Österreich-Konvent
TONBANDABSCHRIFT
14. Sitzung,
Montag, 18. Oktober 2004
Inhalt
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler................................... 4
DDr. Heinz Mayer........................................................................................................ 5
Dr. Andreas Khol......................................................................................................... 8
Dr. Peter Kostelka...................................................................................................... 9
Dr. Eva Glawischnig................................................................................................. 10
Herbert Scheibner.................................................................................................... 11
Dr. Peter Wittmann................................................................................................... 13
Dr. Günter Voith........................................................................................................ 14
Dr. Christoph Leitl.................................................................................................... 15
MMag. Dr. Willi Brauneder...................................................................................... 16
Dr. Ewald Wiederin................................................................................................... 18
Dr. Klaus Poier.......................................................................................................... 22
Dr. Johannes Schnizer............................................................................................ 23
Dr. Eva Glawischnig................................................................................................. 25
Dr. Theodor Öhlinger............................................................................................... 26
Dr. Gerhart Holzinger.............................................................................................. 28
Herwig Hösele........................................................................................................... 31
Stellvertretende Vorsitzende des
Österreich-Konvents Angela Orthner
(übernimmt den Vorsitz).......................................................................................... 32
Albrecht Konecny..................................................................................................... 32
MMag. Michael Neureiter........................................................................................ 33
Dipl.-Kfm. Erich Pramböck....................................................................................... 34
Dr. Kurt Stürzenbecher........................................................................................... 35
Dr. Ernst Strasser..................................................................................................... 36
Dipl.-Kfm. Erich Pramböck....................................................................................... 36
Herwig Hösele........................................................................................................... 37
Dr. Bernd-Christian Funk........................................................................................ 38
Mag. Anna-Maria Hochhauser................................................................................. 40
Friedrich Verzetnitsch............................................................................................. 41
Mag. Terezija Stoisits.............................................................................................. 42
Mag. Johanna Ettl..................................................................................................... 44
Christine Gleixner.................................................................................................... 44
Dr. Michael Holoubek............................................................................................... 45
Dr. Ewald Wiederin................................................................................................... 46
Dr. Peter Bußjäger................................................................................................... 47
Dr. Johannes Schnizer............................................................................................ 50
Dr. Hans-Peter Hanreich......................................................................................... 51
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz
Fiedler
(übernimmt den Vorsitz).......................................................................................... 52
Dr. Kurt Stürzenbecher........................................................................................... 52
Dr. Nikolaus Bachler................................................................................................ 54
Angela Orthner.......................................................................................................... 54
MMag. Dr. Willi Brauneder...................................................................................... 56
Dr. Johannes Abentung........................................................................................... 56
Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Peter Kostelka
(übernimmt den Vorsitz).......................................................................................... 59
Dr. Theodor Öhlinger............................................................................................... 59
Dr. Hans-Peter Hanreich......................................................................................... 61
Dr. Peter Bußjäger................................................................................................... 61
Dr. Manfred Matzka.................................................................................................. 62
Dr. Eva Glawischnig................................................................................................. 63
Dr. Manfred Matzka.................................................................................................. 65
Dr. Hans-Peter Hanreich......................................................................................... 67
Mag. Johanna Ettl..................................................................................................... 68
Herwig Hösele........................................................................................................... 69
Albrecht Konecny..................................................................................................... 71
Dr. Klaus Poier.......................................................................................................... 73
Dr. Herbert Haller..................................................................................................... 74
Dr. Kurt Stürzenbecher........................................................................................... 77
Mag. Terezija Stoisits.............................................................................................. 78
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz
Fiedler
(übernimmt den Vorsitz).......................................................................................... 79
Dr. Johannes Schnizer............................................................................................ 79
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz
Fiedler................................. 80
Tagesordnung
1) Referate der
Vorsitzenden der Ausschüsse 1 bis 10
des Konvents
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die heutige Sitzung eröffnen und Sie
alle recht herzlich begrüßen.
Meine Damen und Herren!
Der Konvent gelangt in seine Endphase, und ich darf in Erinnerung bringen, dass
wir bis Jahresende den Entwurf für eine neue Verfassung erarbeiten sollen.
Ich möchte bei dieser
Gelegenheit die bisher hervorragende Arbeit, vor allem in den Ausschüssen,
loben, ich möchte auf diesem Wege auch ganz entschieden irgend welchen Stimmen,
die sich immer wieder melden entgegentreten, der Konvent arbeite nichts
beziehungsweise es würde nichts an Ergebnissen erarbeitet werden. Wir haben in
den Ausschüssen eine ausgezeichnete Aufbereitung der Grundlagen für die in der
nunmehr zur Verfügung stehenden Zeit vorzunehmenden Entscheidungen. Und wir
haben auch zu einem nicht geringen Teil bereits Texte von den Ausschüssen
erarbeitet bekommen.
Natürlich soll nicht
übersehen werden, dass es noch vielfach unterschiedliche Meinungen zu nicht
wenigen Problemen gibt, und es muss daher unser Anliegen sein, in der zur
Verfügung stehenden Zeit zu einer möglichst einvernehmlichen Willensbildung zu
kommen. Es sind daher alle Mitglieder des Konvents aufgerufen, im Konsens die
Arbeit in dieser Endphase fortzusetzen.
Die heutige Sitzung
soll dazu dienen, für den Konvent und für die einzelnen Mitglieder des Konvents
eine gewisse Standortbestimmung vorzunehmen. Wir haben noch nicht alle
ergänzenden Berichte der Ausschüsse bekommen, und wir sollten auch nicht auf
alle noch zu erstellenden ergänzenden Berichte warten, sondern zu Beginn dieser
Phase uns auch mündlich von den Vorsitzenden der jeweiligen Ausschüsse darüber
informieren lassen, wie der derzeitige Stand in jedem Ausschuss ist. Auf diese
Art und Weise gelangen alle Mitglieder des Konvents, ganz gleich welchem
Ausschuss sie angehören, zu einer umfassenden Information über die Tätigkeit
aller Ausschüsse.
Es wurden daher die
Vorsitzenden der Ausschüsse gebeten, ein Referat darüber zu halten, was bisher
im jeweiligen Ausschuss erreicht wurde, und zweitens, und das halte ich für
besonders wichtig, woran in der noch zur Verfügung stehenden Zeit besonders
gearbeitet werden muss, wo also besondere Problemfelder noch einer Lösung
harren.
Die heutige Sitzung
soll natürlich auch dazu dienen, die Meinungen der übrigen Konventsmitglieder
zu dem derzeitigen Stand der Beratungen in den Ausschüssen einzuholen und es
sollen natürlich auch Lösungen von jedem Konventsmitglied angeboten werden
können, und es ist der Konvent insgesamt für jeden Lösungsansatz dankbar.
Die Tagesordnung wird
derart ablaufen, dass beginnend mit dem Ausschuss I der jeweilige Vorsitzende
ein 15 Minuten nicht überschreitendes Referat halten wird, und im Anschluss
daran die Möglichkeit besteht, sich zu Wort zu melden. Es liegen bereits
zahlreiche Wortmeldungen vor.
