Österreich-Konvent
8. Sitzung,
Montag, 16. Februar 2004
Tagesordnung
Beratungen
über den vom Präsidium vorgelegten Teilbericht des Ausschusses I Staatsaufgaben und
Staatsziele (1/AUB-K)
Inhalt
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 3
Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer............................................................................... 3
Univ. Prof. Dr. Andreas Khol................................................................................ 6
Friedrich Verzetnitsch.......................................................................................... 7
Mag. Anna-Maria Hochhauser.............................................................................. 8
Dr. Günter Voith................................................................................................... 10
Herbert Scheibner.............................................................................................. 11
Univ. Prof. Dr. Reinhard Rack........................................................................... 12
Univ. Prof. Dr. Heinz Fischer............................................................................. 13
Dr. Klaus Wejwoda.............................................................................................. 15
Dr. Peter Wittmann.............................................................................................. 15
Univ. Doz. Dr. Peter Bußjäger........................................................................... 16
Univ. Prof. Dr. Theodor Öhlinger...................................................................... 18
Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 19
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer (übernimmt den Vorsitz)............................................................................................................................... 21
Mag. Johanna Ettl................................................................................................ 21
Prof. Dr. Christine Gleixner............................................................................... 22
Elisabeth Gehrer................................................................................................. 23
Mag. Ulrike Schebach-Huemer.......................................................................... 24
Univ. Prof. Dr. Bernd-Christian Funk............................................................... 26
Dr. Leo Specht..................................................................................................... 26
MMag. Dr. Madeleine Petrovic.......................................................................... 27
Dr. Manfred Matzka............................................................................................. 28
Mag. Terezija Stoisits......................................................................................... 30
Mag. Rüdiger Schender..................................................................................... 31
Dr. Eva Glawischnig............................................................................................ 32
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zu einer
weiteren Sitzung des Konvents. Die TAGESORDNUNG ist Ihnen zugegangen. Sie besteht aus den Beratungen des Konvents
über den vom Präsidium vorgelegten Teilbericht des Ausschusses I, der sich mit
Staatsaufgaben und Staatszielen befasst hat.
Bevor
ich Herrn Prof. Mayer als Vorsitzenden des Ausschusses I das Wort erteile,
möchte ich mich bei ihm, bei den Mitgliedern des Ausschusses, sowie auch bei
der Ausschussbetreuerin aus dem Büro des Konvents für die geleistete Arbeit
bedanken, und glaube sagen zu
können und dabei auch Ihre Zustimmung zu finden, dass wir die Themen, die dem
Ausschuss I überantwortet wurden, sehr gut aufbereitet bekommen haben, und dass
wir darüber heute auch eine sehr zielgerichtete und sehr ausführliche und in
die Tiefe gehende Diskussion führen können.
Es
handelt sich um einen Teilbericht des Ausschusses I. Es konnte noch nicht alles
vom Ausschuss I, was ihm zur Vorberatung übertragen wurde, erledigt werden,
insbesondere noch nicht die Befassung mit den Wortmeldungen der
Bürgergesellschaft vom 26. Jänner dieses Jahres.
Es
wird dem Konvent noch ein ergänzter Bericht des Ausschusses I vorgelegt
werden, der dann einer weiteren Beratung im Präsidium und natürlich auch im
Konvent zugeführt werden wird.
Wenn
man sich allerdings den ersten Teilbericht des Ausschusses I näher
ansieht, wird man bald feststellen können, dass in diesem Bericht sehr vieles
an den Themen, die dieser Ausschuss zu beraten hatte, bereits enthalten ist,
sodass ich der Meinung bin, wir können heute eine wirklich sachkundige
Diskussion führen: die bisherige Zahl der Wortmeldungen beweist mir, dass
großes Interesse im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Vorberatungen des
Ausschusses gegeben sind.
Es
wird zuerst, wie ich bereits kurz angedeutet habe, Herr Professor Mayer als
Vorsitzender des Ausschusses I eine Einführung zu seinem Teilbericht
geben; dabei werden ihm aus verständlichen Gründen 15 Minuten an Redezeit
zugestanden, und es werden in weiterer Folge die mir zugegangenen Wortmeldungen
aufgerufen werden. Ich darf in diesem Zusammenhang an die Redezeitbeschränkung
von fünf Minuten erinnern.
Wir
haben uns vorgenommen, die Sitzung um 15 Uhr zu beenden, und es sollte uns
gelingen, dieses Zeitlimit einzuhalten.
Ich
darf somit als erstem Ihnen, Herr Professor Mayer, das Wort erteilen, um uns
den ersten Teil des Berichtes des von Ihnen geleiteten Ausschusses vorzuführen.
Bitte sehr, Herr Professor
Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der
Ausschuss I hat am 26. September 2003 seine Tätigkeit aufgenommen und hat in
seiner 12. Sitzung am 27. Jänner 2004 den Teilbericht verabschiedet und dem
Präsidium zugeleitet. Mittlerweile wurde eine weitere, 13. Sitzung am 11.
Februar abgehalten und der Endbericht verabschiedet. Der Endbericht ist den
Ausschussmitgliedern noch vorige Woche zugegangen. Die Frist für die Abgabe
einer abweichenden Stellungnahme endet morgen mittags und morgen am Abend,
spätestens Mittwoch in der Früh wird der Endbericht dem Präsidium vorgelegt.
Der
Teilbericht, meine Damen und Herren, liegt Ihnen seit zwei Wochen vor, und zwar
in schriftlicher Form. Ich darf mich auf einige wenige Punkte beschränken und
werde nach Tunlichkeit vermeiden, einen Vorgriff auf den Endbericht zu tun, was
mir allerdings nicht immer leicht fallen wird.
Zunächst
einmal stand die ganze Ausschussarbeit vor einem grundlegenden
Auffassungsunterschied. Da gab es eine Gruppe von Teilnehmern, die redeten
einer reinen Spielregelverfassung das Wort. Die wollten eine Bindung der
praktischen politischen Tätigkeit durch inhaltliche Vorgaben im
Verfassungsrecht eher nicht. Dem gegenüber vertraten andere Ausschussmitglieder
die Auffassung, dass eine künftige Verfassung der Politik auch inhaltliche
Schranken setzen müsse und traten für die Aufnahme nicht nur der bereits
bestehenden, sondern auch zusätzlicher Staatsziele in die Verfassung ein. Ich
möchte dazu nur wenig sagen, zusätzlich zu dem, was ja schon im Bericht steht.
Schon die bisherige Bundesverfassung ist keine reine Spielregelverfassung. Wir
haben einen Grundrechtskatalog, der die Staatsorgane an inhaltliche Vorgaben
bindet und wir haben schon in der geltenden Verfassung einige
Staatszielbestimmungen, die alle ihre eigene Geschichte haben.
Kurz
zusammengefasst: In diesem Punkt erzielte der Ausschuss zunächst einmal Konsens
darüber, dass die bereits bestehenden Staatsziele im Wesentlichen beibehalten
bleiben sollen; niemand redete einer ersatzlosen Aufhebung dieser Staatsziele
das Wort. Was man sich allerdings vorgenommen hat, war eine Modernisierung,
eine Anpassung der Formulierungen, dort wo das angezeigt schien, an geänderte
Verhältnisse.
Bezüglich
neuer Staatsziele, also solcher Staatsziele, die im geltenden Verfassungsrecht
noch nicht enthalten sind, war die Divergenz zwischen denen, die eine
Anreicherung der Verfassung mit Staatszielen wünschen und denen, die eher eine
Spielregelverfassung wollen, bis zum Schluss unüberbrückbar geblieben. Wir
haben daher folgenden Weg eingeschlagen: Wir haben gesagt, wir diskutieren neue
Staatsziele unter dem Vorbehalt, dass sie, wenn es überhaupt dazu kommt, dass
ein Staatszielkatalog verabschiedet wird, in diesem jedenfalls enthalten sein
sollen.
Eine
breite Meinung im Ausschuss ging auch dahin, dass an Stelle von
Staatszielbestimmungen eher der Weg beschritten werden soll, Grundrechte zu
schaffen, das heißt, dort, wo man zum Ergebnis kommt, dass bestimmte Inhalte
verfassungsrechtlich geschützt werden sollen, soll man eher den Weg beschreiten,
Grundrechtsschutz einzuräumen. Es gab allerdings auch Mitglieder, die der
Meinung waren, man soll beides tun, man soll Staatsziele auch neben inhaltlich
gleichen Grundrechten schaffen.
Ein
weiterer grundlegender Auffassungsunterschied, der die Ausschussarbeit geprägt
hat, bestand darin, dass ein Teil der Ausschussmitglieder eine eher präzise
Verfassung wünschte, während ein anderer Teil der Ausschussmitglieder der
Auffassung war, die Präzision der Verfassung sei weniger wichtig, die Präzision
der Verfassung können dann letztlich im Wege ihrer Durchsetzung durch die
Höchstgerichte herbeigeführt werden.
Warum
steht das besonders mit Staatszielen in Verbindung? Staatsziele müssen
notwendigerweise sehr allgemein formuliert werden, und je allgemeiner eine
Formulierung ist, desto weniger präzise ist die Verfassung, desto größer ist
der Spielraum der handelnden Organe und letztlich der Höchstgerichte bei der
Vollziehung dieser Verfassung.
Die
Frage war also, will man eine möglichst präzise Verfassung, dann bedeutet dies,
man muss auf Staatsziele weitgehend verzichten beziehungsweise diese sehr
bestimmt und restriktiv zu fassen versuchen, oder will man eine eher offene
Verfassung, dann bedeutet das, man kann einen großen Staatszielkatalog
aufnehmen; allerdings verschiebt man damit politische Macht und politische
Entscheidungsbefugnis an die Höchstgerichte.
Überwiegend
hat der Ausschuss die Auffassung vertreten, man solle versuchen, genaue
Regelungen zu finden, und dieser Versuch, genaue Regelungen zu finden, in die
die einzelnen Staatsziele eingekleidet werden können, hat die Ausschussarbeit
im Ergebnis sehr kompliziert gestaltet.
Ich
komme nun zu den Ergebnissen. Im Hinblick auf die bereits bestehenden
Staatsziele gab es einen Konsens in drei Punkten: Zunächst einmal wurde Konsens
darüber erzielt, dass das Staatsziel Umweltschutz modernisiert werden soll,
dass der anthropozentrische Ansatz in Richtung eines ökologischen Ansatzes
weiterentwickelt werden soll. Wir haben eine Formulierung gefunden.
Einigkeit
herrscht im Ausschuss zweitens, dass die Bestimmung des Artikel 9a Abs. I und
2, der die umfassende Landesverteidigung vorsieht, in Hinkunft nicht mehr
Bestandteil des Verfassungsrechts sein soll; und die dritte Einigkeit bestand
darin, das geltende Wiederbetätigungsverbot unverändert bestehen lassen.
Bei
anderen Staatszielen, die bereits bestehen, sah man verschiedentlich einen
Bedarf nach Neuformulierungen oder Änderungen. In diesen Punkten konnte
allerdings kein Konsens erzielt werden. Ich nenne als Beispiel die Neutralität.
Nun zu
den zirka 50 neuen Staatszielen, die wir diskutiert haben, es waren
Staatsziele, die zum Teil von Ausschussmitgliedern in die Ausschussarbeit
eingebracht wurden, zum Teil von anderen Mitgliedern des Konvents, im
Wesentlichen aber im Wege der Hearings im November, Dezember und im Jänner.
Von
diesen Staatszielen wurde in zwei Punkten Konsens erzielt. Unter dem Vorbehalt,
dass es überhaupt neue Staatsziele geben wird und dass es einen
Staatszielkatalog geben soll, hat der Ausschuss Konsens erzielt, dass in einem
solchen Staatszielkatalog die Daseinsvorsorge und die Bildung jedenfalls -
lassen Sie es mich salopp formulieren - Fixstarter sein sollen. Wir haben
entsprechende Vorschläge erstattet.
Bei
allen anderen Staatszielen war entweder kein Konsens erzielbar oder es wurde
Konsens erzielt, dass wir solchen Staatszielen nicht näher treten wollen, dass
wir also nicht vorschlagen, bestimmte Staatsziele näher in Erwägung zu ziehen.
Meine
Damen und Herren! Unsere Ausschussarbeit oder das Ergebnis unserer
Ausschussarbeit kann man natürlich als dürftig oder als mager ansehen. Das ist
kein Zweifel. Wer sich allerdings erwartet hat, dass innerhalb von vier Monaten
gerade über Staatsaufgaben und Staatsziele Einigkeit, weitgehender Konsens,
erzielt werden kann, der hat die Realität außer Acht gelassen.
Die
Diskussion über Staatsaufgaben und Staatsziele hat - ich möchte noch einmal
salopp formulieren - zum Teil in einem politischen Mienenfeld stattgefunden und
das ist auch keine Überraschung. Die Frage, was soll der Staat, welche Ziele
soll er verfolgen, ist eine zutiefst politische und in solchen Fragen prallen
die Gegensätze regelmäßig aufeinander und das haben sie natürlich auch in
unserem Ausschuss getan. Das hat die Ausschussarbeit geprägt vom Anfang bis zum
Ende. Ich bin auch nicht überrascht und auch nicht ernüchtert, dass das
herausgekommen ist, was herausgekommen ist. Ich habe mir nicht mehr erwartet
und ich denke, wer realistisch ist, wird meine Einschätzung zumindest
ansatzweise teilen.
Worin
liegt der Wert unseres Berichtes, wenn ich das so hoffentlich frei vom Verdacht
des Selbstlobes fragen darf. Ich denke, dass im Ausschuss viel, gründlich und
sehr ehrlich diskutiert wurde und dass die Ausschussergebnisse, vor allem, wenn
ich jetzt an den Endbericht denke, auch dort eine Entscheidungshilfe sein
können, wo kein Konsens erzielt wurde. Es wurden jedenfalls die Positionen
offen gelegt und es wurden viele Fragen, die sich in diesem Zusammenhang
stellen, glaube ich, erstmals in einer gewissen Breite und mit einer gewissen
Tiefe überhaupt diskutiert. Und ich werde Ihnen, Herr Präsident, morgen oder
übermorgen das Ergebnis unserer abschließenden Arbeiten vorlegen. Ich danke
schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Ihnen auch, Herr Professor, und - ich darf dies noch
einmal zum Ausdruck bringen - den übrigen Mitgliedern des Ausschusses und teile
Ihre Auffassung, die Sie zuletzt jetzt in Ihrer Wortmeldung zum Ausdruck
gebracht haben, dass es in erster Linie darum ging, einmal eine umfassende
Diskussion über Staatsziele und Staatsaufgaben zu führen und dass damit das
Feld für den Konvent aufbereitet wurde. Das Feld ist damit aufbereitet, und die
Wortmeldungen stehen bei den Mitgliedern des Konvents.
Als
Erster dazu hat sich Herr Präsident Dr. Khol gemeldet. Bitte, Herr
Präsident!
Univ. Prof. Dr. Andreas Khol: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich möchte mich auch zuerst bei den Mitgliedern
und dem Vorsitzenden des Ausschusses sehr herzlich für die geleistete Arbeit
bedanken. Ich glaube auch, dass in der ersten Phase - wir stehen ja in der
Mitte der ersten Phase des Konventes - mehr als eine Themensammlung, eine
Dissens- und Konsenssammlung nicht Arbeitsmöglichkeit des Ausschusses ist.
Ich habe für mich den Konsens in drei Phasen
eingeteilt: Die erste Phase, die bis zur Vorlage des letzten Ausschussberichtes
im Mai durch Professor Funk und seinen Ausschuss geprägt ist, ist die Phase, wo
man den Umfang des Konsenses und den Umfang des Dissenses sieht. Ich denke,
dass der Ausschuss I hier die schwierigste Aufgabe hat, weil es hier um zu Wort
gewordene Ideologie geht. Das hat der Professor Mayer ja sehr gut zum Ausdruck
gebracht.
Die zweite Phase ist dann die Phase, wo die
Konsenssuche in Zusammenarbeit zwischen Präsidium und Arbeitsausschüssen vor
sich gehen wird. Ich denke, sie wird über den Sommer bis in den September
hinein gehen - zweite Auflage.
