Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

7. Sitzung,

Montag, 26. Jänner 2004

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

Anhörung (Hearing) von Vertretern/Vertreterinnen gesellschaftlicher Organisationen und Interessenvertretungen gem. §11 der Geschäftsordnung des Österreich-Konvents


Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.................................2

Mag. Claudia Lingner............................................................................................ 4

Dr. Georg Stingl..................................................................................................... 6

Dr. Walter Berka.................................................................................................... 7

Dr. Wolfgang Weigel.............................................................................................. 8

Kurt Weissenböck............................................................................................... 10

Patrice Fuchs....................................................................................................... 11

Dr. Gerhard Kratky.............................................................................................. 12

Dipl.-Kfm. Günter Kahler.................................................................................... 13

Dr. Emil Brix......................................................................................................... 14

Mag. Leo Borchardt............................................................................................ 15

Mag. Dr.  Schmidt-Dengler................................................................................. 17

Ralf Schallmeiner................................................................................................ 19

Mag. Harald Stefan.............................................................................................. 20

Mag. Ernst Zach................................................................................................... 22

Mag. Hubert Petrasch......................................................................................... 23

Mag. Werner Jungwirth...................................................................................... 25

Dr. Wilfried Grätz................................................................................................. 26

Margit Johannik................................................................................................... 27

Kurt Nekula.......................................................................................................... 28

Mag. Helmut Skala............................................................................................... 30

Zuzana Brejche.................................................................................................... 32

Juliane Alton......................................................................................................... 33

Mag. Martin Wassermair..................................................................................... 35

Herbert Ullmann.................................................................................................. 36

Gabriele Gerbasits.............................................................................................. 37

Christian Ludwig Attersee.................................................................................. 39

Dr. Wolfgang Greisenegger............................................................................... 39

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer (übernimmt den Vorsitz)............................................................................................................................... 40

Wolfgang Hirner................................................................................................... 40

Mag. Franz Bauer................................................................................................ 41

Dr. Georg Weißmann........................................................................................... 42

Dr. Leopold März................................................................................................. 43

Mag. René Tritscher........................................................................................... 45

Mag. Dieter Henrich............................................................................................ 46

Dr. Walter Schaffelhofer..................................................................................... 47

Elisabeth Gehrer................................................................................................. 49

Dr. Herbert Haller................................................................................................ 50

Dr. Andreas Khol................................................................................................. 51

Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 52

MMag. Dr. Madeleine Petrovic.......................................................................... 53

Dr. Günter Voith................................................................................................... 54

Dr. Bernd-Christian Funk................................................................................... 55

Albrecht Konecny................................................................................................ 56

Edith Haller........................................................................................................... 57

Rosa Logar........................................................................................................... 58

Johannes Fenz.................................................................................................... 59

Gabriele Binder................................................................................................... 61

Mag. Otto Gumpinger......................................................................................... 62

Ingrid Piringer...................................................................................................... 63

Romana Brait........................................................................................................ 64

Erwin Lanc............................................................................................................ 65

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner (übernimmt den Vorsitz)............................................................................................................................... 67

Pete Hämmerle.................................................................................................... 67

Dr. Gerald Mader................................................................................................. 68

Klaus Lukaschek................................................................................................. 69

Dr. Michael Schaffer........................................................................................... 71

Dr. Walter Feichtinger......................................................................................... 72

Dagmar Strauss................................................................................................... 75

Dr. Kurt Dellisch.................................................................................................. 75

Dr. Martin Hahn.................................................................................................... 76

Dr. Wolfgang Kopetzky....................................................................................... 78

Dr. Herbert Schachter........................................................................................ 79

Dr. Hugo Haupfleisch.......................................................................................... 80

Dipl.-Ing. Wolfgang Rauh.................................................................................... 81

Dipl.-Ing. Herbert Egger..................................................................................... 83

Dr. Klaus Hoffmann............................................................................................. 84

Rudolf Otto........................................................................................................... 85

Christine Gubitzer............................................................................................... 86

Barbara Tramposch............................................................................................. 87

DDr. Karl Lengheimer......................................................................................... 88

Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 89

MMag. Dr. Willi Brauneder................................................................................. 90

MMag. Dr. Madeleine Petrovic.......................................................................... 91


 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung des Konventes. Die Tagesordnung besteht aus einem einzigen Punkt, nämlich der Fortsetzung der Anhörung von Vertretern der Bürgergesellschaft.

Die Tagesordnung ist Ihnen zugegangen; sie liegt im Übrigen auch auf. Wir werden heute am Vormittag Vertreter aus folgenden Bereichen hören: Wissenschaft, Bildung, Kultur und Medien und am Nachmittag aus den Bereichen Familien, Friedensorganisationen, Rettungsorganisationen, Verkehr und Zivilgesellschaft.

Für jeden Redner beziehungsweise für jede Rednerin ist eine Redezeit von fünf Minuten vorgesehen, die ich ersuchen darf, strikte einzuhalten. Nach Ablauf von vier Minuten wird beim Rednerpult jeweils eine rote Lampe aufleuchten, so dass der/die betreffende Redner/in darüber informiert ist, dass er/sie noch eine Minute Zeit hat, um die Wortmeldung abzuschließen.

Am Ende der Anhörung der Vertreter und Vertreterinnen, die am Vormittag aufgerufen werden, besteht für die Mitglieder des Konvents die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden, wobei eine Begrenzung von Rednern und Rednerinnen des Konvents auf zwölf vorgesehen ist. Die gleiche Regelung besteht im Anschluss an die Anhörung der Vertreter und Vertreterinnen der Bürgergesellschaft am Nachmittag. Auch dann wird für die Mitglieder des Konvents die Möglichkeit bestehen, sich zu Wort zu melden und zu den Ausführungen der Vertreter und Vertreterinnen der Bürgergesellschaft Stellung zu nehmen. Auch diesbezüglich ist eine Redezeitbeschränkung von fünf Minuten für die Mitglieder des Konvents vorgesehen. Desgleichen sind die Rednerinnen und Redner des Konvents auch am Nachmittag auf zwölf beschränkt.

Von den Vertretern der Zivilgesellschaft, die eingeladen wurden, hat sich die Großloge der Freimaurer entschuldigt, und des Weiteren liegt eine Entschuldigung der Kommission Justitia et Pax vor, die angekündigt hat, keinen Vertreter zu entsenden.

Für den Ablauf darf ich Folgendes hinzufügen: Es werden die Rednerinnen und Redner in der Reihenfolge, wie Sie sie in der Tagesordnung vorfinden, aufgerufen werden, jedoch mit einer einzigen Ausnahme. Als Vertreterin der Bundesschüler wurde Frau oder Fräulein Romana Brait nominiert. Sie sollte im Bereich Bildung am Vormittag zu Wort kommen, hat aber ersucht, ihre Wortmeldung auf den Nachmittag zu verschieben, und einen triftigen Grund hiefür angegeben. Sie hat Schularbeit am Vormittag, und ich glaube, wir sollten darauf Rücksicht nehmen und die Vertreterin der Bundesschüler erst am Nachmittag zu Wort kommen lassen. Ihre Wortmeldung wird daher am Vormittag – obwohl sie nicht anwesend ist – nicht verfallen. Sie wird voraussichtlich am Nachmittag nach dem Bereich der Familie zu Wort kommen können.

Dies kurz zum technischen Ablauf der heutigen Sitzung. Ich darf damit die erste Vertreterin der Bürgergesellschaft aus dem Bereich Wissenschaft aufrufen: Frau Geschäftsführerin Mag. Claudia Lingner. Ich darf Sie um die Wortmeldung ersuchen. Fünf Minuten Redezeitbeschränkung.

Mag. Claudia Lingner: Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich werde meine Ausführung sehr kurz halten. Ich denke, wichtig ist, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit  sich Österreich zu einem führenden Wissenschafts- und Innovationsstandort optimal entwickeln kann. Dazu gehören:

Die Freiheit der Wissenschaft soll weiter gewährleistet werden sowie Rahmenbedingungen für ethische Verantwortung der Wissenschafter und der Wissenschafterinnen sollten gewährleistet und geschaffen werden.

Die steuerlichen Rahmenbedingungen, um den Transfer von Grundlagenforschung hin zur anwendungsorientierten Forschung leichter und optimaler zu ermöglichen sind zu verbessern. Ich darf nur als Stichwort „Translational Research“ in diesem Zusammenhang erwähnen.

Weiters denke ich, dass die Schaffung von Förderungs- und Finanzierungstools, die über mehrere Jahre den Forschungsprogrammen Sicherheit bieten, hier ein wichtiger Punkt wäre. Forschung- und Forschungsprogramme sind nicht nur auf ein Jahr ausgelegt, sondern in der Regel mittelfristig bis langfristig. Hier sollte bei der Bereitstellung von Fördergeldern auf die Zeitachse des Programms abgestellt werden; selbstverständlich einhergehend mit Controlling-Maßnahmen, aber auch Evaluierungsmaßnahmen und -prozessen.Unterschiedliche wissenschaftliche Programme und Ansätze sind zuzulassen, um mehrere wissenschaftliche Disziplinen zu ermöglichen. Wichtig jedoch ist, dass Strukturen mit kritischen Größen oder Massen geschaffen werden.

Forschungsarbeit und Forschungsaktivitäten brauchen ein Umfeld, in dem sie sich entfalten können, um die notwendige Attraktivität zu erhalten und um ausgezeichnete Wissenschaftlerinnen für den „Standort Österreich“ zu gewinnen.

Ich denke auch, dass die Abstimmung und vernünftige Vernetzung aller wissenschaftlichen Programme und Aktivitäten sowohl innerhalb des Bundes aber auch zwischen Bund und Ländern und die Aktivitäten der Länder untereinander ein wichtiger Punkt wäre, der Berücksichtigung finden sollte. Hier sollte eine strategische Vorgangsweise eingeschlagen werden, die das Herausarbeiten von Stärkefeldern der jeweiligen Organisationen ermöglicht, aber auch aus forschungspolitischer Sicht etwaige Lücken aufdeckt. Danach gilt es, die Frage zu stellen: Wer sollte diese in welcher Form abdecken?

Österreich hat sich wie alle Länder der EU dazu verpflichtet, die Forschungs- und Innovationsaktivitäten signifikant zu erhöhen, indem sowohl der private als auch der öffentliche Sektor – ersterer deutlich mehr als Letzterer – ihre Anstrengungen erhöhen. Allerdings zeigen die diversen inzwischen durchgeführten Schätzungen, dass nicht nur die Finanzierbarkeit dieses Wachstums den Aufholprozess verhindert, sondern dass auch die Finanzierbarkeit, die entsprechenden Personalkapazitäten nicht ausreichend vorhanden sind und auch nicht schlagartig erhöht werden können.

Aus forschungspolitischer Perspektive ist es daher wünschenswert, nicht nur die etablierten Forschungsakteure zu vermehrter Forschung anzuregen beziehungsweise die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen, sondern darüber hinaus eingedenk der damit verbundenen Grenzen, auch den Kreis der Akteure selbst zu vergrößern.

Zusammen mit der Einsicht, dass Anwendung und Forschung ihrerseits Forschung voraussetzt, ist es forschungspolitisch eine wesentliche Herausforderung für uns, Forschung und Forschungsanwendung gemeinsam zu entwickeln und dabei neue Partner in diese Forschung zu integrieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren ganz kurz meine Ausführungen zum Thema Wissenschaftsstandort für die Ludwig Boltzmann Gesellschaft. Ich darf mich sehr herzlich bedanken.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Frau Magistra! Nächster Redner für die Akademie der Wissenschaften ist Herr Universitätsprofessor Dr. Stingl. - Bitte sehr, Herr Professor!

Dr. Georg Stingl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuallererst möchte ich mich dafür bedanken, dass der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die Möglichkeit geboten wird, ihre Position darzulegen.

Ich darf mich vielleicht zuerst vorstellen: Ich bin Professor für Dermatologie an der Medizinischen Universität Wien und hier in meiner Funktion als Sekretär der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Ich möchte ganz kurz die von mir vertretene Organisation darstellen und unsere Anliegen an den Österreich-Konvent formulieren. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften ist eine Körperschaft öffentlichen Rechtes, die nach dem Vorbild der großen Akademien Europas im Jahre 1847 durch kaiserliches Patent gegründet worden ist. Die Österreichischen Akademie der Wissenschaften übt ihre Tätigkeit auf Grund einer Satzung aus, zu deren Gültigkeit die Bestätigung durch den Bundespräsidenten erforderlich ist. Ganz kurz gesagt: Die Hauptaufgabe der Akademie ist es, die Wissenschaft in jeder Hinsicht zu fördern.

Die Akademie hat eine Doppelfunktion: Sie ist auf der einen Seite Gelehrtengesellschaft und auf der anderen Seite Forschungsträgerorganisation. Die Gelehrtengesellschaft rekrutiert sich und erhält ihren Bestand durch sehr strikte Zuwahl von Mitgliedern, insgesamt 90 wirkliche und 250 korrespondierende Mitglieder.

Die Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist die führende grundlagenorientierte außeruniversitäre Forschungseinrichtung in Österreich mit 720 Angestellten und einem Budget, das aus Bundesmitteln 40 Millionen umfasst, Drittmittel 7 Millionen, Rat für Forschung und Technologie in etwa 40 Millionen Euro.

Die Fachbereiche der Forschung, die von der Akademie vertreten werden, umfassen Biologie, Medizin und Umweltforschung, Physik und Weltraumforschung, Erdwissenschaften, Formalwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Sprach- und Literaturwissenschaften, Kultur- und historische Wissenschaften. Die wesentlichen Funktionen der ÖAW über ihre bereits geschilderten hinaus sind auch die Tatsache, dass die ÖAW ein beratendes Organ ist und Stipendien und Preise verleiht.

Was sind nun die Forderungen und Wünsche und Anliegen an den Konvent? Das erste und wichtigste Anliegen ist, dass ein klares Bekenntnis des Staates ausgedrückt wird zur Förderung der Forschung. Und zwar nicht nur generell der Forschung, sondern durchaus auch erkenntnisorientierter und grundlagenorientierter Forschung, weil wir glauben, dass die Befriedigung von Neugierde – faustisches Prinzip – Urinstinkte und Wünsche des Menschen sind, die sehr wesentlich zum intellektuellen Wohlbefinden und damit zur Gesundheit des Menschen beitragen. Wir glauben, dass dieses grundsätzliche Bekenntnis zu erkenntnisorientierter Forschung vielleicht in der Präambel festgeschrieben werden könnte.

Der zweite Punkt ist unser Wusch nach Fortschreibung des Grundrechtes der Freiheit  von Wissenschaft, Forschung und Lehre in Verfassungsrang. Diese Freiheit muss aber, wie wir wissen, auch Möglichkeiten der Einschränkung haben. Daher wünschen wir uns zusätzlich den Einbau einer Verpflichtung zu wissenschaftlicher Ethik. Die Österreichische Akademie bietet sich an, gerade in dieser Funktion eine, wenn Sie so wollen, Appellationsinstanz zu sein und ist grundsätzlich bereit, eine solche Rolle zu übernehmen.

Abschließend meine ich, dass die Österreichischen Akademie der Wissenschaften in höchstem Maße interessiert ist an einer modernisierten Fassung der Verankerung von Wissenschaft, Forschung und Lehre in der Bundesverfassung und bittet ausdrücklich um Eingebundensein in die Verfassungsgestaltung dieses Bereiches. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Ihnen, Herr Professor, für Ihre Ausführungen. Nächster Redner ist der Vertreter der Rektorenkonferenz, Herr Universitätsprofessor Dr. Berka. - Bitte sehr, Herr Professor!

Dr. Walter Berka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn man für die österreichische universitäre Wissenschaft sprechen darf – und ich habe die Ehre, die Rektorenkonferenz zu vertreten – sollte man, wie ich meine, von einer Prämisse ausgehen: Die Wissenschaften sind ein Lebensbereich, der auf Distanzen und Autonomie zum Staat angewiesen ist, damit sich die Wissenschaft in ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und ihrem eigenen Auftrag entsprechend - der vorbehaltslosen Suche nach Wahrheit - entfalten kann. Das gilt auch für die universitäre Forschung und für die akademische Lehre an den öffentlichen Universitäten – auch wenn für die öffentlichen Universitäten der Staat, das heißt der Bund, die Letztverantwortung im Hinblick auf die Ressourcen trägt.

Die Rektorenkonferenz ist der Auffassung, dass das geltende Verfassungsrecht diese Autonomie in mehrfacher Hinsicht respektiert und ausgestaltet, wenngleich in zerstreuten und nicht immer gut formulierten Bestimmungen. Die Rektorenkonferenz ist weiterhin der Auffassung, dass das bestehende Verfassungsrecht auch für die Zukunft der Universitäten im Prinzip einen brauchbaren Rahmen bildet und im Wesentlichen unverändert beibehalten werden kann.

Dabei geht es um mehrere verfassungsrechtliche Bestimmungen, die gleichsam den Kernbestand dieser Autonomie bilden, die in einem Sinnzusammenhang stehen und die in dieser Verbindung auch in eine neue Verfassung Eingang finden sollten. Das sind: Erstens die individuelle Wissenschaftsfreiheit, Zweitens die Autonomie der Universitäten im Institutionellen, Drittens die Satzungs- und Verwaltungsbefugnis der Universitäten im Rahmen der Gesetze und als Letztes möchte ich noch kurz auf die notwendigen verfassungsrechtlichen Sicherungen zur Wahrung der Internationalität der universitären Forschung hinweisen.

Ganz kurz zu diesen vier Punkten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zur individuellen Wissenschaftsfreiheit: Das geltende Verfassungsrecht gewährleistet im Staatsgrundgesetz jedem Forscher und jedem akademischen Lehrer die individuelle Wissenschaftsfreiheit als ein Freiheitsrecht. Diese Freiheit ist die unverzichtbare Garantie, sie ist die Grundlage für jede eigenverantwortliche wissenschaftliche Betätigung und sie müsste auch in einen neu formulierten Grundrechtskatalog aufgenommen werden – wie es im Übrigen auch der europäische Standard ist.

Im geltenden Verfassungsrecht ist die Wissenschaftsfreiheit als ein vorbehaltsloses Grundrecht formuliert. Auch diese Ausgestaltung sollte beibehalten werden, weil sie die Wissenschaft am Besten vor Eingriff in ihre Inhalte und Methoden schützen kann, weil sie Schutz vor – Verfassungsrechtler würden sagen - intentionalen Eingriffen bietet. Im Kontext der Wissenschaftsfreiheit sollte man nicht übersehen - und zwar vor allem im Interesse der Kunstuniversitäten -, dass auch die Freiheit der Kunst und der künstlerischen Lehre in den neuen Grundrechtskatalog Eingang finden sollte.

Zweitens: Neben der individuellen Wissenschaftsfreiheit brauchen die Universitäten einen gesicherten institutionellen Freiraum, das heißt, eine gewährleistete Universitätsautonomie. Das geltende Verfassungsrecht setzt eine solche Autonomie nach verbreiterter Ansicht voraus, darüber hinaus ist sie in einigen isolierten Verfassungsbestimmungen des alten Universitätsorganisationsrechts verankert.

Eine solche Autonomiegewährleistung sollte explizit in den Stammtext einer neuen Verfassung aufgenommen werden, nicht zuletzt deshalb, weil der Rückgriff auf das, was historisch vorausgesetzt wird, erschwert oder ausgeschlossen ist, wenn eine neue Verfassung formuliert wird.

Diese Universitätsautonomie sollte die Weisungsfreiheit gegenüber dem Staat sowie die Selbstbestimmung der Universitäten in den Fragen ihrer inneren Organisation, ihrer Finanzgebarung und bei der Gestaltung der Studienvorschriften umfassen. Eine solche Autonomie hat einen Kernbereich, im Wesentlichen bei den Angelegenheiten bei der unmittelbaren Wissenschaftsverwaltung. Im Übrigen sollte die Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber aber offen stehen, weil die Frage nach der sachgerechten Universitätsorganisation nicht ein für alle mal festgeschrieben werden kann. Ich glaube, der Verfassungsgerichtshof hat das am vergangenen Freitag wohl in ähnlicher Weise gesehen.

Drittens. Das geltende Verfassungsrecht ermächtigt die Universitäten zu einer Verwaltungsführung im Rahmen der Gesetze und dispensiert daher von der strikten Bindung an das Legalitätsprinzip. Das hat sich bewährt und sollte beibehalten werden, wobei das natürlich von der genaueren Formulierung des allgemeinen Legalitätsprinzips abhängt.

Viertens und zum Schluss. Im geltenden Verfassungsrecht ist durch explizite Verfassungsbestimmungen sicher gestellt, dass Deutsch für Prüfungen oder Lehrveranstaltungen verwendet werden kann, ungeachtet der Festlegung von Deutsch als Staatssprache. Auch die Heranziehung ausländischer Wissenschafter zu akademischen Funktionen und als Prüfer ist verfassungsrechtlich abgesichert. Diese im Interesse der Internationalität der österreichischen Universitäten wesentlichen Sicherungen müssen dann beibehalten werden, wenn ein neues Verfassungsrecht einen Inländervorbehalt für hoheitliche Tätigkeiten oder eine verbindliche Festlegung einer Staatssprache vorsieht, die dies erschweren würde. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Nächster Redner ist Herr Universitätsprofessor Dr. Weigel für den UniversitätslehrerInnenverband. - Bitte, Herr Professor.

Dr. Wolfgang Weigel: Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Der UniversitätslehrerInnenverband ist die mitgliederstärkste Interessenvereinigung akademischer Forscherinnen und Lehrender in Österreich. An fast allen Universitäten bestehen so genannte Lokalverbände. In den meisten Personalvertretungen der Universitäten und im Zentralausschuss stellt der UniversitätslehrerInnenverband die Mehrheit der Mandatare. Das trifft auch auf seine Präsenz in der Sektion Hochschullehrer der Gewerkschaft öffentlich Bediensteter mit einer parteiungebundenen Liste zu.

Er tritt immer wieder mit Gestaltungsvorschlägen für die Wissenschaftspolitik, Universitätsorganisation und das Dienstrecht an die Öffentlichkeit. Das diesbezügliche Grundsatzprogramm kann selbstverständlich auf der Webseite des ULV abgerufen werden.

Für die Gelegenheit, die Anliegen des ULV im Hinblick auf die Neugestaltung der Bundesverfassung vor dem Österreich-Konvent vorbringen zu können, danke ich namens des Vorstandes und der Mitglieder.

Die Aufmerksamkeit des Konvents und der Autoren einer erneuerten Bundesverfassung soll auf vier Dimensionen der Freiheit von Forschung und Lehre, einschließlich der Erschließung der Künste, gelenkt werden:

1. Den Zusammenhang zwischen Freiheit der Forschung und Lehre und Unabhängigkeit der Forschenden und Lehrenden.

2. Die Auswirkungen der Grundsätze von Freiheit der Forschung und Lehre und der Unabhängigkeit der Forschenden und Lehrenden auf die Organisation der Universitäten.

3. Die Gefahr, Wissenschaft und Kunst auf ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Fortschritt von Gesellschaft und Staat zu reduzieren

4. Die Notwendigkeit, in der Forschung  die Grenzen der Machbarkeit mittels der Grenzen der gesellschaftlichen Grundwerte einer ständigen Prüfung zu unterziehen.

Die Freiheit von Wissenschaft und Lehre – immer einschließlich der Erschließung der Künste – muss ihren Niederschlag in der Zuerkennung einer besonderen Stellung in der Gesellschaft (und deren Rechtordnung) für jene Menschen finden, die ihre Berufung in einer wissenschaftlichen Laufbahn suchen oder sich der Erschließung der Künste widmen.

Die schöpferischen Tätigkeiten des Entdeckens, Erfindens und Erkennens sind weitgehend unvereinbar mit der allzu strengen Einbindung in eine hierarchische Ordnung; die berechtigte Erwartung des Erfolges darf nicht zum Erfolgszwang werden.

Gerade die jüngsten Entwicklungen, in denen fast nur noch von Innovationen und Marktwert die Rede ist,  veranlassen zu einer ernsten Warnung: Wissenschaft und Kunst sind nicht selbstverständlich Gegenstände nur der Ökonomie. Ihre Bedeutung für die Gesellschaft und deren Entwicklung hat weitaus mehr Dimensionen als die der Wirtschaftlichkeit. Es ist aber leider so, dass mit dem Blick auf globale Wettbewerbsfähigkeit in der Öffentlichkeit fast ausschließlich die Profitabilität protegiert wird. Sowohl wissenschaftlich fundierte Einsichten als auch die geschichtliche Erfahrung weisen aber in eine andere Richtung: Wissenschaft, Künste und deren Vermittlung sind – ungeachtet zeitweiliger bedauerlicher Fehlentwicklungen - integraler Bestandteil der kulturellen Entwicklung und Wesenselement der Zivilisation.

Zwangsläufig müssen die besonderen Erfordernisse und Zugeständnisse für die Wissenschaften und Künste dann aber auch ihren Niederschlag in den Organisationen finden, in denen geforscht und gelehrt wird: den Universitäten.

Es ist überhaupt keine Frage, dass die Einrichtungen zur Hervorbringung wissenschaftlicher Ergebnisse, zur Erschließung der Künste und zur Vermittlung von Wissenschaft und Kunst an die Studierenden und die Öffentlichkeit nach jenen Maßstäben zu organisieren und zu führen sind, die seit jeher die Maßstäbe bilden, die für alle öffentlichen Einrichtungen konstitutiv sind: Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit.

Aber wir möchten davor warnen, die Ökonomisierung zu weit zu treiben oder – was auf dasselbe hinausläuft – als Kriterium zu eng zu sehen. Die Gesellschaft kann zwar erkennen, was die Probleme sind, deren Lösung sie herbeiwünscht: Aber sie kann weder die Wege noch die Erreichbarkeit der Ziele abschätzen. Die Wissenschaft hat in dieser Hinsicht eine Sonderstellung in der Gesellschaft. Die jüngsten Entwicklungen in der Organisation der wissenschaftlichen Institutionen und in der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen für Wissenschafter vermitteln nicht mehr den Eindruck, dass der Politik (der Gesellschaft?, den Medien?) bewusst ist, unter welchen Voraussetzungen wissenschaftlicher Fortschritt gelingen kann. Ich beschwöre Sie anzuerkennen, dass die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft; in dem durch eine Verfassung geregelten Gemeinwesen; nur so begriffen werden kann, dass bei der einzelnen Wissenschafterin, beim dem einzelnen Wissenschafter - allenfalls noch beim Team - begonnen wird und von diesem Kern weg gewissermaßen nach außen gearbeitet wird.

Den Universitäten bekommt ein zeitgemäßes Verwaltungsmanagement ganz ohne Zweifel. Beim Wissenschaftsmanagement indessen hat der ULV seine Zweifel, ob dieses so weit reichen darf, wie heute bereits praktiziert. Um es an dieser Stelle nochmals zu betonen:

Die Freiheit von Forschung und deren Verbreitung und Hinführung in der Lehre bedingt vielmehr Unabhängigkeit der Forscherinnen. Unabhängige und eigenständige Forscherinnen sind nicht nur die, die sich eine Karriereleiter hinaufgemüht haben: Denn die Karriereleiter bedingt einen Handlungsspielraum, um sich auf ihr zu bewegen! Freiheit der Forschung in einer strikt hierarchisch verfassten Organisation der Forschung ist ein Widerspruch in sich! Darüber hinaus geben wir zu bedenken:

Die Schulung im Erwerb von Wissen, die Unterweisung in der Kunst, neues Wissen zu schaffen und die Anwendung des Wissens auf die Probleme unseres Daseins sind selbst aus dem Blick der liberalsten Wirtschaftslehren Kondition und Grundelement des Fortschrittes. Nur eine Verfassung der Freiräume für Forscherinnen und Lehrerinnen und die Institutionalisierung der Großzügigkeit werden es ermöglichen, im Dienste der Gesellschaft diesen Bereich in optimaler Weise zu gestalten. Ökonomismus ist fehl am Platze!

Allerdings: Was die Forschung betrifft, so ergibt sich in zunehmendem Maße eine Schere zwischen Machbarkeit und Brauchbarkeit. Die Distanz zwischen diesen beiden Eckpunkten wird durch die Zulässigkeit gemessen; die ist aber eine Funktion, nicht der Machbarkeit, sondern der Brauchbarkeit. In diesem Sinn ist der Grundwert der freien Forschung zweifelsfrei zu konditionieren. Das ist in einer pluralistischen Gesellschaft schwierig: Aber ein intelligent zusammengesetztes Organ mit einer qualifizierten Mehrheitsregel als Entscheidungskriterium kann (und muss wohl) hier hilfreich sein.

Die Rasanz der Entwicklung in Medizin, Biologe und vielen anderen Bereichen der Wissenschaften lässt Berücksichtigung schon auf konstitutioneller Ebene angebracht erscheinen! Wenn und insofern den Wissenschaften, den Künsten, der Forschung und ihrer Vermittlung in der Lehre ein Paragraph in einer neuen Verfassung gewidmet werden, so richte ich namens des ULV an Sie die Bitte:

1. Forschung, Kunst und deren Vermittlung durch Lehre sollen nicht nur frei sein: Den Ausübenden muss nach Maßgabe der anerkannten Grundwerte auch Unabhängigkeit zugestanden werden, und zwar nach einer kurzen Probezeit fast von Anbeginn ihrer Laufbahn.

2. Von den Einrichtungen, in denen Forschung und Künste betrieben und das Wissen weitergegeben werden, darf durchaus Führung nach den Maßstäben der Wirtschaftlichkeit gefordert werden, nicht aber automatisch Ergebnisorientierung in einem völlig sinnwidrigen auf wirtschaftliche Verwertbarkeit reduzierten Sinn!

3. Die Verträglichkeit wissenschaftlicher Möglichkeiten mit Grundwerten der Gesellschaft schließlich und damit mit der „Brauchbarkeit“ muss heutzutage wohl bereits auf konstitutioneller Ebene einer Prüfung zugänglich gemacht werden können. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Nächster Redner ist der Vertreter des Lektorenverbandes, Herr Kurt Weissenböck. - Bitte sehr.

Kurt Weissenböck: Namens des Lektorenverbandes danke ich für die Einladung.

Wir sind im Universitätsgetriebe nur eine sehr kleine Gruppe und werden verschiedentlich auch von anderen Gruppierungen mit vertreten. Naturgemäß sind unsere Anliegen ähnliche bis identische, wie sie von den Vorrednern bereits vorgetragen wurden. In einem solchen Gremium wie hier ist Zeit kostbar, die Wiederholung von Argumenten würde die Aufmerksamkeit der Zuhörer eher abstumpfen als sie wecken. Daher darf ich sagen, dass wir, sollte zu dem Thema etwas konkret Herberes einfallen, als das bisher Gehörte, würden wir von der Möglichkeit einer schriftlichen Eingabe Gebrauch machen. Ich danke nochmals für die Einladung. Ich stelle die Redezeit dem Gremium allgemein zur Verfügung. - Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch dafür und darf als nächste Rednerin die Vertreterin der HochschülerInnenschaft, Frau Patrice Fuchs aufrufen.

Patrice Fuchs: Guten Tag!

Das Motto des bildungspolitischen Diskurses - wie er heute von verschiedensten Regierungsvertreterinnen geführt wird, lautet offener und freier Hochschulzugang -  bedeutet eine Minderung von Qualität von Forschung und Lehre. Eine Konsequenz, die sich daraus ergibt, hat man 2001 schon umgesetzt, nämlich die Abschaffung des freien Hochschulzugangs durch die Einführung von Studiengebühren. Wir möchten diesem Motto etwas entgegen stellen, und ich fange an mit ein paar ökonomischen Gedanken, die ich ins Gespräch bringen möchte: Und zwar, was ist das Gegenkonzept von offenem und freiem Hochschulzugang? Da kann man sich die Universitätenlandschaft in England und in den USA anschauen, wie es so genannte Lead-Universitäten gibt, und zwar sieht es so aus, dass es sehr viele normale Universitäten gibt und ein paar, zwei, drei Universitäten; mit herausragendem Ruf, und die finanzielle Ausstattung ist dermaßen, dass alle Universitäten eine gewisse staatliche Förderung bekommen, Eliteuniversitäten jedoch ein wenig mehr. Darüber hinaus können natürlich Elite-Universitäten mehr Drittmittel lukrieren, da sie durch ihren Ruf mehr Investoren anziehen und sie können natürlich auch höhere Studiengebühren einheben, da die Studierenden, die sich das leisten können, natürlich sehr gerne gewillt sind, höhere Gebühren zu zahlen, weil ein Abschluss auf so einer prestigeträchtigen Universität ein Garant ist  für einen hoch dotierten Job.

Die Forscherinnen, die auf normalen Universitäten ausgebildet werden, die dort auch sehr gut ausgebildet werden, die zieht es natürlich nach dem Abschluss auch eher auf die Elite-Universität, nicht unbedingt; weil die inhaltliche Qualität dort höher ist, sondern weil die Karrierechancen dort eher gegeben sind und die Jobs besser bezahlt werden.

Wenn man das dann zusammenfasst, dann ergibt sich für die normalen Universitäten in solchen Landschaften folgende Pflichten beziehungsweise folgende Bedingungen: Sie müssen mit weniger Geld auskommen. Mit diesem Weniger an Geld müssen sie mehr Studierende ausbilden. Die Forscherinnen, die sie ausbilden, bleiben nicht an der Institution. Als einzige Pflicht für die Elite-Universität bleibt diesen übrig, ihren Ruf zu behalten, damit sie diesen Ruf auch in Zukunft weiterhin in Geld umwandeln können.

Zweitens will ich über den Begriff der Elite an sich sprechen und über die so genannte Hochbegabtenförderung. Eine Elite definiert sich im Grunde prinzipiell einmal selber, das heißt, wenn man von hervorragenden Leistungen der Elite spricht, so ist der, der darüber redet, meistens jemand, der sich selbst zur Elite zählt, also er lobt sich selber. So hört man auch sehr oft von Vertreterinnen des Bürgerinnentums die Einschätzung, dass zum Beispiel die Matura nicht von jeden geschafft werden kann, sondern dazu sei eine besondere Begabung vonnöten. Was hierbei nicht ausgesprochen wird, ist die Tatsache, dass scheinbar die Kinder des Bildungsbürgerinnentums durch die Bank zufällig alle begabt sind, weil sie in der Regel die Matura machen. Und wenn man sich das jetzt so anschaut, vor zehn Jahren waren noch 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung scheinbar nicht begabt genug, Matura zu machen, heute sind es nur noch 50 Prozent. Also, es kann sich hier nicht um ein genetisches Phänomen handeln, sondern ich orte hier eher ein tiefenpsychologisches Problem, nämlich, dass man Leistungen, die hervorgebracht wurden und zwar durch Herkunft erleichtert oder vielleicht sogar ermöglicht wurden, im Nachhinein durch angebliche Begabtheit legitimiert werden sollen.

So gesehen, ist natürlich eine Elite-Universität ein ganz besonders tolles Angebot, also ein Klassenangebot an eine Gesellschaftsschicht. Sie können nämlich gegen Bezahlung sich automatisch zu den Besten zählen und die Konkurrenz wird aufgrund von Mangel an Geld weit abgeschlagen, man muss sich nicht mehr messen. Eine sehr große Selbstzufriedenheit ersetzt hierbei die Selbstreflektion.

Drittens möchte ich noch über die Chancen sprechen, die Bildung Menschen ermöglicht und die niemandem vorenthalten werden sollte. Wer sich bildet, hat nicht nur bessere Chancen auf einen Job mit Status, sondern auch bessere Chancen, einen Job zu bekommen, deren Inhalt einen interessiert und mehr fordert. Das allein sollte schon eigentlich dazu führen, dass Supermarkt-Kassiererinnen dasselbe Gehalt bekommen wie Akademikerinnen, weil sie für die Eintönigkeit entschädigt werden sollten.

Und nicht zuletzt erhöht natürlich der Grad der Bildung auch die Möglichkeit, sich in den demokratischen Diskurs einzumischen und die Zukunft einer Gemeinschaft voranzutreiben, in die Richtung, die für angemessen erscheint. Und wenn wir alle der Meinung wären, dass wir in einer großen Gemeinschaft leben und ein philanthropisches Interesse daran haben, die Zukunft so zu gestalten, dass jeder Mensch dieselbe Chance erhält, da sollte es doch selbstverständlich sein, dass alle Bildungsinstitutionen allen Menschen offen stehen und dass die Inhalte, die dort gelehrt werden, sich nicht nur an Reputation und Profit orientieren, sondern an Vielfalt und auch Hinterfragen von Dogmen. – Ich danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch für diese Ausführungen und darf als nächsten Redner den Vertreter des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Herrn Generalsekretär Dr. Kratky aufrufen.

Dr. Gerhard Kratky: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Wissenschaftsfonds vertritt die Forschenden in der Grundlagenforschung in Österreich. Das Thema Grundlagenforschung hat zunehmende Aktualität gewonnen, weil vor wenigen Tagen Kommissar Busquin eine Mitteilung der Europäischen Kommission zum Thema „Europa und die Grundlagenforschung“ vorgestellt hat.

In dieser Mitteilung ist eine bemerkenswerte Neuorientierung der Europäischen Kommission in Richtung der Grundlagenforschung festzustellen. Insbesondere im Verhältnis USA und Europa hat die Kommission festgestellt, dass Europa in erhöhtem Maße Anstrengungen in Richtung Grundlagenforschung machen muss, um Wettbewerbsfähigkeit und damit Wohlstand sicherzustellen. Es wurde der Zusammenhang zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Innovationen herausgestrichen und die Notwendigkeit verstärkter Förderung für die Grundlagenforschung festgestellt.

Es ist hier jetzt nicht der Ort und die Zeit, darauf näher einzugehen. Ich möchte mich mit den Themen, die den Konvent direkt betreffen, befassen. Wir gehen davon aus, dass der Artikel 17 der Verfassung, demzufolge die Wissenschaft und ihre Lehre frei ist, unangefochten ist und sicherlich weiter bestehen wird. So unangefochten dieser Grundsatz ist, so präzisierungsbedürftig ist er in einigen Bereichen.

Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei ganz konkrete Anliegen herausgreifen, die freilich auch schon von Vorrednern berührt wurden.

Das erste Anliegen ist eine Festschreibung, der zu Folge die Finanzierung der Grundlagenforschung - in angemessener Höhe - eine Staatsaufgabe ist. Ich glaube, das ist eine ganz entscheidende Feststellung und hier gibt es auch, weltweit gesehen, keine Alternative. Selbst im Eldorado der Privatwirtschaft, in den Vereinigten Staaten, wird Grundlagenforschung nahezu ausschließlich vom Staat finanziert.

Das zweite Anliegen, das wir an den Konvent haben, ist die Festschreibung der Autonomie der Forschungsförderung im Grundlagenbereich. Es ist nun einmal so, dass niemand besser über die wissenschaftliche Exzellenz und damit Förderungswürdigkeit von wissenschaftlichen Projekten entscheiden kann, als die Scientific Community selbst.

Und diese beiden Anliegen, Grundlagenforschung ist Staatsaufgabe und die Autonomie der Forschungsförderung, hängen natürlich eng zusammen, sind voneinander abhängig. Und sie sind mit Sicherheit keine Selbstverständlichkeit. Nicht vor allzu langer Zeit hat ein Mitglied der Bundesregierung gemeint: Ja, wenn sie – gemeint waren die Wissenschafterinnen und Wissenschafter – autonom sein wollen, dann sollen sie auch autonom ihre Finanzierung sicherstellen. Ich würde meinen, dass das ein sehr populärer Spruch ist, dass er aber durchaus an der Grundidee des Artikels 17 vorbeischrammt. Umso wichtiger ist es, diese beiden Grundsätze, nämlich die Verankerung der Grundlagenforschung als Staatsaufgabe und die Autonomie der Forschungsförderung im Schlussdokument des Konvents festzuschreiben. – Danke vielmals.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Generalsekretär. Der nächste Redner ist der Vertreter des Forschungsförderungsfonds für die Gewerbliche Wirtschaft, Herr Dipl.-Kfm. Kahler. – Bitte sehr.

Dipl.-Kfm. Günter Kahler: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass ich als erster Vertreter der wirtschaftsbezogenen Forschung das Wort ergreifen darf.

Es waren ja bisher sozusagen die Grundlagenforscher am Drücker. Die wirtschaftsbezogene Forschung ist in Österreich sehr lange nicht so richtig eingeschätzt worden. Wir haben auch statistische Zahlen, die nicht ganz aktuell sind. Inzwischen hat die Wirtschaft einen Gutteil zur Forschung in Österreich beigetragen, nämlich 60 Prozent der insgesamt ausgegebenen Mittel in Österreich. Also es ist nicht so, dass die wirtschaftsbezogene Forschung quasi die Entwicklungen verschlafen hat.

Als Vertreter des FFF habe ich Ihnen zu vermelden, dass der Fonds selber seit 35 Jahren ein wirklicher Eckstein der wirtschaftsbezogenen Forschung ist. Wir haben im letzten Jahr zum Beispiel 240 Millionen € für die wirtschaftsbezogene Forschung zur Verfügung gestellt. Knapp mehr als 50 Prozent der Mittel sind dabei in Klein- und Mittelbetriebe gegangen.

Also, es ist, eben so wie mein Vorredner gesagt hat, auch wichtig, dass man hier eine Forschungsförderung durchführt auf der angewandten Seite, die eben so autonom ist wie die grundlagenbezogene. Auch hier werden die Mittel von wirtschaftsbezogenen Experten verwaltet und, glaube ich, sehr, sehr gut eingesetzt, wie auch eine derzeit laufende Evaluierung der beiden Fonds festgestellt hat von externen und ausländischen Experten, dass beide Fonds eine sehr gute Arbeit bis jetzt geleistet haben. Man sollte auch wirklich im Konvent danach trachten, dass dieses Forschungsförderungsgesetz aus dem Jahr 1967 sehr pfleglich behandelt wird und man schauen muss, dass hier keine Eingriffe passieren, die die Struktur nachhaltig gefährden.

Abgesehen von diesen Dingen ist es natürlich notwendig – das hat Österreich wirklich dringend notwendig -, dass endlich eine langfristige Forschungsstrategie erfolgt. Wie weit das verfassungsmäßig überhaupt eine Rolle spielt kann ich nicht beurteilen, aber man müsste eine klare Strategie entwickeln, die auch eine verbindliche Finanzierungsstrategie und Perspektive beinhaltet. Es müssten wirkliche Leistungsvereinbarungen zwischen Forschern und den Finanzgebern erreicht werden.

Das ist eine Aufgabe, die nicht leicht ist. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Strukturdebatten gehabt, wie man das verbessern könnte, wenn es dann aber um die Finanzierung geht, dann ist weitgehend der Wille nicht da, hier langfristig zu sagen, diese und diese Mittel sind notwendig, und die und die Steigerung.

Wir haben schon Studien erlebt, jede Menge, wo natürlich dann immer sehr, sehr große Mittel für die öffentliche Forschungsförderung heraus kommen, um den Level von Westeuropa zu erreichen, der dann natürlich weitgehend verfehlt wurde.

Wir haben das ehrgeizige Ziel, bis 2010 drei Prozent der Forschungsausgaben, also des BIPs zu haben und jeder weiß, dass das heißt, dass wir um 50 Prozent zulegen müssen. Wir haben derzeit erst zwei Prozent Forschungsquote und wenn wir hier wirklich zu den Top-Drei oder zu den Top-Fünf kommen wollen, müssen wir 50 Prozent dazulegen. Das heißt, die Wirtschaft muss hier wirklich einen Trapezakt machen, und das kann nur dann passieren, wenn von öffentlicher Seite eine klare Struktur vorgegeben wird, dass auch die Rahmenbedingungen so sind. Es sind schon einige Schritte in dieser Richtung passiert, nämlich steuerliche Möglichkeiten, die jetzt großzügig ausgebaut worden sind. Die direkte Förderung, die besonders für Klein- und Mittelbetriebe wichtig ist, die ist ein bisschen auf der Strecke geblieben. Es gibt jetzt schon so genannte Top-Down-Programme, wo gewisse Technologiefelder angesprochen werden sollen, das ist aber nicht wirklich ausreichend.

