Österreich-Konvent
10. Sitzung,
Montag, 29. März 2004
Tagesordnung
Beratung über den vom Präsidium vorgelegten
Bericht des Ausschusses 5 (Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden)
Inhalt
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 3
Dr. Peter Bußjäger................................................................................................ 3
Dr. Kurt Stürzenbecher........................................................................................ 9
Dr. Gerhart Holzinger......................................................................................... 10
Dr. Ewald Wiederin.............................................................................................. 11
Dr. Andreas Khol................................................................................................. 12
Mag. Johanna Ettl................................................................................................ 13
Albrecht Konecny................................................................................................ 15
Mag. Anna-Maria Hochhauser............................................................................ 16
Herbert Scheibner.............................................................................................. 18
Dr. Eva Glawischnig............................................................................................ 19
Dr. Johannes Schnizer....................................................................................... 21
Manfred Dörler.................................................................................................... 22
MMag. Dr. Willi Brauneder................................................................................. 23
Walter Prior.......................................................................................................... 24
DDr. Karl Lengheimer......................................................................................... 26
Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 27
DDr. Christoph Grabenwarter........................................................................... 29
Mag. Werner Wutscher....................................................................................... 30
Dr. Josef Pühringer............................................................................................. 31
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich bitte, die Plätze einzunehmen.
Ich
begrüße alle erschienenen Mitglieder des Konvents und darf die heutige Sitzung
des Konvents für eröffnet erklären.
Wir
haben heute einen TAGESORDNUNGSPUNKT,
und zwar den Bericht des Ausschusses 5
betreffend die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.
Wie in
vergleichbaren Fällen wird uns auch heute der Vorsitzende des Ausschusses 5, Herr Landtagsdirektor Dr. Bußjäger, eine Einführung in den
Bericht in der Dauer von 15 Minuten liefern, und im Anschluss daran
besteht für die Mitglieder des Konvents die dMöglichkeit, sich zu Wort zu
melden - wobei ich in diesem Zusammenhang auf die traditionelle 5-minütige
Redezeitbeschränkung verweisen darf.
Ich
darf zu Beginn der Sitzung, wie erwähnt, Herrn Landtagsdirektor Bußjäger
nunmehr das Wort erteilen und Sie ersuchen, uns eine Einführung zum Bericht zu
geben. - Bitte, Herr Landtagsdirektor.
Dr. Peter Bußjäger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich nehme die Gelegenheit gerne wahr, entsprechend der mittlerweile
eingeführten Übung den Bericht des Ausschusses 5 kurz darzustellen.
Der
Österreich-Konvent hat dem Ausschuss 5
ein Mandat zugewiesen, dessen Auftrag generell wie folgt umschrieben war:
Schaffung eines klaren, nach abgerundeten Leistungs- und
Verantwortungsbereichen gegliederten Kataloges von Gesetzgebungskompetenzen
unter Berücksichtigung der Rechtslage der Europäischen Union.
Der
Ausschuss hat insgesamt zehn Sitzungen abgehalten, seine Mitglieder haben sich
mit zahlreichen Vorschlägen zu Wort gemeldet - wir haben uns entschlossen, die
eingebrachten Positionspapiere in den Ausschussbericht aufzunehmen.
Es ist
an dieser Stelle auch der Ort, mich bei allen Mitwirkenden im Ausschuss - das
sind die Ausschussmitglieder beziehungsweise deren Vertreter - für die
engagierte, stets aber sachlich gebliebene Mitarbeit zu bedanken. Mein
besonderer Dank gilt jedoch der fachlichen Ausschussbetreuerin, Frau Dr.
Claudia Korneder-Partisch, für ihre schlechthin unentbehrliche fachliche
Unterstützung. Ich möchte es auch nicht verabsäumen, mich bei ihrer
Vertreterin, Frau Mag. Caesar, ebenfalls zu bedanken, und vor allem auch bei
Frau Monika Siller für die gewissenhafte Erledigung der Sekretariatsaufgaben.
Zu den
Punkten A bis C des Mandats - Fragen der bundesstaatlichen Differenzierung,
Analyse der bestehenden Kompetenzverteilung, Kriterien für eine neue Zuordnung
von Aufgaben:
Der
Ausschuss behandelte die Punkte A bis C des Mandates in seinen ersten, beiden
Sitzungen. Die Beratung erfolgte auf der Basis eines Vortrages des externen
Experten, Professor Weber, zum Thema Sinn und Zweck bundesstaatlicher
Differenzierung in der Gesetzgebung beziehungsweise einer homogenen
Gesetzgebung und eines Grundsatzreferates des Ausschussmitgliedes, Professor
Funk, zur bestehenden Kompetenzverteilung.
Die
Überlegungen des Ausschusses zu diesen Punkten des Mandats sind in die
umfassenden Ausführungen des Berichtes zu den Punkten D bis F des Mandates
eingeflossen.
Nun zu
den Punkten D und E des Mandats. Überlegungen zu neuen
Rechtsetzungsinstrumenten, Verteilung der Gesetzgebungsaufgaben zwischen Bund
und Ländern:
Nun
zunächst zur Strukturierung und Formulierung der Kompetenz-Tatbestände.
Ausgehend von der Tatsache, dass die bestehende Kompetenzverteilung der
Bundesverfassung bekanntermaßen in einem besonders hohem Maße zersplittert und
unübersichtlich ist, gelangte der Ausschuss einvernehmlich zur Ansicht, dass in
einem neuen System die Anzahl der Kompetenztypen reduziert werden soll, eine
Flexibilisierung der Kompetenzverteilung anzustreben ist, die
Kompetenzverteilung und Abgrenzung insgesamt einfacher werden sollte und die
Rechtsetzung der Europäischen Union mit zu berücksichtigen ist.
Der
Ausschuss sprach sich überwiegend für die Formulierung großer, abgerundeter
Kompetenzfelder aus. Die Kleinteiligkeit der Kompetenzzuweisungen soll
aufgelöst werden. Es wurde aber auch zu bedenken gegeben, dass das neue
Kompetenzsystem so gestaltet sein muss, dass es nicht zu einer systematischen
Einschränkung der Gesetzgebungskompetenzen der Länder führt.
Intensiv
wurde im Ausschuss beraten, ob es, neben exklusiven Zuständigkeiten des Bundes
und der Länder, auch einen dritten Bereich, so genannter geteilter
beziehungsweise gemeinschaftlicher Zuständigkeiten geben soll, in dem sowohl
der Bund als auch die Länder, nach Maßgabe noch zu formulierenden Kriterien,
rechtsetzend tätig werden könnten. Solche gemeinschaftlichen Zuständigkeiten
gibt es nicht nur bereits ansatzweise im bestehenden System, sondern auch viele
andere dezentralisierte Systeme kennen solche Kompetenztypen.
Ein
vollständiges Einvernehmen über die Sinnhaftigkeit einer solchen dritten Säule
der Gesetzgebung, wurde nicht erzielt. Insbesondere blieb der mögliche Umfang
dieses Bereiches offen, aber auch schlechthin wurde diesem Drei-Säulen-Modell
von verschiedenen Ausschussmitgliedern das Konzept einer gemeinsamen
Gesetzgebung der Länder entgegen gesetzt. Nach diesem Modell sollte es einen
Bereich von Gesetzgebungszuständigkeiten geben, in dem die Länder über einen so
genannten Ausschuss-Landtag, eine gemeinsame, einheitliche Landesgesetzgebung
ausüben sollten. Dieser Ausschuss-Landtag wäre auch als Alternative zum
Bundesrat gedacht.
Bei
der Kompetenzinterpretation sprachen sich die Ausschussmitglieder vielfach für
eine stärkere Berücksichtigung des Sachzusammenhanges aus. Die
Interpretationsmethoden als solche, die bestehenden, vor allem also auch die
historische Auslegung, sollen aber nicht in Frage gestellt werden.
Grundsätzliche
Bemerkung zur Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten:
Hinsichtlich
der Zuordnung von Kompetenzen zu Bund und Ländern, oder auch zu einem dritten
Bereich - mit geteilter Gesetzgebungszuständigkeit - konnte im Ausschuss kein
Einvernehmen erzielt werden. Die Bandbreite der Meinungen divergierte
beträchtlich.
Die
verschiedenen, von den Ausschussmitgliedern bezogenen Positionen sind aus dem
besonderen Teil des Berichtes ersichtlich. Dort ist auch eine vom
Ausschussvorsitzenden verfasste, synoptische Darstellung enthalten, auf die ich
hier ausdrücklich verweise.
Wir
haben die Frage diskutiert, ob es möglich sein soll, von einer einheitlichen
bundesgesetzlichen Regelung abweichende Landesgesetze zu erlassen. Das nennt
man eine so genannte Opting-Out-Gesetzgebung.
Der
Ausschuss sprach sich überwiegend kritisch zu diesem in anderen Ländern, vor
allem in Deutschland, diskutierten Vorschlag aus. Statt einer solchen
Opting-Out-Regelung wurde angeregt, die Möglichkeit zur Delegation von
Gesetzgebungskompetenzen an die Länder auszuweiten und die bestehende Regelung
des Artikels 10 Abs. 2 B-VG für den gesamten Bereich der ausschließlichen Bundeskompetenzen
zu verallgemeinern.
Überwiegend
wurde die Meinung vertreten, dass dem Bund, im Bereich der ausschließlichen
Zuständigkeiten der Länder, seinerseits keine Möglichkeit zukommen soll,
abweichende oder ergänzende Regelungen zu schaffen. Im Bereich der
gemeinschaftlichen Zuständigkeiten wurde angedacht, dass hier die Länder
gesetzgeberisch tätig werden sollten, so lange und so weit der Bund keine
gesetzlichen Regelungen aufstellt.
Bei
der Form der Rechtsetzung, auch bei der Frage, ob es eine Ziel- und
Rahmengesetzgebung geben soll, wurden folgende Meinungen vertreten:
Der
Ausschuss vertrat einhellig die Auffassung, dass die Bundesgesetze im dritten
Bereich eine Materie abschließend regeln können, dass sie sich aber auch auf
die Regelung bloß von Zielen und Rahmen beschränken können. Die Regelungsdichte
des Bundesgesetzes sollte vom Bedarf nach Einheitlichkeit abhängen. Einige
Mitglieder unterstützten jedoch den Vorschlag des Ausschussvorsitzenden, wonach
der Bundesgesetzgeber - in bestimmten Materien und unter bestimmten
Voraussetzungen - auf eine Vorgabe
von bloßen Zielen oder Rahmenvorschriften beschränkt werden soll. Andere
Mitglieder äußerten sich wieder grundsätzlich skeptisch zu einem solchen Modell
und verwiesen auf die Untauglichkeit der bestehenden Grundsatzgesetzgebung.
Zu den
Kriterien für die Inanspruchnahme der Kompetenz im dritten Bereich: Es wurde
diskutiert, ob die Kompetenzausübung nach objektiven Kriterien oder nach
subjektivem Bedarf erfolgen soll. Darüber hinaus wurde erwogen, einen
prozeduralen Kooperationsmechanismus zwischen Bund und Ländern vorzusehen.
Überwiegend
vertrat der Ausschuss die Ansicht, dass objektive Kriterien als Orientierung
und Leitlinie für die Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund sinnvoll
sind. Andere Ausschussmitglieder lehnten allerdings objektive Kriterien
grundsätzlich ab, da diese die Kompetenzzuordnung letztlich auf den
Verfassungsgerichtshof verschieben würden.
Es
wurde in dem Zusammenhang, auch was der prozeduralen Mechanismus betrifft, ein
Verhandlungsverfahren andiskutiert. Der Ausschuss vertrat dazu überwiegend die
Auffassung, dass die Inanspruchnahme der Kompetenz im dritten Bereich
Gegenstand eines solchen Verhandlungsverfahrens, also eines politischen
Verfahrens, sein soll.
Es
wurde überwiegend die Auffassung vertreten, dass im Verhandlungsverfahren ein
reformierter Bundesrat, das heißt, ein Bundesrat, der als Vertretungsorgan der
Länder eingerichtet ist, als Verhandlungspartner des Bundes auftreten soll.
Ein
generelles Zustimmungsrecht des Bundesrates im dritten Bereich, in der
mittleren Säule, wurde ebenso überwiegend abgelehnt, wie eine direkte
Beteiligung der Länder selbst. Teilweise wurde auch vorgeschlagen, dass die
Wahrnehmung der Zuständigkeit als subjektive Bedarfsgesetzgebung des Bundes
ausgestaltet werden sollte, wobei der Bundesrat festzustellen hätte, ob und
inwieweit ein einheitliches Regelungsbedürfnis gegeben ist, ob und inwieweit
ein Kompetenzübergang vom Land auf den Bund erfolgen sollte.
Überwiegend
wurde die Auffassung vertreten, dass eine explizite Regelung zur Konfliktlösung
bei Bundes- und Landesregelungen, etwa im Sinne des Grundsatzes Bundesrecht
bricht Landesrecht, entbehrlich ist. Es wurde davon ausgegangen überwiegend, dass
die allgemeine Derogationsregeln zur Lösung dieser Konflikte ausreichen würden.
Zur
Privatwirtschaftsverwaltung:
Im
Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung soll transkompetentes Handeln weiterhin
zulässig sein, also grundsätzlich keine Bindung an Kompetenzschranken bestehen.
Umsetzung
von Gemeinschaftsrecht:
Nach
überwiegender Meinung der Ausschussmitglieder erscheint es nicht sinnvoll, die Umsetzung von EU-Recht
ausschließlich dem Bund zu übertragen. Vielmehr sollen Bund und Länder
weiterhin in ihrem Kompetenzbereich grundsätzlich für die Umsetzung zuständig
sein. Bestehende Probleme in der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht könnten durch
die neue Kompetenzverteilung und allfällige, neue Auslegungsmaximen entschärft
werden. Man denke in dem Zusammenhang an ohnehin nur splitterhaft vorhandene
Zuständigkeiten der Länder zur Umsetzung von EU-Recht im Bereich des
Datenschutzrechtes oder des IPPC-Rechtes.
Der
Ausschuss vertritt überwiegend die Meinung, dass die Devolution im Sinne des
bisherigen Artikels 23 d Abs. 5 B-VG an den Bund bereits mit Ablauf der
Umsetzungsfrist erfolgen sollte. Dem steht gegenüber, dass es auch
Streitigkeiten darüber geben kann, ob überhaupt eine Umsetzungsverpflichtung
besteht und dass es dem Bund nicht möglich sein sollte, ein Land bei der
Beurteilung der Frage, ob eine solche besteht, zu präjudizieren.
Vereinbarungen
gemäß Artikel 15a B-VG:
Es
wurde vorgeschlagen, solche Vereinbarungen unmittelbar anwendbar zu machen, da
damit der Aufwand der Transformation weg fiele. In diesem Fall müsste
allerdings die Möglichkeit einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle vorgesehen
werden. Weiters wäre die Möglichkeit einer frühzeitigen Einbindung der
parlamentarischen Organe zu diskutieren. Insgesamt äußerten sich die
Ausschussmitglieder allerdings überwiegend kritisch zum Instrument der
Vereinbarungen gemäß Artikel 15 a B-VG.
Kompetenzvereinbarungen:
Es
wurde auch diskutiert, Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern in
einem bestimmten Rahmen und unter Wahrung der Steuerungsfunktion der Verfassung
auch ohne Verfassungsänderung zuzulassen. Einige Mitglieder hielten die
Möglichkeit, in Randbereichen solche Kompetenzen zu verschieben beziehungsweise
Abgrenzungen festzulegen, für sinnvoll. Betont wird allerdings, dass
Kompetenzvereinbarungen jedenfalls nur unter Einbindung der Parlamente erfolgen
können. Die Mehrzahl der Ausschussmitglieder äußerte sich allerdings skeptisch
gegenüber diesem Modell.
