Subsidiarität erwarten sie, dass Entscheidungen möglichst auch vor Ort getroffen werden. Sei es in Fragen der Sicherheit, aber auch in Fragen der elementaren Daseinsvorsorge, zum Beispiel die Anforderungen an eine funktionierende Ver- und Entsorgung, am besten von regionalen und lokalen Einrichtungen beurteilt und sichergestellt werden können.

Dieser wesentliche Bestandteil der sozialen Sicherheit soll daher auch im Gestaltungsbereich der Regionen und Gemeinden bleiben.

Bei einer umfassenden Neugestaltung der staatlichen Aufgaben wird auch einer partnerschaftlichen Regelung der Finanzverfassung besondere Bedeutung zukommen, damit einerseits die notwendigen finanziellen Mittel für die entsprechende Aufgabenerfüllung sichergestellt und nicht einseitige Lastenverschiebungen möglich sind.

Und schließlich darf ich noch an ein Thema anknüpfen, das mein Vorredner angesprochen hat, das nicht alle Länder betrifft, aber ein wesentliches Kriterium für den demokratischen Stand eines Staatswesens sind, nämlich die Anliegen der Volksgruppen. Auch hier brauchen wir noch klarere Regelungen, auch in der Frage der finanziellen Unterstützung, damit Beschlüsse und Absichtserklärungen nicht Lippenbekenntnisse bleiben beziehungsweise werden.

In diesem Sinne wünsche ich der Arbeit des Konvents viel Erfolg. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Verzetnitsch – er ist offensichtlich im Nationalrat. Entschuldigen Sie, Herr Präsident, Verzeihung, ich habe Sie in der falschen Ecke des Saals gesucht. – Bitte, Herr Präsident!

Friedrich Verzetnitsch: Das ist immer eine Frage des Blickwinkels, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Konvent! In Europa ist in vielen Staaten die Frage der Staatsaufgaben, der Ziele und die damit zusammenhängende Frage, welche Ziele wollen sich eigentlich Gemeinschaften setzen, definieren und regeln in Diskussion. Und vieles wird, wie auch heute der EU-Konvent zeigen wird, neu geregelt.

Ich begrüße es aber auch außerordentlich, dass im Österreich-Konvent, einer guten Tradition folgend, auch die Sozialpartner miteinbezogen sind und hier auch zu Wort kommen und darüber hinaus auch Gedanken und Ideen einbringen können.

Und ich schließe mich der Wortmeldung des Präsidenten Leitl von der letzten Sitzung gerne an, dass im Rahmen des Konvents auch eine Diskussion über die Mitwirkung und die rechtliche Grundlage der Sozialpartner Eingang in die Diskussion finden soll.

Wieviele Argumente hört man in der Öffentlichkeit: Nebenregierung, auf die Seite geschoben, wichtig, just in time. Ich glaube, dass es Sinn machen würde, auch innerhalb des Konvents die Rolle der österreichischen Sozialpartnerschaft dementsprechend neu zu definieren.

Uns geht es aber im Besonderen um die gleichwertige Verankerung neben den Wirtschaftsrechten auch Arbeitnehmerrechte in den Grundrechtskatalog der Österreichischen Bundesverfassung aufzunehmen.

Ich sehe darin einen ganz entscheidenden Beitrag zur Beseitigung der schon seit langem bestehenden Ungleichgewichte zwischen einerseits Eigentumsrecht, Wirtschaftsrecht und andererseits Sozial- und Arbeitnehmerrechten. In den Reformbemühungen zum Grundrechtskatalog und dem Ziel einer umfassenden Verankerung von sozialen Grundrechten in der Bundesverfassung sehe ich auch unseren Beitrag hier für diesen Konvent.

Es kann schon durchaus sein, dass der Eine oder Andere meint, aha, hier hält der alte Lobbyismus Eingang. Ich bin aber überzeugt davon, wenn Wirtschaftsinteressen in der Bundesverfassung dementsprechend zu Recht berücksichtigt sind, dann muss es meiner Meinung nach, ohne den Lobbyismusvorwurf sich gefallen lassen zu müssen, auch darum gehen, dass wesentliche Rechte der Menschen in unserem Lande, nämlich die Sozial- und Arbeitsrechte, ebenfalls Eingang in die Bundesverfassung finden.

Es geht um die Gleichwertigkeit. Zum Beispiel um die Frage des Rechts auf menschenwürdige Existenz; das Recht auf soziale Absicherung. Erinnern Sie sich an die letzten Monate, wo es ja auch darum gegangen ist: sind das Staatsaufgaben oder verweist man hier auf die zweite und dritte Säule der privatwirtschaftlichen Versicherungen. Die Frage der sozialen Absicherung; das Recht auf Chancengleichheit; das Recht auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen; das Recht auf Nichtdiskriminierung in der Arbeitswelt sind Schwerpunkte neben den ganz wesentlichen Fragen der Daseinsvorsorge, wie sie auch von mehreren Rednern in der ersten Sitzung schon angesprochen worden sind. Die Frage, ist der Staat auch für das Gesundheitssystem im Wesentlichen verantwortlich; der Bildungszugänge; der Infrastruktur. Aber auch die Frage, welche Staatsaufgaben werden durch welche MitarbeiterInnen in der Zukunft zu erledigen sein?

Es ist daher nicht nur die traditionelle Frage der gesamten Bürgerschaft in Österreich mit in Diskussion zu ziehen und die Interessen der BürgerInnen, sondern darüber auch  aus meiner Sicht die Aufgabe mit anzudenken, wie geht es dann den Bediensteten in den Gemeinden, in den Ländern, im Bund aufgrund der Veränderungen, die es aufgrund der Diskussionen im Konvent allenfalls geben kann.

Ich habe nicht das Gefühl, wie das von einer Rednerin in der ersten Sitzung angesprochen worden ist, dass hier nicht RepräsentantInnen der Bürgergesellschaft sitzen. Dennoch rege ich an, dass, und ich sehe zumindest in der zur Diskussion stehenden Geschäftsordnung keinen Widerspruch, der Konvent einem Beispiel des EU-Konvents folgen sollte und auch ein Hearing, oder wie immer man das bezeichnen möchte, mit VertreterInnen von ganz wichtigen Organisationen ebenfalls durchführen sollte.

Ich glaube, dass es uns gut anstehen würde, sich einmal Zeit zu nehmen, RepräsentantInnen der Jugendorganisationen, Pensionistenverbände, andere Bürgergesellschaftsorganisationen anzuhören und in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Herr Präsident, ich bin überzeugt davon, dass das auch ein Beweis dafür sein könnte, dass der Konvent nicht nur von uns repräsentiert sondern auch innerhalb der österreichischen Bevölkerung, der Menschen in unserem Lande, auch die dementsprechende Beachtung findet.

Ich wünsche uns allen für diese Beratungen ein herzliches Glück Auf!

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie die meisten meiner Vorredner schon angemerkt haben, ist durch die dynamische Entwicklung unserer Gesellschaft im Inneren des Staates aber auch durch die Entwicklungen, in denen wir durch den Beitritt zur Europäischen Union von außen her eingebunden sind, glaube ich, der richtige Zeitpunkt gekommen darüber nachzudenken, unsere eigenen Spielregeln des Staates neu zu definieren.

Wir haben damit umzugehen, dass wir in den hierarchischen Verwaltungsapparat der Europäischen Union eingebunden sind. Wir haben damit umzugehen, dass wir in dem neuen Legislativablauf eine zusätzliche Ebene dazu bekommen haben. Und wir haben damit umzugehen, dass viele Entwicklungen demokratischer Art noch keinen Niederschlag in der Verfassung gefunden haben.

Und bei den meisten Wortmeldungen sind drei Problemkreise angedacht. Der erste war: man muss diese Verfassung einfacher, lesbarer, verständlicher gestalten. Ich glaube, es wird Niemanden geben, der sich diesem Ansatz entgegenstellen kann oder widersprechen kann.

Es ist auch gesprochen worden, die Verwaltung effizienter, leistungsfähiger, schlanker zu machen. Auch dem wird niemand widersprechen. Ich warne nur davor, diese Verwaltung ausschließlich unter dem Blickwinkel der Sparsamkeit zu sehen. Es sind sicherlich neue Aufgaben auf diesen Staat zugekommen, die ebenfalls zu erfüllen sind. Und ich glaube auch, dass die Rechtsstaatlichkeit als Klammer unserer Gesellschaft nicht ausschließlich aus dem Sparsamkeitsgedanken reformiert werden kann, weil der Rechtsschutz ein Gut ist, das wir hüten müssen, das wir schützen müssen, das wir meiner Meinung nach verstärken müssen, um letztendlich auch zu gewährleisten, dass diese Gesellschaft weiterhin so klaglos funktioniert wie bisher.

Und als dritter Punkt, der ist zwar nicht dezidiert angesprochen worden, er ist aber aus den Partikularinteressen einzelner Redner hervorgegangen, geht es natürlich um das Finden einer neuen Balance der Machtverteilung. Um das Verlassen von gewohnten Mechanismen, das Finden neuer und hier nicht die Partikularinteressen in den Mittelpunkt zu stellen sind und das Ganze zu sehen und nicht in Gefahr zu laugen, vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen, das wird die Schwierigkeit unserer Aufgabe darstellen.

Und das sollte auch einmal ausgesprochen werden, dass es hier um eine Neuverteilung, um neue Mechanismen, um neue Balance der Macht in unserem Staate geht, und ich glaube, das ist eine ehrenvolle Aufgabe, aber aus den angesprochenen Interessen eine äußerst schwierige Aufgabe.

Es macht aber Mut, dass jeder die Bereitschaft erklärt hat, hier über seinen eigenen Schatten zu springen und das Ganze in den Mittelpunkt zu stellen und nicht das Einzelinteresse. Vielleicht noch drei Bemerkungen, die mir in dieser Diskussion wichtig erscheinen werden. Man muss bei aller Reformfreude davon ausgehen, dass wir verpflichtet sind, dem Einzelnen in diesem Staatsgefüge den richtigen Platz einzuräumen, dass wir ihm den notwendigen Schutz durch den Staat, aber auch vor dem Staat gewährleisten, und dass wir in den Mittelpunkt unserer Handlungen stellen: wie können wir dem Einzelnen das Leben vereinfachen, sichern, seine Einzelrechte sichern und seine Möglichkeiten, sich gegen das Staatsgefüge zur Wehr zu setzen.

Der zweite Punkt ist natürlich, dass man bei einer derartigen Gelegenheit jene Demokratiedefizite beseitigt, die vorhanden sind, dass die Selbstverwaltung auch eine Selbstverwaltung bleibt und nicht willkürlich von außen gesprengt werden kann, dass auch die Transparenz der Verwaltungsbehörden in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen rückt, auch der obersten Repräsentanten dieser Verwaltungsbehörden, dass vor allem die Transparenz der Entscheidung dieser Verwaltungsbehörden den Einzelnen klar gemacht, und dass man überhaupt den Umgang mit dem Staat den Einzelnen erleichtert, hier denke ich natürlich an die Entwicklung im Bereich der elektronischen Medien, die viel zu wenig noch Eingang gefunden haben.

Und als letzten Punkt würde ich sagen, es ist eine der Hauptaufgaben, auch jene soziale Verantwortung des Staates zu stärken. In der Rede meines Vorredners wurde schon ein Detail angeführt, das  derzeit in unserer Verfassung zu wenig Beachtung findet: eine Balance zwischen den beiden Eckpunkten, Wirtschaft und Eigentum auf der einen Seite und Menschen, die in dieser Wirtschaft leben und mit diesem Eigentum umzugehen haben, auf der anderen Seite.

Ich glaube, dass es eine ehrenvolle Aufgabe ist, hier mitzuwirken, eine schwierige Aufgabe, eine lohnende und eine Aufgabe, bei der man diese Tabus, die vielleicht nicht ausgesprochen werden, aber vielleicht angedacht werden sollten, auch tatsächlich auf den Tisch kommen. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Abgeordneter. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Professor Konecny. Bitte sehr.

Albrecht Konecny: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verfassung eines Landes ist vieles, sie ist vor allem aber auch die Basis der Legitimation eines politischen Systems gegenüber und für die Menschen in diesem Lande. Wenn die politische und zum Teil verfassungsrechtliche Diskussion der letzten Jahrzehnte, von dem manchmal ernsthaft, manchmal spaßhaft aufgebauten Gegensatz zwischen Formalverfassung und Realverfassung bestimmt war, dann ist das natürlich ein Hinweis, dass diese Legitimationsbasis verhältnismäßig dünn geworden ist. Ich glaube, dass wir genau an diesem Punkt anzusetzen haben: Jenseits der geschriebenen, gesatzten, beschlossenen Verfassung, haben sich in diesem Land Strukturen herausentwickelt, die auch durchaus unterschiedlich gesehen werden, positiv und negativ, aber die ein Stück der gesellschaftspolitischen und in Wirklichkeit auch der verfassungsrechtlichen Wirklichkeit geworden sind.

Ich halte es für wichtig, in den Dialog, den wir hier führen, auch diese Entwicklungen einzubeziehen, um sie entweder in einem verfassungsrechtlichen, gewissermaßen Nachvollzug, weil sie als gut und wertvoll empfunden werden, auch in das Verfassungsgebäude der Republik einzubauen oder auch, zu einer Entwicklung, die wir so nicht schätzen, deutlich "halt“ zu sagen.

Ich glaube, dass uns dabei die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, oder ihre Vertreter in Form jener Gruppierungen, die man als Zivil- oder Bürgergesellschaft bezeichnen kann, wichtige Hinweise geben könnten, und ich würde aus diesem Grund den Vorschlag, den hier der Präsident Verzetnitsch eingebracht hat, leidenschaftlich unterstützen: So wichtig es ist, dass eine Gruppe von Menschen intensiv arbeiten kann und den Dialog miteinander führt, ich glaube nicht, dass das Produkt unserer Arbeit ein gutes sein kann, wenn wir uns vom Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes abschotten oder sie lediglich als Akklamationsinstrument verwenden oder sie mit gelegentlichen Zurufen, was denn dieser Konvent zu tun habe, gewissermaßen aus der Kulisse rufen.

Ein zweiter Punkt, der besonders wichtig ist und der heute auch schon angesprochen wurde, ist das Element der gleichen Qualität der Dienstleistung eines Staates, und das in allen seinen Ausprägungen, als Zentralstaat, als Bundesländer, gegenüber den sehr unterschiedlich strukturierten Räumen unseres Landes. Ich bin Wiener und daher sozusagen ein Privilegierter dieses Landes, weil hier die Dienstleistungen relativ dicht vor meiner Haustür angeboten werden. Aber wir müssen sehen, dass wir verbunden auch mit einer Ausdünnung der Bevölkerung in diesen Räumen, die Zurverfügungstellung von Dienstleistungen in vielen Gebieten unserer Republik in den letzten Jahren bis an die Grenze der Erträglichkeit und vielleicht auch darüber ausgedünnt wurde, und dass das nicht nur ein technischer Gesichtspunkt ist, sondern einer, der tatsächlich das Gebot der Verfassung auf Gleichbehandlung der Bürger ernsthaft in Frage stellt. Dies auch deshalb, weil man natürlich argumentieren kann und argumentiert, dass die Zeit, wo Menschen mit einer Schnauferlbahn oder mit einem Pferdewagen das Bezirksgericht angesteuert haben, zugegebenermaßen vorüber ist; aber dass es gerade für die Gleichheit relevant ist, dass auch in diesen Räumen nicht jeder den Zugang zu einem eigenen Pkw hat und dass wir hier zusätzlich zu der regionalen Ungleichheit noch eine in dramatischer Weise soziale Ungleichheit mit der Benachteiligung derer, die dort immobil leben, gerade dabei sind, in die Wege zu leiten.