Nach dem Ausschuss 1
wird der Ausschuss 2 beziehungsweise das Referat des Vorsitzenden des
Ausschusses 2 in Behandlung genommen werden, und dementsprechend wird die
weitere Reihenfolge einzuhalten sein. Mit einer einzigen Ausnahme - das darf
ich jetzt bereits ankündigen - Minister Straßer hat ersucht, da er zeitliche
Schwierigkeiten hat, ungefähr um 12 oder 12.15 Uhr mit seinem Referat
eingeschoben zu werden. Ich gehe davon aus, dass das Ihre Zustimmung findet,
und man wird sich diesbezüglich dann nicht so streng an die Reihenfolge halten.
Sie wird aber daraufhin wieder fortgesetzt werden. Also, nach Bundesminister
Straßer wird die Reihenfolge der Ausschüsse, so wie sie nun beginnen wird, dann
wieder fortgesetzt werden.
Zwei Vorsitzende sind
bedauerlicher Weise heute verhindert, ihre Referate zu halten. Es ist dies
Präsident Korinek für den Ausschuss 2; sein Referat wird von Prof. Wiederin
übernommen, dem ich dafür danke. Und es ist die Vorsitzende des Ausschusses 8,
Frau Präsidentin Prammer, verhindert; sie wird durch Herrn Bundesrat Hösele
vertreten.
So weit der geplante
Ablauf der Tagesordnung.
Ich darf nun als Ersten
den Vorsitzenden des Ausschusses 1, Herrn Univ.-Prof. Dr. Mayer
bitten, zu uns zu sprechen.
DDr.
Heinz Mayer : Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich möchte meinen
Bericht zweiteilen. Zunächst mache ich einige allgemeine Vorbemerkungen und
dann einige Bemerkungen zu einzelnen Staatsaufgaben und Staatszielen.
Der Ausschuss hat sich
vorerst mit der Frage beschäftigt, welche Staatsaufgaben in sein Mandat fallen,
und ist dabei davon auszugehen, dass es nur darum gehen kann, zu prüfen, welche
Staatsaufgaben verfassungsrechtlich festzuschreiben sind und nicht, welche
Staatsaufgaben überhaupt besorgt werden sollen.
Ausgehend davon stellte
sich dem Ausschuss eine grundsätzliche Frage, nämlich zunächst einmal die
bestehenden Staatsaufgaben zu analysieren und auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen.
In der Folge hatte der Ausschuss die wesentlich schwierigere Frage zu
beantworten, ob empfohlen werden soll, in eine neue Verfassung auch neue
Staatsziele und Staatsaufgaben aufzunehmen. Hier gab es eine Divergenz im
Ausschuss, die bis zum Schluss der Beratungen unverändert bestehen blieb.
Während die einen eine sehr schlanke Verfassung, die die politischen
Entscheidungsträger möglichst wenig bindet, befürwortet haben, gab es starke
Strömungen, die das nicht wollten und sich stattdessen für eine Verfassung mit
bestimmten inhaltlichen Festlegungen eingesetzt haben.
Man muss dazu sagen,
dass der Unterschied zwischen dem, was man so herkömmlicher Weise als
Spielregelverfassung bezeichnet, und einer Verfassung mit Staatszielen und
Staatsaufgaben ein relativer ist. Insbesondere ist auch unsere geltende
Verfassung keine reine Spielregelverfassung, weil sie sowohl Staatsziele wie
auch Grundrechte enthält und damit gewisse inhaltliche Festlegungen aufweist.
Dennoch, diese Divergenz - auf der einen Seite schlanke Verfassung mit wenig
Festlegungen, auf der anderen Seite eine Verfassung, die angereichert ist mit
Staatsaufgaben - begleitete den Ausschuss vom Anfang bis zum Ende.
Wir sind daher so
vorgegangen, dass wir zunächst die bestehenden Staatsziele auf ihre
Sinnhaftigkeit und allenfalls daraufhin geprüft haben, ob sie einer Abänderung
unterzogen werden sollen. Danach haben wir es unternommen, zirka 50 neue
Vorschläge für Staatsziele zu diskutieren. Diese neuen Vorschläge sind zum Teil
von Mitgliedern des Ausschusses gekommen, zum Teil wurden sie in den Hearings,
die das Plenum des Österreich-Konvents
vor einem knappen Jahr durchgeführt hat, an uns herangetragen.
Wir haben bei den neuen
Staatszielen die Vorgangsweise gewählt, dass wir gesagt haben, wenn es überhaupt
eine politische Einigung geben sollte, in eine neue Verfassung auch neue
Staatsziele aufzunehmen, dann schlagen wir „Kandidaten“ vor, von denen wir
glauben, die sollten dabei sein. Wir haben keine Festlegung getroffen, dass
diese Staatsziele in die Verfassung kommen sollen, sondern wir haben uns nur
geeinigt, zunächst diejenigen Staatsziele auszuarbeiten und vorzuschlagen, die,
sollte es zu einem Katalog von Staatsaufgaben und Staatszielen kommen, unserer
Meinung nach darin enthalten sein sollen.
Noch einige allgemeine
Bemerkungen. Überwiegend wurde die Auffassung vertreten, dass allfällige
Staatsziele und Staatsaufgaben in einem Verfassungstext normativ sein sollen.
Ein bloßes Dekorum wollten wir nicht vorschlagen. Überwiegend waren wir der
Meinung, dass, wenn Staatsaufgaben und Staatsziele verfassungsrechtlich
festgeschrieben werden, man eher zurückhaltend sein sollte. Selbst die, die an
sich für neue Staatsziele eingetreten sind, haben sich dieser Auffassung
angeschlossen, weil die Gefahr, dass man den politischen Spielraum allzu sehr
einengt, doch von allen gesehen wurde.
Überwiegend wurde die
Auffassung vertreten, dass diejenigen Werte, die als schützenswert betrachtet
werden, wenn möglich als Grundrechte festgelegt werden sollen, das heißt, es sollen
überall dort, wo es möglich ist, subjektive Rechte, die vom Einzelnen
durchsetzbar sind, geschaffen werden. Staatsziele eher nur dann, wenn die
Schaffung eines Grundrechts nicht möglich ist.
Der Ausschuss hat sich
auch mit der Frage beschäftigt, ob es sinnvoll wäre, die Kernaufgaben des
Staates zu definieren und verfassungsrechtlich festzuschreiben. Ich erinnere an
die diesbezügliche Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Wir sind zum
Ergebnis gelangt, dass man dem nicht näher treten soll.
Noch eine letzte
allgemeine Bemerkung: Wir waren überwiegend der Meinung, dass ein allfälliger
neuer Staatszielkatalog nur demonstrativen Charakter haben sollte; die
Verfassung soll nicht die Aufgaben des Staates abschließend definieren, sondern
wenn, dann nur demonstrativ.
Ich komme nun zu den
bestehenden Staatszielen.
1. Zunächst Artikel 13,
Absatz 2 der Bundesverfassung, Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht.