Mitwirkung
der Länder an der Bundesgesetzgebung:
Es
bestand Einigkeit, dass eine möglichst frühzeitige Einbindung der Länder in den
Gesetzgebungsprozess des Bundes sinnvoll ist. Der Ausschuss sprach sich
überwiegend für die verfassungsmäßige Verankerung wechselseitiger
Informationspflichten über Gesetzgebungsvorhaben zwischen Bund und Ländern aus.
Es wurde auch erwogen, die wesentlichen Inhalte des Konsultationsmechanismus in
die Verfassung zu integrieren. Sanktion der Nichteinhaltung des Verfahrens nach
dem Konsultationsmechanismus sollte weiterhin allerdings ausschließlich die
beim Verfassungsgerichtshof einklagbare Kostenersatzpflicht durch die
rechtsetzende Gebietskörperschaft sein.
Konzeption
des Bundesrates:
Viele
Ausschussmitglieder sprachen sich für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung
aus, nach der die Landtage hinsichtlich der Entsendung von Abgeordneten in den
Bundesrat im Rahmen der Artikel 34 und 35 B-VG frei sind. Eine Direktwahl des
Bundesrates wird mehrheitlich abgelehnt. Diskutiert wurde auch, ob die
Mitglieder des Bundesrates in ihrem Stimmverhalten an Vorgaben des entsendenden
Landes gebunden sein sollten. Ein allgemein gebundenes Mandat wurde vom
Ausschuss abgelehnt. Ein Teil der Ausschussmitglieder erachtete jedoch ein
gebundenes Mandat in Angelegenheiten des Zuständigkeitsbereiches der Länder,
die einer bundesgesetzlichen Regelung zugeführt werden, für sinnvoll, weil
dadurch die Bundesräte zu direkten Beauftragten der Landtage würden. Ein
anderer Teil der Ausschussmitglieder sprach sich jedoch dezidiert gegen jede
Form eines gebundenen Mandates aus.
Einspruchsrecht
des Bundesrates:
Weitgehende
Einigkeit besteht, dass der Bundesrat zu einem früheren Zeitpunkt, als es
derzeit der Fall ist, in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden soll. Dies
könnte durch Erstattung einer Stellungnahme oder durch Vorlage eines konkreten
Abänderungsantrages erfolgen.
Möglichkeit
von Teileinsprüchen:
Es
besteht weitgehend Einigkeit, dass es dem Bundesrat nicht möglich sein soll,
mit Teileinsprüchen einen integrierten Bestandteil eines Gesetzes
herauszulösen. Verschiedentlich wird jedoch die Auffassung vertreten, dass
Teileinsprüche dann möglich sein sollen, wenn der Gesetzgeber verschiedene,
nicht zusammengehörige Materien in einem so genannten Sammelgesetz
zusammenfasst und dass in diesen Fällen jede Einheit für sich beeinspruchbar
sein sollte.
Beharrungsbeschluss
im Nationalrat:
Der
Ausschuss vertrat mehrheitlich die Auffassung, dass der Beharrungsbeschluss im
Nationalrat wie bisher mit einfacher Stimmenmehrheit erfolgen soll.
Weiters
wurde vorgeschlagen, die Möglichkeit eines vereinfachten Erledigungsverfahrens,
wenn es keine Probleme in der Sache gibt, zu schaffen.
Zustimmungsrechte
des Bundesrates:
Es
besteht Konsens, dass dem Bundesrat in den Angelegenheiten des bisherigen
Artikels 44 Abs. 2 B-VG, also bei Einschränkung von Länderkompetenzen,
weiterhin ein Zustimmungsrecht zukommen soll. Das erhöhte Zustimmungsquorum
sollte beibehalten werden. Verschiedentlich wurde dazu auch angeregt, dem
Bundesrat generell ein Zustimmungsrecht zu Verfassungsgesetzen einzuräumen.
Verschiedene Ausschussmitglieder vertraten auch die Ansicht, dem Bundesrat ein
Zustimmungsrecht auch für Gesetze einzuräumen, deren Vollziehung den Ländern
erhebliche Kosten verursacht. Andere wiederum sprachen sich jedoch dezidiert
dagegen aus, und erachteten das Instrumentarium des Konsultationsmechanismus
für geeigneter, dieses Problem zu lösen. Ein Teil der Ausschussmitglieder
spricht sich für ein Zustimmungsrecht des Bundesrates bei Inanspruchnahme der
Regelungskompetenz des Bundes in der dritten Säule aus.
Mitwirkung
des Bundes an der Landesgesetzgebung:
Der
Ausschuss war der Ansicht, dass das Verfahren gemäß Artikel 98 B-VG in der
Praxis keine wesentliche Rolle spielt und daher entbehrlich ist. Eine
Information des Bundes über Gesetzesvorhaben der Länder soll im Rahmen einer
wechselseitigen Informationspflicht zwischen Bund und Ländern stattfinden.
Konsens bestand, dass eine Inanspruchnahme von Bundesorganen gemäß Artikel 97
Abs. 2 B-VG weiterhin der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen soll.
Teilnahme
der Länder an der Europäischen Union:
Der
Ausschuss vertrat die Ansicht, dass hinsichtlich des Artikel 23e B-VG, sieht
man von Abs. 5 über die Umsetzungsverpflichtung ab, derzeit kein
Änderungsbedarf gegeben ist. Es ist allerdings zu beachten, dass in der europäischen
Verfassung ein Subsidiaritätsmechanismus mit einer Mitwirkung der nationalen
Parlamente an der EU-Gesetzgebung und der Möglichkeit einer Klageerhebung
vorgesehen ist. Diesbezüglich könnte sich hier noch ein Änderungsbedarf
ergeben.
Länderstaatsverträge:
Der
Ausschuss vertrat die Auffassung, dass angesichts der außenpolitischen
Bedeutung von Länderstaatsverträgen eine Pflicht zur Unterrichtung der
Bundesregierung und ein Einspruchsrecht der Bundesregierung angemessen sind.
Konsens bestand, dass die Einbeziehung des Bundespräsidenten des Verfahrens
nach Artikel 16 B-VG entbehrlich ist.
Ich
komme zur abschließenden Bewertung:
Die
vorangegangenen Darstellungen sollten in geraffter Weise die Ergebnisse der
Ausschussberatungen wiedergeben. Sehr groß waren die Meinungsunterschiede zur
Fragen der Dritten Säule. Kern der Idee einer Dritten Säule ist die Überlegung,
dass es Regelungsmaterien gibt, in welchen einheitliche Ziele und Standards,
für die die Bundesgesetzgebung zu sorgen hätte, sinnvoll sind, auf der anderen
Seite aber auch Gestaltungsspielräume der Länder vorhanden sein sollen. Das
Funktionieren eines solchen Systems ist dabei wesentlich auch eine Frage der
Beteiligung der Länder an der harmonisierenden Gesetzgebung des Bundes. Die
Sinnhaftigkeit einer solchen Ländermitwirkung wurde auch nicht in Frage
gestellt. Wie sie aber realisiert werden soll, darüber konnte kein Konsens
erzielt werden.
Ländermitwirkung
und Dritte Säule sind ja in einem hohen Grad miteinander vernetzt. Eine breite
Dritte Säule schmälert logischerweise die exklusiven Kompetenzen von Bund und
Ländern. Sie schafft deutlich größere Flexibilität für den einfachen
Gesetzgeber, führt aber auch zu größerer Komplexität des
Gesetzgebungsverfahrens, wenn es tatsächlich zu einer stärkeren Ländermitwirkung
kommen soll. Anderenfalls läuft die Dritte Säule auf eine Kompetenzkompetenz
des einfachen Bundesgesetzgebers hinaus, bei der fraglich ist, ob sie aus Sicht
der Länder akzeptabel sein wird. Die Alternative dazu ist, wie von
verschiedenen Ausschussmitgliedern vertreten, eine vergleichsweise schmale oder
gar keine Dritte Säule.
Insgesamt
hat die Ausschussarbeit die Bandbreite der Regelungsalternativen für eine
bundesstaatliche Kompetenzverteilung aufgezeigt. Sie hat Ansätze für
Neukonzeptionen erarbeitet, die nun im weiteren Prozess des Konvents einer
entsprechenden Wertung und Prüfung zu unterziehen sind. - Ich danke für die
Aufmerksamkeit.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Ihnen, Herr Landtagsdirektor, nicht nur für die jetzige
Präsentation, sondern natürlich in erster Linie für die Vorsitzführung im
Ausschuss. Mein Dank gilt in gleicher Weise den übrigen Mitgliedern des
Ausschusses 5 und auch der
Betreuung durch das Büro des Konvents. Besten Dank! Ich darf Sie, Herr
Landtagsdirektor, ersuchen, auch an die Mitglieder des Ausschusses, die derzeit
nicht im Konvent anwesend sind, diesen Dank weiterleiten zu wollen.
Wir
gelangen nunmehr zur Diskussion über den Bericht des Ausschusses 5. Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Dr. Stürzenbecher. - Bitte sehr
Dr. Kurt Stürzenbecher: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Dem
Ausschuss 5 und dessen Vorsitzenden
ist mit dem Auftrag, eine neue Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern
auszuarbeiten, wahrlich keine leichte Aufgabe gestellt worden. Deshalb ist es
nicht verwunderlich, dass es bei einer Vielzahl der behandelten Punkte noch
keinen Konsens gibt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl auch kaum geben kann.
Dennoch, und das hat man auch aus dem Bericht des Herrn Vorsitzenden entnehmen
können, wurden Grundlagen dafür geschaffen, dass im weiteren Prozess des
Konvents bei gutem Willen der Beteiligten Lösungen gefunden werden können, die
einen echten Fortschritt gegenüber der geltenden Kompetenzaufteilung
darstellen. Einige Voraussetzung dafür, die auch wichtige Diskussionsprozesse
im Ausschuss widerspiegeln, möchte ich kurz darlegen.
Das
bundesstaatliche Prinzip wurde ja vom Mandatsauftrag vorausgesetzt, also von
niemandem in Frage gestellt. Im Ausschuss war nach meinem Dafürhalten
bedeutsam, dass insbesondere von Univ.-Prof. Dr. Weber wissenschaftlich belegt
wurde, dass ein föderalistisches System bei den Effizienz- und Kostenaspekten
durchaus gute Noten aufweist, jedenfalls keine Schlechteren als Modelle der
zentralstaatlichen unitarischen Aufgabenbesorgung. Der Bundesstaat ist also
nicht teurer als ein zentralistischer Staat. Es geht darum, wie klug man ihn
organisiert. Sicher braucht ein moderner Bundesstaat aber auch eine gewisse
Homogenität, und die Autonomie der Länder soll diese Homogenität nicht in Frage
stellen.
In
diesem Zusammenhang passt sehr gut eine Feststellung, die der Wiener
Bürgermeister Dr. Häupl als Vertreter des Städtebundes am 30. Juni 2003 hier im
Österreich-Konvent getroffen hat. Häupl verwies darauf, dass das
Subsidiaritätsprinzip nicht nur für die Europäische Union, sondern auch für
Österreich gilt.
Ich
zitiere: “Wenn man an neue Aufgabenverteilungen denke, so haben wir das vor dem
Hintergrund der Erfüllung des Subsidiaritätsprinzips zu machen. Aufgaben sind
dorthin zu stellen, wo sie am effizientesten für den Bürger auch zu lösen sind.
Es geht also nicht um Machtverteilung, sondern um Arbeitsverteilung, um
effiziente Arbeitsverteilung im Hinblick auf die Service-Leistungen, die die
Verwaltung zu erbringen hat.“ Zitatende.
Wichtig
ist natürlich auch, dass für die Lösung der Aufgaben die nötigen Finanzmittel
vorhanden sein müssen. Vor diesem Hintergrund sind die vielen Punkte und
Probleme zu sehen, die im Ausschuss 5
lange und durchaus sachlich diskutiert wurden. Es soll also - wie wir gehört
haben, und was durchaus sinnvoll ist - die Anzahl der Kompetenztypen deutlich
reduziert werden, größere Kompetenzfelder geschaffen und damit sachgerechte
Interpretationen gefördert werden. Das so genannte Versteinerungsprinzip soll
deutlich in seiner Bedeutung reduziert werden.
In
diesem Zusammenhang wurde lange über das Drei-Säulen-Modell gesprochen und ich
kann durchaus sagen, dass am Anfang - so wie das Modell im Ausschuss
präsentiert wurde - auch beim Land Wien eine gewisse Skepsis zu diesem Modell
gegeben war. Es wurde aber dann von Seiten des Landes Wien durch Stadträtin
Mag. Renate Brauner ein Modell präsentiert, dass im Ausschuss im Prinzip
positiv aufgenommen wurde. Demnach sollte es bei der Dritten Säule eine
sinnvolle Form der Bedarfsgesetzgebung geben. Grundsätzlich sollten die Länder
für die Regelung der Materien in diesem dritten Bereich zuständig sein, jedoch
könnte ein grundlegend neu konstruierter Bundesrat einen
Gesetzesregelungsbedarf des Bundes feststellen und damit einen
Kompetenzübergang bewirken. Dieses Modell würde gewährleisten, dass es zu
keiner unnötigen Einschränkung der Gesetzgebungskompetenz der Länder käme,
umgekehrt aber bei tatsächlichem Bedarf im Interesse des Staatsganzen eine
Bundeskompetenz wahrgenommen werden kann. So gesehen, ist das von der SPÖ
entwickelte Drei-Säulen-Modell ein innovatives und durchaus zukunftsweisendes.
Formen der Rahmengesetzgebung oder der Grundsatzgesetzgebung scheinen aber in
diesem Zusammenhang als nicht sinnvoll.
Zum
Bundesrat: Nicht abschaffen, sondern sinnvoll neu gestalten ist die Devise und
eben frühere Einbindung, wie wir schon vorher vom Vorsitzenden gehört haben.
Nicht zielführend erscheint mir eine gemeinsame Gesetzgebung der Länder in
einem so genannten Ausschusslandtag. Wichtig hingegen erscheint die Aufwertung
und Verbesserung des Konsultationsmechanismus. Es sollte dieser in die
Bundesverfassung integriert und rechtzeitig wechselseitige
Informationspflichten festgelegt werden, insbesondere was die finanziellen
Auswirkungen betrifft. Aber, gerade was den Konsultationsmechanismus anlangt,
wird noch Detailarbeit im weiteren Prozess der Konventsarbeit notwendig sein.
Abschließend:
Die Erarbeitung neuer Grundlagen für einen modernen Bundesstaat in der
Europäischen Union ist eine anspruchsvolle und schwierige Aufgabe. Ein positiver
Abschluss wird aber für die Bürgerinnen und Bürger wirklich etwas bringen: Eine
effiziente und kostenbewusste Kompetenzgestaltung, Bürgernähe und eine
Vertiefung der Demokratie und damit einen Ausbau des Vertrauens der Bürger in
die von ihnen gewählten Organe. Danke schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Abgeordneter.
Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Prof. Dr. Holzinger. - Bitte sehr!
Dr. Gerhart Holzinger: Herr
Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die
Neuordnung der Kompetenzverteilung ist ein besonders umstrittenes Thema der
Verfassungsreform. Daher kann es auch nicht überraschen, dass sowohl in den
Vorberatungen des dafür eingerichteten Ausschusses, als auch im letztlich
vorgelegten Bericht deutlich geworden ist, wie kontroversiell die Meinungen im
Ausschuss zu diesem Thema waren. Mit Blick auf die weitere Vorgangsweise hier
in diesem Konvent scheint es mir zweckmäßig, nochmals in Erinnerung zu rufen,
was die wesentlichen Grundanliegen einer Reform der Kompetenzverteilung sein
sollten.