Dann kommt die dritte Phase, die Schlussphase -
Oktober, November, Dezember, wo der Vorsitzende des Konventes, der Präsident
des Konventes in der Konventsmethode arbeitend, denke ich, einen konsensfähigen
Entwurf dem Konvent vorstellen wird - so wie das Valery Giscard D’Estaing
gemacht hat und wie es auch Roman Herzog gemacht hat.
Es ist also hier unsere Verantwortung aller, die
hier mitwirken - und da schließe ich niemanden aus - an der Konsensfindung und
in der Vorbereitung von Arbeiten von Präsidium und Präsidenten mitzuwirken.
Heute schon zu sagen, man kann sich etwas abschminken oder nicht, halte ich für
verfrüht.
Heute wurde vorgelegt der Bericht des
Arbeitsausschusses I - in dem Sinne, dass wir daran mitarbeiten wollen, hat
Professor Grabenwarter heute im Konvent eingebracht den Entwurf eines
Grundrechtskataloges als Diskussionsentwurf, dem ich mich anschließen möchte.
Ich glaube, dass Staatsziele, Präambel und Grundrechtskatalog nur als eine
Einheit beurteilt werden können. Es hat ja - darauf hat Herr Professor Mayer
hingewiesen - im Ausschuss quasi drei Gruppen gegeben: Eine Gruppe, die eine
Spielregelverfassung wollte, eine zweite Gruppe, die eine Verfassung mit einer
mehr oder weniger großen Serie von Staatszielen wollte. Ich glaube, dass der
Mittelweg zwischen beiden und der Ausweg in den Konsens darin besteht, dass man
eine Spielregelverfassung mit einem umfangreichen und sehr kompletten
Grundrechtskatalog, in dem es auch Gewährleistungsrechte für soziale Belange
gibt, die dann aus der Unverbindlichkeit der Staatsziele in die Gewährleistung
hinein gehoben werden, finden kann
und für andere Staatsziele den Weg einer Präambel.
Das heißt also, dass man hier teilt und das eine -
ich zitiere hier andere, die gesagt haben, die Unverbindlichkeit einer Präambel
stellen sie hinter die Verbindlichkeit eines Verfassungstextes. Dem schließe
ich mich an für eine Reihe von Gewährleistungen, aber für den Rest, denke ich,
wird eine Präambel notwendig sein. Ich weise Sie darauf hin, dass, wenn wir
kurz zum Stand 1.1.2004 die 191 Staatsverfassungen anschauen, die auf dieser
Welt existieren, 80 Prozent davon - 143 -
aus einer ähnlichen Philosophie ihrem Verfassungstext eine Präambel
vorangestellt haben.
Auf weitere Inhaltsanalysen möchte ich mich nicht
einlassen. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass wir die Konventsmitglieder
jetzt hören. Wir werden auf der Grundlage der Meinungsäußerungen hier natürlich
sehr sorgfältig die Notwendigkeit von gewissen Rechtsformen analysieren - was
gehört in die Verfassung, was gehört in eine Präambel?
Ich denke, dass wir in der Phase 2 des Konventes,
wo es um die Konsenssuche auf der Arbeitsausschussebene gibt, und wo hier
natürlich auch die Arbeitsausschussvorsitzenden gefordert sind, Vorschläge zu
machen, die konsensfähig sind, dass wir hier Fortschritte machen werden. Ich
werde sicherlich weiter in positivem Geist an diesen Arbeiten mitarbeiten.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident!
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr
Präsident Verzetnitsch. Bitte sehr!
Friedrich Verzetnitsch: Herr
Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch ich möchte mit einem Dank am Beginn vor allem
auch dem Büro dafür danken, dass über das Internet die Arbeit der Ausschüsse
beziehungsweise die gesamte Arbeit nachvollziehbar ist, weil damit auch die
Kommunikation im eigenen Bereich sehr rasch und auch konstruktiv fortgeführt
werden kann.
Ich bin der Auffassung, dass eine moderne
Verfassung die grundlegenden Anliegen der Menschen in einer Gesellschaft
darstellen soll. Das bedeutet aus meiner Sicht, dass bestehende Staatsziele in
der Verfassung ergänzt werden müssen. Für den ÖGB im Besonderen sind solche
Staatszielbestimmungen, die vor allem in der Debatte des Ausschusses I - wie ja
gerade festgestellt worden ist - eingebracht worden. Wir haben hier auch eine
sehr intensive Diskussion über die einzelnen Vorgaben, die es hier gibt,
miterleben können.
Grundrechte
und Staatsziele sind für uns zwei Seiten einer Medaille und nicht hier die
Grundrechte und dort die Staatsziele. In diesem Zusammenhang glaube ich auch,
dass die bisherigen liberalen Grundrechte durch soziale unbedingt ergänzt
werden müssen. Das entspricht auch modernen Staatsverfassungen, die wir auch
aus anderen Ländern der Europäischen Union oder weltweit kennen und sie nicht
einschränken lassen nur auf die so genannten liberalen Grundrechte.
Soziale
Grundrechte beinhalten nun einmal Vorstellungen, Ziele und Ansprüche der
Menschen an eine Gemeinschaft, in der man sich zu einer bestimmten Zusammenarbeits-
und Lebensform entschieden hat. Soziale Grundrechte sind eine entsprechende
Antwort, wenn sie in den Staatszielen aufgenommen worden sind als Antwort des
Staates auf die Anliegen der Menschen.
Erlauben
Sie mir auch noch kurz auf einen Bereich hinzuweisen, der zwar nicht direkt mit
den Staatszielen und Staatsaufgaben in Verbindung steht und auch im
Ausschuss 7 behandelt ist, aber doch auch eine gewisse Verbindung zu der
gesamten Arbeit darstellt. Das ist die Frage, inwieweit die Sozialpartnerschaft
in der Verfassung auch ihren Niederschlag finden soll.
Ich
bin überzeugt davon, dass es zunächst wichtig ist, die Grundlagen der
Institutionen der Sozialpartnerschaft in der Verfassung niederzulegen. Das
betrifft vor allem auch den Ausschuss 7 unserer Arbeit und aus diesen
Grundlagen der Institutionen kann man meiner Meinung nach auch eine
Staatszielbestimmung Sozialpartnerschaft in der Verfassung dementsprechend in
Betracht ziehen.
Vorbild
dafür könnte auch der Entwurf der Europäischen Verfassung sein, an der Sie die
Staaten, die Handlungsweisen und Autonomie der Sozialpartnerschaft
niedergeschrieben finden und wo auch die einzelnen Staaten aufgefordert sind,
das dementsprechend zu achten.
Ich
glaube, dass in Verbindung mit den Staatszielen und Staatsaufgaben wir hier -
wenn wir die sozialen Grundrechte gleichbedeutend wie die liberalen Grundrechte
aufnehmen - den Menschen in unserem Lande sehr wohl auch den Eindruck
vermitteln können, dass die Arbeit, die hier im Konvent geleistet wird, einen
gewaltigen Fortschritt in sich bringen und nicht - wie ich das heute im
Morgenjournal eigentlich bedauernd zur Kenntnis nehmen musste - beurteilt
werden als nicht der große Wurf. Ich glaube, dass wir weit davon entfernt sind,
ein solches Urteil jetzt schon abgeben zu können. Herzlichen Dank.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident.
Die
nächste Rednerin ist Frau Mag. Hochhauser. Bitte sehr.
Mag. Anna-MariaHochhauser: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen
und Herren!
Es ist erfreulich, dass nunmehr auch für die
Öffentlichkeit stärker erkennbar in die konkrete Diskussion von Teilergebnissen
von Arbeitskreisen eingetreten wird. Eben, um genau diese Vorwürfe in der
Öffentlichkeit zu vermeiden, wie sie dort und da bereits zu hören sind.
Nun, die Aufnahme von Staatszielen in eine
Verfassung dient dazu, dem politischen Prozess Orientierung zu geben und
deshalb finden sich in den Verfassungen eben auch Staatszielbestimmungen, so
wie auch der Entwurf des Vertrages für eine Verfassung für Europa eine Reihe
von solchen Staatszielen enthält.
Generell tritt die Wirtschaftskammer - und das
haben ihre Vertreter in den Ausschüssen auch immer wieder betont - für
Zurückhaltung bei der Aufnahme von Staatszielen und wertenden Aussagen auf.
Dies deshalb, weil letztendlich Staatsziele nicht nur Staatstätigkeit
legitimieren, sondern Staatstätigkeit auch anordnen. Sie schaffen verbindliches
Recht und verpflichten damit Staatsorgane auch in Richtung Zielerreichung tätig
zu werden.
Sie bewirken damit mehr Staatstätigkeit und damit
auch vermehrte Verwaltungstätigkeit. Darüber hinaus wird sich angesichts
divergierender gesellschaftlicher Interessenslagen ein widerspruchsfreies
System von Staatszielen kaum finden lassen. Zielkonflikte sind daher damit
vorprogrammiert. Das bringt die Politik möglicherweise in Bedrängnis und ihre
Handlungsspielräume werden damit eingeschränkt. Es wird schwierig, Gesetze zu
erlassen, die allen Zielvorgaben gleichermaßen gerecht werden.
Letztendlich wäre unter Umständen der
Verfassungsgerichtshof dann gefordert, Angelegenheiten zu entscheiden, die
eigentlich im politischen Prozess vorher schon entschieden werden können
sollten. Wenn es nicht einfach abklärbar ist, ob ein Gesetz den verschiedenen
Staatszielbestimmungen entspricht, wird die Judikatur unberechenbarer, weil sie
letztendlich Werteentscheidungen abzuwägen hat.
Aus der Sicht der Wirtschaft sollte daher große
Zurückhaltung bei neuen Staatszielen geübt werden und auch im Lichte der dem
Konvent zugrunde liegenden Zielsetzungen eine „Spielregelverfassung“ allenfalls
mit den bereits in der Verfassung vorhandenen Staatszielen in modifizierter
Form angestrebt werden.
Entscheidet man sich jedoch für die Aufnahme neuer
zusätzlicher Staatsziele, so muss der Zielekatalog ausgewogen formuliert werden
und man wird dabei ebenso zu berücksichtigen haben, dass ohne eine funktionierende
Wirtschaft die Wahrnehmung der Staatsaufgaben an finanzielle Grenzen stoßen
wird. Es müssten daher in Anlehnung an den Entwurf für eine Europäische
Verfassung jedenfalls auch wirtschaftliche Staatsziele, wie zum Beispiel
ausgewogenes Wirtschaftswachstum, etc. in den Katalog von Staatszielen
aufgenommen werden.
Eine weitere offene Frage und das hat Präsident
Verzetnitsch bereits angesprochen, ist die Aufnahme der Sozialpartnerschaft,
wofür man sich im Ausschuss 7 einhellig ausspricht. Hier sollten wir uns auch
an Artikel 47 des Entwurfes des Vertrages für eine Verfassung für Europa
orientieren.
Die Frage, ob weitere Staatsziele in die
Verfassung aufgenommen werden sollen, ob in Form einer Präambel bestehende und
einzelne Ziele neu formuliert sein sollen, wird wesentlich auch vom Ergebnis
der anderen Arbeitsausschüsse abhängen.
So steht etwa die Notwendigkeit bestimmter
sozialer Garantien in Diskussion und die Wirtschaft verschließt sich hier in
keiner Weise. Ob sich aber solche in jedem Fall zweckmäßig als subjektive
Rechte formulieren lassen, ist gerade im Lichte der wissenschaftlichen
Diskussion zur Problematik über die Durchsetzbarkeit sozialer Grundrechte
fraglich.
Es könnte daher auch Sinn machen, ein Rechtsgut
aus rechtstechnischen Erwägungen eher als Staatsziel als ein Grundrecht zu
verankern und dafür sollte man heute noch offen bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf
abschließend noch einmal die Position der Wirtschaftskammer Österreich
zusammenfassen:
Bei der Verankerung von Staatszielen sollte
grundsätzlich Zurückhaltung geübt werden. Kommt es zur Aufnahme neuer
Staatsziele, ist streng auf die Ausgewogenheit zu achten und sind
wirtschaftliche Staatsziele ebenso zu berücksichtigen. Auf Grund ihrer
Bedeutung und der bereits geplanten Verankerung in der EU-Verfassung ist die
österreichische Sozialpartnerschaft auch in der österreichischen Verfassung zu
verankern.
Aus Gründen der Zweckmäßigkeit soll die Festlegung
über Art und Umfang beziehungsweise über die allfällige Aufnahme berechtigter
sozialer Anliegen bis zur Diskussion über den Ausschuss 4 offen gelassen
werden. Ich danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler: Danke sehr.
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr
Dr. Voith. Bitte sehr.
Dr. Günter Voith: Herr
Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich will mich möglichst kurz fassen bezüglich der
Frage der Staatsziele und will dann noch ganz kurz auf eine allgemeine
Überlegung eingehen. Wenn die Politik als Kunst des Möglichen bezeichnet wird,
so ist es sicherlich schon gar nicht berechtigt, wenn wir der Verfassung mehr
aufbürden wollen, spricht Unmögliches.
Für mich schwebt die Frage Staatsziele irgendwo im
Raum zwischen individuellen Grundrechten und, auf der anderen Seite, die
politischen Wünsche zu deklarieren und schließlich nur mehr oder weniger
deklaratorischen Charakter von Inhalten zu sagen. Nun, es spricht vieles für
die Inhalte, die bei den 58 Wünschen auf Staatsziele hervorgekommen sind, aber
es muss uns doch klar sein, je mehr an Staatszielen hier in die Verfassung
kommt, desto sinnloser ist es, denn desto mehr sind sie nicht mehr erfüllbar. Und die Prioritätensetzung fehlt auch dann,
wenn einige Staatsziele nicht eingebracht werden.
Wenn
man Staatsziele so nimmt, dass sie stark sind, sprich, dass sie auch viel
vorgegeben haben, sprich, dass sie überhaupt definierten, so bedeutet das genau
genommen eine Bevormundung, eine Präjudizierung der Politik. Wozu haben wir
dann die politischen Programme und wozu haben wir dann die Wahlen. Es zeigt
sich auch an den bisherigen Zielen, Staatszielen, die wir ja haben, wenn auch
nicht in der Verfassung, dass sie eigentlich nicht sehr - sagen wir - tragfähig
sind, zumindest juristisch. Sie sind auch fragwürdig. Sie sind entstanden aus
politischen Anlässen, aus Tagespolitik heraus und sie sind zum Teil überholt.
Man sieht daraus, dass die Aufnahme von Staatszielen in der Weise eigentlich
ein politischer Wunsch ist, und wir sollen bei der Verfassung länger schauen
als nur bis zur nächsten Wahl.
Ich
halte es auch für sehr sinnvoll, den erst spät aufgetauchten Gedanken zu
verfolgen, dass man viele Wünsche in deklaratorischer Weise in eine Präambel
hinein gibt, auch wenn man damit in Kauf nimmt, dass es nicht sehr starke
Interpretationen oder rechtliche Wirkung hat, aber ich bin einer derjenigen,
der sich gegen starke Verantwortung von Staatszielen ausgesprochen hat, weil
sie entweder nur am Papier bleiben müssen - die Politik hat viel engere
Grenzen, das zu erfüllen - oder dass sie die Politik präjudizieren.
Nur
ein Wort zum Allgemeinen. Es ist schon Zeit, dass wir ein gewisses Resümee
ziehen über die bisherige Tätigkeit der Konventsmitglieder und des Konvents.
Ich habe überschlagen, dass doch ungefähr über 100 000 Stunden Arbeiten
hinein gesteckt wurden, und es ist legitim zu fragen, was ist das Ergebnis.
Das
Ergebnis misst man daran, dass man fragt, was war das Ziel, was war das
Ergebnis. Unsere Ziele waren ja sehr hoch gesteckt. Ich werde es ganz kurz
wiederholen aus der Gründung, Aufgaben des Konvents, Vorschläge für
grundlegende Staats- und Verwaltungsreform, auch Voraussetzungen zu schaffen
für effiziente Verwaltung, zukunftsorientierte kostengünstigere transparente
und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben, besonders genannt dabei wurden die
Bereiche Staatsaufgabenanalyse, klarer Kompetenzkatalog, Abgrenzung,
Gesetzgebung, Vollziehung, Legalitätsprinzip und staatliche Institutionen mit
effizientem Mitteleinsatz und so weiter.