Also nochmals unsere Bitte an den Konvent, darauf zu schauen, dass das Forschungsförderungsgesetz wirklich eine gute Basis bildet, und dass auch wirklich eine Strategie für die Forschungsleistungen in der Zukunft verabschiedet wird. Das wäre unser Anliegen und wir haben auch schriftlich dazu Stellung genommen, weil fünf Minuten sind relativ kurz für das komplizierte Thema, Sie wissen das. Es wird seit Jahren und Stunden und immer wieder verhandelt und ich hoffe, ich habe Ihnen zumindest einen kurzen Überblick gegeben. – Danke sehr.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. – Als nächster Redner kommt der Vertreter der Österreichischen Forschungsgemeinschaft, Herr Generalsekretär Dr. Brix, zu Wort. – Bitte sehr.

Dr. Emil Brix: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Aus der Sicht der Österreichischen Forschungsgemeinschaft ist es relativ einfach zu formulieren, was die Verfassung regeln und garantieren sollte. Es ist schon angesprochen worden: Einerseits die individuelle Wissenschaftsfreiheit und andererseits die Autonomie der in Forschung und Lehre tätigen Einrichtungen, so wie der Forschungsförderungseinrichtungen.

Uns scheint vor allem die Unabhängigkeit der teilweise oder zur Gänze aus öffentlichen  Mitteln finanzierten Forschungsförderungseinrichtungen wichtig, um die Effizienz zu gewährleisten und die Autonomie dauerhaft außer Streit zu stellen.

An der Frage, wie hoch der Stellenwert der Forschung und Wissenschaft in Österreich ist, entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit dieses Landes, wir wissen aber gleichzeitig, dass die Verfassung das nicht entscheiden kann. Dennoch glauben wir, dass die Förderung der Forschung eine öffentliche Aufgabe ist, an deren Erfüllung der Staat maßgeblich interessiert ist und er sollte daher die Förderung der Wissenschaften als eine Zielbestimmung in die neue Verfassung aufnehmen.

Ich möchte noch zwei speziellere Fragen ansprechen. Nicht nur der Bund, sondern auch andere Gebietskörperschaften tragen wesentlich zur Wissenschaftsförderung in Österreich bei. Als eine von Mitteln des Bundes und der Bundesländer getragene private Einrichtung ist die Österreichische Forschungsgemeinschaft ein Beispiel für positive Synergien aus diesem Zusammenwirken mehrerer Gebietskörperschaften. Wir sprechen uns daher für eine möglichst offene Kompetenzverteilung in der Wissenschaftsförderung aus, um alle Gebietskörperschaften zu spezifischen Beiträgen zur Wissenschaftsförderung zu motivieren.

Sicherlich ist die Art der dafür erforderlichen Regelungen davon abhängig, wie der Konvent insgesamt die Kompetenzverteilung rechtlich regeln wird. Wichtig erscheint mir, dass jedenfalls in der künftigen Lösung, auch nicht ungewollt, den Gebietskörperschaften neue Fesseln angelegt werden.

Für die Attraktivität österreichischer Bildungseinrichtungen und für die Ausbildungschancen der Studierenden ist es zentral, dass eine klare verfassungsmäßige Absicherung der Möglichkeit, Vorlesungen, Prüfungen und schriftliche Arbeiten in Fremdsprachen zu halten, vorgesehen wird. Es wurde schon angesprochen. Ich ersuche die Konventsmitglieder um Prüfung, ob die bestehenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen ausreichen, um prinzipiell in allen Studienbereichen auch Fremdsprachen anwenden zu können. Eine übersichtliche Rechtslage würde zu einer wünschenswerten stärken Verwendung der heute bereits in einzelnen Studiengesetzen gegebenen Möglichkeiten führen. Ich möchte generell anregen, dass der Konvent prüft, ob in der Verfassung überhaupt noch eine Staatssprachenbestimmung erforderlich und zeitgemäß ist.

Erlauben Sie mir abschließend noch ein Wort zu unserer eigenen Forschungsarbeit. Innerhalb der ÖFG befasst sich eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Titel „Wege zur Civil Society in Österreich“ mit neuen Formen der Beteiligung von Einzelpersonen und Interessensorganisationen am öffentlichen Leben und an politischen Prozessen. Meine kritische und bereits in vielen anderen Stellungnahmen ähnlich formulierte Bemerkung lautet: Die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Österreich Konvents scheint uns nicht ausreichend zu gewährleisten, dass inhaltliche Anliegen dieses Sektors umfassend berücksichtigt werden im Entscheidungsprozess für eine neue Verfassung. Themen wie stärkere Partizipation der Bürger und adäquate Gestaltungsräume für Nichtregierungsorganisationen sollten daher im Ergebnis der Konventsarbeit über die Ausschüsse stärker berücksichtigt werden.

Wir wollen daher in den nächsten Monaten die Arbeit des Konvents in Form eines  zivilgesellschaftlichen Monitorings unterstützen und dabei jene Fragen, in denen eine neue Verfassung Beiträge zur Stärkung der Civil Society in Österreich leisten kann, untersuchen. Die Regeln des Umgangs zwischen Staat und Zivilgesellschaft scheinen uns nicht nebensächlich, sondern sollten - etwa in Form einer Verpflichtung, bei neuen Gesetzen auch ihre Auswirkung auf das Verhältnis zwischen Staat und Zivilgesellschaft zu prüfen, sie mögen dies eine Zivilverträglichkeitsprüfung von Gesetzen nennen - verbessert werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Generalsekretär. Nächster Redner ist Herr Mag. Borchardt für den Österreichischen Cartellverband. – Bitte sehr.

Mag. Leo Borchardt: Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren!

Ich spreche hier als Vertreter des Österreichischen Cartellverbandes, des mit über 12.000 Mitgliedern größten Studenten- und Akademikerverbandes Österreichs. Neben einigen allgemeinen Bemerkungen werde ich kurz auf die Grundrechte, dann das Fundament von Bildung und Wissenschaft, nämlich die Schulen, und im Anschluss auf den tertiären Bildungssektor, also die Universitäten und Fachhochschulen eingehen.

Bildung dient nicht nur der geistigen Entfaltung und der Identitätsstiftung, Bildung stärkt auch die Chance jedes Einzelnen am Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Österreich. Die Förderung von Bildung, Forschung und Wissenschaft ist ein zentraler Bestandteil staatlichen Wirkens und sollte deshalb im Sinne des Gemeinwohls als Verpflichtung des gesamten Staates gesehen werden. Das ist eine Zielsetzung, die man beispielsweise in einer Präambel verankern könnte.

Ich komme kurz zu den Hardfacts, zum Juristischen. Das momentane Grundrechtsschutzniveau erscheint uns als den Anforderungen angemessen. Es ist im vollen Umfang aufrecht zu erhalten; das heißt, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei, wie im Artikel 17 Staatsgrundgesetz verankert, ebenso das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst und Wissenschaft. Uns ist es aber wichtig, dass die durch die Schöpfungsverantwortung definierten ethischen Grenzen wissenschaftlichen Schaffens respektiert werden.

Die Grundlage des Bildungssystems und vernünftiger Wissenschaft und Forschung, das ist die Schulbildung. Sie beginnt mit der Volksschule, geht weiter über zu den Mittelschulen, wo es zu einer Differenzierung kommt. Es ist unsere Meinung, dass sich dieses differenzierte Schulwesen in Österreich bewährt hat. Es bietet jeder Schülerin und jedem Schüler einen auf seine bzw. ihre Fähigkeiten und Neigungen abgestimmten Bildungsweg und erlaubt auch die Förderung spezieller Begabungen, genauso wie den Abbau von Defiziten einzelner Schülerinnen und Schüler.

Vordringlichstes Ziel etwaiger Reformen im Schulbereich sollte unserer Ansicht nach die Hebung des Niveaus, vor allem der städtischen Hauptschulen sowie der Reifeprüfung sein. Auch auf die österreichweite Vergleichbarkeit von Leistungsbeurteilungen sollte Wert gelegt werden. Außerdem fordern wir, dass das Schulwesen von ideologischen Einflüssen frei gehalten wird. Es muss also langfristig zu einer Entpolitisierung der Schulverwaltung kommen.

Was das tertiäre Bildungswesen betrifft, so ist dieses in den letzten zehn Jahren tief greifenden Veränderungen unterworfen gewesen, die vom Österreichischen Cartellverband grundsätzlich begrüßt wurden. In Zentrum der Bemühungen stand da vor allem die Qualitätssteigerung, also Internationalisierung, mehr Effizienz, mehr Autonomie, sowie die Abrundung des Bildungsangebots in Form der Einführung von Fachhochschulen auf der einen Seite und erst kürzlich der Bakkalaureats- und Masterstudien auf der anderen Seite.

Es ist unsere Ansicht, dass Wettbewerb in den meisten Fällen die Qualität steigert, weshalb er im tertiären Bildungsbereich unbedingt einzufordern ist. Um das Leistungsniveau nachhaltig zu erhöhen, muss das den Universitäten durch das UG 2002 zugestandene Mehr an Autonomie, also die Unabhängigkeit in inneren Angelegenheiten, von den Universitäten auch voll ausgenutzt werden. Langfristig wird das dann zu einer stärkeren Differenzierung des Hochschulsystems führen; die besten Studierenden werden auf lange Sicht dann auch die besten Professoren verlangen und umgekehrt.

Positive Effekte sehen wir vor allem mit der zunehmenden Internationalisierung der Universitäten verbunden, beispielsweise durch mehr Lehrveranstaltungen und Prüfungen in Fremdsprachen. Das Gleiche gilt für die Steigerung der Studierendenmobilität: Hier ist eine der zentralen Forderungen des Österreichischen Cartellverbandes ein verpflichtendes Auslandssemester für alle. Der dritte Punkt ist die strategische, gezielte Förderung von Innovationsprozessen, also zum Beispiel durch interdisziplinäre Forschungszentren und Cluster, beispielsweise in Kooperation mit der Wirtschaft. Forschung muss im Österreich von Morgen mehr Bedeutung zugemessen werden als heute.

Zusammenfassend darf ich noch einmal drei Punkte, die mir und dem Österreichischen Cartellverband wichtig erscheinen, darlegen. Erstens: die Grundrechte sind im Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung momentan sehr gut auf die Anforderungen zugeschnitten, der Schutzstandard sollte so fortgeschrieben werden. Zweitens: die Universitätsautonomie wird von uns grundsätzlich begrüßt, die Unis sollen aber auch etwas machen aus den ihnen eingeräumten Möglichkeiten. Und drittens: wir fordern Leistungssteigerung durch Internationalisierung und mehr Wettbewerb, eine unserer zentralen Forderungen ist da das verpflichtende Auslandssemester für alle. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Ich danke, Herr Magister! Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Univ. Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler. - Ich bitte um die Wortmeldung.

Mag. Dr.  Schmidt-Dengler: Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren!

Aufgefordert, als Geisteswissenschaftler über die verfassungsmäßige Verankerung der Wissenschaft zu sprechen, habe ich zunächst für die erwiesene Ehre zu danken, zum anderen, meine Inkompetenz in juristischen Fragen im Vorhinein zu fatieren. Und, was die professionelle Qualifikation meiner Stellungnahme angeht, nur auf den Gebrauch der Sprache hinzuweisen, damit aber auch auf eine sehr wohl vorhandene Kompetenz der Geisteswissenschaft in einem juristisch definierten und gesellschaftlich determinierten Bezugsfeld, mit anderen Worten: Auch die Geisteswissenschaften verdienen es, in diesem Zusammenhang gehört zu werden, zumal sie zu einem nicht unbeträchtlichen Teil im öffentlichen Gespräch präsent sind, ihr tatsächliches Vorhandensein aber erst dann bemerkt wird, wenn sich Gelüste zu ihrer Abschaffung in der Öffentlichkeit regen.

Dass die Wissenschaft und ihre Lehre frei seien, wird durch das Gesetz festgeschrieben, wobei sich jedoch bei mir als Philologen, oder wenn Sie so wollen, Semantiker die Frage einstellt, was denn Wissenschaft und Freiheit bedeuten. Am wenigsten Schwierigkeiten wird man wohl mit dem Begriff der Lehre haben, obwohl auch diesbezügliche Auffassungen im hohen Maße different sein dürften. Grundsätzlich ist zu sagen, dass es sehr wohl qualitätssichernde Kriterien gibt, dass jedoch die Grauzone, in der wissenschaftliche Aussagen in nicht-wissenschaftliche oder gar unwissenschaftliche übergehen, sehr ausgedehnt ist. Das gilt nicht nur für den schwankenden Boden der Geisteswissenschaften, wie ich mich habe informieren lassen. Ich würde übrigens auch dem Urteil des Herrn Kollegen Brix zustimmen, Prüfungen in Fremdsprachen abnehmen zu sollen, würde aber bitten, für die Germanistik, weiterhin das Deutsche als Umgangssprache gelten zu lassen.

Dass die Qualitätssicherung nicht durch ein ausgeklügeltes hierarchisches System allein erfolgen kann, steht wohl außer Zweifel bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Indes wird immer wieder als letzte Instanz doch auf dieses hierarchische System rekurriert. Damit bin ich schon in dem Dilemma, dem Wissenschaft und Lehre ausgesetzt sind. Um diese Freiheit und die notwendige Qualität zu garantieren, bedarf es auch der zuverlässigen Kriterien und einer wirksamen Verwaltung derselben von Forschung und Lehre. Bis jetzt wird immer auch die Habilitation als eines jener Kriterien genannt, die doch sehr wesentlich sind; und mir scheint die Habilitation doch ein Punkt zu sein, an dem man nicht so leicht vorbeigehen sollte.

Dies alles mag bei der Schaffung des UG 2002 als Absicht im Hintergrund gestanden sein. Die Konzeption des Gesetzes, die rasche Beschlussfassung, vor allem die Durchführung in Einzelfällen zeigt an, dass dabei mit dem Verzicht auf eine demokratische Grundkonzeption in der Wissenschaftspraxis in Österreich Zustände eintreten, die deren Freiheit nicht nur im weitersten Sinne dieses Begriffes gefährden, sondern auch deren Substanz bedrohen.

Der durchaus verständliche Wunsch nach einer Straffung der Verwaltung wird zur Legitimation unumschränkter Machtausübung durch wenige, man könnte sagen, auch der Rektorate. Die gremiale Absicherung scheint als ein Relikt längst vergangener Epochen. Die Einbindung verschiedener, an den Universitäten vorhandener Gruppen wurde auf ein Minimum beschränkt, die Kontrolle liegt in den Händen weniger. Die subtilen, und auf lange Diskussionsprozesse zurückgehenden Studiengänge, die auch den Ansprüchen der Studierenden gerecht werden sollten, wurden nicht dadurch verbessert, dass man sich Klarheit über die zweifellos vorhandenen Mängel verschaffte, sondern ist einer heillosen Reformhysterie verfallen, sah sich genötigt, schnell abzuschaffen, was sich bewährt hatte, und wurde sich so der tatsächlich vorhandenen Mängel kaum bewusst.

Die gremiale Verwaltung wurde als ineffizient denunziert, als Territorium einer vor allem von den gut situierten und faulen Vertretern des Mittelbaus abgewertet. Man verwies darauf, dass die attische Demokratie – und das ist ein Relikt der humanistischen Bildung offenkundig -, dass die attische Demokratie auch ein Opfer dieser Diskussionssucht geworden sei. Ich kann aus meiner Erfahrung nur sagen, dass in diesen Gremien sicher viel, manchmal zu viel diskutiert wurde, dass wir aber - und das gilt auch für die Professoren, deren Möglichkeit zur aktiven Anteilnahme nun auch weitgehend beschnitten sind - uns immerhin vertreten fühlen durften, und auch auf diese Vertretung Einfluss nehmen konnten.

Schlagwörter wie: Universitäten im Wettbewerb, so der Titel eines wissenschaftstheoretisch äußerst dünnflüssigen Reformelixiers vor etwa vier Jahren, traten an die Stelle eines demokratisch orientierten Konzeptes, wobei die Regeln für diesen Wettbewerb kaum oder gar nicht definiert sind. Dass sich Wettbewerb in der Wissenschaft automatisch einstellt, ist ebenso klar wie der Umstand, dass dessen offizielle Institution auf dem menschlich so sensiblen Territorium der Wissenschaftspraxis eine neue und unnötige Konfliktzone etabliert.

Reflektierte Reform wurde das Opfer eines Innovationsterrors, der alles, was sich nicht kompromisslos zu diesen Erneuerungen bekannte, der Rückständigkeit zieh. An ihren Früchten wird man sie erkennen. Die Neueinführung des UG 2002 hat bei den Angehörigen der Universitäten, bei Professoren, beim Mittelbau, bei den Studierenden zu tiefen Verunsicherungen geführt, freilich von Universität zu Universität verschieden.

Die Vorgänge an der Universität Wien sind ein deutliches Indiz, wobei ich nicht jene bedenklichen Ereignisse meine, die sich in der Vorwoche in Wien abspielten. Die Öffentlichkeit, besondern in Österreich, nimmt so etwas ja nur dann wahr, wenn es ein Spektakel dieser Art gibt.  Und die Presse teilt mit großen Teilen der Bevölkerung das antiakademische Ressentiment und bedient sie auch damit. Zu fragen wäre - und ich glaube, das Ressentiment ist nicht ganz unberechtigt – zu fragen wäre, warum es ein solches Ressentiment gibt. Aber diese Reform wird es nicht beseitigen, nein, sie wird viel mehr dafür sorgen, dass die Universitäten weiterhin einem autoritären Prinzip unterliegen, unter dem Vorwand, dass so die Verwaltung besser und weniger kostspielig wird.

Die Freiheit der Wissenschaft mag durch das Gesetz in der Theorie garantiert sein. Und in der Tat: Gerichtlich verfolgt oder gar abgeurteilt ist im Österreich der zweiten Republik wegen einer wissenschaftlichen These wohl niemand worden. Das aber ist wohl nur die Minimalanforderung. Zur Freiheit der Wissenschaft gehört auch ein Universitätsgesetz, das die demokratische Struktur der Universitäten garantiert. Kein Verein ließe sich solche Strukturen gefallen.

Das UG 1975, so kritikwürdig es auch in einigen Punkten war, garantierte eine andere Dimension der akademischen Freiheit als das UG 2002. Österreich konnte in dieser Hinsicht als fortschrittliches Land gelten. Mit Blick darauf verurteile ich den Verlust dieser Qualitäten, die mit einem hässlichen Euphemismus als Rückbau gekennzeichnet werden, und bitte um Verständnis dafür, wenn ich mich angesichts dieser Art von Revolution und Evolution und Innovation als konservativ verstehe.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Herr Professor! Ich danke Ihnen für die mit großem Engagement vorgetragene Wortmeldung, die, wie Sie auf Grund des Applauses ja sehen konnten, auf große Zustimmung unter den Mitgliedern des Konvents gestoßen ist.

(Dr. Khol: Das ist ein leichtfertiger Umgang mit der Sprache, das ist eine Verharmlosung des Begriffes „autoritär“!)

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Wir werden auch das zu Protokoll nehmen.

Nächster Redner ist Herr Ralph Schallmeiner von der Österreichischen Hochschülerschaft. Ich bitte um die Wortmeldung.

Ralf Schallmeiner: Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Mitglieder des Konvents!

Gleich vorne weg ein großes Dankeschön dafür, dass die ÖH nochmals die Möglichkeit erhalten hat, hier zu sprechen. Ich möchte endlich, wie meine Vorrednerin Patrice Fuchs, nochmals auf die studentische Sicht des Themas eingehen. Wenn ich mir die jetzige Situation ansehe, dann kommt mir persönlich zumindest ein bisserl das kalte Grausen. Wir haben zwar theoretisch den freien und offenen Zugang – zumindest wurde er öfter schon erwähnt – zur Bildung, jedoch Studiengebühren, Numerus Clausus-Debatte und Schulgelddebatten sind dazu da, um eben diesen in Frage zu stellen. Zu dem gibt es derzeit eine immer weiter fortschreitende Trennung zwischen Forschung und Lehre.

Zur Freiheit von Forschung und Lehre fällt mir derzeit nur so viel ein, dass ich sagen muss, kritische Forschung, sehr oft auch als Grundlagenforschung bezeichnet, ist regelrecht unterfinanziert, kritische Lehre ebenfalls. Lehre richtet sich heutzutage nicht mehr nach den Inhalten, sondern in erster Linie nach der Finanzierung. Demnach muss man angesichts dieser Situation sagen, es sieht nicht gerade sehr gut aus. Dabei wäre gerade Bildung die Chance für dieses Land. Sie ist die Chance für das Weiterkommen, für das persönliche materielle Weiterkommen. Bildung ist Chance für die Gesellschaft an sich, eben die so genannte Wissensgesellschaft, und natürlich eine sehr, sehr große Chance, wenn nicht die größte Chance für die Volkswirtschaft der Republik Österreich.

Wenn man sich, um nochmals kurz darauf zurück zu kommen, erst sagt, Chance für das materielle Weiterkommen des Einzelnen, so braucht man sich nur die soziale Struktur ansehen. Die Kolland-Studie, die von Frau Ministerin Gehrer in Auftrag gegeben wurde, beweist es deutlich. Höhere Bildung hängt vom sozialen Hintergrund der Studierenden ab. Bildungsferne Schichten, also sozial niedrigere Schichten, werden immer weiter und weiter wieder ausgeschlossen von höherer, von qualitativ hochwertiger Bildung.

Wenn ich von einer Chance spreche, dann muss man auch sagen, Chancen müssen finanziert werden. Es heißt, es müssen die Ressourcen für diese Chancen gewährleistet sein. Wenn ich mir ansehe, Skandinavien gibt derzeit 1,6 bis 2,0 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt für höhere Bildung aus, Japan bewegt sich konstant seit Jahren und Jahrzehnten bei zirka 2,0 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt, die USA, obwohl diese ein sehr privates System haben, wie wir heute schon gehört haben, geben zirka 2,5 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt für höhere Bildung aus. Österreich im Jahr 2003 1,11 Prozent! Außer uns gibt innerhalb der OECD nur Tschechien weniger für höhere Bildung aus.

Das schlägt sich natürlich auch in der Akademikerinnenquote nieder. Skandinavien, dort haben wir Länder, wo bis zu 60 Prozent und mehr, was ich mir erst gerade habe sagen lassen, sogar mehr Menschen, die einen akademischen Titel tragen. Dort ist offensichtlich Chancengleichheit gewährleistet. Dort ist es egal, welches Geschlecht ich habe oder aus welchem sozialen Hintergrund ich komme. Ich habe dort offensichtlich die Chance, eher zu einem akademischen Grad zu kommen, eher höhere oder hochwertige Bildung in Anspruch zu nehmen als hier in Österreich. Österreich liegt zum Vergleich bei derzeit 14 Prozent, soweit ich es jetzt richtig im Kopf habe.

Was hat das jetzt alles mit der Verfassung zu tun? Nun, ich habe mir einmal in einem Seminar erklären lassen, die Verfassung ist so etwas wie eine Staatszieldefinition, ist etwas wie ein Aufgabenkatalog an eine moderne Republik, ist so etwas wie der Rechte- und Pflichten-Katalog für die Menschen und von den Menschen. Das Staatsziel aus meiner Sicht und auch aus Sicht der Österreichischen Hochschülerschaft muss sein, Chancengleichheit für alle herzustellen. Es muss Staatsziel werden, Bildung und Wissenschaft so zu etablieren, dass eben wirklich alle Anspruch darauf haben, dass Alle in diesem Land die gleiche Chance haben, diese Bildung, diese wissenschaftliche Bildung in Anspruch zu nehmen. Der Aufgabenkatalog muss es demnach sein, dass es Strukturen braucht, die diese Chancengleichheit wahren beziehungsweise erstellen und sichern. Und die Rechte des Einzelnen gegenüber dem Staat müssen es sein, dass ich in Zukunft wieder ein Recht auf freien Bildungszugang habe, dass ich in Zukunft auch wieder das Recht auf offenen Bildungszugang habe. Daher ist es natürlich auch aus meiner Sicht die Pflicht des Staates, dafür Sorge zu tragen, dass Freiheit von Forschung und Lehre genau so wieder gewährleistet sind, unabhängig von der Wirtschaftlichkeit der Forschung, unabhängig von der Wirtschaftlichkeit der Lehre, dass ein freier und offener Bildungszugang - wie gesagt - eben wieder in Österreich Einzug hält. Dies bedarf ausreichender Finanzierung und entsprechender Rahmenbedingungen, vor allem demokratischer Rahmenbedingungen und nicht so wie jetzt durch das UG 02 gewährleistet.

Daher fordere ich Sie als Verantwortliche auf, keine Lippenbekenntnisse abzugeben, sondern eine eindeutige Festschreibung in der Verfassung als Ziel, Aufgabe, und als Rechte und Pflichten des Staates anzusehen, dass Bildung offen und frei für Alle sein müssen. – Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Nächster Redner ist Herr Mag. Harald Stefan. Ich bitte um die Wortmeldung.

Mag. Harald Stefan: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Freiheit der Forschung und Lehre sowie die Meinungsfreiheit im Allgemeinen sind scheinbar selbstverständliche Grundlage unserer demokratischen Grundordnung und insbesondere der Universität. Hier setzt jedoch mein Ansatz und mein Anliegen an den Österreich-Konvent aus Sicht eines waffenstudentischen Korporierten an.

Ein zunehmend einschränkendes Meinungsklima, zum Teil mit Gesinnungsschnüffelei und politischer Durchleuchtung, hat sich an den Universitäten breit gemacht. Diese Geisteshaltung wird von Teilen der demokratisch nur sehr unzureichend legitimierten Hochschülerschaft und von Gruppen außerhalb derselben an die Universität gebracht. Hintergrund ist oft eine als totalitär zu bezeichnende Gesinnung, die andere Meinungen zu unterdrücken versucht. Selbst mit den Mitteln der Gewalt gegen Sachen und auch gegen Menschen; die jüngsten Vorfälle an der Universität belegen das.

Bereits in früheren Jahren hat sich beispielsweise bei der Bestellung auswärtiger Professoren diese intolerante Vorgangsweise als sehr negativ für die wissenschaftliche Reputation unserer Universitäten und unseres Landes erwiesen. Häufig haben an sich fachlich höchst qualifizierte Wissenschafter vor einer konkreten Bewerbung zurückgeschreckt. Der Grund: die missbrauchte so genannte studentische Mitbestimmung. Die Wissenschafter wollten sich bohrenden Fragen zu ihrer Weltanschauung und ihrer gesellschaftspolitischen Einstellung nicht stellen. Der Schaden für die Qualität der Universitäten ist evident. Wirkliche Kapazitäten machen häufig einen Bogen um Österreich. Die Universitätsreform 2002 war daher insofern ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein weiterer Aspekt ist das Klima der geistigen Freiheit an der Universität im Allgemeinen. Wesentliche Voraussetzung für wissenschaftliche Spitzenleistungen, wie wir wissen. Und was gehört zu dieser geistigen Freiheit? Insbesondere, dass man die Vielfalt der Meinungen und Ausdrucksformen als Wert anerkennt. Ein Teil dieser Vielfalt sind auch die waffenstudentischen Korporationen. Verbindungen von Studenten und Akademikern, die seit mehr als 150 Jahren mit den Hochschulen auf das engste verbunden sind. Voraussetzung für die lebenslange Mitgliedschaft ist immerhin der erfolgreiche Abschluss eines Studiums.

Fächer- und generationsübergreifende Zusammenarbeit ist bei diesen Korporationen Selbstverständlichkeit. Die Forderungen der Revolution 1848, die die freiheitlichen Grundrechte überhaupt erst möglich gemacht haben, sind Grundlage dieser Korporationen. Der Freiheitsbegriff schließt die Verantwortung für die Gemeinschaft ein. Gemeinsam mit dem Ehrbegriff als dem unbedingten Eintreten für eine als richtig erkannte Sache führt das dazu, dass diese Korporationen auch Leistungseliten für die Gesellschaft sind. Wer jedoch im Gegensatz dazu die Universität als Hort der Verwirklichung eigener gesellschaftspolitischer Modelle sieht und dies mit allen Mitteln durchsetzen will, muss die Korporationen als Angriffsziel erkennen. Und so ist es auch.

Immer wieder wurde Gewalt gegen das Auftreten von Korporierten angedroht und auch ausgeführt. Selbst ein Denkmal an der Universität Wien für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurde beschädigt. Niemals jedoch – das muss schon erwähnt werden – ist Gewalt von Korporierten ausgegangen.

Hier setzen nun meine drei konkreten Anliegen für den Österreich-Konvent an:

Erstens: Die Universitäten müssen ihr freies Meinungsklima zurückerhalten. Die Universitäten und deren Organisationen dürfen der Gewalt nicht weichen oder diese durch Nachgiebigkeit sogar indirekt fördern. Nicht die Veranstaltungen derer dürfen verboten werden, gegen die Gewalt angedroht oder verübt wird, sondern die Täter müssen in die Schranken gewiesen werden.

Zweitens: Konkret darf die Präsentation der Korporationen, nämlich das Farbentragen an der Universität und das traditionelle Verhalten, etwa bei Promotionen, nicht beschränkt werden. Und schließlich

Drittens: muss gewährleistet sein, dass wissenschaftliche Größen nicht wegen intoleranter Kleingruppen unsere Hochschulen meiden.

All dies im Sinne der Freiheit der Wissenschaft und damit zum Wohl der Bildungsqualität in Österreich.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Wir haben damit den Bereich Wissenschaft abgeschlossen und kommen nun zum zweiten Bereich, den wir heute Vormittag behandeln, nämlich den Bereich Bildung.

Erster Redner dazu ist der Vertreter des Europäischen Forums für Freiheit im Bildungswesen, Herr Mag. Zach. – Bitte sehr, Herr Magister.

Mag. Ernst Zach: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorerst vielen Dank für die Möglichkeit, die Positionen von EFFE Österreich dem Europäischen Forum für Freiheit im Bildungswesen, welches in Österreich die Waldorf-Schulen, Montessori-Schulen und Alternativschulen vertritt, dem Konvent vorstellen zu dürfen.

Zur Ausgangssituation möchte ich nur schnell auf die Bildung betreffenden Abschnitte der UNO-Menschenrechtsdeklaration, der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Entwurfs zur Europäischen Verfassung verweisen, die als grundlegende Dokumente sicher bekannt sind und die ich auf Grund des knappen Zeitrahmens zu zitieren mir spare.

Zusammengefasst beinhalten alle diese Menschenrechtskonventionen für uns zweierlei, und dies sind auch die Forderungen, für die EFFE Österreich einsteht:

Erstens: Alle Eltern haben das Recht, die Art der Bildung für ihre Kinder selbst zu wählen. Und zweitens: Es ist Aufgabe des Staates, unabhängig von der Wahl des Bildungsweges, seinen Kindern die Bildung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Die Situation in Österreich entspricht diesen klar definierten Menschenrechten in der Praxis aktuell nicht. Zum einen ist die Wahl der Bildung stark eingeschränkt, da das Curriculum der öffentlichen Schulen als Maßstab für alle anderen Bildungswege festgelegt ist. Entweder muss jedes Kind, welches anderen Bildungswegen folgt, am Ende eines jeden Jahres eine Externistenprüfung nach den Kriterien des öffentlichen Schulwesens ablegen, oder das Kind geht in eine Schule, deren Lehrplan als dem öffentlichen Curriculum gleichwertig erkannt wurde.

Dies bedeutet folgerichtig, dass Eltern nicht das Bildungsziel, sondern höchstens einen Bildungsweg, der aber auf das staatlich vorgeschriebene Bildungsziel hinführt, wählen kann. Das ist nicht die wahre Freiheit der Wahl.

Aktuell wird die Bewertung der Gleichwertigkeit der Lehrpläne recht liberal gehandhabt. Ein Danke an dieser Stelle an die zuständigen Stellen des Bildungsministeriums. Es besteht jedoch, solange der rechtliche Anspruch auf einen eigenen Bildungsweg nicht verankert ist, die permanente Gefahr, dass Vorgaben und Vorschriften durch die staatliche Bildungspolitik – und sei es durch eine falsch verstandene Evaluation am Kriterium eines staatlichen Curriculums – alle Freiheit der Wahl mit einem Schlag zunichte machen.

Als zweiter Punkt zur aktuellen Situation ist anzuführen, dass das Recht auf Kostenfreiheit der Bildung bei freier Wahl des Bildungsweges in keiner Weise gegeben ist. Vielmehr verhindern oft die Kosten, die bei einer freien Wahl des Bildungsweges entstehen, die freie Entscheidung. Konkret bedeutet dies, dass in Schulen in freier Trägerschaft in der Regel 90 und mehr Prozent der Kosten durch die Eltern selbst bestritten werden. Eine Ausnahme bilden hier, in Umkehrung der Relation, die Schulen in konfessioneller Trägerschaft, denen seitens des Staates über Personalsubvention 80 bis 90 Prozent der Aufwände ersetzt werden.

Als Vertreter der nichtkonfessionellen Schulen in Trägerschaft, also der Waldorf-, der Montessori- und der Alternativ-Schulen Österreichs, komme ich nicht umhin festzustellen, dass Eltern in unseren Schulen doppelt belastet sind: Sie müssen einerseits für den Erhalt und Betrieb ihrer Schulen finanziell und mit Arbeitsleistung aufkommen und gleichzeitig über die Steuerlast auf das öffentliche und private Schulsystem mit finanzieren. Das ist eine - für alle einsichtig - zu tiefst ungerechte Situation, die auch allen – den bereits beschlossenen wie geplanten – Menschenrechtskonventionen zur Bildung Hohn spricht.

Die Anregungen und Forderungen von EFFE Österreich an den Österreich-Konvent für die Berücksichtigung in der Österreichischen Verfassung sind sinngemäß folgende – und ich bitte hier an dieser Stelle gleich um Verständnis für die Vergröberung in der Ausführung, die in der sehr kurzen Redezeit begründet ist.

Erste Forderung: Die Bildungsfreiheit, die Wahl eines eigenen Bildungsweges, muss gesichert werden. Seitens des Staates dürfen keine einschränkenden, und seien es auch noch so gut gemeinte, pädagogische Vorgaben gemacht werden, die die freie Wahl des Bildungsweges einschränken. Eine prinzipielle Normierung an einem staatlich festgelegten Curriculum darf einfach nicht sein.

Zweitens: Die freie Wahl des Bildungsweges muss nicht nur theoretisch, sondern muss auch faktisch für alle möglich sein. Hier ist gleichzeitig auch Fairness für alle Schülerinnen und Schüler an freien Schulen gefordert: Es darf nicht sein, dass es Eltern mehrere tausend Euro pro Jahr und viele Stunden unentgeltlicher Arbeit zusätzlich kostet, ihr Kind an einem Bildungsweg der eigenen Wahl teilnehmen zu lassen. Der Anspruch auf unentgeltlichen Bildungszugang bei freier Wahl des Bildungsweges muss in der Verfassung verankert sein.

Es ist unsere feste Überzeugung, dass es sich einerseits Österreich nicht leisten kann, grundlegende Menschenrechte zu ignorieren und andererseits, wie sich an den Beispielen, wo unsere Schulen als Impulsgeber fungieren, zeigt, dass Österreich mit der gesamten Bildungslandschaft und all seinen Menschen von einem offenen und vielfältigen Zugang zu Bildung und Schule unendlich profitieren kann.

Wir haben hier den glücklichen Umstand einer klassischen Win-Win-Ausgangssituation, an der alle nur profitieren könnten. Bitte, helfen Sie uns, diese Chance zu ergreifen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Magister. Die nächste Wortmeldung steht beim Vertreter der Konferenz der Erwachsenenbildung, Herrn Mag. Petrasch. – Bitte sehr, Herr Magister.

Mag. Hubert Petrasch: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke für die Möglichkeit, für die Konferenz der Erwachsenenbildung in Österreich zu Ihnen sprechen zu dürfen.

1. Wer ist die KEBÖ ?

Die Konferenz der Erwachsenenbildung in Österreich ist der Zusammenschluss von 9 Dachverbänden gemeinnütziger Bildungsanbieter und dem Österreichischen Büchereiverband auf der Basis des EB – Förderungsgesetzes. Die KEBÖ repräsentiert den größten Teil des gemeinnützigen Bildungsangebotes in Österreich. Die KEBÖ – Einrichtungen beschäftigen rund 4.200 hauptamtliche und rund 50.000 nebenberufliche Mitarbeiter/innen (Referierende, Trainer/Innen etc.). Weiters sind rund 24.000 Personen ehrenamtlich tätig. In rund 180.000 Bildungsveranstaltungen werden knapp 5 Mio. Teilnahmen jährlich gezählt.

2. Begrifflichkeit

In vielen bis heute gültigen Gesetzestexten ist vom „Volksbildungswesen“ und vom „Volksbüchereiwesen“ die Rede. Diese Begriffe sind nicht mehr gebräuchlich. Wir sprechen in Österreich von Erwachsenenbildung als umfassendem Begriff. Teil der Erwachsenenbildung ist die berufliche Aus- und Weiterbildung. Die Erwachsenenbildung ist eine der drei konstitutiven Säulen des österreichischen Bildungssystems (Schule, Universität, Erwachsenenbildung).

3. Grundsatzparagraph

Sollte der Konvent Grundsatzparagraphen formulieren, so schlägt die KEBÖ vor, das Grundrecht auf Bildung wie folgt zu konkretisieren: Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung, auf Zugang zu Schule, Universität und Erwachsenenbildung. (Vgl. Grundrechtscharta der EU II-14: Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur Beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.)

4. Bildung in Bundesverantwortung

Unsere vielschichtige und komplexe Gesellschaft bedarf eines umfassenden Bildungssystems, das die Menschen zu Autonomie und Verantwortung befähigt und sie beruflich qualifiziert.  Die Erwachsenenbildung stellt einen wesentlichen, stark expandierenden Teil des österreichischen Bildungssystems dar, quantitativ betrachtet den größten. Bildung ist in den wesentlichen Bereichen Bundeskompetenz. Als eine der drei konstitutiven Säulen des Bildungssystems fällt daher auch die Erwachsenenbildung in die Kompetenz des Bundes. Diese Verantwortung muss auch weiterhin – sogar verstärkt – wahrgenommen werden (Bildungspolitik, Rahmenbedingungen, Grundförderungen). Damit verbunden ist eine klare Kompetenzverteilung mit den Ländern:

 (1)      Die starke Ausweitung und Diversifikation des Weiterbildungsmarktes erzeugt bei den unterschiedlichen Akteuren einen Bedarf an bundeseinheitlicher Reglementierung (Transparenz, Qualität, Vergleichbarkeit, Anerkennung, Förderrichtlinien, etc.).

(2)       Das Ausmaß des sich derzeit in Europa vollziehenden wirtschaftlichen und sozialen Wandels machen einen völlig neuen Ansatz im Bildungsbereich erforderlich. Das von der EU propagierte „lifelong learning“ (Lebenslanges Lernen) ist das umfassende Konzept, das alle Arten des Lehrens und Lernens einschließt. Der Bund wendet bislang nur sehr bescheidene Mittel für die Förderung der Erwachsenenbildung auf. Dies wurde u.a. in der OECD-Studie zur Finanzierung des Lebenslangen Lernens (1999) und im Rechnungshofbericht (2000) kritisiert. Hier sind in Zukunft verstärkte Anstrengungen des Bundes notwendig, mittelfristig auch Überlegungen zur Verlagerung  (wo nötig und sinnvoll) von Teilen der Erstausbildung in die Erwachsenenbildung.

(3)       Weiters ergeben sich im Bereich der Erwachsenenbildung durch die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union zahlreiche Notwendigkeiten einer bundweiten Koordination (EU-Bildungsprogramme, Teile des ESF + der Gemeinschaftsinitiativen, Teile des NAP und des BEST, Initiativen wie e-Learning und das Europäische Jahr der Sprachen) und Vertretung in Gremien. Das Engagement der Bundesländer und der Gemeinden für die Erwachsenenbildung ist auch zukünftig sehr wichtig und notwendig (Regionale Aspekte, Teilzielgruppen, Arbeitnehmerinnenförderung), wobei Länderregelungen zwischen den einzelnen Bundesländern möglichst abgestimmt werden sollten.

Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Herzlichen Dank, Herr Magister. Als nächster zu Wort gemeldet ist der Vertreter der Fachhochschulkonferenz, Herr Mag. Jungwirth. - Bitte sehr.

Mag. Werner Jungwirth: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Konvents! Vorerst gestatten Sie mir, dass ich mich namens der österreichischen Fachhochschulen sehr herzlich dafür bedanke, dass auch wir Gelegenheit erhalten, vom Konvent gehört zu werden.

Wie sie wissen, ist der österreichische Fachhochschulsektor als akademisches, dem Hochschulbereich zugehöriges Bildungsangebot eingerichtet worden. In seinem nunmehr zehnjährigen Bestehen hat sich der Sektor sehr gut entwickelt und wurde von den Studierenden gerne angenommen. Diese Positionierung als Teil des Hochschulsektors wurde vor allem auch durch die Fachhochschulstudiengesetz-Novelle 2003 noch verstärkt. Auch dass der Gesetzgeber eine wissenschaftsgeleitete Lehre und die dazu notwendigen qualifizierten Forschungsleistungen verlangt, ist Beweis für die Zugehörigkeit der Fachhochschulen zum Hochschulsektor. Es muss allerdings angemerkt werden, dass diese eindeutige Zuordnung formal natürlich besteht, aber nicht immer so wahrgenommen wird. Wir sehen jedoch besondere positive Entwicklungschancen für die Zukunft, wenn einige Punkte, die ich hier namens der Fachhochschulen gerne ansprechen möchte, realisiert werden könnten.

Zuerst zu dem Thema, das bereits mehrfach genannt wurde. Die Verankerung des Hochschulbereichs in der österreichischen Bundesverfassung als Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung halten wir ebenfalls für besonders wichtig, weil für die Fachhochschulen diese Zuordnung im Sinne einer österreichweiten einheitlichen Vorgehensweise und der damit verbundenen notwendigen Vergleichbarkeit und Durchlässigkeit der Hochschulsysteme unabdingbar ist. Genau im Sinne dieser Gleichbehandlung von Abschlüssen der gleichen Stufe und der Verbesserung der Transparenz im Hochschulwesen muss auch für die Fachhochschulen die Durchlässigkeit und Vergleichbarkeit der Angebote im Hochschulsektor gesichert sein.

Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen tragen eine hohe Verantwortung für die Kontinuität und Qualität des Studienangebotes. Es ist daher aus unserer Sicht notwendig, den autonomen Entscheidungsspielraum der Erhalter - wenn auch durchaus in Form einer abgestuften Autonomie - so zu definieren, dass die Planungssicherheit für die Erhalter, wo es ja immer nur die fünfjährigen Anerkennungen einzelner Studiengänge gibt, auch tatsächlich gewährleistet ist. Dies betrifft auch die Geschwindigkeit und Transparenz der Entscheidungsprozesse ebenso wie die langfristige Sicherstellung der Finanzierung bei Einhaltung von definierten Qualitätskriterien durch die Erhalter und deren Mitarbeiter in Lehre und angewandter Forschung. Daher bezieht sich die notwendige abgestufte Autonomie nicht nur auf die Hochschulverwaltung und Entwicklung der Studienangebote, sondern auch auf die Ausübung der Lehrtätigkeit und, damit verbunden, auf die Freiheit der Wissenschaften, was ja heute ebenfalls schon mehrfach angesprochen wurde.

Zusammenfassend ersuchen wir daher aus unserer Sicht vor allem die Sicherstellung der Durchlässigkeit und Vergleichbarkeit der Angebote im Hochschulsektor, den Ausbau der Autonomie in Lehre, Forschung und Verwaltung in den Fachhochschulen zuzulassen. Die Bundeskompetenz für die Festlegung im Hochschulsektor muss österreichweit einheitlich und eindeutig gestaltet sein. - Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Magister. Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Wilfred Grätz als Vertreter des Fachhochschulrates. - Bitte sehr.