Überwiegend wurde die Auffassung vertreten, dass diese Bestimmung durch die
Entwicklung auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts überholt ist und keine
eigenständige Bedeutung mehr hat. Gleichwohl konnte sich die Mehrheit des
Ausschusses nicht dazu durchringen, eine ersatzlose Streichung dieser
Bestimmung zu empfehlen. Wir haben einen Experten des Finanzministeriums
gehört. Ich habe es dann übernommen, dessen Ausführungen in einen Vorschlag zu
gießen. Es gab weitere Vorschläge. Ergebnis: Keiner der vorgelegten Vorschläge
fand einen Konsens. Im Wesentlichen haben die Mitglieder, die die Interessen
der Bundesländer besonders betont haben, darauf hingewiesen, dass
Koordinationsinstrumente in Bezug auf Haushalte der Gebietskörperschaften eine
Einengung des politischen Handlungsspielraumes der Bundesländer bewirken
könnten.
2. Gleichbehandlung von Mann und Frau,
Artikel 7, Absatz 2 und Absatz 3 B-VG. Hier war man überwiegend der Meinung,
dass die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau derzeit nicht erreicht
ist, dass dies aber für die künftige Politik ein Ziel sein muss. Gleichwohl
wurden Zweifel geäußert, ob die Verfassung das richtige Instrument ist, dieses
Ziel zu erreichen. Mehrheitlich war die Meinung des Ausschusses, dass es eine
Pflicht der Gebietskörperschaften sein soll, geeignete Maßnahmen zur
Herbeiführung dieser tatsächlichen Gleichstellung von Männer und Frauen zu
ergreifen. Wir haben einen Kompromissvorschlag erarbeitet, der überwiegend
akzeptiert wurde.
3. Schutz und Gleichstellung von
Behinderten. Alle Mitglieder des Ausschusses waren der Meinung, dass es sich
dabei um ein ernstes Anliegen handelt. Ähnlich wie bei der Gleichstellung von
Mann und Frau wurden Zweifel geäußert, ob die Verfassung das geeignete
Instrument ist, das gewünschte Ziel zu erreichen.
4. Umweltschutz.
Überwiegend war die Meinung, dass das geltende BVG Umweltschutz allzu sehr den
Stempel seiner Entstehungszeit trägt, dass dieses Umweltschutz-BVG nur die
Bewahrung der Umwelt zum Ziel hat und durch eine modernere Formulierung ersetzt
werden sollte. Wir haben einen Textvorschlag im Konsens erarbeitet. Im Prinzip
geht es darum, stärker das Element der Nachhaltigkeit und das
Verursacherprinzip zu betonen. Wir haben in diesem Bereich Konsens erzielt.
5. Umfassende Landesverteidigung. Hier gab
es zunächst einen Konsens, dass die Absätze 1 und 2 des Artikel 9 a ersatzlos
zu streichen sind. Dieser Konsens ist nachträglich weggefallen. Wir bekamen den
Auftrag, uns nochmals mit dieser Frage zu beschäftigen. Ich verhehle nicht,
dass einzelne Mitglieder des Ausschusses etwas irritiert waren, warum sich der
Ausschuss noch einmal mit einer Frage beschäftigen muss, in der er schon
Konsens erzielt hatte. Das Ergebnis wird im Bericht über diese
Mandatsergänzung, die Ihnen, Herr Präsident, in den nächsten Tagen übergeben
wird, nachzulesen sein. Wir haben, ich darf es vorwegnehmen, als Beratungsgrundlage
vier Textvorschläge gehabt. Kein Textvorschlag hat Konsens erzielt.
6. Neutralität. Hier war die überwiegende
Meinung, dass das geltende Neutralitäts-Bundesverfassungsgesetz durch
nachfolgende Verfassungsänderungen materiell zum Teil derogiert ist. Es hat
Versuche gegeben, einen Text zu formulieren, der die gegenwärtige Rechtslage,
so wie sie sich nach eingetretener Derogation darstellt, zum Ausdruck bringt.
Es gab mehrere Textvorschläge, keiner hat Konsens erzielt.
7. Konsens haben wir erzielt bei der
Beibehaltung des Verbots der Wiederbetätigung. Hier war im Ausschuss Konsens,
dass keine Änderung erfolgen soll.
8. Überwiegend wurde die Auffassung
vertreten, dass auch im Bereich des Rundfunk-BVG keine Änderung erfolgen soll.
Die Festlegung des Rundfunks als öffentliche Aufgabe sollte nach überwiegender
Meinung des Ausschusses weiterhin verfassungsrechtlich festgelegt bleiben.
9. Bildung. Hier gab es einen Konsens zu
einer Neuformulierung einer Regelung, die im Prinzip schon den Artikel 17
Staatsgrundgesetz prägt. Der Ausschuss hat diese Frage beraten und einen
Vorschlag erstattet.
10. Volksgruppen. Hier
wurde die Erweiterung der Schutzwirkung über die autochthonen Minderheiten
hinaus diskutiert, auf andere Gruppen, wie zum Beispiel auf Zuwanderer. Es gab
keinen Konsens, weder über die Frage der Erweiterung, noch über die Frage der
Neuformulierung des geltenden Rechts.
Wir hatten schließlich
rund 50 Vorschläge für neue Staatsziele zu diskutieren. Wir haben uns dieser
Aufgabe unterzogen, haben in wenigen Fällen Konsens erzielt und das nur unter
der Voraussetzung, dass man sich politisch dafür entscheidet, überhaupt neue
Staatsziele in die Verfassung aufzunehmen. Wenn es eine solche Entscheidung
gibt, dann haben wir vorgeschlagen, die Daseinsvorsorge und die neu formulierte
Bildung in die Verfassung aufzunehmen.
Ich darf noch ganz kurz
auf weitere Ergänzungsmandate Bezug nehmen, die wir bereits bearbeitet haben.
Der Bericht wird in den nächsten Tagen fertig gestellt sein. Wir wurden
beauftragt, die Südtirol-Frage als Staatsaufgabe in die Verfassung aufzunehmen.
Es gab keinen Konsens.
Wir haben auch die
Frage, ob die Altösterreicher besonders in der Verfassung erwähnt werden
sollen, diskutiert. Auch hier gab es keinen Konsens. In beiden Fällen war der
Ausschuss überwiegend der Auffassung, dass man diesen Staatszielen nicht näher
treten sollte.
Meine Damen und Herren!
Trotz meiner grundsätzlichen Skepsis gegen eine Anreicherung der Verfassung mit
Staatszielen und Staatsaufgaben glaube ich, dass das Ergebnis dort, wo wir
Konsens erzielt haben, einen guten Kompromiss darstellt, zwischen denen, die
überhaupt keine Staatsaufgaben und Staatsziele in der Verfassung wollen und
denen, die mehr wollen.
Ich möchte allerdings
der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass sich der Verfassungsgesetzgeber die
Erfüllung weiterer Wünsche versagen möchte. Ich möchte schließen, meine Damen
und Herren, und meinen Ausschussmitgliedern sehr herzlich für ihre Mühe danken.
Wir haben in einer sehr sachlichen und korrekten Atmosphäre sehr, sehr
schwierige Fragen diskutiert. In der Sache hart und engagiert, aber im
persönlichen Umgang verbindlich; mehr glaube ich, kann man sich nicht erwarten.
Danke schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents
Dr. Franz Fiedler : Ich danke auch, Herr
Professor, für die Ausführungen und auch natürlich für die geleistete Arbeit;
der Dank gilt in gleicher Weise natürlich auch den übrigen Mitgliedern des
Ausschusses.