Viel
ist jetzt davon nicht zu sehen. Natürlich, möchte ich sagen, es war auch
abzusehen, weil es waren die Zielsetzungen sehr hoch und jede Gruppe hat andere
Zielsetzungen genau genommen hinein gebracht. Zu rechtfertigen ist die
bisherige Arbeit nur, wenn man sagt, gut, das war die Vorarbeit, jetzt fangen
wir bei Null an und jetzt beginnt die Arbeit erst. Und das wünsche ich dem
Konvent, und ich empfehle noch dazu, konzentrieren sollte man sich auf die
konsensfähigen formalen juristischen Themen. Da gibt es nicht so viele
Widerstände, im Gegenteil - da ist großer Konsens da.
Ich
wünsche mir, dass Österreich nicht nur weiterhin als reformunwillig gilt,
sondern dass es als reformfähig gilt. Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Dr. Voith. Wir alle wünschen uns, dass Österreich
als reformfähig gelten kann, und sind an sich durchaus frohen Mutes.
Als
Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Scheibner. Ich erteile es
ihm. Bitte sehr.
Herbert Scheibner: Herr
Vorsitzender! Hohes Präsidium! Meine Damen und Herren!
Ein,
zwei Sätze zu dieser jetzt beginnenden oder vielleicht fortgesetzten Diskussion
über die Erfolgsaussichten dieses Konvents. Ich glaube, es ist, und hier halte
ich es mit einigen meiner Vorredner, nicht sinnvoll, jetzt schon, wenn wir uns
in der Mitte von sehr intensiven Beratungen und Verhandlungen in den
verschiedensten Ausschüssen befinden, schon darüber zu spekulieren, dass es
möglicherweise kein positives Ergebnis, sondern vielleicht ein Scheitern dieser
Arbeit gibt. Aber ich glaube, dass es durchaus sinnvoll ist, ein bisschen doch
daran zu erinnern, dass wir doch ergebnisorientiert arbeiten müssen, und wenn
es ein ergebnisorientiertes Arbeiten geben soll, dann ist auch die
Kompromissfähigkeit aller Mitglieder in den Ausschüssen, aber auch insgesamt im
Konvent gefordert.
Und
aus dem Bericht des Professors Mayer, des Ausschussvorsitzenden, habe ich ein
bisschen auch doch eine Erkenntnis gesehen, dass es vielleicht ein spannendes,
neues, aber auch schwieriges Arbeiten ist, wenn Wissenschafter mit
Rechtspraktikern und Politikern zusammenarbeiten, zusammenarbeiten müssen, und
dann auch gezwungen sind, nicht nur gegenseitig Meinungen auszutauschen,
sondern auch Ergebnisse zu bringen. Vielleicht in diesem Sinne wäre es durchaus
sinnvoll, wenn - das ist positiv - sich hier im Konvent nicht nur hohe und
höchste Repräsentanten des Staates nominell wieder finden, sondern wenn sie
vielleicht auch mehr persönlich in den Ausschüssen mitarbeiten würden und nicht
nur sicherlich sehr kompetente Vertreter entsenden. Denn letztlich: Der
Kompromiss wird getragen von jenen, die ihn dann auch in der Öffentlichkeit zu
vertreten haben und da sehen wir manchmal Probleme. Wenn auch wir wissen, dass
es gerade für Politiker und Interessensvertreter nicht immer möglich ist, die
gesamte Zeit immer persönlich anwesend zu sein.
Zu den
Ergebnissen im Ausschuss I halte ich es für sinnvoll und auch notwendig,
Staatsziel-Bestimmungen in der Verfassung zu haben. Der Professor Meyer hat es
aus meiner Sicht richtigerweise im Bericht angeführt, die Staatsziel-Bestimmung
ist ihm mehr als eine Deklarationen. Das ist sie sicherlich. Hier ist Platz in einer Präambel unter
Umständen, wenn es notwendig ist, aber weniger als ein Grundrecht, dass ja auch
individuelle Ansprüche ableitet. Hier wird es verschiedene Bereiche geben, wo
es Überschneidungen gibt, wo es ideologische, sachliche, persönliche Bewertung
ist, ob eine Materie, etwa bei den Sozialgrundrechten, eher bei den
Staatszielbestimmungen angesiedelt ist, oder als starkes, individuelles
Grundrecht ausgebildet werden soll.
Wir
haben etwa im Ausschuss IV gerade jetzt das Recht auf Bildung auf der
Tagesordnung seit einiger Zeit. Hier ist so eine Grundsatzfrage: Soll man ein
allgemeines Staatsziel der Aufrechterhaltung und Sicherstellung eines
Bildungssystems determinieren oder soll es ein individuelles Grundrecht auf
eine gewisse Art der Bildung, der Ausbildung, geben? Es wird aber auch andere
Bereiche geben, wo es keine Überschneidung gibt, sondern wo es notwendig ist,
hier Staatsziel-Bestimmungen festzusetzen. Eines davon ist aus meiner Sicht die
Frage der Sicherheit. Hier gibt es aus meiner Sicht Grundrechte, eher zum
Schutz vor gewissen Institutionen, etwa bei den Freiheitsrechten, die
Sicherheit garantieren sollen, aber wenig Platz für ein individuelles
Grundrecht auf Aufrechterhaltung der Sicherheit im Inneren wie im Äußeren, aber
trotzdem eine Notwendigkeit, vor allem auch das Gewaltmonopol in diesen
Bereichen des Staates zu definieren.
Deshalb
gehe ich mit zwei der drei Ergebnisse, die im Konsens hier verabschiedet worden
sind, im Ausschuss I, konform, mit einem aber nicht. Das ist die
ersatzlose Streichung der umfassenden Landesverteidigung. Ich glaube, dass es
durchaus sinnvoll ist, sie neu zu determinieren, dass man Sicherheit
umfassender sieht, als es vielleicht in den letzten Jahren und Jahrzehnten
getan wurde, aber dass man so taxfrei sagt, auf diesen Begriff der Sicherheit
auch dieser Staatszielbestimmung der Landesverteidigung unter Aufrechterhaltung
der Sicherheit im Inneren wie im Äußeren zu verzichten, das halte ich für nicht
gerechtfertigt und ich hoffe, dass es hier noch andere Bewertungen geben wird.
Es wird, so weit ich weiß, etwa vom Sozialminister eine abweichende
Stellungnahme geben.
Für
mich auch spannend die weiteren Diskussionen - im Bericht ist ja einiges
angeführt -, wie man die aus meiner Sicht bestehende Widersprüchlichkeit
zwischen den Inhalten des Neutralitätsgesetzes und dem Artikel 23f B-VG
vielleicht jetzt die Gelegenheit ergreift, um diese Widersprüchlichkeit zu
bereinigen. Einige Ansätze sind ja hier dabei. Abschließend hoffe ich auf jeden
Fall für die Zukunft, dass es mehr Konsens im Ausschuss I gibt für
Staatsziel-Bestimmungen, damit wir im Ausschuss IV, Herr Professor Funk, vielleicht
ein bisschen mehr entlastet werden, wenn es darum geht, individuelle
Grundrechte zu definieren.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Klubobmann.
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Professor Rack. Bitte sehr,
Herr Professor!
Univ. Prof. Dr. Reinhard Rack: Herr
Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ORF hat auf seiner
heutigen Internet-Textseite die Kritik eines Mitglieds dieses Konvents am
Ergebnis des Ausschusses I formuliert, vorweggenommen. Da stand zu lesen, es
gab viel zu viele Interessenvertreter in diesem Verfahren und daher konnte aus
der Sache nichts werden.
Ich sehe das anders. Und gerade aus der
Perspektive eines Teilnehmers in diesem Ausschuss I. Wir hatten dort einige
durchaus prononcierte Interessenvertreter gehabt. Sie haben sich zu Wort
gemeldet, sie haben sich intensiv zu Wort gemeldet und das hat der Arbeit
insgesamt gut getan. Sie haben auch, beileibe nicht nur, aber sie haben auch
mit einer relativ ungebremsten Begehrlichkeit gezeigt, was passiert, wenn man
es allen Anliegen Recht machen will. Dann endet man dort, und das ist heute
bereits mehrfach angesprochen worden, dass 58 und mehr Staatsziele der
Verfassung dem operativen Teil vorangestellt werden sollen und das führt dazu -
ob man das nun will oder nicht - dass es letztlich zu Null Beweglichkeit für
das Funktionieren einer parlamentarischen Demokratie kommt.
Dass wir vieles von dem, was die politischen
Instanzen verantworten sollen und dann auch am Ende einer Funktionsperiode vom
Wähler beurteilen lassen müssen, dass wir das an die Richter abschieben und
einen Richterstaat, in einem Ausmaß bekämen, den, glaube ich, niemand von uns
wirklich will.
Und im Übrigen würde diese ungebremste
Begehrlichkeit zwangsläufig auch dazu führen müssen, dass es keine
Beweglichkeit beziehungsweise eine totale, finanzielle Überforderung des
Staatsganzen nach sich zöge.
Angesichts dieses Befundes hat der Ausschuss I
nolens volens das einzig Richtige getan. Wir haben damit letztlich auch
gezeigt, wie unser Arbeitsergebnis für die weitere Arbeit des Konvents durchaus
nutzbar gemacht werden kann.
Wir haben zunächst, und das war eben unser
Konsens, festgestellt, dass wir keinen Konsens beim Auflisten von vielen
Staatszielen haben. Wir hatten aber sehr intensiv darüber diskutiert, welche
Anliegen es im Einzelnen auch im Rahmen dieser Verfassungsreform-Diskussion gibt
und was wir daher unter Umständen auch alternativ überlegen müssten, um eben
jenseits der Verankerung von Staatszielen bestimmten Anliegen in entsprechender
Weise Rechnung zu tragen.
Der Nichtkonsens hat in der Sache aber auch eine
strukturelle, positive Seite. Die Verfassung bleibt unter diesem Vorzeichen im
Wesentlichen die Struktur und Verfahrensordnung für ein politisches System.
Von der Spielregelverfassung ist mehrfach heute
bereits die Rede gewesen. Auf der Grundlage des jeweiligen Wahlergebnisses
sollen die jeweiligen Mehrheiten zeigen, was sie können und dann hat der Wähler
das Wort.
Die Wertorientierung einer Verfassung und im
Besonderen auch unserer Verfassung, muss bei einer derartigen
Spielregel-Verfassung auch nicht zu kurz kommen, ganz im Gegenteil. In einem
modernen, substantiellen Grundrechte-Katalog kann man ansprechen und schützen,
was für die Menschen in unserer Republik wichtig ist. Aufbauend auf ein
wertorientiertes Menschenbild, ich plädiere dafür, dass wir die Menschenwürde
verbis expressis in diesem Grundrechts-Katalog verankern, sind Freiheitsrechte
zu respektieren.
Sie sind durch soziale Rechte zu ergänzen und mit
Gewährleistungsverpflichtungen entsprechend abzusichern. Es ist dazu heute ein
entsprechender Text von Christoph Grabenwarter vorgelegt worden, an dem viele
mitgearbeitet haben, der aber von ihm in ganz entscheidender Weise gestaltet
und redigiert wurde. Ich würde uns für die Arbeit im Ausschuss IV viel positive
Befruchtung erwarten.
Wenn man am Ende des Tages nach einem
entsprechenden Grundrechte-Katalog noch glaubt, weitere, inhaltliche Vorgänge
in der Verfassung über das politische System zu verankern, dann kann man in
Grenzen darüber gerne reden und es gibt dazu auch - von der Volkspartei, vor
drei Monaten vorgelegt - einen entsprechenden Text für eine Präambel, wo
durchaus sparsam und knapp, auch über bestimmte, inhaltliche Wegweisungen ein
Angebot gemacht wurde.
Dieses Angebot sollten wir dann, auf der Grundlage
der Arbeiten des Ausschusses I, ernsthaft diskutieren. Und wenn wir dann alle -
die Summe aller Interessenvertretungen - uns bereit erklären, von
Maximalforderungen abzugehen und uns auf einen gemeinsamen Kernkonsens zu
einigen, dann haben wir das, was wir brauchen: Einen guten Anfang für das
Verfassungsreformwerk. - Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke,
Herr Professor.
Die nächste Wortmeldung steht bei Herrn
Präsidenten Dr. Fischer. Bitte, Herr Präsident!
Univ. Prof. Dr. Heinz Fischer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich bin im vergangenen Sommer mit einem
optimistischen Realismus oder realistischen Optimismus an die Arbeiten des
Konvents herangegangen, das heißt, in der festen Absicht, trotz aller Probleme,
die auf der Hand liegen, mitzuwirken, ein gutes Ergebnis zu erzielen, aber auch
im Wissen, dass das nicht einfach sein wird und dass es schwierig ist.
Daran hat sich für mich nichts geändert. Und zu
diesem optimistischen Realismus gehört natürlich auch, dass wir wissen müssen,
dass bei Projekten ähnlicher Art so etwas wie ein Durchbruch, oder so etwas wie
das Zusammenfügen von Bausteinen, nicht in der Halbzeit und auch nicht drei
Wochen nach der Halbzeit, sondern meistens erst in einer Art Schlussphase
möglich ist.
Was wir verhindern müssen ist, dass dann in den
allerletzten zwei, drei Wochen die große Hektik ausbricht. Aber dass man zuerst
Vorarbeiten leisten muss und Materialien zusammenfügen muss, ehe man dann die
Ziegel aufeinander setzen kann, das sollte uns klar sein und das möchte ich bei
dieser Gelegenheit betonen.
Und vor diesem Hintergrund möchte ich sagen, dass
ich für diesen Ausschuss-Bericht sehr dankbar bin und diesen mit großer
Aufmerksamkeit gelesen habe und das auch im Präsidium zum Ausdruck gebracht
habe und jetzt wiederhole:
Erstens. Es ist eine wirklich wertvolle Sammlung
von Materialien, Gedanken, Argumenten, Formulierungen. Das ist eindrucksvoll.
Zweitens. Ich glaube, dass wir auch dankbar sein
sollen dafür, dass die vielen Vertreter verschiedener Organisationen, die sich
die Mühe gemacht haben, hier herzukommen, die wir schließlich eingeladen haben,
sich nicht ignoriert fühlen, sondern sich berücksichtigt fühlen. Nicht in dem
Sinn, dass wir jetzt alle 50 oder 57 Anliegen, dieses und jenes in der
Verfassung zu verankern, wirklich realisieren können, aber dass man bei der
Lektüre des Berichtes sieht, dass er diese Argumente ernst nimmt.
Drittens. Weil dieser Ausschuss so etwas wie eine
Pionierrolle erfüllt hat: Die sind im unverspurten Gelände gefahren, die waren
die Ersten, die sich herantasten mussten, wie man so etwas in Angriff nimmt.
Und wir hier im Plenum sind wiederum zum ersten Mal dabei, zu lernen, wie wir
damit umgehen, nach Befassung im Präsidium.
Und ich hoffe, dass aus der Diskussion im
Präsidium und hier im Plenum, Anregungen kommen, die es erleichtern, diesen
Bericht dann noch weiter zu ergänzen. Das Grundproblem ist, wir wollen eine schlanke
Verfassung und viele wollen alles Mögliche in dieser Verfassung und
insbesondere in den Staatszielen verankert.
Ich glaube, es muss dabei bleiben, dass nicht
alles und jedes, was, individuell betrachtet, durchaus Berechtigung hat, als
Staatsziel in die Verfassung gelangen kann. Natürlich, Sport betreiben
hunderttausende Menschen, ich auch und es ist gesellschaftlich wichtig und für
den Fremdenverkehr - dennoch, glaube ich, dass wir dann da und dort und dort
sagen müssen, das geht nicht.
Was ich meine ist aber, ob wir andererseits nicht
gewissermaßen Handschrift zeigen sollen, da oder dort. Ob man nicht, was zum
Beispiel Behinderte betrifft, ganz bewusst Signale setzt. Eine österreichische
Bundesverfassung, die wir im Ausland herzeigen können mit dem Hinweis, dass wir
für Behinderte, für bestimmte Minderheiten und so weiter, für bestimmte
Anliegen Platz gefunden haben, das würde mich sehr freuen. Das hätte
Signalcharakter.