Dr. Wilfried Grätz: Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Einladung des Österreich – Konvents darf ich mich namens des Fachhochschulrates bedanken.

Der Vorsitzende des Österreich – Konvents hat in seiner Grundsatzerklärung betont, dass sich der Konvent u.a. der Beantwortung der Frage stellen müsse, „wie soll sich Österreich in einem Menschenalter, also in etwa 30 Jahren, in einem größeren Europa positionieren ?“ Dies sind durchaus Raum- und Zeitdimensionen, die für den Fachhochschul-Bereich von Relevanz sind.

Was den europäischen Bildungs- und Forschungsraum betrifft, sieht sich der österreichische Fachhochschul-Sektor dem Ziel verpflichtet, die österreichischen Fachhochschulen zu innovativ - kompetenten, konkurrenzstarken, und damit attraktiven Akteuren in der europäischen Bildungslandschaft zu machen. Dies ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass im verstärkten Ausmaß mündige und hoch qualifizierte Menschen in Österreich aus - und weitergebildet werden können. Dass sich der Fachhochschul-Sektor in einer relativ kurzen Zeit eine beachtliche Reputation hat aufbauen können, ist insbesondere dem zukunftweisenden Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge aus dem Jahr 1993 zu danken, das wichtige Schritte in Richtung Dezentralisierung, Deregulierung und Regionalisierung des österreichischen Hochschulwesens ermöglicht.

Konkretisiert werden die Zielvorgaben dieses Gesetzes dadurch, dass

-   ein neues Steuerungs- und Kontrollsystem in Form des Fachhochschulrates geschaffen wurde,

-   auch privatrechtliche Trägerorganisationen österreichweit als Anbieter von Fachhochschul-Studiengängen auftreten können,

-   die Finanzierung der Studiengänge privatrechtlich geregelt ist.

Ad Fachhochschulrat als Steuerungs- und Kontrollinstanz

Der Fachhochschulrat ist ein staatliches Organ, konkret eine Verwaltungsbehörde des Bundes, die insbesondere für die Akkreditierung, Re-Akkreditierung und Evaluierung von Fachhochschulstudiengängen zuständig ist. Durch eine Verfassungsbestimmung (siehe § 7 Abs. 4 FHStG) wurde festgelegt, dass die Mitglieder des Fachhochschulrates in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind. Die dem Fachhochschulrat eingeräumte Autonomie soll im Sinne eines „freien Mandats“ dazu beitragen, die überregionale Sachrationalität der Entscheidungen zu gewährleisten. Im Sinne des „Neuen Politik - und Verwaltungsmanagements“ wurde mit dem Fachhochschulrat als Aufsichts- und Regulierungsbehörde eine  weisungsunabhängige Instanz etabliert, die den „regulierten“ Markt der privat- oder öffentlichrechtlich organisierten Fachhochschulen als „Regulator“ steuert. Diese - verfassungsgesetzlich festgelegte - Weisungsfreiheit des Expertengremiums Fachhochschulrat hat sich sehr bewährt und sollte auf jeden Fall auch künftig garantiert sein.

Ad Fachhochschul-Studiengesetz 

Die verfassungsrechtliche Grundlage für das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge bildet Art 14 Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz. Gemäß dieser Verfassungsbestimmung ist die Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiete des Schulwesens Bundessache. Durch diese Generalklausel zugunsten des Bundes in Angelegenheiten des Schulwesens  werden auch Universitäten und Hochschulen, und damit auch Fachhochschulen erfasst. Fachhochschul-Studiengänge haben, wie die Universitäten, das Prinzip der Freiheit der Lehre, das heißt, die Vielfalt wissenschaftlicher Lehrmeinungen und wissenschaftlicher Methoden zu beachten (zum Art 17 Abs. 1 StGG, der hier angesprochen ist und zur Frage der Autonomie verweise ich auf die Ausführungen des Präsidenten der Fachhochschulkonferenz).

Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen können der Bund und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts sein. Auch juristische Personen des privaten Rechts können FH-Studiengänge anbieten. In großem Ausmaß ist dies auch der Fall. Von den derzeit 19 Erhaltern von FH-Studiengängen sind 17 juristische Personen des privaten Rechts. In diesen Erhalterorganisationen privaten Rechts sind vorwiegend Länder und Gemeinden vertreten. Damit haben Interessensgruppen aus den Regionen (wie Länder und Gemeinden) und aus der Wirtschaft direkt oder indirekt über bestehende Erhalter ausreichend Möglichkeit, an der Gestaltung eines innovativen Fachhochschul-Studienangebotes mitzuwirken.

Die verfassungsrechtliche  Zuständigkeit des Bundes für die Gesetzgebung und Vollziehung im Fachhochschul-Bereich hat sich bewährt und sollte in keinem Fall geändert werden. Anzuregen wäre jedoch in diesem Zusammenhang, dass Universitäten und Fachhochschulen explizit in der Verfassung Erwähnung finden. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke sehr für die Wortmeldung. Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Margit Johannik, die Vorsitzende des Bundesverbandes der Elternvereinigungen an mittleren und höheren Schulen Österreichs.-  Bitte, Frau Johannik.

Margit Johannik: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundesverband der Elternvereine an Mittleren und Höheren Schulen vertritt die Interessen von rund 800.000 Eltern bzw. Obsorgeberechtigten. Ich bedanke mich im Namen aller für die Einladung, diesem Gremium unsere Überlegungen vorlegen zu dürfen.

Strukturveränderungen im Bildungsbereich werden von den Schulpartnern immer sehr kritisch beobachtet. In der Elternschaft sind Anhänger aller politischen Meinungen vertreten. Deshalb ist es uns wichtig, dass die Grundzüge des österreichischen Schulsystems auf möglichst breiten Konsens stoßen. Dies bedingt, dass für die wesentlichen Bereiche weiterhin „Verfassungsrang“ mit der Erfordernis einer Zweidrittel-Mehrheit bestehen bleiben muss. Schulgesetze aus dem Verfassungsrang zu nehmen, ohne die Grundstrukturen der Errungenschaften des Schulrechts in der neuen Verfassung zu sichern, ist sicher keine Lösung, der wir zustimmen werden.

Hier einige Schwerpunkte der Elternschaft:

Bildung muss auch in Zukunft in der Verantwortung des Staates bleiben. Es ist den Eltern ein Anliegen, dass Schulen und weiterführende Bildungseinrichtungen nicht nur privaten Institutionen überlassen werden. Bildungspolitik soll nicht Spekulationsobjekt sein. Hier wird konkret befürchtet, dass private Trägerinstitutionen ihr Hauptinteresse in der wirtschaftlichen Nützlichkeit des angebotenen Wissens- und Lernstoffs sehen.

Bildung muss allen zugänglich und kostenfrei sein. Das Prinzip der Schulgeldfreiheit im Primären und Sekundären Bereich (Stufe I und II) muss aufrechterhalten bleiben, um eine Chancengleichheit für alle zu garantieren. Schule ist vorrangig für Bildung und Ausbildung aller Kinder und Jugendlichen und deren Vorbereitung auf selbständige Lebensführung und Universitätsreife zuständig und verantwortlich. Diese Möglichkeit hat allen unabhängig von ihrem sozioökonomischen Status kostenfrei offen zu stehen.

Einen besonderen Wert legen wir auf die freie Schulwahl. Es ist die Pflicht des Staates, den Ausbildungswünschen der Schüler Rechnung zu tragen. Flexible Reaktion auf Schülerströme zu neuen Technologien muss durch Bereitstellung der geeigneten Schulstandorte ermöglich werden.

Kernbereiche bzw. die wesentlichen Bestandteile der Schulgesetze sollen neu formuliert im Verfassungsrang bleiben, um sie nicht einer knappen ständig wechselnden Mehrheitsentscheidung zu unterwerfen. Insbesondere jene Artikel, die das umfassende Bildungsziel, die Schuldemokratie und Mitbestimmung der Schulpartner betreffen, müssen gemäß Stärkung der „Beteiligungskultur“ erhalten werden. Das Mitspracherecht der Schulpartner muss ein verfassungsrechtlich verankertes Grundrecht in der Demokratie sein. Es sind die wesentlichen Errungenschaften in der Schulpartnerschaft, die Österreich zu einem Vorbild in der EU machen.

Festigung und Ausbau der Rechte der Obsorgeberechtigten im Schulbereich. Die heute geltenden Schulrechte sind leider immer noch durch eine gravierende Dominanz der Schulverwaltung geprägt! Die derzeitigen Elternrechte reichen nicht aus. Zur Sicherstellung einer gleichberechtigten und gleichwertigen Mitgestaltung müssen Strukturen vorhanden sein, die demokratische Entscheidungsprozesse bedingen. Sowohl auf Klassen- bzw. Jahrgangsebene als auch auf Schul- und Landesebene sind paritätisch besetzte Gremien mit Entscheidungsbefugnissen vorzusehen. Da Elternvereine als Informations- und Diskussions-Plattform für die Eltern eine wichtige Rolle spielen, müssen dieser Interessensvertretung ebenfalls entsprechende Rechte und Unterstützung durch die Schulleitung und Behörden per Verfassung zuerkannt sein.

Durch die einschränkende Bezeichnung „Erziehungsberechtigte“ werden kompetente und engagierte Väter und/oder Mütter aus manchen Vertretungsfunktionen vom Schulgesetz her ausgeschlossen und diskriminiert. Dies wurde durch die Senkung des Volljährigkeitsalters noch verstärkt. Die Bezeichnung „Eltern“, „Erziehungsberechtigte“ muss als Terminus den neuen Erfordernissen angepasst werden, damit er auch jene einschließt, die bereits volljährige Kinder an der Schule haben und weiterhin für deren Ausbildung aufkommen. Sie sollen ebenfalls noch das Recht haben, als Schulpartner in allen Gremien, Elterninteressen zu vertreten.

Finanzielle Unabhängigkeit. Eltern erledigen Verwaltungstätigkeit. Im Sinne der Chancengleichheit der Schulpartner, muss die finanzielle Unabhängigkeit für die Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert sein.

Wenn also, sehr geehrte Damen und Herren, ein kolportierter Konsens darüber bestehen sollte, die derzeitigen Schulgesetzte aus dem Verfassungsrang zu nehmen, muss gleichzeitig dafür gesorgt werden, dass wesentliche Errungenschaften der demokratischen Mitbestimmung der Schulpartner und Elternvereine in eine neue Verfassung hineingeschrieben werden. Dabei ist auch darüber nachzudenken, wie die Landesverbände und Bundesverbände der Eltern Österreichs als legitime Interessensvertretung für die 2,7 Millionen Eltern ihre Aufgaben mit gesetzlicher Unterstützung wahren können.

Derzeit sind diese Interessensvertretungen nur auf Goodwill Basis in die Landes- und Bundesebene eingebunden.

Die neue Verfassung wird auch daran gemessen werden, inwieweit diesen NGO`s ein Platz zur Mitgestaltung in der neuen Verfassung eingeräumt wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank für diese Ausführungen. Der nächste Redner ist der Vorsitzende des Verbandes der Eltervereine an den Pflichtschulen, Herr Kurt Nekula. - Ich darf um die Wortmeldung bitten.

Kurt Nekula: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Dachverband der Pflichtschulelternvereine vertritt rund 1,2 Millionen Eltern und Erziehungsberechtigte in Österreich und fordert für das in einer neuen Verfassung zu verankernde Grundrecht auf Bildung vier wesentliche Bereiche.

Der erste ist das Recht auf unentgeltliche und qualitätsvolle Bildung sowie Erstausbildung. Dies betrifft den freien Zugang aller Kinder zur Allgemeinbildung, aber auch zur dualen und universitären Erstausbildung. Weiters betrifft es die ausreichende Finanzierung dieser Bildungseinrichtungen und, damit verbunden, als Grundstruktur ein qualitätsvolles öffentliches Bildungswesen, das von privaten Einrichtungen ergänzt werden kann. Die Auswahl der Schule für ihr Kind muss den Eltern freigestellt werden und sollte sich an den Neigungen des Kindes orientieren und nicht von administrativen Überlegungen diktiert werden.

Diese Punkte sind übrigens im internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im Jahr 1983 von der österreichischen Bundesregierung ratifiziert worden und wir Eltern sind überzeugt, dass  eine neue Verfassung in keinem Fall unter diesen Level sinken sollte.

Ein weiterer Punkt, der damit eng verbunden ist, ist die Entwicklung eines wirkungsvollen Qualitätsmanagements, das sehr rasch, flexibel und effektiv bestehende Defizite erkennt, analysiert und bearbeitet. Im europäischen Vergleich erkennt man sehr deutlich, dass die Qualitätskontrolle als Bundeskompetenz und die Regionalisierung der Maßnahmen zur Behebung von Defiziten zu sehr positiven Ergebnissen geführt hat.

Der zweite Bereich ist das Recht auf ganztägige Betreuung. Der derzeitige Abstimmungsmodus – wie im Gesetz verankert – bedeutet für viele Eltern, einen sehr mühsamen, zeitaufwendigen und oft ergebnislosen Diskurs zu führen. Wesentlich wäre für uns das Recht auf einen ganztätigen Betreuungsplatz bei voller Wahlfreiheit der Eltern zu gewähren, was bedeuten würde, dass bei der Schuleinschreibung der Bedarf angemeldet wird und bei der Einschulung des Kindes der entsprechende Platz zur Verfügung steht.

Der dritte Bereich ist das Recht auf individuelle Förderung der Kinder ab der Vorschulstufe. Hier geht es einerseits um die Individualisierung des Unterrichts und um die Verfügbarkeit der notwendigen Ressourcen, die für offene Lern- und Lehrformen, Projektunterricht sowie Interessens- und Begabungsförderung erforderlich sind, etwa für Kleingruppenunterricht, für die Wahrnehmung von Teilungszahlen und für Team-Teaching. Steigende Klassenschülerzahlen und immer weniger Zeit für den einzelnen Schüler stehen einer Individualisierung des Unterrichtes entgegen. Gleichzeitig muss das Frühwarnsystem zu einem Modell entwickelt werden, das nicht nur bestehende Defizite analysiert und kommuniziert, sondern auch wirkungsvolle Gegenmaßnahmen an der Schule anbieten kann, was einen spürbaren Beitrag zur Reduktion der Nachhilfekosten, die derzeit bei 100 Millionen € pro Jahr liegen, leisten würde. In dem Zusammenhang muss auch festgestellt werden, dass das System der sozial gestaffelten Beihilfen langfristig zu sichern ist, und nicht kontinuierlichen Kürzungen unterworfen werden darf.

Der vierte und letzte Bereich ist das Recht auf Mitwirkung der Schulpartner. Hier bedeutet die verfassungsmäßige Sicherstellung der Mitsprache von Eltern und Schülern eine Absicherung einer ganz wichtigen Errungenschaft des österreichischen Schulwesens, egal wie das Schulsystem der Zukunft strukturiert ist. Ob es beim derzeitigen System bleibt, ob die Schulkompetenzen den Landesregierungen direkt unterstellt werden, ob es zur Entwicklung von regionalen Schulmanagements kommt, wesentlich ist die Mitspracherechte der Eltern und der Schulpartner sicherzustellen und nicht zu reduzieren.

Die zuständigen Gremien und Kollegialorgane sollten auch in Zukunft entsprechend der Ergebnisse der Wahlgänge zusammengesetzt sein, aber in Zukunft sollten auch die Elternverbände ein Delegierungsrecht erhalten.

Weiters tritt unser Verband schon seit langer Zeit für eine unabhängige Ombudsstelle für Eltern und Schüler ein, die etwa bei den Kinder- und Jugendanwaltschaften angesiedelt werden könnte und im Problem- oder Streitfall eine objektive Bearbeitung der Sachfragen garantieren würde.

Bei grundsätzlichen Bestimmungen des österreichischen Schulwesens in Fragen der Aufgabe und Gliederung des Österreichischen Schulwesens, Schulpflicht, Zugang, Schulgeldfreiheit, Organisationsform der Schularten, Aufnahme- und Prüfungsvorschriften, Schutz von Minderheiten, Schulpartnerschaft sowie der Schulaufsicht sind wir Eltern der Überzeugung, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit bei Schulgesetzen auch in Zukunft eine sinnvolle Einrichtung darstellt. Die Diskussion darüber, ob dieses Instrument in manchen Bereichen verzichtbar ist, sollte auf einer breiten Ebene geführt werden. Wir sind überzeugt, dass es hier sinnvolle Weiterentwicklungen geben könnte. Danke für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank für die Darlegungen. Ich darf nun als Vertreter der Bundeslehrer in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst Herrn Mag. Helmut Skala aufrufen. - Bitte sehr.

Mag. Helmut Skala: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bin der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Lehrer in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst und übe meinen Beruf als Leiter an der höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Baden bei Wien aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Gottesklauseln in Präambeln sind nicht zwingend politisch notwendig, aber doch mögliche und empfehlenswerte Bestandteile eines Verfassungsgesetzes, sie sind Ausdruck einer religiösen, ethischen, kulturellen und politischen Entwicklung des Volkes eines Staates, seiner Bewusstseinsbildung und seiner Verantwortung.“ (Herbert Schambeck)

„Es ist allen zumutbar, wahrzunehmen, dass wir unser Leben nicht uns
selbst verdanken. Das kann man in einer Verfassung mit dem Wort Gott ausdrücken. Ich halte das für richtig.“
  (Johannes Rau)

1. Präambel

„Eine Präambel zur österreichischen Verfassung sollte besonders die Erklärung der Menschenwürde, der Menschenrechte, der Demokratie und des Rechts- und Sozialstaates dem übrigen Gesetzestext voranstellen. Als Pädagogen haben wir den gesetzlichen Auftrag an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten ... mitzuwirken.“ (Schulorganisationsgesetz 1962 § 2 Abs 1)    

Daher ist vor allem die Verankerung eines Gottesbezuges in der Präambel notwendig. Denn die Menschenrechte finden ihre Begründung in der Menschenwürde und diese im abendländischen Rechtsdenken mit der christlichen Lehre von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen.

In vorbildlicher Weise drücken dies die Verfassungen Deutschlands, der Schweiz oder Polens aus, um nur einige Beispiele zu nennen. (Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland: „Im Bewusstsein seiner Verwantwortung vor Gott und den Menschen...“; „Im Namen Gottes des Allmächtigen! Das Schweizervolk und die Kantone, in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung ... geben sich folgende Verfassung.“)

Aus dieser Sicht sollte daher auch das Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung, die berufliche Bildung und die Fortbildung eingeschlossen, in der Verfassung verankert sein.

2. Zur Kompetenzordnung im Bereiche der Bundesschulen:

a.    Die österreichischen Bundesschulen genießen auch auf internationaler Ebene großes Ansehen und hohe Anerkennung. Die sehr gute Arbeit der Bundeslehrer wird alljährlich von Eltern und Schülern hervorragend beurteilt. Es ist daher auch im Interesse eines verwirklichten Föderalismus, dass die Bundesschulen ihren Bildungsauftrag in allen Regionen der Republik in gleichwertiger Weise nachkommen und mit einheitlichen Qualitätszielen erfüllen können. Die Kompetenzen für die Bundesschulen sollen daher finanziell, pädagogisch und organisatorisch ausschließlich beim Bund verbleiben. Regionale Interessen sollten durch bundesstaatliche Einrichtungen auf Landesebene koordiniert werden.

b.    Im Sinne einer verwirklichten Subsidiarität sind bereits derzeit Kompetenzen durch autonome Freiräume an die Bundesschulen delegiert worden. Dadurch können regionale Bedürfnisse rasch und besser erfüllt werden. Doppelgleisigkeiten zwischen Schulen, Ländern und Bund sollten vermieden werden; ebenso Zwischenstationen mit lediglich distributiver Funktion.

c.    Um den Mitgestaltungswünschen der Länder gerecht zu werden, sollten kompetente bundesstaatliche Einrichtungen auf Landesebene wirken, die eine Koordinierung der Schulen hinsichtlich ihres Bildungsauftrages sicherstellen. Sie sollten für eine die Landesgrenzen überschreitenden Raum- und Standortplanung sorgen, sowie pädagogische Beratungszentren bilden, die gemeinsam mit den Schulen eine bundeseinheitliche Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung umsetzen und bei der Personalauswahl mit den Schulen zusammenwirken.

d.    Da bereits in den meisten Bundesländern Ernennungs- und Personalkommissionen unter Mitwirkung von externen Beratern eingerichtet sind, um ein objektives Vorgehen bei Personalentscheidungen sicherzustellen, ist auf diesem Gebiet die Funktion von kollegialen Organen zu hinterfragen.

e.    Die bisherige Schulaufsicht innerhalb der  Landesschulbehörden müsste zu einem  beratend koordinierenden Instrument im Rahmen der in den Ländern agierenden bundesstaatlichen Einrichtungen umgewandelt werden.

f.     Die pädagogische Autonomie der Bundesschulen ist bereits weitgehend durch moderne Lehrpläne mit autonomen Freiräumen und weitere autonome Bestimmungen verwirklicht oder im Entstehen.

g.    Eine personelle Autonomie erfordert allerdings eine enge Mitwirkung der Bundesschulen bei der Personalauswahl und Personalverwaltung.

h.    Eine effiziente Ressourcenautonomie erfordert eine transparente und für den Bildungsauftrag ausreichende Bereitstellung von Budgetmitteln, sowie von Lehrerwerteinheiten durch den Bund an die Bundesschulen.

i.      Im Rahmen ihrer Autonomie sollten die Bundesschulen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sparsam und effizient wirtschaften können. Dafür ist die derzeitige kameralistische Finanzorganisation völlig ungeeignet.

3. Recht auf gewerkschaftliche Aktionen:

Abschließend sei festgestellt, dass mit einer Verankerung des Versammlungs-, Demonstrations- und Streikrechtes in der Verfassung, dies auch für die Beschäftigten im Bereiche der Bundesschulen sichergestellt sein muss. - Ich bedanke mich.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank Herr Magister. Wir gelangen nunmehr zum Bereich Kultur. Als Erste hiezu hat sich Frau Zuzana Brejche von der kulturpolitischen Kommission gemeldet. - Ich bitte um die Wortmeldung.

Zuzana Brejche: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte im Namen der Österreichischen Kulturpolitischen Kommission und des Dachverbandes der Filmschaffenden unsere Forderungen im Bezug auf die österreichische Verfassung formulieren.

Kunst und Kultur haben in der Vergangenheit des Europa der Nationalstaaten eine große Rolle gespielt. Bei der gegenwärtigen Entwicklung eines gemeinschaftlichen Europa unter Wahrung der kulturellen Vielfalt müssen das Recht auf Kultur und der Schutz des geistigen Eigentums in der Verfassung verankert werden, wie es auch in der künftigen EU-Verfassung vorgesehen ist.

Unsere erste Forderung lautet also nach Verankerung des Schutzes des geistigen Eigentums in der Verfassung. Geistige Eigentumsrechte sind ein Anreiz zu Kreation und Investition im künstlerischen Bereich - Musik, Film, Publikationen, Theater, Fernsehsendungen, Software und so weiter -, der zu Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Innovation beiträgt. Der Anteil dieser Aktivitäten am BIP der EU ist erheblich – circa 6 Prozent – und hat eine steigende Tendenz. Außerdem umfasst dieses Gebiet wichtige kulturelle, soziale und technologische Aspekte, die zur Ausarbeitung einer kohärenten Politik in diesem Bereich in Erwägung gezogen werden müssen.

Die geistigen Eigentumsrechte wurden erheblich harmonisiert, um Handelsschranken zu beseitigen und den rechtlichen Rahmen neuen Nutzungsformen anzupassen. Spätestens seit der Diskussion über die Rechtmäßigkeit von Music-Downloads aus dem Internet steht der Begriff „geistiges Eigentum“ auch im Zentrum vieler öffentlicher Debatten. Vieles hat sich geändert, seit der größere Mehrwert nicht mehr mit materiellen Leistungen, sondern mit immateriellen Schöpfungen erzielt wird.

Der Schutz des geistigen Eigentums ist einer der Voraussetzungen für ein lebendiges kulturelles Leben. Bereits in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. 12. 1948 wurde formuliert: „Jedermann hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die sich für ihn als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur und Kunst ergeben.“ In der Charta der Grundrechte der Union wird der Satz formuliert: „Geistiges Eigentum wird geschützt.“

Nach unserer Auffassung wird das der Bedeutung, die dem Schutz des geistigen Eigentums zukommt, nicht gerecht. Durch die unmittelbare Anknüpfung an das im Absatz 1 behandelte materielle Eigentum umfasst die Formulierung nur die vermögensrechtliche Seite des geistigen Eigentums. Während für Umweltschutz und den Verbraucherschutz ein hohes Schutzniveau ausdrücklich vorgeschrieben wird, fehlt eine entsprechende Bestimmung in Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere des Urheberrechts.

Es kann nicht angehen, dass das ebenso wichtige Urheberpersönlichkeitsrecht   unberücksichtigt bleibt. Eine Verankerung des Schutzes geistigen Eigentums in der Verfassung wird dazu beitragen, mehr Bewusstsein für den Wert der Kreativität zu schaffen.

Zweite Forderung: Die Forderung nach Verankerung des Rechts auf Kultur. In der Charta der Grundrechte der Union wurde das recht auf Bildung verankert. Wir fordern, dass dieses Recht und das Recht auf Kultur in der österreichischen Verfassung festgeschrieben werden. Bildung setzt Kultur voraus. Ebenso erschließt sich die Kultur erst durch Bildung. Kultur umfasst dabei die gesamte Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen, die aktive Rezeption, die Kultureinrichtungen sowie die Einrichtungen der kulturellen Bildung. Für die weitere Entwicklung der Gesellschaft ist die Kultur ein unverzichtbarer Humus, Anstoß und Wirtschaftsfaktor.

Drittens: Wir fordern eine Kulturverträglichkeitsprüfung. Bei den Verhandlungen in Maastricht im Jahr 1992 haben die Mitgliedsstaaten beschlossen, dass die Europäische Union nicht nur ein Wirtschafts-, sondern auch eine Wertegemeinschaft sein soll. Mit dem Artikel 151 des Vertrags von Amsterdam – vormals Artikel 128 – haben sich die Mitgliedsstaaten zu Kultur als wichtigen Bestandteil der Europäischen Union bekannt. Im Absatz 4 hat sich die Europäische Union verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit auch in den anderen Politikbereichen die kulturellen Aspekte zu berücksichtigen, sprich Kulturverträglichkeitsklausel.

Das heißt, die EU sollte zum Beispiel in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen die kulturelle Dimension reflektieren. In Deutschland hat die Regierungskoalition im Koalitionsvertrag von 2002 festgelegt, dass bei allen Gesetzesvorhaben eine Kulturverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Damit hat die Kulturstaatsministerin ein Instrumentarium in der Hand, das es ihr erlaubt, alle Gesetzesvorhaben auf ihre Kulturverträglichkeit hin zu überprüfen und Aktionen auszulösen, wenn zum Beispiel in den Bereichen der Steuer- oder der Sozialgesetzgebung unmittelbar oder mittelbar der Kulturbereich positiv oder negativ berührt ist. Wir erwarten deshalb, dass die so genannte Kulturverträglichkeitsprüfung aus dem Amsterdamer Vertrag als kulturelles Schutzprogramm Eingang in die österreichische Verfassung findet.

Abschließend möchte ich noch der Erwartung Ausdruck geben, dass entsprechend der Charta der Grundrechte für Europa weibliche und männliche Formen in der österreichischen Verfassung Verwendung finden werden und nicht mit Platzmangel oder Kürze argumentiert wird. - Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank für die Ausführungen. Die nächste Rednerin ist Frau Juliane Alton, gleichfalls von der Kulturpolitischen Kommission. - Bitte sehr!

Juliane Alton: Meine Damen! Meine Herren!

Der Bund hat immer zurückhaltend agiert, wenn es um Kompetenzen im Kunst- und Kulturbereich ging. Die Bundestheater und bestimmte Einrichtungen des Bundes, im Großen und Ganzen die Bundesmuseen, hat er zu seinen Angelegenheiten erklärt. Alles andere wäre nach unserer derzeitigen Verfassung Sache der Länder.

Das Bundeskunstförderungsgesetz von 1988 abseits der Verfassung ermöglicht die Förderung von zeitgenössischer Kunst durch den Bund, wobei traditionell auf die Förderpolitik der Länder und gemeinden Bezug genommen wird – sei es in positiver, sei es in negativer Hinsicht. Ein gängiger Schlüssel zur Aufteilung von Finanzierungserfordernissen war, so dachten wir alle, ein Drittel Bund, ein Drittel Land, ein Drittel Gemeinde, sofern man sich auf eine gemeinsame Finanzierung etwa von Kulturbauten, Festspielen oder anderen überregional bedeutsamen Kulturvorhaben einigen konnte.

Nun, die Fakten liegen völlig anders. Die Gemeinden finanzieren überproportional, nämlich mehr als die Hälfte der kulturellen Grundversorgung. Die Länder finanzieren weniger als man aus ihrer verfassungsmäßigen Kompetenz schließen würde, nämlich weniger als ein Drittel. Und der Bund finanziert am wenigsten - ein Fünftel. Diese Zahlen entstammen einer aktuellen Untersuchung in Vorarlberg. Auf Wien sind sie nicht übertragbar. Auf die anderen Bundesländer sehr wohl. Vorarlberg und Oberösterreich finanzieren hier überdurchschnittlich. Es erhebt sich also die Frage, warum jene Ebene der öffentlichen Verwaltung, der die Verfassung die Kulturkompetenz gibt, sich weniger engagiert als die Gemeinden, für die die Kulturförderung nicht Pflicht, sondern Kür ist.

Nachdem besonders in letzter Zeit die gemeinschaftliche drittelparitätische Aufteilung der Pflichten so unbefriedigend funktioniert, muss man hier über andere Modelle und andere Kompetenzaufteilungen nachdenken. Ich kann hier ein mögliches Modell nur ganz kurz anreißen, das Pflichten in Einklang mit Eigeninteresse der verschiedenen Ebenen verteilen würde. Die Gemeindeebenen wären zuständig für die Räumlichkeiten, die Landesebene für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung auch in abgelegenen Gebieten, die Bundesebene wäre für die künstlerische Produktion zuständig. Vieles spricht jedenfalls für eine stärkere Verantwortung des Bundes abseits der deklarierten Bundeseinrichtungen.

In dem Zusammenhang schwenke ich kurz ab zur Medienpolitik – Sie werden sehen, das ist kein Abschweifen. Kulturpolitik und Medienpolitik greifen ineinander und müssen dies tun. Wir vermissen das jetzt, da der öffentlich-rechtliche Sender  sich als Medienunternehmen geriert, das mit Privatsendern konkurriert. Die aktuelle Rechtslage reicht nicht einmal aus, den ORF zu verpflichten, auf das zeitgenössische Kunstschaffen in diesem Land so Bezug zu nehmen, das die Seherinnen und Hörer die Erfolge zum Beispiel der österreichischen Filmschaffenden genießen können. Dieses Land hat nicht nur Skiasse!

Eine Karriere wie die des Schriftstellers Michael Köhlmeier wird künftig nicht mehr möglich sein, weil der ORF als Unternehmen es nicht für notwendig hält, mit den hier lebenden Kunstschaffenden in Austausch zu treten. Wozu dann eigentlich noch Landesstudios? Ich halte es für absolut notwendig, den Medien und insbesondere natürlich dem öffentlich-rechtlichen Sender Aufgaben zu übertragen, die das in der Erklärung der Menschenrechte garantierte passive und aktive Informationsrecht konkret realisieren.

In diesem Zusammenhang unterstütze ich die Forderung der Filmschaffenden nach Schutz des geistigen Eigentums. Der Ausbau des Copyrights nach US-amerikanischen Vorbild schützt allerdings nicht das geistige Eigentum der Schöpferinnen und Schöpfer, sondern es schafft Verwertungsmonopole, die weder den Kunstschaffenden noch den Konsumentinnen nützen – im Gegenteil. Es ist deshalb unumgänglich, dass geistiges Eigentum geschützt wird – etwa in der Form, wie Creative Commons das vorschlägt, in einem differenzierten Lizenzsystem, das die Verbreitung von Informationen entsprechend den Wünschen der Schöpferinnen unterstützt.

Meine letzte Forderung bezieht sich auf das Grundprinzip der Verfassung, nämlich die Gleichheit vor dem Gesetz. Theoretisch hat dieser Grundsatz auch für den privatrechtlichen Teil der öffentlichen Verwaltung Geltung. Tatsache ist jedoch, dass im Bereich der Kulturförderung auf allen Ebenen Gleiches nicht gleich behandelt wird, und – um es polemisch auszudrücken – Klassengesellschaften reproduziert werden. Die Konkretisierung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, die IG-Kultur, Sie werden es noch hören, spricht in diesem Zusammenhang von politischem Antirassismus, ist deshalb unumgänglich. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke sehr für die Ausführungen. Nächster Redner ist Herr Mag. Martin Wassermair, gleichfalls von der kulturpolitischen Kommission. - Bitte sehr.

Mag. Martin Wassermair: Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir, die wir im künstlerischen und kulturellen Feld tätig sind, heute die kurze Zeit nützen, um einen Beitrag zur Reform der österreichischen Bundesverfassung leisten, so tun wir das in der Tat mit einem Unbehagen, was uns zugleich aber auch ein Ansporn ist. Gerade weil uns die nicht besonders einladende Aufgabenstellung dieses Konvents so vielfach ins Bewusstsein gerufen wurde, allen voran das postulierte Unwort vom „schlanken Staat“, ist es jetzt umso mehr an uns, einige Bemerkungen anzufügen, die durchaus als widerborstige Erwartungshaltung an eine Verfassungsreform zu verstehen sind. Wir sind jedenfalls nicht hier – und erlauben Sie mir das zu sagen - um den Sparefroh in einem rot-weiß-roten Schulterschluss zu einer politischen Leitfigur der Zukunft empor zu heben, sondern wir sind hier, um Gedankenräume zu öffnen, was für einen Reformprozess eigentlich konstitutiv sein sollte.

Ob in Österreich oder anderswo, der nationalstaatliche Rahmen – und das wissen wir als Kunst und Kultur Schaffende sehr genau – der nationalstaatliche Rahmen alleine ist längst nicht mehr geeignet, die Grundlagen für eine Entwicklung einer demokratischen Kultur in unserer Gesellschaft zu gewährleisten. Aus diesem Unvermögen lässt sicher allerdings auch eine Tugend machen, indem in einer zeitgemäßen Festlegung von Staatszielen und elementaren Grundrechten klar zum Ausdruck gebracht wird, dass die Herausforderungen unserer Zeit zur Kenntnis genommen wurden und entsprechende Schlussfolgerungen in eine neue Verfassung Eingang gefunden haben.

Forderungen an eine Verfassungsreform haben sich an den Realitäten einer global vernetzten Informations- und Wissensgesellschaft zu orientieren, die das 21. Jahrhundert nachhaltig verändern wird. Der bloße Ruf nach der Freiheit der Kunst und ihrer Ausübung reicht mittlerweile nicht mehr aus, um die Gefahrenpotentiale zu beschreiben, deren Eindämmung Aufgabe einer jeden konstituierten staatlichen Verantwortung sein muss.

1945, als es zuletzt eine demokratisch verfasste Republik zu etablieren galt, stand dieser Prozess unter dem Eindruck des mörderischen NS-Regimes sowie der Verfolgung und Vertreibung vieler Künstlerinnen und Künstler. Heute, fast 60 Jahre später, haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend verändert. Und trotzdem: Politische Versuche, freies kulturelles Handeln einzuschränken, sind auch in demokratischen Systemen allgegenwärtig. Kunst- und Kulturschaffende finden heute Grenzen und Barrieren vor, die den freien Fluss der Information und der Ideen sowie die Interaktion in Netzwerken nachhaltig beeinträchtigen.

Dazu ein Beispiel: Der weltweite Trend zur Kontrollgesellschaft bedeutet nicht ein Mehr an Sicherheit, wie man uns insbesondere seit September 2001 glauben machen will, sondern zählt gegenwärtig zu den ganz besonders Besorgnis erregenden Entwicklungen, von denen nicht zuletzt das kritische und non-konforme Kunst- und Kulturschaffen ganz massiv betroffen ist. Vergessen wir also nicht: Eine Gesellschaft und damit auch ihre kulturellen Produktionsbedingungen sind nur frei, wenn die Mobilität der Menschen sowie der Austausch von Wissen und Information keine Beeinträchtigung erfahren. Gegenwärtig finden wir eine Situation vor, in der das öffentliche Interesse durch das immer stärkere Ausmaß einer privatisierten Verfügungsgewalt über das Wegerecht gefährlich übervorteilt wird. Diese Metapher steht hier für die Macht über die Erteilung von Nutzungsrechten sowie über die Festlegung technologischer Standards in Medien und Telekommunikationsstrukturen - den wichtigsten Domänen der Kunst und Kultur der Zukunft.

Von einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann kaum noch die Rede sein. Freie, nicht kommerzielle und partizipative Medienprojekte sind vom Gesetzgeber bislang nicht zur Kenntnis genommen und somit inexistent, und auch um die Telekommunikationsinfrastruktur ist es aus demokratiepolitischer Perspektive äußerst schlecht bestellt. Die Politik dieses Landes hat deren Bedeutung als Harmonisierungsfaktor für gesellschaftliche Ungleichheiten von Anfang an verkannt und die Geschwindigkeit sowie die Richtung der Netzwerkgestaltung ausschließlich der Telekom-Industrie überlassen. Die digitale Kluft, der sich seit September 2003 ein Weltgipfel der Vereinten Nationen widmet, zieht sich auch deshalb hierzulande immer tiefer. Ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.

Somit steht fest: Der Fetisch von einer Verschlankung des Staates hat in den vergangenen Jahrzehnten auch in Österreich dazu geführt, dass das Kultur- und Geistesleben durch den Rückzug der öffentlichen Verantwortung wesentliche Grundlagen verliert. Wenn dieser Einengung des Zugangs zu zeitgemäßen Produktions- und Distributionsformen nicht rechtzeitig Einhalt geboten wird, droht eine dramatische Verarmung, die letztlich die Menschen auch wichtiger Grundlagen einer Mitgestaltung der Zukunft beraubt.

Und daher auch eine ganz zentrale Forderung: Information, Kommunikation, Wissen und Bildung und der freie Zugang müssen in einem Katalog von Grundrechten aufgenommen werden, zu deren Sicherstellung der Staat sich selbstbewusst zu entschließen hat. Wenn eine Reform der Verfassung diese Notwendigkeit nicht zur Kenntnis nimmt, ist einmal mehr eine wertvolle Chance vertan, der Freiheit der Kunst, sowie der kulturellen Partizipation als Grundrecht zum Durchbruch zu verhelfen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch für diese Wortmeldung, Herr Magister.

Der guten Ordnung halber scheint mir aber doch eine Feststellung angebracht. Herr Magister, es steht Ihnen frei, den Begriff „schlanker Staat“ als politisches Unwort anzusehen, aber ich darf doch in Erinnerung bringen, dass es eine Vorgabe für den Konvent war, eine schlankere Staatsstruktur zu entwerfen. Dies ist eine Vorgabe des Gründungskomitees, und der Konvent hat sich damit auseinander zu setzen, ob ihm das nun passt oder nicht. Ich möchte das nur zur Klarstellung anbringen, ohne mich jetzt selbst zu deklarieren, welche Haltung ich dazu einnehme, aber das ist schlicht und einfach eine Vorgabe seitens des Gründungskomitees für den Konvent.

Die nächste Wortmeldung ist bei Herrn Herbert Ullmann als Vertreter des Bundes der österreichischen Trachten- und Heimatverbände. Ich bitte um die Wortmeldung.

Herbert Ullmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Österreich-Konvents!

Zunächst darf ich namens des Bundes der Österreichischen Trachten- und Heimatverbände herzlich dafür danken, dass uns als nichtstaatlicher Organisation die Möglichkeit gegeben wird, Vorschläge zur österreichischen Verfassungszukunft zu unterbreiten. Wenn auch diese Stellungnahme als stellvertretend für den Kulturbereich und hier insbesondere für die Volkskultur gilt – und alleine in diesem Bereich sind rund 700.000 Menschen in ganz Österreich aktiv tätig, wovon aus unserer Organisation 123.000 Mitglieder wirken –, so könnte sie generell für die Bereiche Kulturarbeit, Sozialarbeit und Bildungsarbeit aufgefasst werden. Speziell in diesen Bereichen sind sehr viele Menschen freiwillig und ehrenamtlich tätig. Wir halten diese Tätigkeit als unentbehrliche Voraussetzung für eine funktionierende Bürgergesellschaft bzw. Zivilgesellschaft, in der hoheitlich verordnete Vorgaben durch von den Staatsbürgern gewolltes Engagement ersetzt werden. Gerade unsere bodenständige Kultur, die sich unter anderem mit der Brauchtumspflege im Jahreskreis befasst, ist ein wesentlicher Teil und Untergrund der so genannten Hochkultur und trägt zur Erhaltung der Identität des Volkes bei.

Unser Wunsch an eine künftige Verfassung lautet daher: Institutionalisierung bzw. verfassungsrechtliche Verankerung einer solchen Zivilgesellschaft und ihrer Akteure, und zwar einerseits programmatisch, das heißt also durch ein allgemeines Bekenntnis dazu, dass die in den Institutionen und Verbänden dieser Zivilgesellschaft zusammengeschlossenen Menschen wesentliche Träger des Gemeinwesens und damit – in dieser speziellen Eigenschaft – Rechteinhaber, Verantwortungsträger und als solche anerkannte Repräsentanten sind, und anderseits durch einen Auftrag an den einfachen Gesetzgeber, die nichtstaatlichen Organisationen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung der Körperschaften rechtlich zu positionieren, also Normen für die Einbindung der nichtstaatlichen Organisationen in jene Aufgaben, die in den Bereich gemäß Art. 17 B-VG fallen, zu erlassen, und zwar nach folgenden allgemeinen Gesichtspunkten: Subsidiaritätsprinzip, Transparenz, Nachvollziehbarkeit von Entscheidungsprozessen, synergetische Koordination, Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit.

Das Spannungsfeld von ausufernder Verrechtlichung aller Lebensbereiche auf der einen Seite und von Mindeststandards, die den Einrichtungen einer Zivilgesellschaft Akzeptanz, Orientierung und Schutz geben sollen, auf der anderen Seite, liegt auf der Hand und ist uns bewusst. Die Forderung nach rechtlicher Positionierung zivilgesellschaftlicher Institutionen möchte jedoch Mindeststandards umgesetzt wissen. Angesichts der Menge an unentgeltlichen Ressourcen, die hier generiert, umgesetzt und verwaltet werden, erscheint allerdings eine längerfristige Orientierung und Sicherung unabdingbar. Gemäß einem diesem Umstand Rechnung tragenden verfassungsrechtlichen Grundsatz wären von den jeweils zuständigen Körperschaften entsprechende Selbstbindungsnormen zu verabschieden, die dann ganz speziell auf das jeweilige Aufgabengebiet einzugehen hätten. Auch auf dieser Ebene der Normenbildung durch den einfachen Gesetzgeber wäre eine Einbindung und Mitwirkung der jeweils angesprochenen Einrichtungen einer Zivilgesellschaft vorzusehen. Gerade hier kommt es auf das oft sehr ausdifferenzierte Spezialwissen von nichtstaatlichen Organisationen bzw. deren Mitgliedern an.