Ich halte mich an das rote Licht, das haben wir in diesem Saal so gelernt und versage mir bewusst Ausführungen zum Thema des Bundesrates, weil ich meine, dass zum Über-den-Schatten-springen auch gehört, relevante Probleme dann zu diskutieren, wenn sie in einer logischen Abfolge der Debatte auftauchen. Ich halte es aber für besonders unglücklich, wenn Mitglieder dieses Konvents, sogar des Präsidiums, meinen, mögliche Ergebnisse einer langen Deduktionsreihe am Beginn der Debatte im Fernsehen postulieren zu sollen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Als Nächster zu Wort gemeldet, ist Herr Professor Raschauer. Bitte sehr.

Dr. Bernhard Raschauer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche Wortmeldungen, heute seltener als bei unserem ersten Zusammentreffen, haben eine neue Verfassung angesprochen, haben gemeint, gewissermaßen Aufbruchstimmung und Optimismus signalisierend, wir brauchen Arbeit an der neuen Verfassung.

Mir scheint es wichtig, dass wir uns in einer Frühphase ins Klare kommen, dass wir eine Verfassung haben, die sich im Wesentlichen bewährt hat, dass es keine Zweifel gibt, dass diese Verfassung demokratische Legitimation vermittelt. Ja, ich würde sogar sagen, dass die ganz überwiegende Zahl der Bestimmungen überhaupt nicht in Diskussion steht, dass es keine Änderungsentwürfe gibt.

Daher sollte das, was dieser Konvent leistet, eher dem entsprechen, einzelne Mitglieder haben es bereits ausgesprochen, was die Schweiz das Nachziehverfahren genannt hat, das heißt, die Bestimmungen aktualisieren, die vielleicht nicht mehr dem Stand der Zeit entsprechen, aber deshalb nicht von einer neuen Verfassung sprechen. Man würde auch Erwartungen wecken, die gewiss nicht in 18 Monaten einzulösen sind.

Ich erlaube mir daher die Bitte an den Konvent, zu überlegen, ob man nicht innerhalb der uns gestellten Aufgabe Prioritäten setzen müsste. Mir scheint auch nach der Verfolgung der Wortmeldungen, die in diesem Konvent vorgetragen wurden, doch festhaltenswert, dass es drei Bereiche gibt, die relativ dringend einer Bearbeitung bedürfen.

Erstens: Die Verwaltungsorganisation. Die Österreichische Bundesverfassung ist dadurch ausgezeichnet, dass sie die Verwaltung in einer Dichte regelt, die international einzigartig ist. Ich kenne keine Verfassung, wo in dieser Dichte erstinstanzliche Verwaltungsbehörden, Bundessozialämter, Agrarbehörden, Bundespolizeidirektionen, Bezirksschulräte, und so weiter, in der Verfassung geregelt sind.

Wir nehmen uns damit jeden Gestaltungsspielraum. Wir sind nicht mehr im Stande, an eine moderne Verwaltungsorganisation zu denken, weil alles das verfassungsrechtlich vorgegeben ist. Umgekehrt sind wir durch das Gemeinschaftsrecht verpflichtet, neue Regulierungsbehörden zu schaffen. Der Postregulator, der noch aussteht, kommt bestimmt. Wir können das nicht entscheiden, das gibt uns die EG vor.

Dann brauchen wir aber einen allgemeinen Rahmen für diese Behörden und daher sollten wir ganz schnell, weil alles andere dann darauf aufbaut, über eine Neukonzeption von demokratischer Steuerung und Verantwortlichkeit von Verwaltung nachdenken. Ein allgemeiner Rahmen. Daher bin ich unglücklich darüber, dass hier die Ausschüsse über Bundes- und Landesverwaltung gesplittert sein sollen. Das, glaube ich, verfehlt das Thema.

Zweitens: Die Kompetenzverteilung. Sie stammt in einzelnen Formulierungen aus dem Recht der Monarchie. Meine Damen und Herren! Nur eine Testfrage: Gibt es jemanden im Raum, der nicht für ein einheitliches Anlagenrecht ist? Ganz egal ob Bund und Land, ob Technokraten, ob Juristen, ob Umweltschutz oder Wirtschaft. Dann muss man aber dem Bund die Kompetenz dafür geben. Und so lassen sich einige Punkte zusammentragen, Produktzulassungsrecht und dergleichen, wo wir eine einheitliche Bundeszuständigkeit brauchen, denn mit unserem heutigen Kompetenzkatalog machen wir uns nur selbst das Leben schwer.

Dritter Fragenbereich. Unabhängiger Umweltsenat, unabhängiger Finanzsenat, Datenschutzkommission, unabhängiger Bundesasylsenat, Bundesvergabeamt, unabhängige Dienst- und Disziplinarkommissionen aller Art sind Ersatzhandlungen für die fehlende Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Die Entscheidung darüber wiederum wird die Prämisse für die Neuordnung der Verwaltungs- und der Rechtsmittelorganisation sein.

Daher diese drei Bereiche, zu denen es ja Entwürfe gibt, die ja schon Gegenstand parlamentarischer Beratungen waren, bitte vordringlich in Angriff zu nehmen. Damit würden erst Prämissen für Themen, wie etwa Finanzausgleich, geschaffen. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Als Nächster zu Wort gemeldet wäre Herr Klubobmann Scheibner. Er hat das gleiche Problem wie die Präsidenten Khol und Fischer; wir werden daher auch ihm die Möglichkeit einräumen, wenn er kommt, ihm das Wort zu erteilen.

Es kommt daher als Nächster Herr Dr. Böhm zu Wort.

Dr. Peter Böhm: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Konvent! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Diskussion um eine Reform unserer Bundesverfassung reicht fast bis zur Zeit der Entstehung des Bundesverfassungsgesetzes von 1920 zurück. Dass sie bei aller Anerkennung für die legistische Leistung ihres tatsächlichen Autors Hans Kelsen Produkt aus politisch fragwürdigen Kompromissen war, ist allgemein bekannt.

Das wird nicht zuletzt daran sichtbar, dass der mangelnde politische Konsens nicht einmal einen Abschnitt über aus damaliger Sicht zeitgemäß formulierte Grundrechte zustande kommen ließ. Deshalb wird im B-VG bis heute auf das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1868 verwiesen. Gewiss auch ein historisch rühmenswertes Gesetzeswerk.

Freilich müssen wir uns gerade zu dieser Thematik selbstkritisch eingestehen, dass unsere selig entschlafene, wenn auch nie formell aufgelöste Kommission zur Reform der Grundrechte ihrerseits kläglich gescheitert ist. Vielleicht hätte man das Projekt nicht primär akademischen Lehrern überlassen dürfen. Sie mögen mir diese leise Ironie umso mehr nachsehen, als ich dieser ehrbaren Zunft selbst angehöre.

Aber im gegenwärtigen Konvent besteht diese Gefahr nicht, weil wir in ihm ja eine kleine Minderheit bilden. Im Ernst. Ein zentrales Anliegen sollte uns die Erstellung eines auf der Höhe der Zeit stehenden Katalogs für Grundrechte sein. Das müsste umso eher gelingen, als sie uns inzwischen nicht nur längst auf die Europäische Konvention der Menschenrechte, sondern jüngst auch auf die Grundrechte-Carta der Europäischen Union stützen können.

Die weiteren großen Themen wurden auch von den Vorrednern bereits umfassend dargelegt. Im Blick auf die Bedeutung des Gemeinschaftsrechtes einerseits und auf die Vielschichtigkeit und Mehrgleisigkeit unserer Kompetenzverteilung, um nicht zu sagen unseres Kompetenzdschungels, andererseits, müsste die Anzahl der Entscheidungsebenen überdacht und der Kompetenz-Wirrwarr grundlegend bereinigt werden.

Das setzt nach meiner Überzeugung freilich die weit mehr ins Grundsätzliche gehende Überprüfung voraus, welche Aufgaben der Staat heute noch oder nicht mehr, vielleicht auch unter Umständen erst heute, zu erfüllen hat. Die Eliminierung aller isolierten Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen und der Übergang zum Inkorporierungsgebot, das heißt einer Neukodifizierung der Verfassungstexte, wäre eine für die Rechtssicherheit und die Wiedererlangung eines echten Verfassungsbewusstseins nicht zu unterschätzende flankierende Maßnahme.

Sollte dabei auch ein im Sinne der engagiert in Angriff genommenen, aber längst nicht vollendeten Verwaltungsreform gelegener Beitrag zu einem schlankeren Staat gelingen, wäre das ein höchst willkommener Nebeneffekt. In dieser Hinsicht stimme ich sowohl jenen Vorrednern zu, die diesen sozioökonomischen Aspekt betont haben, als auch jenen, die dazu kritisch angemerkt haben, dass dabei Quantität nicht vor Qualität gehen darf. Das heißt, dass ökonomistische Rationalität nicht zur Preisgabe unverzichtbarer sozialer Dimensionen führen darf.

In beiden Positionen, die ich gleicherweise teile, erkenne ich zwar ein äußerst sensibles Spannungsverhältnis, aber keinen absoluten Gegensatz, ist man nur um sachbezogene Ausgewogenheit bemüht.

Ganz wichtig erscheint mir der Ausbau der bis heute unzureichend entwickelten Institute der direkten Demokratie. Sie werden verstehen, dass ich als Mitglied des Bundesrates, die seit dem Paktum von Perchtoldsdorf am Vorabend der Volksabstimmung zur Europäischen Union verschleppte Bundesstaatsreform am Herzen liegt.

Auch hierzu müssen im Rahmen einer Generaldebatte oder auch aus Zeitgründen knappe Hinweise genügen. Persönlich schweben mir die Abschaffung der Kompetenzkategorie Grundsatzgesetzgebung des Bundes und Ausführungsgesetze der Länder sowie der Vollzugstypus der mittelbaren Bundesverwaltung vor.

Darüber hinaus kann ich der prominent vertretenen Tendenz manches abgewinnen, die Gesetzgebung zunehmend beim Bund und die Vollziehung auch im Sinne größerer Bürgernähe weitgehend bei den Ländern zu konzentrieren. Ebenso überzeugt mich, dass es sowohl echten Föderalismus als auch der Budgetwahrheit und Klarheit innerhalb des Finanzausgleiches entspräche, den Bundesländern ein eigenständiges Steuerfindungsrecht zu eröffnen. Auf die alte Forderung nach Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten darf ich nur am Rande hinweisen.

Meine Damen und Herren! Ich muss mir auch aus Zeitgründen versagen, auf die mögliche Reform und Aufwertung des Bundesrates zu sprechen zu kommen, dazu wird in den Ausschüssen ausreichend Gelegenheit sein.

Mit meinen besten Wünschen für das Glücken unseres anspruchsvollen Vorhabens danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Voith, der von der Industriellenvereinigung für Herrn Generalsekretär Fritz umnominiert wurde, und zwar auf Dauer. Damit dies klar ist: Eine Umnominierung und keine Vertretung.

Dr. Günther Voith: Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin seit 45 Jahren Unternehmer und, wie erwähnt wurde, in der Industriellenvereinigung, da bin ich Vorsitzender des rechtspolitischen Ausschusses. Als Unternehmer denke ich natürlich sehr pragmatisch, sei mir gestattet, und zielorientiert.

Wenn ich mir so vor Augen führe, was auf der einen Seite an Zielen dem Konvent vorgegeben wurde, so ist das ja schon eine sehr hohe Latte. Und auf der anderen Seite, wenn ich mir anhöre oder vor Augen führe, was an Wünschen und Anregungen konkret letztes Mal und dieses Mal gekommen ist, so muss ich sagen, das ist natürlich ein noch viel größerer Komplex.

Was macht man in so einer Situation? Man muss Prioritäten setzen, darum wird der Konvent nicht herumkommen, vor allem dann, wenn er das besonders ehrgeizige Ziel, das in 18 Monaten zu schaffen, tatsächlich irgendwie zusammenbringt. Ich sage es recht einfach.

Nun, welche Prioritäten? Wonach richtet man die Prioritäten, die man setzen muss? Man richtet sie wohl danach, was dem größten Teil der Bevölkerung am Herzen liegt und was am meisten brennt. Und nicht, sage ich gleich dazu, nach etwas, was man doch eher als Gruppeninteressen einstufen muss. Und mir erscheint, dass hier in erster Linie zwei Prioritäten heranzuziehen sind.

Die erste Priorität – das ist häufig schon erwähnt worden oder angedeutet worden – ist das gewisse Ohnmachtsgefühl des Bürgers heutzutage gegenüber einem Moloch Staat, der ihm – und das ist die zweite Priorität – zu viel Geld aus der Tasche zieht.

Die zweite Priorität möchte ich doch unterstreichen. Es ist nicht auf Dauer zu machen, dass die Bevölkerung, sagen wir nur ein Beispiel, dass jeder Erwerbstätige um 400 € im Monat mehr verdienen würde, wenn wir nur die Zinsen für die Staatsschuld nicht hätten. Um etwas konkreter zu werden, alle Vorschläge, alle Veränderungen der Verfassung, die dann natürlich ihren Niederschlag finden sollen in den Zielen, wie Demokratisierung, wie schlankerer Staat, wie näher zum Bürger mit der Verwaltung, alle diese sind eine Katastrophe oder wären eine Katastrophe, wenn sie weitere Belastungen bedeuten.

Wir haben heute das Problem, dass die Bevölkerung tatsächlich nicht so sehr an Dingen wie genauer Behördenkompetenz und so weiter liegt, sie weiß nur, es ist zu teuer. Und ich appelliere daran, dass der Konvent die vielen praktischen, ja auch heute schon und letztes Mal genannten Vorschläge in der Umsetzung wie etwa die Modernisierung, Aktualisierung nicht unbedingt Vergrößerung oder Verkleinerung, dass das alles daran gemessen werden muss. Bitte, effizient muss der Staat bleiben, oder er muss noch wesentlich effizienter sein, sonst ist die Standortfrage für Österreich eine Existenzfrage geworden. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Dr. Voith.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Prof. Dr. Korinek.

Dr. Karl Korinek: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich kann unmittelbar anschließen an das, was Raschauer gesagt hat. Wir haben eine Verfassung, die in ihren Grundzügen die Demokratie, die Gewaltenteilung, ein gutes Funktionieren unseres Staates garantiert, ordentlich garantiert. Dass es hier Verbesserungsnotwendigkeiten gibt sei zugestanden, und die Punkte, die Raschauer genannt hat sind sicherlich die wichtigsten.