Ich
möchte drei Punkte ansprechen. Die eigenständige Gesetzgebungskompetenz der
Länder ist ein Wesensmerkmal des Bundesstaates. Wenn man daher - und das ist
eine Grundlage dieses Konvents - am bundesstaatlichen Prinzip festhält, dann
bejaht man damit auch die eigenständige Gesetzgebungskompetenz der Länder.
Unter dieser Voraussetzung wäre es aber inkonsequent, die Länder dabei auf bloß
wenige staats- und gesellschaftspolitisch marginale Bereiche zu beschränken.
Das muss letztlich zu ineffizienten Lösungen führen, und zwar zu ineffizienten
Lösungen, welche die gesamte staatliche Organisation betreffen. Vielmehr kann
die Konsequenz aus dem grundsätzlichen Bekenntnis zum Bundesstaat nur in einer
ausgewogenen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bestehen und das
bedeutet, dass die Gesetzgebungskompetenzen der Länder gegenüber dem Status quo
zu stärken sind.
Zum
Zweiten: Eines der Hauptprobleme der geltenden Kompetenzverteilung besteht
darin, dass sie in vielerlei Hinsicht auf bloße Aufgabenfragmente abstellt und
nicht auf sinnvoll abgerundete Aufgabenbereiche. Vordergründig hängt das unter
anderem auch damit zusammen, dass der geltende Kompetenzkatalog terminologisch
in vielem noch immer an der Kompetenzordnung der Ministerien in der Monarchie
orientiert ist. Ein Hauptanliegen einer Zuständigkeitsreform auf dem Gebiet der
Gesetzgebung muss es daher sein, diese Kleinteiligkeit zu überwinden und zu
größeren, sinnvoll abgerundeten Aufgabenzusweisungen zu gelangen. Dabei wird
man, realistisch betrachtet - und Kompetenzfragen sind nun einmal in besonderem
Maße Machtfragen -, nur so vorgehen können, dass man vom geltenden
Kompetenzbestand ausgeht, und versucht, durch Arrondierung und Bereinigung
größere Aufgaben- und Kompetenzbereiche zu schaffen.
Und
zum Dritten: Ein weiteres gravierendes Manko der geltenden Kompetenzverteilung
ist ihre Typenvielfalt. Daher sollte man sich - ohne Ausnahmen zuzulassen - mit
drei Typen begnügen, nämlich die drei Typen einer ausschließlichen
Bundeskompetenz, einer ausschließlichen Landeskompetenz und eines Bereiches der
zwischen Bund und Ländern geteilten Gesetzgebungskompetenz. Meines Erachtens
wird man mit einem solchen dritten Bereich, um einen solchen dritten Bereich,
nicht herumkommen. Sowohl der Vergleich mit den Kompetenzordnungen anderer
Bundesstaaten als auch die geltende österreichische Verfassungsrechtslage
zeigen, dass es einen verfassungspolitischen Bedarf nach einem solchen
Kompetenztypus gibt. Im Rahmen einer derart zwischen Bund und Ländern geteilten
Gesetzgebungskompetenz kommt aber einer wirksamen Mitwirkung der Länder an der
Bundesgesetzgebung besondere Bedeutung zu. Das unterstreicht einmal mehr die
Wichtigkeit einer Reform des Bundesrates, jedenfalls seiner Befugnisse,
allenfalls aber auch seiner Organisation. Ich darf in diesem Zusammenhang daran
erinnern, dass der Ausschuss 3 des Konvents in seinem Bericht in Aussicht
gestellt hat, sich mit den Fragen der Reform des Bundesrates hinsichtlich
seiner Aufgaben und seiner Organisation nochmals zu beschäftigen, nachdem der
Bericht des Ausschusses 5 vorliegt, was
nunmehr der Fall ist. Danke sehr.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor.
Als
Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Prof. Dr. Wiederin. - Bitte sehr.
Dr. Ewald Wiederin: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Als
Mitglied des Ausschusses kann ich bestätigen, dass es harte Arbeit war. Und
doch sind die Resultate dürftig. Man darf das nicht schönreden: Wir stehen
nahezu mit leeren Händen da. Wir waren mit der Makroebene, mit Strukturfragen
beschäftigt, und ich bin auch im Rückblick noch der Überzeugung, dass es
sinnvoll war, sich zunächst auf diese Ebene zu konzentrieren. Aber dennoch:
Konsens haben wir nur über Details erzielt, und wir haben die eigentlich
prekäre Frage - wie verteilen sich die konkreten Angelegenheiten auf Bund und
Länder? - nur fallweise andiskutiert. Das Einzige, was der Ausschuss vorweisen
kann, ist eine mehr oder weniger gelungene Einigung auf ein grundsätzliches
Modell, das Drei-Säulen-Modell.
Aber
dieser Konsens ist weniger solide, als es den Anschein hat. Manche Leute
stellen sich die dritte Säule als ein sehr enges Kompetenzband vor, andere, die
für mehr Flexibilität in der Kompetenzverteilung plädieren, konzipieren sie
hingegen sehr weit. Eine Gruppe will die Inanspruchnahme dieser Bedarfskompetenz
an objektive Kriterien binden, deren Einhaltung vom Verfassungsgerichtshof
nachgeprüft werden kann, während eine zweite Gruppe dafür plädiert,
Auffassungsunterschiede primär politisch auszutragen. Über diese Gräben hinweg
wird eine Einigung sehr, sehr schwierig werden. Das muss man wohl realistisch
sehen und pragmatisch angehen.
Was
die Breite der dritten Säule angeht, wird man bei jenen Angelegenheiten
ansetzen müssen, die derzeit in den Artikeln 11 und 12 B-VG genannt sind. Auf
diese Weise könnte man rund um das Energiewesen, die Krankenanstalten und Teile
des Wohnwesens einen Katalog erstellen und schrittweise versuchen, über die
Zuordnung weiterer Angelegenheiten Konsens zu erzielen.
Bei
der Streitfrage „subjektiver oder objektiver Bedarf“ könnte ein Kompromiss in
die Richtung gehen, dass zwar die Inanspruchnahme der Kompetenz an objektive
Kriterien gebunden wird, die grundsätzlich justiziabel ausgestaltet sind, oder
mit anderen Worten, über deren Einhaltung der Verfassungsgerichtshof zu wachen
hätte, dass aber die Möglichkeit der Geltendmachung der Bedarfsfrage auf
privilegierte Kläger beschränkt wird. Das würde bedeuten, dass der Weg zum
Verfassungsgerichtshof nur vor der Gesetzeskundmachung und nur den Partnern im
föderativen Verbund - hier also, nachdem es um die Inanspruchnahme der
Kompetenz durch den Bund geht, den Ländern - eröffnet wäre.
Ungeachtet
dieser möglichen Kompromisse: Im Moment sind wir an einem toten Punkt
angelangt. Wenn es weitergehen soll und damit es sinnvoll weitergehen kann,
sind wir auf eine politische Einigung im Präsidium angewiesen. Für die nächste
Runde braucht der Ausschuss Vorgaben mit auf den Weg, die meiner Einschätzung
nach insbesondere drei Punkte betreffen müssen. Zunächst einmal die Frage der
Struktur: Soll man das Dreisäulenmodell weiter verfolgen, und wie soll konkret
das Verfahren in der dritten Säule ausgestaltet sein? Sodann der Bundesrat: Wie
soll er zusammengesetzt sein? Und ein dritter, mir wichtig erscheinender Punkt
betrifft den Vollzug. Ich habe es von Anfang an bedauert, dass im
Kompetenzausschuss nur die Gesetzgebungszuständigkeiten zur Diskussion standen.
Mit dieser im Ausschussmandat vorgenommenen Weichenstellung waren wir von der
Verwaltungsebene völlig losgelöst.
Rückblickend
kann man sicherlich mit einem gewissen Recht sagen, dass das auch sein Gutes
hatte, weil der Ausschuss schon mit den Gesetzgebungskompetenzen überfordert
war. Andererseits haben wir uns im Ausschuss nicht selten im Kreis gedreht,
weil mögliche Kompensationen von Einbußen auf der Gesetzgebungsebene durch
Zugewinne auf der Vollzugsebene nicht diskutierbar waren und weil immer wieder
die Frage auftauchte, ob es die mittelbare Bundesverwaltung künftig noch gibt
oder nicht mehr gibt. Ich glaube, dass wir für die nächste Runde unbedingt
Vorgaben beziehungsweise politische Einigungen darüber brauchen, ob es
mittelbare Verwaltungen geben soll und in welchem Umfang sie zulässig sein
sollen. - Vielen Dank.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor.
Die
nächste Wortmeldung steht bei Herrn Präsidenten Dr. Khol. - Bitte schön.
Dr. Andreas Khol: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich dem Ausschuss 5, vor allem
dem Herrn Dozenten Bußjäger und den Mitarbeitern sehr, sehr herzlich danken für
diesen hochinteressanten Bericht und, Herr Kollege Wiederin, ich stimme mit
vielem überein, was Sie gesagt haben, insbesondere, was jetzt die nächsten
Schritte sein müssen. Ich möchte aber Ihnen energisch widersprechen: Der
Ausschuss steht nicht mit leeren Händen da, sondern das, was bisher an
strukturellen Fragen vorgeschlagen und beraten wurde, ist aus meiner Sicht
weitgehend konsensfähig und darin haben mich die Vorredner Stürzenbecher und
Holzinger auch bestätigt, dass die Differenzen zwischen den verschiedenen
Meinungen nicht so groß sind. Ich stimme aber überein, dass weitere
Anstrengungen der Konsensfindung zwischen den verschiedenen Bereichen notwendig
sind.
Der Bericht ist ein wichtiger Bericht, weil er
diesen sehr spröden, politisch hoch bedeutsamen, aber sehr technischen Bereich
der Aufgabenverteilung im Bundesstaat betrifft. Ich finde, dass die Ergebnisse,
dass ein Konsens darüber besteht, dass Föderalismus weiterhin ein richtiges und
wichtiges und gutes Strukturprinzip unserer staatlichen Ordnung sein soll, dass
dieser Konsens vorliegt, dass das Subsidiaritätsprinzip, ein Grundprinzip der
christlichen Soziallehre, weitgehend unbestritten ist, Aufgabenverteilung an
jenen Ort, wo die Möglichkeiten der Lösungen bestehen und Hilfe zur Lösung,
Subsiduum.
Und ich denke auch, dass es wichtig war, dass
dieser Einsparungsfetischismus, den ich immer wieder orte, dass man also den
ganzen Konvent nur unter dem Gesichtspunkt der Einsparungen sieht, dass man
diesem Fetischismus auch entgegen hält, dass beispielsweise der sehr oft
kritisierte Föderalismus natürlich auch eine sparsamere Verwaltung ermöglicht,
wenn sachgerecht durchgeführt.
Also, ich halte das für sehr wichtig. Nicht, dass
ich mich gegen Einsparungen ausspreche, aber sie sind nicht das primäre Ziel.
Das primäre Ziel ist eine neu geordnete, sachgerechte, transparente Verfassung,
inkorporiert, deutsch geschrieben, verständlich und flexibel genug, um der
Verwaltung und der Gesetzgebung und der Justiz neue Handlungsspielräume zu
eröffnen.
Technische Fragen, die angeschnitten sind und die
auch Sie, Herr Kollege Wiederin, abgeschnitten haben: Ich denke, dass der
Meinungsbildungsprozess im Konvent weitestgehend in die Richtung geht, dass die
mittelbare Bundesverwaltung ja weiter bestehen wird. Das heißt, man wird sich
hier vom Perchtoldsdorfer Abkommen offenkundig lösen. Das deshalb, weil man bei
verschiedenen Sachfragen draufgekommen ist, dass bei Vollziehung der Länder
dennoch in manchen Bereichen eine Bundessteuerung notwendig ist, und man hat in
der Suche bei neuen Modellen dann die mittelbare Bundesverwaltung wieder
erfunden. Also, das war ein interessanter Erkenntnisprozess.
Ich denke auch, dass Konsens besteht, dass der
Bundesrat, der in diesem Saale tagt, weiter bestehen soll, aufgewertet wird in
dem Sinne, dass er neue Gestaltungsmöglichkeiten bekommt. Ich denke, dass
Konsens darüber besteht, dass er bei der Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung
unverzichtbar ist. Ich glaube auch, dass die Parameter, die Sie, Herr Kollege
Wiederin, angeschnitten haben und auch Prof. Holzinger, dass wir uns im Klaren
sein müssen, bei welchen es also Zustimmungsrechte gibt. Ich denke, dass wir
hier bei Verfassungsfragen flexibel sein sollten, und dass - über
Kompetenzfragen hinaus gehend - ein Zustimmungsrecht angedacht werden sollte.
Ich denke auch, dass man sich bei der Frage bei
wichtigen Gesetzen mit finanzieller Tragweite natürlich die Erfahrungen des
deutschen Bundesrates zu Eigen machen muss. Es hat mir Ministerpräsident Teufel
gesagt, das Elend des Bundesrates ist, dass er bei viel zu vielen Frage
Mitbestimmungsrechte und Zustimmungsrechte hat, was ursprünglich gar nicht
intendiert war. Ursprünglich waren 10 bis 15 Prozent der Gesetze
zustimmungspflichtig, jetzt 60 Prozent. Also, wenn man hier diese Erfahrungen
berücksichtigt, glaube ich, ist vieles zu gewinnen.
Ich glaube auch, dass wir uns bei der dritten
Säule an der Europäischen Union orientieren können. Also ich befürworte das
Säulenmodell, ich glaube, das ist die große Innovation - ich befürworte die
abgerundeten Kompetenztatbestände. Peter Kostelka hat seinerzeit einmal von 17
Tatbeständen geredet, in der Verfassungsreform sollen es 25 oder 30 sein, aber
nicht 177, wie wir es derzeit praktizieren.
Worauf es jetzt ankommt, kann ich Ihnen nicht mehr
sagen, weil meine Redezeit zu Ende ist.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Präsident.
Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Mag.
Ettl. - Bitte schön.
Mag. Johanna Ettl‡: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
In der abschließenden Bewertung des Berichts des
Ausschusses 5 wird festgehalten, dass es vergleichsweise wenig konsensuale
Punkte gab und „die Ausschussarbeit insgesamt die Bandbreite der
Regelungsalternativen für eine neue Kompetenzverteilung aufgezeigt hat“. Und
dieses Band ist wahrhaftig breit. Möglicherweise hängt das auch damit zusammen,
dass die Beratungen des Ausschusses zu wenig von ökonomischen Überlegungen
geprägt wurden.
Meine Damen und Herren! Nach einer Studie des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung haben OECD-Länder mit dem höchsten
Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung eine Gemeinsamkeit, und zwar ein mittleres
Dezentralisierungsniveau, das sich in den letzten 30 Jahren entwickelt hat. Das
heißt, Länder, die früher relativ stark dezentralisiert waren, stärkten
tendenziell die zentrale staatliche Ebene. Ein Beispiel dafür sind Kanada, die
Schweiz oder die skandinavischen Länder, umgekehrt gaben Länder mit zuvor
relativ geringem Dezentralisierungsgrad vielfach den nachgeordneten
Gebietskörperschaften mehr Autonomie, wie in einigen südeuropäischen Staaten.