Angesichts der enormen Bedeutung, die die nichtstaatlichen Organisationen als wesentliche Träger der Zivilgesellschaft in den letzten Jahrzehnten gewonnen haben, wäre es wünschenswert, auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung der Körperschaften klarere Kompetenzzuteilungen vorzunehmen. In unserem eigenen Bereich, also in der Volkskultur und Kulturvermittlung, kennen wir sowohl das Argument bzw. die Behauptung von Unzuständigkeit, als auch das Wahrnehmen von Zuständigkeit in ein und derselben Materie durch verschiedene Körperschaften, insbesondere von Bund und Ländern. Dies mag zwar Chancen für Profis im Förderdschungel bieten, erscheint aber angesichts der vorherigen Ausführungen über Wertigkeit und Selbstverständnis einer reifen Zivilgesellschaft als doch sehr fragwürdig. Insofern wären für die Sicherung von Aufgaben der Träger der Zivilgesellschaft besondere Prinzipien zu formulieren, die diese nicht als bloße Empfänger für Almosen verstehen, sondern als unverzichtbare Dienstleister für die Gesellschaft auch rechtlich positioniert, gekennzeichnet durch eine partnerschaftliche Beziehung zu den Staatsorganen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön für die Ausführungen. Nächste Rednerin ist Frau Gabriele Gerbasits als Vertreterin der Interessengemeinschaft Kultur. - Ich bitte um die Wortmeldung.

Gabriele Gerbasits: Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Volksvertreterinnen!

Die IG Kultur Österreich wird in den ihr zur Verfügung stehenden fünf Minuten nur vier Forderungen referieren. Ein umfangreicheres Positionspapier wird dem Konvent schriftlich zugehen.

Wir erwarten natürlich vom zukünftigen Verfassungstext, dass er neben den weiblichen Formen auch die männlichen Formen enthalten wird. Und bevor ich zu den Inhalten komme, noch eine Anmerkung zur Form des Österreich-Konvents. Die Ablieferung von Statements ist noch keine demokratische Teilnahme. Die Einbindung der Zivilgesellschaft bedeutet, sich mit ihr in einem diskursiven Verfahren auseinanderzusetzen und nicht, sie auf Anhörungen zu reduzieren.

Aber nun zu den Inhalten unserer Forderungen:

Punkt 1. Die IG Kultur Österreich vermisst in der derzeitigen Verfassung verankerte Prinzipien und Grundlagen, aus denen sich kulturelle Ziele ableiten lassen. Der Bereich der Kultur ist nicht nur in seiner rechtlichen Verankerung eine Querschnittsmaterie, es sind viele Teilbereiche des Rechts betroffen, wenn von Kultur die Rede ist. Derzeit finden sich im kulturellen Zusammenhang in der Verfassung nur die grundrechtlichen Garantien, wie die der Kunstfreiheit, der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit sowie der Religionsfreiheit. Neben der Garantie der Freiheit der Kunst verdient aber auch die Achtung, der Schutz und die Förderung der Pluralität des künstlerischen Schaffens, sowie der Zugang zu den kulturellen Gütern  die Aufnahme in den Verfassungsrang.

Punkt 2. In Bezug auf die derzeitigen Kompetenzartikeln, wie schon mehrfach ausgeführt von meinen Vorrednerinnen, fällt auf, dass es keine umfassende Zuständigkeit auf Seiten des Bundes für kulturelle Angelegenheiten gibt. Aus Artikel 10 geht hervor, dass der Bund nur für die Führung der Bundestheater und Bundesmuseen sowie für den Denkmalschutz zuständig ist. Für alles Weitere sind durch Artikel 15 die Länder zuständig. Da Kultur als öffentliches Gut im volkswirtschaftlichen Sinn zu verstehen ist, und daher vom Staat zur Verfügung zu stellen ist, hat der Staat unter anderem für die rechtlichen Rahmenbedingungen und die ausreichende Finanzierung zu sorgen. Durch Auslagerung und Zurückdrängung ins Private darf sich der Bund nicht aus der Verantwortung ziehen. Eine umfassende Zuständigkeit des Bundes zur Förderung von Kultur muss daher in den Kompetenzartikeln verankert werden.

Punkt 3. Wie bereits ausgeführt, ist Kultur eine Querschnittsmaterie. Kulturarbeit bedeutet auch, sich für eine gleichberechtigte und soziokulturell diversifizierte Gesellschaft einzusetzen. Es geht um die Herstellung von gleichen gesellschaftlichen Bedingungen, für diskriminierte, marginalisierte und ausgegrenzte Gruppen und Personen. Rassismus in der Gesellschaft kann nicht abseits von Diskriminierung gesehen werden. Diskriminierung bedeutet in politischer Hinsicht Ausschluss von Rechten; in sozialer Hinsicht die Erfahrung von Vorurteilen und Ausgrenzung. Daher fordern wir das Wahlrecht für alle in Österreich lebenden Menschen.

Die IG Kultur schließt sich daher der Stellungnahme von SOS-Mitmensch zum Österreich-Konvent an. Die schlechte Rechtsstellung von Migrantinnen ist ein gravierendes Hindernis für soziale, kulturelle und politische Integration in Österreich und trägt direkt oder indirekt zur sozialen Ausgrenzung bei. Eine Reform der österreichischen Verfassung sollte rechtliche Intergrationsbarrieren abbauen und, mit einem expliziten Grundrechtskatalog, den Weg für eine Politik der Gleichstellung ebnen.

Die komplizierten Regelungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft, schließen einen großen Teil der Bevölkerung vom Stimmrecht aus. Daher kann durch die Einführung einer Wohnbürgerinnenschaft das Stimmrecht für alle in Österreich lebenden Menschen verbunden werden. Die IG Kultur Österreich fordert daher ein Wahlrecht für alle in Österreich lebenden Menschen, auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene. So kann das Anliegen eines allgemeinen, freien und gleichen Wahlrechts für alle verwirklicht werden.

Punkt 4. Ebenfalls von uns unterstützt ist die Verankerung des Sozialstaates als Staatsziel in der österreichischen Verfassung. Wir brauchen nicht den lieben Gott, wir brauchen soziale Gerechtigkeit in der Verfassung. Wir schließen uns daher auch hier dem Statement der Initiatoren des Volksbegehrens Sozialstaat Österreich zum Konvent in allen Punkten an. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke für die Ausführungen. Nächster Redner ist Herr Professor Christian Ludwig Attersee als Vertreter des österreichischen Kunstsenates. - Bitte, Herr Professor!

Christian Ludwig Attersee: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Kurz vorweg die Aufgaben des Kunstsenats - Artikel 1 der Satzungen aus dem Jahre 1973 -: die Anliegen der Kunst in der Öffentlichkeit zu vertreten, die öffentlichen Stellen in wichtigen Fragen der Kunst zu beraten.

In seiner Kompetenz sind das Vorschlagsrecht für den großen österreichischen Staatspreis und das Vorschlagsrecht für die Berufung in den Kunstsenat, Begutachtung aller einschlägigen Gesetzesvorlagen; die Mitglieder des Kunstsenats müssen Träger des großen österreichischen Staatspreises sein. Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre, sind frei. Kunstförderung muss anders gesehen werden als Förderung von Industrie, Handel und Sport, insbesondere was das EU-Recht betrifft.

Es kann in der Kunst keine Wettbewerbsgleichheit geben. Die Aufgabe des Bundes, betreffend Kunstförderung, darf nicht nur auf Bundestheater, Bundesmuseen und Bundesdenkmalamt beschränkt sein. Wir fordern die Kompetenz des Bundes für die Förderung des gesamten Kunstbereiches.

Das Urheberrecht wird in Österreich in allen Bereichen der künstlerischen Tätigkeit unterschiedlich bewertet und geschützt. Das Urheberrecht für Architektur ist in Österreich extrem schlecht gewahrt, schlechter als in vielen anderen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland. Wir schlagen vor, dass das Urheberrecht für Architektur in Deutschland als Vorbild genommen wird. Der Kunstsenat ist der Auffassung, dass im Unterricht von der Grundschule an nicht nur Musik und Literatur, sondern auch auf alle Bereiche der bildenden Kunst, so auch auf Architektur, Wert gelegt wird.

Die Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften, zu denen auch die Kunst gehört, und der Naturwissenschaften sind integraler Bestandteil unserer Gesellschaft und  daher gleich zu behandeln. - Ich danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor. Die nächste Wortmeldung steht bei Herrn Dr. Wolfgang Greisenegger als Vertreter des Österreichischen Pen-Clubs. - Ich bitte um die Wortmeldung.

Dr. Wolfgang Greisenegger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Als letzter Redner einer ganzen Gruppe erlaube ich mir sehr kurz zu sein. Zur Erklärung: Der Österreichische P.E.N., Teil des internationalen P.E.N., wurde 1924 gegründet, um ein Ereignis wie den Ersten Weltkrieg ein für alle Mal durch intellektuelles Verantwortungsbewusstsein und künstlerisches Engagement zu verhindern. Der Österreichische P.E.N. tritt kompromisslos für die Freiheit des Wortes und des Denkens ein. Er weiß sich verpflichtet - national und international - diese Freiheit zu verteidigen und einzumahnen. Der P.E.N. fühlt sich aber auch verpflichtet und kompetent, die Förderung der Künste als Aufgabe der öffentlichen Hand bewusst zu halten und zu urgieren.

Ein Schwerpunkt der Arbeit des internationalen P.E.N. ist der Schutz der so genannten kleinen Sprachen. Deshalb erlauben wir uns, die Sprachenfreiheit, wie sie etwa in der neuen Schweizer Verfassung verankert ist, auch für Österreich zu fordern und hinzuzufügen, dass öffentlich-rechtliche Institutionen wie der ORF diesem Ziel zu dienen haben.

Erlauben Sie mir, dass ich eine Vorformulierung, wie sie in die Verhandlungspapiere des Konvents aufgenommen werden könnte, vorschlage: Die Freiheit der Wissenschaft und der Künste darf in ihrer Ausübung nur eingeschränkt werden, wenn sie mit einem der in dieser Verfassung gewährleisteten Grundrecht nicht vereinbar ist. Es gehört zu den grundlegenden Aufgaben der Gesetzgebung und Vollziehung - im Hinblick auf ein der Zukunft verpflichtetes Gesamtbild der österreichischen Kultur - für die Bewahrung charakteristischer Zeugnisse der Vergangenheit zu sorgen und die Entfaltung aller schöpferischen Kräfte in der Gegenwart durch geeignete Maßnahmen zu fördern.

Ich glaube, hier gäbe es ein weites Feld der Förderungsmöglichkeiten und danke sehr, dass Sie mich hierher eingeladen haben.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer (übernimmt den Vorsitz): Danke vielmals, Kollege Dr. Greisenegger.

Damit haben wir den Themenbereich Kultur abgeschlossen.

Wir kommen zum Themenbereich Medien. Am Wort ist Herr Wolfgang Hirner, Dachverband der freien Radios. Redezeit fünf Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

Wolfgang Hirner: Herzlichen Dank für die Einladung. Mein Name ist Wolfgang Hirner, ich bin stellvertretender Obmann des Verbandes freier Radios.

Wir haben eigentlich nur eine Forderung, deshalb möchte ich vorweg einmal darauf eingehen, was wir überhaupt machen, weil das den meisten vielleicht nicht so bewusst ist, was die freien Radios in Österreich machen. Wer sind wir also? – Wir sind die, die Anfang der Neunzigerjahre österreichische Gesetze gebrochen haben, indem wir eigene Radiosender gebaut haben und so genannte Piratenradios betrieben haben. Im Jahr 1993 wurde uns dann vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt, dass nicht wir die Gesetzesbrecher waren, sondern dass der österreichische Staat mit dem Rundfunk-Monopol gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Recht auf freie Meinungsäußerung, verstoßen hat.

Inzwischen ist die Situation so, dass es elf freie nichtkommerzielle Radios in Österreich gibt, die legal senden, von Radio Orange in Wien über Radio Fro in Linz bis Proton  in Bludenz. Dabei unterscheiden wir uns grundsätzlich von kommerziellen Radios und öffentlich-rechtlichen Radios, und zwar dadurch, dass wir einen offenen Zugang zum Medium Radio bieten. Das heißt, bei uns kann prinzipiell jeder/ jede, Radiosendungen gestalten. Wir sind also ein Radio der Zivilgesellschaft, in dem jeder das Recht hat Sendungen zu gestalten und sich zu artikulieren.

Unsere drei Prinzipien sind eben Nichtkommerzialität, Werbefreiheit und offener Zugang, den ich gerade angesprochen habe. Die meisten freien Radios sind als gemeinnützige Vereine organisiert und beim offenen Zugang liegt natürlich der Schwerpunkt auf dem, dass wir Menschen, die in anderen Medien marginalisiert sind, die sonst kaum oder nicht zu Wort kommen, bei uns zu Wort kommen. Das fängt an bei Obdachlosen bis zu Migrantinnen oder Kulturschaffenden bis auch zu Senioren und Seniorinnen.

Die elf freien Radios gesamt senden in 20 Sprachen. Stark vertreten sind natürlich die Migrantinnen-Sprachen türkisch und serbokroatisch. Die freien Radios sind eine wichtige publizistische Ergänzung im lokalen Bereich. Zirka 2.000 Menschen in Österreich gestalten regelmäßig ehrenamtlich Sendungen bei freien Radios. Wir sind also ein Radio der Zivilgesellschaft.

Nun zu meinen Erwartungen an den Konvent. Keine Angst, wir wollen nicht in die Verfassung aufgenommen werden, uns würde es schon reichen, überhaupt gesetzlich verankert zu werden, denn momentan gibt es uns de jure gar nicht. Wir sind gesetzlich den kommerziellen Radios gleichgestellt, den kommerziellen Privatradios. Dazu kommt, dass im Jahr 2000 uns die Bundesförderung radikal gekürzt wurde und im Jahr 2001 eingestellt wurde vom Staatssekretär Morak.

Es ist auch nicht so, dass man uns einfach so die Radiolizenzen gegeben hätte, sondern wir mussten sie erkämpfen, indem wir gegen das erste Regionalradiogesetz vor den Verfassungsgerichtshof gingen, und so das Regionalradiogesetz zu Fall brachten, was dann dazu führte, dass eben auch Lokalradio berücksichtigt wurde im neuen Regionalradiogesetz beziehungsweise Lokalradiogesetz und dies machte den Weg frei auch für freie nichtkommerzielle Radios. Insofern hatte die österreichische Bundesverfassung und der Verfassungsgerichtshof für die freien Radios eine entscheidende Bedeutung.

Nun aber wirklich zu unserem Vorschlag. Nicht nur im Printbereich, Stichwort Formil, sondern auch im Radiobereich kommt es zu einer zunehmenden Medienkonzentration. Josef Trappl vom Prognos-Institut spricht von einer Medienkonzentration, die im Vergleich mit anderen europäischen Ländern einzigartig ist. Im Radiobereich kommt es zu einer verstärkten Kettenbildung, Stichwort „Krone Hit-Radio“. Die wirklichen Lokalradios werden mittelfristig verschwinden. Meine Prognose ist, dass die einzigen Lokalradios, die übrig bleiben werden, mittelfristig die freien nichtkommerziellen Radios sein werden, die wirklich dann ein lokales Informationsbedürfnis abdecken.

Diese fortschreitende Medienkonzentration ist eine Gefahr für die demokratischen Entwicklung eines Landes. Und jetzt komme ich zurück zum Anfang, zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aus dem Jahr 1993. Im Urteil gegen die Republik Österreich hebt der Europäische Gerichtshof die grundlegende Rolle der Meinungsfreiheit für eine demokratische Gesellschaft hervor und weist darauf hin, dass der Staat ein Garant für die Meinungs- und Medienvielfalt zu sein hat. Deshalb schlagen wir für die Verfassung die Formulierung vor: „Der österreichische Staat hat die Meinungs- und Medienvielfalt zu garantieren.“ – Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Kollege. Nächster Redner ist Mag. Franz Bauer von der Journalistengewerkschaft. Und nach ihm Prof. Dr. Georg Weißmann. - Bitte, Kollege Bauer, 5 Minuten.

Mag. Franz Bauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Unsere Forderungen beziehen sich auf die unmittelbaren Arbeitsbedingungen der Medien, der in Medien Schaffenden und die Auswirkungen, die das auf die Gesellschaft haben könnte.

Punkt 1: Redaktionsgeheimnis. Wir fordern einen verfassungsmäßig gesicherten Schutz des Redaktionsgeheimnisses. Es muss auf Verfassungsebene sichergestellt sein, dass jene Informationen, die Journalisten in Ausübung ihrer Tätigkeit erlangen, auch entsprechend geschützt sind. Gleiches gilt natürlich auch für den Kontakt von Informantinnen und Informanten zu den in Medien Tätigen.

Zweitens: Freier Zugang zu Information. Es gibt in Skandinavien ein interessantes Modell, das Beamte dazu verpflichtet, Journalisten und der Öffentlichkeit generell Rechenschaft abzulegen, über das, was sie tun. Ausnahmen beziehen sich auf die Dinge, die Schutz der Persönlichkeitsrechte betreffen und natürlich dort, wo öffentliche Interessen im Spiel sind, staatliche Sicherheit und so. In Österreich ist dagegen eine Tendenz zu erkennen, die eine freie Berichterstattung immer mehr einschränkt, und das mit dem Hinweis auf Persönlichkeitsrecht oder öffentliche Interessen, die nicht immer leicht nachvollziehbar sind. In Skandinavien sind auf Basis dieser umgekehrten Denkweise die umgekehrten Argumentationen notwendig. Dort muss man erklären, warum man eine bestimmte Information nicht hergibt.

Drittens: Medienförderung. Die Medienförderung soll nach klaren Kriterien auf demokratischer Basis und transparent erfolgen. Die Meinungsvielfalt ist ein hohes demokratisches Gut. Eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn diese Vielfalt gewährleistet ist. Dagegen streben aber ökonomische Gesetze in eine gegenteilige Richtung, nämlich zu einer stärkeren Monopolisierung, zu einer stärkeren Fokussierung. Ein hoher Monopolisierungsgrad im Medienbereich führt aber zu einem schmäleren Angebot an verschiedenen Meinungen. Es muss daher das Ziel jeder Medienförderung sein, diese Vielfalt zu begünstigen, auch wenn das möglicherweise nur auf Basis von Ungleichbehandlung möglich ist. Darüber hinaus ist Medienförderung natürlich sehr oft Kulturförderung, siehe auch die bereits abgegebenen Beiträge der freien Radios. Jede Form der Medienförderung sollte zum Ziel haben, die äußere Pressefreiheit vor den negativen Folgen einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung, siehe Monopolisierung, zu schützen.

Viertens: Sicherung der inneren Meinungsfreiheit. Das Wirken dieser ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, die, wie gesagt, zu einer stärkeren Monopolisierung führt, führt im Medienbereich automatisch zu einer Einengung der Meinungsvielfalt und daher der Meinungsfreiheit. Nach innen geschieht das dadurch, dass die Unternehmen immer stärker als monopolartige Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt auftreten und immer häufiger dabei grundlegende Arbeitnehmerrechte verletzten, insbesondere wird der Arbeitnehmerbegriff ständig ausgehöhlt. Dadurch entstehen taglöhnerähnliche Verhältnisse, die darauf beruhen, dass die Journalistinnen und Journalisten den Unternehmen wirtschaftlich gegenüber völlig ausgeliefert sind und kaum noch die Möglichkeit haben, Meinungsfreiheit zu konsumieren. Der Zwang der wirtschaftlichen Realität beseitigt daher für den einzelnen diese Meinungsfreiheit. Genau jene arbeitsrechtlichen Bestimmungen, gegen die von den Unternehmen in immer größeren Ausmaß verstoßen wird, sollten aber die innere Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt gewährleisten. Fazit: In den Medien üben immer weniger Menschen eine immer größere Macht aus.

Fünftens: Die Unabhängigkeit des ORF und seine unverzichtbare Stellung als Informationsmedium sowie Kulturträger sind abzusichern. Gewährleistet muss vor allem die Weisungsfreiheit seiner Organe sein, abzusichern ist ebenso die wirtschaftliche Basis öffentlichen Rundfunks und öffentlichen Fernsehens.

Und schließlich, was die Urheberrechte betrifft, ist glaube ich, wurde das Meiste schon gesagt. Wir schließen uns da den Forderungen nach einer Stärkung der Urheberrechte an. - Herzlichen Dank.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Kollege Dr. Bauer. Am Wort, wie angekündigt, Prof. Weißmann. Dann, nach ihm Dr. Klaus Pekarek. - Bitte, Kollege, 5 Minuten.

Dr. Georg Weißmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich beweist wohl am besten die tägliche Nutzung. 4,7 Millionen, das sind mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sehen fern. Bürger über 12 Jahren täglich 2 Stunden und 42 Minuten. Kinder zwischen drei und zwölf Jahren 82 Minuten. Den höchsten Fernsehkonsum weisen unsere älteren Mitbürger auf, über 60, mit fast 4 Stunden täglich. Für 80 Prozent unserer Bevölkerung ist das Fernsehen das wichtigste Medium, tatsächlich besteht das Fernsehpublikum, wie auch die Weizsäcker-Kommission festgestellt hat, aus der Gesamtheit der Staatsbürger.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht im dualen Rundfunksystem in Konkurrenz zu den privaten Rundfunkanbietern. Unbestritten ist, dass ohne verfassungsrechtliche Verankerung ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht bestehen kann und auch nicht bestehen wird, um seine Aufgaben zu erfüllen, die da sind: Grundversorgung, organisationsrechtliche Ausgestaltung, um eben, wie bereits erwähnt wurde, auch die journalistische Unabhängigkeit zu gewährleisten, und dies vor allem, den Programmauftrag zu erfüllen. Programm ist ein Gut und keine Ware. Der Qualitätsauftrag, so wie wir ihm verstehen, ist im wesentlichen Beibehaltung der Österreich-Identität, der Vielfalt unter Berücksichtigung der sprachlichen Minderheiten, der Meinungsvielfalt und des Pluralismus und die Ausgewogenheit und Objektivität. Dies zu erfüllen ist heute schwieriger denn je, in Konkurrenz zu Werbefernsehen, bei dem das Publikum Tauschobjekt ist, und bei Pay-TV.

Der Publikumsrat, den ich zu vertreten habe, versteht sich als Vertretungsorgan des Publikums im ORF und damit als Drehscheibe zwischen Geschäftsführung und Publikum. Der öffentlich-rechtliche Auftrag ist jedoch nicht nur aus Gebührengeldern, sondern muss zu 50 Prozent auch – wie wir alle wissen – aus Werbeeinnahmen finanziert werden, ist damit aber auch in Abhängigkeit von der Quote. Der Publikumsrat hat seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend dafür einzutreten, dass die Vielfalt der Interessen des Publikums im Programm angemessen zum Ausdruck kommt. Diese Aufgabe ist ein Grundprinzip einer freien, offenen Gesellschaft. Diese Aufgabe kann jedoch nur dann erfüllt werden, wenn unser Organ personell und kompetent zusammengesetzt, organisatorisch entsprechend verankert und dies vor allem, dass an die Beschlüsse auch die entsprechenden Konsequenzen gekoppelt werden. Reine Empfehlungen, wie wir sie jetzt als Publikumsrat haben, sind, glaube ich, für die Zukunft zu wenig. Und deshalb bitte ich, im Hinblick auf die Bedeutung des Fernsehens, in Zukunft ein Zustimmungsrecht für die Programmgestaltung, für den technischen Ausbau, für die Jahressendeschemata und ein Qualitätssicherungssystem dem Publikumsrat einzuräumen.

Der Stiftungsrat soll, so wie es bisher ist, für wirtschaftliche Belange zuständig sein und könnte gegen derartige Beschlüsse des Publikumsrates auch einen Beharrungsbeschluss fassen, wenn er diesen wirtschaftlich begründet. Damit sollte es, wie ich glaube, im Interesse des Publikums uns  auf Dauer gelingen, dass das Programm im öffentlich-rechtlichen Rundfunk im wahrsten Sinne des Wortes eine erfüllte Zeit ist und bleibt. - Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Professor! Ich bin jetzt informiert worden, dass Dr. Pekarek von Herrn Universitätsprofessor Dr. März vertreten wird. Bitte, Herr Kollege, Ich glaube, Sie sind stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrates. - Bitte, Sie haben das Wort für 5 Minuten.

Dr. Leopold März: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 Als stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats, also des Aufsichtsrats ähnlichen Organs des ORF, werde ich mich auf grundsätzliche, die Existenz des öffentlich- rechtlichen Rundfunks in Österreich und seine wirtschaftliche Basis betreffende Aspekte konzentrieren.

Wenn auch die Apostrophierung der Medien als vierte Staatsgewalt zweifelsohne überzogen ist, so zeigt sich an einer solchen Begriffsbildung doch deutlich, dass eine Verfassung im dritten Jahrtausend nicht an den Medien vorbeigehen kann. Die Medien reflektieren die Identität eines Staates und tun dies umso mehr, als Kompetenzen auf supranationale Einrichtungen übergehen. Wenn der Begriff Nation für uns mehr verkörpern soll als die Bezeichnung für einen Wirtschaftsstandort, dann ist dieses Mehr, die Kultur und die nationale Eigenart in diesem Fall Österreichs, die einer Pflege sowohl im Sinne der Erhaltung als auch der weiteren Entwicklung durch eine eigene Plattform bedarf. Diese Plattform sind die Medien. Aufgrund ihrer Wirkungsintensität vor allem die elektronischen Medien, für die deshalb eine öffentliche Verantwortung besteht. Diese öffentliche Verantwortung bedingt nicht die Forderung nach öffentlicher Trägerschaft für die Medien, für Radio und Fernsehen steht das duale System, das Miteinander von öffentlichem und privatem Rundfunk, ja völlig außer Streit. Eine staatliche Verantwortung und Gewährleistung besteht aber insgesamt in der Form, dass die Österreichkomponente in den Medien in ihrer Existenz gesichert wird.

Meine Damen und Herren! Die mediale Versorgung alleine dem Gesetz von Angebot und Nachfrage zu überlassen, würde angesichts der Tatsache, dass Österreich nicht ganz ein Zehntel des deutschen Sprachraums darstellt und global gesehen sehr klein ist, wohl bedeuten, dass ausländische Medienunternehmen die Dominanz auf dem österreichischen Markt einnehmen. Für einen eigenständigen österreichischen Rundfunk wäre dann nur mehr in marginalem Umfang Platz, weil sich eigenständige Angebote, die dann in der Folge wohl ausschließlich werbefinanziert werden, für kleine Märkte nicht rechnen. Bereits jetzt haben ausländische Anbieter auf dem österreichischen Fernsehmarkt einen Anteil von fast 50 Prozent und das trotz eines starken ORF mit zwei Programmen und öffentlicher Finanzierung. In der Schweiz haben bei einem mit uns vergleichbaren öffentlichen Rundfunk die ausländischen Anbieter je nach Sprachregion einen TV-Marktanteil zwischen 65 und 70 Prozent.

Der Vertrag von Amsterdam hat im Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Befugnis der Mitgliedstaaten anerkannt, dessen Programmauftrag zu formulieren und die dafür nötige Finanzierung zu sichern. Die Möglichkeit, die Eigenständigkeit österreichischer Medien zu bewahren, muss auch der Verfassungsgesetzgeber für die staatlichen Organe offen halten. Die derzeitige programmatische Erklärung im Bundesverfassungsgesetz aus 1974, wonach Rundfunk eine öffentliche Aufgabe darstellt, ist daher auch angesichts der technologischen Weiterentwicklung, Stichwort Trimedialität, beizubehalten und auszubauen.

Von der Verfassung ist die Bestandsgarantie für ein österreichisches Medienangebot zu erwarten, was den Auftrag einschließt, die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Existenz österreichischer Medien abzusichern. Selbstverständlich kommt dabei dem Rundfunk, vor allem aber dem Fernsehen als grenzüberschreitendem Medium, eine besondere Rolle zu. Es ist in diesem Zusammenhang mit Befriedigung festzustellen, dass der ORF demnächst ein TV-Programm weitgehend unkodiert über Satellit ausstrahlen wird, wodurch österreichische Informationsprogramme und Kultur europaweit empfangbar werden. Das ist sichtbares Verständnis des Rundfunks als öffentliche Aufgabe, zu der es in einem sich einenden Europa auch gehört, für eine Außendarstellung unseres Landes zu sorgen.

Ich glaube daher, dass die öffentliche Aufgabe der Medien und speziell des Rundfunks auch weiterhin ein Element unserer Verfassung bleiben sollte. Ich meine, dass es notwendig ist, österreichische Angebote für unser Publikum und als Spiegelbild unseres Landes nach außen sicher zu stellen. Diese Aufgabe ist ohne einen starken öffentlichen Rundfunk nicht zu erfüllen. – Ich danke Ihnen.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. Nächster Redner ist der Kollege Mag.Tritscher. 5 Minuten Redezeit. - Bitte, Herr Kollege.

Mag. René Tritscher: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich kurz fassen, weil die Zeit schon fortgeschritten ist.

Ich möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist René Tritscher, ich bin Geschäftsführer des Verbandes der Österreichen Privatsender. Wir vertreten sozusagen in Ergänzung des dualen Rundfunksystems in Österreich die privaten Radio- und Fernsehveranstalter, also die kommerziellen Fernsehveranstalter, und ich bin daneben noch Geschäftsführer des Fachverbandes der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen in der Wirtschaftskammer Österreich, wo wir die gesamte Telekommunikations- und Rundfunkbranche vertreten.

Dieses Statement hier ist als Statement des Verbandes österreichischer Privatsender zu verstehen. Ich möchte mich kurz fassen und daher drei konkrete Forderungen an dieses Gremium beziehungsweise Anregungen für die Diskussion stellen. Der erste Punkt ist die Verankerung des schon angesprochenen dualen Rundfunksystems in der Verfassung. Wie richtig erwähnt wurde, gibt es sozusagen seit dem Jahr 1995 einen liberalisierten Radiomarkt, und seit dem Jahr 2001 auch einen liberalisierten Fernsehmarkt. Diese wirtschaftliche Veränderung hat sich allerdings nicht in der Verfassung niedergeschlagen. Im Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974, also aus einer Zeit, wo sozusagen eine stark monopolistisch geprägte Rundfunklandschaft in Österreich noch vorherrschend war, ist lediglich eine Definition von Rundfunk allgemein enthalten. Es sind sehr allgemeine Bestimmungen über die bundesgesetzliche Ausgestaltung des Rundfunks in Österreich vorhanden, und Rundfunk wird darüber hinaus lediglich als „öffentliche Aufgabe“ definiert. Wir glauben, dass man diese wirtschaftliche Veränderung auch in der Verfassung nachvollziehen sollte, und das Prinzip des dualen Rundfunks explizit in der Verfassung verankern sollte, um einfach die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eins zu eins abzubilden. Das wäre der erste Punkt.

Der zweite Punkt betrifft die Strukturen besonderer Verwaltungseinrichtungen, im Rahmen des Österreich-Konvents gibt es ja eine eigene Gruppe, die sich damit beschäftigt, hier ist uns vor allem ein Punkt ein Anliegen. Es ist zurzeit im Österreichischen Rundfunkmarkt nach der gesetzlichen Situation folgendermaßen, dass es unterschiedliche Aufsichtsbehörden für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und für die privaten Rundfunkveranstalter gibt. Wir denken, dass das eine nicht erklärbare Sondersituation ist, wenn sie sich vergleichbar andere Wirtschaftsbereiche wie die Telekommunikation, wie den Schienenbereich  und den Elektrizitätsbereich ansehen. Hier gibt es eine unabhängige Regulierungsbehörde für den gesamten Sektor sowohl für jenen Anbieter, der ehemals das Monopolunternehmen darstellte als auch für die privaten Veranstalter. Im Rundfunkbereich ist es zurzeit so, dass für die privaten Rundfunkveranstalter in erster Instanz die unabhängige Regulierungsbehörde KommAustria zuständig ist, und für den öffentlich-rechtlichen Veranstalter der Bundeskommunikationssenat. Das halten wir für eine nicht optimale Lösung. Das Problem ergibt sich hier immer wieder, dass sozusagen private Rundfunkveranstalter eigentlich de facto für die Einhaltung der Werberegelungen oder auch für die Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Beschwerden an den Bundeskommunikationssenat einbringen sollten. Das funktioniert zurzeit in der Praxis natürlich nicht, weil ich denke, Unternehmen haben auch anderes zu tun als permanent andere Unternehmen in Ausübung oder in der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überwachen. Es sollte hier eine einheitliche Marktaufsichtsbehörde, einen einheitlichen Regulator sowohl für den öffentlich-rechtlichen Anbieter ORF als auch für die privaten Rundfunkveranstalter geben.

Der dritte Punkt betrifft einen Randbereich, aber es betrifft insofern auch den Rundfunk, als wir es hier mit einer gesetzlichen Spezialmaterie zu tun haben und gesetzliche Spezialmaterien immer das Problem haben, dass oft in der Gerichtsbarkeit oder in Verwaltungsbehörden relativ wenig Know How, relativ wenig Wissen über diesen technischen Spezialbereich vorhanden ist. Hier würden wir anregen, im Sinne einer Verhinderung von Situationen, wie sie zurzeit im Telekommunikationssektor bestehen, wo teilweise Verfahren über drei, vier, fünf Jahre schon innerhalb des österreichischen Instanzenzugs dauern, eine Stärkung der Gerichte insoferne vornehmen, als man beispielsweise bei einer starken Belastung des Verwaltungsgerichtshofes Sondersenate für bestimmte Spezialthemen einrichten könnte. Hier wäre beispielsweise an Sonderthemen wie die Telekommunikation oder auch das Urheberrecht, das heute schön öfter als Säule der Gesellschaft bezeichnet wurde, zu denken. - Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Kollege. Wir haben noch zwei Redner aus der Expertenliste: Mag. Dieter Henrich, der jetzt am Wort ist, fünf Minuten, und dann als letzter Kollege Dr. Walter Schaffelhofer, der Generalsekretär des Verbands der Österreichischen Zeitungen; und dann kommt eine Runde von acht Rednern aus dem Kreise der Mitglieder des Konvents. - Bitte, Herr Kollege Henrich.

Mag. Dieter Henrich: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder des Österreich Konvents !

Im Namen des Verbandes der Regionalmedien Österreichs (VRM) möchte ich mich zuerst dafür bedanken, dass Sie uns die Gelegenheit geben, hier zu sprechen und unsere Gedanken einzubringen. Ich möchte damit beginnen, dass Österreich nach unserer Meinung eine grundsätzlich sehr gute Verfassung hat. Wir vom VRM wollen uns daher nicht anmaßen, dem Österreich Konvent zu sagen, wie eine Verfassungsreform insgesamt aussehen sollte. Wir möchten nur zwei Punkte aufzeigen, wo es aus unserer Sicht Handlungsbedarf gibt.

1. Sicherung der regionalen Vielfalt

Als eine Mediengattung, die ganz nahe am Puls der österreichischen Bevölkerung agiert, wissen wir natürlich besonders gut über lokale und regionale Verhältnisse und Probleme Bescheid. Wo sehen wir nun Verbesserungsmöglichkeiten ? Wichtig ist in unseren Augen, dass die Menschen in ihren angestammten Regionen gut leben können. Dazu brauchen sie Arbeit, eine gute Verkehrsanbindung, kulturelle Möglichkeiten im weitesten Sinn, die das Leben interessant und lebenswert machen, eine gute medizinische und wirtschaftliche Nahversorgung. Ganz wichtig dafür sind lokale Zentren, also der Erhalt auch kleinerer Städte in ihrer Bedeutung als Zentrum. Natürlich ist dabei auf Ökonomie und Effizienz von Wirtschaft und Verwaltung Bedacht zu nehmen,  aber: Die Menschen leben nun einmal in ihrer engeren Umgebung und nicht in globalisierten Räumen. Zum Leben in den angestammten Regionen gehören aber auch Informationen über das lokale Geschehen: über das, was in der näheren Umgebung vorgeht, was sich tut, was die Menschen unmittelbar betrifft. Leider wird diesem Bedürfnis der Menschen durch den Einfachgesetzgeber oder die Bundesverwaltung zu wenig Rechnung getragen. Für diese zählen oft nur die große Welt oder das Geschehen in der Bundeshauptstadt. Daher ersuchen wir um einen klaren Auftrag an Einfachgesetzgeber und Vollziehung, eine Verankerung, Sicherung und Förderung der Vielfalt der Regionen einschließlich der dafür notwendigen Medienvielfalt bereits in der Bundesverfassung.

2. Verstärkte Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes

Gleichheit – nicht als undifferenzierte Gleichmacherei, aber im Sinne von Gleichberechtigung und Chancengleichheit – ist ein wichtiges Prinzip unserer Verfassung. Wie wir aus eigener Erfahrung aber nur zu gut wissen, wird gerade durch die Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes die Verfassung regelmäßig verletzt: manchmal aus politischem Kalkül, manchmal auch nur aus alter Gewohnheit.

Beispiele dafür gibt es genug, auch im Bereich der Medien: Sei es, dass mittels einfacher Gesetze Förderungsmittel so verteilt werden, wie man sich daraus politische Vorteile erhofft (ich denke hier etwa an die Bundespresseförderung). Sei es, dass Budgetmittel willkürlich und ohne Ausschreibung vergeben werden: Wo bleibt da die Chancengleichheit ? An eine Ausschreibung für eine große Inseratenkampagne der Bundesregierung kann ich mich jedenfalls nicht erinnern. Oder sei es, dass unbestimmte Gesetze mit Verordnungen und Erlässen im eigenen Sinne ausgelegt werden. Hinweise von Experten oder auch bloß Betroffenen werden „nicht einmal ignoriert“. Ein Beispiel dafür war die ungleiche Besteuerung mittels Werbeabgabe von ein und demselben Prospekt, je nachdem, ob er per Post oder in einer Zeitung befördert wurde.

Ein offensichtlicher Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch die Vollziehung, der aber dennoch erst durch den Verfassungsgerichtshof abgestellt werden musste. Eine verstärkte Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes durch Einfachgesetzgeber und Vollziehung wäre dringend erforderlich. Denn wie kann sich der Einzelnen in der Praxis gegen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung wehren und seine Rechte schützen? Mit einer Verfassungsgerichtshofs-Beschwerde nur unzureichend. Da mag er dann Jahre später zwar grundsätzlich Recht bekommen, aber in der Sache ist es zu spät, der Schaden für ihn ist da. Den Aufwand für ein solches Verfahren für eine Einzelperson oder ein kleines Unternehmen möchte ich erst gar nicht erwähnen. Aus diesem Grund bitte ich Sie: Finden Sie eine Möglichkeit, um der Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes auch in der Praxis mehr Wirkung zu verschaffen.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen im Namen des VRM, der österreichischen Regionalzeitungen und ihrer Leser für Ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass ich hier so offen sprechen durfte. Ich wünsche dem Österreich-Konvent viel Erfolg bei seiner Arbeit – in unser aller Interesse. - Vielen Dank.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Kollege Heinrich. Am Wort ist Dr. Schaffelhofer, gleiche Redezeit – fünf Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

Dr. Walter Schaffelhofer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich spreche für den Verband Österreichischer Zeitungen. Demokratie setzt Information voraus. Politik ist in modernen Demokratien deshalb ohne die mediale Vermittlung weder denkbar noch möglich. Pressefreiheit ist eines der elementaren Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Das heißt: jeder Mann/Frau soll und muss die Möglichkeit haben, Informationen zu erhalten um seinen/ihren Teil zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen.

Einige wesentlichen Punkte:

Erstens: Für die Mediengesetzgebung wie auch die Medienrechtsprechung hat die Garantie der Meinungsäußerung und Pressefreiheit in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention eine zentrale Bedeutung. Der Verband Österreichischer Zeitungen spricht sich daher für eine sachlich umfassende Garantie der Pressefreiheit im Sinne des Artikels 10 EMRK aus.

Umfassend heißt, dass diese Garantie für die Herausgabe und den Vertrieb von Printmedien, den Betrieb von Rundfunkanstalten und sonstige publizistische Meinungsäußerungen – zum Beispiel über das Internet, also unabhängig von der Technik gelten muss; dass sie Nachrichten und Ideen unabhängig von ihrem Inhalt und vermeintlichem sozialen Wert schützt; und dass sie, um wirksam zu sein, über die reine Freiheit der Bestimmung von publizistischen Inhalten ohne staatlichen Einfluss jedenfalls hinausreichen und daher auch den Prozess des Vertriebs über beliebige Absatzwege - zum Beispiel Verkauf an öffentlichen Orten - und der Vermarktung von Medienprodukten einschließen muss. Die über Artikel 10 EMRK und den Rechtsweg an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegebene Anbindung der österreichischen Medienrechtsprechung an die europäische Entwicklung ist eine wesentliche Errungenschaft, die beibehalten werden sollte, auch wenn im Zuge der Reformbestrebungen ein neuer Grundrechtskatalog in die Verfassung integriert wird.

Zweitens: Ein wesentlicher Punkt, der nach Ansicht des VÖZ bei einer Weiterentwicklung der Verfassung berücksichtigt werden sollte, ist die Freiheit des Informationszuganges zu öffentlich bedeutsamen Informationen gemäß Artikel 10 EMRK. Der Verband hat bereits vor einem Jahr ein Gesetz über den freien Zugang zur Information nach internationalem Vorbild vorgeschlagen, welches an Stelle des Auskunftspflichtgesetzes das Recht auf freien Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung schaffen soll. Da decken wir uns mit der Forderung der Journalistengewerkschaft. Dieses Recht ist durch das bisherige APG nur sehr unbefriedigend gelöst. Wir treten für eine Stärkung der Bürgerrechte und der demokratiepolitisch bedeutsamen Kontrollfunktion der Medien bei gleichzeitiger Entkriminalisierung – Verletzung des Amtsgeheimnisses – ein. Das Prinzip der Geheimhaltung soll durch das Prinzip der Öffentlichkeit ersetzt werden, außer wenn aus eng umgrenzten, zwingend öffentlichen Interessen oder zum Schutz privater Interessen die Geheimhaltung geboten ist. Ein solch neues Verständnis der Abwägung von Informationsinteressen der Öffentlichkeit und Geheimhaltungsinteressen des Staates sollte auch in der Verfassung zum Ausdruck kommen.

Drittens: Einen wesentlichen Teil der Medienfreiheit stellt auch der ungehinderte Informationsfluss zu den Medien dar. Dieser ist gesetzlich in Form des Redaktionsgeheimnisses gewährleistet und auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte abgesichert. Aber angesichts der Gefährdung durch neue sicherheitspolizeiliche Überwachungsmethoden ist es unserer Meinung nach geboten, das Redaktionsgeheimnis auch verfassungsrechtlich anzuerkennen.

Abschließend möchte ich noch zwei kurze Anmerkungen zu Aspekten anfügen, die trotz der knappen Zeit nicht unerwähnt bleiben dürfen.

Anmerkung Nummer eins zum Rundfunkbereich: Nach Ansicht des VÖZ ist die derzeitige  Verankerung im BVG Rundfunk ausreichend. Eine zusätzliche Festschreibung des öffentlichen Rundfunkauftrags in der Verfassung könnte als Legitimation für die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen missverstanden werden.

Anmerkung Nummer zwei: Wir sind der Überzeugung, dass es ein verfassungsrechtlich abgesichertes Verbot einer Sonderbesteuerung der Medien bzw. der Werbung in Medien geben sollte, gerade auch im Hinblick auf die Bedeutung der Pressefreiheit.

Für eine eigenständige, unabhängige Meinungs- und Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger sind vielfältige und im Wettbewerb zueinander stehende Medien notwendig und unverzichtbar.

Ich ersuche Sie, auch diese Aspekte zu bedenken, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer:  Danke vielmals, Kollege Dr. Schaffelhofer. Wir kommen nun, wie vereinbart, zu den Wortmeldungen aus dem Kreise der Konventsmitglieder. Ich habe hier eine Liste vorliegen, die folgendermaßen aussieht, unter Weglassung von Titeln. Gehrer, Haller, Kohl, Lichtenberger, Petrovic, Voith, Funk und Konecny. Am Wort ist also die Frau Bundesministerin Gehrer. Redezeit fünf Minuten. - Bitte, Frau Minister.

Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der breite Raum, den der Österreichkonvent der Wissenschaft, Bildung, Forschung, Kultur und Medien einräumt, zeigt, wie wichtig diese Themen sind und welche Bedeutung sie haben. Es wurden in zahlreichen Beiträgen Themen angesprochen, die in die Verfassung gehören und Themen angesprochen, die wahrscheinlich nicht in die Verfassung kommen werden. Auf alle Fälle ist es für mich als Konventsmitglied wichtig, auch diese Themen, die nicht in die Verfassung kommen werden, sehr genau mitzunehmen und an ihnen zu arbeiten. Zum Beispiel an der Qualität in allen Bereichen der Bildung, zum Beispiel der Weiterentwicklung der Zukunftsdiskussion um unsere Bildungssysteme.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass eine Verfassung für die Menschen in unserem Land verständlich formuliert ist, dass es also ein normaler Mensch auch versteht, und ich begrüße es auch sehr, dass wir eine Präambel haben werden oder über eine Präambel diskutiert wird, die die Leitgedanken der Verfassung für alle besser zugänglich machen soll.

Im Bereich der Universitäten ist es mir ein besonderes Anliegen, dass auch in Zukunft die Weisungsfreiheit für die selbstständigen Universitäten, für die unabhängigen oder autonomen Universitäten festgehalten wird, damit die Universitäten ihre Aufgaben erfüllen können. Das Universitätsgesetz 2002 erfüllt diese bisherigen Verfassungsbestimmungen, wie erst kürzlich vom Verfassungsgerichthof festgestellt wurde. Wichtig ist es mir auch, dass es auch weiterhin unabhängige Qualitätssicherungseinrichtungen gibt, die weisungsfrei sind, wie zum Beispiel jetzt der Fachhochschulrat oder der Akkreditierungsrat für die Privatuniversitäten.

Ich bitte Sie,  wir wollen auch gemeinsam ein Augenmerk darauf legen, wie wir das mit der Verwendung der Fremdsprache in unserer Verfassung, mit der Amtssprache, wie wir das festhalten wollen: Denn für Universitäten ist es doch wichtig, dass bei Prüfungen und bei Lehrveranstaltungen auch Fremdsprachen verwendet werden können. Auf eines möchte ich noch ein Augenmerk legen: Es gibt bisher eine Bestimmung, dass Nicht-EWR-Staatsbürger an der Vollziehung von Gesetzen nicht beteiligt sein können, außer in Ausnahmefällen. Und ich glaube, wir brauchen diese Ausnahmefälle auch weiterhin für die Universitäten. Das betrifft Professoren aus Ländern, die nicht dem EWR angehören.

Im Bereich der Bildung geht die Diskussion in zwei ganz wichtige Richtungen. Es geht einmal um eine Vereinfachung und Entpolitisierung der Verwaltung und es geht zum Zweiten um die Vielfalt, aber auch um die Gemeinsamkeit in der Vielfalt der Bildungsangebote. Zur Entpolitisierung der Verwaltung, zur schlankeren Verwaltung, habe ich mir folgende Ziele vorgenommen: Die Vermeidung noch vorhandener Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung, die Schaffung von klaren Entscheidungsstrukturen durch ein regionales Bildungsmanagement und auch die Festhaltung der Grundzüge des österreichischen Schulsystems in der Verfassung halte ich für wichtig. Das wurde von den Elternvertretern hier angesprochen. Das ist ein weiterer wichtiger Bereich. Dabei ist die Mitsprache der Schulpartner - wir müssen uns überlegen, wie wir die sicherstellen können - ein ganz wichtiger Punkt.

Die Frage des Verhältnisses zwischen der Zuständigkeit der Bundesländer und der Zuständigkeit des Bundes für die Schulbereiche ist eindeutig abzuklären. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Derzeit haben wir eine Generalzuständigkeit des Bundes, der verschiedene Bereiche an die Bundesländer abgibt. Ich frage mich, ob wir nicht in Zukunft eine Generalzuständigkeit der Bundesländer machen könnten, wo sich der Bund gewisse Bereiche vorbehält, und ich bin der Meinung, dass gerade für Bundesschulen der Bund sich die Zuständigkeit behalten müsste, denn das sind überregionale Angebote, die nicht durch Verhandlungen zwischen einzelnen Bundesländern irgendwie in ihrer Kompetenz und Wirkungskraft geschmälert werden dürfen. Wichtig ist es aber dann auch, wenn wir die Zuständigkeit neu regeln, dass wir über die Ressourcen sprechen, die Ressourcenverteilung, die Bildungsinhalte, die Bildungsabschlüsse und über die Gesamtheit der Schulorganisation, damit Österreich ein einheitliches Schulsystem hat, einheitliche Bildungsinhalte hat, aber sehr wohl regionale Schwerpunkte zum Tragen kommen können. Alle diese Fragen sind konstruktiv neu zu ordnen.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer:  Am Wort ist Prof. Haller. Ich bin gefragt worden, ob sich der Familienbereich verschoben hat. Der hat sich nicht verschoben, aber wir haben diese acht Wortmeldungen eingefügt, sowie geplant, das heißt, der Familienbereich wird halt in 30, 35 Minuten  an die Reihe kommen. - Bitte, Herr Professor.

Dr. Herbert Haller: Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Vorweg mein Dank für den durch alle Beiträge sehr interessanten und bereichernden Vormittag. Es ist schön, bestätigt zu werden und es ist auch sehr schön, Beiträge zu erhalten, wo man die eigene Position überdenken muss. Ich möchte berufsbedingt drei Beiträge besonders hervorheben.

Die Generalsekretärin des Boltzmanninstituts hat eindrucksvoll die Rahmenbedingungen genannt, unter denen Forschung und Wissenschaft gedeihen kann. Sie hat nicht gesagt, dass diese Bedingungen in Österreich zum Großteil nicht gegeben wären. Und die Boltzmanngesellschaft trägt ja auch wesentlich dazu bei, dass Wissenschaft und Forschung in Österreich gefördert werden.

Der Vertreter der Akademie der Wissenschaften hat auf die besondere Bedeutung der Grundlagenforschung nochmals hingewiesen, sie hervorgehoben, aber auch den großen Staatsanteil der Finanzierung dieser Grundlagenforschung hervorgehoben. Und ich glaube, das war auch gut zu hören.

Der Vertreter der Rektorenkonferenz, Professor Berka hat die verfassungsrechtlichen Regeln, die Wissenschaft und Forschung derzeit garantieren, schützen, fördern genannt, und hat sehr schön gesagt, was besser formuliert, um in Schweizer Diktion zu sprechen, eine Nachführung geboten wäre, wenn der Konvent diesen seinen Vorschlägen folgt, ist er glaube ich, gut beraten.

Drei Kleinigkeiten der Kritik oder einer anderen Position. Als Jurist bin ich vollen Herzens für die Rechte der autochthonen sprachlichen Minderheiten, ohne Abstrich und sofort. Ich bin als Angehöriger der Wirtschaftsuniversität voller Freude, dass wir dort auf lateinisch spondeo sagen dürfen, dass wir englischsprachige Vortragende einladen können und dass wir dabei sind, einen englischsprachigen Lehrgang, um auch ausländische Lehrer und Studenten anzuwerben, einrichten können. Und ich ärgere mich die ganze Zeit, dass unsere Museen, auch die staatlichen, schlecht beleuchtet, klein geschrieben, tief gehängt, in deutscher Sprache nur vieles anpreisen und ich möchte als Spanier oder Tscheche, als Ungar, einfach hier in Österreich auch in meiner Sprache unterstützt sein. Aber, wenn der Kollege Brix die Staatssprache Deutsch abschaffen will, dann sage ich ganz klar Nein. Die Mehrheit dieses Landes spricht Deutsch, das ist unsere Identität und ich glaube, er sollte sich informieren, was Übersetzungen in der EU, dort auch vollberechtigt für die kleinen Sprachen, kosten und welche Schwierigkeiten die Schweizer haben. Ich freue mich, dass in unserem Land wir etliche Schwierigkeiten nicht haben, weil - ich glaube - jeder Deutsch spricht, versteht und es auch berechtigt ist, wenn er einer der genannten Minderheiten angehört, in einer anderen Sprache sich artikulieren soll, wie es unsere Verfassung und das Völkerrecht gebieten.

Es ist das Bildungsbürgertum heute in einer Bemerkung schlecht weggekommen. Stellen Sie sich vor, was diese Menschen tun. Sie bringen vielleicht unter Opfer ihre Kinder zur Matura und lassen sie studieren. Na, stellen Sie sich das vor. Na, ich gehöre diesem Bildungsbürgertum an. Meine Familie war nie reich. Nach dem Krieg, mein Vater ist im Krieg geblieben, sind wir ärmlichst gekleidet, zum Teil zu Fuß, um die Straßenbahn zu sparen, mit einem Butterbrot für das Mittagessen, studieren gegangen. Das erste Stipendium, das meine Schwester bekommen hat, haben wir verwendet, um den Ofen, wir haben nur einen Raum in unserer Wohnung, heizen zu können, nämlich einen besseren Ofen neu zu kaufen. Also, ich würde, soweit ich diesem Bildungsbürgertum nicht angehöre, weil wir sind alle auch immer sehr ungebildet, diesem Bildungsbürgertum für seinen Einsatz und für die Erkenntnis, dass Bildung Lebensqualität ist, einmal sehr herzlich danken. Wenn andere Gruppen dieses Bewusstsein auch erwerben, dass man durch eigene Leistung zu höherer Lebensqualität kommen kann, und ich meine das nicht finanziell, wahrscheinlich ist es das auch, dann ist es gut und das sollen wir natürlich auch unterstützen.

Eine letzte Bemerkung zur Autonomie. Wissenschaftliche Institutionen brauchen Autonomie. Sie sollen ihre Verantwortung eigenständig wahrnehmen. Sie kommen aber auch aus dieser Gesellschaft, sie arbeiten für diese Gesellschaft und sie sind zum Grossteil auch finanziell dieser Gesellschaft verbunden. Ich glaube, dass es um das richtige Ausmaß geht, die Distanz; und das sagt ja auch das Wort Autonomie. Es kann nicht sein, dass wissenschaftliche Institutionen sich aus dem demokratischen Rechtsstaat entfernen. - Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner Dr. Khol bitte.

Dr. Andreas Khol: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Es war ein interessantes Hearing und es hat viele Dinge gegeben, die mich zur kritischen Auseinandersetzung mit meinen Standpunkten, überhaupt mit Standpunkten herausgefordert haben. Ich möchte sie im Einzelnen nicht kommentieren, sondern mich nur dafür bedanken, dass dieses Hearing ein Gewinn ist.

Eine einzige Wortmeldung möchte ich kommentieren. Herr Prof. Schmidt-Dengler hat sich in außerordentlich kritischer Weise mit der Universitätsreform des Universitätsgesetzes des Jahres 2002 auseinander gesetzt. Das ist sein gutes Recht. Man kann über jede Reform unterschiedlicher Meinung sein. Das hängt vom eigenen Standpunkt ab. Ich bin aus vielen Gründen ein überzeugter Vertreter dieses Universitätsgesetzes 2002.

Prof. Schmidt-Dengler ist an dieses Rednerpult getreten und hat unter Berufung auf seine philologische und semantische Qualität das Universitätsgesetz als autoritär bezeichnet und davon möchte ich mich distanzieren. Ich achte die Freiheit der Meinungsäußerung. Autoritär heißt undemokratisch. Ein Gesetz, das in diesem Hohen Haus, im Parlament von National- und Bundesrat mit Mehrheit beschlossen wurde, ist an sich nicht undemokratisch. Man kann es jederzeit bekritteln, man kann anderer Meinung sein. Allzumal, da dieses Gesetz gerade am Freitag letzter Woche vom Verfassungsgerichtshof als ein Gesetz bezeichnet wurde, das gerade in dem von Prof. Schmidt-Dengler vehement als autoritär bezeichneten Strukturen dem Grundrechtskatalog und unserer Verfassung entspricht: Gerade das unterstreicht, dass das keine philologisch und semantisch hoch stehende Meinungsäußerung war.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Lichtenberger bitte. - Ebenfalls 5 Minuten.

Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte Damen und Herren!

Zuerst einmal mein Dank an alle Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, die heute sehr präzise ihre Forderungen artikuliert haben und eigentlich auch wichtige Anregungen gegeben haben für unsere Diskussion. Beziehungsweise: Ich konnte in einigen dieser Wortmeldungen die Spannung, die sich in den Debatten, gerade in den Ausschüssen immer wieder zwischen verschiedenen Themenkreisen ergeben, deutlich erkennen. Ich möchte auf eine dieser Spannungen ein bisschen deutlicher eingehen, weil sie eigentlich in allen diesen Bereichen zum Ausdruck gekommen ist. Das ist die Spannung zwischen dem reinen und sehr reduzierten Freiheitsbegriff und der Frage, ob damit schon alles erledigt sei.

Ob die Gewährleistung der Freiheit der Bildung, der Freiheit des Hochschulzugangs, der Freiheit der Medien in der Verfassung schon ausreicht, um die Werte, die in anderen Teilen der Verfassung auch verkörpert werden, wie etwa die Pluralität, auch noch zum Ausdruck bringen zu können.

Sowohl die Vertreterinnen der Medien, der Kulturschaffenden, auch im Bereich der Bildung und der Hochschule, haben immer wieder darauf hingewiesen, wie wesentlich und wichtig es ist, dass man sich mit einem reinen Rückzug auf einen sehr abstrakten Freiheitsbegriff allein noch nicht begnügen kann, wenn es darum geht, Vielfalt zu schützen und herzustellen. Pluralität entsteht nicht von selbst durch Freiheit, durch Wettbewerb. Gerade, wenn es um strukturell benachteiligte Gruppen geht. Strukturell benachteiligte Gruppen gibt es sehr viele in der Gesellschaft und auch hier herinnen gehören wahrscheinlich ein Großteil in irgendeiner Weise einer dieser Gruppen an. Das heißt also, dass die Frage wie die Pluralität, die erst eine verwirklichte Freiheit in einem breiten Rahmen auch abbilden kann, hergestellt werden kann. Das wird eine zentrale Herausforderung für die Arbeiten im Konvent. Hier gibt es ja eine Riesenspannweite auch von Meinungen. Einmal von einem sehr dezidierten Förderungsgebot in verschiedensten Bereichen bis hin zur absoluten Absage an jedes Festschreiben von Förderungen, weil man ja das politische Handeln nicht einschränken möchte.

Nun lässt sich das aber nicht so leicht über einen Kamm scheren. Und ich glaube, das war sehr zentral und wichtig, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft heute sehr deutlich auch ihre Anliegen und Notwendigkeiten in dem Bereich artikuliert haben. Wir können uns als Staat, als Repräsentantinnen des Staates nicht darauf zurück ziehen, dass wir sagen können, wir erlauben euch ja eh, das und jenes und solches zu machen, wenn es wiederum strukturell unmöglich gemacht wird, diese Vielfalt auch herzustellen. Ich spreche hier vom freien Zugang zur Hochschule. Ich kenne sehr, sehr viele – ich war Lehrerin – Schülerinnen und Schüler, die hoch begabt waren, aber nie eine Möglichkeit haben werden, aus strukturellen, finanziellen, sozialen Gründen, auf der Universität ihren Beitrag zum allgemeinen Wissensschatz der Bevölkerung zu leisten.

Ich spreche davon und hier sage ich im Unterschied zu meinem Vorredner Herrn Prof. Khol sehr wohl ein Kompliment auch den Herrn Schmidt-Dengler, dass der Demokratieverlust durch das neue Universitätsgesetz sehr wohl die Freiheit durch Hierarchisierung einschränkt, dass hier strukturelle Einschränkungen eine theoretische Freiheit wieder zunichte zu machen drohen und das halte ich für zentral und ich halte es auch gerade in der Debatte um die Kultur für ganz wichtig, die Frage des Urheberrechts und seiner Wertigkeit auch im gesamten Kulturbereich stärker hervorzuheben, auch zu verankern, denn hier dürfen wir nicht in Richtung eines amerikanischen Copy Rights gehen, das zwar die Verwerter, nicht aber die Urheber schützt.

Wir müssen dorthin zurück oder wir müssen das verwirklichen, dass Urheberrechte zentrale Rechte von Kulturschaffenden bleiben und unter Schutz gestellt werden, denn hier haben wir durch die technischen Entwicklungen die größten Probleme in der Kulturproduktion zu sehen. - Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Petrovic. Bitte. Danke. - Gleiche Redezeit.

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

ich möchte auf zwei Dinge eingehen, nachdem Evelyn Lichtenberger mir im Zusammenhang mit den Universitäten schon aus der Seele gesprochen hat, ohne dass wir uns vorher abgesprochen haben. Ich möchte auf zwei Dinge eingehen, nämlich auf die kurze Intervention von Präsident Fiedler in Sachen so genannter „schlanker Staat“, adressiert an einen Vertreter der Kulturszene, und zweitens auf die Bedeutung der heutigen Anhörung beziehungsweise wie wir damit in den Ausschüssen umgehen.

Zur Debatte rund um den schlanken Staat. Ich leide, seit diese These vom schlanken Staat aufgekommen ist, einerseits sprachlich unter dieser Wortschöpfung und inhaltlich so und so. Sprachlich deswegen, weil der schlanke Staat immer wieder so als Gegensatz zum starken Staat auftaucht und das Gegenteil von schlank ist bekanntlich nicht stark, sondern dick. Den dicken Staat hat nie jemand verlangt, aber sehr wohl - und das tue ich auch hier und heute - einen starken Staat gerade im Bereich der Sozialverwaltung, im Bereich der Bildung, der Universitäten, der Herstellung von Chancengleichheit, der - hoffentlich - Schaffung der Möglichkeiten einer Grundsicherung, offener Bildungszugang vom Kindergarten bis zur Universität. Was ja immer stärker in Frage gestellt wird und in Teilbereichen - freier Universitätszugang -auch abgeschafft worden ist.

Ein Staat, der kein Geld hat für die freien Radios, kein Geld für den freien Universitätszugang, kein Geld für eine Grundsicherung, sehr wohl aber Geld für Abfangjäger, für ewig neue Autobahnen und für einen Ausbau der repressiven Verwaltung, nicht aber der leistenden und der sozialen Verwaltung, der ist nicht schlank, sondern wenn man hier unbedingt Analogien zu körperlichen Eigenschaften will oder verwenden muss, der ist allenfalls kurzsichtig und kurz davor zu erblinden.

Dieses Begriffspaar stark-schwach und schlank-dick, das soll man bitte nicht durcheinander bringen. Also, wer den Staat schwächen will, der soll das hier aussprechen, gerade im Bereich der Sozialverwaltung, der Bildungsverwaltung und sich nicht hinter irgendwelchen so nicht zutreffenden Wortgegensätzen verbergen.

Auch verstehe ich den Arbeitsauftrag an diesen Konvent sehr wohl im Sinne einer Straffung, einer teilweise sprachlich schwer fassbar gewordenen Verfassung, aber letztlich ist der Arbeitsauftrag konkretisiert in den Mandaten der zehn Ausschüsse und nicht anders. Man kann mit dieser – wie gesagt – falschen Begriffspolarität schlank versus stark hier nichts gewinnen.

Insbesondere muss es möglich sein für einen Vertreter der Kulturszene, sich für einen starken Staat auszusprechen und diesen versuchten oder auch tatsächlich durchgeführten Kürzungen in diesem Bereich massiv entgegenzutreten. Ich schließe mich dem vollinhaltlich an beziehungsweise, wenn es für diese Vorstellungen von starkem Staat hier keinen Raum gibt im Konvent, dann ist auch meine weitere Teilnahme offenbar fehl am Platz und nicht gewünscht. Ich ersuche hier um eine Klarstellung und Präzisierung, denn meine Vorstellungen von starkem Staat sind sehr deutlich und ich artikuliere sie auch so laut und so gut ich kann.

Zum Zweiten, zur Bedeutung dieser Anhörung. Wir sind in manchen Ausschüssen – es ist unterschiedlich – schon sehr weit mit der Arbeit. Es gibt schon teils recht ausgereifte Papiere und ich habe schon das letzte Mal festgestellt, dass unsere Ansätze von den Grünen, dass wir Forderungen, die hier kamen und mit denen wir uns inhaltlich identifizieren, wenn wir diese jetzt einbringen, dann kam schon ein bisschen mehr oder minder ein lauter Vorwurf, „jetzt kommt ihr daher“.

Natürlich kommen wir jetzt daher, denn ich gehe davon aus, dass diese Hearings auch einen Sinn haben sollen und dass die Vertreterinnen und Vertreter der Einrichtungen, die heute hier spät – aber das hat mit der Ladungspolitik zu tun – hier anwesend sind, auch gebührend berücksichtigt werden müssen.

Ich gehe davon aus, dass die Ausschüsse alle auch die Pflicht haben, zu den hier artikulierten Forderungen Ja oder Nein zu sagen. Wir sind sicher nicht dazu verpflichtet, alles was hier geäußert worden ist, ungeschaut zu übernehmen. Es geht auch nicht, weil es sich teilweise inhaltlich widerspricht. Aber ich denke, wir sind es den Vertreten auch der hier bei diesem letzten Hearing geladenen Vereinen und Einrichtungen schuldig, dass wir unser Votum dazu abgeben.

Eine allerletzte Anmerkung zur Staatssprache Deutsch. Wenn die Regierung selber mit Regierungsvorlagen kommt, die zum Beispiel E-Governmentgesetz heißen und ich mir die Frage stelle, wie geht das mit dem Artikel 8a, dann muss ich sagen, sind wir doch großzügig. Als Mitglied in einem großen und hoffentlich noch wachsenden Europa können wir uns leisten, auch das eine oder andere Wort in einer fremden Sprache in Gesetzen oder auch sogar in der Verfassung zu haben. Das muss nicht unbedingt Englisch sein, das kann durchaus auch eine slawische Sprache sein. - Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Herr Dr. Voith. - Bitte.

Dr. Günter Voith: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich möchte ein paar Dinge sagen, die wir uns vielleicht nicht sehr bewusst machen, aber wir dürfen nicht nur an diesen Kreis denken, sondern, wie wird der Konvent auch außerhalb des Hauses gesehen. Wir haben heute – so möchte ich hier sagen – einen großen Blumenstrauß bekommen. Es blühen viele Blumen, Gott sei Dank. Die Blumen blühen nicht nur in den Hearings, sie blühen auch in den Ausschüssen.

Ich möchte diese Blumen eigentlich in zwei Körbe geben.

Der eine Korb ist schlicht und einfach der, was alles mehr Mittel erfordert, mehr finanziellen Einsatz zumindest in Form von mehr Verwaltung. Hier erhebt sich die Frage, was kann der Staat in Zukunft leisten oder ganz primitiv gesprochen, was können wir uns wirtschaftlich in Zukunft leisten. Ich möchte darauf hinweisen – es ist heute gesagt worden – wir haben zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für Forschung und Entwicklung. Es ist sehr wenig. Es ist nicht gesagt worden, dass wir das Schlusslicht in der EU sind. Die Zukunftsaussichten sind nicht groß, wenn wir weiter bestehen wollen.

Der zweite Korb ist derjenige, wo man sagen kann, das sind andere Akzente, die zu setzen sind, andere Prioritäten. Das fällt bitte fast alles eigentlich in die Sache der Politik und nicht in die der Verfassung. Ob wir die Priorität von den Mitteln in die Bildung stecken oder ob wir sie in Pensionen stecken oder ob wir sie in Betriebe oder andere Dinge stecken, das sind politische Entscheidungen. Die Erwartungshaltung an den Konvent, von Anfang an, war eigentlich dementsprechend. Die Kritik war viel weniger an Inhalten unserer jetzigen Verfassung, sondern an den Formen. Es sollte der Verfassungskonvent dazu dienen, dass bessere Grundlagen geschaffen werden für bessere Handlungsfähigkeit und für mehr Flexibilität für die Gesetzgebung, für die Regierung und für die Verwaltung.

Ein Wort noch zum Schlagwort „Schlanker Staat“. Frau Dr. Petrovic, ich gebe Ihnen völlig Recht, niemand will einen schwachen Staat, wir wollen einen starken und schlanken Staat. Der Staat soll nur nicht stark sein als Selbstzweck, sondern er soll stark sein für die Zukunft des Landes. Der schlanke Staat heißt nicht ein schwacher, sondern er heißt, dass der Ablauf und der Aufbau der Verwaltung rationeller, effektiver und moderneren Methoden entsprechend geht.

Ich würde dem Präsidium, das letzten Endes die Entscheidung hat, ein bisschen salopp raten, hören Sie auf jeden Rat, und befolgen Sie keinen. - Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner Dr. Bernd-Christian Funk. Fünf Minuten.

Dr. Bernd-Christian Funk: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich bin froh, dass sich die Schlankheitsforderung nur an den Staat und nicht an die Mitglieder des Konvents richtet. Die Intervention von Herrn Brix habe ich nicht als Forderung nach einer Abschaffung des Deutschen als Staatssprache verstanden, sondern als Hinweis in eine  Richtung, die auch von Herrn Berka angesprochen wurde, nämlich Lehrveranstaltungen und Prüfungen grundsätzlich dort für Fremdsprachigkeit zu öffnen, wo das sinnvoll und nötig ist.

 Das Universitätsgesetz 2002 hat ohne Zweifel in der Reihe der vorherigen Universitätsorganisationsgesetze auf die demokratische Mitbestimmungsformen im Binnenbereich verzichtet und diese durch Befehlsstrukturen ersetzt. In diesem Sinne kann man das Wort „autoritär“ verwenden und so habe ich den Beitrag von Herrn Schmidt-Dengler verstanden und so würde ich dem auch beitreten. Eine Schlussfolgerung, die lautet, dass ein vom Nationalrat beschlossenes Gesetz gar nicht autoritär sein könne, mag eine bestimmte Art von semantischer Qualität haben. Mit logischer Qualität kann sie nicht aufwarten.

In der dritten Tranche des Hearings ist eine Fülle von Anregungen, Wünschen und Forderungen an den Konvent herangetragen worden. Viele davon betreffen die Arbeit des Grundrechtsausschusses 4. Es geht einerseits um Wünsche nach speziellen Gewährleistungen, etwa das Redaktionsgeheimnis als Teil der Meinungs- und Informationsfreiheit betreffend. Zum Zweiten gibt es einen deutlichen Trend, der in Richtung Leistungsgewähr in der Fortsetzung und Weiterführung von Eingriffsschutz geht. Das hat sich auch bei diesem Heraring bestätigt. Dem Grundrechtsausschuss 4 liegt nunmehr ein abgerundeter Input vor. Er umfasst mehrere Schichten in Form von bestehenden Rechtsvorschriften, einschlägiger Rechtssprechung und Lehre und nicht zuletzt Vorschläge und Anregungen, insbesondere auch solche aus den Hearings.

In all diesen Schichten, die als Grundlage der Ausschussarbeit gelten müssen, gibt es starke Kontroversen und Widersprüche. Ich möchte nun in Angelegenheit des Ausschusses 4 sprechen. Der Ausschuss 4 hat um eine Verlängerung des Mandats um weitere vier Monate angesucht. Darüber ist noch nicht entschieden worden. Ich möchte in diesem Zusammenhang dem Präsidium den Auftrag des Ausschusses 4 in Erinnerung bringen. Er lautet: „konsensgetragene Textvorschläge für einen neuen Grundrechtskatalog herzustellen“. Auf allen Ebenen bedarf es zunächst einer Verständigung über Sachprobleme. Dabei geht es noch nicht um rechtspolitische Positionen, sondern um Fragen der Auslegung und des Zustandes der Grundrechte, ihrer Reichweite und Verzweigungen – kurz um eine Bestandsaufnahme.

Die bisherige Tätigkeit im Ausschuss hat gezeigt, dass allein schon auf dieser Ebene, wenn man Gründlichkeit und Genauigkeit haben will, ein hoher Aufwand an Zeit und Gesprächsbereitschaft erforderlich ist. Der Ausschuss 4 hat sich bisher mit einzelnen Grundrechten aus dem konventionellen Bereich der Abwehrrechte befasst. Nunmehr liegen Vorschläge für einen gesamten Grundrechtskatalog vor. Für die Arbeit des Ausschusses ergeben sich daraus neue Perspektiven.

Ich gehe davon aus, dass wir in der zweiten Arbeitshälfte, so sie uns bewilligt wird, mit forcierterem Tempo weiterarbeiten können. Ich bitte aber zu bedenken, dass man in der Trias von Menge, Qualität und Zeit nicht alles haben kann. Mit zu geringem Zeitaufwand kann man nicht auch zugleich Menge und Qualität bekommen. - Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Kollege Konecny, bitte! Gleiche Redezeit.

Albrecht Konecny: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Wir haben aus den Bereichen der Kunst, der Kultur und der Medien eine Reihe von interessanten Anregungen gehört. Wobei ich ein Motiv aufgreifen möchte, das jetzt in der Debatte der Konventsmitglieder eine Rolle spielt: Natürlich ist dabei viel von konkreter Politik die Rede. Nicht alles – es hat einige konkrete Vorschläge gegeben – hat Verfassungsrang.

Aber natürlich ist – und beim Grundrechtskatalog ist das nicht anders – die Politik mitzudenken, wenn wir über Verfassungsbestimmungen debattieren. Verfassungsbestimmungen, die das und das Gegenteil gleicherweise möglich machen, sind von einer Unbestimmtheit, mit der die auch verfassungsrechtliche Praxis wenig anfangen kann.

Es geht schon auch darum, diesem Staat eine Richtung zu geben, die klar zum Ausdruck bringt, welche politischen Maßnahmen in einer breiten Vielfalt konkreter Lösungen als das gesellschaftlich Erwünschte darzustellen sind. Wozu brauche ich sonst einen Grundrechtskatalog, wenn ich nicht bestimmte Werthaltungen, bestimmte Förderungswürdigkeiten, bestimmte Zielsetzungen politischen Handelns in der Verfassung oder in einem Grundrechtskatalog im konkreten Fall festschreibe?

Es ist mit Recht, wie ich meine, auch und gerade vom Kollegen Bauer, dem Sprecher der Journalistengewerkschaft, darauf hingewiesen worden in einem ganz konkreten, aber außerordentlich wichtigem Fall, nämlich dem der Presseförderung, dass natürlich gezielte Maßnahmen – das gilt nicht nur für diesen Bereich – die Ungleichbehandlung geradezu naturnotwendig voraussetzen. Wenn ich gleichmäßig über alle, die in einem Feld agieren – im konkreten Fall waren die Medien, die Tageszeitungen beispielsweise, oder auch in der Publizistikförderung, Zeitschriften das Zielobjekt – gleichmäßig ein Füllhorn ausschütte, dann erreiche ich damit wenig.

Wenn ich jene, die aus welchen Gründen auch immer – und über die Definition kann man reden – als marktschwächere aber mit einem besonderen Anliegen versehen förderungswürdig sind, dann muss ich ungleich behandeln. Und dieser Grundsatz, um Gleichheit zu erzielen ist Ungleichbehandlung notwendig, ist zweifelsfrei etwas, was in unserem Verfassungskontext klar ausgesprochen werden sollte.

Wir haben hier ein paar Mal – und das ist eine Seitenbemerkung für jene, die die Debatte verfolgt haben – von einem dualen Rundfunksystem sprechen gehört, so, als wäre es selbstverständlich. Ich glaube, dass wir klar und deutlich davon sprechen müssen, dass es bei aller ungleichen Gewichtung ein triales System ist, wo neben dem öffentlich-rechtlichen und dem kommerziellen Programmgestalter eben auch die freien kleinen, vielleicht auch förderungsbedürftigen Sender oder Veranstalter ihre Rolle übernehmen müssen und nicht sie bereits – vielleicht sogar auf der Verfassungsebene - als Randfiguren dadurch, dass wir ein duales System geistig dem zugrunde legen, ausschalten.

Zuletzt noch zwei Bemerkungen zu Debatten, die es am heutigen Tag gegeben hat: Das mit dem schlanken Staat ist naturgemäß ein schwieriger Begriff. Zwischen schlank und - könnte man dazu sagen – muskulös auf der einen Seite, um einen Witz weiter zu spinnen, und anderem besteht sicher ein Gegensatz. Schlank dort, wo es um klare und knappe Verwaltungsvorgänge geht – bedingungsloses Ja! Schlank dort, wo sich der Staat aus der Gestaltung der Gesellschaft zurückzieht – mit Sicherheit Nein!

Das Letzte, das ich sagen möchte – und auch da an den Kollegen Funk klar und eindeutig anschließend: Ein Gesetz, das im Rahmen unserer Verfassung zustande kommt, ist sicherlich demokratisch, politisch legitimiert. Das ändert nichts daran, dass sein Inhalt autoritär sein kann. Das Mehrheitsprinzip schließt auch das ein – und solange keine Verfassungsgrundsätze verletzt sind, was der Verfassungsgerichtshof judiziert hat, ist es naturgemäß gültiges Recht und anzuwenden. Eine autoritäre Grundhaltung darin kann sehr wohl trotzdem festgestellt und laut ausgesprochen werden. Wenn wirt vergleichen, in welchem Maß es Demokratie an den Universitäten – das hat Ihnen nicht schlecht getan – seit den siebziger Jahren gegeben hat, dann ist das ein autoritärer Rückschritt.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Wir haben jetzt die gewünschten acht Wortmeldungen angehört und kommen jetzt zum Komplex Familie. Gemeldet sind Frau Edith Haller – wieder unter Weglassung von Titeln -, Rosa Loger, Johannes Fenz, Gabi Binder, Otto Gumpinger und Ingrid Piringer. - Bitte, Frau Kollegin Haller!

Edith Haller: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident!

Ich habe in den zwölf Jahren meiner parlamentarischen Tätigkeit immer den Themenbereich Familie als Sprecherin der FPÖ vertreten und kann heute, jetzt in meiner Funktion als Obfrau des Freiheitlichen Familienverbandes, die Forderungen des Freiheitlichen Familienverbandes bekannt geben.

Meine Damen und Herren! Die gesetzliche Anerkennung des Menschenrechts auf Ehe und Familie ist nun weit über 100 Jahre alt. Dieses Menschenrecht sollte eigentlich genügen, um dessen Verwirklichung ohne Diskriminierung zu ermöglichen. Aber die Realität ist einfach eine andere. Obwohl die Mehrheit der Österreicher mit Familie, mit Kindern leben wollen – das ist ja durch etliche Statistiken bewiesen – gibt es eher negative Tendenzen, es gibt einen eklatanten Geburtenrückgang zum Beispiel. Und obwohl alle gesellschaftlichen Teilsysteme von den Familien und den von ihr erbrachten Leistungen profitieren – zum Beispiel in großem Ausmaß die Wirtschaft – wird Familie nach wie vor in Österreich als Privatsache betrachtet.

Das hat vielleicht darin oder ziemlich sicher darin den Grund, dass Familien und der Bereich Familie ein sehr sensibler Bereich ist, dass Familien nur beschränkt organisierbar sind, dass Familien keine Machtstrukturen haben und deshalb auch nicht in ein Machtsystem, in das bestehende Machtsystem Österreichs eingebunden sind. Das hat eine Rücksichtslosigkeit, eine strukturell entstandene Rücksichtslosigkeit zur Diskriminierung der Familien gebracht, das ist ein Zitat vom Professor Schattowitz vom Institut für Familienforschung zum internationalen Jahr der Familie aus dem Jahr 1994. Und eines muss uns doch allen klar sein: Familienpolitik ist Gesellschaftspolitik, nicht ein Teil, sondern sie ist Gesellschaftspolitik. Und die Leistungen, die Familien für den Staat, für den Generationenvertrag, über den jetzt so viel gesprochen wird, erbringen, die müssen einfach stärker als bisher ins Bewusstsein der österreichischen Bevölkerung gebracht werden.

Deshalb ist es für den freiheitlichen Familienverband zwingend notwendig, dass Familie und Ehe in die Verfassung aufgenommen werden und unserer Vorschläge haben wir auch schriftlich festgehalten. Das lautet so:
 „In Familien werden vielfältige Leistungen erbracht, die für die gesamte gesellschaftliche und staatliche Ordnung Grundlagen vermitteln, die Politik, Gesetzgebung und staatliche Organisationen nicht schaffen können. Wie selbstverständlich greifen diese aber drauf zurück, ohne sich der Quelle dieser Ressourcen ausreichend bewusst zu sein. Die in Familien erbrachten Leistungen sind eine Basis für die Erhaltung der Gesellschaft. Ohne die Erziehung zur Leistungsbereitschaft, zur Rücksichtnahme und Solidarität ist ein gesellschaftliches Miteinander nicht möglich.“ das ist ein Zitat aus dem österreichischen Familienbericht 1999, Seite 6.

Der Freiheitliche Familienverband Österreichs fordert daher, dass diese zentrale Bedeutung der österreichischen Familien auch in der neuen Verfassung entsprechend berücksichtigt wird, damit die Familien auch in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen können. Wichtig erscheinen uns dabei vor allem drei Punkte: Erstens, eine generelle Anerkennung der Bedeutung von Ehe in der Familie, zweitens, ein klares Bekenntnis zu Recht und Pflicht der Eltern, in erster Linie die Erziehung ihrer Kinder zu gestalten und zur Verpflichtung des Staates, sie dabei zu unterstützen, drittens, ein klares Bekenntnis zur Steuergerechtigkeit. Alle diese Punkte sind zum Beispiel schon seit mehr als 50 Jahren fester Bestandteil der Verfassung unseres Nachbarlandes Bayern und die betreffenden Artikel 123 bis 126, jeweils der Absatz 1 dieser Artikel, der Verfassung des Freistaates Bayern erscheinen uns, allerdings in modifizierter Form, sehr gut geeignet, auch in unserer Verfassung die Bedeutung der Familien zu verankern. - Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Kollegin Haller vom Freiheitlichen Familienverband. Am Wort ist Frau Rosa Logar, Geschäftsführerin der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Gleich Redezeit – 5 Minuten.

Rosa Logar: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte mich zuerst für die Einladung bei der Anhörung des Österreich-Konvents recht herzlich bedanken. Ich vertrete hier eine Opferschutzeinrichtung, die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Unsere Einrichtung ist, wie gesagt, eine staatlich anerkannte Opferschutzeinrichtung, sie wurde 1997 als Begleitmaßnahme zum Gewaltschutzgesetz eingerichtet. Ich selbst bin schon seit über 25 Jahren im Bereich der Prävention familiärer Gewalt tätig.

Ich möchte Sie also auf eine Schattenseite des Bereiches Familie hier aufmerksam machen. Österreich hat mit dem Bundesgesetz zum Schutz bei Gewalt in der Familie ein für Europa beispielhaftes Gesetz geschaffen, das überall auf große Anerkennung und großes Interesse stößt. Mit dem Gesetz wurde anerkannt, dass ein demokratischer Rechtsstaat die Grund- und Menschenrechte achtet, in keinem Bereich, auch nicht im Privatbereich, Gewalt dulden darf, und dass die Opfer Anspruch auf Schutz und Unterstützung haben. Der Unrechtszustand, dass Opfer vor Gewalt flüchten und sich verstecken müssen, wurde beendet, doch Österreich darf mit dieser wichtigen Reform nicht stehen bleiben. Der Schutz der Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Freiheit erfordert weitere Anstrengungen zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie.

Die Familie, die eigentlich der sicherste Ort sein sollte, ist für zu viele Menschen der gefährlichste Ort. Tag für Tag werden in Österreich Tausende Personen misshandelt und gequält. Die Opfer sind überwiegend Kinder und Frauen. Besonders Kinder leiden seelisch und körperlich schrecklich unter der Gewalt und werden in ihrer Entwicklung enorm behindert. Es besteht die Gefahr, dass die Ausübung von Gewalt von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Kinder, die Gewalt zwischen den Eltern erleben, haben ein erhöhtes Risiko, als Erwachsene selber zu Tätern oder Opfern zu werden. Die Gefahr von Gewalt steigt besonders in Zeiten von Trennung und Scheidung. Hier kommt es regelmäßig zu schweren Gewalttaten wie Morden und Mordversuchen.

Die Prävention von Gewalt in der Familie ist daher für die Gesellschaft ein wichtiges Ziel. Denn um Gewalt erfolgreich verhindern zu können, ist es notwendig, die Ursachen zu betrachten, und die Entstehung von Gewalt zu verhindern. Die Vereinten Nationen haben dazu folgende Definition festgelegt: “Violence against women is a manifestation of the historically and equal power relations between man and woman, which have led to domination over in this discrimination against women per men and to the prevention of women’s full advancement.” – Aus dem Abschlussdokument der Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen.

Die Ungleichheit von Frauen und Männern ist also eine der zentralen Wurzeln von Gewalt an Frauen. Armut und Abhängigkeit von Frauen sind Risikofaktoren für Gewalt. Frauen verdienen noch immer ein Drittel weniger als Männer und ihre Pensionen betragen durchschnittlich nur etwa die Hälfte der Männerpensionen. Die Herstellung von Gleichheit und die Beendigung von Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen sind daher wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung familiärer Gewalt.

Österreich hat sich im Rahmen zahlreicher internationaler Vereinbarungen zur Prävention von Gewalt an Frauen, zum Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern und zum Gender Mainstream bekannt. Die Ratifizierung der Frauenkonvention der Vereinten Nationen durch Österreich bringt die Verpflichtung, auf allen Ebenen gegen Diskriminierung, Benachteiligung von Frauen tätig zu werden. Der Artikel 3, Abs. 2 des EG-Vertrags beinhaltet das Prinzip des Gendermainstreaming. Wir ersuchen die Mitglieder des Konvents, die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Beendigung von Diskriminierungen und Benachteiligung von Frauen zu einem wichtigen und zentralen Element der Beratungen zu machen. Wir unterstützen die Vorschläge des österreichischen Frauenrings zum Artikel 7, und ersuchen den Konvent, diese voll inhaltlich zu berücksichtigen. Diese Maßnahmen wären ein entscheidender Beitrag zur Prävention zur Gewalt in der Familie. - Danke für ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist als Nächster Kollege Johannes Fenz, Präsident des Katholischen Familienverbandes. - Bitte.

Johannes Fenz: Grüß Gott, Herr Vorsitzender! Grüß Gott, sehr geehrte Damen und Herren des Konvents.

Familienarbeit anerkennen, Familien bilden das Human- und Sozialkapital eines Staates. Kinder sichern den Generationenvertrag und trotzdem sind wir von dem erklärten politischen Ziel, Österreich zum familienfreundlichsten Land der Welt zu machen, noch weit entfernt. Denn: Kinder haben wird oft als reine Privatangelegenheit betrachtet, das ist ein gesellschaftstheoretischer Fundamentalirrtum, den es zu beseitigen gilt.

Kinder haben ist nicht nur Privatsache, es besteht auch ein zentrales öffentliches Interesse daran. Dass Auf - und Erziehen der nachwachsenden Generation ist eine elementare Zukunftsinvestition, die als solche im öffentlichen und politischen Bewusstsein verankert werden muss. Familien dürfen sich nicht länger in der Rolle des "selbstverständlichen" Leistungsträgers wieder finden. Ihre Arbeit muss daher auch sozial und pensionsrechtliche Maßnahmen abgesichert werden.

Familien werden in der Öffentlichkeit hauptsächlich als Bitt- und Anspruchssteller wahrgenommen. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die Grenzen zwischen Familienleistungen und Sozialleistungen verschwimmen. Familienleistungen müssen Kraft ihrer Definition ohne jede Einkommensgrenze gewährt und jährlich valorisiert werden.

Trotz Steuerreform nimmt das gegenwärtige System keine Rücksicht darauf, wie viele Personen von einem Einkommen leben müssen. Familieneinkommen unter dem Existenzminimum pro Familienmitglied werden besteuert. Alleinverdiener mit Kindern sind steuermäßig benachteiligt gegenüber Haushalten mit zwei Verdienern, bei gleich hohem Einkommen.