Wir
treten nun in die Diskussion über das Referat von Herrn Professor Mayer ein,
und ich darf als Erstem Herrn Präsident Dr. Khol das Wort erteilen. - Bitte,
Herr Präsident!
Dr. Andreas Khol : Meine Damen und Herren! Zuerst möchte
einmal allen Mitgliedern des Konventes, vor allem aber auch den
Ausschussvorsitzenden und ihren Stellvertretern, sehr, sehr herzlich für die
geleistete Arbeit danken.
Ich
bin überzeugt, dass das, was bis jetzt erreicht wurde, allein schon genügen
würde, um das ganze Experiment Österreich-Konvent zu rechtfertigen - wir werden
mehr erreichen.
Wenn
man sich die Ausschussberichte durchsieht, und gestatten Sie mir, dass ich da
eine Grosso-modo-Evaluierung gebe, so ist es im Ausschuss 1 gelungen, die
Problemlage sehr deutlich darzustellen. Ich glaube, dass es schon wichtig ist,
dass wir hier verschiedene Standpunkte miteinander konfrontieren und zum
Ausgangspunkt weiterer Beratungen machen.
Wir
haben im Ausschuss Nr. 2 die Frage der Entrümpelung der Bundesverfassung,
glaube ich, in einer exemplarischen Weise bereits gelöst, das heißt, 1300
Verfassungsbestimmungen werden obsolet erklärt. Wir haben im Ausschuss 2 über
die Systematik und den Aufbau einer Bundesverfassung einen hervorragenden
Vorschlag erhalten, an dem sich das Präsidium orientiert.
Wir
haben des Weiteren in anderen Ausschüssen, und ich möchte da vor allem den sehr
arbeitsreichen, arbeitsintensiven Grundrechtsausschuss nennen, bereits
wesentliche Konturen eines einheitlichen, alle anderen Grundrechtsquellen
ersetzenden Grundrechtskatalogs erzielt, und ich bin an sich sehr befriedigt
darüber und möchte mich auch bei den Sozialpartnern dafür bedanken, dass ein
von den Sozialpartnern, die im Konvent vertreten sind, eine Regelung für die
sozialen Grundrechte erarbeitet wurde. Denn es ist auch mein
Verfassungsverständnis, dass an der Spitze einer neuen Verfassung ein
umfassender Grundrechtskatalog stehen muss und dieser sollte soziale
Grundrechte in einer gewährleisteten und leistbaren Form enthalten.
Daher
bedanke ich mich bei Präsident Leitl und bei Präsident Verzetnitsch, die hier
im Konvent die Verhandlungen geführt und gestaltet haben.
Wir
haben Konsens erzielt über eine Neuorganisation der Gerichtsbarkeit. Wir haben
Konsens erzielt über die Einrichtung von Verwaltungsgerichten und in den Ländern,
mit voller Kognition. Das heißt, dass sind alles Dinge, und ich sitze jetzt
schon sehr lange an den Ufern der Verfassungsreform in diesem Land - die
Bundesstaatsreform verbindet mich mit Kollegen Kostelka - wo wir nichts weitergebracht haben. Das, was hier jetzt schon Konsens ist, ist im
Wesentlichen in der Bundesstaatsreform nie erzielt worden. Was haben wir uns gestritten
über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern. Was haben wir uns
gestritten über die mittelbare Bundesverwaltung und ähnliche Dinge!
Das
heißt also, glaube ich, dass wir auf gutem Wege sind, das Ziel zu erreichen. Es
wird jetzt natürlich gewarnt vor der Eile. Es wird gewarnt vor dem Scheitern.
Ich glaube, wir sollten uns klar bewusst sein, es gibt den Auftrag, den das
Gründungskomitee dem Konvent gegeben hat. Ich werde alles tun, um den Herrn
Vorsitzenden, dem ich für seine Arbeit herzlich danke, zu unterstützen in
seiner Zielsetzung und das ganze Präsidium des Konventes möchte ihn da
unterstützen, einen Verfassungstext bis Mitte Dezember vorzulegen. Zu diesem
Zweck wird es eine Klausur des Präsidiums geben, am 22. und 23. November,
und wir treten jetzt in die Endphase der Beratungen ein. Das wird natürlich
bedeuten, dass wir uns alle intensiv beschäftigen müssen, dass wir auch versuchen
müssen, über eigene Standpunkte hinauszugehen und Konsens zu erzielen.
Ich
bin aber überzeugt, dass der Geist, in dem bisher beraten wurde in den
Ausschüssen, auch zeigen wird, dass wir dazu in der Lage sind. Ich bedanke mich
für Ihre Arbeit und hoffe, dass wir sie auch gut abschließen werden.
Vorsitzender des Österreich-Konvents
Dr. Franz Fiedler : Besten Dank, Herr Präsident!
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Dr. Kostelka. Bitte sehr,
Herr Volksanwalt!
Dr. Peter
Kostelka : Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Hoher Konvent!
Ich kann den
euphorischen Worten von Herrn Präsidenten Khol auch einen Schuss an Skepsis
hinzufügen, was in diesem Stadium der Diskussion sich durchaus am Vorbild anderer
Konvente und am Vorbild der Tätigkeit der Europäischen Union orientiert. Auch
dort gibt es, wenn dann der gesetzte Zeitpunkt langsam naht und das Ende der
Tätigkeiten bereits absehbar wird, jeweils eine Diskussion, ob das, was
unmittelbar vor dem Konvent liegt, denn überhaupt schaffbar ist, ob nicht der
Zeitpunkt verlängert werden sollte, und ob vielleicht das Programm nicht zu
weit gespannt worden ist.
In diesem Zusammenhang
aus meiner Sicht ein klares Wort: Ich glaube nicht, dass es bei einem Zeitraum
von 18 Monaten sinnvoll ist, zu sagen, starten wir die nächste Phase, die
nächste Raketenstufe, weil dann, um bei diesem Beispiel zu bleiben, durchaus
Gefahr besteht, dass man sich in den Orbit schießt und aus diesem nie mehr
herunterkommt. Wir haben uns 18 Monate vorgenommen, dabei soll es im
Wesentlichen auch bleiben, denn was am 21. Dezember nicht konsensfähig ist, das
wird am 15. Jänner nicht wesentlich leichter konsensfähig sein. Was nicht
heißt, dass man sich nicht noch zwei oder drei Wochen Zeit nehmen kann, um die
Dinge zu Papier zu bringen - und darauf lege ich wesentlich Wert -, sie
abschließend im Konvent zu beraten. Eine Verlängerung der Tätigkeit des
Konvents würde aber die Probleme nicht lösen. Unsere Rahmenbedingungen sind
eher kontroversieller Natur, was mich nicht sonderlich irritiert, war es doch
auch 1920 nicht anders. Auch 1920 hat man ja - und das war der Grund, warum im
Präsidium immer wieder um zusätzliche Gesetzesformulierungen gebeten wurde - in
der Schlussphase über einen Bereich letztendlich entscheiden können, weil
jeweils mehrere Formulierungen vorlagen. Allein zum Bundesrat hat es, glaube
ich, insgesamt drei oder vier Modelle gegeben und die Arbeit in den letzten
Wochen des September 1920 war nur leistbar, weil diese Formulierungen bereits
existiert haben. Ich danke in diesem Zusammenhang den Ausschüssen des Konvents
für ihren Langmut, dass diese Formulierungen, die sich einander natürlich
ausschließen, auch tatsächlich vorgelegt worden sind.