Ob man die umfassende Landesverteidigung raus
nimmt - da habe ich jetzt zu wenig Zeit, dazu zu argumentieren. Ich war ein
bisschen überrascht und ich sage nur: Ich hätte nichts dagegen, persönlich,
wenn’s drin bleibt. Aus einer Reihe von Gründen. Aber ich lasse mich natürlich
von Argumenten beeinflussen.
Und nur eine abschließende Bemerkung noch, damit
das nicht scheinbar unkommentiert im Raum bleibt: Der Satz von Kollegen Khol,
dass in dem Text, den wir machen, Staatsziele, Präambel und Grundrechtskatalog
eine Einheit bilden, ist eine Position. Aber sie kann nicht festschreiben, dass
damit diese drei Elemente ein Muss für unsere Arbeit sind. Vielleicht sind wir
weise genug im Konsens, auf eine Präambel zu verzichten und den Argumenten der
vielen, vielen Verfassungsrechtler, die dafür gute Gründe anführen, Gewicht zu
verschaffen. Ich sage nicht, das ist jetzt ein Diktum. Ich sage nur: Es soll
die Gegenmeinung nicht unkommentiert bleiben. - Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident.
Als
nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Wejwoda, bitte sehr.
Dr. Klaus Wejwoda: Herr
Vorsitzender, meine Damen und Herren!
Auch
von meiner Seite volle Anerkennung für die geleistete Arbeit im Ausschuss I.
Ich bin froh, dass im Themenkatalog die Thematik, die Sozialpartnerschaft in
der Verfassung zu verankern, zumindest enthalten ist. Der Schwerpunkt dieser
Themenbehandlung wird ja im Ausschuss VII erfolgen. Ich darf Sie aber in
Kenntnis setzen, dass die Landwirtschaftskammern die Position der drei anderen
großen Sozialpartner-Organisationen voll unterstützen und dieser Position auch
beitreten.
Zur
Anerkennung für die Arbeit im Ausschuss I soll es keine Schmälerung sein, wenn
ich zu einem Punkt Kritik äußere, bei dem ich mich persönlich angesprochen
fühle als einer, der mit ehrlicher Begeisterung seinen Präsenzdienst geleistet
hat: Die Streichung des Artikels 9a betreffend die umfassende
Landesverteidigung erschüttert mich ein wenig. Ich halte das für ein falsches
Signal zur falschen Zeit.
Warum
falsche Zeit? Es arbeitet derzeit eine Bundesheer-Reformkommission - sehr
fundiert - im Detail und wir sind dort mit den Arbeiten noch lange nicht
fertig. Ich halte es daher für nicht sinnvoll, irgendwelche Schlussfolgerungen
auf anderer Ebene zu ziehen, bevor
ein Schlussbericht dieser Kommission vorliegt, der sicher eine Reihe Argumente
und Akzente für die weitere Arbeit hier in unserem Kreis geben könnte.
Und
warum ein falsches Signal? Wenn man sich den Text des Artikels 9a ansieht, was
ist dagegen zu sagen, dass die Unabhängigkeit nach außen geschützt werden soll?
Was ist dagegen zu sagen, die Unverletzlichkeit des Bundesgebietes zu nennen?
Wer kann ernsthaft dagegen argumentieren, verfassungsmäßige Einrichtungen und
ihre Handlungsfähigkeit, die demokratische Freiheit der Einwohner, vor
gewaltsamen Angriffen zu schützen? Und ich meine, gerade der Zusammenhang mit
der militärischen Landesverteidigung - über diese wird primär in der
Bundesheer-Reformkommission zu reden sein und ich bin überzeugt, dass es dort
ein ordentliches Ergebnis gibt -, und der geistigen Landesverteidigung - ich
bin ein alter Konservativer, und ich sage: Ich bin stolz auf mein Vaterland
Österreich und auf meine Heimat - warum soll man das nicht auch weiterhin als
Lebensinhalt und Bildungsinhalt vermitteln.
Die
zivile Landesverteidigung könnte angesichts der neuen Bedrohungsbilder, die
sich heute international ergeben, einen Stellenwert bekommen - Gott behüte -
aber, manche würden es dann bedauern, wenn man sich nicht mehr dazu bekennt.
Und die wirtschaftliche Landesverteidigung scheint mir nach wie vor auch im
Sinne der Bevölkerung ein wesentliches Thema. Ich hoffe, dass ich nicht der
Einzige in diesem Saal bin, der für die Beibehaltung der umfassenden
Landesverteidigung in der bisherigen Form eintritt. Einige Meinungen in diese
Richtung haben wir ja schon gehört. Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Ich bitte um
die Wortmeldung.
Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Zunächst einmal: Ich glaube, dass die
Arbeit im Ausschuss I eine durchaus herzeigbare war, weil es notwendig ist, die
unterschiedlichen Positionen zu sammeln, um letztendlich einen Konsens auf
einem gewissen Level - wenn auch kompromissbereiten Level - finden zu können.
Natürlich war ideologisch der Ausschuss I einer der interessantesten
Themenbereiche und natürlich war er auch geprägt von ideologischen Gegensätzen.
Der wirtschaftlich Mächtige und politisch Mächtige wird sich eine
Spielregelverfassung wünschen, weil er sich in diesem Bereich am besten zurecht
finden wird, weil er sich ja diese Regelungen dann leichter richten kann wie
jemand, der über diese Positionen nicht verfügt. Und wir müssen daher
aufpassen, dass wir auf dem Weg vom Obrigkeits-Staat zum Dienstleistungs-Staat
nicht die Großzahl der Norm-Adressaten, nämlich den Bürger, verlieren.
Wenn
ich daher keine Rechte für den Bürger verankere - und dazu gehören auch
Staatsziele und nicht nur Grundrechte -, dann werde ich denjenigen, der
letztendlich diese Spielregeln zu
befolgen hat, gegenüber denjenigen, der diese Spielregeln aufstellt,
immer benachteiligen. Daher müssen
wir Staatsziele als normative Ziele in die Verfassung aufnehmen und nicht in
eine unverbindliche Präambel abschieben. Ich glaube, die jetzige Verfassung
geht ja schon von Staatszielen aus und daher ist es durchaus legitim, in einer
modernen Verfassung diese Staatsziele zu erweitern, soziale Staatsziele
hinzuzufügen bzw. Daseinsvorsorge als gesellschaftspolitisches Thema unserer
Zeit auch zu berücksichtigen. Wie
wichtig und notwendig das war hat gezeigt, dass die eingebundenen NGO’s sich
viel Mühe gegeben haben, hier konstruktive Beiträge zu liefern. Und
selbstverständlich ist es allen im Ausschuss I klar gewesen, dass wir nicht 57
Staatsziele definieren wollen, aber man sollte einzelne Punkte, die diesem
Staat wichtig sind wie Behinderte, Gleichstellung von Mann und Frau, Bildung
oder umfassender Umweltschutz, die ja jetzt auch teilweise schon vorhanden
sind, durchaus mit Zielen wie Daseinsvorsorge, Arbeit, oder soziale Sicherheit
oder Garantie und Förderung von Meinungsfreiheit und -vielfalt bereichern. Ich
glaube, es ist wichtig, zu zeigen, dass man dem Bürger bereit ist, Schutz
gegenüber der Obrigkeit, Schutz gegenüber der Gesetzgebung, Schutz gegenüber
dem Gesetzesanwender zu gewährleisten, indem man in der Verfassung ihm Rechte
einräumt. Und das müssen nicht nur Grundrechte sein, die individuell
durchsetzbar sind, sondern auch den Gesetzgeber binden können, aber auch den
Gesetzesanwender wie Gerichte, Verwaltungsbehörden und andere. Daher: Das
abzuschieben in eine Präambel, von der niemand weiß, welche normative Kraft
oder welche Kraft sie überhaupt entwickeln kann in einer Verfassung, finde ich
als falsches Ziel. Und ich glaube, dass es unbedingt notwendig sein wird, wenn
man schon Definitionen von Staatszielen findet, diesen auch normative Kraft zu
verleihen. Ich möchte nur darauf verweisen, dass gerade von den 15 EU-Staaten -
weil ein Vergleich von 183 Staaten gekommen ist - nur sechs über eine Präambel
verfügen und diese sechs aus ihrer geschichtlichen Entwicklung jene Staaten
waren, die ein autoritäres Regime abgeschüttelt haben oder sich neu gegründet
haben nach einem autoritären Regime. Das heißt: Ich glaube nicht, dass wir in
dieser Situation sind, sondern wir sollten uns dazu durchringen, wenn wir etwas
in die Verfassung schreiben, dann sollte es auch normativen Charakter haben.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Abgeordneter!
Als
Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Professor Dr. Bußjäger, bitte sehr!
Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger: Sehr
geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Es ist
im Vorfeld der heutigen Sitzung mehrfach hervorgehoben worden, wie wenig
Konsens im Ausschuss I erzielt wurde. Ich möchte in meiner Äußerung auf die
Punkte primär eingehen, in denen Konsens erzielt worden ist. Und zwar hat der
Ausschuss in einem Punkt ein konsensuales Ergebnis erzielt, der mir sehr
wichtig scheint.
Ich
zitiere aus dem Ausschussbericht: „Einhellige Meinung aller Ausschussmitglieder
ist, dass verfassungsrechtliche Festschreibungen von Staatsaufgaben und
Staatszielen jedenfalls nicht als taxativ verstanden können, sondern bloß
demonstrative Festlegungen sein sollen. Den Staatsorganen soll es ungenommen
sein, auch andere Zielsetzungen zu verfolgen“. Ich halte diese einhellige
Meinung aller Ausschussmitglieder deshalb für wichtig, weil gerade im Vorfeld
des Konvents und der Ausschussarbeit immer wieder zu hören war, dass der
Konvent ja die Aufgabe hätte, die Staatsaufgaben festzulegen und dann diese
nach irgendeinem Muster auf die verschiedenen Gebietskörperschaften zu
verteilen. Und heute hören wir und lesen in diesem Ausschussbericht, dass es
eben keine taxative Festlegung von
Staatsaufgaben geben kann. Mir ist auch tatsächlich keine andere Verfassung
bekannt, die einen solchen Versuch unternähme.
Die
Verfassung soll, und das ist der Schluss, den ich aus der Festlegung des
Ausschusses ziehe, dem politischen Prozess in diesem Punkt nicht noch mehr Einschränkungen
auferlegen, als er jetzt schon hat. Es ist prinzipiell Aufgabe der Politik
festzulegen, welche Staatsaufgaben wahrgenommen werden sollen und welche eben
nicht. Und die Politik hat das vor ihren Wählern zu verantworten. Und die
Verfassung soll ihr diesen Gestaltungsspielraum nicht entziehen und diese
Verantwortung auch nicht.
Das
wird auch in einer zweiten ebenfalls einhelligen Feststellung des Ausschusses
unterstrichen. Ich zitiere abermals: „Eine Differenzierung zwischen
Staatsaufgaben im Allgemeinen und den Kernaufgaben des Staats wird einhellig
als weder zweckmäßig noch als möglich angesehen.“
Der
Ausschuss hat sich also einhellig nicht in der Lage gesehen, solche Aufgaben zu
definieren, die als Pflichtaufgaben des Staates zu verstehen wären und
möglicherweise auch gar nicht ausgegliedert werden dürfen, sondern nur vom
Staat, in welcher Form auch immer, erfüllt werden dürfen. Auch hier hat sich
der Ausschuss nicht in der Lage gesehen, den zukünftigen Entwicklungen Fesseln
anlegen zu wollen. Natürlich hätte er die Vorsorge für Sicherheit nach innen
und außen oder eine rechtstaatliche Justiz als Kernaufgaben definieren können,
aber das sind sie ja ohnehin, wenn ein Staat sich nicht ad absurdum führen,
führen will.
Mit
diesen Nichtfestlegungen, die ich durchaus begrüße, wird natürlich nicht nur
der Politik, sondern auch dem Verfassungsgerichtshof ein weites Tor geöffnet.
Immerhin gibt es ja eine Judikatur zur Frage der so genannten
ausgliederungsfesten Staatsaufgaben.
Wir
können aber auch gerade im Hinblick auf die Judikatur davon ausgehen, dass der
Verfassungsgerichtshof weiterhin den Gestaltungsspielraum der Politik
anerkennen wird und eben allfällige Exzesse des Gesetzgebers in die Schranken
weisen wird. Diese Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof ist mir lieber
als Festlegungen, die vielleicht im Kern richtig sein mögen, aber in der Praxis
dann immer wieder zu wenig nachvollziehbaren Beschränkungen führen mögen.
Nun,
noch ein kurzes Wort zur Präambeldiskussion. Das Wort Präambel ist ja wirklich
ein Unbegriff geworden, wenn man so sagen will und vielleicht kann man etwas
zur Entemotionalisierung beitragen. Es geht bei der Präambel nicht darum, eine
pluralistische Gesellschaft auf eine bestimmte Glaubens- oder Wertehaltung zu
verpflichten. Das Abendland geht auch ohne Anrufung Gottes in der
österreichischen Verfassung nicht unter, umgekehrt geht auch die pluralistische
Gesellschaft nicht unter, wenn das drinnen steht. Aber ich glaube, im Kern geht
es darum, dass die Präambel ein Instrument sein könnte, um die Vielzahl der an
den Konvent herangetragenen Wünsche nach Staatszielen in einem sinnvollen
Gesamtkonzept zusammenzufassen.
Und
über die konkrete Ausgestaltung und Formulierung einer solchen Präambel sollte
man sprechen und darüber das Gespräch nicht verweigern. Aus meiner Sicht ist
die einzige realistische Alternative zu ihr ein größerer Komplex von
Staatszielen in der Verfassung, deren Verbindlichkeitsgrad dann
realistischerweise kaum höher sein würde als in der Präambel selbst, denn den
Versuch, die verschiedensten sozialstaatlichen und ökologischen Garantien in
einem breiten Umfang als einklagbare Rechte zu formulieren, halte ich
persönlich nicht nur für eine Überforderung der Verfassung, sondern auch der Gesellschaft,
die dann einen solchen Staat finanzieren müsste.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke schön.
Die
nächste Wortmeldung steht bei Herr Professor Öhlinger. Ich bitte darum.
Univ. Prof. Dr. Theodor Öhlinger: Herr Präsident,
meine Damen und Herren!
Ich
habe von Beginn der Ausschussberatungen im Ausschuss I an den Eindruck gehabt, dass
sich das Präsidium die Aufgabe dieses Ausschuss zunächst etwas anders
vorgestellt hat, ungefähr nach dem Schema: eine Verfassung setzt einen Staat
voraus. Um über eine Verfassung zu reden, muss ich mir daher klar werden, was
eigentlich der Sinn, der Zweck des Staates ist, und insofern ist das die
allererste Aufgabe, die man daher dem Ausschuss I zuteilte.
Der
Ausschuss hat von Anfang an dieses Mandat anders interpretiert. Er hat es
reduziert auf die Frage, in welcher Weise und mit welchem Inhalt soll man
Staatsziele in der Verfassung verankern?
Wir
haben keine große Debatte über die Aufgaben des Staates an sich geführt, weil
das in Wahrheit kein eigentlich verfassungsrechtliches Thema ist. Die Aufgaben
des Staates setzt die Verfassung voraus, kann sie aber nicht abschließend
definieren. Staatsziele und Staatsaufgaben sind in Wahrheit nichts anderes als
ein Wort für Politik, und die Verfassung ist nicht in Rechtsnormen geronnene
Politik. Das wäre der Tod jeder Politik.
Die
Verfassung hat die Regeln vorzugeben, nach denen der Staat seine Aufgaben
bestimmt, und zwar in einem steten Fluss, weil die Aufgaben des Staates, wie
wir sie im Jahre 1920 formuliert hätten, mit den Aufgaben, die wir heute zu
formulieren versuchen, garantiert nicht identisch wären.
Die
Verfassung hat die Regeln vorzugeben, nach denen diese Aufgaben definiert und
umgesetzt werden. Die Verfassung setzt aber auch Grenzen der Aufgabenerfüllung
des Staates fest, und das ist vor allem der Inhalt der Grundrechte. Grundrechte
sind aber nach heutigem Verständnis wieder viel mehr als bloße Freiheiten, in
die der Staat nicht eingreifen darf, die das Handeln des Staates nur begrenzen.