Familienpolitik darf nicht einzelne Formen familiären Zusammenlebens ausgrenzen. Das darf sie aber nicht daran hindern, deutlich zu machen, dass bestimmte Familienstrukturen, nämlich die Eltern-Kind-Gemeinschaften auf der Grundlage der Ehe anzustreben sind. Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter dem Aspekt des Kindeswohls wird das familienpolitische Thema der Zukunft sein.

Weder das frühere Familienmodell der strikten geschlechterspezifischen Arbeitsteilung, noch das Familienmodell der funktionalen Gleichheit von Mann und Frau, können das Leitbild einer zukunftsorientierten Familienpolitik sein. Notwendig ist Wahlfreiheit, für unterschiedliche Handlungsoptionen, in der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau in Familie und Beruf.

Politik wird für jene gemacht, die wählen dürfen. Die Interessen der Kinder und Jugendlichen bleiben daher oft unberücksichtigt. Dabei sind Kinder und Jugendliche diejenigen, die von den politischen Fehlentscheidungen von heute am stärksten betroffen sind. Aus diesem Grund wäre die Umsetzung eines Stellvertreter-Wahlrechts der Eltern, für die noch nicht wahlberechtigten Kinder zu schaffen.

Die Grundfrage, ab wann ein Mensch ein Mensch ist und Personenstatus hat, darf nicht nach wirtschaftlichen Kriterien entschieden werden. Der umfassende Lebensschutz, das uneingeschränkte Ja zum Kind und das uneingeschränkte Ja zum Menschen, bis zum natürlichen Tod, dürfen auch unter dem Deckmantel der Wissenschaft und Forschung nicht zur Diskussion stehen.

Eine moderne, demokratische Gesellschaft, braucht selbstbewusste, kritische und mündige Bürger. Sie müssen fähig sein, eigene Standpunkte einzunehmen und Verantwortung für einander, sowie in der Gesellschaft einzunehmen.

Bildung und Ausbildung haben wesentlich mit Menschenwürde, Gerechtigkeit und Freiheit zu tun. Sie sind die Grundlage für bessere Lebenschancen und müssen daher Allgemeingut bleiben.

Der Österreich-Konvent hat sich die Aufgabe gestellt, eine Verfassung für das 21. Jahrhundert zu entwerfen. Die dafür notwendige Revision der zentralen Staatsaufgaben braucht Zukunftsvisionen, die realitätsnah sind und sich damit befassen, wie wir in diesem Land miteinander leben wollen und sollen und welcher festgeschriebener Ziele und Werte es dafür bedarf.

Der katholische Familienverband Österreichs als größte Familienorganisation Österreichs vertritt die Auffassung, dass sich Österreich in seiner Verfassung zu einem christlichen Wertebild, zu einem Leistungsausgleich zwischen Kinder habenden und kinderlosen Menschen, zu einem Recht auf Bildung und Ausbildung, zu Ehe und Familie als eine zu fördernde Familienform bekennt und verhindert, dass Kinder zur Armutsfalle werden.

Zielführend erscheint uns dabei die Überprüfung sämtlicher Maßnahmen und Gesetze auf Familienverträglichkeit. Unabdingbare Aufgabe des Staates ist es auch, für die notwendigen Rahmenbedingungen zu sorgen, damit jeder Mensch seine Lebensplanung und sein persönliches Familien- und Vereinbarkeitsmodell auch verwirklichen kann. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Kollege Fenz. Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Gabriele Binder. Sie spricht für die Kinderfreunde. - Bitte, Frau Kollegin!

Gabriele Binder: Herr Präsident! Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich im Namen der Österreichischen Kinderfreunde, dass ich heute vor dem Konvent sprechen kann.

Die Kinderfreunde sind eine Kinder- und Jugend- und Familienorganisation, mit einer fast hundertjährigen Geschichte, mit rund 600 ehrenamtlichen, organisierten Ortsgruppen und ebenso ein großer Dienstleistungsbereich, vor allen Dingen in der Kinderbetreuung.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit fünf Themen beschäftigen, die unserer Meinung nach verfassungsrelevant sind. Zum Einen, eine unserer wesentlichsten Forderungen ist, Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, entsprechend der Kinderrechtskonvention. In Österreich ist die Kinderrechtskonvention bereits seit 5. September 1992 in Kraft. Konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung der Kinderrechte, die insbesondere zu einem verbesserten Rechtsschutz für die Kinder geführt hätten, sind bislang allerdings weitgehend unterblieben. Wir setzen große Hoffnungen in die Umsetzung des Aktionsplanes, zehn Jahre nach dem internationalen Jahr der Familie.

Weiters meinen wir, dass es an der Zeit wäre, eine Kinderverträglichkeitsprüfung bei zukunftsrelevanten Gesetzen einzuführen und eine weitere Forderung ist, die Modernisierung des Wahlrechtes, im Sinne erweiterter Partizipationsrechte für unter Achtzehnjährige und mehr Demokratie.

Konkret meinen wir Österreichischen Kinderfreunde, eine Herabsetzung des Wahlalters auf sechzehn, sowohl auf Gemeinde-, als auch auf Landes- und Bundes- und europäischer Ebene, denn wir meinen, solange junge Menschen keine politische Stimme besitzen, müssen ihre Interessen von den Erwachsenen, vor allen Dingen, von den Eltern wahrgenommen werden. Diese Altersgrenze soll auch für Volksbefragung, Volksbegehren und Volksabstimmung gelten. Begleitend dazu, muss es aber zu einer Intensivierung der politischen Bildung für junge Menschen kommen.

Zum Thema Familien insgesamt. Wir Österreichischen Kinderfreunde fordern die Anerkennung verschiedenster Familienformen. Familie ist unserer Meinung nach mehr als Vater, Mutter, Kind. Wir definieren Familie als eine verantwortungsbewusste, partnerschaftliche und gleichberechtigte Lebensgemeinschaft von Erwachsenen mit Kindern. Auch hier fordern wir eine Familienverträglichkeitsprüfung bei Gesetzwerdung und vor allen Dingen, eine Forderung von uns, vermehrte Väterförderung, die Einführung eines Väterschutz-Monats. Denn gerade die Umstellung auf ein Leben zu dritt ist eine sehr sensible Familienphase, die jede Unterstützung braucht. Die ersten Wochen nach der Geburt sollte der Vater zu Hause sein, seine Frau unterstützen und sie Zeit für ein neugeborenes Kind nehmen. Damit würden Mütter in der schwierigen Anfangszeit entlastet werden und Väter könnten von Anfang an in ihre Vaterrolle hineinwachsen.

Ein wichtiger Punkt zum Thema Familie ist für uns auch die Verankerung des arbeitsfreien Sonntags in der Verfassung.

Zum Thema Jugend. Wir meinen, dass die Bundesjugendvertretung aufgewertet gehört, die Jugendgerichtsbarkeit wieder hergestellt wird und verfassungsrechtlich wieder verankert werden muss. Und eine weitere Forderung ist die Vereinheitlichung der Jugendschutzgesetze im Rahmen einer Föderalismusreform. Wir treten für ein bundesweites, einheitliches Jugendschutzgesetz ein.

Thema Sozialstaat. Wir fordern einheitliche Standards im Sozialbereich, unter anderem zum Beispiel bundeseinheitliche Rahmengesetzgebung in der Kinderbetreuung. Wir fordern das Recht des Kindes auf Kinderbetreuung. Die Armut wird mit dem Recht auf Grundabsicherung und die Verankerung des Sozialstaates in der Verfassung bekämpft. Und ein deklariertes Antidiskriminierungsgesetz, um Menschen von struktureller Diskriminierung zu lösen.

Zum Thema Bildung - die Umsetzung: Und unser großes Ziel wäre, dass der Kindergarten als Bildungseinrichtung anerkannt wird. Und wir fordern unter anderem auch den freien und offenen Zugang zur Bildung als verankertes Verfassungsrecht.

Meine Damen und Herren! Zusammengefasst gibt es acht Punkte. Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung, Modernisierung des Wahlrechtes im Sinne erweiterter Partizipationsrechte für unter Achtzehnjährige, Anerkennung verschiedener Familienformen, Verankerung des arbeitsfreien Sonntags in der Verfassung, Vereinheitlichung der Jugendschutzgesetze, Recht des Kindes auf Kinderbetreuung, Verankerung des Sozialstaates in der Verfassung und den freien Zugang zur Bildung als verankertes Verfassungsrecht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Abgeordnete! Zum Wort gelangt Herr Landtagsabgeordneter, Mag. Otto Gumpinger, für den Österreichischen Familienbund. - Bitte, Herr Kollege!

Mag. Otto Gumpinger: Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Danke, erstens für die Möglichkeit, dass auch wir als Familienorganisation hier Anliegen darstellen dürfen.

Ich möchte zwei Anliegen der Familien artikulieren und auch zum Teil anschließen an die Vorrednerinnen und Vorredner. Es ist ein Grundrecht in unserem Staate, dass jeder Mann oder jede Frau an der politischen Willensbildung teilnehmen kann, Kinder und Jugendliche sind aber bis dato davon ausgeschlossen. Das ist eigentlich unvollständig und nicht ausreichend umgesetzt, dieses Grundrecht.

Deshalb treten wir dafür ein, dass es ein Wahlrecht ab der Geburt für jeden Staatsbürger und auch EU-Wahlrecht und so weiter, eingeschränkt auch für andere Mitglieder unserer Gesellschaft, geben soll. Wir wissen, dass im Privatrecht es selbstverständlich ist, dass die Interessen nicht eigenberechtigter Personen durch Vertreter, das heißt durch Eltern oder gesetzliche Vertreter wahrgenommen werden, das könnte auch bei der politischen Willensbildung der Fall sein. Wie das im Konkreten ausgeprägt werden könnte, sollte man aus unserer Sicht dem Einfachgesetzgeber, das heißt dem Parlament oder den Landtagen überlassen, so dass die Möglichkeit zum Beispiel bestünde, allenfalls auf kommunaler Ebene so ein Modell zu realisieren.

Wir halten dieses Wahlrecht ab der Geburt für ein wichtiges emanzipatorisches Anliegen und das wird auch dadurch dokumentiert, dass beispielsweise auch in der Bundesrepublik Deutschland der deutsche Bundestagspräsident Thierse einen derartigen Appell von etlichen Bundestagsabgeordneten in Deutschland mit unterzeichnet hat. Das wird dort von verschiedensten politischen Kräften getragen und ich glaube, es wäre wichtig, dass auch in Österreich eine solche Möglichkeit eröffnet wird.

Das zweite Anliegen ist die angemessene Erwähnung und Beachtung der Familie in der Verfassung generell. Dem müsste natürlich ein sehr breit angelegter Familienbegriff zu Grunde liegen. Aus unserer Sicht ist es zweitrangig, ob das in einer Präambel oder in Staatszielbestimmungen realisiert wird, aber es ist wichtig, dass die Familie verankert ist. Sie ist nämlich jene Lebensform, die die Zukunft unserer Gesellschaft durch die Erziehung und Betreuung der Kinder sichert. Sie wissen auch, dass über 80 Prozent der Betreuung älterer und hilfsbedürftiger Menschen auch in Familien in Österreich erfolgt und nicht in Heimen oder staatlichen Einrichtungen. Das heißt, die Familie erbringt enorme Leistungen zur Zukunftssicherung und deshalb ist es recht und billig, wenn sie auch gerecht in der Verfassung verankert wird, das heißt, ihre Förderung, ihr Schutz entsprechend dort zum Ausdruck kommt. Das ist in vielen Verfassungen, in vielen Ländern in Europa der Fall. Dort hat die Familie einen hohen Stellenwert und das sollte auch in Österreich der Fall sein.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Kollege. Es gelangt jetzt die Frau Ingrid Piringer, Österreichische Plattform für Alleinerziehende zu Wort und ich schlage vor, dass wir dann die Wortmeldung von Kollegin Romana Brait einfügen, die vom Vormittag wegen einer Schularbeit auf den Nachmittag verschoben wurde. Ich wage nicht zu fragen, wie es mit der Schularbeit gegangen ist, aber sie strahlt ziemlich. - Bitte, Frau Kollegin.

Ingrid Piringer: Sehr geehrter Herr Präsident! sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorerst möchte ich mich dafür bedanken, dass es uns als “Österreichische Plattform für Alleinerziehende” ermöglicht wurde, Anliegen der allein Erziehenden an Sie heranzutragen.

Die Zahl der Alleinerziehenden ist mit 17 Prozent aller Familien - das heißt, jede sechste Familie ist eine Alleinerzieherinnenfamilie - längst keine Randerscheinung mehr, es ist eine Frage der Frauen. 88 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. Für ein oder mehrere Kinder vorwiegend allein zuständig zu sein, heißt, Beruf und Kinderbetreuung in Einklang bringen zu müssen, und das ist in Zeiten alternativer Arbeitsformen und geringer Angebote schwieriger denn je. Es wird möglichst große Verfügbarkeit und Flexibilität erwartet, was durch die Betreuungspflichten aber in der Regel nicht realisierbar ist. Das ist auch häufig der Grund, weshalb allein Erziehende Probleme haben, im Arbeitsleben Fuß zu fassen, geschweige denn Karriere zu machen.

Allein Erziehende ohne Erwerbseinkommen stehen an der Spitze der am meisten von Armut betroffenen Gruppen in Österreich. Aber auch erwerbstätige allein Erziehende haben laut Sozialbericht zu einem hohen Prozentsatz einen niedrigen Lebensstandard. Während sich 19% allein Erziehende unter den Haushalten mit sehr niedrigem und 11% mit niedrigem Lebensstandard finden, ist es bei Haushalten mit hohem Lebensstandard gerade noch 1%.

Weil allein Erziehende wegen ihrer Betreuungspflichten häufig schlecht bezahlte und oft weit unter ihrem Niveau liegende Tätigkeiten oder Teilzeitarbeit annehmen müssen, um die Familienexistenz zu sichern, spielen Transferleistungen und der Kindesunterhalt eine besonders wichtige Rolle.

Ich möchte einige Fragen einer allein erziehenden Mutter anlässlich einer Veranstaltung zum Thema Kindesunterhalt und Unterhaltsvorschuss zitieren. Sie hat als Junglehrerin nur einen Jahresvertrag und muss jedes Jahr darum kämpfen, genügend Stunden zu bekommen, um die Existenz ihrer Familie sichern zu können: “Wie lange noch, frage ich mich, kann ich für meine Kinder aufkommen? Werde ich die Kraft haben, den langen Atem? Werde ich gesund bleiben? Werde ich meine Arbeitsstelle behalten? Wer sorgt für meine Kinder, wenn ich einmal nicht in der Lage dazu bin? Sind meine Kinder schlechtere Kinder, bloß weil ihr Vater so krank ist, dass er arbeitsunfähig ist und sie deshalb keinen Unterhaltsvorschuss mehr bekommen? Was können sie dafür? Schade, dass unsere Kinder dem Staat nicht mehr wert sind.” Diese Situation stellt für viele allein Erziehende ein großes Problem dar.

Eine von der ÖPA kürzlich durchgeführte Befragung ergab, dass 17 % der befragten allein Erziehen, das ist jede 6. Familie, weder Kindesunterhalt noch Unterhaltsvorschuss erhalten. Grund dafür ist unter anderem die Zahlungsunfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils vor allem durch Krankheit oder Konkurs, wodurch auch der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss erlischt oder im Fall von Arbeitslosigkeit auf 29 Euro herabgesetzt wird. Das heißt, wenn der Vater nicht zahlen kann, zahlt auch Vater Staat nicht. Wäre der unterhaltspflichtige Elternteil nur zahlungsunwillig, könnte man anspannen und das Kind könnte Unterhaltsvorschuss bekommen.

Bereits im Mazal-Bericht wird angeregt, den Unterhaltsvorschuss vom Leistungsprinzip abzukoppeln: “Um diese Härtefälle zu vermeiden, wäre eine Gewährung von Unterhaltsvorschuss von einer tatsächlichen Einbringbarkeit von Unterhaltsansprüchen zu entkoppeln.” Dies ist derzeit wegen Kompetenzproblemen zwischen Bund und Ländern nicht möglich. Um das Armutsrisiko von Kindern in Allein-Erziehenden-Familien erfolgreich zu bekämpfen, wäre es daher dringend notwendig, durch eine Änderung in der Verfassung Bedingungen für eine Unterhaltssicherung zu schaffen, die nicht nur die Kosten für das nackte Leben abdeckt, sondern vor allem auch eine Ausbildung der Kinder ermöglicht und deshalb weit über dem normalen Sozialhilfesatz liegen muss.

Armut ist weiblich, Armut ist erblich, Armut macht krank. Kinderarmut schließt nahtlos an Mütterarmut an. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, legt auch die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten unter sechs politischen Prioritäten für die nächsten drei Jahre die Bekämpfung der Kinderarmut nahe. Kinder aufzuziehen darf nicht zur Armutsfalle werden. Allein Erziehende verdienen keine Bestrafung für ihr Durchhalten beim Aufziehen ihrer Kinder.

Eine Unterhaltssicherung für Kinder kann die “Armutsvererbung” durchbrechen, sie stellt eine Investition in die Zukunft dar. Es ist nicht nur ein privates, sondern - heute mehr denn je - ein gesellschaftliches Anliegen, Kinder zur Welt zu bringen und für ihre Erziehung und Ausbildung zu sorgen, damit sie ihrerseits später als Erwachsene ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen und den Generationenvertrag erfüllen können.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin Kollegin Romana Brait, bitte.

Romana Brait: Danke schön. Danke schön auch für die Möglichkeit, jetzt noch zu sprechen.

Die Bundesschülerinnenvertretung hat ihrerseits drei zentrale Anliegen und das erste wäre, den freien Bildungszugang in der Verfassung zu verankern, weil die jetzige Bildung bedeutet einen grundlegenden Faktor für unsere spätere Gesellschaft. Die jetzigen Schülerinnen und Schüler bilden die spätere Gesellschaft. Das bedeutet, dass Bildung uns zu selbständig denkenden, kritischen und mündigen Menschen machen kann. Aus dem Grund ist es für uns essentiell, dass der freie Bildungszugang in der Verfassung verankert wird, damit die Chancengleichheit und die Chance für jeden Schüler und für jede Schülerin besteht, Bildung zu bekommen und Bildung zu erhalten, weil es unserer Meinung nach gerade in Österreich wichtig ist, dass alle Menschen dieselben Chancen haben und alle Menschen in die Schule gehen können, und die Möglichkeit haben sich zu bilden.

Und aus diesem Grund wollen wir erstens: den freien Bildungszugang in der Verfassung verankern und zweitens: auch die Tatsache, dass Bildung einen befreienden Charakter haben soll. Das bedeutet, dass Bildung nicht dazu verkommen darf, dass Humanressourcen für die Wirtschaft produziert werden, sondern, dass Bildung für die Menschen geschaffen werden soll. Bildung soll uns weiterentwickeln, wir sollen dazu lernen können und in der Bildung soll man die Chance haben, seine Persönlichkeit zu entfalten. Und das heißt, dass Bildung befreit. Und Bildung kann befreien von Vorurteilen, von Ängsten, von Unsicherheit, und in diesem Sinne der Bildung den freien Charakter zu lassen und uns so die Chance geben, zu mündigen und kritikfähigen Menschen zu werden.

Und da komme ich auch gleich zum dritten Thema, nämlich das Grundrecht für Schülerinnen und Schüler auf Mitbestimmung. Schülerinnen und Schüler stellen die größte Berufsgruppe dar mit 1,2 Millionen und für uns ist es essentiell, Demokratie zu lernen, die wir später einmal leben sollen. Und, wo können wir diese Demokratie lernen, in der Schule. Und, das heißt, dass Demokratie und aktive Demokratie für uns in der Schule beginnt. Aber Schülerinnen und Schüler werden in der Schule nicht oft gefragt. Das bedeutet, dass den Unterricht meistens die Lehrerinnen und Lehrer bestimmen, die Schule und die Schulgestaltung, der Direktor oder die Direktorin.

Und für uns, für uns wäre es aber essentiell, dass das Recht auf Mitbestimmung für die Schülerinnen und Schüler in der Verfassung verankert wird, damit es ein Fundament gibt für Schülerinnen und Schüler, in der Schule mitbestimmen zu können, dass sie nicht mehr übergangen werden, dass sie nicht mehr überhört werden, und dass sie so auch im späteren Leben aktiv am demokratischen Leben teilnehmen können.

Das bedeutet konkret, die drei Punkte, den freien Bildungszugang, Bildung soll befreien, und das Recht auf Mitbestimmung für Schülerinnen und Schüler. - Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer:  Danke vielmals! Wir kommen jetzt zu den Vertretern der Friedensorganisationen, einschließlich Landesverteidigung. Als erster spricht Herr Erwin Lanc, Präsident des International Institute for Peace. Redezeit 5 Minuten und die Frau Präsidentin Orthner übernimmt den Vorsitz. - Bitte, Kollegin Lanc.

Erwin Lanc: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Wir danken für die Einladung.

Gemäß Titel I, Art. 3, Absätze (1) und (4) des Konvententwurfes für eine „Verfassung für Europa“, die dem Europäischen Rat am 20.6.2003 in Thessaloniki überreicht wurde, ist es das Ziel der Union, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern. In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen. Sie trägt bei zu Frieden, Sicherheit etc. sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen. Es fehlt eine Definition, wer für diese Weiterentwicklung und vor allem Wahrung zuständig ist. Den völkerrechtlich nicht durch den UN-Sicherheitsrat mandatierten Krieg gegen Jugoslawien hat man im Nachhinein als für die Durchsetzung der Menschenrechte im Sinne der Charta der Vereinten Nationen notwendig zu legitimieren versucht. Die völkerrechtswidrige Teilnahme von Mitgliedsstaaten der EU im Krieg der USA gegen den Irak hat gezeigt, wie sich einige Mitgliedsstaaten in der EU die Weiterentwicklung des Völkerrechts außerhalb einer konsensionalen Änderung der Charta der Vereinten Nationen vorstellen.

In Artikel 5 des EU-Verfassungsentwurfes ist die Achtung der nationalen Identität und der grundlegenden politischen und verfassungsrechtlichen Struktur der Mitgliedsstaaten festgeschrieben. Somit kann der österreichische Verfassungsgesetzgeber im Rahmen der künftigen EU-Verfassung den Spielraum dafür nutzen, was er unter Friedensförderung und Völkerrecht bzw. deren Weiterentwicklung versteht. Dem stehen die Bestimmungen des Art. 15 über die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht entgegen.

Der künftige Außenminister, der jetzige hohe Repräsentant der Union, trägt durch Vorschläge zu einer Festlegung der gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union bei. Die Festlegung selbst trifft der Europäische Rat, aber gem. Art. 40 (Abs.2) einstimmig.

In Titel V., Kapitel I., Artikel III.-193, Abs. (1) und Abs. (2) ist festgeschrieben, dass die Union „…insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen für multilaterale Problemlösungen eintritt.“

Art. III.-198 Abs. (1) regelt das operative Vorgehen der EU in einer bestimmten internationalen Situation. Art. III.-201 sieht bei Stimmenenthaltung eines Mitgliedsstaates eine förmliche Erklärung dafür vor und ist damit nicht zur Durchführung des EU Ministerratsbeschlusses verpflichtet, akzeptiert jedoch seine Verbindlichkeit für die Union und unterlässt Behinderungen der Beschlussdurchführung.

Im Wegweiser für den Bürger, herausgegeben von der EU-Kommission, heißt es interpretierend dazu:

„Die Verteidigungspolitik der Union wird unter Achtung der verschiedenen kulturellen Traditionen und politischen Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten schrittweise aufgebaut (es ist nicht daran gedacht, die Neutralität bestimmter Mitgliedsstaaten aufzuheben, und auch nicht daran, der NATO Konkurrenz zu machen).“

Dennoch glaubte der damalige Verfassungsgesetzgeber in Durchführung der so genannten Petersberger Aufgaben den §23 f BVG beschließen zu müssen, der auch völkerrechtlich nicht mandatierte Kampfeinsätze des Bundesheeres zuließe. Hier sollte sich der Österreichkonvent eine neutralitätskonforme Novellierung überlegen.

Aus der Sicht der davon betroffenen Österreicher im Bundesheer, auch wenn es sich um Berufssoldaten oder Freiwillige handelt, wäre ein Verweigerungsrecht der Dienstleistung im Falle eines Einsatzes in einer nicht durch den SR der VN mandatierten Mission empfehlenswert; jedenfalls insolange der §23 f BVG den Bundeskanzler und Außenminister ermächtigt, das österreichische Bundesheer an einer völkerrechtlich kriegerischen Handlung teilnehmen zu lassen.

Wenn jemand Wehrdienstleistung aus Gewissensnot verweigern kann und Zivildienst leisten darf so muss es auch das Recht geben als Soldat dann den Einsatz zu verweigern, wenn er in einer durch den Sicherheitsrat der VN nicht mandatierten friedenserzwingenden Mission eingesetzt werden soll. Dies könnte - dzt. eher theoretisch - auch auf Einsätze im Auftrag der OSZE Anwendung finden. Wesentlich ist, dass sich in einer neuen, gestrafften Verfassung das Neutralitätsgesetz 1955 wieder findet. Nur eventuell zeitgebundene Interpretationen, wie der §23 f BVG, sollten in einen Annex zur Verfassung aufgenommen werden.

Es gilt die friedenspolitischen Komponenten der Verfassung Österreichs im Sinne von Kant’s politischem Vermächtnis „Zum ewigen Frieden“ auszubauen. Es gilt, gestützt auf die Neutralität Österreichs, die EU-Verteidigungspolitik vor den Irrwegen einer Interventionspolitik der EU out of Area zu bewahren, wie es Solanas Sicherheitspapier vorsieht.

Es gilt ein Zeichen für den Vorrang des Völkerrechts, für multilaterale Friedensbemühungen zu setzten.

Ich danke für die zusätzlichen Sekunden, Herr Vorsitzender,  und entschuldige mich.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner (übernimmt den Vorsitz): Der nächste Redner ist Herr Pete Hämmerle von den österreichischen Friedensdiensten. - Bitte sehr!

Pete Hämmerle: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, hier als Vertreter der österreichischen Friedensdienste unsere Anliegen vorbringen zu können.

Der ÖFD ist eine Plattform zur Förderung der Friedensarbeit, deren Mitglieder derzeit 14 österreichische Friedensorganisationen umfassen. Er sieht sich einerseits als Organ zur Vernetzung der Friedensarbeit in Österreich, andererseits entsendet der ÖFB seit zehn Jahren freiwillige Friedensdiener und Friedensdienerinnen in die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, um dort den Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft und die interethnische Verständigung nach den Konflikten und Kriegen der Neunzigerjahre zu unterstützen.

Auf diesen beiden Ebenen liegen auch die Anliegen, die wir heute vorbringen wollen. Ich darf vorausschicken, dass ich kein Jurist bin, sondern dass ich versuchen möchte, die aus unserer Sicht für eine österreichische Verfassung in diesem Konvent wichtigen Fragen anzureißen. Was Sie als Experten und Expertinnen dann daraus machen können, darf ich Ihnen vertrauensvoll überantworten.

Die erste Ebene betrifft die Ausrichtung der Politik jedes Staates, also auch Österreichs auf die Bewahrung, Schaffung und Förderung des Friedens als eines der höchsten menschlichen Güter und eines Menschenrechts. Ich darf daran erinnern, dass wir uns mitten in der von der UNO einstimmig, also auch mit der Stimme Österreichs, beschlossenen internationalen Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit für die Kinder der Welt 2001 bis 2010 befinden. Das österreichische Netzwerk für Frieden und Gewaltfreiheit hat dazu einen Anliegen- und Forderungskatalog erarbeitet. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die vielfältigen Verflechtungen der Friedensthematik mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Konfliktpotentialen hinweisen, die eine umfassende Herangehensweise erfordern.

Unserer Überzeugung nach – und das sage ich als Mitarbeiter des Internationalen Versöhnungsbundes, einer der ältesten gewaltfreien Bewegungen weltweit, mit den Worten Gandhis, kann Frieden nur mit friedlichen Mitteln erreicht werden. Das heißt, die Politik muss in allen Bereichen zivilen, gewaltfreien Mitteln den Vorrang vor militärischen Mitteln einräumen und das auch entsprechend auf allen gesetzlichen Ebenen zum Ausdruck bringen. Drei kurze Punkte dazu:

1. Als Zielvorstellung sollte dienen, die bestmöglichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine aktive Friedenspolitik zu schaffen. Unseres Erachtens sind diese noch immer unter Beibehaltung und aktiver Gestaltung der Neutralität Österreichs zu erreichen, weil dadurch am ehesten ein eigener Handlungsspielraum - im Gegensatz zu gewissen Automatismen militärischer Bündnisse - im Sinne einer aktiven Friedenspolitik ermöglicht wird. Weiters spielt die Bindung an das internationale Recht und an Maßnahmen im Rahmen der UNO beziehungsweise der OSCE eine wichtige Rolle.

2. In der Frage der allgemeinen Wehrpflicht sprechen wir uns für deren Abschaffung aus, ohne dadurch eine verstärkte Konzentration auf die Schaffung eines teureren Berufsheeres zu unterstützen. Zwangsdienste im Rahmen der Wehrpflicht entsprechen unserer Meinung nach nicht dem modernen Verständnis von Menschenrechten. Vielmehr treten wir für die Schaffung von freiwilligen zivilen Diensten mit entsprechenden finanziellen Anreizen für unterschiedliche gesellschaftliche und politische Bereiche ein.

3. Wir treten ferner für eine Verpflichtung beziehungsweise Selbstverpflichtung Österreichs zu eigenständigen aktiven Beiträgen zur zivilen Konfliktbearbeitung ein, die von staatlichen Stellen finanziert und in Kooperation mit NGOs durchgeführt werden sollten. Das gilt sowohl für die globale Ebene wie für die Ebene der EU und die nationale Ebene.

Zum Abschluss noch zwei ganz kurze Punkte zum Bereich zivile Friedensdienste. Ein ziviler Friedensdienst könnte unter Einbeziehung beziehungsweise Umwandlung des § 12b Zivildienstgesetz sowie des KSEBVG Auslandseinsatzrecht als eigenständige Aufgabe etwa analog zum Entwicklungshelfergesetz in einem eigenen Friedendienstgesetz behandelt werden. Und zweitens eine grundrechtliche Absicherung von Rahmenbedingungen für Freiwilligeneinsätze beziehungsweise Freiwilligendienste im Verfassungsrang könnte einen positiven Anreiz zur Schaffung und Förderung solchen Engagements bieten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Hämmerle. Danke. – Der nächste Redner ist Herr Dr. Gerald Mader vom Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung. - Bitte

Dr. Gerald Mader: Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich spreche für das Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung, das eine Friedensuniversität in Schlaining betreibt, das weltweit Peace-Building-Kurse durchführt und dessen Schwerpunkt Friedenspolitik, Friedenserziehung und Konfliktvermittlung ist. Daher ist auch das Anliegen, das ich hier vortrage, ein friedenspolitisches Anliegen und ich habe mir erlaubt, einen schriftlichen Beitrag mit neun Punkten einzubringen, schon aus Zeitgründen kann ich hier nur einige wenige, und ich denke drei Punkte, besonders hervorheben.

Der eine ist die Frage des neuen Inhaltes der Neutralität, der zweite Punkt ist die Diskussion und das Problem um den § 23f BVG, und der dritte Punkt ist die Aufnahme von friedenspolitischen Staatszielen in die österreichische Verfassung.

Neutralität: Sicher, die österreichische Neutralität hat sich durch den UNO-Beitritt, durch das Ende des Kalten Krieges, das die Möglichkeit eröffnet hat, den Inhalt der Neutralität frei zu bestimmen und natürlich besonders auch durch den Beitritt zur EU verändert. Geblieben ist aber und nicht obsolet ist zweifellos der militärische Kernbereich, das, was man als Kernneutralität bezeichnet. Und das hat zumindest aus friedenspolitischer Sicht eine besondere Bedeutung. Und diese Bedeutung kann man auch in der Praxis dadurch ersehen, dass ohne dieser Kernneutralität sicherlich oder möglicherweise Österreich schon der NATO beigetreten wäre. Also so ganz ohne Sinn, auch so gesehen, ist die österreichische Neutralität sicher nicht.

Ich möchte aber ein Missverständnis hier gleich ausräumen. Jeder, der an das Ziel der Vereinigten Staaten von Europa denkt oder auch nur auf eine integrierte Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik hinzielt, ist sich natürlich bewusst, dass dann, wenn diese zu Stande kommt, dass dann die Neutralität ebenso überflüssig wie die NATO ist. Aber der jetzige Zustand besteht eben darin, dass das noch nicht ist. Und so lange das noch nicht ist, ist es notwendig, die österreichische Neutralität am gegenwärtigen EU-Recht zu messen und nicht an noch so wünschenswerten Integrationszielen der EU.

Ich muss mich beeilen. Nun zum § 23 nur ganz kurz. Die Österreichische Bundesregierung hat das Neutralitätsverfassungsgesetz nicht geändert und insofern der demokratischen Legitimation der Bevölkerung entsprochen. Sie hat aber gleichzeitig dann doch im Zusammenhang mit dem Amsterdamer Vertrag den §23f geändert, und zweifellos ist dadurch eine unklare Rechtssituation insofern entstanden, also ja sehr viele Verfassungsrechtler und Völkerrechtler die Auffassung vertreten, dass hierdurch eine inhaltliche Derogation eingetreten ist. Es ist daher notwendig und wichtig für den Konvent, den Versuch zu unternehmen, diese unklare Rechtssituation zu beseitigen. Und das kann in zweierlei Weise geschehen. Entweder, man schafft das Verfassungsgesetz ab, oder man novelliert den § 23f, und ich würde sagen, dass das Letztere auch aus friedenspolitischer Sicht vorzuziehen ist. Die Novellierung könnte darin bestehen - und das wäre ein europapolitisches Signal -, dass Österreich als erster europäischer Staat sagt: Friedensmissionen, das heißt, friedensschaffende Missionen dürfen nur unter einem ausdrücklichen Mandat des UNO-Sicherheitsrates erfolgen. Das wäre eine Art kopernikanische Wende in der europäischen Politik, und das sollte ein Signal des Konvents sein, mit der man auch anderen Staaten ein Vorbild gibt - der ganzen Welt letztlich ein Vorbild gibt, das wirklich etwas Neues ist.

Das Ziel der EU sollte nicht sein, sich an einer militärischen Politik der USA zu beteiligen, sondern die EU sollte den Versuch unternehmen, eine neue Art von Politik, also echte Friedenspolitik zu kreieren und praktizieren, wozu Österreich in seiner Verfassung ein Signal setzen sollte.

Ich hätte noch gerne über die friedenspolitischen Staatsziele gesprochen, aber das ist aus Zeitgründen nicht mehr möglich. Ich meine mit dieser Zielsetzung das Bekenntnis zur Friedenspolitik, also zu einer Politik mit friedlichen Mitteln und zu einer Sicherheitspolitik, die nicht primär militärisch definiert ist. Österreich könnte auch hier ein europapolitisches Signal geben und zeigen, dass man auch anders Politik machen kann. - Danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Dr. Mader. Als Nächsten bitte ich Herrn Klaus Lukaschek vom Verein Plattform für Zivildienst um sein Statement. – Bitte.

Klaus Lukaschek: Danke, Frau Vorsitzende. Sehr geehrte Damen und Herren! Als abgesandter Vertreter der Zivildiener möchte ich Ihnen unsere Vorstellungen zum Österreichischen Zivildienst präsentieren.

Ich brauche nicht über die Wichtigkeit des Zivildienstes streiten mit Ihnen, denn jeder in diesem Saal kennt die unschätzbare Bedeutung des Zivildienstes für das österreichische soziale Netz. Kommen wir sogleich zur derzeitigen Situation und unseren Vorstellungen, wie man den Zivildienst verbessern kann.

Erster Änderungsvorschlag unsererseits betrifft die Zugehörigkeit zum Ministerium. Derzeit ist das Bundesministerium für Inneres für den Zivildienst zuständig. Dort hat der Zivildienst aber nichts verloren. Der Zivildienst geht unter allen sicherheitspolitischen Aufgaben völlig unter. Wir fordern daher, dass der Zivildienst dem Bundesministerium für Soziale Sicherheit unterstellt wird. Und ich muss auch jetzt schon – leider – meinen ersten Kritikpunkt loswerden: Die Politik zeigt dem Zivildienst in letzter Zeit viel zu wenig Interesse und Aufmerksamkeit. Und die Folgen zeichnen sich auch schon in der Bevölkerung ab.

Ich habe inzwischen zahlreiche Österreicher, insbesondere Mädchen und Frauen, kennen gelernt, die nicht wussten, was Zivildienst ist. Sie hatten keine Vorstellung darüber, dass es sich um einen verpflichtenden Wehrersatzdienst handelt. Meine Damen und Herren! Das haben sich die Zivildiener wirklich nicht verdient. Ich ermahne hier sämtliche Politiker, den Zivildienst wieder mehr zum Thema zu machen und die anstehenden Probleme auf diesem Gebiet in Form einer Zivildienst-Reformkommission anzugehen.

Der nächste Vorschlag unsererseits betrifft die Bildungspolitik – die zuständige Ministerin ist leider nicht da -, es geht um die Schulen. Wenn die Schule auf das Leben vorbereiten soll, dann hat sie die jungen Männer auch auf die Frage vorzubereiten, ob für sie ein Wehrdienst mit dem eigenen Gewissen vereinbar ist oder nicht. Unser Vorschlag ist eine Projekt orientierte Auseinandersetzung der Schüler und Schülerinnen mit den Themen Wehrdienst, Zivildienst und freiwilligen Hilfsdiensten in allen österreichischen Schulen. Auch Mädchen sollen nämlich die Bedeutung dieser Dienste für Österreich kennen lernen. Die männlichen Schüler sollen danach – also nach Ende des Projektes – eine ungefähre Vorstellung davon haben, was die Entscheidung zum Wehrdienst oder Zivildienst für sie bedeutet. Wir fordern daher eine fixe Verankerung im Gesetz, Verordnung oder entsprechenden Lehrplänen. Das ist der Staat seinen Zwangsverpflichteten schuldig.

Der nächste Kritikpunkt betrifft die in letzter Zeit modern gewordene Art der Gesetzgebung. Als Beispiel sei hier das Budgetbegleitgesetz 2003 genannt. Hier werden 90 Gesetze über einen Kamm geschoren. Und mit Kamm meine ich den Budgetausschuss, der absolut nicht das geeignete Organ ist, um über Materien wie zum Beispiel die Privatisierung der zivilen Verwaltung zu diskutieren. Andere Materien möchte ich komplett ausschließen.

Wir alle wissen: Die eigentliche Arbeit findet in den Ausschüssen statt, aber genau das wird mit solchen Methoden ausgehöhlt. Wir fordern, dass die neue Verfassung dieser Art der Gesetzgebung, nämlich Massengesetze dem Budgetausschuss zuweisen, einen Riegel vorschiebt. Sei es mit Hilfe des Bundespräsidenten oder mit Hilfe des Verfassungsgerichtshofes.

Ein weiterer Kritikpunkt unsererseits ist, dass es in der Vergangenheit auch modern geworden ist, wenn ein Gesetz vom Verfassungsgerichtshof – ein einfaches Gesetz – aufgehoben worden ist, dieses dann noch einmal im Verfassungsrang zu erlassen in der selben Art und Weise, also ohne dass man Strich und Punkt ändert. Das, finde ich, ist die Aushöhlung der Funktion des Verfassungsgerichtshofes und dem muss die neue Verfassung genauso einen Riegel vorschieben.

Nun komme ich aber zu den Problemen, mit denen die Zivildiener täglich konfrontiert sind, und welche seit über drei Jahren die größte Belastung, nämlich finanzielle Belastung, darstellt.

Der Anspruch auf angemessene Verpflegung – so heißt nämlich die Neufassung des Paragraphen – ist eine Katastrophe ohnegleichen. Das Gesetz gibt vor, dass die Einrichtung ihre Zivildiener angemessen verpflegen muss. Sonst gibt es keine Vorgaben, das Ministerium schweigt sich seitdem darüber aus, was darunter zu verstehen ist. Das heißt, die Höhe des Verpflegungsgeldes ist nicht gesetzlich geregelt. Zivildiener erhalten daher, nicht so wie früher, € 11,30 täglich an Verpflegungsgeld, sondern nur € 6,--, sogar auf Empfehlung des Ministers in diversen Rundschreiben. Die Durchsetzung des Anspruches wird weiter von den Behörden verzögert, sodass es noch zu keiner einzigen bescheidmäßigen Überprüfung der Verpflegung auf Angemessenheit erfolgt ist.

Wir fordern daher, dass der Bund wieder die Kosten für die Verpflegung übernimmt und die Verpflegung bundeseinheitlich regelt. Wir fordern eine ordentliche Regelung des Anspruches auf Verpflegung oder aber dessen Abschaffung mit gleichzeitiger Anhebung der finanziellen Grundvergütung.

Die Redezeit ist aus – danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bitte Herrn Dr. Michael Schaffer von der Bundesvereinigung der Milizverbände um seine Ausführungen.

Dr. Michael Schaffer: Frau Vorsitzende! Meine Herren Präsidenten! Geschätzte Damen und Herren! Vorerst einmal herzlichen Dank für die Möglichkeit einer Stellungnahme.

Ich möchte dieser voranstellen, dass unser Verband – im Gegensatz zu sehr vielen anderen Vereinen und Verbänden – keine Selbstzwecklichkeit in seinen Statuten hat. Das heißt: Uns geht es nicht um Eigeninteressen, wir wollen keine Erleichterungen, Vergünstigungen, Bequemlichkeiten oder sonst was für uns selbst, sondern wir haben uns immer in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Und so fordern wir hier auch nichts, sondern wir haben eigentlich bisher immer gegeben.

Der Milizverband repräsentiert die milizartige Struktur des Bundesheeres nach der geltenden Bundesverfassung. Und das steht für Landwehr, für Grenzsicherung, für Hilfs- und Katastrophendienste in Österreich; aber auch mehr als 60 Prozent der Auslandsdienste in den Frieden erhaltenden Missionen werden aus der Miliz rekrutiert.

Wir stellen weiters außer Streit, dass es im Hinblick auf die geänderten Rahmenbedingungen zu einer Neuaufstellung des Österreichischen Bundesheeres, der österreichischen Landesverteidigung kommen muss, weil es eben andere, neue Bedrohungsbilder gibt. Wir warnen jedoch davor, hier gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten und sämtliche innerstaatliche, nationale Verteidigungsvorkehrungen aufzugeben. Und es fällt mir da persönlich auf, dass vor allem jene, die man Jahrzehnte lang schon kennt, dass sie immer das Bundesheer abschaffen wollten, jetzt wieder mit Engelszungen, mit anderen Argumenten, mit Europa und so weiter, aber mit dem gleichen Ziel der Abschaffung unterwegs sind.

Wir glauben daher, dass es eine Mindestnotwendigkeit einer österreichischen Landesverteidigung auch für nationale Zwecke geben muss in der Form etwa, dass die Kompetenzen aller einschlägigen Waffengattungen erhalten bleiben müssen, dann, dass es nach einem bestimmten Flächenschlüssel auch territoriale Einheiten weiter geben muss. Und dass - was für uns, für meinen Verband wichtig ist -, dass die milizartige Struktur erhalten bleibt.

Und diese Milizartigkeit ist ja eine grundsätzliche gesellschaftspolitische Philosophie, wenn man so will, und die ist zu 100 Prozent kompatibel mit den Notwendigkeiten der Verkleinerung des Heeres und auch mit der Professionalisierung des Heeres. Es hat also die Milizartigkeit nichts mit der Größe zu tun. Wir glauben, dass die Milizartigkeit die unmittelbare Mitwirkung des Volkes an der bewaffneten Macht des Staates ausdrückt.

Was wünschen wir uns vom Verfassungsgesetzgeber?