Der formale Zustand der Verfassung ist aber schlechter als man trotz allem Redens darüber annimmt. Kaum jemand in Österreich kennt das österreichische Verfassungsrecht. Ich kenne nur eine einzige Person, die das kennt, das ist jene Mitarbeiterin, die im Verfassungsrechts-Kommentar die Textsammlung des öster­reichischen Verfassungsrechts betreut. Das sind diese berühmten über 1000 Verfassungsbestimmungen in Gesetzen und Staatsverträgen, die keineswegs nur unbedeutende Sachen regeln. Das sind nicht nur Spezialvorschriften, die über 50 Verfassungsbestimmungen im Elektrizitätsrecht etwa allein, oder diese vielen Hunderten Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen, das sind auch ganz grundlegende Dinge.

Ich bin überzeugt, die meisten von uns wussten nicht, dass es eine Verfassungsbestimmung gibt, die den Unvereinbarkeitsausschuss des Nationalrates und auch den Unvereinbarkeitsausschuss des Bundesrates ermächtigen, ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen Minister oder ein Mandatsverlustverfahren gegen einen Abgeordneten beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Die meisten von uns wissen wahrscheinlich nicht, dass die Verantwortlichkeit als sozusagen ergänzendes Oberstes Organ für das Dienstrecht oder das Pensionsrecht oder die Pensionierung in Bereich der früheren Postverwaltung beim Generaldirektor der Telekom Austria AG liegt, der damit ein Oberstes Organ des Bundes ist, so wie ein Bundesminister. Allerdings nicht dem Nationalrat verantwortlich.

Meine Damen und Herren! Das sind wirklich keine erfreulichen Zustände. Dazu kommt noch, dass viele dieser Regeln geschaffen worden sind und nicht in das System der Rechtsordnung eingepasst worden sind. Wir haben im Umweltverträglichkeits­prüfungs­gesetz – sehr lobenswert – Antragslegitimationen für Trassenverordnungen für die Gemeinden und für Bürgerinitiativen. Es hat aber niemand für notwendig erachtet, zu sagen, was denn diese Antragsteller eigentlich vorbringen dürfen. Alles, oder nur das, was ihre Interessen betrifft? Das muss der Verfassungsgerichtshof in diesen Verfahren erfinden. Und erstens ist das nicht Sache eines Gerichts und zweitens wird der Verfassungsgerichtshof natürlich kritisiert dafür, was er erfindet, weil jeder möchte es ganz gern ein bisschen anders haben; nur man hat es halt vergessen zu regeln.

Oder: Man hat die Direktwahl des Bürgermeisters durch Änderung der Verfassung ermöglicht und nicht gleichzeitig die Regeln über die Wahlanfechtung und Kontrolle dieser Wahl angepaßt, so dass es heute völlig offen ist, wer denn eine Bürgermeister-Direktwahl überhaupt beim Verfassungsgerichtshof anfechten kann. Auch das muss man mit Analogie lösen. Meine Damen und Herren: Das ist kein guter Zustand unserer Verfassung!

Zweiter Punkt, den ich aus Zeitgründen hier nur nennen möchte: Wir müssen uns in diesem Verfassungskonvent bewusst sein, dass wir nicht auf einer Tabula rasa arbeiten, sondern dass wir einen Rahmen vorgegeben haben. Zum Teil einen völkerrechtlich verbindlichen Rahmen, zum Teil einen faktischen Rahmen. Das gilt im Blick auf das Gemeinschaftsrecht für die Staatsaufgaben und die Aufteilung der Staatsaufgaben. Wenn es einen europäischen Wirtschaftsraum gibt, in dem es keine Handelshemmnisse geben darf, dann muss das auch für Österreich gelten.

Das gilt auch für Fragen des Rechtsschutzes. Das gilt für Fragen der Steuerung der Verwaltung nicht nur durch österreichische Gesetze, sondern zwingend auch durch Gemeinschaftsrecht. Das gilt auch für den Grundrechtsschutz. Ich meine hier nicht so sehr den Grundrechtsschutz der EU, sondern der Europäischen Menschenrechtskonvention, der nach wie vor ein verpflichtender Grundrechtsschutz ist. Das nur einige Bemerkungen zu diesem Aspekt. – Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Generalsekretär Mag. Wutscher. – Bitte sehr.

Mag. Werner Wutscher: Sehr geehrter Präsident! Hoher Konvent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Präsident Korinek darf ich mich als bescheidener Verwaltungspraktiker, und als solcher bin ich auch Mitglied im Konvent, mit zwei grundsätzlichen Bemerkungen zu Wort melden. Und ich möchte auch anschließen, ausdrücklich anschließen, bei Professor Raschauer. Ich glaube, es wird notwendig sein, in dieser Diskussion, wenn sie zielführend sein soll, Prioritäten zu setzen. Und drei Punkte sind von Prof. Raschauer angesprochen worden, ich möchte mit dem ersten beginnen: sind diese Aufgaben, die wir hier zu diskutieren haben, noch zeitgerecht und auch noch zeitgemäß? Diese Diskussion war nämlich eine, die auch in den letzten Jahren, wo es ja intensive Debatten um die Verwaltungsreform gegeben hat, die ist eigentlich nicht geführt worden. Die Frage, bevor man über die Verteilung der Kompetenz spricht, ob überhaupt die Aufgabe als solche noch notwendig ist, ob es neue Aufgaben gibt, die der Staat erfüllen muss, und dann die Frage, in welcher Form sie auch entsprechend verteilt und vollzogen werden.

Der zweite Aspekt, der mir sehr wichtig erscheint, ist die gesamte Frage, der Rahmen für die österreichische Verwaltung und in wieweit wir hier unsere Grenzen erreicht haben. Und es wurden einige Beispiele auch wieder von Präsident Korinek erwähnt, wo im Grunde genommen in den letzten Jahren auch aufgrund verfassungsrechtlicher Schranken, aber auch aufgrund eines sehr unsystematischen Ansatzes eine Vielzahl an neuen Bestimmungen geschaffen worden sind, ich denke an den gesamten Bereich der Ausgliederungen, wo es unterschiedlichste Beispiele gibt, aber auch an die modernen Entwicklungen der Verwaltungsreform insgesamt. Ich sage Ihnen ein paar Schlagworte: New public management, Inputsteuerung, die Fragen des e-Governments, die gesamten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen. Und hier stellt sich mir die Frage: sind die Spielräume groß genug, müssen wir hier nicht nacheichen, um hier auch die sachgerechtesten Lösungen – und das ist die Aufgabe der Verwaltung – die sachgerechtesten Lösungen, im Grunde genommen im Sinne der Bürger und auch in den rechtsstaatlichen Schranken zu gewährleisten.

Der dritte Aspekt, der angesprochen worden ist, war die Europäische Union. Auch sie führt im Bereich der Verwaltung zu dramatischen Änderungen. Die österreichische Verwaltung ist in vielen Bereichen einzelfallbezogen, wir sind es gewohnt, den Vollzug über, oder zu steuern über den Vollzug oder auch über Aufsichtsrechte. Und die Europäische Union gibt uns eigentlich Planungen vor. Ich denke an die Wasserrahmenrichtlinie und an andere Bereiche, im Umweltschutzbereich, wo es um quantitative und qualitative Ziele geht, und nicht mehr um Einzelfallentscheidungen. Auch hier stehen wir vor großen Herausforderungen. Und der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die gesamte Frage des Selbstverständnisses der Beamten selbst, auch diese Frage scheint mir wichtig, auch hier haben wir aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen vollkommen auch geänderte Arbeitsbedingungen, wenn ich nur die Europäische Union hernehme und mir überlege in welcher Form wir uns hier auch als Experten einbringen im Gesetzgebungsprozess, im Rat aber auch dann in den unterschiedlichen Gremien ist es ein vollkommen geändertes Amtsverständnis, als es ursprünglich aus der josephinischen Tradition her, des österreichischen Verwaltungsbeamten stammt. Damit bin ich am Ende, ich glaube, dass der Geist, mit dem der Konvent begonnen hat, ein sehr guter war. Ich erhoffe mir auch hier in diesen zentralen Fragen die Antworten, glaube aber auch, dass eine Prioritätensetzung und damit auch eine zielgerichtete Diskussion notwendig ist. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön! Der nächste Redner ist Herr Klubobmann Dr. Wutte. Bitte sehr, Herr Klubobmann.

Dr. Klaus Wutte: Herr Präsident! Hohe Versammlung! Hoher Konvent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass es nach den sehr feierlichen und ein bisschen präambelhaften Erklärungen der ersten konstituierenden Sitzung heute ein bisschen mehr ans Eingemachte geht, wenn man so sagen darf, in die Thematik eingedrungen wird, ob das jetzt von der Interessenssphäre, von der regionalen Sichtweise oder auch von der akademischen Kompetenz her geschieht. Ich glaube die Erwartungshaltung außerhalb dieses Konvents ist hoch an unser Gremium. Und es wäre wahrscheinlich einmal sinnvoll, unsere eigene Erwartung ein bisschen zu definieren. Und da kann ich mir schon vorstellen, dass wir da aus verschiedenen Zugängen und Blickrichtungen natürlich etwas unterschiedliche Erwartungen an den Konvent haben. Und eines muss uns wahrscheinlich klar sein, gleich zu Beginn, dass wir einen möglichst einheitlichen Konsens darüber finden, was unsere Aufgabenvorstellung, unsere Vorstellungen als solches vom Staat ist. „Starker Staat“ war ein Begriff, der in der ersten Sitzung genannt wurde, auch vom Herrn Bundeskanzler. Ich glaube, dass jeder ein bisschen eine andere Interpretation und ein Verständnis davon hat, was starker Staat ist. Das heißt: wir müssen uns in den Zielvorstellungen dessen ein bisschen harmonisieren und ein bisschen aufeinander zubewegen, denn die unterschiedliche Betrachtung ergibt sich aus mehreren Ebenen. Die Frage, was muss der Staat leisten, was kann er, was soll er leisten? Soll er ein Nachtwächterstaat sein, wie er es früher einmal war? Ist er ein Leistungsstaat ein moderner? Kann er, soll er, alle Leistungen noch erbringen oder ist das eine Utopie, die eben dann in Wildwuchs von Verwaltung und in den angesprochenen Staatsschulden zwangsläufig mündet, gibt es da ein Entrinnen oder gibt es da einen Ausweg? Das heißt, diese Definition ist einerseits zu finden und zu suchen und zweitens ist natürlich das zu bewerkstelligen, was wir als Zugänge determinieren und definieren, wie wir es von den verschiedenen Institutionen her sehen, die uns in diesen Konvent entsandt haben.

Das heißt: Fragen, Überschriften, das Spannungsfeld ist aufzulösen zwischen Zentralismus, Dezentralismus, Föderalismus ist häufig genannt worden. Verstehen wir uns als notwendiges, als Instrument dafür, die notwendige Effizienzerhöhung zu bewerkstelligen. Ist Effizienz mehr als Einsparen an Gliedern und möglicher Weise an Häuptern? Ist Einsparung und Effizienzerhöhung mehr als das Abschneiden von Gliedmaßen und das Heraustrennen zweier Kammern wie im Zwei-Nieren-System. Könnte man auch sagen, ja okay, es funktioniert auch mit einer Niere, die zweite – ich interpretiere das jetzt nicht – ist nicht lebensfunktionsnotwendig, dennoch hat sie ihren Sinn und ihre Aufgabe. Ich glaube, dass wir, und das wäre mein Zugang, – ich schließe da bei Prof. Korinek an, der von den Grundprinzipien der Verfassung gesprochen hat, – versuchen sollten, uns wieder einmal diese Grundprinzipien in Erinnerung zu rufen. In der letzten konstituierenden Sitzung hat es bereits das klare Bekenntnis dazu gegeben. Wir sollten uns fragen, wie weit diese Grundprinzipien noch vorhanden, sichtbar, verschüttet, überlagert, rettungsbedürftig sind. Und da gibt es doch einige Ansätze, wenn ich an das rechtsstaatliche Prinzip denke, wer einmal den Genuss erlebt hat, den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes darüber sprechen zu hören, wie Europarecht unsere Rechtsordnung durchdringt, beeinflusst, den gesamten Stufenbau der Rechtsordnung durcheinander bringt, überlagert, und damit intransparent macht, der weiß also, wovon hier gesprochen wird, wenn wir von Rechtsstaatlichkeit sprechen. Rechtsschutz, angesprochen durch die Vertreter der Gerichtshöfe. Ist es so zu sagen noch diese Wahrnehmung des Rechtsstaatsprinzips, des freien Zugangs zum Recht, wenn es nicht die notwendige Ausformung auch der Rechtsschutzinstrumente, insbesondere auch in den zeitlichen Abläufen gibt: Spannungsfeld zentrale Gerichtsbarkeit, Landesgerichtsbarkeit, und damit auch die Frage der Gewaltenteilung. Gewaltenteilung als Prinzip, das wir ja in den Ländern intensiv und unterschiedlich diskutieren, wie die Vollziehung des Landes zur neu geschaffenen Landesverwaltungsgerichtsbarkeit steht, ob es hier bereits eine schleichende Gewaltenteilungsverschiebung gegeben hat, hin zu mehr judikativer und weniger exekutiver Gewaltenteilung.

Aber auch in der Frage der Determination, oder Definition dessen, was die einzelne Rolle von Staatsorganen ist. Die Stellung des Bundespräsidenten ist angesprochen, die Stellung der Medien in unserem Gewaltenteilungs-, öffentlichen, politischen System ist noch nicht angesprochen worden. Wenn wir aber im Hinblick auf die Realverfassung, und es ist, glaube ich, wichtig, diese im Auge zu haben, im Hinblick auf die Realverfassung jenen Status, den wir heute haben, versuchen in Einklang zu bringen mit der gesatzten Verfassung, dann wird es wahrscheinlich auch nicht anders gehen, als diese Entwicklungen ins Auge zu fassen. Abschließend die Frage daher auch – und das vielleicht auch als Anmerkung zu Ihnen, die von der Realverfassung gesprochen haben. Wir müssen uns fragen: ist die Realverfassung eine, die gewünscht ist, wenn ja, wo? Ist die einfach nachzuvollziehen, und ist ihr faktisch die verfassungsmäßige Legitimation nachzuliefern, ob das die Sozialpartner­schaft ist, ob das die Landeshauptleutekonferenz ist, ob das die Medienstruktur in diesem Land ist, oder ist sie da und dort zu korrigieren und zu verändern und eben nicht nachzuvollziehen?

Eine Fülle von Fragen. Es ist klar, dass wir zu Beginn nicht die Antworten präsentieren. Das waren von meiner Seite die von uns und von mir angedachten Fragen. Ich hoffe, dass wir in unseren gemeinsamen Bemühungen eine bessere, eine verbesserte Grundlage zustande zubringen, erfolgreich sind. Ich bekenne mich zu dem, was gesagt wurde, dass die Ausgangslage der österreichischen Bundesverfassung als solche eine wertvolle ist, die verbesserungswürdig ist, aber in ihrem Grunde Bestand haben sollte. Danke fürs Zuhören.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Dankeschön. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Poier. Bitte sehr!