Sie sind nach heutigem Verständnis auch ein Auftrag, Grundrechte zu
verwirklichen. Und jetzt kommen wir in jenen Kreis hinein, der die Diskussion
dieses Ausschusses so unendlich mühsam gemacht hat: Natürlich gibt es über die
reinen Regeln hinaus in jeder Verfassung auch Themen, die irgendetwas mit
Staatszielen zu tun haben und seien es auch bloß die Grundrechte. Es gibt aber
auch Staatsziele jenseits der Grundrechte, die nun einmal im politischen Alltag
außer Streit stehen sollten.
Niemand
im Ausschuss hat das Staatsziel Umweltschutz, das wir heute schon in der
Verfassung haben, infrage gestellt. Nur an diesem und an allen anderen schon
vorhandenen Staatszielen kann man wieder zeigen, wie normativ dünn diese sind.
Ich würde gerne, nur das geht nicht in fünf Minuten, bereit sein, den Nachweis
zu erbringen, dass kein Urteil eines Höchstgerichtes, das sich auf das Bundesverfassungsgesetz
über den umfassenden Umweltschutz bezieht, anders ausgehen hätte müssen, wenn
es diese Bestimmung nicht gegeben hätte. Ich glaube allerdings, dass manches
Urteil anders hätte ausgehen können, in dem Sinne, dass der Umweltschutz
durchaus eine noch stärkere Berücksichtigung in der Judikatur finden hätte
können. Das hat das Staatsziel Umweltschutz aber nicht bewirkt.
Ich
meine daher, dass es keine Katastrophe ist, dass das Ergebnis des Ausschusses I
so dünn ist. Ich glaube allerdings auch, dass das dünne Ergebnis dieses
Ausschusses nicht repräsentativ für den gesamten Konvent sein darf. Der Erfolg
des Konvents wird sich in anderen Ausschüssen entscheiden: im Ausschuss II,
wenn es darum geht, eine einheitliche Verfassungsurkunde zu schaffen; im Ausschuss
V, wenn es darum geht, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sinnvoll zu
verteilen, usw. Und ich habe auch die heute schon mehrfach indirekt zitierte
Wortmeldung im Morgenjournal nicht so verstanden, dass sie sich primär auf den
Ausschuss I bezogen hätte; ich habe sie als eine Mahnung verstanden, in den
zentralen Fragen des Konvents zu Lösungen zu kommen.
Ich
möchte mir erlauben - und ich hoffe, das Hohe Präsidium fasst das nicht als
eine unzulässige Einmischung auf -, aus den Erfahrungen, aus den, wie gesagt,
sehr intensiven, mühsamen Diskussionen des Ausschusses I eine Anregung zu
geben, wie man sinnvoll weitermachen könnte.
Ich
glaube, dass die Trennung zwischen der Frage der Staatsziele und der
Grundrechte schlicht eine unglückliche ist. Wir haben immer wieder unter einem
Als-ob diskutiert: Wir diskutierten ein Staatsziel, weil vielleicht der
Grundrechtsausschuss dazu nichts sagen wird. Das ist eine Diskussion, die nicht
sehr anregend ist. Man sollte hier eine institutionelle Lösung finden, wie man
das zusammenführt. Die meisten Staatszielbestimmungen werden in einem modernen
Grundrechtskatalog einen guten Platz haben. Nicht alle allerdings. Nur diesen
Rest soll man dann gewissermaßen nach Abzug der im Grundrechtskatalog als
Staatsziele, nicht nur als subjektive Rechte formulierten Bestimmungen
behandeln. Ob das dann in einer Präambel erfolgen wird, ob das ein
Staatszielkatalog sein wird: ich glaube, das ist eine Aufgabe, die wir gegen
Ende des Konvents diskutieren sollten. Das ist kein zentrales Problem im
gegenwärtigen Zeitpunkt der Konventsberatungen. Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor! Ich danke auch für die sehr konstruktive
Anregung, was die gemeinsame Diskussion über Staatsziele und Grundrechte
betrifft, und bin überzeugt davon, dass die beiden Vorsitzenden der Ausschüsse
I und IV sich darüber ihre Gedanken machen werden. Danke, Herr Professor.
Als
Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. - Bitte
sehr.
Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte
Damen und Herren! Wir diskutieren heute den ersten Bericht einer Arbeitsgruppe,
und ich möchte zu Beginn gleich auch dem Vorsitz danken für die ausgezeichnete
Organisation einer hoch kontroversen Debatte. Das war kein Kinderspiel, und das
hat durch die sehr präzise Leitung auch dieses Ausschusses dazu geführt, dass
wir intensive, aber auch sehr, sehr interessante und spannende Debatten führen
konnten, und auch zu einem Ergebnis gekommen sind, das ich nicht gering
schätzen möchte, nur weil es nicht gelungen ist, sehr viel Konsens darzustellen
- das war ja wohl zu erwarten.
Gerade
dort, wo es um Staatsziele geht, dort findet letzten Endes ja auch Politik
statt; dort treffen Ideologien aufeinander; dort treffen Positionierungen
aufeinander. Und in der Frage, was jemand als Aufgabe des Staatswesens sieht,
zeigen sich ja auch schon ganz große ideologische Unterschiede. Ich werde das
noch dann am Beispiel der Dienste allgemeinen Interesses etwas erläutern
können.
Ein
Problem in unserer Debatte war immer - und das muss man auch deutlich
hervorheben -, dass die Trennung zwischen einem Grundrechteausschuss und einem
Ausschuss für Staatsziele dazu geführt hat, dass wir uns sozusagen ständig
implizit aufeinander beziehen mussten, obwohl das natürlich durch den
unterschiedlichen Diskussionsverlauf nicht immer so ganz einfach war, weil es
wahrscheinlich gerade notwendig und wichtig gewesen wäre, das vielleicht
hintereinander anzusiedeln. Aber ich habe in diesem Sinne ja auch den Vorschlag
gemacht, dass, wenn es vom Präsidium für notwendig erachtet wird, nach dem
Vorliegen des Grundrechteausschussberichtes noch einmal eine Abgleichung mit
unserem Arbeitskreis gibt und geben soll - das halte ich für wichtig und
wesentlich.
Staatsziele
war insofern auch ein spannendes Thema, weil oft einmal der Eindruck erweckt
wurde, dass der Staat ein Ziel erst verfolgt, wenn es irgendwo sozusagen
festgeschrieben ist. Jeder Staat verfolgt Ziele. Der Unterschied ist, ob er sie
explizit, durchdacht oder implizit, je nach politischer Ausrichtung der
jeweiligen Regierung verfolgt. Ob es Fixpunkte gibt, an denen man sich
allgemein orientiert oder ob man die Zielsetzungen politischen Handelns eher
dem Fluss der Zeit überlässt.
Es war
aber natürlich auch eine sehr intensive Debatte, wie intensiv, wie stark und
verbindlich solche Zielsetzungen verankert werden sollten. Und das war
natürlich auch der Punkt, an dem die Debatte über die Präambel sehr heftig
wurde. Denn unter einer Präambel, die sehr allgemein formuliert ist, könnte man
ja unter Umständen ein Ding verstehen, das eher dazu dient, bestimmte
Interessensgruppen zu beruhigen, indem man sie und ihre Anliegen irgendwo in
einer Präambel erwähnt, ohne sich jedoch Gedanken über die Verbindlichkeit
ihrer Aufgabenerfüllung zu machen, die sie anstreben, die sie wollen. Das ist
ja eigentlich der zentrale Punkt.
Ich
glaube, dass in der Darstellung des Konflikts zwischen Staatszielen und
Staatsaufgaben es klar gesagt werden muss, dass es natürlich neben den
Grundrechten Staatsziele geben wird müssen - wir haben uns ja auch dazu
entschlossen, keine der bestehenden aufzuheben -, und dass es unter Umständen
sogar notwendig sein kann, neben einem formulierten Grundrecht im selben Thema
auch noch ein Staatsziel zu formulieren. Und damit komme ich auch ein wenig zum
Kapitel umfassender Umweltschutz.
Es war
mir ein großes Anliegen, und es war mir sehr wichtig, dass das, was bisher in
der österreichischen Verfassung als Umweltschutz gesehen wurde, konkretisiert,
präzisiert und verstärkt wird.
Damals
wurde auf eine gesellschaftliche Entwicklung reagiert, indem man eine sehr
allgemeine Formulierung gewählt hat. Und es ist jetzt die Zeit gekommen - und
das halte ich für sehr notwendig und wichtig -, diese zu präzisieren und zu
klären. Dazu hat es einen relativ breiten Konsens gegeben und ich hoffe, dass
wir den auch dann in das Ergebnis hineintragen können.
Anders
hingegen war es mit einem Bereich, der genau an der Schnittstelle auch zwischen
Umwelt und sozialen Anliegen steht, nämlich dort, wo es um die Dienste
allgemeinen Interesses geht, sei es etwa Wasser, sei es etwa die freie
Zugänglichkeit der Naturressourcen, aber deren Schutz und die Nachhaltigkeit.
Und da komme ich - ich habe leider nicht mehr viel Zeit, um das ausführlich
darzustellen, es wäre mir ein Anliegen - zu einem Punkt, den ich für sehr
spannend gehalten habe: Es gab in der Ausschussdebatte immer wieder
unterschiedliche Textvorschläge, die sich dann immer wieder in Absätze
gegliedert haben, von einem sehr allgemeinen, zu einem zweiten Schritt - etwas
präziserer - und dann drittens eigentlich die Aufforderung zum staatlichen
Handeln, zum Beispiel mit einem Förderungsgebot.
Und
interessant war, dass man zwar bei der sehr, sehr allgemeinen Feststellung noch
Konsens erzielen konnte. Im zweiten Schritt, wo es darum ging, klar
festzulegen, was das mit staatlichem Handeln zu tun hat, war es dann schon
relativ schwierig. Und üblicherweise ist es dann dort, wo es darum ging,
gleiche Rechte und Möglichkeiten wirklich herzustellen, mit dem Geldargument
vieles - um nicht zu sagen, fast alles - erschlagen worden. Und das, meine
Damen und Herren, wünsche ich mir nicht fortgesetzt in der weiteren Debatte
über die Verfassung. Danke.
Stellvertretender Vorsitzender des
Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer (übernimmt den Vorsitz): Als nächste zu Wort hat sich Frau
Magistra Johanna Ettl gemeldet. Bitte sehr.
Mag. Johanna Ettl‡: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine
Damen und Herren!
Es ist auch mir ein Anliegen, dem Vorsitzenden den Mitgliedern des
Ausschusses I Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit auszusprechen. Zu
meinem Bedauern konnte der Ausschuss in wirklich fundamentalen Fragen, was
Staatsaufgaben, Staatsziele betrifft, keine Einigung erzielen.
Sehr geehrter Damen und Herren, als Vertreterin
einer Arbeitnehmerorganisation ist es mir ein besonderes Anliegen nochmals zu
begründen, warum wir uns zusätzlich zur Verankerung von individuellen und
sozialen Grundrechten auch die Verankerung von Staatsaufgaben und Staatszielen
wünschen. Wir leben in einer Zeit, in einer vollkommen unkritischen Vergötzung
der Privatwirtschaft. Die vorherrschende Ideologie, die ihm Übrigen von keinem
ernst zu nehmenden Ökonom geteilt wird, ist jene, dass der Markt in jedem Fall
zu bestmöglichen Ergebnissen führt. Wir müssen vermeiden, dass dieser Irrglaube
Einlass, in welcher Form auch immer, in eine neue Verfassung findet. Und
deshalb möchte ich hier und heute einen unverfänglichen Zeugen zitieren.
Es handelt sich dabei um den Nobelpreisträger für
Wirtschaftswissenschaften des Jahres 1998. Das ist Professor Amartya Sen, seines Zeichens übrigens ein
Verfechter der Marktwirtschaft. Er schreibt in seinem Werk Ökonomie für den
Menschen, Wege zur Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft,
Folgendes:
„Nie war es wichtiger, die üblichen Ansichten und
Einstellungen in Sachen politischer Ökonomie kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Die heutigen Vorurteile zu Gunsten des reinen Marktmechanismus haben es
bestimmt nötig, überprüft, und wie ich meine, als falsch zurückgewiesen zu
werden. Eine kritische öffentliche Diskussion ist eine unerlässliche
Voraussetzung für eine gute
Wohlfahrtspolitik. Denn auf welche Weise und wie weit Märkte zu nutzen sind, lässt
sich nicht auf Grundlage einer großartigen allgemeinen Formel oder irgendeiner
generellen Einstellung entscheiden, die entweder alles dem Markt überlassen,
oder ihm alles entziehen.“ Zitat Ende.
Meine Damen und Herren, warum dieses Zitat? Weil
nach unserem Dafürhalten unbedingt vermieden werden muss, dass die
gegenwärtigen Vorurteile zu Gunsten der allumfassenden Effizienz des
Marktmechanismus direkt oder indirekt Einlass in eine neue Bundesverfassung
finden. Ein Beispiel für diesen blinden Glauben in die Allmacht der Märkte ist
unter anderem das Wort Kernaufgaben des Staates, schlanker Staat, wie auch
immer diese Schlagworte lauten.
Ich wünsche mir, dass dieser in meinen Augen
unrichtige Ansatz nicht weiter verfolgt wird, und es spricht auch für die Qualität
der Beratungen im Ausschuss I, dass der Terminus ‚Kernaufgaben’ des Staates
fallen gelassen wurde. Und ich hoffe, er wird auch vom Konvent nicht wieder
aufgegriffen werden. Ich denke, wir sind uns hier alle einig, dass es Aufgabe
und Ziel des Staates sein soll, nicht nur die wesentlichen bürgerlichen
Freiheiten zu garantieren, sondern auch die Vorrausetzung dafür zu schaffen,
dass alle Menschen in diesem Land eine Chance haben, ein selbstbestimmtes Leben
zu führen. Wenn wir das außer Streit stellen, dann bräuchten wir uns mit
Termini wie Spielregelverfassung, schlanke Verfassung, Kernaufgaben und
dergleichen nicht den Kopf zu zerbrechen, sondern könnten uns der von Amartya
Sen geforderten öffentlichen Diskussion zuwenden, in welchen Fällen wir die Verteilung
von Chancen und Nutzen dem Markt überlassen können und in welchen der Staat im
Interesse nicht nur der sozialen Gerechtigkeit, sondern im Interesse aller,
seinen Part spielen muss: Was also Staatsaufgabe oder Staatsziel sein muss, zu
sein hat.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist zu begrüßen,
dass der Ausschuss die Erbringungen von Leistungen der Daseinsvorsorge - wenigstens vom Grundsatz her - einhellig als Aufnahme würdig in eine neue
Verfassung erachtet hat, dass der umfassende Umweltschutz und eine umfassende
Bildung als Staatsziel außer Streit stehen. Es ist allerdings unverständlich,
dass der diskriminierungsfreie Zugang zur Bildung ebenso wenig Konsens finden
konnte wie die Verankerung des Sozialstaates beziehungsweise eines hohen
Standards an sozialer Sicherheit oder das Bekenntnis zu einem
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht. Ebenso wenig ist für mich
nachvollziehbar, warum die einhellige Empfehlung des Ausschusses VII nach einer
der EU-Verfassung entsprechenden Staatszielbestimmung, betreffend die
Sozialpartnerschaft, nicht aufgegriffen wurde.
Meine Damen und Herren, ein Satz noch. Es sollte
unser aller Anliegen sein, dass eine künftige österreichische Verfassung
richtungsweisend ist, richtungsweisend in dem Sinn gesamtgesellschaftliches Wohl,
gesamtgesellschaftliche Weiterentwicklung. Um das zu sein, müsste sie
allerdings mehr enthalten, als die künftige Verfassung der Europäischen Union -
und nicht weniger. Wenn wir das nicht schaffen, wüsste ich nicht, warum wir uns
der Mühe unterzogen haben. Danke.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Frau Gleixner, Sie sind die nächste
Rednerin. Dann Frau Bundesministerin Gehrer.
Prof. Dr. Christine Gleixner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Der Teilbericht des
Ausschusses I liegt vor. Seine Aussagen sind weitaus differenzierter als die
Medienberichte darüber. Die Diskussion ist in einer eben solchen
differenzierten Weise fortzusetzen, zumal insbesondere die Zwischenergebnisse
zu Fragen der „Menschenwürde" und zur Stellung der anerkannten Kirchen und
Religionsgesellschaften noch ergänzungsbedürftig sind.