Wir wollen, dass die allgemeine Wehrpflicht auf eine solidarische allgemeine Dienstpflicht hin zu modifizieren ist. Es gibt dafür viele Gründe, ich nenne dafür aber nur zwei.

Einerseits wissen wir aus der demographischen Bevölkerungsentwicklung, dass wir eine Schieflage haben. Die Alten werden mehr, die Jungen werden weniger und was daran an Notwendigkeiten, an Bedürfnissen für Sozialdienste, Altendienste, Krankendienste und so weiter verbunden ist, liegt auf der Hand. Daher ist es paradox, mit der Wehrpflicht auch die Zivildienstpflicht zu beseitigen. Zweitens wissen wir, und das ist unser Hauptargument, wir wissen, dass nicht nur von kleinen Staaten, sondern auch von mittelgroßen Staaten, die auf ein Berufsheer umstellen, aus welchen Personen dann das Recruiting für Soldaten erfolgt. Wir wissen, dass es hier die untersten, letzten Schichten sind, dass sozusagen ausgerechnet die bewaffnete Macht in Österreich zu einer Verelendung führt, zu einer Gettoisierung kommt.

Bei unserer Bevölkerungszahl von etwa 8 Millionen werden wir niemals das notwendige Freiwilligenaufkommen haben, daher sollte man auch aus diesen Gründen an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten. Zusammenfassend ist es unvertretbar und unverantwortlich, die Wehrpflicht abzuschaffen. Es sollte daher die Wehrpflicht auf einen Solidargemeinschaftsdienst erweitert werden, in dem die dann Milizpflichtigen je nach Eignung und Neigung zur Landesverteidigung, zum Sozialdienst oder zum Zivilschutz bzw. Katastrophendienst gehen.

Meine Zeit ist um. Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich danke für ihren Beitrag und bitte Herrn Generalsekretär Oberst Dr. Walter Feichtinger um seine Worte. Er spricht für die Offiziersgesellschaft, für die Unteroffiziersgesellschaft und für die Gesellschaft für Landesverteidigung und Sicherheitspolitik. Und dafür bekommt er zehn Minuten. - Bitte.

Dr. Walter Feichtinger: Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren!

Zuerst, wie bei allen anderen, herzlichen Dank für die Gelegenheit, hier sprechen zu dürfen. Es ist uns eine Auszeichnung, aber auch natürlich ein Bedürfnis, unsere Anliegen hier darzubringen. Dieser Konvent ist für uns ein Ausdruck einer Veränderung, einer Notwendigkeit, sich an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen. Der Bereich der Sicherheit ist ebenfalls einer, wo eine enorme Notwendigkeit besteht, eine entsprechende Veränderung, eine Adaptierung, ein Fit-machen für die Zukunft durchzuführen. Was sind nun die Lehren der letzten zwölf, dreizehn Jahre aus dem Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die für uns maßgeblich sind, um über die Zukunft auf dieser Basis nachdenken zu können?

Einer der wesentlichsten Punkte ist, dass die Entfernung zu Konflikten keinen Schutz mehr darstellt. Durch die beschleunigte Globalisierung nach Ende des kalten Krieges ist es einfach so, dass die Welt einen Dorfcharakter erhalten hat und man sich vor positiven wie negativen Auswirkungen einfach nicht mehr abschotten kann. Man ist, ob  man will oder nicht, Betroffener. Und damit muss man umgehen. Hier hat man dann einen entsprechenden Beitrag zu leisten, wenn man auch von den negativen Auswirkungen von Konflikten entsprechend betroffen ist. Und Konflikte gibt es genug. Jährlich toben etwa 40 - 45 bewaffnete Konflikte, zumeist innerstaatlicher Natur, in der Welt. Die Auswirkungen sind mannigfaltig. Von Flüchtlingsbewegungen, die eine Destabilisierung in der Umgebung hervorrufen, bis zum Festsetzen der organisierten Kriminalität, darüber hinaus fast unkontrollierbare Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und dergleichen mehr. Ich will sie damit nicht strapazieren. Das ist mittlerweile altbekannt. Es zeigt nur, man kann sich hier nicht abschotten.

Und der nächste Punkt, der damit verbunden ist: Kein Staat kann heute für sich alleine die Sicherheit gewährleisten. Es geht nur mehr gemeinsam, es geht nur im Sinne der Solidarität, im Sinne einer optimierten Zusammenarbeit, und dazu gehört natürlich auch, dass man sich entsprechend einbringt und sich entsprechend einbringen kann, mit all den Mitteln und Instrumenten, die hier zur Verfügung stehen. Es hat sich auch klar gezeigt, dass die Notwendigkeit besteht, vor Ort Konflikte,  entweder den Ausbruch zu verhindern, oder überhaupt abzuwehren. Und in diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, dass es ohne Streitkräfte in den meisten Fällen nicht geht. Es hat sich hier ein internationaler, multinationaler Verbund gebildet, der oftmals die Rahmenbedingungen sicherstellt, damit Hilfskräfte vor Ort wirksam werden können, damit all das anlaufen kann, was wir alle wollen, dass eine Stabilisierung eintritt, und dass dieser Zwang, aus dem Land hinauszugehen, der Verlust der Zukunft, einfach abgewendet wird.

Gestatten Sie mir einige Aspekte, Anmerkungen, die ich in letzter Zeit so aus den Medien aufgeschnappt habe - um Ihnen einfach die Bandbreite und Komplexität dieser Entwicklung darzustellen. So hat unlängst der deutsche Verteidigungsminister Struck gesagt: Die Verteidigung Deutschlands als Teil Europas beginnt am Hindukusch. Er hat das gesagt, im Zusammenhang mit dem Einsatz, mit dem vermehrten Einsatz deutscher Soldaten am Hindukusch in Afghanistan. Der neue Generalsekretär der NATO meinte unlängst: Wer den Krieg gegen den Terrorismus gewinnen will, der darf den Krieg in Afghanistan nicht verlieren. Trotz der gescheiterten - oder besser - bislang erfolglosen EU-Bemühungen um eine Solidaritätsverpflichtung, um eine entsprechende Sicherheitsstrategie, zeichnet sich diese Entwicklung für uns vollkommen klar ab. Es geht in Richtung mehr Zusammenarbeit, es geht in Richtung verbesserte Zusammenarbeit und es geht auch in Richtung optimiertes gegenseitiges Vertrauen ohne Vorbehalt. Dass dann natürlich auch jeder seine Mittel einbringen können muss, ist ja dabei selbstredend. 

Vielleicht noch eine Anmerkung zur Bedeutung von Wasser als Konfliktstoff der Zukunft. Laut einer Studie der Orgeon-State-University haben Staaten in den vergangenen 50 Jahren 37 mal wegen Wasserstreitigkeiten Gewalt eingesetzt. Sie kennen die globalen Trends. Sie wissen, die Bevölkerung nimmt zu, der Ressourcenverbrauch steigt, und es wird natürlich hier Wasser ein Konfliktstoff der Zukunft sein, ohne hier ein negativer Prophet sein zu wollen.

Eine andere Meldung, diesmal aus Österreich und zur europäischen Solidarität und Zusammenarbeit. Gemäß einer Umfrage vom Herbst 2003, die von der österreichischen Gesellschaft für Europapolitik in Auftrag gegeben wurde, ist Österreichs Jugend mehrheitlich für eine gemeinsame Europaarmee. Österreich solle seinen Beitrag zu einer Europaarmee leisten, aber die Neutralität nicht aufgeben.

Die Neutralität ist gerade bei meinen Vorrednern schon mehrfach angesprochen worden. Ich darf dazu noch eine Meldung, eine eher vertrauliche, aus dem sicherheits- und verteidigungspolitischem Tagesgeschäft bringen. Es ist so, dass Österreich, und ich sage das jetzt hier als Vertreter der österreichischen Offiziersgesellschaft, mit einem Glaubwürdigkeitsdefizit in der internationalen Zusammenarbeit behaftet ist.

Es ist für unsere Partner letztlich nicht die Gewissheit gegeben, ob Österreich sich im Fall des Falles an allen Maßnahmen beteiligen kann. Und das hat im Informationszeitalter sehr, sehr negative Auswirkungen. Es geht nicht mehr um Einzelinformationen. Es geht um Informationsnetzwerke, und in Netzwerke kommt man nur hinein, wenn man ein Passwort hat. Und wenn man dieses Passwort nicht hat, dann fehlen einem nicht nur Einzelinformationen, sondern überhaupt der Zusammenhang und überhaupt die Möglichkeit, um entsprechend einwirken zu können und sich einbringen zu können. Und hier kann natürlich genau dieser Aspekt der Neutralität, vor allem, wenn man bedenkt, dass Österreich wirklich zu Kerneuropa sich zählen will, ein enormer Stolperstein sein.

Ich möchte die Entwicklung im Bereich der Sicherheit nicht dramatisieren. Eines ist allerdings auch klar. Wenn man sie unterschätzt, macht man einen fatalen Fehler. Und durch die Globalisierung und durch die Vernetztheit der Gesamtproblematik muss man einfach hier dabei sein.

Wir weisen daher namens dieser drei Gesellschaften auf folgende Aspekte ganz besonders hin: Österreichs Sicherheit ist nur in einem internationalen Verbund zu gewährleisten. Für uns steht daher außer Zweifel, dass im Zweifelsfall diese internationale Solidarität, diese Solidarität vor allem innerhalb der europäischen Union und auch gegebenenfalls im Beistand Vorrang haben muss vor Neutralitäts- Vorbehalten. Ein zweiter Punkt: Die umfassende Sicherheitsvorsorge ist analog zur jetzigen umfassenden Landesverteidigung entsprechend zu verankern. Damit verbunden ein dritter Punkt: Es geht um die Information der Gesellschaft. Es hat hier über 40 Jahre die Gesellschaft für Landesverteidigung und Sicherheitspolitik wertvolle Informationsarbeit geleistet. Sie hat es nicht alleine gemacht. Es gibt viele andere, die sich darum sehr bemüht gemacht haben, und es wird in Zukunft noch viel mehr notwendig sein, diese Informations- und, lassen Sie mich sagen, Aufklärungsarbeit zu leisten, weil nur ein informierter Bürger auch ein entscheidungsfähiger Bürger sein kann. Und es ist nicht leicht heutzutage, diese Komplexität im Bereich der Sicherheit und die daraus ableitbaren Notwendigkeiten entsprechend der Gesellschaft nahe zu bringen, um ein Verständnis für erforderliche Maßnahmen zu erzielen.

Es ist auch die geistige Landesverteidigung in diesem Zusammenhang angesprochen, die natürlich auch eine Fortsetzung finden muss, die Terminologie ist veraltet. Ich glaube, wir müssen von umfassender Sicherheitsvorsorge, von umfassendem Sicherheitsdenken und dergleichen reden, aber an den Worten soll es ja nicht scheitern.

Wir weisen auch ganz besonders darauf hin, dass Österreich ein funktionierendes Bundesheer braucht. Nicht eines, das sich nur mehr irgendwo Nischen sucht, weil das Festhalten oder das bewusste Suchen ausschließlich von Nischen ist der Tod eines funktionierenden Bundesheeres, und das kann nicht in unser aller Interesse sein, wenn wir wissen, dass  der Bedarf zur Friedensherstellung auch über die Streitkräfte geht.

Ich darf hier nur noch betonen die Rolle der Miliz, die mein Vorredner schon angesprochen hat. Wir sind auch ein Verfechter dessen, dass die Miliz auch in Zukunft einen ganz wesentlichen Beitrag zum österreichischen Bundesheer leisten kann und wir sehen bis auf weiteres keine Möglichkeit, von der allgemeinen Wehrpflicht abzurücken. Ich sehe das vor allem in Zusammenhang mit dem Assistenzeinsatz, der ja nach jetzigen Schätzungen 2007 möglicherweise länger noch andauern wird. Sollte sich im Rahmen der Bundesheerreformkommission, die derzeit tagt, eine Adaptierung in gewissen Bereichen ergeben, dann sind wir selbstverständlich darüber diskussionsbereit, aber an der Wehrpflicht führt für uns bis auf weiteres kein Weg vorüber.

Dann noch der letzte Punkt: Es geht um die Entsendung ins Ausland. Die Notwendigkeit steigt. Österreich, das österreichische Bundesheer, hat zwei Aufgaben zu bewältigen. Das sind die Inlandsaufgaben, derer es genug gibt, aber wir haben auch einen adäquaten entsprechenden Beitrag in der entsprechenden Qualität und Quantität für internationale Maßnahmen zu leisten. Hier ist einerseits die Balance zu finden und hier ist andererseits auch der Übergang zu diesen neuen Erfordernissen zu finden und hier muss man, glaube ich, sehr vorsichtig vorgehen. Wir haben sehr viele Angehörige des Aktivstandes, die unter einem völlig anderen Verständnis in das Bundesheer eingetreten sind. Es ging ausschließlich um die Verteidigung Österreichs, das hat sich gewandelt. Ich glaube, das muss man entsprechend berücksichtigen, wenn man die Leute in Zukunft verpflichtet ins Ausland schicken will.

Das waren die Punkte, auf die wir besonders hinweisen möchten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche für Ihre weitere Tätigkeit alles Gute. Vielen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Dr. Feichtinger.

Wir haben damit die Gruppe der Redner aus den Friedensorganisationen, aus den Organisationen der Landesverteidigung beendet und wenden uns den Rettungsorganisationen zu. Hier gibt es vier Wortmeldungen in der Reihenfolge Frau Dagmar Strauss und die Herren Dr. Dellisch, Dr. Hahn, Dr. Kopetzky.

Ich darf Frau Dagmar Strauss bitten um ihre Wortmeldung. Sie spricht für den Arbeiter-Samariter-Bund.

Dagmar Strauss: Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren!

Österreich sollte sich dazu bekennen, ein Sozialstaat zu sein und sich in der Verfassung die Verpflichtung auferlegen, alles Nötige zur Wahrung und Förderung der sozialen Grundrechte zu veranlassen. Der Vollzug der sozialen Gesetzgebung sollte auf Vertragsbasis auch durch private gemeinnützige Organisationen erfolgen können, wenn sie definierten Qualitätsstandards entsprechen, keine Gewinnerzielung beabsichtigt ist und Mitwirkungsmöglichkeiten für Ehrenamtliche gestattet sind. Die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit dieser Organisationen muss vom Staat gefördert und gestützt werden. Im Hinblick auf die Selbsterhaltungsfähigkeit sollen zum Beispiel unternehmerische Teilbereiche dieser Organisationen und auch steuerliche Begünstigungen hinsichtlich der Spenden gefördert werden.

Das Handeln einer Organisation wie dem Arbeiter-Samariter-Bund Österreich fördert das allgemeine Wohl der Bevölkerung, bekämpft die soziale Ausgrenzung und trägt zur Förderung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus bei.

Dieses sind Faktoren zur Sicherung des sozialen Friedens und eine Leistung, die für den Staat als Ganzes erbracht wird. Diese Leistung sollte vom Staat Österreich durch geeignete Rahmenbedingungen anerkannt und geschätzt werden. Dies dient einerseits dem Gemeinwohl und entlastet andererseits die staatlichen Behörden, sowohl im Bereich der operativen Verantwortung wie auch der finanziellen Belastung. Die in Gesetzgebung und Vollziehung längst verwurzelte Realität des Sozialstaates soll auch in der Bundesverfassung verankert werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. Ich bitte Herrn Prof. Dr. Kurt Dellisch - er spricht für den Bergrettungsdienst Österreichs – um seine Stellungnahme. - Bitte.

Dr. Kurt Dellisch: Verehrte Versammlung!

Wir sind eine kleine Gruppe nur von 7 000 ehrenamtlichen Leuten, die hier ausgehend von einer etwa vor hundert Jahren gegründeten Selbsthilfegruppe der Alpinisten sich nun allgemein mit der Bevölkerung befasst und damit öffentliche Arbeit leistet. Wir leisten für die Sicherheit sowohl beim Abtransport als auch in der Vorsorge immer unseren Beitrag. Unentgeltlich. Ehrenamtlich.

Der Bergrettungsdienst arbeitet selbstverständlich mit Berufsmäßigen auch zusammen. Die Alpingendarmerie ist unser Freund und Helfer im besten Sinne des Wortes und die Flugrettung hat sich der Bergrettungsdienst noch nie leisten können. Das hat zu viel Geld gekostet, aber wir arbeiten dort mit, wir stellen die freiwilligen Flugretter, die hier gegen ein kleines Entgelt allerdings auch hier tätig sind, denn für die ehrenamtliche Arbeit kommt es darauf an, vom Arbeitsplatz weggeholt zu werden -einfach plötzlich über Nacht irgendwo zu sein. Bei der Flugrettung ist es doch notwendig, dass ständig ein Bereitschaftsdienst bei der Maschine ist.

Eigentlich ist daher der österreichische Bergrettungsdienst ein verfassungsgesetzlicher Wildwuchs. Wir sind entstanden, ohne eine verfassungsgesetzliche Deckung zu haben. Vielleicht haben wir sogar die Kompetenzen, dass der Bund nicht zum Rettungswesen gehört und daher dem Bergrettungsdienst kein Geld geben kann, obwohl das weit überschreitend geht, oder, dass sich dann das Land und die Gemeinden in den Kompetenzen nicht ganz klar geworden sind.

Allerdings, eigentliche Probleme sind immer bei der Finanzierung, und es ist gelungen, hier jetzt eine ausreichende finanzielle Deckung zu bekommen. Die finanzielle Deckung geht aus öffentlichen Subventionen, aus Spenden der Bevölkerung, aus Verrechnung von Bergungskosten – eigentlich, ohne eine ausreichende zivilrechtliche Deckung zu haben. Vor allem aber kommt die Finanzierung aus der ehrenamtlichen Mitarbeit unserer Leute, denn wenn man diese auch nur mit angemessenen Beträgen bezahlen würde, könnte sich wahrscheinlich überhaupt niemand mehr leisten, gerettet zu werden. Das soll – glaube ich – absolut so bleiben.

Wir haben daher eigentlich keine Wünsche, keine Forderungen an den Konvent als „werft uns wenigstens keine Prügel vor die Füße“, damit wir weiterhin im Sinne der Freiwilligkeit für die Menschen arbeiten können. Natürlich ist es Sache des Konventes, sich hier über Kompetenzen Gedanken zu machen.

Ich darf sagen, der Bergrettungsdienst ist bundesländerweise organisiert, nur Wien, Burgenland und Niederösterreich sind gemeinsam organisiert. Das hat sich absolut bewährt. Selbst in jenen Zeiten, wo wir eine eigene Landesleitung Osttirol gründen mussten, weil sich die Besatzungszone nicht an die Bundesländer gehalten haben. Nach unten geht es in die Ortsstellen hinein, die rechtlich unselbständig sind. Das hat sich auch bewährt. Dass also konzentriert die Leitung, die Verwaltung, schon die sparsame Verwaltung da ist, hängt natürlich vom Vertrauen ab, das die Leute hier in die Landesleitung haben.

Ein Problem noch. Aus der Praxis wissen wir, welche Kompetenzkonflikte sich bei Katastropheneinsätzen, insbesondere bei Lawineneinsätzen, ergeben können. Da ist es wichtig, dass der Mensch da ist, der Mensch, der nicht nur Rechtsanwender ist, sondern auch Rechtsgestalter, dass dort die richtigen Leute sitzen, die sich unter Umständen über Verfassungsgesetze hinwegsetzen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke Herr Professor Dellisch. Ich bitte Herrn Dr. Martin Hahn vom Österreichischen Bundesfeuerwehrverband um seine Wortmeldung. - Bitte.

Dr. Martin Hahn: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohe Versammlung!

Ich darf mich kurz vorstellen. Mein Name ist Dr. Martin Hahn. Ich bin privat seit meiner frühesten Jugend Feuerwehrmann bei der FF Seebenstein. Beruflich bin ich Rechtsanwalt in Wiener Neustadt und diese beiden Schienen haben dazu geführt, dass ich der Rechtsexperte für das österreichische Feuerwehrwesen geworden bin. Alle Feuerwehren - und zwar nicht nur die Freiwilligen Feuerwehren, auch die Berufsfeuerwehren und die Betriebsfeuerwehren - sind zusammengeschlossen im Österreichischen Bundesfeuerwehrverband. Dieser hat ein Rechtsreferat und ich bin der Leiter des Rechtsreferates und habe daher von dem, was ich Ihnen jetzt sagen will, sowohl in Theorie als auch in Praxis eine Ahnung.

Die Redezeit ist kurz, ich habe mir daher gestattet, bereits eine schriftliche Stellungnahme an den Konvent zu richten. Ich möchte jetzt nur in kurzen Worten das Anliegen der Feuerwehr vorbringen.

Es geht – auch unter Bezugnahme auf meinen Herrn Vorredner – um die Schaffung einer eigenen Kompetenz für Feuer-Gefahren und Katastrophenpolizei. Zur Zeit eines Hans Kelsen war die Vorstellungswelt, die tatsächlichen Gefahren, auf drei Punkte komprimiert.

Erstens: Brände und Überschwemmungen. Zur Bekämpfung dieser Gefahren war immer die Gemeinde zuständig. Zur Zeit des Hans Kelsen großteils noch in Selbsthilfe. Um diese Zeit wurden gerade erst die Feuerwehren  - und das als Vereine - gegründet. Der Sprung in der Vorstellungswelt von der kleinen Gefahr, vom kleinen Brand zur Überschwemmung geht dann bereits auf :

Zweitens: die Katastrophe, wie Muren und Lawinenabgänge, Windhosen, großflächige Waldbrände. Für diese Gefahrenbekämpfung hat die Bundesverfassung das Land vorgesehen.

Drittens: Die Gefahrenbekämpfung für Angelegenheiten des Bundes wurde in der Bundesverfassung überhaupt nicht geregelt. Es gab damals keinen Bedarf dafür. Es gab noch keinen Massentransport von gefährlichen Stoffen, keine Verkehrslawinen. Die heute so extrem sensible Materie der Umweltgefahren lag außerhalb jeder Vorstellungskraft. Es gab keinen Sondermüll, keine Sondermülldeponien. Das Wasserrecht – das habe ich mir angeschaut – beschäftigte sich damals vorwiegend mit Fragen des Brunnenschlagens, der öffentlichen Benutzbarkeit von Furten und der Viehtränke.

Heute ist es so, dass die Feuerwehren den Großteil ihrer Einsätze außerhalb dieser Kompetenzen zu fahren haben - ohne jede Rechtsgrundlage.

Wenn ein Sattelschlepper mit gefährlichen Stoffen in einer Durchschnittsgemeinde umstürzt, ist der Bekämpfungsaufwand so groß, dass es die Gemeinde im Rahmen der örtlichen Gefahrenbekämpfung im eigenen Wirkungsbereich einfach nicht schaffen kann und kompetenzmäßig nicht zuständig ist. Es liegt aber auch noch keine Katastrophe vor, die den Landeskatastrophenzug zum Einsatz bringen könnte. Es bedarf daher einer überörtlichen Feuer- und Gefahrenpolizei für alle diese Fälle.

Was wir derzeit betreiben, ist alles im rechtsleeren Raum. Wenn eine Ortsgemeinde oder eine Feuerwehr die Feuerwehrschule Tulln anruft, dann fährt diese ohne jede Kompetenz aus. Oder, wenn eine Kleingemeinde die Feuerwehr Wiener Neustadt ruft, dann fährt sie in einen fremden Sprengel und hat keine Kompetenz.

Das Bergwerksunglück in Lassing und die schrecklichen Ereignisse in Kaprun haben überdies gezeigt, dass die Bundeskompetenz im Rahmen der Gefahrenbekämpfung versagt. Es werden Vertreter des Innenministeriums im Konvent sein, die können Legenden aufzählen, was an Fehlern passiert ist, nur weil die Bundeskompetenz für die Gefahrenbekämpfung nicht gerüstet ist.

Wenn ein Tankschiff – das glauben Sie nicht, aber das ist so – auf der Donau leck wird, darf die Feuerwehr nicht einschreiten, bevor nicht über die Bezirkshauptmannschaft ein Einsatzleiter kommt. Die Feuerwehr muss daher, und ich habe in der Praxis ständige Auseinandersetzungen wegen der Kostentragung, warten und muss den Dreck Richtung Wien fließen lassen, bis der Journalbeamte der Bezirkshauptmannschaft eintrifft.

Ich kenne alle diese Schwierigkeiten. Sie sind enorm. Es gibt kein taugliches Kommunikationssystem zwischen Bundesministerien und den einzelnen Feuerwehren. Mangels Kompetenz besteht ständiger Streit um die Kostentragung, um die Einsatzleitung, auch die Haftungsfrage ist nicht geklärt. Wir wissen nicht, handelt es sich um eine privatrechtliche Haftung oder um eine Amtshaftung. Und wenn, Amtshaftung von welcher Gebietskörperschaft.

Unabdingbar ist daher die Schaffung eines Kompetenztatbestandes Feuer-, Gefahren- und Katastrophenpolizei, unabhängig von der Grundmaterie. Wie diese ausgestaltet sein kann, darüber kann man diskutieren. Vielleicht genügt die Vollziehung des Landes und kann in Bundesmaterien die Gesetzgebung beim Bund bleiben, vielleicht ergänzt durch Landesausführungsgesetze, aber ein eigener Kompetenztatbestand muss her. Wir schwimmen in einem Chaos und im rechtsleeren Raum.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Dr. Hahn. Ich bitte Herrn Dr. Wolfgang Kopetzky um seine Wortmeldung. Er spricht für das Rote Kreuz und für die Wasserrettung.  - Zehn Minuten Redezeit.

Dr. Wolfgang Kopetzky: Sehr geehrter Herr Präsident, herzlichen Dank, dass Sie uns als nicht-staatlichen Organisationen im Rahmen des Österreich-Konvents die Möglichkeit gegeben, unsere Anliegen vorzubringen, um die Interessen der Zivilgesellschaft in der Staats- und Verfassungsreform widerzuspiegeln.

Als größte humanitäre Hilfsorganisation in Österreich mit mehr als 46.000 Freiwilligen, 4.900 Hauptberuflichen und 3.000 Zivildienern ist es dem Österreichischen Roten Kreuz ein besonderes Anliegen, auf die möglichen Auswirkungen der Bundesheerreformkommission hinzuweisen, denn: keine Wehrpflicht bedeutet auch keine Zivildiener mehr. Österreich betrifft dies besonders hart, denn Zivildiener sind als wichtige Personalressource in unserem Sozialsystem stark verankert.  Das ÖRK verlangt deshalb von der Bundesregierung über neue und umfassende Modelle zur Erhaltung eines gerechten Sozialsystems nachzudenken und eine geeignete und verfassungskonforme Ersatzregelung aufzustellen, die nicht zu Lasten der Hilfsorganisationen geht. Die Stärkung der Zivilgesellschaft ist dabei nur eine Komponente: Freiwillige tragen bereits jetzt zur Aufrechterhaltung des Rettungs- und Krankentransportes, zur Blutversorgung und zur Versorgung von Älteren und Kranken in Österreich bei. Es ist dem Österreichischen Roten Kreuz daher ein besonderes Anliegen, dass die Bedeutung der Freiwilligen in der Verfassung widergespiegelt wird.

Das Österreichische Rote Kreuz ist aufgrund seines humanitären Auftrages verpflichtet, seine Leistungen auch dort anzubieten, wo kein Vorteil für die Organisation besteht, sondern wo die Erbringung der Leistung im Sinne der Menschlichkeit im Vordergrund steht. Die Gefahr der Liberalisierung von öffentlichen Dienstleistungen besteht darin, dass private Anbieter ihre Leistungen nur dort offerieren, wo ein Profit für sie entsteht und dadurch Personen, die sich nicht im Zielgebiet befinden, bestimmte Leistungen nicht in Anspruch nehmen können. Für den sozialen und humanitären Markt ist dies nicht denkbar oder akzeptabel. Ich möchte deshalb hier anmerken, dass das Österreichische Rote Kreuz dem fairen Wettbewerb positiv gegenüber steht, jedoch bei der Liberalisierung von öffentlichen Dienstleistungen klare Rahmenbedingungen fordert, welche einem Anbieter ermöglichen, die Vollversorgung und den allgemeinen Zugang von sozialen Dienstleistungen für die gesamte österreichische Bevölkerung unter bestimmten Qualitätskriterien zu garantieren.

Als föderalistische Organisation ist das Österreichische Rote Kreuz analog zum Bundesstaat Österreich aufgebaut. Dieser Aufbau ist historisch gewachsen und erklärt sich vorwiegend durch den Vorteil der Konzipierung und Erbringung der Leistungen in Kundennähe und durch eine direkte Zusammenarbeit mit den Organen der föderalistischen Struktur vor Ort. Der grundsätzlich sehr vorteilhafte föderalistische Aufbau Österreichs und des Österreichischen Roten Kreuzes führt jedoch in manchen Fällen zu einer Behinderung der optimalen Erbringung der Leistungen von Hilfsorganisationen. Beispielsweise sei hier angeführt die Durchführung der Hochwasserhilfe vom August 2002, deren Abwicklung sich aufgrund der unterschiedlichen Landeskatastrophengesetze und der daraus resultierenden Abstimmung der Hilfsorganisationen mit allen beteiligten Landesregierungen verzögerte.

Das Österreichische Rote Kreuz gestattet sich daher, dem Österreich-Konvent eine Änderung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in den Bereichen Gesundheits- und Soziale Dienste, Katastrophenhilfe sowie Jugendschutz vorzuschlagen. Künftig sollte in diesen Bereichen die Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung dem Bund zufallen, die Ausführungsgesetzgebung sowie Vollziehung aufgrund regionalspezifischer Besonderheiten weiterhin den Ländern.

Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass das Österreichische Rote Kreuz aufgrund der sich ändernden demographischen Situation der österreichischen Bevölkerung und der damit zusammenhängenden zunehmenden Bedeutung von humanitären und Rettungsorganisationen die Anerkennung und Verankerung dieser Organisationen in der Verfassung befürwortet.

Die Österreichische Wasserrettung schließt sich dem Statement des Österreichischen Roten Kreuzes an. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Auch ich bedanke mich bei der Vertreterin und den Vertretern der Rettungsorganisationen für ihre Beiträge. So wie bei allen anderen werden selbstverständlich die schriftlichen Berichte, aber auch die hier gesagten, den entsprechenden Arbeitsausschüssen zur Verfügung gestellt.

Wir beginnen mit der Diskussion aus den Verkehrsklubs. In der Reihenfolge Dr. Schachter, Dr. Haupfleisch und Dipl.-Ing Rauh. Darf ich um die Wortmeldungen bitten? Herr Dr. Herbert Schachter spricht für den ARBÖ. - Bitte!

Dr. Herbert Schachter: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Präsident des Nationalrates! Meine Damen und Herren! Auch ich habe namens des ARBÖ Dank zu sagen für die Einladung.

Wir sind eine der Interessenvertretungen der Verkehrsteilnehmer dieses Landes. Ich möchte mich nur mit einigen wenigen Aspekten hier zu Wort melden. Wir glauben, dass es grundsätzlich wichtig ist, die Trennung von Gesetzgebung, Rechtssprechung und Verwaltung beizubehalten.

Ich glaube aber trotzdem, dass wir bei Respekt vor dem Föderalismus eine Forderung, die viele Organisationen schon seit vielen Jahrzehnten erheben und die bis heute nicht durchgeführt werden konnte, hier Ihnen nahe bringen möchte. Das ist aus Gründen der Verkehrssicherheit die Schaffung einer bundesweiten Polizei mit speziell fachlich geschulten Organen, weil ein Verkehrsunfall und die Möglichkeiten, in einen Verkehrsunfall zu gelangen, ist österreichweit gegeben. Unser Land ist nicht so groß, dass wir uns hier leisten können, dass jedes Bundesland hier in der Vollziehung eigenen Maßnahmen setzt.

Wenn ich vorhin erwähnt habe: Grundsätzliche Trennung von Justiz und Verwaltung und Gesetzgebung, so darf nicht übersehen werden, dass ja gerade die Verwaltung mannigfaltige Aufgaben hat, die sozusagen in den Bereich jedes Einzelnen sehr entscheidend eintreten. Daher wäre es überlegenswert, dass man hier – und das war sicherlich schon ein Meilenstein – die Schaffung der unabhängigen Verwaltungssenate, dass man die eigentlich in Landesverwaltungsgerichtshöfe nicht nur umbenennen kann, sondern auch mit den entsprechenden Kompetenzen auszustatten hat. Uns scheint es wesentlich, dass hier die Kontrollfunktion solcher Körperschaften wirklich eingeführt wird, die in der Lage sind dann das, was im Einzelfall durch Verwaltungsbehörden geschieht, hier zur Gänze, also in Fragen der Rechtssprechung, der Rechtsfragen, des Verfahrens, dass hier keine Mangelhaftigkeit ist, der Beweiswürdigung und Aktenwidrigkeit hier genau überprüfen.

Als Gegenzug könnte man sich dann vorstellen, dass es weiterhin zwar den Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof gibt, dass aber dieser Verwaltungsgerichtshof sich dann nur mit den wesentlichen Rechtsfragen zu befassen hat, was hier auch eine Entlastung dieses Gerichtshofes mit sich bringen würde. Daher meine Bitte, dass der Konvent sich auch mit diesen Argumenten auseinander setzt.

Was ich nicht möchte – das ist der Öffentlichkeit bekannt -, dass hier über Umwege Einfluss genommen wird, welche Mittel für Straßenbau zur Verfügung gestellt werden, dass es hierfür Beschränkungen zu geben hat, dass man hier die Zweckmäßigkeit überprüft. Ich glaube, das sollte sowohl dem Gesetzgeber vorbehalten werden, wenn hier Budgetverhandlungen sind, das sollte aber auch in der Verantwortung der monokratischen Verwaltung bleiben.

Bei allem Respekt, vor allem auch der Gesundheit, möchte ich nicht, dass wir hier zum Verhinderungsstaat werden. Es ist leichter in Österreich, irgendwelche gesetzlichen Vorhaben zu unterlaufen, als positiv hier zu bewältigen.

Für uns – und das sage ich auch -, das muss oft kein Grundrecht sein, um Gottes Willen, aber es soll wesentlich durchschlagen, ist schon im Interesse der Mobilität der Verkehrsteilnehmer die freie Wahl des Verkehrsmittel unverzichtbar. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich darf Herrn Dr. Hugo Haupfleisch um seine Ausführungen bitten. Er spricht für den ÖAMTC.

Dr. Hugo Haupfleisch: Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich freue mich, hier Ihnen in diesem Rahmen die Vorstellungen des ÖAMTC, die auch im Verfassungskonvent eine Rolle spielen sollten, zur Kenntnis zu bringen. Der ÖAMTC als Vertreter von 1,5 Millionen Mitgliedern ist jedes Jahr sehr intensiv in Gesetzgebungsprozesse einbezogen, es sind dies vor allem Gesetze aus dem Verkehrs-, aber auch aus dem Justiz- und Finanzbereich.

Ich muss ganz offen sagen, ich schließe mich der Meinung an, die niemand geringerer als die Präsidenten der beiden österreichischen Höchstgerichte vor einigen Monaten über den Zustand der Gesetzgebung ausgesprochen haben. Sie waren sehr unzufrieden. Sie haben auch die Zersplitterung beklagt,  vor allem die Aufteilung von Verfassungsbestimmungen auf zirka 1000 Gesetze - das ist das Zitat der damaligen Veranstaltung. Ich kann nur sagen, sie haben Recht: Was Österreich braucht, ist eine Gesetzgebung, die bürgergerechter ist, die verständlicher ist, die einfacher ist und die vor allem nachvollziehbarer ist und nicht oft erst Monate später zur Diskussion führt, was könnte der Gesetzgeber gemeint haben.

In diesem Sinne hat sich der ÖAMTC bereits vor mehr als zwei Jahren, anlässlich der Beratungen in der Aufgabenreformkommission, der auch ich angehören durfte, überlegt, wie könnte man hier Regeln für bürgergerechtere Gesetze aufstellen. Der ÖAMTC hat diese 10 Maximen für bürgergerechte Gesetze im Juni 2003 dem Herrn Präsidenten des Konventes, Herrn Dr. Fiedler,  übermittelt.  Diese Ausarbeitung ist an die Ausschüsse auch schon weitergeleitet worden, sodass ich diese Kernanliegen des ÖAMTC nur kurz mit den wichtigsten Punkten darstellen möchte, und zwar: Eine umfassende Abschätzung der Gesetzesfolgen. Es wird derzeit vielleicht in den erläuternden Bemerkungen dargestellt, welche Kosten dem Bund entstehen, Länder und Gemeinden werden tunlichst ignoriert, für den Bürger hat man überhaupt keine Gedanken, welche Kosten und welche Erschwernisse mit manchen Gesetzen für ihn verbunden sind.

Was sehr wichtig ist, und wo ich ganz offen sagen muss, es ist uns ein eminentes demokratiepolitisches Anliegen: Die ausreichende Berücksichtigung eines Begutachtungsverfahrens, nämlich, ob überhaupt ein Begutachtungsverfahren stattfindet beziehungsweise ob dieses nicht Alibi halber durchgeführt wird; wenn am Freitag eine Begutachtungsfrist endet und am Montag darauf eine Regierungsvorlage für den Ministerrat (am Dienstag) eingebracht wird, dann fühlt man sich als zur Begutachtung "eingeladene" Interessensvertretung ganz offen, wienerisch gesprochen, Herr Präsident Khol, Sie verzeihen den Ausdruck, "gefrotzelt". Und somit fragt man sich dann, soll ich überhaupt Seite um Seite schreiben, wenn man eigentlich davon ausgehen kann, dass nichts davon überhaupt nur gelesen werden konnte, wenn die Regierungsvorlage so kurz nachher "fertig" ist.

Aber auch Aspekte des EU-Gesetzgebungsbereiches spielen hier eine Rolle, denn der ÖAMTC ist sehr intensiv in den letzten Jahren in Brüssel tätig, weil wir ja sehr gut wissen, dass vor allem im Konsumentenschutz-Bereich, aber immer mehr auch im Verkehrsbereich die eigentlichen Gesetze für Österreich in Brüssel gemacht werden. Dort – das muss ich schon deutlich sagen – werden die Interessen der Non-Governmental-Organizations (NGO's) wesentlich besser und intensiver berücksichtigt, man hat die Möglichkeit, wirklich auch mitzuverhandeln. Allerdings, Gesetze werden im EU-Rahmen nicht vom Parlament gemacht, sondern eigentlich in den Ratsgruppen und in diesen Arbeitsgruppen wird Österreich durch Beamte vertreten. Was diese im Prinzip in Brüssel darlegen, das entscheidet, wenn es gut geht, der Sektionschef, und wenn es schlecht geht, der Beamte allein. Dass man vorher vielleicht in Österreich ein Begutachtungsverfahren durchführt, um die Meinung in Österreich abzustimmen, das kommt leider äußerst selten vor.

Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, ist die Kompetenzzersplitterung. Wir glauben, dass diese Aufgliederung: StVO - Landessache in Vollziehung, Bundessache in Gesetzgebung und Kraftfahrgesetz in mittelbarer Bundesverwaltung gründlich durchdacht gehört, dass die Zweigleisigkeit von Straf- bzw. Führerscheinentziehungsverfahren beendet werden muss und dass bundeseinheitliche Strafkataloge zu schaffen sind, weil ein Kraftfahrer nicht einsieht, dass er in den einzelnen Bundesländern für das gleiche Verhalten unterschiedliche Strafen bekommt.

Und ein Drittes: Das ist die Verbesserung des Rechtsschutzes; insbesondere dadurch, dass man den Zugang zum Verfassungsgerichtshof mittels Individualbeschwerde nicht so kompliziert, ja fast unüberspringbar macht; weiters, dass man nicht ein Rowdy oder ein Trinker sein muss, um in Verwaltungsstrafverfahren beim Verwaltungsgerichtshof Gehör zu finden, weil die Straf-Bagatell-Grenze immerhin bei 726 € liegt und das Höchstgericht oft selbst eigenwillig festlegt, was eine "grundsätzliche Rechtsfrage" ist.

Und schließlich ein viertes Anliegen des ÖAMTC: Die Entlastung des Verfassungsgerichtshofes zum Beispiel von der Prüfung straßenpolizeilicher Verordnungen, mit denen die Aufstellung von Verkehrszeichen angeordnet wird. Meines Erachtens könnten diese Prüfungen ohne weiteres die Unabhängigen Verwaltungssenate übernehmen, und der Verfassungsgerichtshof hätte mehr Zeit, um sich um die echten und rechtsstaatlichen Anliegen der Bürger zu kümmern. - Danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bitte Herrn Dipl.-Ing. Wolfgang Rauh um seine Ausführungen. Er spricht für den Österreichischen Verkehrsklub.

Dipl.-Ing. Wolfgang Rauh: Guten Tag, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Ich danke für die Einladung für den VCÖ, dass ich hier vor Ihnen sprechen kann.

In unserem Bundesverfassungsgesetz gibt es zweifellos Nachhol- und Verbesserungsbedarf bezüglich Regelung verkehrsrelevanter Gesetzesmaterien. Dazu müssen wir uns nur die stürmische Entwicklung des Verkehrs in den letzten Jahrzehnten ansehen. Noch Anfang der Fünfzigerjahre mussten Menschen pro Kopf und Tag ganze acht Kilometer zurücklegen und heute ist dieser Wert bereits auf 38 Kilometer angestiegen, also 38 Kilometer pro Kopf und Tag, bei weiter steigender Tendenz. Diese wachsenden Distanzen werden nicht zum Spaß zurück gelegt. Die Zersiedelung und der Verfall der Nahversorgung macht es für viele Menschen zur bitteren Notwendigkeit und zur teuren Notwendigkeit, stetig steigenden Verkehrsaufwand zu betreiben. Jeder vierte Euro muss heute bereits für Kosten ausgegeben werden, die im Zusammenhang mit dem Transport von Personen oder Gütern entstehen.

Das Verkehrswachstum wird zu einem großen Teil durch mangelhafte Raumordnung bewirkt. Heute wird die Hälfte aller Neubauten in dünn besiedelten Streusiedelungen errichtet. Alleine die Bevölkerung der Umlandbezirke der großen österreichischen Städte ist seit 1970 um 50 Prozent gestiegen. Unzureichend koordinierte Raumordnung in der Kompetenz der Länder und der Gemeinden ist eines der Probleme. Hier überdecken sich Entscheidungs- und Wirkungsbereich nicht.

Eine lokal getroffene Widmungs- oder Raumordnungsentscheidung kann weit über Gemeinde oder sogar Landesgrenzen hinaus gehen. Beispielsweise verursacht ein Mensch, der von einer Stadt ins nahe Umland übersiedelt und von dort täglich per Auto in die Stadt einpendeln muss, jährliche Kosten für den Wirtschaftsstandort, für den städtischen Wirtschaftsstandort in der Größenordnung von 1 000 bis 1 500 €. Das heißt, es sind Zuständigkeiten der Raumordnung hier neu zu regeln. Grundsätze der Raumordnung auf Landes- und Gemeindeebene wären am Besten auch im Bundesrahmengesetz zu regeln, dass für die optimale Koordination aller Beteiligten sorgt.

Ein weiteres Thema, das ich nun vorstellen möchte, ist die Subventionskontrolle. Verkehr wird heute in einer Großenordnung von 18 Milliarden Euro pro Jahr auf vielfältigste Weise subventioniert und gefördert. Viele dieser Subventionen und Förderungen sind kontraproduktiv. Sie bewirken höhere Kosten, als sie an Nutzen bringen. Ein Beispiel, das ich Ihnen nennen möchte, sind bestimmte Aspekte, Verkehrsaspekte der Wohnbauförderung. Die Vergabe der Fördermittel liegt ja in Landeskompetenz, sie ist in der Regel nicht an die Erreichbarkeit der jeweiligen Standorte durch den öffentlichen Verkehr gebunden. Andererseits wird aus Wohnbaufördermittel der Garagenbau mit 110 Millionen Euro pro Jahr subventioniert. Folge dieser staatlichen Förderung des Verkehrswachstums ist vor allem die Zersiedelung und meist werden durch Zersiedelung länger gewordene Arbeitswege auch noch zusätzlich durch das Pendlerpauschale steuerlich gefördert.