Ich muss aber auch aus
meiner Sicht hinzufügen, dass die Rahmenbedingungen besser sein könnten für
einen Abschluss der Tätigkeit. Denn was im Ausschuss Nummer 4, dem Ausschuss
für Grundrechte, am vergangenen Freitag passiert ist, hat mich doch ziemlich
schockiert. Über die sozialen Grundrechte, für die ein gemeinsamer Vorschlag
der Sozialpartner vorliegt, konnte ein Konsens nicht erzielt werden. Soziale
Grundrechte sind ein Bereich, in dem ein offensichtliches Manko in der
österreichischen Bundesverfassung besteht. Sie wären daher ein wesentlicher
Bestandteil einer neuen Verfassung. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich kann mir
schwer vorstellen, dass es eine neue Verfassung gibt und im Bereich der
sozialen Grundrechte einmal mehr ein weißer Fleck bestehen bleibt.
Bei den Kompetenzen ist
es nicht anders. Auch hier ist nicht wirklich absehbar, wie erstens einmal eine
neue Ordnung der Kompetenzen stattfinden soll, wobei jedem in diesem Land klar
ist, dass eine solche bitter notwendig wäre, weil schon sprachlich,
wirtschaftlich, technisch die Entwicklung in den letzten 80 Jahren über das,
was 1925 festgeschrieben worden ist, hinweggegangen ist.
Ich darf auch sagen -
und nicht ohne Pikanterie als Volksanwalt -, dass die Probleme im Bereiche der
demokratischen Kontrolle nicht wirklich gelöst werden, wenn man lediglich die
Zahl der Volksanwälte von drei auf einen reduziert. Ich bin bereit, darüber zu
diskutieren. Das ist ein international durchaus übliches Modell, eines von den
möglichen Modellen, aber es löst unsere Probleme nicht. Und in diesem Zusammenhang
daher: Nützen wir die Zeit! Reden wir nicht von der Nacht der langen Messer,
aber die notwendigen Grundsatzentscheidungen müssen fallen!
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Herr Volksanwalt. Die nächste Rednerin ist die Frau Abgeordnete Dr.
Glawischnig. - Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Dr. Eva
Glawischnig : Danke, Herr Präsident! Meine geschätzten Damen
und Herren Mitglieder des Konventes!
Ich möchte auch jetzt
diese erste Runde nutzen, um so eine kurze allgemeine Betrachtung zum Stand der
Konventsverhandlungen machen, und vielleicht auch aus dem Präsidium berichten,
was sich seit Frühsommer dort getan hat, und aus meiner Sicht auch bewerten. Es
sind jetzt doch 16 Monate von 18 schon vollbracht. Ich teile die positive
Einschätzung vom Präsidenten Khol nicht, offen gesprochen, und ich möchte es
auch begründen.
Es hat im Frühsommer so
eine Phase gegeben, nachdem alle Ausschüsse ihre Berichte abgeliefert haben, wo
ein entscheidender Punkt hätte sein können, nämlich, dass man beginnt auch mit
einer politischen Annäherung, mit einem Verhandlungsprozess. Tatsächlich haben
wir das bis jetzt noch nicht geschafft, auch im Präsidium noch nicht geschafft,
sondern es geht im Wesentlichen jetzt darum, immer noch, unterschiedliche
Standpunkte zu fixieren, festzuschreiben und Textvorschläge, die
unterschiedlich sind zu einem und demselben Problem, vorzulegen. Das war jetzt
die Arbeitsweise der letzten Wochen und Monate. Und es gibt jetzt zu sehr
vielen Problemen zwar
Textvorschläge, aber die immer noch die Bruchlinien, die politischen
Bruchlinien zwischen den politischen Familien zum Ausdruck bringen, aber auch
immer noch sehr starke Bruchlinien zwischen Bund und Ländern. Also, dieser
Verhandlungsprozess, diese politische Annäherung, die ist noch zu tun. Und ich
hab etwas Sorge, dass sich das in zwei Monaten tatsächlich so ausgehen kann,
dass ein absolut neuer Verfassungsentwurf am Ende herauskommt.
Und möchte auch anregen
darüber nachzudenken, ob nicht eine Teilnovelle, eine gut durchdachte,
schlüssige Teilnovelle vielleicht eher schaffbar ist und ob man sich nicht
vernünftigere kleiner Ziele setzen soll, als tatsächlich bis zum 21. diesen
großen Sprung zu schaffen. Aber wir werden sehen, unser Optimismus, beziehungsweise
unser konstruktiver Anteil ist jedenfalls noch da.
Es wird also jetzt dann
am Ende, also Mitte Dezember, einen Textvorschlag vom Präsidenten Fiedler
geben. Ich möchte dazu anregen, dass wir gerne bei diesem großen Textvorschlag
eine Zuschreibung auch der Vorschläge hätten, also, dass das nicht ein großer
Text ist, wo man jetzt nicht genau weiß welcher Vorschlag von wem kommt,
sondern um genau diesen politischen Verhandlungsprozess zu erleichtern, den wir
brauchen, wäre es, glaube ich sinnvoll, auch ungefähr zu beschreiben, wo eine
Position herkommt. Es stellen sich in vielen Fragen immer noch große
Konfliktfelder gegenüber. Also, ich möchte als das für mich dramatischste
Beispiel immer noch die Kompetenzsituation, die Bereinigung der Kompetenzen nennen.
Auch der Ausschuss 10 mit der ganzen Finanzverfassung hängt da noch mit dran.
Also, seit dem letzten Plenum gibt es ja da wenig Neues zu berichten. Das ist
für mich, beziehungsweise für die Grünen, einer der Kernpunkte und Knackpunkte,
und ich denke auch für die Öffentlichkeit.
Im Grundrecht hat der
Ausschuss jetzt die Diskussion der sozialen Grundrechte begonnen. Da sind wir
sehr, sehr gespannt und neugierig, ob man hier tatsächlich über
Staatszielcharakter hinauskommt und über wirklich stark verankerte soziale
Grundrechte auch einen Konsens wird finden können. Ich denke, beide Punkte
gehören zu den zentralen Voraussetzungen, wenn man tatsächlich eine neue
Verfassung machen möchte.
Zum Ausschuss 1, hier
steht sicher immer noch das Präambelkonzept einerseits der ÖVP gegenüber einem
Staatszielkatalog, einem abgeschlankten Staatszielkatalog, wie man starke
Grundrechte hat, gegenüber. Auch hier haben wir versucht mit unseren
Prioritäten, vor allem Staatsziel Umwelt und Tierschutz, auch Staatsziel, was Minderheiten
betrifft, konstruktive Vorschläge zu machen. Auch hier sind die politischen
Verhandlungen nach wie vor noch ausständig.