Dr. Klaus Poier: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 1. Jänner 2000 trat in unserem Nachbarland Schweiz eine neue Bundesverfassung in Kraft, die die alte Verfassung aus dem Jahre 1874 ablöste. Auch in der Schweiz gab es mehrere Jahrzehnte lang zahlreiche Anläufe, eine große Verfassungsreform zustande zu bringen. Schon dieser kurze Blick zeigt, dass Österreich mit seinen bisher fruchtlosen Bemühungen weltweit gar nicht so alleine dasteht.

Die Einsetzung dieses Österreich-Konvents bedeutet zweifelsohne bereits einen großen Schritt nach vorne, den bis vor kurzem kaum jemand für möglich gehalten hatte. Dieser Konvent sorgt sicherlich auch schon per se für den nötigen Druck auf alle Beteiligten, auf uns im Konvent, aber auch auf alle Entscheidungsträger im Staat, dass am Ende dieser 18 Monate ein sichtbares, umsetzbares Ergebnis stehen muss.

Ein neuer Verfassungstext mit einer Inkorporierung vieler außerhalb des B-VG anzutreffender Verfassungsbestimmungen; ein Verfassungstext mit einer systematischen und strukturellen Verbesserung, der die vielen verfassungsrechtlichen Ausnahmebestimmungen unnötig macht; ein Verfassungstext mit einer Eingliederung der Grundrechtsbestimmungen et cetera ist daher wohl als Ergebnis recht wahrscheinlich geworden. Dies ist sicherlich auch begrüßenswert – ohne Zweifel.

Dafür würde es allerdings nun keines Konvents bedürfen. Dies könnte durchaus auch durch eine Arbeitsgruppe von Verfassungsjuristen ausgearbeitet werden. Eine neue österreichische Verfassung wird daher nicht nur rechtstechnisch und formal, sondern auch inhaltlich innovativ und zukunftsorientiert sein müssen, soll der Konvent nicht letztlich doch scheitern.

Ich möchte an dieser Stelle drei Aspekte ansprechen, die mir bei einer neuen Verfassung aus inhaltlicher Sicht als besonders wichtig erscheinen:

Zum einen plädiere ich für einen Ausbau der Partizipation der Bürger. Reine Überlegungen der Kostensenkung dürfen in diesem essentiellen Bereich der Demokratie keine wesentliche Rolle spielen. Die demokratischen Instrumente, die Volksrechte sollten viel mehr im Sinne einer modernen, interaktiven, Repräsentation und Identität sinnvoll ausgleichenden Staatsorganisation gestärkt werden.

Dies bezieht sich auf das Wahlrecht gleichermaßen wie auf die Instrumente der direkten Demokratie. Die Bürger sollten in beiden Bereichen mehr Einfluss grundsätzlich und gegenüber den politischen Parteien erhalten. Dabei werden sicherlich auch die neuen Möglichkeiten der Elektronik, insbesondere des Internets, mit zu berücksichtigen sein.

Damit zusammenhängend erwarte ich mir als Zweites eine verstärkte Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips. Der Staat kann und soll durchaus ein starker Staat sein, aber wo der einzelne Bürger seine Angelegenheiten in Eigenverantwortung selbst organisieren und managen kann, und vor allem dies auch will, soll der Staat zurücktreten. Auch wenn dies weitgehend eine Frage der einfachen Gesetzgebung ist, so gilt es dies als ein Verfassungsprinzip zu berücksichtigen.

Der Subsidiaritätsgedanke sollte aber auch als durchgängiges Prinzip Anwendung finden. Es reicht nicht aus, sich über Gurkenkrümmungsregelungen der EU lustig zu machen oder zu beschweren. Es gilt vielmehr, auch in Österreich zu fragen, was der Bund macht, was nicht besser und sinnvoller Länder oder Gemeinden könnten. Oder was die Länder machen, was wiederum auf einer unteren Ebene besser angesiedelt wäre. Freilich gilt es auch, die umgekehrte Frage zu stellen, die wird aber ohnedies ständig medial getrommelt.

Schließlich erwarte ich mir – und darauf möchte ich bewusst als einer der Jüngsten im Konvent hinweisen – eine verfassungsrechtlich durchsetzbare Verankerung des Prinzips der Nachhaltigkeit. Eine moderne Verfassung muss stärker als bisher gewährleisten, dass es eine gerechte und sachliche Verteilung der Ressourcen und Lasten auf die Generationen gibt und dass auch nachkommende Generationen faire Bedingungen vorfinden. Dies allein politischer Opportunität zu überlassen, ist aus Sicht junger Menschen unbefriedigend.

Freilich wird die inhaltliche Auseinandersetzung über eine neue Verfassung schwierig, viel schwieriger als bloß über eine rechtstechnische Verbesserung. Dennoch muss sie auch geführt und hoffentlich zu einem brauchbaren Ergebnis gebracht werden.

In dem ersten großen, von Sankt Gallener Professoren erstellten Kommentar zur neuen Schweizer Bundesverfassung heißt es im ersten Satz des Vorwortes, dass diese neue Bundesverfassung die derzeit wohl modernste Verfassung der Welt sei. Nehmen wir dies als Ansporn und versuchen wir eine österreichische Verfassung zustande zu bringen, die ihrerseits dann die modernste, innovativste und zukunftorientierteste Verfassung der Welt sein kann.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Dankeschön. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Professor Dr. Haller. Bitte sehr!

Dr. Herbert Haller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verfassung des Jahres 1920 hat schon auf Bewährtem aufgebaut. Es ist heute bereits gesagt worden, auch wir werden mit guten Gründen auf der bewährten Verfassung des Jahres 1920 aufbauen.

1920 galt es, einem relativ souveränen Staat eine Verfassung zu geben. Inzwischen ist Österreich ganz stark in die internationale, in die Europäische Gemeinschaft eingebunden. Es ist daher nötig, diese Einbindung in die Verfassung deutlich zu machen. Keine leichte Aufgabe, denn zum Einem muss dem Bürger Orientierung gegeben werden und zum Anderen kann das etwa nicht Europarecht-Lehrbuch-artig in  eine Verfassung geschrieben werden.

Es wird daher für unsere Arbeit notwendig sein, dass der zuständige Ausschuss eine Vorgabe gibt, wie weit das in Präambeln, wie weit in einem eigenen Abschnitt, wie weit in den jeweiligen Sachregelungen diese Verbindung zum internationalen Recht deutlich gemacht wird. Soweit keine Vorgabe erfolgt, wird es einer ganz engen Zusammenarbeit der einzelnen Arbeitskreise bedürfen. Meine zweite Anmerkung: Es ist vielfach eine verstärkte Demokratisierung verlangt worden. Auf der anderen Seite ist sehr stark betont worden, Subsidiaritätsprinzip, Gemeindeautonomie, Länderrechte.

Ich möchte nochmals betonen, Demokratie und Subsidiarität sind kein Gegensatz, denn Demokratie kann nicht darin bestehen, der größeren Gemeinschaft Aufgaben zuzuweisen, die von der kleineren bewältigt werden kann und die im überwiegenden Interesse der kleineren Gemeinschaft gelegen sind. Nur wenn wir das berücksichtigen, können wir auch Elemente der direkten Demokratie einbauen, denn auf Bundesebene ist das wohl nur in einem sehr begrenzten Ausmaß möglich. Hier geht es darum, eine Ausgewogenheit der Institutionen zu finden, und zwar der Institutionen, die regieren, und derer, die kontrollieren.

Ich möchte mit einem Wort eines Schweizer Staatsrechtslehrers, Imbodens, darauf hinweisen, wir dürfen uns nicht in österreichischer Weise verlocken lassen, einen klaren romanischen Aufriss dieser Institutionen durch barocke Stukatur bis zur Unkenntlichkeit zu zerstören. Das ist ja auch ein Anliegen, das alle bewegt hat.

Eine dritte kurze Anmerkung: Es gibt Rahmenbedingungen für Demokratie. Die Grundrechte gehören ganz zentral dazu. Ich glaube, dass wir das, was 1920 nicht zustande gekommen ist, tun sollten, einen Grundrechtskatalog an prominenter Stelle in die Verfassung zu setzen, wobei zu überlegen ist, ob man nicht zentrale Grundrechte von anderen, wobei ich manche als Interessentengrundrechte bezeichnen würde, zu trennen und zu überlegen, wie viel man nicht dem einfachen Gesetzgeber zur Gestaltung überlassen kann, wenn ein richtig verstandener Gleichheitssatz die Sachlichkeit der Regelung garantiert.

Besser als eine Vielzahl von Interessentengrundrechten, die einander begrenzen, verschiedenste Konditionen, Konflikte hervorrufen, sind die wichtigsten Grundrechte klar normiert und das andere in einem Vertrauen dem Gesetzgeber zugewiesen und unter dem Blickpunkt eines Sachlichkeitsgebots, das uns der Gleichheitssatz ja bietet. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Die nächste Wortmeldung steht bei Frau Dr. Pfeiffenberger. Bitte sehr!

Dr. Michaela Pfeifenberger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren. Als Hans Khelsen die Vorentwürfe für die Bundesverfassung schrieb, schrieb er darüber: Richtschnur war mir dabei, alles Brauchbare der diesjährigen Verfassung beizubehalten. Die Kontinuität der verfassungsrechtlichen Institutionen möglichst zu wahren, das bundesstaatliche Prinzip in das schon bestehende und bewährte gleichsam einzubauen und mich dabei eine Schweizerische, noch viel mehr aber an die Deutsche Rechtsverfassung anzulehnen.

Ich habe nachgedacht über Ziele, über Erwartungen an den Österreich-Konvent und für mich eine Richtschnur gefunden. Es ist dies, die bewährten Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung beizubehalten wo es geht um Rechte, um Pflichten, um Kompetenzen von BürgerInnen, Institutionen, Gebietskörperschaften und Organen sind diese unter Berücksichtigung der Entwicklung der EU im Konsens klar und knapp zu formulieren.

Wenn man in Lehrbüchern nachlesen kann, dass Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit auseinander klaffen, wenn sich Verfassungsbestimmungen über eine Vielzahl von einfachen Gesetzen verstreuen, wenn die Rechtsquellen der Grund- und Freiheitsrechte ein Konglomerat aus verfassungsrechtlichen Vorschriften aus unterschiedlichen Epochen darstellen, dann ist es eben Zeit, Über- und Unterregulierungen gerade zu ziehen, und nur wo Verfassung draufsteht, soll auch eine zeitgemäße Verfassung drinnen sein.

Die tagtägliche Arbeit, sogar die Existenz der Sicherheitsexekutive ist auf die österreichische Bundesverfassung zurückzuführen. Sicherheitsbehörden und Wachkörper finden im Bundesverfassungsgesetz ihre Grundlage. Grundrechte wie der Schutz der persönlichen Freiheit, die Unverletzlichkeit des Hausrechtes schützen den Menschen vor rechts- und gesetzwidrigen Entziehungen, seiner körperlichen Bewegungsfreiheit, bei einer Festnahme, einer Anhaltung, einer Strafhaft beziehungsweise begründen einen Anspruch auf Achtung von Privat- und Familienleben und der Wohnung, zum Beispiel bei Hausdurchsuchungen.

Das sind verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, die vor allem die individuelle Freiheitssphäre vor staatlichen Eingriffen schützen. Gleichzeitig aber sind diese Rechte auch Schranken für den Staat, für seine Organe. Daher ist es wichtig, die Grundrechte samt möglichen Gesetzesvorbehalten übersichtlich und klar zu fassen.

Was Effizienz und Wirtschaftlichkeit betrifft, finden sich für den Behördenaufbau auch im Bereich der inneren Sicherheit zahlreiche Empfehlungen des Rechnungshofes in seinen Tätigkeitsberichten. Eine Analyse im Rahmen eines Projektes, genannt Verwaltungsmanagement, bezeichnet bereits 1990 den komplizierten Aufbau des Sicherheitsapparates, dessen unterschiedliche Aufgabenbereiche als Behörde oder Wachkörper und die zersplitterten Kompetenzen als wesentliche Problemfelder.

Die Aufbauorganisation des gesamten Verwaltungsbereiches des Bundesministeriums für Inneres gründet sich auf historisch gewachsene Strukturen, unter anderem das Bestehen von drei Wachkörpern mit teilweise gleichen Aufgaben. Und so empfiehlt der Rechnungshof bereits im Jahr 1997, Überlegungen zur Zusammenführung der Wachkörper anzustellen.

Innovation und tabulose Diskussionen, die wir uns im Konvent vorgenommen haben, werden auch sehr oft einen Bruch mit historisch gewachsenen Strukturen mit sich bringen.

Eine Bemerkung zum offenen Brief der Bundesjugendvertretung, der letztes Mal verteilt wurde: Ich habe mit Lukas Mandl – er war bis Ende Juni Vorsitzender der Bundesjugendvertretung und hat den Brief als Vorsitzender unterzeichnet – Kontakt aufgenommen. Nach dem Gespräch bin ich sehr überzeugt, dass eine Form der Bürgerbeteiligung auch so erzielt werden kann, wenn man sich als Mitglied des Österreich-Konvents gegenüber Anregungen nicht verschließt. Sie können aus dem Familienkreis, aus der Kollegenschaft kommen, vielleicht werden sie sogar an der Alten Donau eingefangen. Dass Interesse, dass die Bereitschaft zur Mitarbeit, aber auch dass sehr hohe Erwartungen bestehen, haben mir viele meiner KollegInnen bestätigt, auch die Polizeijuristenvereinigung hat angeboten, an der Arbeit und an den Zielen des Konvents mitzuwirken.

Abschließend halte ich drei Punkte für wichtig:

Es soll auch die eigene Erfahrung einfließen, egal ob als Politiker, als Experte, als Gemeindebürger, als Österreicher, als Europäer.

Der zweite Punkt: Ich erwarte mir ein Selbstverständnis der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau.

Und das Dritte: Wir brauchen Weitblick, aber auch Rücksicht betreffend die Anforderungen aller Generationen an ein starkes Österreich. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Frau Dr. Pfeiffenberger, und natürlich ganz besonders für die Hervorhebung des Rechnungshofes und seiner Berichte beziehungsweise der dort ausgesprochenen Empfehlungen. Besten Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Prof. DDr. Grabenwarter – Bitte sehr.

DDr. Christoph Grabenwarter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nach dem vielen Konsensfähigen, das wir heute und letzte Woche in diesem Saal gehört haben, nur drei Gesichtspunkte betonen, die in mancher Facette schon angesprochen wurden: nämlich erstens eine Bemerkung zur Arbeitsweise und zur Zusammensetzung des Konvents, eine zweite Bemerkung zur Ausgangsbasis und eine dritte zum Stil des Verfassungsrechts.