1. Die Entwürfe des
Sozialdemokratischen Grundrechtsforums und der Professoren Grabenwarter und
Rack, unterstützt von der ÖVP, enthalten im jeweils normativenTeil, Art 1, die
Unantastbarkeit der Menschenwürde; Grabenwarters Entwurf ergänzt: „(Die
Menschenwürde) zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller
Staatsgewalten". Im sozialdemokratischen Entwurf fehlen Erläuterungen, im
Entwurf Grabenwarter sind die Erläuterungen zu Art 1 noch auszuweiten.
Die Kirchen heissen diese
Vorschläge zu den Grundrechten willkommen. Im Gedenkjahr an Immanuel Kant liegt
es nahe festzuhalten, dass Christentum und Aufklärungsphilosophie in einem
grundlegenden Punkt übereinstimmen: Der Mensch ist Rechtsperson, ist Subjekt
der Demokratie, ist kraft seines Menschseins der Mittelpunkt des Rechtssystems,
Ausgangspunkt und Ziel des staatlichen Handeln -gleichgültig ob dafür als Quelle und Begründung
die Vernunft - wie in der Aufklärung - oder die Gottebenbildlichkeit - nach der
religiösen Überzeugung der Christen -angenommen wird. In den Worten Immanuel Kants:
„Der Mensch existiert als Zweck an sich". Er ist für die Staatsgewalt
unverfügbar, er ist Auftraggeber des Staates, nicht Objekt oder Untertan.
Unter Bedachtnahme auf die Ausschussberatungen ergibt sich daraus:
Die Menschenwürde ist eine Fundamentalnorm des Verfassungsrechts;
sie bindet alle Staatsgewalten;
sie ist in allen Grundrechten implizit enthalten, insbesonderen im allgemeinen
Gleichheitsgrundsatz;
und sie ist dennoch als Grundrecht gesondert zu verankern, wie es die genannten
Entwürfe zu den Beratungen des Konvents vorschlagen, wie sie in der
deutschenund in anderen europäischen Verfassungen enthalten ist und wie sie der
Entwurf eines Europäischen Verfassungsvertrages zusichert.
Der Begriff
„Menschenwürde" ist als ausreichend konkret. Die philosophischen
Diskussionsergebnisse sind vom Verfassungsgesetzgeber und von der
Verfassungsgerichtsbarkeit zu berücksichtigen. Auch im österreichischen
Grundrechtskatalog gibt es Grundrechtsverbürgungen, die zur Zeit ihrer
ursprünglichen Formulierung so wenig bestimmt waren, wie es manche
Stellungnahmen heute von der Menschenwürde behaupten; und dennoch hat die
langjährige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes diese Grundrechte handhabbar
gemacht.
Zusammenfassend: In der
Stellungnahme aller Kirchen wurde aus allen diesen Gründen die Aufnahme der
„Menschenwürde" als Grundwert und als Grundrecht in den normativen Teil
einer neuen österreichischen Bundesverfassung gefordert. Ich wiederhole diese
Forderung.
2. Die Menschenwürde
bedeutet einen Schutz für die demokratische Gestaltung der Politik und des
Rechts. Die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften beantragen die
Aufnahme einer neuen Verfassungsbestimmung bei den sie betreffenden kollektiven
Religionsrechten: „In Anerkennung der Identität und des besonderen
gesamtstaatlichen Beitrages der anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften
pflegt der Staat einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit ihnen
zu allen grundsätzlichen Entwicklungen staatlicher Tätigkeit".
Angesprochen ist eine
Verpflichtung des Staates, nicht nur die Freiheit der Mitwirkung der Kirchen im
Rahmen der staatlichen Politik. Der Text ist Art 51 Abs 3 des Entwurfes des
Europäischen Verfassungsvertrages nachgebildet. Die Kirchen nehmen kraft ihres
Auftrages an der Zivilgesellschaft teil, sind aber nicht Teil der
Zivilgesellschaft; und deshalb regelt der Art 51 des Entwurfes des
EU-Verfassungsvertrages die Stellung der anerkannten Kirchen und
Religionsgesellschaften getrennt von Art 46, der die Rolle der Verbände der
Zivilgesellschaft definiert.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Am Wort ist
Frau Bundesministerin Gehrer. Und nach ihr Magistra Ulrike Schebach-Huemer.
Bitte, Frau Ministerin!
Elisabeth Gehrer: Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit
diesem Österreich-Konvent, mit diesem Ziel, eine neue Verfassung zu erarbeiten,
hat das Parlament, das österreichische Parlament, sich ein sehr, sehr
ehrgeiziges Ziel gesetzt. Ein ehrgeiziges Ziel, das nicht in Kürze erreicht
werden kann. Mich haben einige Wortmeldungen der letzten Tage mit Sorge
erfüllt, dass manche diese Entwicklungen, oder wie so etwas entsteht, nicht
richtig bewerten können. Ich bin deshalb sehr dankbar, dass Herr Präsident Dr.
Khol heute uns deutlich vor Augen geführt hat, wie dieser Prozess vor sich
geht, dass es ein Prozess nach der Methode der offenen Planung ist, nach der
Methode, viele Bürger und Bürgerinnen - möglichst alle - teilhaben zu lassen,
sie mittels der modernen Medien einzubinden. Ich danke auch sehr herzlich dem
Herrn Vorsitzenden und allen, die da die Verantwortung, die Hauptverantwortung
tragen, dass Hearings gemacht wurden, dass viele Anhörungen gemacht wurden,
dass viele Fachexperten in ihrem Bereich an diesem Prozess beteiligt werden.
Dieser Prozess nach der Methode der offenen Planung bringt naturgemäß nicht
nach kurzer Zeit Ergebnisse. Er bringt als erstes - und das wurde heute vom
Herrn Präsident Khol ja dargelegt - eine intensive Darstellung der
verschiedenen Standorte, der verschiedenen Standpunkte, eine intensive Dissens-
und Konsenssammlung.
Und
ich finde deshalb auch, dass das Ergebnis dieser Arbeitsgruppe I dieses Konventes überhaupt nicht als dünn zu bezeichnen ist, im
Gegenteil. Ich habe mir gedacht, als ich die Unterlage bekommen habe, der
Zwischenbericht - er ist ein dicker Zwischenbericht - macht viele Überlegungen
nachvollziehbar und beleuchtet viele rechtstheoretische Fragen von
verschiedenen Seiten. Ich habe aber in diesem Bericht auch eine sehr gute
Zusammenfassung gefunden über die Ergebnisse dieses Ausschusses, dieser
Ausschussarbeit. Und es heißt wörtlich: „Die überwiegende Meinung der
Ausschussmitglieder geht dahin, dass die Inhalte, die als verfassungsrechtlich
schützenswert angesehen werden, möglichst als durchsetzbare, subjektive Rechte,
Grundrechte ausgestattet werden sollen.“ Es ist ein wichtiger Hinweis, die
überwiegende Mehrheit. Da zeichnet sich ein Konsens ab. Nur dort, wo dies nicht
möglich ist, soll ein Schutz durch eine Verankerung als Staatsziel
gewährleistet werden. Eine Verankerung von Staatszielen in einer Präambel wird
von einigen Mitgliedern als ungenügend angesehen, von anderen als ausreichend.
Das ist jetzt also praktisch die Kerndiskussion.
Und,
wenn ich heute sehr genau zugehorcht habe, wo einige der Meinung waren, auch
Staatsziele sind nicht mehr durchsetzbar als Verankerungen in einer Präambel,
dann glaube ich doch, dass bei etwas gutem Willen, und wenn jeder von seiner
Maximalvorstellung abrückt, man da einen gemeinsamen Weg wird finden können,
wie man diese wichtigen Ziele in einer Verfassung festschreibt.
Jedenfalls
glaube ich, dass wir diesen Konvent als Prozess der offenen Planung weiterhin
mit positiven Argumenten begleiten sollten, auch in der Öffentlichkeit. Und ich
wünsche mir, dass gerade von dieser heutigen Konventssitzung diese positive
Darstellung in die Öffentlichkeit getragen wird, dass wir einen ersten
Ausschussbericht haben, eine verdienstvolle Arbeit, die eine breite Sammlung
ist, auf deren Basis nun der Ausschussvorsitzende mit seinem Ausschuss
darangehen kann, einen Konsenstext zu formulieren. Und ich glaube, das ist der
nächste wichtige Schritt, den der Herr Präsident Khol auch aufgezeigt hat, dass
im Sommer diese Konsenssuche erfolgt und dann vom Präsidium ein gemeinsamer
Text im Herbst vorgelegt wird.
Meine
Damen und Herren! Ich wünsche mir Mut von allen Seiten, dass wir diesen Konsens
gemeinsam finden, und eine positive Begleitung dieses Prozesses der offenen
Planung.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Frau Mag.
Schebach-Huemer ist am Wort, und nach ihr Prof. Dr. Funk. Bitte, Frau Kollegin.
Mag. Ulrike Schebach-Huemer (Vertreterin von Landeshauptmann Dr.
Michael Häupl) : Sehr geehrte Damen und Herren!
Neue
Staatsziele, ja oder nein, glaube ich, war die brennendste Frage in unserem
Ausschuss. Aber eigentlich müsste man fragen: Warum keine neuen Staatsziele?
Und diese Frage ist meines Erachtens viel berechtigter. Denn die derzeitige
Verfassung enthält heute schon Staatsziele. Und, wenn man die Erfahrung dazu
betrachtet, dann haben sich diese bewährt und man kennt auch deren rechtliche
Wirkungen.
Von
einer reinen Spielregelverfassung kann heute schon gar nicht mehr ausgegangen
werden, und dass sich die derzeit bestehenden Staatsziele bewährt haben und in
den Beratungen im Ausschuss I auch nicht in
Zweifel gezogen wurden, dass ist sicher eine der wenigen konsensual
beantworteten Fragen in unserer Arbeit im Ausschuss I.
Staatsziele
haben meines Erachtens die Aufgabe, bestimmte Themen, die im Staat eine
besondere Bedeutung haben, im tagespolitischen Ablauf außer Streit zu stellen,
beziehungsweise auch dem staatlichen Handeln einen gewissen Rahmen zu geben, wo
sich das politische Leben abspielt. Die Forderung nach neuen Staatszielen, wie
zum Beispiel die Verankerung der Daseinsvorsorge, aber auch der sozialen
Sicherheit oder der Bildung resultiert in zwei Punkten. Erstens, weil sich in
den letzten Jahren die politischen Vorstellungen geändert haben. Einerseits muss
man an den Satz denken: Mehr Privat, weniger Staat; oder aber auch an die
gängigen Liberalisierungstendenzen im Rahmen der Europäischen Union. Und
zweitens, genau durch diese Sätze bedingt, gibt es in der Bevölkerung ein
verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit, genau diese Lebensbereiche abzusichern,
und dafür Sorge zu tragen, dass sich der Staat aus dieser Verantwortung nicht
zurücknehmen will. Und daher glaube ich, dass es sehr wichtig ist, neue
Staatsziele zu verankern.
Und
nun zu einem dieser Staatszielkandidaten, der die Arbeit im Ausschuss I sicher sehr geprägt hat, nämlich die Daseinsvorsorge. Die
Daseinsvorsorge bedeutet keinesfalls nur Wasserversorgung, oder nur den ganzen
Bereich der Infrastruktur, sondern darunter fällt auch der Bereich der Sozialleistungen
oder auch der Komplex Bildung. Aber sensibilisiert ist die Bevölkerung sicher
durch die Liberalisierungstendenzen der EU im Rahmen des gesamten
Infrastrukturbereiches geworden. Und wenn man sich dann die Ergebnisse der
Privatisierung, dem Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung etwa in
Frankreich oder Großbritannien anschaut, wo sich z.B. die Wasserqualität massiv
verschlechtert hat, und sich im Gegenzug dazu die Preise massiv erhöht haben,
dann erscheint mir die Unsicherheit eines großen Teils der Bevölkerung durchaus
begründet. Und ich denke, die Verfassung oder der Österreich-Konvent sollte
dieser Besorgnis auch Rechnung tragen und ein Bekenntnis zur Verantwortung für
die Daseinsvorsorge in der Verfassung verankern. Nebenbei muss man auch sagen,
dass eine Verankerung der Daseinsvorsorge in der österreichischen
Bundesverfassung auch eine gewisse Signalwirkung nach Brüssel hätte, in dem
Sinne, dass Österreich nicht bereit ist, jeden Privatisierungsdruck
undifferenziert nachzugeben.
Und die
Verankerung der Verantwortung für die Daseinsvorsorge heißt ja noch nicht, dass
die Gebietskörperschaften in Zukunft alles selber machen müssen, nein,
überhaupt nicht! Natürlich ist Platz, oder soll Platz sein, dass aus
Effizienzgründen die Kommunen oder die Länder, der Bund, ausgliedern, und die
Leistungen durch Private erbracht werden. Aber die Letztverantwortung, die muss
beim Staat liegen. Er hat zu gewährleisten, dass auch, wenn ein Privater die
Leistungen erbringt, die Qualität sichergestellt ist.
Die
zuständige Gebietskörperschaft hat dann zu entscheiden, wie sie dieser
Verantwortung am besten nachkommt. Dies kann zum Beispiel, wie das bei der Post
schon erfolgt ist, durch eine Universaldienstverordnung geschehen, aber im
Bereich der Wasserversorgung wird das wahrscheinlich nicht mehr ausreichen.
Ich
denke, diese Frage zu beurteilen ist ein großer Handlungsspielraum für die
Politik, und daher sind neue Staatsziele meines Erachtens nicht diese
befürchtete große Einschränkung der politischen Gestaltungsfreiheit. - Danke.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Herr Professor
Funk, dann Herr Dr. Specht.
Univ. Prof. Dr. Bernd-Christian Funk: Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Was bedeutet das Ergebnis des Ausschusses I, das
uns heute vorliegt, für die weitere Tätigkeit des Ausschusses IV -
vorbehaltlich etwaiger Direktiven des Präsidiums oder des Konvents? Für mich
ergibt sich eine Klärung von Gegensätzen und Widersprüchen, die von Anfang an
wirksam waren. Es ist offenkundig, dass die Themen der Ausschüsse I und IV
unmittelbar miteinander zusammenhängen. Im Ausschuss I habe ich stets die Auffassung
vertreten, dass Staatszielbestimmungen und Grundrechte einander nicht
ausschließen, sondern ergänzen sollten. Es geht darum, jeweils unterschiedliche
verfassungsrechtliche Vorgaben auf ein gleiches Ziel hin auszurichten. Es lässt
sich belegen, dass eine solche Strategie in rechtstechnisch einwandfreier Weise
möglich ist. Mit dieser Auffassung bin ich allerdings im Ausschuss I in der
Minderheit - um nicht zu sagen: allein - geblieben.
Nun scheinen aber die Fronten geklärt. Eine
weitere Koordination zwischen den beiden Ausschüssen dürfte im gegebenen
Zeitpunkt nicht zielführend sein. Im Ausschuss I ist Dissens kartographiert
worden.
Die Aufgabe für Ausschuss IV besteht darin, sich
den Grundrechten besonders intensiv und zügig zu widmen. Von Ausschuss I kam
stets das Signal, dass Grundrechte an Stelle von Staatszielen treten sollen.
Für den Ausschuss IV kann ich berichten, dass nunmehr ein abgerundeter Input in
Form von Vorschlägen verschiedenster Art vorliegt. Das Ausgangsmaterial wird
bis Ende Februar als Gesamtsynopse dargestellt und bildet die Basis für die
weiteren Arbeiten des Ausschusses.
Ein zentrales Problem werden die sozialen
Grundrechte sein. In dem seit heute vorliegenden, von Prof. Grabenwarter
verfassten Entwurf eines Grundrechtskataloges der ÖVP finden sich dazu im
Artikel 23 unter dem Titel „Gewährleistungspflichten im Arbeits- und
Sozialrecht“ Regelungen, die nicht als soziale Grundrechte zu deuten, sondern
als Gesetzgebungsaufträge und institutionelle Garantien umschrieben sind. Alle
diese Vorschläge, die nunmehr vorliegen, werden im Ausschuss IV in gleicher
Intensität und Gründlichkeit, wenn auch ohne flankierende Hilfe von
Staatszielbestimmungen, zu erörtern sein. Danke.