Also, ich denke, wir
haben jetzt sehr, sehr viel Zeit in den Ausschüssen und auch hier im Plenum
miteinander verbracht. Und der Schritt, über den wir jetzt hinausmüssen, ist
jetzt, die unterschiedlichen Positionen einfach nur darzulegen und zum Ausdruck
zu bringen, es muss jetzt auch so was wie eine Verhandlungsphase beginnen. Und
eine Verhandlungsphase, wo man sich auch etwas davon verabschiedet von den
sozusagen Richtungen, wo man kommt, und versucht, möglichst
kompromissorientiert und möglichst offen auch Verhandlungen anzugehen. Also,
wir sind dazu bereit.
Ich möchte aber
trotzdem die Idee am Ende noch einmal darlegen, dass man tatsächlich, wenn es
nicht gelingt, einen großen Verfassungsentwurf zu machen, dass man sich
zumindest zu einer schlüssigen, gut gemachten und gut durchdachten Teilnovelle
durchdringen kann, denn der Konvent kann sich nur durch ein Einziges rechtfertigen,
nämlich durch einen inhaltlichen Erfolg. Danke.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Frau Abgeordnete. Nächster Redner ist Herr Klubobmann Scheibner .- Bitte
sehr!
Herbert
Scheibner :
Danke Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich glaube, dass zu
diesem Zeitpunkt jetzt - und der ist ein entscheidender Zeitpunkt - , weder
Gesundbeten noch Krankjammern der Ergebnisse angesagt ist, sondern es geht
jetzt letztlich darum, sich von ein in den vergangenen Monaten bisschen lieb
gewordenen Strategien und Gewohnheiten zu verabschieden. Es ist überhaupt keine
Frage, dass der Konvent sehr, sehr wertvolle Arbeit geleistet hat, in allen
Ausschüssen, mit mehr oder weniger konkreten Ergebnissen.
Es geht aber jetzt um
dieses gegenseitige Jonglieren: Man einigt sich nicht im Ausschuss, dann gehen
die Detailergebnisse oder die Teilergebnisse an das Präsidium, das Präsidium
einigt sich auch nicht und gibt es wieder zurück an den Ausschuss, um noch
weitere Beratungen zu treffen. Dort einigt man sich wieder nicht und es geht
dann wieder ans Präsidium. Das heißt, jetzt geht es wirklich sozusagen ans
„Eingemachte“ und jeder ist jetzt aufgefordert, ein bisschen auch zu vergessen
oder in die zweite Reihe zu stellen, wer ihn entsandt hat, woher er kommt und
das man möglichst in Richtung Zielorientierung, Ergebnisorientierung arbeitet,
denn wir haben auch in vielen Ausschüssen gesehen, vor allem dort, wo es etwa
im Ausschuss 5 um die Kompetenzverteilung geht, dass wenig Interesse besteht
oder bestanden hat, aber auch in anderen Ausschüssen, die Aufträge, die man
selbst mitbekommen hat, von der Interessensvertretung, von der politischen
Gruppierung, von der Gebietskörperschaft, dass man wirklich sagt: Ja, wir
wissen, dort gibt es das Motto: „Wir geben nichts her“, aber in Wahrheit wäre
es vernünftig, das eine oder andere neu zu regeln oder anders zu regeln und
deshalb stehen wir dazu.
Ein bisschen der Mut
zur Ehrlichkeit wäre jetzt in dieser Phase gefordert und würde vielleicht auch
dazu führen, dass wir mehr Ergebnisse bekommen, als es vielleicht jetzt
aussieht. Ich glaube auch, dass wir jetzt in dieser entscheidenden Phase dazu
kommen müssen, ein bisschen auch zukunftsorientiert zu denken. Wir haben in
manchen Bereichen gesehen, dass man sehr konservative Ansätze noch immer
bringt, in Richtung dieser Verfassungsnovelle. Ich glaube, dass das Ziel, eine
neue Verfassung zu schreiben, sollte man erst dann aufgeben, wenn man sieht,
dass es wirklich nicht mehr möglich sein wird, und dann kann man sich noch
immer überlegen, ob man es bei einer Novellierung belässt, aber jetzt sollten
wir in den vielen Bereichen - etwa
im Grundrechtebereich sehe ich eine Chance -, etwas ganz Neues auch auf die
Beine zu bringen.
Gar so innovativ, wie
etwa bei Vorschlägen über die Volksanwaltschaft, muss man auch wieder nicht
sein; auch ich glaube, dass in diesem Sinne der Bürgerbeteiligung und der
Bürgernähe dieser Institution es durchaus interessant wäre, eher auszuweiten
als zu reduzieren, denn der Bürger hat weniger das Interesse, wenn er sich an
die Volksanwaltschaft wendet mit irgendwelchen Beamten, so wichtig sie sind,
den Kontakt zu haben, sondern der will halt mit seinem Volksanwalt in Kontakt
treten.
Zum Ausschuss 1
noch einige Worte: Ich bin sehr, sehr froh, dass man das Staatsziel der
Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Sicherheit hier wieder aufgenommen
hat. Ich habe das nicht verstanden, warum man noch dazu einstimmig davon
abgegangen ist, denn ich glaube, wenn es Staatsziele gibt, und ich bekenne mich
dazu, dann muss sowohl die Sicherheit des Landes und seiner Staatsbürger eines
der wichtigsten Staatsziele darstellen, wiewohl ich weiß, dass dann die
Formulierung von Vorschlägen - auch im Präsidium ist uns das bis jetzt noch nicht
gelungen - durchaus schwierig ist.
Der Vorsitzende Prof.
Mayer hat das Neutralitätsgesetz angesprochen. Auch hier wäre ja Mut durchaus
im Ausschuss vorhanden. Ich bin gespannt, ob er dann auch in den politischen
Gremien vorhanden ist, auch hier die Ehrlichkeit, denn Sie haben ja von
materieller Derogation in einigen Bereichen gesprochen, die ich auch teile, ob
sich das dann auch wieder spiegelt, zumindest in einer Interpretation des
derzeitigen Neutralitätsgesetzes, und ob sich das dann auch im Verfassungstext
wieder findet.
Bei der Frage „Südtirol
und Verantwortung für die Altösterreicher“ teile ich nicht die Mehrheit des
Ausschusses, ich wäre der Meinung, dass man das auch als Verantwortung, als
Staatsziel aufnehmen sollte. Ich erinnere daran, dass wir Ende der
Achtzigerjahre, als die Länder des ehemaligen Ostblockes demokratisiert worden
sind, hier viel versäumt haben, als altösterreichische Minderheiten an
Österreich herangetreten sind und um Unterstützung gebeten haben, etwa wenn es
um die Schulerziehung gegangen ist, in deutscher Sprache, als es um die
Kulturvereine gegangen ist. Hier hat sich Österreich relativ nobel
zurückgehalten und gesagt: Dass ist eigentlich keine Tradition und keine
Verantwortung für uns. Ich glaube, dass das auch spät, aber doch in die
Verfassungsurkunde mit eingebracht werden sollte, dass wir hier eine
Verantwortung auch für die Zukunft und die Entwicklung dieser Minderheiten in
unseren Nachbarländern haben.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Herr Klubobmann. Die nächste Rednerin ist Frau Gleixner. - Bitte sehr.