Italien oder Spanien sind Beispiele dafür. Das hat sich ausgezahlt, weil diese
Tendenz das Wirtschaftswachstum begünstigt hat.
Österreich weist unter den OECD-Staaten einen mittleren
Grad an Dezentralisierung auf. Eine weitere Dezentralisierung würde daher zu
Wachstumseinbußen führen, zumindest tendenziell. Gefordert ist aber eine
effizientere Ausgestaltung des föderalen Systems.Heute bestehen zwischen dem
Bund und den Ländern, genauso wie zwischen den Ländern und Gemeinden, aber auch
zwischen allen drei staatlichen Ebenen zahlreiche Vermischungen und
Verflechtungen. In einigen Fällen bestehen Trägerschaft und gemeinsame
Finanzierung nebeneinander. Häufig kommt es zu Mehrfachförderungen. Diese
vermischten Trägerschaften haben sich tendenziell aus wirtschaftlicher Sicht
als ineffizient erwiesen. Sie setzen ökonomisch falsche Anreize mit hohen
Folgekosten, schaffen Überangebote und Parallelstrukturen. Daraus lässt sich,
was die Reform der Kompetenzverteilung betrifft, vor allem die Forderung nach
einer Aufgabenentflechtung ableiten.
Grundsätzlich ist eine klare Festschreibung von
Bundes- und Landeskompetenzen mit aufgabenorientierten abgerundeten
Kompetenzfeldern im Unterschied zum bisherigen System positiv zu sehen. Ich
denke hier beispielsweise an die Notwendigkeit eines einheitlichen
Anlagenrechtes als Bundeskompetenz.
Voraussetzung dafür ist, dass die so genannte
dritte Säule aus Gründen der Zeitökonomie und Klarheit klein gehalten wird und
dass es Möglichkeiten für eine Bundesrahmengesetzgebung gibt, ebenso, wie ein
ausgewogener effizienter demokratischer Vermittlungsmechanismus festgelegt
werden soll.
Sehr geehrte Damen und Herren! In der Diskussion
zur Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ist dringend eine
Versachlichung gefordert. Unsere Verfassung stammt aus den 20er-Jahren des
vorigen Jahrhunderts. Damals sind die meisten Menschen kaum jemals über die
Grenzen ihres Bundeslandes hinausgekommen. Wir leben aber nunmehr in einer Zeit
der Mobilität und der Internationalisierung. Das bedeutet insbesondere, dass
die internationalen Wirtschaftsstrukturen immer durchlässiger werden.
Die Arbeitnehmerorganisationen sind sicherlich
nicht die Erfinder der Internationalisierung der Märkte, aber es ist uns ein
zentrales Anliegen, jene Rahmenbedingungen vorzusehen, damit wir auch unter
diesen Voraussetzungen im internationalen Wettbewerb bestehen.
Vor diesem Hintergrund müssen wir eine
Fragmentierung unseres Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes vermeiden.
Stellen wir uns doch die alt bewährte Frage: Cui bono? Wem nützt es, wenn etwa
das Anlagenrecht verländert ist? Ist es gut für Österreich, für unsere
Demokratie, für den Wirtschaftsstandort, für die Arbeitsplätze, für die
Konsumenten, für die Steuerzahler? Inwieweit ist es bürgernäher, wenn
Bauvorschriften verländert sind?
Eine stärkere Föderalisierung des Rechts erschwert
durch eine Multiplizierung der Vorschriften den Zugang zum Recht, den
Beratungsaufwand und dementsprechend die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger.
Dies gilt für Konsumenten und Konsumentinnen, Arbeitnehmer und
Arbeitnehmerinnen genauso wie für Wirtschaftstreibende. Angesichts der
Kleinheit unseres Staates ist dieses Argument noch schwer wiegender als in
großräumigen Zusammenhängen. Das bedeutet nicht, dass anstelle des Föderalismus
nun ein Zentralismus treten sollte. Dezentralisierung setzt aber eine
funktionierende Zentrale voraus. Das Prinzip dafür ist übergeordnet nach oben,
autonome Selbstverwaltung nach unten.
Wie auch immer die Frage der Kompetenzen gelöst
wird, es sollten sich letztlich jene Ansätze durchsetzen, die bürgernahe genug
sind, um die Demokratie zu stärken und um regionalen Unterschieden und
Bedürfnissen gerecht zu werden. Andererseits darf es aber nicht zu
Desintegration des österreichischen Sozial- und Wirtschaftsgebietes kommen. Wir
tun uns schwer genug, unsere Position auf den internationalen Märkten zu behaupten.
Wir sollten uns daher durch die Schaffung zahlloser unterschiedlicher
Regulierungsniveaus nicht noch zusätzlich aufreiben. Ich danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Frau Magistra, für Ihre Ausführungen.
Ich
darf nunmehr Herrn Bundesrat Konecny das Wort erteilen. - Bitte sehr.
Albrecht Konecny: Herr
Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich möchte
jetzt nicht eine Anpreisung der Arbeitsergebnisse dieses Ausschusses, dem ich
auch angehört habe, vornehmen, auch wenn ich dem Wort, dass wir mit leeren
Händen dastehen, widersprechen möchte. Wir stehen mit einer ganz gut unterwegs
seienden Baustelle da, und genau das ist der Punkt, an dem ich inhaltlich
anknüpfen möchte. Der Herr Dr. Wiederin hat schon darauf hingewiesen, dass es
Vorfragen abzuklären gibt, bevor angedachte, aber nicht zu Ende gedachte
Weichenstellungen in Ausschüssen zu Ende gedacht und diskutiert werden können.
Es ist
ein bisschen schwierig, wenn in einem Ausschuss, das - wie auch ich
meine - durchaus Richtung weisende Modell, Dreisäulenmodell, für die
Kompetenzverteilung eingebracht wird, dieses ohne ein Feedback von der
Gesamtheit des Konvents bis zur Zahl der Kompetenzen, die man in der dritten
oder mittleren, wie man will, Säule ansiedelt, zu Ende zu diskutieren. Es gibt
schon aus ökonomischen Gründen bei Ausschussmitgliedern und Mitdiskutierenden
begreiflicherweise ein bisschen Angst vor den leeren Kilometern, die man da
investiert, und ich glaube, dass es für unsere ganze Arbeitsweise nicht ohne
Bedeutung wäre, wenn es im gesamten Konvent zu bestimmten Weichenstellungen
kommt, den Ausschüssen auch die Möglichkeit zu geben, den Faden, den sie
gesponnen haben, wieder aufzunehmen.
Ich
darf dafür ein zweites Beispiel nennen, von dem ich auch zugebe, dass es mir
ein bisschen am Herzen liegt. Es ist in mehreren Ausschüssen der Gedanke
aufgetaucht, einen Kompromiss zu versuchen zwischen der - und das eint
uns ‑ Überwindung von den vielen zerstreuten Verfassungsbestimmungen, aber
andererseits dem politisch sehr verständlichen Wunsch nach einer erhöhten
Bestandsgarantie bestimmter Regelungen, also etwa im Bereich des Wahlrechts.
Das
würde auch die Möglichkeit bieten, manche technische, aber wichtige
Bestimmungen aus dem Verfassungstext selbst auszugliedern. Einen solchen
Gesetzgebungstypus muss man aber erst erfinden. Den muss es zunächst einmal als
Grundlinie in dieser Verfassung geben. Ein Bundesgesetz, das - und das
wäre auch der wesentliche Unterschied zum gegenwärtigen Zustand - in
seinem Inhalt nicht der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes entzogen ist,
weil es ein einfaches Bundesgesetz mit erhöhter Mehrheitserfordernis ist und
daher sehr wohl auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft werden kann, aber in
der politischen Arena jenen erhöhten Bestandsschutz sicherstellt, den, wenn man
nach langen Mühen, wie man als Akteur weiß, eine Einigung gefunden hat, man
sich meist auf beiden Seiten wünscht.
Es
gäbe sicher weitere Beispiele dafür, dass solche Weichenstellungen erforderlich
sind und dass es durchaus im Interesse einer konstruktiven Konventsarbeit wäre,
den Arbeitsausschüssen eben die Möglichkeit zu geben, ihre Diskussion dort
wieder aufzunehmen, wo Fristablauf, aber auch die Unfähigkeit zu erkennen,
welche Richtlinien gegeben sind, zunächst einmal zu einem Stopp geführt haben.
Angesichts
der mutigen Worte des Herrn Präsidenten Khol und den für mich natürlich noch
viel bedeutsameren Worten meines politischen Dienstherrn, nämlich des
Landtagsabgeordneten Stürzenbecher, wenn man das korrekt ausdrückt, zur Rolle
des Bundesrates macht es mir möglich, zu diesem Thema außer einer kurzen
formalen Bemerkung nicht zu sagen. Die formale Bemerkung ist, dass wir im
Bundesrat schon sehr dankbar dafür wären, wenn wir endlich korrekt in die
Verfassung kämen, denn dort gibt es uns eigentlich nicht.
Die
wenig bekannte Tatsache, dass jener Bundesverfassungstext, aus dem fortwährend
zitiert wird, einen in der Demokratie nicht ganz unbedeutenden Schönheitsfehler
hat, nämlich dass es so niemals von einer gesetzgebenden Körperschaft
beschlossen wurde, sondern dass er ein Kompilat ist, indem die Tatsache, dass der Bundesrat am Ende
der Ersten Republik ein Auslaufmodell war und durch einen Stände- und Bundesrat
ersetzt werden sollte, den man nach 45 begreiflicherweise nicht wollte und
daher nur sagte, die Bestimmungen sollen halt für den Bundesrat gelten, ist ein
wenig befriedigende Rechtsgrundlage für eine immerhin auch verfassungsgebende
gesetzgebende Körperschaft. Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Bundesrat.
Die
nächste Wortmeldung steht bei Frau Magistra Hochhauser. - Bitte schön.
Mag. Anna-Maria Hochhauser: Sehr
geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren!
Die Diskussionen im Ausschuss 5 waren naturgemäß kontroversiell,
weil sie doch geprägt waren vom Spannungsfeld zwischen den berechtigten
Interessen der Länder und der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, aber auch
von Notwendigkeiten, die sich aus dem Beitritt Österreichs zur Europäischen
Union ergeben. Nun, die zentrale Aufgabe - und das ist ja bereits mehrfach
erwähnt worden - des Ausschusses 5 nach dem Mandat ist die Schaffung eines
klaren und nach abgerundeten Leistungs- und Verantwortungsbereichen
gegliederten Kataloges von Gesetzgebungskompetenzen unter Berücksichtigung der
Rechtslage der Europäischen Union. Und genau das, nämlich klare abgerundete
Kompetenzzuordnungen, ist auch ein wesentliches Anliegen der österreichischen
Wirtschaft. Für die Mitglieder der Wirtschaftskammerorganisation ist es besonders
wichtig, in der Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht durch
kleinteilige Kompetenzzersplitterungen, wie sie eben historisch entstanden sind - und damit durch unterschiedliche Anforderungen betroffen
bzw. behindert zu werden - und es muss in Zukunft weitgehend vermieden werden,
dass in einem Land unserer Größe viele wirtschafts- und standortbezogene
Regelungen aus dem EU-Recht zehnmal umgesetzt werden müssen oder nationale
Regelungen in neunfacher Ausprägung existieren. Ein Wirtschaftsunternehmen mit
mehreren Standorten in verschiedenen Bundesländern hat damit einen erheblichen
Koordinations- und Kostenaufwand, muss sich ständig mit den jeweils geltenden
Regelungen auseinandersetzen und hat damit natürlich auch unter Umständen
Wettbewerbsnachteile.
Die Wirtschaftskammer Österreich hat daher bereits
in einer sehr frühen Phase der Arbeiten des Ausschusses 5 einen umfassenden,
ausformulierten Vorschlag für eine neue Kompetenzverteilung vorgelegt, wobei
größeren Kompetenzfeldern, wie heute mehrfach angesprochen, durchaus zugestimmt
werden muss, und geht also von folgenden Prinzipien aus:
Die Zuordnung der Bundeskompetenzen muss vom
Prinzip der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes geprägt sein, dessen
Beachtung sich auch aus dem Binnenmarktprinzip der Europäischen Union ergibt.
Und zur Ermittlung von abgerundeten Landeskompetenzen werden auch in unserem
Vorschlag, die sich aus dem Subsidiaritätsprinzip ergebenden Anforderungen
beachtet, auch dadurch, dass vorgesehen ist und die Möglichkeit bestehen soll,
in bundesgesetzlichen Bereichen in Zukunft Delegierungsermächtigungen hinein zu
nehmen, für die konkrete Ausformung auf der Landesgesetzgebungsebene, um eben
regionalen Erfordernissen auch im Bundeskompetenzbereich Rechnung zu tragen.
Etwa analog zu der geltenden Öffnungszeitenregelung, wo auch die Möglichkeit
besteht, auf die regionalen Erfordernisse einzugehen.
Neben dem Bereich der ausschließlichen Bundes- und
der ausschließlichen Landeskompetenzen, die aus unserer Sicht taxativ
festgelegt werden sollen, stehen auch wir für einen dritten Bereich. Dieser
dritte Bereich soll allerdings nach unserer Ansicht als Generalklausel
gestaltet sein, um in Zukunft neue Aufgaben, wie etwa zuletzt die
Datenschutzaufgaben, aber auch gewisse Zuständigkeiten, die mit den Bundes- und
Landessäulen nicht gelöst werden können, einem adäquaten Kompetenzregime
zuzuordnen. Die Ausübung der Gesetzgebung durch den Bund in diesem geteilten
Zuständigkeitsbereich ist an objektive und justiziable Kriterien zu binden, das
heißt, der Bund soll dann in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht haben, wenn
und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet
oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen
Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
Selbstverständlich sind die Länder in diesem Bereich im Wege des Bundesrates
möglichst frühzeitig in den Gesetzgebungsprozess einzubinden und vor allem
maßgeblich am Verfahren in diesem dritten Bereich zu beteiligen.
Wenn man nun diesen dritten Bereich näher
beleuchtet, stellt man fest, dass mit einer gewissen Zeitverzögerung dort zu
rechnen ist, bis man eine konkrete Kompetenzfestlegung getroffen hat und man
widerspricht natürlich a priori hier dem Auftrag des Konvents nach einer klaren
Zuordnung der Kompetenzen. Daraus ist aus der Sicht der Wirtschaft abzuleiten,
dass diese dritte Säule oder dieser dritte Kompetenzbereich möglichst klein zu
halten ist und für erheblich wirtschaftsrelevante Materien nicht der geeignete
Kompetenzbereich sein kann.
Weiters ist noch darauf hinzuweisen, dass im
Rahmen der vom Konvent abgehaltenen Hearings eine Reihe von Materien
identifiziert wurden, wo von vornherein eindeutige Zuordnungen durch den
Verfassungsrechtgesetzgeber erfolgen sollten und der Ausschuss 5 hat sich in
seinen Beratungen mit einer konkreten Zuordnung der Materien in die einzelnen
Säulen noch nicht beschäftigt. Es werden aber die Ergebnisse dieser Hearings in
die weitere Befassung des Ausschusses 5 miteingebracht und miteinbezogen werden
müssen.