Stellvertretender Vorsitzender des
Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke Herr Professor.
Nächster Redner Dr. Specht, dann Kollegin Dr. Petrovic. Bitte sehr
Dr. Leo Specht:
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter den bestehenden Staatszielen hat
der Ausschuss I auch das Staatsziel „Immerwährende Neutralität“ zu
diskutieren gehabt. Es liegen zwei Formulierungsvorschläge vor, die beide
keinen Konsens gefunden haben. Ich möchte jetzt einen dieser
Formulierungsvorschläge aufnehmen und argumentieren, und möchte das in dem
Zusammenhang der bisherigen Diskussion hier stellen, nämlich über Staatsziele,
über welche Art von Staatszielen und was die Funktion von Staatszielen sein
kann.
Nun, das Staatsziel „Immerwährende Neutralität“
ist wohl eine Falsifizierung, so wie wir es in der Verfassung seit seiner
Aufnahme Wirkung hat, von der Vorstellung, dass Staatsziele zu Wort gewordene
Ideologie sind. Es ist wohl eher richtig, wie hier auch gesagt wurde, dass
Staatsziele wie das Staatsziel „Immerwährende Neutralität“ gesellschaftlich
akzeptierte und gewünschte Orientierungen für die Politik darstellen. Und
tatsächlich sind die Staatsziele, die bis dato in die Verfassung Aufnahme
gefunden haben, so etwas wie zu Normen verdichtete Haltungen, die die
Gesellschaft als generell akzeptabel und als unter anderem Vorgabe für die
Politik formuliert wissen möchte.
Nun, „Immerwährende Neutralität“ ist wohl nicht
nur Nostalgie oder falsches Bewusstsein der österreichischen Bevölkerung,
sondern so etwas wie die von den meisten geteilte Vorstellung über die Ausübung
von Souveränität durch den Staat Österreich. Daher ist
das Spannungsverhältnis einerseits zwischen dem Verfassungsgesetz Neutralität
und andererseits zwischen dem Artikel 23f Bundesverfassungsgesetz
natürlich ein im Zusammenhang mit Staatszielerörterungen zu überlegen. Es wurde
ein Vorschlag dieses Spannungsverhältnisses immer als Dilemma dieser
Neutralität beschriebenen Zusammenhanges vorgelegt, der die Teilnahme
Österreichs an der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen
Union insoferne determinieren möchte oder diese Determinierung vorschlägt, als
die Teilnahme gebunden sein soll an Beschlüsse der Vereinten Nationen.
Dieser
Vorschlag würde als Staatsziel tatsächlich eine Einschränkung der Möglichkeit
der Exekutive im Zusammenhang mit verpflichteten oder behaupteten
Verpflichtungen aus der Teilnahme an der gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik formulieren. Er wäre darüber hinaus im Horizont der
gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik so wie im Vertrag über die
Europäische Union, nämlich im Artikel 11 Abs. 1 formuliert.
Die
schon formulierten und schon normierten Staatsziele sind Ausdruck und Beispiel
dessen. Ich glaube, niemand wird sich ernsthaft, wenn er jenseits der aktuellen
Debatte steht, dazu verstehen können, Staatsziele wie das Verbot der
nationalsozialistischen Widerbetätigung als ein lediglich zufälliges zu
verstehen, das ein Konsens tagespolitische Thematik ist.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Am Wort ist
Dr. Madeleine Petrovic. Nach ihr Herr Dr. Matzka. Bitte, Frau
Kollegin.
MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwei kurze Vorbemerkungen und dann
zwei Bemerkungen in der Sache. Zur Frage Pessimismus, Optimismus der
Erwartungen und Statements dazu: Ich glaube, es ist schon an der Zeit, dass wir
auch ergebnisorientiert beginnen zu arbeiten. Jedenfalls gehe ich davon aus,
diesen Konvent sehr genau beobachtend, dass es doch einige in der
österreichischen Innenpolitik nicht ganz unmaßgebliche Personen vor allem im
Bereich der Vollziehung gibt, die Mitglieder dieses Konvents sind, aber bisher
noch nicht eine Minute Zeit für diesen Konvent oder irgendeiner seiner
Sitzungen gefunden haben.
Ich
nehme das zur Kenntnis. Ich hoffe aber auch - beziehungsweise ich gehe davon
aus -, dass diese Personen sich damit auch selbst aus dem Prozess heraus
genommen haben. Ich möchte spätere Statements von ihnen dann eigentlich dazu
überhaupt nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Wem der Villacher Fasching wichtiger
ist als der Konvent, ist das so zur Kenntnis zu nehmen, aber in der Sache gebe
ich dann nichts mehr auf solche Statements.
Zum
Zweiten. Zur Frage einer Präambel: Sie wissen, ich erwarte mir nichts davon.
Wenn es einigen ein derartiges Herzensanliegen ist, dann würde ich gerne mit
denen über ganz konkrete Grundrechte, von mir aus auch Staatsziele, reden. Denn
nur dann kann das auch einen Sinn machen. Ich warne allerdings davor, irgend so
etwas wie Wirtschaftswachstum in eine Präambel zu schreiben, denn wenn wir uns
dann vielleicht in einer weltweiten Rezession befinden, dann können wir
wirklich nur den lieben Gott um Verzeihung bitten, wenn wir dieses Staatsziel
nicht erreichen.
Zur
Frage Grundrechtskatalog oder ein ausgewogener Katalog an Staatszielen: Auch da
muss man sagen, seit der Textierung der Verfassung und auch mehr noch seit der
Textierung des Staatsgrundgesetzes und diverser Grundrechte ist sehr viel Zeit
vergangen und alles hat sich weiterentwickelt, die Gesellschaft, die
Wirtschaft. Es wäre daher in meinen Augen völlig verfehlt, zu einem
versteinerten Staatsziel- oder Grundrechtskatalog zu sagen, na ja, das haben
wir gerade, und mehr darf es nicht sein.
Gerade
die Wirtschaft, glaube ich, muss ein Interesse haben an einem modernen
Grundrechtskatalog, der auch versucht ökologische, soziale Grundrechte, Daseinsvorsorge
hinein zu nehmen, damit eben das bewährte österreichische Prinzip der
Sozialpartnerschaft auch in diesem Bereich fortgetragen werden kann, denn sonst
haben sehr lebendige Interessen, die auch hier im Plenum artikuliert worden
sind, nur die Möglichkeit, sich auf der Straße zu artikulieren. Und ich glaube,
damit täten wir niemandem, zu allerletzt der Wirtschaft, einen guten Dienst.
Ein
Letztes - das liegt mir besonders am Herzen im Bereich der Staatsziele: Das
Staatsziel oder ein erweitertes Staatsziel der Gleichbehandlung von Mann und
Frau. Da hatte ich den Eindruck, dass wir eigentlich im Ausschuss schon weiter
waren. Ich habe dort einen sehr deutlichen Konsens wahrgenommen in Richtung
einer Verpflichtung der Gebietskörperschaften zur Schaffung von Bedingungen für
die reale Gleichstellung und auch einen Rechtsschutz in diese Richtung. Ich
glaube auch hier - also ich verstehe das nicht, warum nicht insbesondere die
Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft für diese Art der Gleichstellung
Sturm laufen. Das sage ich auch als jemand, der sehr viele Angehörige hat, die
selber Betriebe leiten, wo ich sage, das reale Problem der österreichischen
Wirtschaft besteht immer stärker darin, dass insbesondere die Frauen zwar eine
gute Ausbildung haben, hoch motiviert sind, aber dann an den realen
Möglichkeiten der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Praxis daran
scheitern, ihre Ausbildung dann auch wirklich nutzbringend für sich selber und
für die Allgemeinheit einzusetzen.
Das
heißt, ich glaube, wir brauchen hier dringend eine verbindliche Umsetzung
dieser Gleichstellung von Frauen und Männern in der Praxis, gerade auch weil
Frau Bundesministerin Gehrer dankenswerterweise hier ist und sich an unseren
Arbeiten beteiligt, möchte ich auch zu bedenken geben, dass gerade in diesem
Bereich in Österreich das stärkste Defizit herrscht europaweit - sowohl im
Bereich der Wirtschaft ist die ökonomische Kluft zwischen Frauen und Männern
größer, das schadet allen! Das schadet nicht nur den Frauen. Das schadet insbesondere
auch der Wirtschaft.
Auch
im Bereich der Bildung. Ich erinnere an die Pisa-Studie, wo Österreich
insgesamt im guten Mittelfeld angesiedelt worden ist, aber im Bereich der
Gender-Sensibilität sind wir ganz unten. Daher glaube ich, dass gerade in diesem
Land und hier ein besonderer Handlungsbedarf besteht. Daher würde ich mir
wünschen, dass dieser Konsens, den ich schon einmal gehört und vernommen habe
in diesem Ausschuss, dass wir hier auch wirklich weiterkommen und ein hartes
Prinzip der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Verfassung verankern.
Danke.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Am Wort ist,
wie gesagt, Dr. Matzka. Nach ihm Frau Mag. Stoisits. Bitte, Herr
Kollege!
Dr. Manfred Matzka: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen!
Auch
ich knüpfe an den heute geäußerten Pessimismus zu möglichen Ergebnissen des
Konvents an. Es geht nicht darum, dass man hier und heute einen raschen, einen
medienwirksamen Konsens einfordert, und wenn der nicht erreicht wird, dann
„kann man sich alles abschminken.“ Das ist eine verkürzte Sicht, das ist eine
Sicht, die hinter dem zurückbleibt, wie in Wirklichkeit Diskussions- und
Willensbildungsprozesse ablaufen.
Ich
schätze diesen Bericht, der uns heute vorliegt, in diesem Verständnis durchaus
als einen positiven Bericht ein, weil er einen, zwei, drei Schritte nach vorne
macht; zwar legt er nicht in allen Punkten einen Konsens auf den Tisch, aber er
macht klar: Was sind die Perspektiven, wo ist Konsens zu erwarten, wo prallen
Positionen aufeinander. Er schärft dieses Aufeinandertreffen von Positionen,
von Argumenten und so eine geschärfte Diskussion ist an sich schon ein Schritt
nach vorne, ist notwendig, wenn man weiterkommen will.
Wir
kommen mit diesem Bericht weiter, weil klar wird, dass die Alternative zwischen
Spielregelverfassung und Festschreiben inhaltlicher Ziele für das Staatshandeln
ja keine rechtstechnische, keine verfassungslegislative, keine
legistisch-ästhetische Frage ist. Da geht es vielmehr um etwas ganz Reales! Das
sollte man herausarbeiten und klarmachen, um welche Realität es hier geht: Da
steht auf der einen Seite die Position, nur zu kodifizieren, was ist - mit
möglichst wenig Worten, in einer dünnen Broschüre - und das ist es. Auf der
anderen Seite steht die Position, über das hinaus zu gehen, was wir haben,
Neues aufzunehmen, weil es notwendig ist, Ziele und Aufgaben festzulegen für
den Staat; nicht um des Festlegens von Aufgaben und Zielen willen, sondern weil
die Menschen im Staat etwas davon haben. Der Staat soll sich darum bemühen, das
zu tun, wovon die Menschen etwas haben, weil diese Menschen - wie die Frau Dr.
Gleixner sehr deutlich gesagt hat - im Mittelpunkt stehen und der eigentliche
Zweck dessen sind, was von der Staatsmaschinerie produziert werden soll.
Ich
glaube, es ist ganz konkret davon zu reden, dass die Menschen im Land den Wunsch
nach bestimmten sozialen und existenziellen Sicherungen haben. Weil sie diesen
Wusch haben, ist die Debatte über Staatsziele in diesem Kontext so wesentlich.
Die Menschen haben den Wunsch, dass ihnen die Verfassung Rechte gibt, dass man
nicht nur von der Bürgergesellschaft und ähnlichen Dingen spricht, sondern dass
der Staat bestimmte Leistungen dauerhaft sicherstellt. Sicherstellt, dass es
jedem und jeder morgen ein Stück besser geht als gestern und dass dieses „ein
Stück besser gehen als gestern“ nicht abhängig sein soll davon, wann die
Wahltermine sind, wer an der Regierung ist, wie ein Regierungsprogramm
ausschaut, sondern dass das darüber hinausgehend gesichert wird. Und da ist
dennoch noch Platz für die politische Gestaltung von Regierungsprogrammen in
Hülle und Fülle und in einer großen Breite.
Wenn
man diesen sehr konsenslosen, zurückhaltenden Bericht liest, analysiert und
durchdenkt, dann kommt man zwangsläufig auf diese Grundfragen. Und weil man auf
diese Fragen kommt, haben wir einen Fortschritt erzielt. Ich wünsche mir, dass
diese Schärfung der Argumente, das Klarmachen nach außen, worum es denn
wirklich geht, auch bei den anderen Berichten in ebensolcher Weise nahe liegt.
Natürlich
stehen wir hier unter einem gewissen Legitimationszwang. Aber wir tun uns
nichts Gutes, wenn wir sagen, bei unserer Arbeit kommt nichts heraus. Wir tun
uns deshalb nichts Gutes, weil dann alle Rücksichten und Zurückhaltungen, alle
Behauptungen, „man darf das nicht, man kann das nicht, es darf sich nichts
ändern“ Nahrung bekommen. Und wenn
alle hier der Überzeugung sind, man darf nichts ändern, was mir schadet, dann
ändern wir insgesamt überhaupt nichts. Wer etwas ändern will - und dieser
Konvent soll etwas ändern und wir bekennen uns zu diesem Auftrag -, muss klar
sagen, was er ändern will und er muss bereit sein, auch auf die Argumente des
anderen, der auch etwas ändern will, einzugehen und sie aufzunehmen. Dann gibt
es Kompromisse.
Kompromisse,
die vermittelbar sind, wenn wir den Menschen, für die die Verfassung geschrieben
ist, zeigen können, dass sich ihre konkrete Lebenssituation durch unsere Arbeit
hier verbessert und dass die Chancen, Möglichkeiten, ihre Lebensqualität, ihre
soziale Sicherung und ihre Zukunftserwartungen verbessert werden. Das ist
unsere Aufgabe und die der Verfassung.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Frau
Mag. Stoisits. Bitte und dann als nächster
Mag. Rüdiger Schender. Bitte, Frau Kollegin.
Mag. Terezija Stoisits:
Danke. Postovane dame i gospodo!
Ich mache es wie die drei letzten Vorredner.
Erstens Bemerkungen zum Konvent und zweitens, was ist für jene, die nicht
Mitglieder des Ausschusses I waren, auf Grund des Berichtes, für den ich auch
danke, wie alle Vorrednerinnen und Vorredner, herauszulesen im Hinblick auf die
Arbeit in den Ausschüssen, in denen sie tätig sind und letztendlich dann eine
Bemerkung zum Gesamtergebnis.
Fasching ist nicht nur in Villach, Fasching
scheint auch in Niederösterreich zu sein, fast ganzjährig. Das als Vorbemerkung
zur Anwesenheit und regen Teilnahme von Konventsmitgliedern. Ich habe zu Beginn
der allerersten Wortmeldung im Konvent gesagt, dass die Zusammensetzung und die
Art und Weise, wie jene, die Mitglieder des Konvents sind, das wurden, sehr
kritikwürdig ist. Ich fühle mich in all meiner Kritik, die ich damals
vorgebracht habe, an der Form und am Auftrag, den der Konvent erhalten hat,
durch die Art und Weise, wie er von einigen Mitgliedern ernst genommen wird,
völlig bestätigt.
Zweitens. Präsident Khol hat gemeint, Präambel,
Staatsziele, Grundrechte, das ist seine Vorstellung über die Wertigkeit in
Bezug auf den Auftrag bezüglich Staatsziele, Staatsaufgaben und Grundrechte.
Dem wurde bereits widersprochen, wenn auch sanft.