Zur Arbeitsweise und Zusammensetzung dieses Gremiums, dieser Zusammenkunft, die vielfältig, vielleicht nicht vielfältig genug ist. Ganz entscheidend wird sein, ob die politisch Handelnden, die Experten aus der Verwaltung, die Vertreter der Bürgergesellschaft und wir Handwerker aus der Verfassungsrechtswissenschaft in einen fruchtbaren Dialog treten können. Dabei wünsche ich mir persönlich insbesondere, dass es neben dem sicher notwendigen Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Interessen und Machtansprüchen zu einem erfolgreichen Konsens im Ganzen kommen kann.

So ziemlich alle Staaten Osteuropas haben sich in den letzten 15 Jahren eine neue Verfassung gegeben. Es wäre einigermaßen paradox, wenn auf der Basis eines bestehenden und, wie wir heute bereits mehrfach gehört haben, bewährten Fundaments etwas nicht schaffen würden, das anderen vor dem Hintergrund einer 40-jährigen Diktatur gelungen ist.

Die zweite Bemerkung zur Ausgangsbasis. Unser Verfassungsrecht weist gewiss manche Schwäche auf. Dennoch – und ich freue mich, dass das in der heutigen Debatte den Grundtenor bildet -, das Verfassungsrecht hat einen sehr gesunden Kern, den es zu bewahren und auszubauen gilt.

Ich denke hier – und da kann ich etwas sagen, was der Präsident des Verfassungsgerichtshofes aus Rücksicht auf seine Funktion vielleicht nicht so formuliert hätte – an die Institutionen gerichtlicher Kontrolle, die zwar auch europäischem Anpassungsdruck unterliegen, in ihrem Kern aber Vorbild für andere Verfassungen sind. Gerade für die Demokratien in Mittel- und Osteuropa gilt das. Das österreichische Modell der Verfassungsgerichtsbarkeit ist in der verfassungspolitischen und verfassungsrechtlichen Diskussion im Ausland eine eingeführte Marke, ich denke wir sollten sie bewahren. Ich glaube ganz allgemein, dass es auch für den Erfolg dieses Konvents von Nutzen sein kann, sich in einem ersten Schritt in jedem der einzelnen Bereiche sich des Gemeinsamen, des Bewahrenswerten zu vergewissern.

Meine dritte Bemerkung betrifft den Stil der Verfassung. Im internationalen Vergleich zeichnet sich das österreichische Bundesverfassungs-Gesetz – und ich nehme hier ausdrücklich das umfangreiche Nebenverfassungsrecht aus – durch eine technische, nüchterne Sprache in weiten Bereichen aus. Das ist nicht nur ein Nachteil, vor allem dort, wo es um Organisationsrecht geht.

International einmalig ist jedoch der Detailreichtum des B-VG. Raschauer hat das für die Verwaltung thematisiert, das gilt auch für die Kontrolleinrichtungen, und da will ich jetzt hinter meiner Vorrednerin nicht zurückstehen und auch den Rechnungshof erwähnen.

Wenn man den Vergleich mit dem Bonner Grundgesetz zieht, zeigt sich, dass dort für die Gerichtsbarkeit und den Rechnungshof mit einem knappen Dutzend Bestimmungen, oft nur aus einem oder zwei Absätzen bestehend, das Auslangen gefunden wird, während die Bestimmungen über die Gerichtsbarkeit, das fünfte und das sechste Hauptstück des B-VG viermal so viele Verfassungsartikel in Anspruch nehmen. Österreich ist meines Wissens das einzige Land, in dem die Verfassung geändert werden musste, weil ein in Aussicht genommener Verfassungsrichter an der falschen Universität unterrichtet hat,  mag es auch eine Nachfolgeeinrichtung einer Institution gewesen sein, an der Hans Kelsen einmal unterrichtet hat.

Wenn man das nun in Vergleich zur Europäischen Union setzt, und das wurde heute auch angesprochen, so sehen wir, dass Organe unmittelbar Akte setzen können mit unmittelbarer Wirkung für den Bürger, ohne dass das „Europäische Verfassungsrecht“ über eine vergleichbar detailreiche Ausgestaltung im Primärrecht oder in einer künftigen europäischen Verfassung verfügen würde.

Ich komme damit zu einem Punkt, der die Sprache betrifft und das verständliche Anliegen einer für den Bürger verständlichen Verfassungssprache. Dass dieses Anliegen wichtig ist, muss ich heute Vormittag nicht mehr betonen. Ich glaube, dass diese Frage vor allem dort eine Rolle spielt, wo sich der Bürger in der Verfassung wieder findet und das ist der Bereich der Grundrechte.

Ich halte es für notwendig, dass wir trotz eines guten Niveaus an Grundrechtschutz in Österreich das kodifizieren, was in der Judikatur und auf europäischer Ebene an Bestand gegeben ist. Dabei gilt es, die Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in den Mittelpunkt zu stellen und, da knüpfe ich an Haller an, es würde einer modernen Verfassung auch nicht schlecht stehen, würden die Grundrechte an ihrem Beginn stehen. – Vielen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Professor! Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Landtagsdirektor, Dr. Lengheimer. Bitte sehr.

DDr. Karl Lengheimer: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, nicht der Einzige hier in diesem Raum zu sein, wenn ich sage, dass für mich die Erreichung des ehrgeizigen Zieles dieses Konvents noch sehr im Dunkeln liegt.

Dieses Dunkel wird auch nicht aufgehellt, durch die uns vorliegende Geschäftsordnung, denn der Glaube, dass man mit formalen, prozessualen Normen Probleme lösen kann, gehört geradewegs zu den Gegenständen die wir im Konvent behandeln werden.

Diese ist zwar notwendig, wird es aber allein auch nicht bringen, ebenso wenig wie die vom Präsidium dankenswerterweise sehr sorgfältig vorgenommene Auflistung der einzelnen Themenvorschläge. Auch diese können über das Ergebnis noch genauso wenig sagen, wie man nach dem Inhaltsverzeichnis eines Buches die Qualität dieses Werkes beurteilen kann.

Der Konventserfolg lässt sich vielleicht schon ein bisschen in der Generaldebatte ausloten, wenn man die einzelnen Hoffnungen, aber auch Befürchtungen und Ängste hört, die hier geäußert wurden.

Gerade Letztere, nämlich die Ängste, sind es ja, die, wie wir aus der Psychologie wissen, zu rational nicht steuerbaren Abwehrhaltungen führen können.

Daher erlauben Sie mir nur einige wenige Fragen für mich selbst, aber auch für uns als Konvent, die wir uns vielleicht stellen und beantworten sollten. Es ist die Frage etwa, ob wir die durch unsere institutionelle Herkunft begründeten Vorsozialisierung, ob wir die überwinden können und ob wir zumindest nicht ausschließlich als Vertreter scheinbar unumstößlicher Interessen agieren werden. Mit anderen Worten, sind wir bereit, unsere Meinungen aufgrund des zu führenden Dialoges auch wieder zu ändern in diesem Konvent?

Sind wir bereit, uns bestimmte Totschlagsargumente zu versagen? Etwa die Totschlagsargumente, wie anerkannte Lehre, oder – die anwesenden Höchstrichter mögen es mir verzeihen – auch ständige höchstgerichtliche Judikatur und ähnliches, die von vornherein eine Diskussion unmöglich machen.

Fühlen wir uns auch verpflichtet, die Auswirkungen auf die jeweils betroffenen Bevölkerungskreise vor das politische Schicksal eines Staatsorgans zu reihen? Und in dem Zusammenhang natürlich auch, planen wir bei unserer Arbeit – das ist schon von mehreren Vorrednern auch erwähnt worden – einen ständigen Dialog mit den verschiedensten Gruppen der Bürgergesellschaft zu führen, so in Abwandlung des altösterreichischen Grundsatzes: „Da könnte ein jeder kommen!“ – „Es soll jeder kommen“ und uns auch bei dieser Arbeit unterstützen.

Und können wir auch, das wäre mir ein Anliegen, die zwar kaum ausgesprochenen, aber umso öfter spürbaren Vorurteile, die zwischen Politikern und wissenschaftlichen Vertretern bestehen mögen, überwinden, weil gerade dieser Konvent aufgrund seiner Zusammensetzung von Politikern und Wissenschaftern, die einmalige – und soweit ich das überblicken kann – auch die erstmalige Chance eröffnet, in dieser Zusammensetzung zu arbeiten und einen Erfolg zu erzielen.

Vor allem aber, meine sehr geehrte Damen und Herren, vor Beginn der tatsächlichen Arbeit, scheint es mir wichtig, dass wir uns die Frage vorlegen, ob wir mit der Auflistung von all den Themen beginnen, wo sich nichts ändern darf, oder ob es uns gelingt, im Bereich, etwa der Grundrechte, der Staatsziele, oder auch der so handfesten Frage, wie der Finanzverfassung, zunächst einmal, den wenn auch noch so kleinen, gemeinsamen Nenner herauszufiltern.

Ich hoffe, dass das gelingt. Ich werde versuchen, mit meinen bescheidenen Mitteln beizutragen, was ich dazu beitragen kann und hoffe, dass wir wirklich einen erfolgreichen Konvent und nicht einen Kongress verfassungspolitischer Autisten haben werden. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Die nächste Rednerin ist Frau Bezirksobfrau Dr. Elfriede Mayrhofer. – Bitte.

Dr. Elfriede Mayrhofer: Sehr geschätzte Frau Vorsitzende! Hohe Mitglieder des Konvents! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wir heute beziehungsweise bei der Generaldebatte am 30. Juni schon gehört haben, steht Österreich wirklich vor einem historischen Moment.

Ich glaube, wir haben die Chance, mit dieser neuen Bearbeitung dieser Verfassung, Österreich in gewisse Richtungen neu zu ordnen. Eine Neuordnung, die sicherlich notwendig ist, einerseits durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft und den damit verbundenen, auch innerstaatlichen Konsequenzen und Anpassungen.

Aber auch, ich glaube, aus der Praxis gesprochen, ist es andererseits einfach notwendig, sich an ein neues Jahrhundert, an das 21. Jahrhundert anzupassen und vor allem den Forderungen, die dieses 21. Jahrhundert an uns stellt, zu entsprechen.

Der Konvent hat sicherlich die Möglichkeit, gewisse Weichen für die Zukunft zu stellen und vor allem aber – und das sollte, glaube ich, auch die primäre Vorgabe sein – Zielvorgaben für die Entwicklung dieses Landes zu formulieren.

Als Leiterin einer Bezirksverwaltungsbehörde und damit wirklich aus der Praxis kommend, sehe ich das nicht nur aus rein verfassungsrechtlicher Sicht, sondern vor allem eben aus der Praxis, dass die vor uns liegende Arbeit wirklich ein Ergebnis erzielen sollte. Ich glaube wir können im gemeinsamen Konsens einiges bewirken und sehe der vorliegenden Aufgabe mit viel Optimismus und guter Hoffnung entgegen.

In der bereits begonnenen Diskussion, kristallisieren sich für mich doch einige Bereiche sehr stark heraus und einige meiner Vorredner heute haben das schon sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.

Das eine ist die Bundesverfassung und die Vielzahl der verfassungsrechtlichen Normen, die in einfach gesetzlichen Bestimmungen determiniert sind. Die Fragen wären zu erläutern: Wie wirkt sich diese Bundesverfassung auf den einzelnen Bürger aus? Wie kann er damit umgehen? Welche Wirkung hat die Verfassung auf das Handeln des Bürgers? Was kann für ihn geregelt werden?

Ein weiterer großer Themenschwerpunkt wird der einfache und rasche Zugang des Bürgers, zu seinen Rechten und darüber hinaus zur Verwaltung sein.

Prof. Raschauer hat es auch sehr deutlich ausgesprochen, dass die jahrelange Forderung nach einem einheitlichen Anlagenrecht erfüllt werden sollte.

Und darüber hinaus, wäre doch auch eine klare Positionierung und Klarstellung, der Sicherheitsbehörden erster und zweiter Instanz erforderlich.

Jede Änderung sollte von der Frage, wie wirkt sich die Änderung auf den Bürger unmittelbar oder mittelbar aus, geprägt sein und soll vor allem aber auch davon abhängig sein, welchen Nutzen der Bürger durch die geplanten Veränderungen hat.

Damit bin ich bei den Schwerpunkten, die ebenfalls bereits angesprochen worden sind: Subsidiarität, verstärkte Mitwirkung der Länder und der Regionen in Gesetzgebung, also auch die Neuverteilung von Zuständigkeiten, Autonomie für die Länder, vor allem aber auch der Ausbau der Verwaltungsorganisationen und die Konzentration von Zuständigkeiten auf der Ebene der Bezirksverwaltungsbehörden. Gerade dort ist die Nähe zum Bürger wesentlich gegeben und wir können sicherlich dem Bürger leicht zu seinen Rechten verhelfen.

Wichtig ist sicherlich, im Bereich des Vollzuges der Verwaltung auch die Ausbildung der 2. Instanz – und hier würde ich den Landesverwaltungsgerichtshofen große Chance einräumen, diese Tätigkeit zu übernehmen. Diese wären so auszubilden, dass sie einen Teil der staatlichen Kontrollfunktionen übernehmen könnten. 

Darüber hinaus müsste die Dezentralisierung der Vollziehung und vor allem die konsequente Umsetzung der Verwaltungsreform Zielvorgabe sein. All diese Umsetzungen würden mehr Effizienz in den Leistungen, sowie Kostenersparnis bringen, insbesondere auch eine merkbare Bürgernähe.

Ein weiterer wesentlicher Punkt wäre mir die Schaffung eines einheitlichen Anlagenrechtes. Gute Ansätze und Entwürfe hat es schon gegeben, die dann immer wieder aus verschiedenen Gründen vernachlässigt wurden. Ich glaube, ein rasches und effektives Verwaltungshandeln, insbesondere bei den Genehmigungsverfahren, sind wettbewerbs- und standortentscheidend für den Standort Österreich.

Schließlich ist für die Bürger die Frage und das Bedürfnis nach innerer Sicherheit immanent wichtig, und wir warten mit Spannung auf den Projektbericht des Team 04 über die Wachkörperreform. Es wird sicherlich auch Aufgabe des Konvents sein, die Struktur der Sicherheitsbehörden festzulegen und vor allem muss darauf geachtet werden, dass der bereits erkennbaren Tendenz zur Verselbständigung des Wachkörpers im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes entgegengewirkt wird.

Der Österreich-Konvent hat sicherlich keine leichte Aufgabe, er hat sogar eine immens große Aufgabe übernommen, er soll Raum für Reformen und Veränderungen schaffen und damit die Grundlage für eine Weiterentwicklung des Bundesstaates schaffen. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner:  Nächster Redner ist der Herr Bundesminister Dr. Pröll. Bitte.