Abschließend ist aus unserer Sicht festzuhalten,
dass mit dem Kompetenzverteilungsvorschlag der Wirtschaftskammerorganisation
einerseits dem Mandat Rechnung getragen wurde, andererseits die berechtigten
Interessen der Länder und deren Mitwirkungsmöglichkeiten durch den Bundesrat
und durch eine Ermächtigung für spezifische Länderinteressen betreffende
Bereiche im Gesetzgebungsbereich des Bundes berücksichtigt sind und
insbesondere aber auch den notwendigen Veränderungen der Rahmenbedingungen für
den Wirtschaftsstandort Österreich auf Grund der EU-Mitgliedschaft Österreichs
Rechnung getragen wurde. Ich ersuche daher die Mitglieder des Konvents, im
Sinne eines attraktiven Wirtschafts- und Arbeitsstandortes diesen Vorschlag
über die Neuordnung der Kompetenzverteilung zu unterstützen. Danke schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler: Danke schön, Frau
Magistra.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann
Scheibner. - Bitte schön.
Herbert Scheibner‡: Herr
Präsident, meine Damen und Herren!
Am Anfang unserer Beratungen im Ausschuss 5 stand
ein Bekenntnis: Ein Bekenntnis zum Bundesstaat und darüber hat es Konsens
gegeben, zumindest darüber im Ausschuss und danach kam gleich eine Erkenntnis,
nämlich dass, wenn man diesem bundesstaatlichen Prinzip nachkommen möchte, es
auch eine und zwar auch respektable Gesetzgebungskompetenz der Länder geben
muss. Auch darüber gab es noch Konsens. Dann allerdings und wir haben’s ja
heute auch bei den Diskussionsbeiträgen gesehen, klafft eine Lücke zwischen der
Theorie und der Praxis, denn die Praxis zeigt und meine Vorrednerin hat das
auch dargelegt, dass wir einen sehr starken Zug zu einer bundeseinheitlichen
Regelung von den meisten Gesetzgebungsmaterien haben, selbst so klassische
Materien, wo man früher gesagt hat, das ist die klassische
Landesgesetzgebungskompetenz, wie etwa der Tierschutz, sind mittlerweile auch hoffentlich
im Konsens bundeseinheitlich zu regeln.
Es gibt im Verfassungsausschuss einen Antrag, auch
das Fischereiwesen bundeseinheitlich zu gestalten und im Baurecht, im
Anlagenrecht, in all den Bereichen, die auch die Wirtschaft betrifft, ist
ohnehin schon allein aus wettbewerbsrechtlichen und auf Grund von
internationalen Gegebenheiten, der Zug zu einheitlichen auch gesetzesmäßigen Regelungen
zu erkennen. Und wir haben uns sehr lange mit dem Bekenntnis in der Theorie und
auf der anderen Seite mit diesen Erfordernissen aus der Praxis
auseinandergesetzt. Wirklich auf einen grünen Zweig sind wir nicht gekommen.
Die dritte Säule, die jetzt so als fast
konsensfähig dargestellt wurde, sehe ich nicht als konsensfähig an, denn diese
Frage, ob es neben einer eindeutigen Bundeskompetenz und einer einheitlichen
und eindeutigen Landeskompetenz auch noch so ein Mittelding gibt, so eine
gemeinschaftliche Kompetenz, wo halt jeder mal zugreift und dann versucht man
sich irgendwie zu einigen - da war einmal die Idee, einen Vermittlungsausschuss
da einzurichten und den Verfassungsgerichtshof irgendwie auch noch mitreden zu
lassen - bedeutet also Rechtsunsicherheit aus meiner Sicht par excellence:
Nicht wirklich praktikabel, ich sag’ das hier einmal so deutlich, weil man
sollte also sich da nicht immer so herumwinden, und es war dann auch
interessant, als wir einen klaren und dankenswerterweise von Professor Funk
erstellten Vorschlag für eine Aufteilung in Bundes- und
Landesgesetzgebungskompetenz vorliegen gehabt haben, da sind wir dann zur
Erkenntnis gekommen, es gibt eigentlich derzeit keinen Regelungsbedarf für eine
dritte Säule. Ja, möglicherweise für die Zukunft.
Aber
da, glaube ich, sind wir auch in den letzten Jahrzehnten mit einer
Generalklausel gut ausgekommen und letztlich, wenn man einen zusätzlichen
Regelungsbedarf hat, gibt es ja noch immer, auch in Zukunft, den
Verfassungsgesetzgeber - Mitwirkung auch der Länder durch das Zustimmungsrecht
des Bundesrates. Ich habe gemeinsam mit dem Landesstatthalter Egger einen
Vorschlag gemacht für eine dritte Säule, wenn man das schon benötigt, um diese
Schere aus Theorie und Praxis - also Theorie: Bekenntnis zum Bundesstaat, und
die Frage Praxis der Vereinheitlichung, einer Vereinheitlichungs-Tendenz - hier
nachkommen zu können und das ist die angesprochene, aber auch nicht
konsensfähige Frage einer bundeseinheitlichen Landesgesetzgebung in einem
veränderten Bundesrat.
Hier
könnte man unter Ersatz oder Ergänzung der Artikel 15a‑Vereinbarungen
entweder eine Regelung durch alle Bundesländer oder durch einen Teil von
Bundesländern gestalten, um damit diesen Zug, überall dort, wo man sagt, es
muss etwas bundeseinheitlich geregelt werden, zur Bundesgesetzgebungskompetenz
zu unterbrechen. Ich weiß, auch nicht ideal, aber doch ein Versuch, eine
Anregung, um hier zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln.
Den
Bundesrat - auch wir sind dafür
und ich bin auch dafür - muss und soll man umgestalten. Wir haben
vorgeschlagen, dass man hier wirkliche Landesvertreter einsetzt, also
Landtagsabgeordnete in erster Linie, um vielleicht auch hier ein
Spannungsverhältnis in Zukunft zu beseitigen. Nicht sicher, aber vielleicht,
dass nicht Landesvertreter hier im Bundesrat einem Bundesgesetz zustimmen, dass
aber Landesvertreter derselben Fraktion, desselben Bundeslandes, dann im
Landtag dieses Gesetz beeinspruchen und als verfassungswidrig bezeichnen. Wie
gesagt: Eine Hoffnung, aber sicher kann man nicht sein, wenn dann dieselben
Politiker dann auch hier diese Entscheidungen zu treffen haben.
Letztlich,
glaube ich aber doch, waren es sehr intensive und konstruktive Verhandlungen.
Dem Vorsitzenden muss man hier wirklich Dank zollen, der auch sehr viel Geduld
mit uns gehabt hat. Aber ich glaube doch auch, dass das Präsidium sich jetzt
überlegen muss, wie - nicht nur mit diesem Ausschuss, mit den Ergebnissen, etwa
auch mit dem Ausschuss I haben wir Ähnliches gehabt - wie man mit den
Ergebnissen jetzt umgeht. Weil wir ja letztlich am Ende nicht nur eine
Problemauflistung haben sollen, sondern wir brauchen Ergebnisse. Und von
Ergebnissen sind wir in diesem Bereich der Gesetzgebungskompetenz noch weit
entfernt.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Klubobmann.
Als
Nächste zu Wort kommt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. - Bitte sehr.
Dr. Eva Glawischnig: Danke, Herr
Vorsitzender. Hoher Konvent!
Also
zu den Ergebnissen und jetzt der Interpretation - vor mir war offensichtlich
ein Pessimist am Wort - ich war in vielen anderen Fragen pessimistisch. Also
hier muss ich allerdings etwas Positiveres formulieren. Es ist zumindest
gelungen, in der Diagnose, zumindest was die Krankheit betrifft, einmal einen
Konsens zu finden. Die Therapie ist insbesondere noch nicht gelungen. Und bei
der Diagnose, das ist schon einmal was, wenn man sich darauf verständigt, dass
das jetzige System zu zersplittert und zu starr ist und dass dieses
Versteinerungsprinzip mittlerweile so skurrile Blüten treibt, dass sich mit dem
niemand mehr identifizieren will und kann.
Ich
möchte nur ein Beispiel zu diesem letzten Punkt bringen, das mir so skurril
erscheint, dass es erwähnenswert ist: Nämlich, dass der Verfassungsdienst des
Bundeskanzleramtes daraus schließt, dass der Bundesgesetzgeber 1993 bei der
Frage Parteistellung im UVP-Verfahren NGOs nicht genannt hat, dass er daraus
schließt, dass dafür keine Kompetenz gegeben sei und das mit dem
Versteinerungsprinzip begründet. Das ist schon wirklich eine skurrile Blüte,
die erwähnenswert ist, aber das Problem auch ganz gut beschreibt.
Die
Bundesstaatsreform ist das Herzstück der Verfassungsreform. Das muss uns klar
sein. Wenn wir in diesem Bereich nicht ein Ergebnis zustande bringen, dass auch
als Lackmus-Test für den Konvent gesehen wird. Das ist die längste Diskussion
und die schwierigste Diskussion. Und was jetzt vorgelegt und diskutiert worden
ist, muss man sagen, dass diese Fronten, die es immer gibt zwischen denen, die
sich dann gegenseitig beschuldigen als Zentralisten oder Föderalisten, der
Ausschuss nicht aufgebrochen hat.
Zu
diesen Drei-Säulen-Modellen: Es ist ja im Grunde nicht so ganz neu. Es gibt ja
auch jetzt schon gemeinsame Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern über die
Grundsatzgesetzgebung, Ausführungsgesetzgebung. Aber auch die Aufteilung
Lebenssachverhalte und verschiedene Materien. Neu ist, dass es jetzt eine
konkurrierende Zuständigkeit geben soll und, was ich sehr skeptisch bewerte,
ist dieser Vorhang des jüngeren Rechts, also dass derjenige, der zum Schluss
regelt, diese Konkurrenz irgendwie beendet. Alternativ wurde auch vorgeschlagen,
dass die Länder so lange regeln können, bis der Bund die Kompetenz in Anspruch
nimmt. Also Vorrang des Bundesrechts.
Ich
möchte hier noch einmal outen: Wir haben als Grüne in einigen Fällen deutlich
Bundeskompetenzen gefordert, gemeinsam auch mit der Wirtschaftskammer und auch
gemeinsam mit einigen Bundesministerien, einfach aus Sachgründen. Ich möchte
das noch einmal deutlich formulieren: Ich glaube, wir brauchen eine
übergeordnete Raumplanungskompetenz, das ist eine der größten Fragen, wie man
mit der Raumordnung in Zukunft umgeht. Ich denke, auch die Dutzenden Verfahren
im Bereich Naturschutz, die anhängigen Verfahren bei der EU-Kommission lassen zumindest eine Koordination der
Naturschutzagenden auf Bundesebene sinnvoll erscheinen. Auch im Energiewesen,
auch im Bereich Abfallwirtschaft, auch im Bereich Tierschutz, was jetzt schon
der Fall ist. Auch die Genehmigung und Kontrolle von gesundheits- und
umweltbeeinträchtigenden Anlagen, auch Umweltinformation etc. Dass man da immer
über EU-Verfahren letztendlich angehalten werden muss - ich finde, das ist eine
Ressourcenvergeudung, dass man bundesweit einheitlich den Status der
Richtlinien auch in den Gesetzen vorfindet.
Zum
Bundesrat vielleicht noch zwei Sätze: Wir haben hier im Ausschuss 3 an und für
sich ein konkretes Modell vorgeschlagen. Die beiden Materien spielen ja sehr
eng zusammen: Kompetenzen und Bundesrat. Und ich glaube, das kann man auch nur
gemeinsam jetzt abschließend bearbeiten und lösen. Es wurde immer gegenseitig
auf die Ausschüsse verwiesen. Dabei denke ich, auch am Präsidium wird Arbeit zu
leisten sein, das Problem gesamthaft anzugreifen und zu lösen.
Zum
Artikel 15a, sozusagen 15a-Vereinbarungen: Da hat sich letztendlich auch
die Mehrheitsposition im Ausschuss dann durchgesetzt, dass Bund-/
Länderstaatsverträge unmittelbar wirksam sein sollen, dass das nicht der Fall
sein soll. Und auch, dass Gesetzgebungskompetenzen mit den 15a-Vereinbarungen
verbunden sein sollen, hat sich auch nicht durchgesetzt. Das haben wir auch
unterstützt, diese ablehnende Meinung.
Unterm
Strich, das ist ein sehr, sehr schweres Kapitel, legistisch und politisch. Und
gerade hier, denke ich, brauchen wir sehr viel Freiraum noch im Kopf. Ich habe
sehr interessant gefunden auch die Idee der finalen Zuständigkeiten. Das ein
bisschen Visionäre anzugehen, also nicht irgendwie das auf ein abgerundetes
Wort, sondern auf einen finalen Zweck, zum Beispiel Mobilität oder Umweltschutz
Kompetenzen hinzuformulieren - finde ich einen sehr, sehr guten Ansatz. Ich
würde mir wünschen, dass wir in diese visionäre Richtung weitergehen und diesen
alten Föderalismus-Zentralismus-Streit vielleicht einmal ad acta legen und
nicht um Machtfragen, sondern um Sachfragen ringen. Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke sehr, Frau Abgeordnete.
Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Schnizer. - Bitte sehr.
Dr. Johannes Schnizer: Sehr geehrter
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Wie
schon viele Vorredner gesagt haben, möchte ich auch meine Freude darüber zum
Ausdruck bringen, dass sich das Drei-Säulen-Modell inzwischen durchgesetzt hat
in den Diskussionen des Ausschusses. Wie Präsident Khol schon erwähnt hat,
stammt es aus einem Vorschlag, der bereits 1997 in die Bundesstaatsreform
eingebracht worden ist und der damals noch sehr exotisch gewirkt hat. Nunmehr
gibt es viel Zustimmung dafür.
Das
einzige Gegenmodell, das im Ausschuss vorgestellt worden ist, war im Prinzip
diese Vorstellung eines Ausschusslandtages, auf den weitgehend Kompetenzen
übergehen soll, die bisher die Länder haben, um zu vermeiden, dass sie auf den
Bund übergehen - bei diesen Kompetenzen, wo es aber dann trotzdem ein Bedürfnis
nach einer einheitlichen Regelung gibt. Ich glaube, dass das mit den
Vorstellungen des Subsidiaritätsprinzips nicht ganz im Einklang steht. Dieses
besagt ja, dass immer dann, wenn eine übergeordnete Gebietskörperschaft besser
geeignet ist, eine bestimmte Aufgabe zu besorgen, diese berufen werden soll.
Dann, wenn es das Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung gibt, weil eben
länderunterschiedliche Regelungen unbefriedigend sind, ist das meiner Meinung
nach ein Indiz dafür, dass eben eine übergeordnete Instanz - dann eben der Bund
- die Regelung treffen soll. In Wahrheit soll dann hier ein neues Organ
geschaffen werden, deswegen, weil man mit den politischen Verhältnissen in der
ersten Kammer des Bundes nicht einverstanden ist. Man will also offenkundig
eine andere Zusammensetzung des Bundesgesetzgebers haben. Ich glaube, dass das
aus dem tagespolitischen Streit herausgehalten werden sollte. Wie die letzten
Wahlen gezeigt haben, können sich auch die Verhältnisse im Bundesrat ändern. Momentan
gibt es dort nur mehr einen Vorsprung von vier Mandaten gegenüber einem
größeren Vorsprung früher.
Auch
der Vorgang dorthin wurde relativ klar gezeigt: Es sollten die bisherigen
Einzelkompetenzen größeren Kompetenzfeldern zugeordnet werden, sodass diese
dann auch weiter dynamisch interpretiert werden können, sodass sich diese fein
ziselierte Aufteilung, wie sie momentan vorhanden ist - wo man zwar klar,
aber ohne dass man weiß, wie klar und wem die einzelne Kompetenz
zukommt -, eine Kompetenzverteilung hat.