Ich widerspreche dem auf Grund der Arbeit des Ausschusses IV heftig und ganz
konkret. Ich möchte es Ihnen an einem Beispiel illustrieren, nämlich an einem
Beispiel, wo es zu keiner Diskussion und Behandlung im Ausschuss I gekommen
ist. Es gibt ein Staatsziel in der Österreichischen Bundesverfassung, das
gerade im Jahr 2000 in der ersten Jahreshälfte, zur Zeit der so genannten
Sanktionen, festgeschrieben wurde, einstimmig im Österreichischen Nationalrat,
nämlich die Frage der kulturellen sprachlichen Vielfalt dieses Landes. Dieses
Staatsziel gilt seit nunmehr drei Jahren. Es ist gerade das Papier wert, auf
dem es gedruckt ist. Ich freue mich trotzdem, dass es in der Verfassung steht,
weil es schadet nicht, aber ich sage Ihnen, es nützt niemand, denn was
wirklich nützt, das haben die
Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, aber auch konkrete Maßnahmen, die
der Nationalrat gesetzt belegt, nämlich festgeschriebene Grundrechte.
Darum möchte ich, um Sie nicht noch länger zu
strapazieren, Ihnen kurz sagen: Ich fasse den Auftrag des Ausschusses IV
genauso auf, wie die Frau Bundesministerin Gehrer ihn hier heute geäußert hat,
nämlich, Mut von allen Seiten zu zeigen. Mut dazu zu zeigen, einen ganz
konkreten Grundrechtskatalog zu formulieren, wo - Herr Professor Öhlinger, Sie
haben es auch sehr deutlich gesagt - unmittelbare durchsetzbare subjektive
Rechte festgeschrieben sind. Denn genau das ist es, worauf die österreichische
Bevölkerung wartet. Sie will unmittelbar durchsetzbare Rechte dort, wo sie
meint, Anspruch auf Rechte zu haben. Darum wird die Diskussion für mich,
erlauben Sie mir diese persönliche Einschätzung, jetzt erst interessant,
nachdem die einzelnen Vorschläge auch vorliegen, der
Grundrechtskatalogsvorschlag der ÖVP heute präsentiert; ich habe jetzt nur
einen kurzen Blick, gleichzeitig lesend und zuhörend, hineingeworfen. Ich muss
Ihnen sagen, Frau Ministerin, in manchen Bereichen ist nicht sehr viel von Mut
zu spüren und da sollten Sie Ihre Anregung Mut zu zeigen, wenn wir diese
Arbeit, die wir uns selbst gegeben haben, auch zu einem positiven Ende führen,
bei der ÖVP auch einfordern. Dort erhoffe ich mir, und die Arbeit im
Grundrechtsausschuss interessiert mich am meisten, dass wir tatsächlich zu
einem Ergebnis kommen, wo sich dann der Mut der einzelnen Mitglieder auch
tatsächlich zeigt.
Noch bin ich optimistisch und ich freue mich auf
die Diskussionen zu den nächsten Berichten, und danke Herrn Professor Mayer für
seinen Bericht. Ich bin in Einschätzung dessen, was, die Qualität des Berichts
und die Erfüllung des Auftrages angeht, ganz bei Dr. Matzka, aber was die
Arbeit des Ausschusses IV angeht - und
ich habe scherzhaft zu Prof. Mayer gesagt, jetzt ist er von der Last des
Ausschusses I befreit, jetzt geht es darum, dass er im Ausschuss IV bei der
Formulierung des Grundrechtskataloges all jene Kompetenz, die notwendig ist,
auch zu zeigen, einbringt - und
ich hoffe hier auf ein höchst produktives Ergebnis, bei dem es sehr viel Konsens
geben wird. Denn das ist die Verantwortung, die wir gegenüber den Menschen, die
sich Chancen für ihre Lebenssituationen ausrechnen haben, und sie durch den
Konvent bestätigt sehen wollen, erwarten. Danke.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Am Wort ist
Kollege Mag. Schender. Nach ihm Frau Dr. Glawischnig
Mag. Rüdiger Schender: Sehr geehrter
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Betrachtet man den Teilbericht des
Ausschuss I objektiv, so
muss man natürlich feststellen, dass der Konsens oder die Punkte, in denen
Konsens erzielt worden ist, sehr wenige sind. Ich glaube aber trotzdem und
möchte das festhalten, dass dieser Teilbericht und seine Ergebnisse nicht
wertlos sind. Deshalb nicht wertlos und, da schließe ich mich vielen Vorrednern
an, weil der Teilbericht darstellt, in welchen Punkten es verschiedene
Meinungen gibt, welches Spannungsverhältnis es gibt und welche Dinge überbrückt
werden müssen, um zu einem Ergebnis für eine neue Formulierung von
Staatszielbestimmungen zu gelangen, in welcher Form auch immer diese erfolgen
mag.
Es war
hier einerseits das Spannungsverhältnis, das bereits Professor Mayer
angesprochen hat, das sich durch die gesamte Arbeit des Ausschusses gezogen
hat. Das Spannungsverhältnis, das die grundsätzliche Frage betrifft, will man
eine Spielregelverfassung haben oder eine Verfassung, die auch politische
Linien vorgibt.
Meiner
Meinung nach hat die Aufgabe einer Verfassung in erster Linie zu sein, die
Spielregeln und den Rahmen für politisches Handeln festzulegen und in zweiter
Linie kann man dann auch unter Umständen bestimmte wichtige Ziele des Staates
in die Verfassung mit aufnehmen.
Ein
zweites Ergebnis dieses Ausschusses ist natürlich auch, dass in diesem
Ausschuss, wie wahrscheinlich kaum in einem anderen Ausschuss, politische
Grundsatzpositionen aufeinander getroffen sind. Und diese zu lösen, war dem
Ausschuss nicht möglich.
Ein
wichtiger Punkt erscheint mir auch noch, bevor man nun endgültig auf das
Ergebnis des Ausschusses I zurückblicken
kann, dass es eine Zusammenschau zwischen Staatszielbestimmungen, möglichen
Staatszielbestimmungen und dem noch zu erarbeitenden Grundrechtskatalog gibt,
denn hier gibt es sicherlich Überschneidungen. Hier stellt sich häufig die
Frage, ist es in manchen Bereichen nicht besser, ein konkretes, individuelles
Recht vorzusehen, mit dem der einzelne Bürger sich dann direkt auch zur Wehr
setzen kann und es wird auch Bereiche geben, wo man auch davon Abstand nimmt
und lieber einer Staatszielbestimmungen in Erwägung zieht.
Ich
möchte kurz auf die Frage der Präambel eingehen. Mir erscheint die Präambel
durchaus als eine mögliche gangbare Möglichkeit, Staatszielbestimmungen,
Festlegungen, welche Dinge dem Staat wichtig sind, diese Dinge hier umzusetzen.
Allerdings, und das möchte ich auch betonen, nur dann, wenn es auch einen
starken und verbindlichen Grundrechtskatalog gibt, der dem Bürger, der dem
Einzelnen auch die Möglichkeit gibt, sich vor staatlichen Übergriffen zu
wehren.
Einen
Punkt, dem in den bisherigen Wortmeldungen meines Erachtens zu wenig
Aufmerksamkeit gewidmet wurde, ist die Frage der EU-Konformität möglicher
Staatszielbestimmungen. Denn ich denke schon, dass hier auf mögliche
EU-Bestimmungen Rücksicht genommen wird, denn es hat wohl wenig Sinn
Staatszielbestimmungen
festzuschreiben, die dann durch EU-Recht überlagert werden, wie dies
etwa im Moment bei der Neutralität in weiten Bereichen der Fall ist. Ich
glaube, dass hier noch eine Prüfung, eine intensive Prüfung notwendig sein
wird.
Sehr
froh bin ich über das Ergebnis des Ausschusses I, was die Frage der Umsetzung von Staatszielen und Staatsaufgaben
betrifft. Ich bin froh über die Feststellung, dass eine mögliche
Staatszielbestimmung, eine mögliche Staatsaufgabe nicht unbedingt und nicht
notwendiger Weise durch staatliche Organe umgesetzt und erfüllt werden muss,
sondern dass diese durchaus in anderen Formen erfolgen kann und der Staat
lediglich sich hier auf eine Gewährleistungsfunktion beschränken kann, um
sicherzustellen, dass diese Bestimmungen, diese Aufgaben auch tatsächlich
erfüllt sind.
Insgesamt
und abschließend möchte ich daher festhalten, dass ich glaube, dass dieser
erste Teilbericht, der heute im Plenum im Österreich-Konvents diskutiert wird,
ein wichtiger Schritt ist; ein wichtiger Schritt auch für die weiteren Beratungen sein wird, und Grundlage für
eine mögliche Entscheidungsfindung darstellen kann. Ich glaube, dass es noch zu
früh und noch verfrüht ist, jetzt schon über ein mögliches Scheitern des
Konvents nachzudenken. Ich glaube, wir sollten mit Optimismus in die weiteren
Beratungen gehen und dann wird es auch gelingen, eine gute Verfassung, einen
guten Verfassungsentwurf auszuarbeiten und zur Beschlussfassung zu bringen.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Am Wort ist
Frau Dr. Eva Glawischnig. Bitte, Frau Kollegin.
Dr. Eva Glawischnig: Danke, Herr
Vorsitzender! Geschätzte Mitglieder des Präsidiums! Sehr verehrte Mitglieder
des Konventes!
Zum
vorliegenden Teilberichtausschuss I, zu Beginn
möchte ich mich dem Dank anschließen an den Vorsitzenden, insbesondere auch von
der Art der Darstellung. Ich möchte aber auch allen Mitgliedern für die vielen
Stunden, die sie in diesem Ausschuss verbracht haben, vonseiten meiner Person
als Präsidiumsmitglied auch meinen Dank aussprechen. Ich möchte aber die Art
der Darstellung noch einmal hervor greifen, weil gerade von Seiten der
Zivilgesellschaft und von diesen vielen Stunden, die wir mit den Hearings
verbracht haben, sehr, sehr viele Wünsche, Anforderungen und Anregungen gerade
an den Ausschuss I heran getragen
worden sind und sie tatsächlich alle systematisch abgearbeitet worden sind.
Trotzdem,
ich kann meine Enttäuschung nicht verhehlen: Die Konsenspunkte sind trotz dieses
sehr systematisch strukturierten und sehr präzisen Vorgehens sehr, sehr gering.
Das war heute schon zu hören, ungebremste Begehrlichkeiten der so genannten
Zivilgesellschaft, ich möchte aber darauf hinweisen, dass kein einziger dieser
Punkte, dieser ungebremsten Begehrlichkeiten sich jetzt tatsächlich auch
findet.
Ich
möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass selbstverständlich die
Diskussion sehr schwer und sehr politisch war und dass heute sehr oft darauf
hingewiesen worden ist, dass es ideologische Unterschiede gebe, aber ich möchte
trotzdem die Frage stellen, wo tatsächlich ideologische Unterschiede sind, bei
der Frage Gleichstellung von Mann und Frau und wo es tatsächlich ideologische
Unterschiede gibt bei der Frage, ob man behinderte Menschen, Menschen mit
Behinderungen in der österreichischen Bundesverfassung mit einem
Gleichstellungsauftrag versehen soll. Das ist mir nicht ganz nachvollziehbar,
und ich verstehe auch die Systematik nicht ganz, wenn man sich für Staatsziele
entscheidet, das ist ja noch offen, ob es die Staatsziele geben soll oder
nicht, aber dass man nicht mit der selben Herangehensweise - wenn ja, dann diskutieren wir sie so
und alle gleich.
Also
diese etwas legeren Hinweise, dass das politisch schwierig sei, finde ich,
entschuldigt nicht und ist für mich keine Möglichkeit, also ich finde es zu
wenig, ausschließlich auf das hinzuweisen. Und damit wird auch etwas
verschleiert. Wenn man die Frage Gleichbehandlung Mann und Frau oder
Gleichstellung von Behinderten als ideologischen Unterschied abtut, dann weiß
ich nicht, wie man tatsächlich eine offene Diskussion garantieren kann für die
nächsten Stunden und für die nächste Arbeit des Ausschusses.
Ähnlich
ist es bei diesen sozialen Grundrechten. Ich glaube, es ist unbestritten, es
ist von so vielen Organisationen der Wunsch an diesen Konvent herangetragen
worden, dass man sich ernsthaft damit auseinander setzt und gerade Bekenntnis
zur Sicherung von hohen sozialen Standards oder auch die Frage von
Arbeitsqualitätsstandards, dass es nicht möglich war, hier einen Konsens zu
finden, das finde ich bedauerlich.
Ich
möchte auch offen sagen, mir ist lieber ein offenes Wort an richtiger Stelle,
als mit zu viel Schönreden oder Schönfärben, auch das, was unser Auftrag ist,
und unser Auftrag ist hier nicht eineinhalb Jahre uns miteinander zu
beschäftigen, sondern wir haben die Aufgabe, eine moderne Verfassung zu
verfassen und die nicht per se schlank sein soll, sondern die genau diesen
Bedürfnissen eines modernen, leistungsfähigen Staates, wo genau diese
Zukunftsfrage, nämlich soziale Sicherheit, Gleichstellungsfragen einen
wesentlichen Anteil irgendwie haben sollen.
Zu
dieser ganzen Optimismus-Pessimismus-Debatte. Ich hoffe, dass das niemand als
Geringschätzung meinerseits verstanden hat, auch ein offenes Wort einmal zu
sagen, aber es ist etwas, was ich von einigen Konventsmitgliedern auch hinter
vorgehaltener Hand auch oft höre, und ich hätte mir gewünscht, dass man auch
hier, in diesem Plenum, auch sehr offen darüber reden kann, dass es mittlerweile
jetzt ein halbes Jahr her ist, und dass ich mir sehr, sehr schwer vorstellen
kann, wie das am Ende sein wird, wer der große Zauberer sein wird, der diese
Gordischen Knoten, die sich hier abzeichnen und die auch sehr schnell sichtbar
geworden sind, wie wir diese auseinander schlagen sollen. Und damit schließe
ich noch einmal mit einem Appell, mit dem ich auch die erste Sitzung des
Plenums des Österreich-Konvents gestartet haben, nämlich die Bitte, daraus
heraus zu steigen aus den Vertretungen, aus den Orten, wo wir alle herkommen,
sondern wirklich eine ganz offene Diskussion zu führen, nämlich vor allem in
dem Sinne, nicht unbedingt für die Institution, die wir hier vertreten, sondern
für die Menschen, die wir in Österreich hier zu vertreten haben. Danke schön.
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz
Fischer: Danke, Frau
Doktor.
Wir
haben damit die Rednerliste erschöpft. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Damit können wir die Debatte über den vom Präsidium vorgelegten Teilbericht des
Ausschusses I abschließen. Es
haben sich 24 Damen und Herren aus dem Konvent zu Wort gemeldet. Bei aller
Unterschiedlichkeit der Standpunkte haben, glaube ich, alle jedenfalls die
Arbeit des Ausschusses gewürdigt, auch die Komplexität des Auftrages richtig
gesehen und sich herzlich bedankt. Und ich darf mich dem noch einmal
anschließen. Ich nehme an und hoffe, dass die heutigen Wortmeldungen weitere
Anregungen gebracht haben und Orientierungspunkte, die sich fruchtbar für die
Fortsetzung für die Arbeit im Ausschuss I und für den Endbericht auswirken werden.
Sie
wissen, dass wir den Bericht vom Kollegen Holzinger namens des
Ausschusses III schon erhalten haben vor wenigen Tagen, und ich habe
gerade gehört, dass der Ausschuss VII, also Dr. Matzka, seinen
Ausschussbericht heute noch oder spätestens morgen versenden wird, sodass wir
auch dieses Material, diese Unterlagen dann zur Verfügung haben.
Das
Präsidium des Konvents wird sich mit diesen weiteren Berichten von
Ausschuss III und Ausschuss VII befassen und dann die Tagesordnung
für die nächste Sitzung festlegen, der ich nicht vorgreifen will, aber ich
nehme an, der Bericht Holzinger wird auf jeden Fall dabei sein und die nächste
Sitzung des Konvents wird für die übernächste Woche, nämlich für 5. März,
in Aussicht genommen.
Ich
glaube, wir haben uns vorgenommen, als Uhrzeit 11 Uhr festzulegen, aber
auch dem möchte ich nicht vorgreifen. Es wird schriftlich eingeladen, wie es
sich gehört, damit alles seine Ordnung hat. Herr Präsident Dr. Fiedler, ist von
Ihrer Seite noch eine Mitteilung notwendig? Das ist nicht der Fall.
Dann
danke ich allen, die an dieser Sitzung teilgenommen haben und die auch gehört
haben, was zum Thema Teilnahme von manchen Konventsmitgliedern gesagt wurde,
und schließe die Sitzung.