Dipl.-Ing. Josef Pröll:  Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Mitglieder des Österreich-Konvents! Ich glaube anschließen zu können, an mehrere Vorredner, die sich durchaus auch kritisch mit den Fragen auseinandergesetzt haben.  Fragen gestellt haben, wie wir ein, glaube ich, wichtiges Ziel in Zukunft erreichen wollen. Ja wir werden erfolgreich sein. Ich gehe davon aus, dazu ist es aber auch durchaus notwendig und richtig, manches zu hinterfragen und uns auch klar zu sein, dass wir Pfade, die wir lange gegangen sind, auch hinterfragen müssen, abweichen müssen, neue Wege auch persönlich anzudenken haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind aus meiner Sicht, aus der Sicht meines Ressorts, Landwirtschaft, Umwelt, Forst und Wasser, die entscheidenden Punkte in dieser Diskussion, die ich auch gerne jetzt skizziere und einbringen will. Ich bin in meinem Ressort wie wenige andere betroffen vor allem von der Frage, wie wir in Österreich effizient EU-Vorgaben umsetzen. 95% der Landwirtschaftspolitik werden in der Europäischen Union gemacht, und es hängt vieles davon ab, wie wir reibungslos zwischen Bund und Ländern zukünftig diese Vorgaben gleich und effizient umsetzen können. Das wird vor allem auch verschärft durch die Fragen, die im Rahmen des EU-Konvents anstehen und dort auch einer Lösung zugeführt werden. Im Bereich der Umwelt, wo die Wahrung der EU-Standards ja essenziell im Interesse der österreichischen Umweltanliegen sind, geht es auch um eine einheitliche Vollziehung bzw. Umsetzung. Das ist für die österreichische Wirtschaft ein ganz entscheidender Standortfaktor im Wettbewerb mit den europäischen Mitbewerbern. Das wird sich durch die Frage der Erweiterung der Europäischen Union, am 1. Mai des kommenden Jahres, noch verschärfen. Und man muss auch die Frage erörtern, wie in diesem Zusammenhang die österreichischen Interessen in Brüssel, in der EU, aber auch im europäischen Parlament zeitgerecht eingebracht und auch durchgesetzt werden. Die aktuelle Verfassungsentwicklung in Europa, sowohl auf Ebene der EU als auch einzelner Mitgliedstaaten wie zum Beispiel Frankreich, war auch von der Frage geprägt, wie der Schutz der Umwelt oder die Aspekte der Nachhaltigkeit implementiert werden können, und ich werde mich hier im Österreich-Konvent als Lebensminister auch dafür entsprechend einsetzen.

Eine Frage, die auch schon angesprochen wurde und die Debatte prägt: Welche Aufgaben der Staat auch in Zukunft wahrnimmt und in welcher Form sie zu bewältigen sind. Mein Haus, das Ressort, hat in der jüngsten Vergangenheit viele Aufgaben – zum Beispiel mit den Verwaltungsreformgesetz-Novellen zum Forst- und Wasserrechts­gesetz – abgegeben, ausgelagert und verländert. Und das ist eine zutiefst politische Debatte. Man kann diese Frage, welche Aufgaben vom Staat, von den Bürgern in Zukunft erledigt werden, nicht nur auf Expertenebene allein diskutieren, sondern es sind Themen, die schlussendlich politisch zu entscheiden sein werden. Ich hoffe, dass wir auch in diesem Gremium die notwendige Zeit für diese Debatte und Diskussion haben werden. Damit verbunden ist auch die Debatte, von welcher Ebene die Aufgaben erledigt werden - vom Bund oder von den Ländern. Auch hier muss klar sein, dass wir alle unsere Anstrengungen zu bewerten haben – aus Sicht des Bürgers und unter der Beachtung der Effizienz.

Wir brauchen neue Spielräume für neue Instrumente wie new public management, das sollte auch eindeutig geklärt sein, wo die Grenzen der Ausgliederung, der Verlagerung zu liegen kommen. In verschiedenen, vergangenen Debatten ist immer im Zentrum gestanden, dass wir die Frage der Finanzverfassung nicht in den Vordergrund stellen sollten. Dies, weil alle Betroffenen, die hier sitzen, aus eigener Erfahrung wissen, dass diese Frage - Finanzdebatte, Finanzausgleichsdebatte - ein Hemmschuh in vielen Entwicklungen gewesen ist, weil es politisch schwierig ist, hier zu einem Konsens zu kommen. Wir dürfen diese Frage nicht in den Vordergrund rücken, weil sonst, glaube ich, das Ziel, das wir uns gemeinsam gesteckt haben, nur sehr, sehr schwer zu erfüllen ist.

Ich glaube, dieser Konvent bietet die Chance, die Aufgaben sehr grundsätzlich zu diskutieren, zu erkennen, dass für die Bürger sekundär ist, ob die Aufgaben vom Bund oder von den Ländern vollzogen, ob die Kosten vom Bund oder vom Land getragen werden. Im Zentrum der Überlegungen muss stehen, dass die Aufgaben effizient und bürgernah in Zukunft vollzogen werden. Wir sollten diese Chance gemeinsam nützen und diesen Österreich-Konvent, auch wenn momentan noch manches im Dunkeln liegt, zu einem Erfolg werden lassen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner:   Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist der Univ. Prof. Dr. Reinhard Rack, Mitglied des Europäischen Parlaments. Bitte.

Dr. Reinhard Rack:  Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesen Minuten geht in Brüssel, wenn es beim Zeitplan von gestern Abend bleibt, der europäische Verfassungskonvent zu Ende. Nicht in allen Einzelheiten wird das Ergebnis alle Europäer zufrieden stellen können, aber es war ein gutes Ergebnis und insgesamt haben die rund eineinhalb Jahre Arbeit einen Erfolg gezeitigt. Mit ein Grund dafür war, dass die Arbeit gut organisiert war, wir haben eine logische Abfolge von Arbeitsschritten gewählt. Wir haben damit begonnen, uns zunächst einmal über die Ziele und Aufgaben der europäischen Union in einem einheitlichen Gespräch auseinanderzusetzen. Wir haben danach die abgeleitete Frage gestellt, welche konkreten Zuständigkeiten nun von der Europäischen Unionsebene allein und/oder auf der Ebene gemeinsamer Zuständigkeiten mit den Mitgliedstaaten wahrgenommen werden sollen. Wir haben danach diskutiert, in welchen Handlungsformen Europa diese Aufgaben bewerkstelligen soll, und wir haben in diesem Zusammenhang natürlich auch und immer wieder die notwendige Finanzierungsfrage gestellt und stellen müssen.

Wir haben über Schranken und Kontrolle der europäischen Tätigkeit gesprochen, und wir haben etwas außerhalb der Systematik, aber weil das die politisch entscheidende Frage war, abschließend dann relativ lange über das Thema Institutionen und europäische Machtbalance diskutiert.

Ähnlich wie auf der europäischen Ebene sollten wir, glaube ich, auch unsere Aufgaben hier, im österreichischen Verfassungskonvent organisieren. Wozu Staat, ist eine Frage, die man nach zwei-, dreihundert Jahren des erfolgreichen Modells vom Staat und seinen Aufgaben stellen muss, weil sich von zwei Seiten diese Frage einfach aufdrängt. Auf der einen Seite, dies ist schon angesprochen worden, von der europäischen und internationalen Ebene, ist die Souveränität und so gesehen die umfassende Verantwortlichkeit des Staates in Frage gestellt und auf der anderen Seite ist auch immer wieder von Seiten der Forderung nach dem schlankeren Staat, nach mehr Selbstbestimmung auf der Basis, diese Staatszielorientierung der letzten zweihundert Jahre mit einem Fragezeichen zu versehen.

Welche Zuständigkeiten sollen dann im Rahmen dieser Staatsaufgaben auf welchen Ebenen wahrgenommen werden, ist ein Thema, das uns sicher anschließend und dann sehr intensiv beschäftigen wird. Welche Handlungsformen brauchen wir, hier gibt es hoffentlich wieder einmal die Möglichkeit und hoffentlich mit mehr Erfolg, als das in der Vergangenheit der Fall war, die Frage von Gesetz- und Verwaltungsrechtsakten zu diskutieren.

Es muss nicht alles in jedem Detail im österreichischen Gesetz stehen. Solche Vergleiche sind schon gezogen worden im europäischen Vergleich, vielleicht ein bisschen zu detailliert. Wir werden uns über Fragen der Finanzierung auseinander setzen müssen und wir werden Schranken und Kontrolle als ein wichtiges Thema haben. Die Frage der Grundrechte ist bereits mehrfach angesprochen worden.

Wir haben uns für die Arbeit im europäischen Konvent sehr viel Zeit genommen. Wir haben eine sehr lange Anhörungsphase gehabt, wo wir uns eigentlich sehr viel wechselseitig gesagt haben, was wir gewusst haben. Das war aber nicht unnotwendig, weil es dazu beigetragen hat, so etwas wie ein Verfassungsbewusstsein auch auf der europäischen Ebene spürbar zu machen und an die Bürger heranzutragen. Wir werden Ähnliches, und das ist heute schon einmal gesagt worden, auch auf der österreichischen Ebene brauchen. Wir sollten, obwohl wahrscheinlich jeder Einzelne von uns seine konkreten Vorschläge schon vor Beginn dieses Konvents vorbereitet hat, vielleicht uns doch zunächst einmal der Mühe unterziehen, systematisch an das Thema heranzugehen.

Ich hätte auch einen Schnellschuss, den möchte ich anbringen und der besteht aus einem simplen mathematischen Exempel. 183 minus 18 sind 165. Wir haben nach den derzeitigen aktuellen Zahlen bei der nächsten Europawahl 18 österreichische Abgeordnete, die wir ins Europäische Parlament entsenden, wenn wir sie von den derzeitigen 183 Abgeordneten abziehen, dann kommen wir auf eine historische in Österreich nicht ganz unbekannte Zahl zurück. Das wäre ein Signal, aber natürlich noch nicht die wirkliche Reform.

In diesem Zusammenhang ein letztes Wort: Reform ist angesagt, keine Revolution. Es ist hier heute mehrfach und zu Recht gesagt worden: Wir haben eine gute Verfassung. Wir haben ein gut funktionierendes Verfassungsmodell. Wir müssen es nur ein bisschen abschlanken und wir müssen es ein bisschen runderneuern und dann sollten wir uns alle gemeinsam in diesem österreichischen Haus noch wohler fühlen als bisher.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Als Nächsten erteile ich dem Herrn Dr. Arnold Hermann das Wort in Vertretung des Herrn Landeshauptmannes van Staa. Er verzichtet. Darf ich fragen, ob auch Herr Dr. Heinrich Mark als Vertreter des Herrn Landeshauptmannes Schausberger verzichtet? Dr. Mark ist nicht im Saal. Damit hat er verzichtet. Dann darf ich Herrn Dr. Johann Rzeszut das Wort erteilen. – Bitte!

Dr. Johann Rzeszut: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Hoher Konvent! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute mehrfach betont worden, dass die österreichische Bevölkerung ein Verfassungsbewusstsein braucht und dass dieses Verfassungs­bewusstsein einen hohen Stellenwert hat. Diese Auffassung kann man nur mehrfach unterstreichen. Jedes Bemühen um ein rechtsverbundenes Ergebnis setzt eine Akzeptanz bei demjenigen voraus, an den sich dieses Bemühen richtet. Das Bemühen um eine neue Bundesverfassung richtet sich primär an die einzelnen Staatsbürger, natürlich aber auch an die Gemeinden, an die Länder, an den Bund und an alle anderen Interessensverbände und Interessensvertretungen, denen die Verfassung einen entsprechenden Stellenwert einräumt.

Das Bemühen um eine Verfassung bedeutet das Abstimmen widerstreitender Interessen. Als Vertreter der ordentlichen Gerichtsbarkeit habe ich in Bezug auf die Abstimmung von Interessen eine langjährige Erfahrung. Das Grundelement jedweder Akzeptanz auf dem wir in unserer fallbezogenen gerichtlichen Tätigkeit alle aufbauen müssen, aber auch in der Tätigkeit der Gesetzgebung, indem sie auf gewisse zu regelnde Lebensrealitäten und Lebensverhältnisse abstellt, ist, dass der zu regelnde Sachverhalt oder der abzusprechende Sachverhalt in allen Facetten möglichst realitätstreu auf den Tisch kommt.

Es wurden im Rahmen der Beiträge meiner Vorrednerinnen und Vorredner all diejenigen Notwendigkeiten und Aspekte aufgezeigt, die für eine partielle oder auch Totalerneuerung der österreichischen Bundesverfassung sprechen. Mein Anliegen ist es, aus der Sicht eines Rechtspraktikers einen Punkt hinzuzufügen, dem, wie ich meine, doch sehr große Bedeutung zukommt. Das ist der Punkt, dass der Sachverhalt, der die widerstreitenden Interessen ausmacht, in allen Facetten möglichst wahrheitsgetreu auf den Tisch gelegt wird. Das ist ein Anliegen, das vor allem diejenigen unter uns betrifft beziehungsweise an die gerichtet ist, die Interessen verschiedener Gebietskörperschaften oder anderer Verbände zu vertreten haben. In diesem Punkt sollten sie über ihren Schatten springen und all das, was bei objektiver Betrachtung nennenswert und relevant ist, in den Vordergrund ihrer Bemühungen stellen. Nur dann, wenn wir gemeinsam zunächst einmal die zu regelnde Realität in allen Facetten erarbeiten und vorbehaltlos auf den Tisch legen, nur dann können wir in unseren Bemühungen eine akzeptierte Verfassung zu etablieren, erfolgreich sein.

Akzeptanz ist im Rechtsleben Grundvoraussetzung für bleibenden Rechtsfrieden. Akzeptanz hat die Voraussetzung, dass man bei den Regelungen auf entsprechend wahrheitsgetreuen, realitätsgetreuen Fakten aufbaut. Unsere Bemühungen, die ausgerichtet sind auf eine Reformierung der Verfassung, können auf einem bereits sehr gut bestellten Acker, auf einem sehr gut bestellten Feld einsetzen. Es wurde bereits mehrfach erwähnt, es ist nicht so, dass wir in einem völlig ungespurten Bereich neu zu arbeiten beginnen. Es ist eine Fülle von Grundsätzen und von Rechtsideen etabliert in unserer Rechtsordnung, die selbstverständlich unangetastet bleiben müssen. Die Verfassung bedeutet das Dach über einem rechtlichen Haus. Wir haben eine Rechtsordnung, die getragen ist von Rechtsgrundsätzen, die sich bewährt haben in der Vergangenheit und die keiner Änderung und keiner Ergänzung bedürfen. Wenn wir nun für dieses bestehende, intakte Haus einer kompletten Rechtsordnung ein neues Dach zu konstruieren haben, so hat all das, was als tragendes Element in der Rechtsordnung bisher Bestand und Beachtung hatte, unangetastet zu bleiben, und auch das neue Dach wird sich danach ausrichten können und müssen.