Dabei
darf ein Gesichtspunkt nicht ins Hintertreffen geraten, nämlich der der
Klarheit und Rechtssicherheit auch für den Bürger. Sobald es größere
Kompetenzfelder gibt, steht nicht von vornherein fest, wo genau die Grenze
verläuft - momentan ist die Grenze zwar sehr kleinteilig, aber sie ist
wenigstens feststellbar. In Zukunft wird das nicht so sein, weswegen ich
glaube, dass einem politischen Verfahren für die Einigung der Vorzug zu geben
ist.
Jedenfalls
ist aber die Rechtssicherheit erforderlich - es darf nicht von Verfahren,
die Jahrzehnte nach einer Regelung geführt werden, abhängen, ob die Kompetenz
zu Recht ausgeübt wurde oder nicht. Ich glaube, dass der Vorschlag von Wiederin
ausbaubar ist, dass vielleicht dann, wenn es keine Einigung gibt über die
Kompetenzausübung, ein Verfahren zwischengeschaltet werden kann, wo der
Verfassungsgerichtshof als eine Art Schiedsrichter feststellt, ob die
objektiven Kriterien, die die Kompetenzverteilung bestimmen, eingehalten sind
oder nicht.
Im
Übrigen glaube ich, dass in diesem politischen Verfahren, wo der Bundesrat die
zentrale Rolle spielen soll, drei Kriterien maßgeblich sind - und auch auf
diese hat sich der Ausschuss weitestgehend geeinigt.
Das
Erste: eine möglichst frühzeitige Einbindung der Länder. Dort, wo das bis jetzt
schon der Fall war - etwa im Vergaberecht -, hat sich gezeigt, dass
hier der Sachverstand auch für den Bund zu einer besseren Regelung führt.
Das
Zweite ist ein möglichst transparentes Verfahren: Es muss klar sein, aus
welchen Gründen entweder eine einheitliche Regelung bevorzugt wird, und aus
welchen Gründen eine solche abgelehnt wird. Das ist dann nicht gegeben,
wenn - so wie in Deutschland - die Vollziehung untereinander die
Zustimmung ausmacht, ohne dass nachvollziehbar ist, wie der Diskussionsprozess
dazu verläuft. Dann hätten wir den Nachteil, den momentan die Rats-Gesetzgebung
in der EU hat, auch nach Österreich übertragen.
Der
dritte Punkt: Es darf zu keiner endgültigen Blockade kommen - hier wäre
ein solches Schiedsverfahren nach einem politischen Verhandlungsverfahren
vielleicht ein Schritt.
Insgesamt
scheint mir, dass der Ausschussbericht eine Grundlage für
Einigungsmöglichkeiten bietet, und ich halte das auch für deswegen
erforderlich, weil nur dann es gerechtfertigt ist, von einer neuen Verfassung
zu sprechen, wenn das Problem der Kompetenzverteilung in einer grundlegenden
Weise gelöst wird. Vielen Dank.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön.
Nächster
Redner ist Herr Präsident Dörler. - Bitte schön.
Manfred Dörler: Herr
Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der
vorliegende Bericht des Ausschusses 5
behandelt die vielleicht umstrittensten Themenbereiche des Österreich-Konvents,
nämlich die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Es ist daher auch
nicht verwunderlich, dass im Konsens erzielte Ergebnisse den Ausschuss
insgesamt nicht sehr befriedigen und offensichtlich von gut bis bescheiden
bewertet werden. Da hat mir das Bild von einer Baustelle gut
gefallen - eine Baustelle heißt jedenfalls, dass wir weiter arbeiten und
dass die Arbeiten fortgesetzt werden.
Ich
beklage diesen Zustand auch gar nicht; ich glaube, dass der Ausschuss gute
Arbeit geleistet hat, indem er die möglichen Optionen einer neuen
Kompetenzverteilung gut aufbereitet hat. Der Bericht gibt besonders im
besonderen Teil den von den Ausschussmitgliedern eingebrachten Vorschlägen
breiten Raum, und das halte ich für sehr gut, weil man sich da in die Materie
auch als Nicht-Ausschussmitglied viel besser einarbeiten kann.
Lassen
Sie mich nun zu einigen inhaltlichen Fragen Stellung nehmen.
Ich
bedauere es, dass der Ausschuss dem Gedanken einer Ziel- und Rahmengesetzgebung
offenbar überwiegend ablehnend gegenübersteht; möglicherweise haben viele
Ausschussmitglieder die zweifellos unbefriedigende Praxis der bisherigen
Grundsatzgesetzgebung im Kopf oder in den Augen gehabt. Nach meiner Vorstellung
hätte die Ziel- und Rahmengesetzgebung die Funktion, bundeseinheitliche
Standards dort, wo sie zweckmäßig sind, einzuführen - das ist ja das
Anliegen mehrerer meiner Vorredner.
Das
könnte durchaus auch in Bereichen erfolgen, die bisher von den
Länderkompetenzen getragen werden, allerdings sollte sich die Gesetzgebung des
Bundes auf Vorgaben beschränken, die den Ländern entsprechenden
Gestaltungsspielraum überlässt: Die Länder sollen selber entscheiden können,
wie sie die Ziele erreichen. Voraussetzung, dass ein solches System
funktioniert, ist für mich, dass die Länder an der Bundesgesetzgebung eben
effizient mitwirken können - das ist wahrscheinlich einer der
Schlüsselpunkte überhaupt, die wir als Ländervertreter haben.
Und
wenn ich den Ausschussbericht richtig interpretiere - und als Politiker bin ich
etwas die direkte Sprache gewohnt -, dann herrscht über diese Art der
Ländermitwirkung Dissens - so wird eine unmittelbare Beteiligung der Länder
abgelehnt. Das überrascht mich! Wer, wenn nicht die Länder selbst, sollen in
dieser Angelegenheit ihre Erfahrung im Vollzug, ihre Kenntnisse der jeweiligen
Verhältnisse der Länder mit einbringen - sollen, ja müssen! Damit
nicht genug: Auch der Bundesrat soll nach Meinung verschiedener Mitglieder
allenfalls im Wege einer Stellungnahme Verhandlungen in einem
Vermittlungsausschuss durchsetzen können - eine Möglichkeit der Länder,
eine überschießende Gesetzgebung des Bundes damit zu verhindern, würde damit
wahrscheinlich nicht gelingen.
Ich
möchte dazu in aller Deutlichkeit sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass
sich die Länder damit zufrieden geben werden, dass ihre Mitwirkung an der
Bundesgesetzgebung darauf reduziert wird, dass der Bundesrat dem Nationalrat
einen Brief schreiben darf - so weit wird es wohl nicht sein! Als
Ländervertreter, als Landtagspräsident, werde ich einer Aushöhlung der
Länderzuständigkeiten durch eine so genannte „konkurrierende Gesetzgebung des
Bundes“, auf die die Länder im Grunde keinen Einfluss haben, nicht zustimmen können
und - wenn Sie wollen - auch nicht wollen.
Ich
bekenne mich voll dazu, dass die neue Kompetenzverteilung flexibel sein soll,
die Verschiebung von Kompetenzen darf aber keine Einbahnstraße sein. Ein
Mechanismus, der dazu führt, dass Landeskompetenzen vom Bund beliebig an sich
gezogen werden, kann ja nicht die Zustimmung der Länder finden! Weil dann sind
wir auch nachgeordnet, und der Bund kann jederzeit sagen, was er bestimmen
will, und wir dürfen dann das machen, was übrig bleibt.
Ein
Vermittlungsausschuss, in dem einige Bundesräte mit einigen Nationalräten
Empfehlungen beschließen dürfen, die dann für den Gesetzgeber nicht bindend
sind, ist keine Mitwirkung von Länderrechten, die diesen Namen tatsächlich
verdient. Und wenn ich den Begriff der Baustelle noch einmal strapazieren darf:
Ich ersuche das hohe Präsidium, den zukünftigen Auftrag so zu formulieren, dass
diese Gedanken auch mit Rücksicht finden. - Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch, Herr Präsident, und darf nun das Wort Herrn
Prof. Brauneder erteilen. - Bitte schön.
MMag. Dr. Willi Brauneder: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen
und Herren! Als ein dem Ausschuss nicht Angehöriger habe ich nicht nur mit
großem Interesse die inhaltlichen Ausführungen beobachtet, sondern mich hat
auch interessiert die Selbsteinschätzung der Ausschussmitglieder betreffend die
Arbeit des Ausschusses von den leeren Händen bis hin zur Baustelle.
Ich
würde sagen, das ist jedenfalls ein bunter Strauß, der uns offeriert worden
ist, von Pflanzen und Pflänzchen, der nicht fest geschnürt ist, wenn ich das
recht sehe, was also die Möglichkeit eröffnet, in diesen Strauß noch ein
Pflänzchen hineinzusetzen - wobei ich mir nicht immer klar war, ob etwas
Schönes ein Unkraut ist oder eine Blume, das mag nun Ihrem Geschmack überlassen
sein.
Drei-Säulen-Modell:
Sicher ist unbestritten die Säule Bundeskompetenzen, die Säule
Landeskompetenzen - ich würde eine dritte Säule nennen allenfalls: einheitliche
Ländergesetzgebung. In dieser dritten Säule sollte der „Bundesrat neu“ die
primäre Rolle spielen, da aber meines Erachtens davon auszugehen ist, dass ein
effektiver Bundesrat nur dann vorhanden ist, wenn die Länderexekutive mit
eingebunden ist, würde der Bundesrat in dieser dritten Säule als
Gesetzgebungsorgan im Hinblick auf das Prinzip der Gewaltentrennung ausfallen.
Wie auch immer aber dieser Bundesrat beschaffen sein soll, er wäre wohl
geringer bestückt als der Nationalrat, sodass auch von diesem Argument der
Bundesrat kein Gesetzgebungsorgan in dieser dritten Säule abgeben könnte - aber
was er hingegen sehr wohl sein kann, wäre sozusagen ein Verteilungsorgan.
Und
meine Vorstellung wäre jetzt die: In dieser dritten Säule kann der Bundesrat
beschließen, dass ländereinheitliche Gesetze zu erlassen sind. Er kann aber
auch beschließen, dass die entsprechende Kompetenz an den Nationalrat
überzugehen hat, um ein Bundesgesetz zu erlassen.
Die
Möglichkeit drei ergibt sich daraus, dass in beiden Fällen kein entsprechender
Beschluss des Bundesrates zustande kommt, respektive der Nationalrat nicht ein
Bundesgesetz erlassen möchte, so dass dann die dritte Möglichkeit jene ist,
dass diese Materie zur Landesgesetzgebung wird.
Wie
soll nun diese gemeinsame Gesetzgebung funktionieren? Ich würde hier das
Instrument des paktierten Landesgesetzes in Anspruch nehmen. Ich habe das schon
in einem anderen Fall einmal ausgeführt, dass man die Möglichkeit eröffnen
sollte, in Landesangelegenheiten paktierte Landesgesetze zu erlassen. Aufgrund
eines Bundesratsbeschlusses wäre es zwingend, ein paktiertes Landesgesetz zu
erlassen.
Wie
soll, nur in groben Zügen, dies vor sich gehen? Durch einen gemeinsamen
Ausschuss der Landtage sollte dieser Gesetzesbeschluss ausgearbeitet werden,
wobei das Problem auftaucht, kann eine Mehrheit der Länder eine Minderheit der
Länder binden ?
Ich
würde dazu Folgendes sagen: Erstens, was das paktierte Landesgesetz an sich
betrifft, gibt es unter anderem ein historisches Beispiel, das sind die
paktierten Gesetze, aufgrund des Delegationsgesetzes 1867 zwischen Österreich
und Ungarn. Was nun diese Bindung der Länder betrifft, erinnere ich daran, dass
auf diese Weise das Bonner Grundgesetz zustande gekommen ist. Der Bayerische
Landtag hat bekanntlich das Bonner Grundgesetz nicht zur Annahme akzeptiert und
es ist dennoch, wie Sie wissen, in Kraft getreten.
Aber
hier kann man ohne weiteres an zwei Möglichkeiten denken, die zu diskutieren
sind. Wenn nur ein Teil der Länder diesem paktierten Landesgesetz zustimmt,
dann tritt es dort in Kraft und für die anderen Länder fällt die Materie in die
Landeskompetenz, oder eine Mehrheit der Länder bindet auch die Minderheit.
Jedenfalls wäre das ein Modell, das Sie vielleicht auch noch in diesem
Ausschuss mit bedenken könnten. Danke schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler: Ich danke, Herr
Professor!
Als Nächster zu Wort gemeldet, hat sich Herr
Präsident Prior. Bitte sehr, Herr Präsident!
Walter Prior: Herr
Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es ist schon durch die Zusammensetzung des
Ausschusses 5, aber auch der anderen Ausschüsse und auch durch die heutigen
Wortmeldungen bestätigt worden, dass hier die Theoretiker, Praktiker,
Zentralisten und Föderalisten, um nur eine Einteilung in vier Gruppen
vorzunehmen, zusammenkommen und daher ist es natürlich sehr schwierig,
tatsächlich in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung gestanden ist, auch zu
einem einheitlichen Ergebnis zu kommen.
Aber ich glaube, die Themenstellung des
Ausschusses 5 ist für einen kooperativen Bundesstaat, wie es Österreich ist und
ich hoffe, auch in Zukunft sein sollte, von entscheidender Bedeutung. Dabei
wird die objektive Analyse und Abarbeitung dieser Thematik durch zuletzt häufig
werdende Einflüsterungen von außen, von selbst ernannten Experten, die in der
Öffentlichkeit in Wahrheit Phantasiezahlen über mögliche Einsparungen
transportieren, wenn man nur möglichst weit zentralisiert Kompetenzen und
Aufgabenerfüllung weg vom Bürger, in eine offensichtlich besonders effiziente
Zentrale, nicht gerade erleichtert.
Gerade zur Frage der Effizienz und den Kosten
eines Bundesstaates führte der vom Ausschuss beigezogene Experte,
Universitätsprofessor Dr. Weber aus, dass die Wirtschaftswissenschaften dem
Föderalismus unter dem Gesichtspunkt von Effizienz und Kostenaspekten, gute
Noten geben und dass die immer wieder gehörte These, dass dezentrale Verwaltung
und das Nebeneinander und Miteinander von Bundes- und Landesverwaltung,
wesentlich höhere Kosten verursache, als eine zentralstaatliche, unitarische
Form der Aufgabenbesorgung bisher empirisch nicht nachgewiesen werden konnte.
Unbestritten ist auch für mich, dass die
Kompetenzverteilung der Österreichischen Bundesverfassung tatsächlich
zersplittert und unübersichtlich ist. Andererseits gibt es in jedem Bundesstaat
Abgrenzungs- und Interpretationsprobleme. Es stellt sich aber die Frage, wie
die Anzahl der Kompetenztypen reduziert und damit die Kompetenzverteilung
insgesamt einfacher werden kann, ohne jedoch die Substanz des bundesstaatlichen
Prinzips in Frage zu stellen. Grundsätzlich würde sich die Schaffung dieser
abgerundeten Kompetenzbereiche anbieten, wenn nicht damit auch die Gefahr
verbunden wäre, dass, je größer das definierte Kompetenzfeld ist, umso mehr Zentralisierungstendenz
damit verbunden ist.
Als Folge könnte die weitgehende Aushöhlung der
Gesetzgebungskompetenz der Länder drohen. Deshalb scheint mir das im Ausschuss
diskutierte Drei-Säulen Modell eine durchaus überlegenswerte Alternative zu
sein, wobei in diese dritten Säule auch die Generalklausel aufgenommen werden
könnte. Ich verkenne dabei aber nicht, dass auch bei diesem Modell eine Gefahr
einer exzessiven Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund tatsächlich auch
bestehen könnte. Ebenso bedarf der mögliche Zugriff zweier Gesetzgeber, auf
eine Regelungsmaterie neuer, zusätzlicher Bestimmungen in der Verfassung.