[Frau Gleixner erklärt, zum Bericht des Ausschusses 4 sprechen zu wollen.]
Mir ist zugegangen, Sie hätten sich zu Ausschuss 1 gemeldet, nehme aber gerne
zur Kenntnis, dass Sie zu Ausschuss 4 sprechen wollen. Somit ist Herr
Abgeordneter Dr. Wittmann an der Reihe. - Bitte sehr.
Dr.
Peter Wittmann : Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Zum Ausschuss 1
einige Worte zu finden, ist deswegen schwierig, weil ja der Grundkonsens im
Ausschuss 1 fehlt, nachdem ja ein Teil des Ausschusses eine Präambel
bevorzugt und keine neuen Staatsziele will, sind wir ja eigentlich von der
Aufgabe des Ausschusses noch sehr, sehr weit entfernt. Trotzdem haben wir aber
auch inhaltlich einige Staatsziele sehr genau besprochen für den Fall, dass Sie
kommen.
Eine persönliche
Anmerkung wäre, es wäre schade, wenn man alte Staatsziele zwar in der
Verfassung belässt, nicht aber den Mut aufbringt, auch neue Staatsziele zu
formulieren, die ganz einfach durch die gesellschaftspolitische Entwicklung
aufgetreten sind, nämlich die Daseinsvorsorge oder andere soziale Staatsziele
oder viele der von Prof. Mayer genannten Staatsziele, die intensiv diskutiert
wurden. Sich dann sozusagen gänzlich von neuen Staatszielen dadurch zu
verabschieden, dass man eine Präambel voranstellt ohne jede Bedeutung, das ist,
glaube ich, der falsche Weg, das falsche Signal, wenn man sozusagen der
Verfassung überhaupt keine Kraft mehr gibt und auch den Zielen der Verfassung
keine Kraft mehr gibt, indem man sie von Staatszielen zu Vorwörtern degradiert.
Ich glaube. hier ist ein weiter Weg bis zu einem Grundkonsens und das ist
schade.
Hoffnungsfroh stimmt
mich, dass eine Einigung dahingehend erzielt wurde, dass man das
Neutralitätsgesetzt belässt und eine große Mehrheit sich in dieser Richtung
abzeichnet. Es gibt auch noch einen gravierenden Unterschied in der Definition
der Friedenspolitik oder der aktiven Friedenspolitik, so glaube ich, dass man
sich bei Kampfeinsätzen im Ausland nicht von einem zugrunde liegenden Beschluss
des UN-Sicherheitsrates verabschieden darf. Das sollte eine Grundlage jedes
Kampfeinsatzes sein und auch hier besteht noch ein weitgehender Dissens. Ich
glaube, es wird auch wichtig sein, oder es ist auch angeklungen im Ausschuss
und man sollte es sich nicht so einfach machen, dass man viele Staatsziele auf
die Ebene des Ausschusses 4 gehoben hat und hier versucht hat, das den
Grundrechten zugrunde legen. Da spricht eigentlich nichts dagegen; aber
dasselbe ist dann passiert im Ausschuss 4, dass man gesagt hat, man macht
dann wieder Staatsziele daraus und das ist eigentlich ein Pingpong-Spiel, das
nicht notwendig ist und das die Arbeit der Ausschüsse in ihrer Ernsthaftigkeit
etwas bedroht.
Ich sehe daher, wenn
man in den grundlegenden Staatszielen keine Einigung finden kann, ist durchaus
große Skepsis angebracht, dass man sich dann auch in den wichtigsten Details
einigt. Man sollte die übergeordneten Ziele eines Staates sehr wohl definieren
und das ist wohl die Aufgabe einer Verfassung und nichts anderes. Und da habe
ich also große Skepsis bis jetzt auf Grund der Ergebnisse der Diskussionen im
Ausschuss 1, ob wir zu diesen grundlegenden Richtungsweisungen kommen. Und ich
würde dringend ersuchen, diese Delegation zwischen den Ausschüssen 4 und 1
hintanzustellen, um sich einmal grundlegend dahingehend zu äußern, ob man
Staatsziele will oder nicht, weil sonst ist jede Diskussion, die sich hier im
Ausschuss I stellt, sinnlos.
Ich glaube nicht, dass
es so geht, jetzt gibt man eine Präambel, und letztendlich diskutiert man in
irgendwelchen Gremien dann über ein Staatsding, das nie kommt, weil ja ohnehin
nur eine Präambel kommen soll. Ich glaube, das sollte man sich in dieser Phase
jetzt überlegen, ob man ein Bekenntnis zu neuen Staatszielen abgibt oder ob man
die Präambel will oder ob man einen Grundrechtskatalog will, der letztendlich
auch Teile der Staatsziele mit umfasst. Aber diese grundlegende Entscheidung
sollte endlich einmal fallen, weil sonst sich die Diskussion im Kreis dreht.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Ich danke, Herr
Abgeordneter. Der nächste Redner ist Herr Dr. Voith. - Bitte sehr.
Dr.
Günter Voith : Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
Gestatten Sie mir
einige Bemerkungen zur Endphase des großen Projekts. Bemerkungen, wo ich meine
- ich möchte sagen, persönliche - Lebenserfahrung auch einbringen möchte: 40
Jahre Unternehmer- eigenes Unternehmen -, auch an der Universität Lehrauftrag
für Controlling und so weiter.
Jedes Projekt wird
daran gemessen, ob seine Ziele erreicht werden. Ich bin der Meinung, dass die
Ziele auch dazu dienen müssen laufend zu überprüfen die einzelnen Schritte, die
erfolgt sind, die einzelnen Vorschläge. Es sind für den Konvent sehr klare
Ziele - zugegebenermaßen sehr hohe, aber doch hoffentlich ernst gemeinte -
gesetzt worden.
Die Ziele sind - ich darf das durchaus wiederholen, weil
ich bin der Meinung, gerade in der Endphase, jetzt muss man sich auf diese
Ziele konzentrieren -:
Erstens Vorschläge für
die grundlegende Staats- und Verfassungsreform ausarbeiten, die auch eine
Voraussetzung für eine effizientere Verwaltung schaffen sollen.
Zweitens:
Zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und bürgernahe Erfüllung der
Staatsaufgaben sollen ermöglicht werden. Da heißt es dann insbesondere Beratung
über Staatsaufgabenanalyse, Kompetenzkatalog, Legalitätsprinzip, Struktur,
Restitutionen, Finanzverfassung, E-Government, Bürgernähe, Rechtsschutz, und so
weiter, insbesondere Beratung darüber.
Und drittes Ziel: Neuer
Verfassungstext in knapper aber umfassender Form unter Beibehaltung der
Baugesetze des Staates.
Es ist wie bei einer,
ich möchte einfacherweise sagen, Reise. Das Erste ist: wohin will man.
Hausnummer: nach Rom. Dann nimmt man den Bus, nimmt die Fahrgäste und den
Fahrer und macht sich über die Strecke Kopfzerbrechen.