Eine gesunde Rechtsordnung hat eine gewisse Homogenität der Rechtsgrundsätze. Rechtsgrundsätze, wie die Gleichheit vor dem Gesetz, wie die Verhältnismäßigkeit des Anspruchs zum Mittel seiner Durchsetzung und all die Prinzipien, die in unserer Privatrechtsordnung und in allen anderen Rechtsgebieten ihre Verwirklichung gefunden haben, werden auch in der Verfassung weiterhin einen entsprechenden Stellenwert haben. Wichtig ist nur, dass wir alle, die wir bestimmte Interessen vertreten, uns daran orientieren, dass das Gesamtgebilde des Staates und seines Zusammenlebens ein Ineinanderfügen, ein Ineinandergreifen von Interessen ist. Diese Interessen müssen in ihren Grundlagen entsprechend realistisch auf den Tisch gelegt werden. Das ist mein Appell an die Mitglieder des Konvents, dass wir unsere primären Partikularinteressen, die uns hier die Legitimation verschafft haben, an dem Konvent teilzunehmen, zurückstellen, dementsprechend das Gemeinwohl in den Vordergrund rücken und die Gesellschaftsrealität, so wie sie tatsächlich ist und die dementsprechend auf höchster Ebene geregelt werden soll, dass wir diese Realität auf den Tisch legen und dann entsprechend darauf aufbauen mit unseren weiteren verfassungsrechtlichen Überlegungen. In diesem Sinne darf ich dem Konvent besten Erfolg wünschen und auch seitens der ordentlichen Gerichtsbarkeit die entsprechende Mitwirkung zusichern. Ich danke Ihnen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke Herr Präsident! Als nächsten Redner bitte ich Herrn Universitätsprofessor Dr. Heinz Mayer. Zurückgezogen? Dann ist die Liste der Wortmeldungen für die Generaldebatte abgearbeitet. Es gibt keine Wortmeldung mehr dazu.

Der Ordnung halber frage ich: Herr Präsident Dr. Khol? – Verzichtet.

Zur Geschäftsordnung? Ja, zu den Ausschüssen schon.

Dann kommen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt, Tagesordnungspunkt 3: Das ist die Beschlussfassung über die Ausschüsse des Konvents. Das Präsidium des Konvents hat in seiner Sitzung am 8. Juli beschlossen, die Einsetzung von Ausschüssen vorzuschlagen.

Sie haben in Ihren Tagungsmappen einen Vorschlag des Präsidiums und ich habe dazu einige Wortmeldungen. Wer dazu noch das Wort wünscht, den bitte ich, mir das mitzuteilen. Beginnen wird diese Debatte, Herr Präsident Dr. Andreas Khol. – Bitte.

Dr. Andreas Khol: Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich ganz förmlich entschuldigen, dass ich nicht ab Beginn dieser Sitzung beiwohnen konnte.

Ich möchte auch als Nationalratspräsident dafür um Ihr Verständnis bitten, dass eigentlich ganz außerplanmäßig wir heute eine Parallelveranstaltung haben. Der heutige Plenartag war ein Reservetag, wo wir eigentlich nicht geglaubt haben, dass er zustande kommt. Aber Sie haben ja die politischen Entwicklungen mitverfolgen können. Es ist eine causa prima entstanden und da haben die Fraktionen das Interesse gehabt, dass sie drei Tage haben, damit alle parlamentarischen Kontrollmittel auch von allen Fraktionen eingesetzt werden können. Das war der Grund. Ich bitte daher um Ihr Verständnis. Ich hoffe, dass es nicht mehr passiert. Ich musste von 9 bis 11 Uhr Vorsitz führen und daher bin ich erst jetzt hierher gekommen.

Ich darf Ihnen sagen, dass wir im Präsidium betreffend der Ausschüsse einen Vorschlag erarbeitet haben. Die Erfahrung, die wir allseits gemacht haben und die auch im Europäischen Konvent gemacht wurde, war, dass die Ausschüsse sozusagen das Arbeitsgremium des Konvents sind. Dass also die Textvorschläge, die Berichtsvorschläge in diesen Ausschüssen erarbeitet werden.

Wir haben uns im Präsidium auf zirka zehn Ausschüsse verständigt und haben Ihnen einen Vorschlag vorgelegt, den ich noch im Einzelnen kommentieren werde. Ich möchte zur Ausschussarbeit sagen, dass wir hier vor einem gewissen Zielkonflikt standen. Sollen die Ausschüsse sehr groß sein, oder sollen die Ausschüsse eher kleiner sein? Wir haben uns eher dafür entschieden, dass die Ausschüsse kleiner sein sollen und dass sie eine corporate identity entwickeln sollten. Das heißt, dass die Ausschuss-Vorsitzenden und deren Stellvertreter, gemeinsam hier Verantwortung für einen Arbeitsbereich übernehmen und das nicht mit einer ständig wechselnden Mannschaft/Frauschaft, sondern mit dem gleichen Stammpersonal.

Die Vertretungsrechte, über die wurde schon geredet, die bewirken – Präsident Mödlhammer! – zum Teil natürlich Härten werden wir in der Geschäftsordnung so gestalten, dass eine Mitarbeit und Information doch möglich sein wird.

Heute wird der Herr Präsident Dr. Fiedler dann einen Fragebogen an alle Mitglieder des Konvents verteilen, welche Ausschüsse, in welcher Priorität jeder mitarbeiten möchte und wir werden dann aufgrund dieser Meldungen versuchen, Ihnen einen guten Vorschlag zu machen. Wir sind ja nicht sklavisch an gewisse Größen gebunden, wir sind auch nicht sklavisch daran gebunden, dass einer nur in zwei Ausschüssen sein kann, oder eine.

Wir denken daran, dass die Ausschüsse – deswegen haben wir Sie heute hierher bemüht und wir werden Sie im Juli noch einmal hierher bemühen müssen  dass die Ausschüsse ganz wesentlich die Arbeit gestalten. Wir denken nicht daran, alle Ausschüsse gleich zu konstituieren, sondern es sollen einmal fünf, sechs die Arbeit beginnen und manche vielleicht erst im Herbst. Aber hier wollen wir ein Arbeitsprogramm entwickeln, so dass wir im Herbst/Spätherbst wirklich mit der Arbeit an den Berichten und Texten beginnen können, um dem Konvent dann auch Zwischenberichte zu geben und Diskussionsmöglichkeiten.

Sie kennen jetzt den Ausschussvorschlag. Dazu hat Kollege Schnizer einen Abänderungsvorschlag, der mir sehr sinnvoll erscheint, eingebracht. Ich habe ihn jetzt gerade gesehen, er entspricht auch dem, was Freunde von mir geäußert haben.

Der Ausschuss Nr. 5 sollte nach Vorschlag Schnizer auf die Gesetz­gebungs­kompetenzen beschränkt werden. Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, Gesetzgebungskompetenzen, die Vollzugskompetenzen sollte man streichen.

Der Ausschuss Nr.  6 sollte sich mit der gesamten, klassischen Verwaltung aller drei Ge­biets­körperschaften beschäftigen. Der Vorschlag geht in die Richtung:

Reform der Verwaltung. Struktur der Organe der Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des effizienten Mitteleinsatzes, der Transparenz, der Bürgerinnen- und Bürgernähe, insbesondere Partizipation, nicht – zum Beispiel, sondern insbesondere – das ist ein besonderer Wunsch von Frau Glawischnig – sowie der Entwicklung des e-governments, Strukturen und Ressourcen, einschließlich Personal.

Der dadurch freiwerdende Ausschuss Nr. 7 sollte sich mit der atypischen, weisungs­freien Verwaltung beschäftigen. Regulatoren und sonstige, unabhängige Behörden, exklusive Selbstverwaltung, exklusive Gemeinden, ausgegliederte Rechtsträger und sonstige Privatwirtschaftsverwaltung.

Ich glaube, das wäre eine sehr sinnvolle Gestaltung und ich stelle sie damit zur Diskussion. Was ich auf alle Fälle bitte ist, dass wir heute und hier, jetzt zu einer Entscheidung kommen. Denn wenn wir heute die Ausschüsse festlegen, dann können wir die Mitgliedschaften festlegen, können dem Konvent in der nächsten Sitzung auch Vorsitzende und Stellvertreter vorschlagen. Dann kann die Arbeit beginnen.

Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Nationalratspräsident! Ich erteile dem Herrn Dr. Schnizer das Wort. Die Anträge des Herrn Dr. Schnizer, die zum Teil jetzt auch schon Herr Parlamentspräsident Dr. Khol referiert hat, werden Ihnen gerade ausgeteilt.

Dr. Johannes Schnizer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich auf das Wesentliche beschränken. Ich möchte mich beim Herr Präsidenten Khol bedanken, dass er meinen Vorschlag referiert hat und es ist klar, dass ich ihn natürlich unterstütze, nachdem ich ihn gemacht habe.

Ich habe für die Arbeitsweise der Ausschüsse noch ein weiteres Anliegen. Ich glaube, es ist wesentlich, so wurde das auch heute bereits mehrfach betont, dass Prioritäten gesetzt werden. Ich glaube, das sollte auch für die Reihenfolge der Arbeit der Ausschüsse gelten. Wir haben wesentliche Überschneidungen zwischen den Gruppen fünf, sechs und sieben jetzt beseitigt.

Ich glaube aber, dass die legistischen Strukturfragen eigentlich erst dann diskutiert werden sollten, wenn der Inhalt der anderen Ausschüsse bereits bekannt ist. Nur um ein Beispiel zu nennen: Etwa 300 der rund 1. 000 Verfassungsbestimmungen sind allein notwendig, um den in Art. 20 vorgesehenen Weisungszusammenhang zu durchbrechen. Das bedeutet, dass man erst dann, wenn man weiß, wie man in Zukunft die unabhängigen Behörden und die weisungsfreie Verwaltung gestaltet, sinnvoll an die Inkorporierung dieser Bestimmungen in das Bundesverfassungsgesetz heran gehen kann.

Etwas Ähnliches gilt auch für die Fragen der Finanzverfassung. Über die Finanzverfassung kann man sinnvoll erst dann diskutieren, wenn man weiß, wie die neue Aufgabenverteilung aussieht, weswegen das ebenfalls ein Punkt ist, der, wie ich glaube, erst diskutiert werden sollte, wenn die Ergebnisse der anderen Ausschüsse bereits vorliegen, oder zumindest erste Ergebnisse dieser anderen Ausschüsse vorliegen.

Ich glaube, das wäre im Sinne der Effizienz des Mitteleinsatzes des Konvents, eine sehr notwendige Vorgangsweise. – Vielen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Dr. Schnizer! Frau Dr. Claudia Kahr, bitte!

Dr. Claudia Kahr: Ich möchte eigentlich auch für die heute ausgeteilte Liste der Ausschüsse werben – wir haben uns im Präsidium langen Diskussionen ausgesetzt. Ich glaube, dass der Vorschlag, der jetzt auch von Präsident Khol gutgeheißen wurde, wirklich etwas mehr Klarheit hineinbringt. Nur bin ich aus meiner Tätigkeit als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes quasi konditioniert, reflexartig immer die Problemfelder zu sehen.

Und ich denke mir, wenn man sich diese Liste anschaut, kann man natürlich zu Recht auch Kritik äußern und sagen, es ist alles oder nichts, da steckt zu viel drinnen, die Abgrenzungen sind unklar, es gibt Überschneidungen. Es gibt sicher inhaltliche Probleme, wie zum Beispiel, wenn man in einem Ausschuss neue Instrumente der direkten Demokratie debattiert, würde ich es für unseriös halten, wenn man in einem Ausschuss, der sich mit Staatszielen und Staatsaufgaben beschäftigt, bereits hier im Haus vorliegende Volksbegehren ignoriert – also man wird sich wohl auch zum Bei­spiel mit den Inhalten des Sozialstaats-Volksbegehrens auseinander setzen müssen.

Das heißt, ich sehe zugegebenermaßen eine Unzahl von Problemen, eine Unzahl von Schwierigkeiten und Abstimmungsfragen, die noch auf uns zukommen werden. Das heißt, in dem Sinn – Asche auf mein Haupt –: Ich stehe zu dieser Auflistung, aber ich weiß, dass sie unvollständig und natürlich nicht präzise ist.

Ich glaube aber auch, dass eine Aufgabe des Präsidiums sein wird, den Kontakt zwischen den Arbeitsgruppen herzustellen, die Auseinandersetzung zu fördern, auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung zwischen den Arbeitsgruppen zu fördern und sozusagen zu versuchen, aus dieser Unzahl von Positionen vielleicht dann mitzuhelfen, eine gemeinsame zu erarbeiten.

Das heißt, in dem Sinne auch noch einmal, natürlich gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, die man vielleicht auch noch in den nächsten Präsidiumssitzungen diskutieren kann.  Aber man wird sich auch im Zuge der Ausschussberatungen selbst wahrscheinlich noch einmal mit dem Rahmen, der hier wohl vorgegeben ist, beschäftigen, bevor man mit der wirklichen Arbeit beginnt.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke.

Nächster Redner ist Herr Präsident Dr. Jabloner. – Bitte.

Dr. Clemens Jabloner: Frau Vorsitzende! Ich unterstütze den Abänderungs­vorschlag, meine aber, dass zwischen dem Arbeitskreis 7 und dem Arbeitskreis, der den Rechtsschutz untersuchen soll, eine bessere Trennschärfe bestehen sollte. Nach der jetzt vorliegenden Abgrenzung wären die, die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus­höhlenden, Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag nicht im Arbeitskreis Rechts­schutz zu behandeln. Ich plädiere daher dafür, dass man die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag im Sinn des Art. 133 Z. 4 B-VG ebenfalls aus der Zuständigkeit des Arbeitskreises herausnimmt und sie in dem Arbeitskreis behandelt, in dem der Rechtsschutz beraten wird. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Danke, Herr Präsident Jabloner.

Eine Frage für uns: werden diese Vorschläge jetzt noch einmal gelistet, Herr Dr. Fiedler? Listen wir diese Vorschläge jetzt noch einmal, oder was tun wir denn jetzt mit diesen Vorschlägen? Ja, gut. Danke.

Ich erteile Frau Klubobfrau Dr. Petrovic das Wort.

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe mit den Vorschlägen völlig konform, weiß ja auch, dass das im Vorfeld akkordiert wurde, beziehungsweise den jetzt geäußerten Änderungswünschen.

Was Schnizer zur Priorität der Ausschuss-Einsetzung und Möglichkeiten der Arbeit hier gesagt hat, das teile ich voll. Ich würde nur – es braucht dazu auch keine schriftliche Änderung -, aber es ist mir – auch aus konkretem Anlass in Bezug auf die legistischen Strukturfragen, die, wie gesagt, nach der Aufgabenverteilung anzugehen sein werden – wichtig anzumerken: Hier geht man offenbar automatisch davon aus, wenn, dann können nur Verfassungsbestimmungen wegfallen.

Ich weiß, dass das eine Tendenz ist: es muss irgendwie weniger und weniger und weniger werden. Es könnte aber in manchen Bereichen, ich sage das jetzt ins Unreine, eine Verfassungsbestimmung auf Bundesebene unter Umständen sehr viel entbehrliche legistische Tätigkeit einsparen. Ich denke da ganz konkret, und im Arbeitskreis 5 ist es ja drinnen: Berücksichtigung der Rechtslage der Europäischen Union – das wird man wohl auch bei den legistischen Strukturfragen mitdenken müssen. Wenn beispielsweise auf der europäischen Ebene, ich sage: Gott sei Dank, Antidiskriminierungs-Richtlinien und -Bestimmungen geschaffen werden, die auch vorschreiben, dass es einen individuellen Rechtsschutz für Personen gibt, die aus den dort genannten Gründen, ethnische Abstammung u. a. , diskriminiert werden, dann müssen heute in sämtlichen Personalnormen der Länder, der Gemeinden derartige Verfahrensvorschriften geschaffen werden, die dann wieder nicht ganz ident sind, wo dann wieder viele Juristinnen und Juristen auslegen: Ist das jetzt bewusst ein kleiner Unterschied oder wird der Richtlinie vollinhaltlich Rechnung getragen?