Evaluierung und Kontrolle von Subventionen und Förderungen muss ein wesentlicher Punkt einer neuen Finanzverfassung sein. Dabei geht es nicht um die Kürzung von Subventionen nach der Rasenmäher-Methode, vielmehr ist die Subventionskontrolle eine Hilfestellung für Entscheidungsträger ihre jeweiligen politischen Ziele, ökonomisch optimal umzusetzen. 

Die Förderung des Verkehrs, die geförderte Verkehrszunahme, ist nicht nur kostspielig, sie belastet auch die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher. Nach Zahlen der WHO sind 2400 vorzeitige Todesfälle pro Jahr, auf die Dieselruss-Belastung der Atemluft zurückzuführen. 190 Menschen sterben pro Jahr allein an Herz- und Kreislauferkrankungen, die durch dauernden Verkehrslärm verursacht werden. Insgesamt erreichen die Gesundheitskosten der Umweltbelastung durch den Verkehr, 1,8 Milliarden € pro Jahr. Es ist daher dringend geboten, ein Recht auf Schutz vor gesundheitsschädlicher Umweltbelastung einzuführen. Ein solches Recht sollte in einem künftigen Grundrechtskatalog keinesfalls fehlen.

Wichtig ist auch die Stärkung subjektiver Rechte Betroffener. Es sollte zum Beispiel möglich sein, bei Grenzwertüberschreitungen, Beschwerden gegen eine allfällige Untätigkeit von Behörden einzulegen. Auch beim Lärmschutz ergibt sich ein Änderungsbedarf im Verfassungsrecht. Derzeit ist Lärmschutz eine Materie klassischer Verfassungskompetenzen. Das führt zu einer Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern. Es ist daher anzustreben, dass die Lärmschutzkompetenz gebündelt wird. Bemühungen in dieser Richtung gibt es bereits.

Abschließend darf ich hier die Hoffnung ausdrücken, dass Anpassung und Kompetenzbündelungen, wie sie für den Verkehrsbereich vor allem dringend notwendig sind, eines der Ergebnisse dieses Österreich-Konvents mit Ihrer Arbeit sind. – Besten Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke den Vertretern der Verkehrsorganisationen. Ich bitte jetzt den Block der Bürgerinnen und Bürger beziehungsweise der Zivilgesellschaft um die Wortmeldungen. In der Reihenfolge habe ich Herrn Dipl. Ing. Egger, Herrn Dr. Klaus Hoffmann, dann Herrn Rudolf Otto, Frau Direktorin Christine Gubitzer und Frau Barbara Tramposch auf meiner Rednerliste. Ich rufe zu Beginn auf Herrn Dipl. Ing. Herbert Egger. Er ist Governor von Kiwanis International. Bitte, Herr Diplomingenieur!

Dipl.-Ing. Herbert Egger: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

Ich danke Ihnen erst sehr herzlich als einer der Vertreter der drei größten österreichischen Serviceorganisationen, einige meiner Gedanken abgeben zu dürfen. Als Governor von Kiwanis International, District Österreich, vertrete ich eine überparteiliche und ohne Rücksicht auf konfessionelle Zugehörigkeit tätige Non-Profit-Organisation, mit über 80 Clubs und zirka 2.500 Mitgliedern. Meine Freunde und ich arbeiten national und international, unbürokratisch, rasch auf Notsituationen reagierend, vor allem auf dem karitativen Sektor, mit dem Schwerpunkt der Kinder, nach dem Motto, wir bauen den Kindern eine Brücke in die Welt. Dazu zählen aber auch daneben noch sozial berechtigte Unterstützungen für unschuldig in Not geratene Familien sowie finanzielle Beiträge für die Ausbildung von jungen Menschen.

Unsere kulturellen Projekte haben sich auch in den letzten Jahren immer wieder niedergeschlagen. Um Ihnen ein Bild davon zu geben, unsere Charity-Ausgaben betragen im Schnitt etwa 1,2 Millionen € im Jahr.

Ich nehme folgende Ausgangssituation als Grundlage für meinen Beitrag, dem ich, wenn ich meine Vorredner betrachte, nur sehr geringe Wünsche und Forderungen folgen lassen werde.

In unserer Gesellschaft ist das soziale Miteinander im Schwinden, wobei Gruppen und Einzelinteressen überwiegen. Damit einhergehend sinkt das Bürgerengagement im Dienste der Gemeinschaft. Immer mehr Mitmenschen ziehen sich sozusagen in das Privatleben zurück. Sie sind nicht einmal mehr mit sich selbst beschäftigt, sie lassen sich passiv vor der Mattscheibe oder vom Internet berieseln.

Engagement in der Gemeinschaft oder in Vereinen, ist immer weniger gefragt. Rückläufige Mitgliederzahlen bei vielen Vereinen, gottlob bei meinem weniger, sind als Zeichen zu sehen. Doch diese Entwicklung hat seinen Preis. Immer mehr geraten unfreiwillig in die Isolation, der gesellschaftliche Zusammenhalt schwindet. In dieser gesellschaftlichen Ausnahmesituation haben Serviceclubs, wie Kiwanis, auch sie sind ein Teil unseres Sozialkapitals, ihre Daseinsberechtigung. Allerdings, der engagierte Bürger sucht nicht mehr nur die feste, freiwillige Mitarbeit in einer Organisation, sondern er möchte vielmehr frei und am Besten spontan, über den zeitlichen Umfang und in die inhaltliche Gestaltung selbst bestimmen.

Das zeitlich befristete Mitwirken in einem Projekt, gewinnt vermehrt an Bedeutung. Kiwanis verfolgt zwar langfristig das Ziel, seine Tätigkeit auf die Hilfe für Kinder auszurichten, die Verwirklichung dieses Zieles erfolgt jedoch in zeitlich abgegrenzten Projekten. Als Beispiel hiefür ist das Kinderspital in Madagaskar, oder die Jodierung von Salz in Entwicklungsländern, einem weltweiten Projekt von Kiwanis International, in einem Gesamtumfang von zirka 70 Millionen US-Dollar zu nennen.

Um die erwünschten Ziele zu erreichen, haben wir folgende Erwartungen an eine neue Verfassung. Der Staat soll auf wachsende Partizipationswünsche, mit dem Ausbau seiner Beteiligungsformen, reagieren. Er kann Rahmenbedingungen schaffen, die es dem Bürger ermöglichen, sich in die Gesellschaft einzubringen. Dazu zählt in erster Linie, so widersprüchlich das auch klingen mag, der Rückzug des Staates von verschiedenen Aufgaben. Die Kernaufgaben sind nach den Grundsätzen der Subsidiarität und Solidarität festzulegen. Die Selbstverwaltung und die Selbsthilfe sind mit neuen Anreizsystemen zu fördern.

Wir erwarten uns, ich nehme das auch für die anderen Serviceklubs an, dass die Vereinsfreiheit garantiert, und die selbstverständlich nachzuweisende Gemeinnützigkeit aus steuerlichen Gründen verankert wird.

Im Speziellen möchten wir die soziale Sicherheit und Chancengleichheit für alle jungen Menschen im Sinne unseres eigenen Mottos gesichert wissen. Darüber hinaus wäre die Einbindung der Serviceklubs bei den Grundsatzdiskussionen für Gesetzesvorhaben im Sozialbereich in Hinkunft unserer Meinung nach wünschenswert. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Bitte Herrn Dr. Klaus Hoffmann um sein Statement. Er spricht für die Lions.

Dr. Klaus Hoffmann: Frau Vorsitzende! Herr Präsident! Ich darf heute hier für Lions sprechen. Was ich sage, ist nicht der Rechtsanwaltschaft zuzuordnen, das muss ich ausdrücklich sagen, weil ich jahrelang für die Rechtsanwaltschaft zu sprechen hatte.

Lions ist die größte weltweite Serviceorganisation mit etwa 1,4 Millionen Mitgliedern. Sie ist in Vereinen organisiert. Wir haben in Österreich 7.000 Mitglieder, 200 Vereine. Sie sehen, dass diese Vereine verhältnismäßig klein sind und das macht den Reiz der Sache aus. Bei uns kann sich niemand verbergen, jeder muss mittun im Dienste für den Nächsten, ohne Ansehung der Person, der Politik oder der Religion, durch persönliche Dienstleistung und den Einsatz materieller Mittel, die wir auch wieder durch Arbeit erwerben. Wir sind aber auch dem Gemeinwesen verpflichtet - ein ganz wesentlicher Teil unseres Selbstverständnisses. Wir haben für das Gemeinwesen, für die Gemeinde, für die kleinen Einheiten einzutreten. Wenn ich das vorausschicke, muss ich noch eines sagen. Lions hat mitgewirkt an der Formulierung der Charta der Vereinten Nationen und ist dort Non-Governmental-Organisation, hat Stimme und wird gehört.

Wenn ich hier vor dem Verfassungskonvent Anmerkungen machen darf, dann mache ich die sehr bewusst nicht, um Politik für meinen Verein zu machen, nicht Politik für dieses Land, nicht zu werben für uns, sondern um Gedanken zu bringen, die Sie tatsächlich, wenn Sie an eine Neugestaltung der Bundesverfassung denken, beachten können, wenn Sie wollen.

Und daher komme ich zu den wenigen Punkten, die ich ansprechen wollte.

Nach unserer Auffassung sollte im Interesse des Gemeinwesens die direkte Demokratie gegenüber der repräsentativen ausgebaut werden, mehr Gewicht haben und tatsächlich effizient gestaltet werden. Wir meinen, dass das Persönlichkeitswahlrecht gestärkt werden sollte, um die persönliche Verantwortlichkeit und die Transparenz zu erhöhen.

Wie Vorredner schon gesagt, meinen wir, dass die Kompetenzverteilung der Bundesverfassung zu überdenken sind, dass man durchaus auf Zweigleisigkeiten verzichten könnte, aber unter Aufrechterhaltung des strengen Legalitätsprinzipes vor allem in kleineren Einheiten, wie in Ländern und Gemeinden, den Einfluss der Zivilgesellschaft stärken müsste, um die Verantwortung dort zu stärken, wo sie bürgernahe und ökonomisch sinnvoll gebracht werden kann.

Im Interesse eines besseren und rascheren Rechtsschutzes sollten Landesverwaltungsgerichte eingerichtet werden. Dazu gibt es Arbeiten in Hülle und Fülle, die kennen Sie, ich muss dazu nichts Näheres ausführen.

Was nun die so genannten NGOs betrifft, sollten sie in der Verfassung Erwähnung finden. Es sollte auf sie Rücksicht genommen, sie sollten bedacht werden. Dort, wo in ihre Wirkungsbereiche durch die Gesetzgebung eingegriffen wird, sollte ein Anhörungsrecht vorgesehen werden. Jedenfalls sollte eine Gesetzesbegutachtung eingeräumt werden, und zwar im richtigen und guten Sinn, nicht in wenigen Tagen.

Ich meine, dass die NGOs, die ich anspreche, solche sind, die eine demokratische Binnenstruktur haben, wo ehrenamtlich gearbeitet wird und wo Gemeinnützigkeit herrscht. Die Arbeit solcher Organisationen – damit komme ich zum Schluss - sollte Beachtung finden und ihre Zielsetzung als Ausdruck der Beteiligung der Zivilgesellschaft an dem Aufbau des Gemeinwesens entsprechend gewertet werden. Es sollte daher in der Verfassung zum Ausdruck gebracht werden, dass diese Mitwirkung gewollt ist und unterstützungswürdig ist. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke schön. Ich bitte den Governor von Rotary Österreich, Herr Rudolf Otto um seine Ausführungen. – Bitte.

Rudolf Otto: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich vertrete hier als Governor 6.000 Rotarier, die in 120 österreichischen Klubs zusammengefasst sind. Diese 120 Klubs gehören nicht zu den 2.000 Vereinen, die in Österreich von den verschiedensten staatlichen Landes- und städtischen Institutionen gefördert werden oder sich dort um Subventionen anstellen, sondern die im Gegenteil solche Subventionen geben und die Bürgergesellschaft fördern.

Wir sind mit der verfassungsmäßigen Situation der Serviceklubs in Österreich durchaus glücklich und zufrieden, mit einer einzigen Ausnahme, und das betrifft die Anerkennung der Mittel, die von diesen Serviceklubs aufgebracht werden. Es besteht ein krasses Missverhältnis dazwischen, wenn unser rotarischer Freund Armin Assinger einem glücklichen Quiz-Kandidaten eine Million € aushändigt und ihm um den Hals fällt, dann kann der das Geld einstecken und damit nach Hause gehen. Wenn ein Rotarier oder sonst irgendjemand dem Roten Kreuz 10 000 € spenden will, dann kann er das nur aus voll versteuertem Einkommen tun. Und da ist ein Missverhältnis, das sich auch darauf bezieht, wenn ich einem Boxer seinen Namen auf seine Shorts schreibe und ihm dafür einen großen Geldbetrag zahle, so kann ich das voll absetzen. Wenn ich den gleichen Betrag für karitative Zwecke einsetze, so geht das voll aus meinem versteuerten Einkommen und daher meinen wir Rotarier, wie sicher auch alle anderen Serviceklubs, dass eine Anerkennung des ihm Rahmen der Tätigkeit in Organisationen der Bürgerzivilgesellschaft erbrachten Sozial- und Gesundheitssponsorings in irgend einer Form in der Verfassung ihren Niederschlag finden sollte.

Wir haben eine Rechtstradition in den angelsächsischen Ländern und auch in Deutschland übrigens, dass solche gemeinnützigen Spenden steuerlich anerkannt werden, im Gegensatz zu uns in Österreich. Und dann heißt es immer, das ist zu teuer, das können wir uns nicht leisten. Wenn ich jetzt demgegenüber stelle, was die Gesamtheit der Rotarier in Österreich an Mitteln für soziale Zwecke aufbringt, so waren das etwa für die Ausrottung der Kinderlähmung 700.000 €. Im vorigen Jahr für die Hochwasserhilfe 1,4 Millionen, für die laufenden Projekte, die von den Klubs unterstützt und gemacht werden, sind das etwa 1,7 Millionen im Jahr. Wenn wir annehmen, dass die halben Spender ihre Zuwendungen steuerlich geltend machen würden, so kommen wir da auf einen Steuerausfall von vielleicht 300.000 bis 400.000 € und ich glaube, das wäre der Kultur dieses Landes durchaus angemessen, wenn man das auch so berücksichtigen kann.

Ich weiß schon, eine steuerliche Frage ist keine Frage der Verfassung, aber die Anerkennung der Tätigkeit der Bürger- und Zivilgesellschaft, die sollte in irgend einer Form als Grundlage für weitere Schritte in die Verfassung aufgenommen werden. – Danke sehr.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke schön. – Ich bitte Frau Direktorin Christine Gubitzer um ihre Ausführungen. Sie ist die Präsidentin von Soroptimist International. – Bitte.

Christine Gubitzer: Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als eine der letzten Rednerinnen dieses sehr ereignisreichen Tages darf ich Ihnen nun den Frauenserviceklub Soroptimist International präsentieren.

Wir sind ein Serviceklub, weltweit der größte Frauenserviceklub, 1921 gegründet worden und die jüngsten Jahre zeigen, dass in Österreich diese Art Clubs eine besondere Bedeutung gewinnen. Allein in diesem Jahr haben bereits fünf Gemeinden eine Klubgründung angekündigt. Wir sind mittlerweile auf 35 an der Zahl angewachsen und wir können erkennen, dass gerade die Ziele des Soroptimismus für die Österreicherinnen sehr wichtige Ziele sind. Daher ist es durchaus auch bedeutsam für mich als österreichische Unionspräsidentin, hier die Wünsche der Soroptimistinnen in dieser wichtigen Sitzung präsentieren zu dürfen.

Soroptimistinnen, die Lateiner unter Ihnen können leicht erkennen, dass sich darin versteckt das Wort sorores ad optimum, die Schwestern, die das Beste wollen. Und wir erhoffen uns natürlich auch von dieser Verfassung, dass sie das Beste ist für die Frauen. Wir engagieren uns sehr wohl für soziale Projekte, wenngleich wir aber damit immer das Ziel verfolgen, die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern. Wenn wir Bildungsprojekte unterstützen, wenn wir zum Beispiel auch die Hospizbewegung unterstützen, all das passiert immer unter dem Hinblick, dass die Stellung der Frau in der Gesellschaft verbessert werden muss im Sinne der Gleichwertigkeit, der Gleichbehandlung.

Daher ist es uns ein wichtiges Anliegen, dass die neue österreichische Verfassung einen Schritt in diese Richtung geht, Frauen die Garantie zu geben, dass sie in diesem Land die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung leben dürfen. Dass vor allem auch alles getan wird, um  die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen zu garantieren. Denn bedenken Sie, dass lediglich ein Prozent des Weltvermögens in Händen von Frauen ist und der Rest in Händen von Männern. Das ist ein sehr gewichtiges Merkmal dafür, wo die Macht liegt. Und das, was wir uns als Soroptimistinnen als wichtiges Ziel gegeben haben, ist eben auch die Beteiligung an der Macht. Wir wollen Teilnahme gewährleisten in allen wichtigen Entscheidungsprozessen, auf allen Ebenen der Gesellschaft. Wir haben ein gesellschaftspolitisches Anliegen und wir glauben, dass gerade Frauenpolitik ein bisschen aus dem politischen Tagesgeschehen und den parteipolitischen Zankereien herausgenommen werden muss, weil es viel zu wichtig ist, dass die Gleichbehandlung der Frauen von allen Frauen gemeinsam betrieben wird, ohne Ansehen von Partei, Weltanschauung oder was immer hier dahinter stehen mag.

Wir stehen für die Wahrung hoher ethischer Werte, und ich glaube, mir sicher sein zu können, dass gerade auch diese in der österreichischen Verfassung verankert sein werden: Sei es nun die Menschenwürde, und damit die Menschenrechte, sei es die Subsidiarität und damit auch das Recht auf Eigenentscheidung, sei es die Frage des Gemeinwohls und damit meine ich all das, was Umwelt, Gesundheit, Erziehung, Kultur betrifft, oder sei es eben die Frage der Solidarität, die sich auch die Geschlechter für einander geben werden müssen.

Die Soroptimistinnen sind zwar vom Namen her noch nicht wirklich gut verankert. Wir hoffen aber doch, dass gerade dieser Auftritt hier mit dazu beiträgt, uns bekannt zu machen. Uns ist es sehr wichtig, dass den Status, den wir als NGO bei der UNO haben, den wir beim Europa-Parlament und im Europarat haben, den wir bei der OSCE haben, wir auch in der österreichischen Parlamentarismus bekommen, einen Anhörungsstatus, die Chance, unsere Meinung zu sagen, unser Wissen, unser Können miteinbringen zu können, für eine glückliche, erfolgreiche Zukunft Österreichs, an der Männer und Frauen gleich beteiligt wirken wollen. - Herzlichen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bedanke mich. Die letzte Wortmeldung aus dem Bereich der Service-Organisationen kommt von Frau Barbara Tramposch. Sie vertritt Zonta International. - Bitte!

Barbara Tramposch: Sehr verehrtes Präsidium! Mitglieder des Konvents! Sehr geehrte Damen und Herren!

Als absolut Letzte zu reden ist jetzt gar nicht einfach, weil es ist eh schon alles gesagt, und zuhören will wahrscheinlich auch keiner mehr. Also, es ist sehr vermessen zu sagen: Bitte, eine Sekunde noch!

Dem Vertreter der Zivildiener möchte ich sagen, ich kenn’ die Zivildiener schon. Ich befürchte aber, dass Sie Zonta International nicht kennen, und deshalb erlauben Sie mir kurz, Zonta vorzustellen, zumal auch einer meiner Vorredner, der Governor von Kiwanis, nur von drei Serviceorganisationen in Österreich gesprochen hat, was mich sehr traurig gemacht hat, weil wir sind auch noch da, auch wenn wir Frauen sind.

Zonta wurde, wie alle Service-Organisationen, in den Vereinigten Staaten gegründet:  1919 in Buffalo im Bundesstaat New York, hat sich ausgedehnt auf Kanada, und hat seinen Namen Zonta International bekommen mit der Gründung des ersten Klubs außerhalb des Kontinentes, des amerikanischen Kontinentes, und zwar des Klubs in Wien im Jahr 1930, wurde dann inkorporiert als Zonta International im Bundesstaat Illinois in Chicago. Wir haben mittlerweile in 72 Ländern dieser Welt unsere Vertreter, sind leider nicht so groß wie Soroptimist, haben nur 35 000 Mitglieder, haben aber den Status 1a bei der UNO als Non-Governmental-Organisation. Unsere Gründerin und ihre Mitstreiterinnen haben sich zum Ziel gesetzt, die rechtliche, die wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische und familiäre Stellung der Frau zu verbessern, und das 1919. Diese Ziele gelten auch heute noch in unserer Organisation. Wir sind eine Organisation berufstätiger Frauen, die aus allen Berufssparten vertreten sind, Überparteilichkeit hochhalten und natürlich auch den Gedanken der Religionsfreiheit. Deshalb ist es wahrscheinlich verständlich, dass Zonta Österreich als sein vordringlichstes Anliegen sieht, die Gleichstellung und die Gleichbehandlung der Frau, und auch diese verfassungsmäßig garantiert haben möchte, damit gleiche Bezahlung bei gleicher Leistung in Zukunft kein Diskussionsthema mehr sein müsste.

Ein weiteres Anliegen von Zonta Österreich ist das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Gewaltfreiheit in der Familie. Ein weiteres Anliegen, das aus unserer Arbeit bei der UNO kommt, und an dem wir wesentlich mitgearbeitet haben, ist das Protokoll Anti-Trafficing against human beings, das Verbot von Menschenhandel, das sich vorwiegend gegen Frauen und Jugendliche weiblicher Natur richtet. Wenn dahingehende Entscheidungen in der Verfassung aufgenommen werden könnten, wäre das für uns sehr zufriedenstellend. Und schließlich würde es Zonta Österreich auch noch begrüßen, wenn in der Verfassung verankert ist, dass jegliche Art von Verstümmelung an Frauen, wie sie vermehrt vorkommt, durch die Zuwanderung aus afrikanischen Ländern, auch gesetzesmäßig verboten wird oder verankert wird. Nur das Strafgesetzbuch mit dem Paragraphen der Körperverletzung schließt nicht ein, was wir definiert haben wollen. Und zwar das Verbot von genitaler Verstümmelung von Kindern und Mädchen. Auch wenn es Brauch ist bei schwarzen Zuwanderern, muss es in Österreich verboten sein.

Und ganz zum Schluss wäre es schön, wenn die Service-Klubs generell einen verfassungsmäßigen Status erhielten in diesem Land, und dadurch offiziell etwas anerkannter wären und auch aufgewertet werden würden. Im Namen von Zonta International und von Zonta Österreich bedanke ich mich für die Einladung hierher und hoffe doch, dass der eine oder andere Wunsch in der Verfassung dann seinen Niederschlag findet. - Danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Barbara Tramposch. Wir haben damit alle Anhörungen beendet und kommen jetzt zur Diskussion. Da sind momentan gemeldet: Herr Dr. Karl Lengheimer, Frau Dr. Evelin Lichtenberger und Herr Dr. Willi Brauneder. Wortmeldungen können jederzeit noch abgegeben werden.

Herr Dr. Dr. Karl Lengheimer, bitte.

DDr. Karl Lengheimer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Idealistinnen und Idealisten, welche die ganze Zeit über hier ausgeharrt haben und den Beiträgen gefolgt sind, und nicht schon nach Abgabe eines Statements dieses Hohe Haus verlassen haben!

Ich glaube, es hat sich ausgezahlt, da zu bleiben und alle diese Beiträge zu hören. Es waren sehr wichtige Beiträge, und es waren Beiträge aus denen sehr klar ein Engagement hervorgegangen ist, ein Engagement, das in den meisten Fällen und bei den meisten Rednerinnen und Rednern auch auf einer ehrenamtlichen Tätigkeit beruht.

Gestatten Sie mir zu so später Stunde nur zwei kurze Bemerkungen. Die eine: Wir hören nicht nur in dieser heutigen Anhörung, sondern auch in den bisherigen Fällen, wo wir das praktiziert  haben, immer sehr viele Wünsche, und das ist klar so. Die Menschen wünschen sich, dass das, was ihnen wichtig ist, und in den Organisationen auch verankert wird, möglichst rechtlich verankert wird. Das hat ja jeder, der einen Vertrag abschließt, auch als Ziel. Und noch besser als eine rechtliche Verankerung ist natürlich eine verfassungsrechtliche Verankerung, denn dann kann es einem auch nicht durch ein einfaches Gesetz so schnell wieder weggenommen werden. Wir sollten uns allerdings der Tatsache bewusst sein, dass den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auch verfassungsgesetzliche Pflichten gegenüberstehen müssen. Wir kommen um das nicht herum.

Wenn wir ein Recht auf Gesundheit in der Verfassung wollen, dann müssen wir wohl auch überlegen, was der Einzelne dazu tun muss, um gesund zu sein. Zu dem sehr engagierten Bericht der Vertreterin der Alleinerzieherinnen, es gibt schon diese schlimmen Fälle, wo ein Elternteil durch Unfall, schwere Krankheit oder plötzlichen Todesfall ausfällt. Aber es gibt auch andere, wo sich ein Elternteil, meist sind es die Väter, einfach davon schleicht. Daher muss man halt in solchen Fällen auch überlegen, ob dem Recht nicht auch eine verfassungsgesetzliche, nicht nur zivilrechtliche Pflicht gegenüber stehen müsste. Das ist eine Aufgabe, die den Konvent wird beschäftigen müssen und die nicht leicht zu lösen ist, das muss uns klar sein. Aber wir werden sie lösen müssen, sonst ist das einzige Grundrecht, dass letztlich über bleibt, das Recht auf Selbstbedienung.

Ein zweiter Gedanke noch ganz kurz, weil das auch wiederum gekommen ist von einer Familienorganisation: Die Frage des Wahlrechts für Kinder. Es kommt in vielen Varianten, in der Wahlalterherabsetzung, in dem Recht auf demokratische Strukturen auch in der Schule. Das wird immer wieder richtig betont und wenn es dann heißt, es soll doch jedes menschliche Subjekt auch ein Mitbestimmungsrecht am Staat haben, dann stößt das auf Unverständnis und wird als lächerlich abgetan.

Ich meine, wir sollten auch darüber nachdenken und die Vertreterin der Bundesschüler, die Vorsitzende der Bundesschülervertretung Romana Breit hat heute hier sehr schön ausgeführt, wie wichtig der freie Zugang zur Bildung ist, weil es darum geht, Vorurteile abzubauen. Vielleicht sollten wir auch in diesem Bereich Vorurteile abbauen und bei den Fragen des Wahlrechts mehr Bildung wirken lassen, Bildung, indem wir uns über den Standpunkt des Anderen informieren. Wenn wir das tun, haben wir vielleicht weniger Vorurteile und können auch in dieser Frage zu einem Konsens kommen, den wir übrigens nicht nur in dieser, sondern in allen anderen Fragen brauchen werden, wenn der Verfassungskonvent einen Erfolg haben soll. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich erteile der Frau Abgeordneten Dr. Lichtenberger das Wort. - Bitte

Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte Damen und Herren!

Lassen Sie mich zu einigen der angesprochenen Themen kurz Stellung nehmen. Zur Frage von Frieden und Neutralität, also es war sehr bestätigend für mich, dass ein hohes Interesse daran herrscht, die friedenspolitische Komponente in der österreichischen Politik zu stärken, zu nennen und mit Wert zu versehen, Sicherheitspolitik nicht nur rein von Polizei und Militär aus zu definieren, sondern auch den präventiven Charakter stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Insofern kann ich Sie informieren, dass wir im Arbeitskreis 1 eine sehr intensive Diskussion gerade über die Bereiche der Neutralität hatten, wo es auch zum Beispiel um den § 23f ging und um die Frage, ob ein Mandat, eine UNO-Mandatierung zum Beispiel zwingend vorgesehen werden könnte, um Rechtssicherheit auch in einem Graubereich zu schaffen. Das ist allerdings nicht auf einen so breiten Konsens gestoßen, als dass wir es bis jetzt in unsere Zwischenberichte hätten aufnehmen können. Trotzdem halte ich das für ein wichtiges und zentrales Anliegen, und meine gerade, die friedenspolitische Orientierung würde für einen Staat wie Österreich mit seiner Geschichte, das muss man halt einfach immer dazu sagen, wohl anstehen und könnte hier international eine Vorbildwirkung entfalten.

Eine Sache, die der Vertreter des Milizverbandes gesagt hat, die möchte ich allerdings scharf zurückweisen. Seine Äußerung über die Gefahr, die in einem Berufsheer bestehen würde, denn man weiß, wer sich da meldet, und dann spricht er noch soziale Unterschichten an, das halte ich schon für sehr diskriminierend. Ich muss Ihnen ganz offen sagen, Gewaltbereitschaft oder eine negative Haltung zur Gewalt findet sich nicht nur in sozial benachteiligten Schichten, meine Damen und Herren, sie findet sich leider durchgängig in allen Gesellschaftsschichten, und das bitte ich auch die Herrschaften vom Milizverband zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin von solchen diskriminierenden Aussagen immer wieder sehr negativ überrascht.

Zu den Rettungsorganisationen, wo einige sehr interessante Fragen angesprochen worden sind, in Bezug auf die Bergrettung, die sehr klar gesagt hat, man soll ihr nur keine Prügel vor die Füße werfen, müssen wir uns nicht im Verfassungskonvent, aber sonst irgendwo die Frage stellen, wie wir mit der – das sage ich jetzt einmal so – Dienstleistung, die die Bergrettung für den Tourismus erbringt, auch in finanzieller Hinsicht einmal auseinandersetzen. Zunehmend haben auch gerade Leute aus der Bergrettung, aber auch aus anderen Rettungsorganisationen, die sozusagen freiwillig arbeiten, Probleme mit ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die sozusagen dann kein Einsehen haben, wenn für einen größeren Rettungseinsatz dann einmal ein Urlaubstag überraschend beansprucht werden muss. Das setzt auch der Möglichkeit zum Tätig werden Grenzen, auf die wir in Zukunft sehr genau aufpassen müssen.

Interessant war die Anregung von Seiten der Feuerwehr, eine Art überörtliche Gefahrenpolizei für größere Katastrophen einzurichten, weil ja gerade zum Beispiel Tunnelunfälle oder Unfälle mit Gefahrgut, sei es auf Bahn oder Straße oder aber auch beim Transport von einem Betriebsgelände ins andere stattfinden können, von einer ganz normalen örtlichen Freiwilligen Feuerwehr nicht mehr in dem Ausmaß abgefangen werden können. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Ich glaube, dass hier einige Nachdenkprozesse gerade in Folge der rechtlich unklaren Situation für solche, die zu Schaden kommen bei solchen Einsätzen, dass da Lösungen gefunden werden müssen. Ich weise darauf hin, wir hatten das Glück, dass bis jetzt noch keine auffälligen Geschichten da passiert sind, aber das ist eine Frage der Zukunft, die wir uns anschauen müssen.

Zum Herrn vom ÖAMTC: Ja zur freien Verkehrsmittelwahl, ich wäre sehr begeistert, wenn wir sie endlich hätten. In der Region kann bei uns in Österreich schon oft niemand mehr wählen. Da ist er aufs Auto als einziges verfügbares Verkehrsmittel angewiesen, und das ist keine Wahlfreiheit. Wenn wir also Wahlfreiheit herstellen wollen, dann heißt das auch Förderung und Stärkung vom öffentlichen Verkehr. Das halte ich für eine sehr zentrale Geschichte, denn Anregungen um Subventionskontrolle und Prüfungen von möglichen Gesetzesauswirkungen kann ich mich anschließen. Das halte ich für wichtig und zentral.

Am Schluss noch eine Anmerkung zu den Serviceklubs: In aller Kürze, wenn diese Serviceklubs all das auffangen müssten, was durch das Zurückdrängen des Sozialstaates an neuen Leistungsbereichen offen bleibt, dann wären diese Serviceklubs enorm überfordert. Ich halte Ihre Leistungen für extrem wichtig. Aber den Sozialstaat an sich werden sie nicht ersetzen können. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Herr Universitätsprofessor Dr. Brauneder. -Bitte.

MMag. Dr. Willi Brauneder (Vertreter von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Szene aus „Freiheit in Krähwinkl“, wenn ich es richtig im Kopf habe: Dienstmagd sitzt ein im Dorfkotter, Bürgermeister borgt ihr Bücher, sie liest Bücher, ist dadurch in die Lage versetzt, Türen, Fenster, Gitter rasch zu öffnen und entflieht. Nestroy kommentiert dies mit „Freiheit durch Bildung“.

Warum ich darauf zu sprechen komme, hat zwei Gründe. Nummer eins, Freiheit durch Bildung kann ein Schlagwort sein, hinter dem unter anderem Nestroy steht oder Nestroy es verwendet, und es ist auf jeden Fall ein Motto, welches sehr alt ist. Es stammt ganz typischerweise aus der Zeit der Aufklärung, aus einer Zeit, wo es keine Verfassung gab, und man hat sich das immer wieder auch ohne Verfassungstext erarbeitet.

Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass die hier sehr oft geäußerten Erwartungen an eine neue Verfassung, wie das von einem Redner formuliert wurde, denn doch nicht gar zu hoch zu stellen sind. Es sollte aber vielleicht mit einer neuen Verfassung etwas mehr ins Bewusstsein gerufen werden oder wieder daran erinnert werden, dass der Staat doch eigentlich nichts anderes sein soll, als die organisierte Gesellschaft, natürlich nicht die zwangsorganisierte Gesellschaft wie in einem autoritären Staat, sondern die freiwillig auf demokratischer Basis organisierte Gesellschaft, denn wir rühmen uns ja, die Trennung zwischen Staat und Gesellschaft überwunden zu haben, was vielleicht mit ein paar Fragezeichen zu versehen wäre.

Natürlich eine Gesellschaft, ein Staat, der der Gesellschaft Freiräume gewährt. Das heißt: Es wäre tatsächlich eine Förderung von jenen gesellschaftlichen Aufgaben, wie dies der Governor von Rotary erwähnt hat, sehr erwägenswert, vielleicht aber eher etwas, was das Steuerrecht machen sollte und nicht die Verfassung. Auch im Bonner Grundgesetz gibt es keine Bestimmung dahingehend, dass das Steuerrecht diese bestimmte Ausgestaltung haben sollte. Denn tatsächlich ist es so, dass nicht nur die Serviceclubs – man könnte einmal darüber nachdenken, ob es nicht sehr wesentlich ältere Serviceclubs unter anderen Namen gibt, etwa gegründet so im Jahre Null und dann durch Abspaltungen weitere – dass es tatsächlich so ist, dass hier starke Leistungen für die Gesellschaft erbracht werden und der Staat entlastet ist. Ein Serviceclub in einer Stadt südlich von Wien, die ich besonders gut kenne, hat bei dem Hochwasser vor zwei, drei Jahren wesentlich mehr und wesentlich rascher gespendet als manche Gemeinde.

Was aber auch noch zu sagen ist, ist der Umstand, dass diese Freiräume möglicherweise missbraucht werden könnten. Nämlich dahingehend, ich meine nicht die neuen Serviceclubs oder die Serviceclubs im engeren Sinne, dass gesellschaftliche Aufgaben durch Private kanalisiert, vielleicht sogar monopolisiert werden, wie dies die österreichische Entwicklung nicht nur, aber auch des 19. Jahrhunderts zeigt, und wie dies dann die Verfassung 1867 letztendlich mit dem heute fast zur Gänze noch geltenden Grundrechtskatalog unterbunden hat.

Ich meine, dass Bildung, um ein Beispiel zu nennen, als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erkannt werden muss, nicht auszugliedern wäre aus der organisierten Gesellschaft Staat, denn es wäre der Wissenschaft sicherlich abträglich, wenn plötzlich die Wissenschaftsfinanzierung umstellen, zur Gänze etwa umstellen würde - was von niemandem geplant ist, es soll also keine Unterstellung sein - auf die bloße Förderung von Projekten und dadurch natürlich nur jenen, die das Geld dafür hergeben, nützt. Das wäre also eine Kanalisierung, die zwar nicht dem Krähwinkler Modell der Freiheit durch Bildung widerspricht, sondern dem Grundrecht: Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.

Abschließend möchte ich mich bei allen jenen, die heute gesprochen haben, bedanken: das war eine ganz lange Liste an sehr nützlichen Anregungen. Vielen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Frau Klubobfrau Dr. Madeleine Petrovic, bitte. Sie ist die letzte Rednerin, wenn sich nicht noch jemand zu Wort meldet.

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Ja, nur ein paar Ausführungen zu den Anmerkungen, die hier kamen zur Familienpolitik.

Vormittags hatten wir die Debatte um den effizienten, schlanken, dicken, dünnen Staat. Und mich wundert das immer, dass man im Bereich der Familienpolitik, hier geht es wirklich offenbar rein ideologisch zu und es ist keine Bereitschaft, einmal zu schauen, wo gibt es Modelle – zumindest in Europa, in EU-Europa -, die besser funktionieren als das österreichische.

Wir haben in Österreich die absolut höchsten Förderungen für „Familie“ und eine der niedrigsten Kinderquoten überhaupt, wobei es so ist, dass die Lebensplanungen der Menschen nicht umgesetzt werden können. Die meisten Leute, Frauen, wollen Kinder. Und ursprünglich, die ganz jungen Frauen befragt nach ihrem Kinderwunsch, antworten mit zwei bis drei Kindern. Und dann bleibt es aber im Schnitt bei 1,3 Kindern. Hier passiert etwas. Nämlich, dass die Unterstützung für das Leben mit Kindern zu gering ist. Und das ist nicht nur Geld oder Familienleistungen, sondern dass man konkret auf die Lebenssituation achtet. Das ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das ist die Situation der Alleinerzieherinnen, denen einfach in vielen Fällen die Decke auf den Kopf fällt.

Ich möchte gerne die Forderung mitnehmen mit dem gleichen Unterhaltsrecht für alle Kinder, denn es scheint mir wirklich absurd, dass für den zahlungsunwilligen Unterhaltspflichtigen der Staat in Vorlage tritt, aber für den Zahlungsunfähigen niemand gerade steht. Das fällt ja den Kindern auf den Kopf. Und solche Beispiele – und wir kennen sie alle, ich kenne auch eine Alleinerzieherin mit fünf Kindern, mit drei Kindern, die wirklich nur mehr zaubern und wurschteln und bitten und betteln und es ist ein Jammer, und es geht zu Lasten der Kinder. Und jede junge Frau, die das gesehen hat, die überlegt sich das doppelt und dreifach.

Und ich sage Ihnen eines: unter dem Schlagwort Familie, wenn man das so abhandelt, dann kommen wir dem angestrebten Ziel, nämlich, dass Menschen, Frauen ihre Lebensplanung auch umsetzen können, nicht näher. Das hat nämlich mit der realen Gleichstellung von Frauen zu tun. Hier tut sich etwas in den Ausschüssen. Ich hoffe, dass das auch dann tatsächlich vom Plenum so angenommen wird, aber Österreich hat in Sachen Gleichstellung von Frauen im europäischen Kontext den unrühmlichen Platz 15, was die ökonomischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen betrifft. Und das ist eine Botschaft, die letztlich dann natürlich auf die Lebensplanung durchschlägt, und das ist eine sehr rationale Entscheidung. Das heißt: wer etwas für „die Familien“ tun will, muss zuerst einmal die Situation des diskriminierten Teiles – und das sind regelmäßig die Frauen – aufgreifen und sich darum kümmern.

Und da kommt dazu etwas, dass gerade mir – wie Sie sich vorstellen können – als Ehefrau eines ehemaligen Arbeitsmigranten sehr am Herzen liegt. Es gibt in Österreich, und ich sage das bei jeder Gelegenheit, ich habe das schon oft gesagt, mindestens 7.000 Kinder, die kein permanentes Aufenthaltsrecht haben. Wir haben in den Schulstatistiken mehr Kinder als in den Aufenthaltsstatistiken, das heißt, das sind Kinder, die immer nur touristisch da sind. Das sind Familien, die wahrlich nicht zu den begüterten gehören, die immer mit neuen Visa-Gebühren letztlich zu Lasten der Kinder Geld ausgeben müssen, und die Kinder – oftmals hier geboren – dürfen nicht da bleiben, weil sie an eine Kinderquote stoßen.

Also, in so einer Gesellschaft, die ganz klar signalisiert, es sind uns nicht alle Kinder willkommen, brauchen Sie sich nicht wundern, wenn das auch als Botschaft ankommt und Vorsicht auslöst. Denn, wenn das auf Grund der einfachen Gesetzgebung sich ändern kann, welche Kinder erwünscht sind und welche unerwünscht, dann wird sich so manche denken, na ja, vielleicht gehören wir auch einmal zu den unerwünschten. Und auch das schlägt durch. Das heißt: Dringender Appell, bitte, stellt diese Kinder endlich einmal auf eine legale Grundlage. Sie gehen hier in die Schule, wir brauchen diese Kinder notwendig. Und auch die Familien, die dürfen nicht länger diskriminiert werden.

Ein Letztes zum Wahlrecht. Diejenigen, die das Wahlrecht der Eltern oder ein Elternsplitting verlangen für die Kinder, denen kann ich nur sagen, bitte, geht doch mit den grünen Anträgen, die Situation der Kinder und Jugendlichen zu verbessern. Wir haben seit langem beantragt die Wahlaltersenkung auf 16. Wir würden auch anregen ein Schülerinnen- und Lehrlingsparlament und eine Verpflichtung des Nationalrates, sich mit den Forderungen, die von den jungen Leuten kommen, auch auseinander zu setzen.

Und ich verlange ferner auch ökonomisch einen freien Zugang von Kindern zu allen öffentlichen Angeboten auch im Bereich des Verkehrs und zwar unabhängig davon, ob sie es mit den Eltern konsumieren oder nicht. Es gibt wieder zahlreiche Familienermäßigungen, aber ich sehe nicht ein, warum nicht ein Zwölfjähriger, eine Dreizehnjährige selbst sich entschließen soll zum Beispiel eine Ausstellung im Museum anzuschauen oder mit dem Zug irgendwo hin zu fahren. Wenn ich mit meinen Kindern etwa nach Gloggnitz fahre, was ich sehr häufig tue, dann fahren die Kinder kostenlos. Wenn die Kinder allein fahren - wozu sie durchaus in der Lage sind und auf Grund meiner Berufstätigkeit auch oft veranlasst sind -, dann zahlen sie. Und das ist etwas, was im Bereich der sozial Schwachen wirklich dazu führt, dass Kinder von öffentlichen Angeboten ausgeschlossen sind.

Und wer ernsthaft will, dass hier die Gesellschaft sich ändert, der sollte hier ansetzen und nicht bei einem Wahlrecht der Eltern für die Kinder. Denn wer weiß, ob die Kinder wirklich das wählen würden, was die Eltern immer gewählt haben. - Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Die Rednerliste ist erschöpft; ich sage nochmals sehr herzlich Danke allen Damen und Herren, die heute zum Hearing gekommen sind, die ihre Stellungnahmen abgegeben haben, auch schriftlich abgegeben haben. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass über alles, was hier gesagt worden ist, ein Protokoll gemacht wird, das den Ausschüssen zugeteilt wird und selbstverständlich auch die schriftlichen Stellungnahmen, die Sie mitgebracht haben in den Ausschüssen, entsprechend bearbeitet werden.

Auch den Konventsmitgliedern danke ich sehr herzlich für ihr Kommen und für ihre Diskussionsbeiträge. Für sie sage ich, dass am 16. Februar der nächste Konventstermin ist, zu dem wir sie noch einmal auch schriftlich einladen werden. Danke herzlich für Ihre Teilnahme. Die Sitzung ist geschlossen.