Und wie heute bereits mehrere Male erwähnt, hat
die größere Zahl der Ausschussmitglieder auch dafür plädiert, dass der
Bundesrat tatsächlich ein Vertretungsorgan der Länder sein soll und dass es
möglicherweise, und hier stehen wir vielleicht, Herr Professor, im Widerspruch,
trotzdem in einem Verhandlungsverfahren, in einem politischen
Verhandlungsverfahren versucht werden sollte, die Vertragspartner so zusammen
zu setzen, dass es zu einer einheitlichen Auffassung dementsprechend auch
kommen könnte.
Ich kann mir daher vorstellen, dass der Bundesrat
für die Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund, mit einem ausdrücklichen
Zustimmungsrecht ausgestattet wird. Dies müsste bei einer künftigen
Ausgestaltung des Bundesrates entsprechend berücksichtigt werden und ich hatte
die Ehre und die Freude, hier in diesem Saal, vor dem Bundesrat, auch meine
Gedanken über einen „Bundesrat neu“, wenn Sie so wollen, hier darzulegen. Und
ich glaube, dass hier, mit dem Kollegen Freibauer, aus Niederösterreich, wir
doch einige Gedanken mit eingebracht haben, die vielleicht für eine zukünftige
Zusammensetzung eines Bundesrates sich vielleicht auch positiv auswirken
könnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne den
Beratungen im Ausschuss 10 vorgreifen zu wollen, bin ich aufgrund der
Erfahrungen der letzten zehn Jahre auch der Meinung, dass es auch ein
Zustimmungsrecht des Bundesrat für das Finanzausgleichsgesetz und die damit
verbundenen Nebengesetze vorgesehen werden sollte.
Die Ausweitung der Kompetenzen des Bundesrates
würde auch bewirken, dass es zu einer intensiveren Auseinandersetzung zwischen
den Ländern, den Landtagen und dem Bundesrat kommt. Damit könnte die
traditionell starke Bindung, manche sagen auch Umarmung, des Bundesrates durch
den Nationalrat gelockert werden.
So weit meine Gedanken zu den bisherigen
Beratungen und zu den Zukünftigen. Und ich hoffe, dass eine grundsätzliche
Basis geschaffen wurde, mit den Beratungen im Ausschuss 5, dass hier weiterhin
auch aufgebaut werden könnte. Danke schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler: Ich danke, Herr
Präsident!
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr
Landtagsdirektor Dr. Lengheimer. Bitte schön.
DDr. Karl Lengheimer: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Der Arbeitsausschuss 5 im Konvent steht unter dem
Zauberwort „Dritte Säule“. Mit Zauberworten ist es so eine Sache. Sie sind ein
ambivalentes Ding, je nachdem, ob sie von guten Geistern gesprochen werden oder
unter Umständen auch von allen guten Geistern verlassen sind.
Zweiteres wäre der Fall, wenn wir diese dritte
Säule quasi als Ausrede verwenden, weil man sich politisch nicht zwischen Bund
und Ländern über alle Dinge einigen konnte, sozusagen als Glückstopf für
umstrittene Staatsaufgaben oder auch als einfachen Weg, um weiter Kompetenzen
von den Ländern auf den Bund zu verschieben.
Eine dritte Säule wäre hingegen positiv, wenn sie
das leistet, was in einer kürzlich vom Föderalismusinstitut vorgestellten
Studie gesagt wurde, nämlich die Notwendigkeit einer Dynamik und Flexibilität,
die der Staat bei Besorgung seiner Aufgaben genau so notwendig hat, wie auch
jeder private Unternehmer.
Diese Dynamik der Staatsaufgaben und ihre
Erledigung erzeugt natürlich Unsicherheit. Sie erzeugt Unsicherheit bei den
Juristen, weil wir eben daran gewohnt sind, konkrete Tatbestandssubsumierungen
vorzunehmen und unser Denken darauf konzentriert ist. Sie erzeugt aber auch
Unsicherheit bei den politischen Verantwortungsträgern, weil sie fürchten, dass
diese Dynamik in Bereiche führt, die dann nicht mehr einzubremsen sind.
Aber, meine Damen und Herren, bietet die
derzeitige Verfassungslage mehr Sicherheit für Kompetenzen der Länder als eine
dritte Säule? Ich frage Sie das, wenn ich daran denke, was so alles in letzter
Zeit - jüngst der Tierschutz und heute wurde bereits die Fischerei angesprochen
- vom Länder- in den Bundesbereich gehen soll. Und daher meine ich, eine dritte
Säule oder ein Drei-Säulen-Modell hat nur dann einen Sinn, wenn gewisse
Vorbedingungen geklärt sind.
Die erste Vorbedingung: Wir müssen auch vom
Bestand ausgehen. Ich glaube nicht, dass man die derzeitige Kompetenzverteilung
einfach wegschmeißen kann und von völlig neuen Gesichtspunkten ausgehen kann.
Aber wir müssen Änderungen dort, und nur dort, vornehmen, wo sie auch sachlich
gerechtfertigt sind.
Ein zweiter Punkt: Ich glaube, eine dritte Säule
kann keine Säule sein, die nur in eine Richtung weist, die also nur als schiefe
Ebene Kompetenzen von den Ländern an den Bund verschiebt und dafür Kriterien
aufstellt, sondern sie muss in beiden Richtungen offen sein. Sie muss, wenn es
die dynamischen Voraussetzungen erfordern, bundeseinheitliche Kompetenzen genau
so zulassen wie regionale Kompetenzen der einzelnen Länder, und ob diese dann
für einzelne Länder nur gelten oder auch für alle Länder, das sei offen, und in
diesem Bereich muss man sicherlich auch über die vom Klubobmann Scheibner hier
diskutierten oder vorgebrachten Überlegungen dann weiter nachdenken.
Ein dritter Bereich, und das ist der
Wesentlichste: Welche Kriterien haben wir für eine dritte Säule? Und da wird
sehr, sehr viel angeführt. Und wenn ich nur eines höre, was die Frau Mag. Ettl
heute hier ins Treffen geführt hat oder genannt hat: Der Zugang zum Recht wird
es nicht sein, der für mehr Bundeskompetenzen spricht, denn wenn ich mir das
Bundesrecht ansehe - ich könnte hier den Präsidenten des
Verfassungsgerichtshofes ebenso zum Zeugen rufen wie viele Betroffene - dann
muss ich sagen, die Übersichtlichkeit des Bundesrechts spricht nicht für
weitere Bundes-, sondern nur für weitere Landeskompetenzen.
Ich glaube, diese Einheitlichkeit muss letztlich
in einem liegen - wie immer man
dies formuliert - in den Interessen der Bürgerinnen und Bürger, auf die sich
diese Norm bezieht. Ihre Interessen allein können entscheidend sein, wo eine
Aufgabe besser besorgt wird.
Abschließend noch zwei Bemerkungen: Eine Bemerkung
zur Ausführung von Herrn Professor Wiederin, die ich sehr unterstützen möchte,
weil er gesagt hat, es ist notwendig, hier auch die Verwaltung einzubeziehen. Wir
dürfen ja nicht davon absehen, dass Normen nicht nur vom Gesetzgeber, sondern
auch von der Verwaltung geschaffen werden. Und daher ist die Neuformulierung
des Rechtsstaatsgebotes der Österreichischen Bundesverfassung, und zwar im
Hinblick auf die Verordnungsermächtigung, wieder einmal wie auch in anderen
Arbeitsausschüssen, von ganz zentraler Bedeutung.
Und eine zweite Bemerkung: Zum Bundesrat werde ich
keine weiteren Ausführungen machen, weil meine Zeit um ist, aber auch deshalb,
weil ich die Ausführungen des Präsidenten Freibauer, den ich im Konvent
vertrete, bereits im Ausschuss 3 gemacht habe. - Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Dr. Lengheimer.
Die
nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. - Bitte schön.
Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte
Damen und Herren!
Als
ich den Bericht der Arbeitsgruppe gelesen habe, die sich mit den Kompetenzen
beschäftigt hat, fühlte ich mich schon sehr erinnert an den Bericht der
Arbeitsgruppe Kompetenzen auf europäischer Ebene. Die Problemstellungen waren
ganz ähnliche, weil schließlich auch eines der Grundprobleme ein ähnliches war,
und das ist beileibe nicht eines, das sich auf der hohen theoretischen Ebene
abspielt, sondern auf der hohen politischen. Die derzeitige Form des
Föderalismus mit seiner extremen Zersplitterung ist natürlich auch sehr bequem
für alle Handelnden. Der Bund kann jederzeit die Schuld an die Länder weiter
geben für mangelnde Umsetzung von entsprechenden Materien, und die Länder
können jeweils die Verantwortung dem Bund zuschieben, weil entweder das Gesetz
oder das Geld dafür fehlen. Das heißt, da diese Situation so gut politisch zu
nützen ist, ist der Impetus zur Lösung ein beschränkter. Und mich wundert es
mich deswegen nicht, dass die Konsensliste nicht auch eine so extrem lange
geworden ist. Es handelt sich hier auch um eine politische Frage, und nicht nur
um eine rechtstheoretische.
Viel
komplexer wird das Ganze ja dann noch auf der so genannten Realebene, nämlich
dort, wo Bürgerinnen und Bürger von Gesetzen, von ihrem Vollzug oder von ihren
finanziellen Auswirkungen betroffen sind. Deswegen ist es auch sehr, sehr schwer,
die gesamte Diskussion von der finanziellen Seite des Föderalismus vorerst
einmal abzulösen, wiewohl notwendig. Wenn man das von vornherein sozusagen nur
vom Geldtascherl aus diskutiert, dann wird eine Lösung noch viel schwieriger
sein, als es das offensichtlich in diesem Arbeitskreis war.
Ein
Beispiel, und vielleicht eines der extremsten Beispiele für die Zersplitterung
nicht nur auf Bund und Länder, sondern auch noch innerhalb der Materie, ist
sicher das gesamte Umweltrecht. Auch kein Zufall, es ist sozusagen von seiner
Entstehungsgeschichte vom größten Teil relativ jung und war zu Beginn der
auftretenden Problemlagen auch von einem großen Enthusiasmus gekennzeichnet,
dass man viele Probleme mit einem Gesetz ganz schnell lösen würde können, was
sich ja dann nicht in diesem Fall bewahrheitet hat.
Die
Genehmigung und die Kontrolle umweltrelevanter Anlagen ist eines der großen
Problemfelder, und hier zu einem einheitlichen Umweltrecht zu kommen, nämlich
sowohl im Vollzug wie auch von den Materien her, wäre sicher eine Erleichterung
für die Normunterworfenen, und zwar sowohl für diejenigen, die einen Betrieb
betreiben oder schaffen wollen, als auch für Anrainerinnen, Anrainer oder
solche, die unter den Auswirkungen dieses Betriebs zu leiden haben. Das sind Dinge,
die man aus meiner Sicht dringend erledigen muss, denn gerade dieses Thema wird
Sie nicht in Ruhe lassen, auch wenn manche den Eindruck haben, dass es
sozusagen in der öffentlichen Wahrnehmung etwas in den Hintergrund getreten
ist. Die Probleme verschärfen sich ja trotzdem.
Ein
weiterer Bereich ist natürlich auch die gesamte Frage der Raumordnung. Die
Frage von Fachplanungen des Bundes, und solchen der reinen Landesraumordnungen
mit all den bekannten Streitigkeiten zwischen Kleinregionen, Fachplanungen des
Landes und so weiter und so fort ist natürlich etwas, was für jedes Vorhaben
erstens bremsend wirkt, aber auch für jegliche Sanierung eines entstandenen
Schadens extrem schädlich wirkt. Also, ich glaube, dass hier die
Lösungsnotwendigkeiten von einer besonders hohen Dringlichkeit sind.
Ich
sehe aber auch, dass es einige sehr positive Gegenbeispiele gibt, die sich
jetzt allerdings nicht rein in der Legistik niederschlagen, wenn es zum
Beispiel um Energiesparmaßnahmen geht, wo verschiedene Bundesländer durchaus
unterschiedliche Regelungen getroffen haben, die dann aufeinander auch positiv
einwirken können.
Die
Gefahr allerdings, dass ein Bundesland sagt, Energiesparen ist für mich
vollkommen überflüssig, weil ich ja ohnehin genügend Energie - wegen welcher
Gründe auch immer - zur Verfügung habe, besteht. Und hier ist die
Einheitlichkeit des Bundesgebietes natürlich schon auch ein Problem, was man
langfristig sehen muss. Ich
glaube nämlich nicht, dass man - und hier komme ich zum Schluss meiner
Ausführungen - durch eine Ausdehnung des Konsultationsmechanismus auf mehrere
andere Felder, wie es ja auch andiskutiert wurde, nach der derzeitigen Form
oder nach einer verschärften Form den Lösungsschlüssel in der Hand hat. Denn
die Vision eines einzigen Bundeslandes oder eines vielleicht kurzzeitig entgleisten
Landeshauptmannes, der wichtige Vorhaben legistischer Art auf allen Ebenen dann
endgültig bremsen kann, kann wohl auch nicht eine sein, die wir uns für die
neue Bundesstaatlichkeit vorstellen. Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Abgeordnete.
Als
Nächster zu Wort gemeldet hat sich Prof. Grabenwarter. - Bitte schön.
DDr. Christoph Grabenwarter: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren!
Wenn
man den Ausschussbericht, der wirklich inhaltsreich ist, genau liest und heute
die Wortmeldungen insbesondere der Ausschussmitglieder im Gesamtbild würdigt,
so zeigen sich drei Punkte, die doch Konsens, breiten Konsens aufweisen.
Das
Erste ist wohl das umfassende Bekenntnis zum Bundesstaat, und, darauf
aufbauend, die Prämisse ausgewogener Aufgabenverteilung zwischen Bund und
Ländern. Und es ist sehr schön, dass heute die Effizienz immer wieder beschworen
wurde. Wenn man den Effizienzbegriff etwas weiter fasst, dann kann man auch
eine Mitteilung des vom Ausschussvorsitzenden Bußjäger geleiteten Instituts
nutzbar machen, wo nachgewiesen wurde, dass auch die Lebenserwartung in
Bundesstaaten höher sein soll, als in Einheitsstaaten. Das vielleicht mag die
Argumente für den Bundesstaat noch etwas bereichern.
Auch
der zweite Konsenspunkt, die Drei-Säulen-Struktur oder die drei Kompetenztypen
sind als echter Fortschritt zu begreifen.
Dass es Drei-Säulen-Modell heißt, mag in einem Haus wie diesem, wo man
an Säulen kaum vorbeikommt, nicht überraschen.
Und
drittens schließlich: die Schaffung größerer abgerundeter Aufgabenbereiche,
auch das findet sich in allen Stellungnahmen wieder.
Ich
möchte zu diesen drei Punkten zwei Fußnoten anbringen, die nicht als
Widerspruch, sondern als konstruktive Kritik gedacht sind.