Das heißt, bei den juristischen Strukturfragen rege ich an - man braucht da jetzt keinen schriftlichen Abänderungsantrag -, dass man hier auch die Verzahnung mit der europäischen Rechtsordnung, vor allem mit Rechtsschutznormen, die individuelle Klagsrechte vorsehen, schafft, damit wir nicht zum Beispiel in sämtlichen Personalstatuten der Länder und Gemeinden dann ähnliche Verfahrensnormen schaffen müssen. Ich glaube, das ist auch ein schlechter Dienst am Föderalismus. Irgendjemand hat einmal von Abschreibe-Föderalismus gesprochen; ich glaube, das brauchen wir nicht.

Wenn es solche Richtlinien gibt, die einen bestimmten Rechtsschutz garantieren, und Österreich hat das umzusetzen, dann, finde ich, sollte man einen legistischen Weg finden, damit, ohne dass wir alle legistischen Apparate anwerfen, das ein für alle Mal und für alle Österreicherinnen und Österreicher in gleicher Form umgesetzt wird. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke.

Nächster Redner ist Univ. -Prof. Dr. Holzinger.

Dr. Gerhart Holzinger: Danke, Frau Vorsitzende. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mit Herrn Präsidenten Dr. Khol darin einer Meinung, dass die Konstituierung der Ausschüsse eine essenzielle Vorbedingung für eine gedeihliche Arbeit dieses Konvents ist. Die Schaffung dieser Struktur ist ein Schlüsselelement der gesamten Konstruktion.

Und gerade weil das so ist, hätte ich das Bedürfnis über diese Fragen detaillierter zu sprechen. Ich hätte gerne die Möglichkeit, mir im Besonderen die Abgrenzung der einzelnen Arbeitsausschussthemen genauer zu überlegen. Und zwar vor allem deshalb, weil ich überzeugt bin, dass die Zeit und die Mühe, die wir jetzt darauf verwenden, diese Struktur zu diskutieren, uns letztlich bei der Arbeit in den Ausschüssen zugute kommen wird.

Ich möchte also zu bedenken geben, ob es nicht zweckmäßiger wäre, den Mitgliedern des Konvents Gelegenheit zu geben, dieses Papier genauer zu studieren und erst in der nächsten Sitzung eine Entscheidung über die Einrichtung der Arbeitsausschüsse zu treffen.

Dazu noch zwei konkrete Punkte: Ich bin mir nicht sicher, ob es zweckmäßig ist, die Fragen der Aufgabenverteilung in der Weise zu trennen, dass man in einem Arbeitsausschuss allein die Kompetenzverteilung auf dem Gebiet der Gesetzgebung behandelt. Auf Grund meiner Erfahrung mit diesen Fragen sehe ich Interdependenzen mit der Kompetenzverteilung auf dem Gebiet der Vollziehung, die bei einer derart isolierten Betrachtung die Arbeit erschweren könnten.

Eine zweite Frage, die sich für mich ergibt, ist die des Verhältnisses zwischen dem vorgeschlagenen Arbeitskreis 3 (Staatliche Institutionen) und dem Arbeitskreis 5 (Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden). Offenbar soll sich der Arbeitskreis 3 mit den institutionellen Voraussetzungen beschäftigen und der Arbeitskreis 5 mit dem Meritum der Kompetenzverteilung. Ist das wirklich zweckmäßig? Gibt es hier nicht die Gefahr von Redundanzen und Überschneidungen, die man von vornherein so weit wie möglich ausräumen sollte? Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner:  Danke, Herr Prof. Holzinger.

Der nächste Redner ist der Herr Dr. Peter Bussjäger, bitte.

Dr. Peter Bussjäger:  Ich möchte jetzt zum vorliegenden Abänderungsvorschlag von Dr. Schnizer Stellung nehmen. Ich habe gewisse Probleme mit dem vorgesehenen, oder hier vorgeschlagenen Ausschuss 7. Ich habe das Gefühl, dass der Punkt Regulatoren und sonstige unabhängige Behörden, thematisch sehr gut zum Punkt, zum Ausschuss 9 des Papiers Rechtsschutz passen würde, weil es Rechtsschutzeinrichtungen in den meisten Fällen sind, wenn auch, nicht nur. Ich glaube auch, dass der Titel atypische, weisungsfreie Verwaltung für den Punkt sonstige Privatwirtschaftsverwaltung nicht passend ist. Ich glaube, dass man über ausgegliederte Rechtsträger und Privatwirtschaftsverwaltung im Bereich Verwaltungs­reform, nunmehr Ausschuss 6 vorgesehen, diskutieren sollte. Die Selbstverwaltung findet sich erwähnt bisher in Punkt drittens staatliche Institution, unter dem Aspekt habe ich meine Zweifel, ob der Ausschuss 7 tatsächlich in der Form eingerichtet werden sollte.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner:  Ja. Danke. Bitte, Herr Präsident Dr. Khol.

Dr. Andreas Khol:  Ich möchte zu einigen aufgeworfenen Fragen kurz Stellung nehmen: Erstens wurde bei dem Ausschuss legistische Strukturen gemeint, das könne warten. Ich bin da nicht der Meinung, dass das warten kann, sondern wir haben hier in dem Mandat ausschließlich eine zweistufige Vorgangsweise vorgesehen, juristische Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Inkorporierung von Verfassungsgesetz und Verfassungsbestimmung in die neue Bundesverfassung, einschließlich der Vorgangs­weise zur Vermeidung der zahlreichen, nur in der österreichischen Verfas­sungs­praxis bekannten, Verfassungsbestimmungen zur Verfassungsdurch­brechung, das heißt also ein stock-taking, und dann anschließend die Klärung der Frage des juristischen Schicksals jener Verfassungsgesetze. Das halte ich für sinnvoll, dass man schon sehr rasch mit der Bestandsaufnahme beginnt, weil das ist ja eine unglaubliche Arbeit, wenn man die Verfassungskommentare kennt.

Das zweite ist, ich möchte Professor Holzinger sagen, dass man über eine derartige Arbeitsauschusseinteilung Wochen und Monate diskutieren kann. Es wird nie überschneidungsfrei sein; das, was er jetzt angemerkt hat, was auch Dozent Bussjäger angemerkt hat, haben wir im Präsidium eben anders entschieden. Und nachdem wir es schriftlich gesehen haben, sind sowohl bei Mitarbeitern von mir, als auch offensichtlich beim Dr. Schnizer andere Prioritäten aufgetaucht, denen ich mich nicht verschließen kann. Ich halte das für wichtig. Ich bitte wirklich inständig, dass wir das heute beschließen. Wir müssen das beschließen, sonst brauchen wir noch zwei Sitzungen. Wir kommen sonst nicht weiter. Und ich bitte um ein bisschen Vertrauen in die neuen Ausschussvorsitzenden, die sich natürlich dann untereinander absprechen werden. Das sind ja dann die keyplayer in diesem Ganzen, die werden sich miteinander verständigen, dass sie nicht also zu große Überschneidungen haben, beziehungsweise der Karren in zwei verschiedene Richtungen gezogen wird. Man wird das miteinander koordinieren; und man kann auch Ausschüsse miteinander tagen lassen, das werden wir auch in der Geschäftsordnung vorsehen. Also bitte, das ist keine parlamentarische Geschäftsordnung, wo jeder Punkt und Beistrich dann streitverfangen sein kann, sondern das ist einmal der Beginn einer Arbeit und ich bitte wirklich, dass wir heute dem zustimmen. Sollten wir uns dann hinterher zu einer Korrektur verhalten sehen, ist der Konvent souverän, das zu tun. Meine Bitte ist also: heute abstimmen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke.

Dr. Andreas Khol: Ein konsolidierter Text, der alle bisher gemachten Vorschläge, also Schnizer, Jabloner, Glawischnig und so weiter berücksichtigt, wird gleich verteilt.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner:  Danke. Herr Präsident Dr. Korinek bitte.

Dr. Karl Korinek: Danke, Frau Vorsitzende. Meine Damen und Herren, ich möchte zu zwei Punkten, die jetzt in der Debatte besprochen worden sind, Stellung nehmen.

Das Erste betrifft diesen Arbeitskreis 2. Ich persönlich glaube, dass dieser Arbeitskreis jedenfalls zwei ganz unterschiedliche Aufgaben haben müsste, und möchte dem zustimmen, was Andreas Khol jetzt gesagt hat: dieser Ausschuss wird zunächst einmal die Aufgabe haben, die Verfassungsbestimmungen durchzugehen und zuzuordnen, in einen Teil der entbehrlichen, in einen Teil der unentbehrlichen, und die wird er den jeweiligen Sachausschüssen zuzuordnen haben. Es wird sich in diesem Ausschuss, der sich mit dieser Menge des grauen Verfassungsrechts befasst, zeigen, dass sich in dieser Menge Regeln befinden, die sich primär auf die Kompetenzverteilung beziehen, andere, die sich primär auf die Durchbrechung des Artikel 20 beziehen usw. und daher glaube ich, dass in einem ersten Schritt dieser Ausschuss diese Aufgabe der Sichtung und Zuordnung haben müsste. Wohl dann in einem zweiten Schritt wird dieser Ausschuss ganz andere Aufgaben, nämlich die der legistischen Umsetzung, haben müssen.

Die zweite Frage, die diskutiert worden ist, zur Abgrenzung des neuen Vorschlages zum Aufgabenbereich des Ausschusses 7. Ich halte den nunmehrigen Vorschlag für sehr klug. Die Abgrenzung zu 9 sehe ich darin, dass in 7 wohl die Sonder­gesell­schaften oder Regulatoren oder Behörden diskutiert werden sollen, die die Verwaltung führen und im Punkt 9 die, die die Verwaltung kontrollieren. Ich glaube, wenn man sich auf diese beiden Begriffe einigen könnte, wäre das im Sinne auch dessen, glaube ich, was Jabloner gesagt hat. Danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner:   Danke, Herr Präsident Dr. Korinek. Ich habe keine Wortmeldung mehr. Zu den Ausschüssen: es wird der Text, in den eingearbeitet worden ist, gerade kopiert und es wird noch ein bisschen dauern, bis er allen zur Verfügung steht. Wenn es ihnen recht ist und gewünscht wird, kann ich den neuen Text gerne vorlesen.

Erstens: Staatsaufgaben und Staatsziele. Umfassende Analyse der Staatsaufgaben und der Frage staatlicher Kernaufgaben. Frage eines umfassenden Kataloges von Staatszielen in der Bundesverfassung.

Zweitens: Legistische Strukturfragen. Juristische Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Inkorporierung von Verfassungsgesetzen und Verfassungsbestimmungen in die neue Bundesverfassung. (Einschließlich der Vorgangsweise zur Vermeidung der zahlreichen nur in der österreichischen Verfassungspraxis bekannten Verfassungs­bestimmungen zur Verfassungsdurchbrechung).

Anschließend Klärung der Frage des juristischen Schicksals jener Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen, die nicht in die neue Bundesverfassung inkorporiert werden, sowie jene Bestimmungen des geltenden Bundesverfassungsgesetzes, zum Beispiel solcher operationalen Inhaltes, die nicht in die neue Bundesverfassung übernommen werden.

Drittens: Staatliche Institutionen. Aufbau des Staates (Bund, Länder, Gemeinden­selbstverwaltung, Wahl, Verfassungsautonomie, Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips, sowie der EU-Rechtsetzung).

Viertens: Grundrechtskatalog. Erarbeitung eines Grundrechtekataloges (Grundrechte, Bürgerinnen- und Bürgerrechte, Persönlichkeitsschutz) unter Bedachtnahme aller einschlägigen nationalen, internationalen und europäischen Regelungen.

Fünftens: Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Schaffung eines klaren, nach abgerundeten Leistungs- und Verantwortungsbereichen ge­glieder­ten Kataloges von Gesetzgebungskompetenzen, unter Berücksichtigung der Rechts­lage der Europäischen Union.

Sechstens: Reform der Verwaltung, Vollzugskompetenzen und Struktur der Organe, der Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des effizienten Mitteleinsatzes, der Transparenz, der Bürgerinnen- und Bürgernähe, insbesondere Partizipation, sowie der Entwicklung des e-Governments. (Strukturen und Ressourcen einschließlich Personal).

Siebentens: Strukturen besonderer Verwaltungseinrichtungen, Regulatoren und sonstige unabhängige Behörden (exklusive UVS, UBSA, UBAS und Artikel 133 Ziffer 4 B-VG Behörden) Selbstverwaltung (exklusive Gemeinden) ausgegliederte Rechtsträger und sonstige Privatwirtschaftsverwaltung.

Achtens: demokratische Kontrollen. Einrichtung einer effizienten und effektiven Kontrolle im Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden. Rechte der Parlamente, einschließlich der Minderheitsrechte (zum Beispiel: Untersuchungsausschüsse, Rechnungshöfe und Volksanwaltschaften, Frage der Amtsverschwiegenheit, Instrumente der direkten Demokratie.   

Neuntens: Rechtsschutz, Gerichtsbarkeit. Einrichtung eines effizienten und effektiven Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt bürgerinnen- und bürgernaher Entscheidungen, ordentliche Gerichtsbarkeit, Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern, Sondersenate.

Zehntens: Finanzverfassung. Reform der Finanzverfassung insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung von Einnahmen und Ausgabenverantwortung und eines bedarfsgerechten Finanzausgleiches.

Das wäre, unter Berücksichtigung aller Vorschläge, jetzt die neue Ausschussverteilung.

Wir werden in einem über diese Ausschüsse abstimmen und ich bitte, das jetzt zu tun. Wenn Sie mit diesem Vorschlag einverstanden sind, dann bitte ich Sie um ein Zeichen mit der Hand. Darf ich die Gegenprobe machen? Stimmenthaltungen, das ist nicht der Fall. Die Ausschüsse sind einstimmig angenommen.

 

Ich bedanke mich bei Ihnen sehr herzlich. Sie werden sie in den nächsten Minuten noch in schriftlicher Form vorfinden. Sollten Sie jetzt bei der Nennung Ihrer Mitgliedschaft in den Ausschüssen eventuell eine Änderung wünschen, dann bitte ich Sie, das jetzt sofort und noch heute zu tun. Die schriftliche Nominierung bleibt gleich mit Frist 15. Juli, mittags.

Die Tagesordnung des heutigen Konvents ist damit erschöpft. Die nächste Sitzung findet am 25. Juli um 11 Uhr statt. Mit Ihrem Einverständnis, Frau Dr. Glawischnig? Am 25. Juli um 11 Uhr findet die nächste Sitzung des Konvents statt. Ich danke Ihnen für Ihr Kommen, für Ihre Mitarbeit. Ich schließe die Sitzung.