Die
erste betrifft das Spannungsverhältnis zwischen objektiven und subjektiven
Kriterien, beziehungsweise damit korrelierend die Frage, ob man das rechtlich
steuernd oder politisch auflösen soll. Ich denke, dass wir gerade in Österreich
eine Tradition haben, die Kompetenzverteilung auf einem relativ hohen
methodischen und theoretischen Niveau zu diskutieren. Das Versteinerungsprinzip
wurde heute genannt. Solche Fragen im rechtlichen, letztlich im justiziellen
Weg vor dem Verfassungsgericht zu lösen, das ist nicht in allen Staaten Europas
der Fall. Ja, selbst in Deutschland, wo die Verfassungsgerichtsbarkeit einen
sehr hohen Stellenwert hat, ist der Auslegungsvorgang bei Kompetenztatbeständen
doch ein anderer. Ich denke nicht, dass man bestimmte Interpretationsmethoden
jetzt vorschreiben kann oder bestimmte hinausregeln kann. Ich glaube auch, dass
hinsichtlich des Versteinerungsprinzips, wenn man es so versteht, wie es in der
Wissenschaft heute diskutiert wird - es wird ja heute nicht mechanisch auf
irgendeine einfachgesetzliche Rechtslage abgestellt -, kein Regelungsbedarf
besteht. Dass die historische Auslegung im Kanon der Interpretationsmethoden
zur Anwendung kommt, das scheint wohl auch nach Lektüre des Ausschussberichts
nicht erheblich in Frage gestellt zu sein.
Ich
will aber in dem Punkt anknüpfend an Wiederin unterstreichen, dass objektive
Kriterien schon ihre Funktion haben. Warum diskutieren wir hier diese Frage?
Tatbestände in Kompetenzkatalogen haben machtbegrenzende Funktion. Sie sind
nicht nur bloß ein Arbeitsverteilungsinstrument und die Frage ist: Wollen wir,
dass die Verfassung in diesem Bereich eine erhebliche machtbegrenzende Funktion
hat? Diese Frage wird man auch zu beantworten haben, wenn man sich fragt, ob
eine Kompetenzabgrenzung nach Regelungszwecken im Vordergrund stehen soll, oder
eben Tatbestände, die Lebenssachverhalte umfassen. Auch da kann das Beispiel
der Europäischen Union durchaus als Anhaltspunkt dafür dienen, ob man das will
oder nicht. Die Europäische Union hat doch andere Ergebnisse erzielt mit
wesentlich an Zwecken orientierten Kompetenzverteilungsmechanismen.
Die
zweite Bemerkung, die ich machen möchte, ist eine rechtsvergleichende. Sie
betrifft das Wie der Kompetenzverteilung in der dritten Säule. Man sieht im
Ausschussbericht eine gewisse Neigung zur konkurrierenden Gesetzgebung. Hier
könnte ein Blick auf das Beispiel des Bonner Grundgesetzes mit den Artikeln 72
und 74 recht hilfreich sein. Man sieht hier, dass konkurrierende Gesetzgebung
zentralisierende Tendenz hat, und wenn das noch kombiniert ist mit großen
Tatbeständen, großen abgerundeten Aufgabenbereichen, dann wirkt das noch viel
schärfer. Das Beispiel, das man hier anführen kann, ist aus dem Artikel 74 GG:
Der Tatbestand des Rechts der Wirtschaft mit einem langen Klammerausdruck. Und
über diese Kompetenz holt sich der Bund sehr, sehr viel und das will ich jetzt
gar nicht politisch bewerten. Man soll sich nur in der Diskussion dessen
bewusst sein. Eine letzte Bemerkung zur Rechtslage nach dem Bonner Grundgesetz.
Die im Ausschussbericht an einigen Stellen zitierte Bedürfnisklausel des
Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz hat kaum machtbegrenzende Funktion. Das sollte
man auch bei der Diskussion über Bedarfgesetzgebung und entsprechende
Tatbestände berücksichtigen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vorsitzender des
Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schon, Herr Professor. Als Nächster hat sich Herr Generalsekretär
Wutscher zu Wort gemeldet.
Bitte schön, Herr Generalsekretär.
Mag. Werner Wutscher: Sehr
geehrter Herr Präsident! Hoher Konvent!
Ich
möchte auch einleitend mich sehr herzlich bei der Arbeit des Ausschusses 5 bedanken. Ich glaube, dass es doch beeindruckend ist, in einem sehr
politisch schwierigen und auch in der Vergangenheit verfassungsrechtlich
umstrittensten Bereich, einige sehr gute Vorschläge vorzulegen, die noch
weiterer Diskussion bedürfen. Ich möchte anschließen bei dem, was Christoph
Grabenwarter begonnen hat, aber auch Frau Abgeordnete Lichtenberger
aufgegriffen hat, nämlich die Frage der Kompetenzverteilung und den Konnex,
beziehungsweise die Kriterien, hier näher herauszuarbeiten.
Ich
bekenne mich grundsätzlich auch zu diesem Modell, diesem Drei-Säulen-Modell,
glaube aber, dass die Erarbeitung eines Kompetenzverteilungskatalogs im engen
Zusammenhang mit dem Bemühen um eine Verfassung für Europa zu sehen ist. Der
Entwurf eines Vertrags für eine Verfassung für Europa sieht im Artikel 13 den
Bereich der geteilten Zuständigkeiten zwischen Union und den Mitgliedsstaaten
vor. Unter die geteilten Zuständigkeiten fallen unter anderem bedeutende
Bereiche wie Binnenmarkt, Landwirtschaft, Verkehr, gerade auch der Umweltschutz
und Verbraucherschutz, der von Frau Abgeordneten Lichtenberger angesprochen
worden ist. Im Bereich der geteilten Zuständigkeiten wird die Union, gemäß dem
Entwurf über diese Verfassung nach dem Subsidiaritätsprinzip tätig. Und hier
glaube ich, ist es auch wichtig, dass ja gemäß der Vorgangsweise, dem Protokoll
über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, auch diesem
vorgesehenem Subsidiaritätsmechanismus - dieser neue Mechanismus soll ja hier die
Rückkoppelung mit den Parlamenten sicherstellen - ein zeitgerechtes und
effektives Agieren der Republik notwendig sein wird. Dies bedingt auch auf
nationaler Ebene eine weitgehende Zentralisierung der
Gesetzgebungszuständigkeiten in den gesamten Bereichen geteilter Zuständigkeit.
Subsidiarität
kann heute vor diesem Hintergrund nicht mehr isoliert als wesentliches Element
zwischen Gebietskörperschaften gesehen werden, sondern muss wohl im Verhältnis
Mitgliedsstaat zur Europäischen Union diskutiert und verstanden werden. Dieser
Umstand bedingt eine Neubewertung der Kompetenzverteilung, die den
Anforderungen einer schlagkräftigen Interessenswahrnehmung gegenüber der
Europäischen Union gerecht werden muss. Die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten
erfordert zum anderen nach der geltenden innerstaatlichen Kompetenzverteilung
zersplitterte Materien in abgerundeten und praxistauglichen, sowie im Besondern
auch durch die entsprechende Rechtslage der Europäschen Union zu
berücksichtigende Kriterien. Damit wird es auch möglich werden, diese
Verpflichtungen effektiv und rasch umzusetzen.
Im
neuen Kompetenzkatalog soll daher eine maßvolle Fortentwicklung der geltenden
Kompetenzbegriffe - ich bin hier durchaus bei Lengheimer - in breitere
Kompetenzfelder angestrebt werden, nicht nur damit sich die Verwaltung besser
zurecht findet, sondern vor allem der Bürger, denn für ihn gilt es ja hier
auch, die entsprechenden Tatbestände zu übersetzen. Neue, größere Kompetenzbereiche, die nach
Lebenssachverhalten gegliedert sind, sind zu schaffen. Dabei sollen diese
größeren Bereiche, die bereits bestehen, in Kompetenzbegriffen in Deckung
gebracht werden können, um eine Zuordnung auch klar und nachvollziehbar
vorzunehmen. Wo dies nicht möglich ist, nämlich wo es nicht möglich ist, genau
aufzuteilen zwischen Bund und Ländern, sollte dann die gemeinschaftliche
Zuständigkeit, die berühmte dritte Säule greifen und hier auch verankert
werden. Dabei ist es extrem wichtig, die Länder bei der Kompetenzausübung des
Bundes in den gemeinschaftlichen Zuständigkeiten frühzeitig einzubinden - vor
allem die Vollzugserfahrung wird hier wichtig sein. Dies würde ermöglichen,
einen effektiven Gesetzgebungsprozess entsprechend vorzusehen und umzusetzen.
Zusammenfassend
darf ich damit betonen, dass die neue Kompetenzverteilung zum einen den
Anforderungen im Hinblick auf die Europäische Union gerecht werden sollte, zum
anderen muss das Verhältnis zwischen Bund und Ländern im Verfahren der
Gesetzgebung im Bereich der gemeinschaftlichen Zuständigkeiten von Transparenz
und rechtzeitiger Möglichkeit der Geltendmachung von Interessen geprägt sein.
Aber auch hier hat die Effektivität gesetzgeberischen Handelns oberste
Priorität. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Generalsekretär.
Als
Nächster hat sich Herr Landeshauptmann Pühringer zu Wort gemeldet. - Bitte
schön.
Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das
Verhältnis Bund-Länder und die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern
ist ein Kernpunkt einer neuen modernen Verfassung. Ich glaube, da sind sich
alle einig. Mehr aber noch eine sinnvolle Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Ländern. Eine sinnvolle Aufgabenverteilung ist auch ein zentraler Bereich einer
modernen Staatsgestaltung überhaupt. Ich bekenne mich daher zu einem sinnvollen
- ich möchte sinnvoll besonders unterstreichen - zu einem sinnvollen
Dreisäulenmodell. Die jetzige Typenvielfalt ist sicher ein Problem. Ich glaube,
das steht außer jeder Diskussion.
Ich
habe das Wort „sinnvolles Dreisäulenmodell“ deswegen gewählt, denn die
Zuteilung zur dritten Säule muss nach dem Kriterium der Sinnhaftigkeit erfolgen
und die dritte Säule darf nicht als ein Sammelsurium gesehen werden bei all
dem, wo man sich bei der Zuteilung zur Säule eins und zwei nicht einigen kann.
Das wird ganz entscheidend sein. Aber es gibt Materien, wo ein Zusammenwirken
zwischen Bund und Ländern sinnvoll ist, von Haus aus sinnvoll ist, und daher
auch in der Kompetenzverteilung verankert werden soll.
Die
Länder sind in der Lage und auch bereit, neue Aufgaben zu übernehmen,
allerdings bei der Kompetenzverteilung gibt es zwei Einschränkungen. Erstens -
ich schließe bei dem an, was Generalsekretär Wutscher gesagt hat - es machen
nur abgegrenzte Kompetenzbereiche Sinn. Ein Fleckerlteppich-Modell ist nicht
sinnvoll, so quasi, dass man sich gegenseitig befriedigt und sagt, das gibt man
in die Kompetenz der Säule drei halt aus dem allgemeinen Kompetenzbereich
heraus, damit man einen Konsens findet.
Und
zweitens: Die Länder müssen darauf hinweisen, wenn sie neue Aufgaben
übernehmen, brauchen sie auch die entsprechenden finanziellen Mittel. Die
Übernahme neuer Aufgaben ohne finanzielle Dotation wäre aus der Sicht der
Länder verantwortungslos.
Die
Forderung nach einer Kompetenzstärkung der Landtage und der Länder ist auch im
Sinne der Ausgeglichenheit gerechtfertigt, denn man darf eines nicht übersehen,
der Bund hat eine zentrale Aufgabe, nämlich die Vertretung der Interessen der
Republik Österreich in der Europäischen Gemeinschaft, dazu bekommen. Daher ist im
Sinne der Ausgeglichenheit, glaube ich, eine Stärkung der Landeskompetenzen
gerechtfertigt. Und wie wichtig diese Vertretung in der EU ist, wird uns ja
täglich vor Augen geführt.
Ich
glaube daher, dass die entscheidende Stunde in der Aufteilung Länderkompetenzen
wahrscheinlich nicht heute schlägt - denn zu einem Modell wird man sich finden
-, sondern wenn die Säulen zugeteilt werden und wenn die Frage im Fachausschuss
10 hinsichtlich der
Finanzen zu lösen ist.
Es
gibt in dem Zusammenhang noch eine zweite entscheidende Frage aus der Sicht der
Länder, das ist eine wiederum sinnvolle Mitwirkung der Länder bei der
Bundesgesetzgebung. Ich habe dazu im letzten Plenum schon einiges gesagt. Ich
sage noch einmal, weil das immer wieder unrichtig dargestellt wird, die Länder
wollen weder die Verhinderer sein, noch wollen sie sich zum Gschaftlhuber der
Republik entwickeln. Auch nicht die Landeshauptleute, Frau
Nationalratsabgeordnete Lichtenberger.
Die
Länder wollen dort in die Bundesgesetzgebung sinnvoll eingebunden werden, und
nur dort, ich betone das, nur dort, wo die Länder auch wirklich betroffen sind,
insbesondere wo es finanzielle Auswirkungen für die Länder gibt. Vorschläge für
diese Mitwirkung durch einen Bundesrat neu wurden von mir bereits letztes Mal
entsprechend eingebracht. Ich wiederhole daher nur den einen Satz: Will der
Bundesrat eine Existenzberechtigung wirklich in dieser Republik haben, und die
hat er, dann muss er zu einer echten Länderkammer werden. Eine zweite Kammer in
der Bundesgesetzgebung - dafür finde ich keine Gründe. Und will er eine
richtige Länderkammer werden, dann muss es sicherlich wenige, aber wichtige
Materien geben, wo dem Bundesrat nicht nur eine Verhinderungs- oder
Verzögerungsaufgabe zukommt, sondern echte Zustimmungsrechte.
Meine
Damen und Herren! Die Länder sind zur Neuordnung bereit unter obigen
Bedingungen, die ich genannt habe. Ich schließe mit einer Aussage von Prof.
Kramer von WIFO, der gemeint hat schon vor einiger Zeit in einem sehr
interessanten Artikel zur Kompetenzverteilung: Letztendlich sind dezentrale
Lösungen immer kostengünstiger, auch wenn oft trügerisch auf den ersten Blick
zentrale Lösungen als kostengünstiger erscheinen. Letztlich sind die
dezentralen für den Steuerzahler immer noch günstiger, haben sich immer noch
als die günstigeren entwickelt.
Danke.
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Landeshauptmann! Mit Ihrer Wortmeldung ist die
Rednerliste erschöpft. Ein weiterer Tagesordnungspunkt steht nicht auf dem
Programm, daher ist auch die Tagesordnung erschöpft.
Ich
darf bekannt geben, dass die nächste Sitzung, die für den 26. April vorgesehen
war, über vielfachen Wunsch entfällt, denn es handelt sich um den Tag nach der
Bundespräsidentenwahl, und es ist der Wunsch von vielen Seiten an mich
herangetragen worden, dass dieser Tag nicht einer Sitzung des Konvents gewidmet
sen sollte, denn vermutlich würde das Interesse der Mitgliedern des Konvents an
einer Sitzung kein so hohes sein wie an einem anderen Tag. Ich habe mich diesem
Wunsch gebeugt, und wir werden daher den 26. April als Konventstag entfallen
lassen. Wir werden das auch noch schriftlich für jene bekannt geben, die heute
nicht anwesend sind. Die nächste Sitzung des Konvents wird dann laut unserem
Programm am 17. Mai stattfinden. Bis dahin werden weitere Berichte von
Ausschüssen vorliegen, und wir werden diese Berichte - es werden vermutlich
mindestens drei sein - am 17. Mai in Beratung nehmen.
Ich
danke für die heutige Aufmerksamkeit, danke nochmals dem Vorsitzenden des
Ausschusses 5 und auch den Mitgliedern
des Ausschusses, danke aber auch den übrigen Konventsmitgliedern für die sehr
rege Diskussion, für die sehr konstruktiven Vorschläge, die zum Bericht des
Ausschusses 5 eingebracht wurden, und
darf die Sitzung schließen. - Danke schön.