In den Konvent sind
viele Fahrgäste aufgenommen mit sehr verschiedenen Wünschen; ich denke nur an die
58 Staatsziele, wo man natürlich sie auch messen muss, wie alle anderen Fragen,
ist das zielführend? Es sind nicht nur Staatsziele aufgenommen worden, es sind
also die Wünsche gekommen für vielerlei mehr Rechte für den oder jenen oder
diese oder jene Gruppe. Es ist aber nicht zielführend - um beim Autobusbeispiel
zu bleiben -, wenn der eine über Moskau und der andere über Paris nach Rom
fahren will. Und es ist dann auch nicht Ziel führend, wenn Konsens darüber
erzielt wird, fahren wir halt über Moskau und über Rom. Das Ziel kommt nicht
gut zurecht. Ich bin sogar der Meinung, dass selbst ein Konsens, ein
allgemeiner, nicht unbedingt zielführend ist. Wenn alle im Autobus beim Tanken
nicht mitzahlen wollen, oder alle wollen eine Pause machen, bitte, dann kommt
man auch nicht zum Ziel.
Es sind wahnsinnig
viele Ideen - und das ist ja sicherlich ein großer Wert - gekommen. Es ist
schon wiederholt erwähnt worden, noch nie ist das zustande gekommen, aber es
sind halt doch nicht alle Ideen, die gekommen sind, zielführend. Und gerade in
der Endphase ist es sicher die einzige Möglichkeit, möchte ich sagen, für das
entscheidende Präsidium, sich zu konzentrieren darauf, was sind denn die Ziele?
Werden die erreicht, dann hat der Konvent Erfolg.
Es wird in der
Öffentlichkeit nicht gemessen werden an der Zielerreichung einzelner
Interessen, sondern des Konvents überhaupt. Und ich möchte also warnen davor,
die groß beschworene Jahrhundertchance wird vertan, wenn wir uns nicht auf die
Ziele zurück besinnen. Das wird auch wesentlich die Entscheidungen erleichtern.
Die Entscheidungen, die natürlich von der politischen Seite her hin und her
gezogen werden. Aber bitte, wir haben eine relativ klare, große Zielvorgabe,
und da kann man eben in der Endphase nicht mehr so viel rechts und links
schauen.
Und die Politiker, darf
ich sagen, mögen bedenken, dass die Politikverdrossenheit, die zweifellos da
ist in der Bevölkerung, und auch verstärkt ist, dass die sicherlich auch wieder
mit auf dem Spiel steht, wenn es um einen Erfolg des Konvents geht. Und die
Ziele muss man sehen, das ist der Erfolg. Danke.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Herr Dr. Voith. Der nächste Redner ist Herr Präsident Dr. Christoph
Leitl. - Bitte, Herr Präsident.
Dr.
Christoph Leitl : Herr Präsident Fiedler! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Heute war eine seltsame
Mischung zwischen Optimismus und Skepsis bezüglich eines Konventerfolges zu
spüren. Und in den letzten Tagen war ja oft von der Gefahr des Scheiterns die
Rede. Warum reden wir von der Gefahr des Scheiterns? Warum reden wir nicht von
der Chance des Gelingens? Natürlich, mit allen Projekten ist immer auch die
Gefahr des Scheiterns verbunden. Das ist, glaube ich, natürlich im Leben. Aber
das Leben kann man meistern und das gilt auch für unsere Verfassung.
Ich glaube, wir sind
gut unterwegs, es ist eine gute Stimmung, inneres Engagement vorhanden, und ich
glaube, dass eine Lösung durchaus in Greifweite ist. Und da ersuche ich - wenn
schon dieser Vergleich des Busses, der Richtung Rom unterwegs ist, angesprochen
worden ist - unsere Chauffeure und Reiseplanungsverantwortlichen Präsident
Fiedler, die beiden K’s, K+K, Khol und Kostelka, aber natürlich auch die
anderen Mitglieder des Präsidiums, und auch wir alle sind gefordert, dass wir
diese Reise erfolgreich zum Ziel bringen.
Alle müssen einen
Beitrag leisten. Der Beitrag der Sozialpartner ist angesprochen worden. Alle
Sozialpartner unterstützen die sozialen Grundrechte in der Arbeitswelt. Arbeitsfrieden,
soziale Sicherheit, ganz wesentliche Dinge, die bis vor wenigen Wochen noch als
großer Konfliktpunkt erschienen sind, sind im Konsens gelöst worden. Das heißt:
Es ist möglich, auch Knackpunkt,
auch Konfliktpunkte in einer sehr, sehr ordentlichen, in einer sehr
substanziellen Weise, und ich glaube auch in einer guten österreichischen Art
und Weise, zu lösen.
Ich möchte mich daher
hier bei den Sozialpartnern, meinen Kollegen, nicht nur bei Präsident
Verzetnitsch, sondern genauso bei Präsident Tumpel, Präsident Schwarzböck und
auch bei der Industriellenvereinigung bedanken. Ich glaube, das ist schon ein
gutes Zeichen, wenn man einen so entscheidenden Punkt außer Streit stellt. Und
vielleicht gelingt es, damit zusätzliche Motivation für die Lösung auch anderer
Konfliktpunkte zu gewinnen.
Ich möchte mich bei
Herrn Professor Mayer sehr herzlich bedanken. Seine Aufgabe ist nicht einfach,
daher möchte ich ihn unterstützen. Er ist etwas skeptisch, was die 50
Staatsziele betrifft - es widerspricht das einer schlanken Verwaltung. Daher
würde ich eine Präambel vorziehen. Ich widerspreche dem Kollegen Wittmann -
eine Präambel ist für mich nichts Saft- und Kraftloses, im Gegenteil: Eine
Präambel bringt den Willen, die Absicht, die Philosophie des Verfassungsgesetzgebers
zum Ausdruck. Das ist in der Bedeutung vielleicht sogar höherrangig als eine
einzelne Bestimmung. Denn aus dieser Philosophie kann man Dinge ableiten und
zum Ausdruck bringen, die aus einem Buchstaben oder aus einem Paragraphen in
dieser Form möglicherweise in ihrem Umfang nicht ablesbar und ableitbar ist.
Daher glaube ich, dass eine Präambel durchaus eine Chance ist und wir diese
Chance nützen sollten. Wir können nicht alles normativ regeln, wir sollten aber
doch den inneren Willen in dieser Verfassung zum Ausdruck bringen, um das, was
generell unsere Absicht ist, auch klar zu machen.
Einige Punkte sind es,
die von großer Bedeutung erscheinen: Einmal die 150 Kompetenztatbestände. Ich
glaube, wir sollten sie zu größeren Kompetenzblöcken zusammenführen. Das wäre
einer angestrebten schlanken Verfassung dienlich. Wir sollten zweitens die
Subsidiarität richtig sehen. Einheitliches Wirtschaftsgebiet ist erforderlich,
dies ist auch parallel zum Binnenmarktkonzept der Europäischen Union zu sehen.
Zehnmal Datenschutzregelungen, zehnmal Vergabegesetze - sicherlich nicht der
zielführende Weg bei allem Verständnis für Föderalismus und bei aller
Notwendigkeit für Subsidiarität, die ich völlig außer Streit stelle.
Ja, und schließlich
drittens: Die Schnittstellenbeseitigung als Basis für eine effiziente
Verwaltung, und hier möchte ich mich bedanken, meine Damen und Herren. Als ich
am Anfang des Konvents das Stichwort effiziente Verwaltung eingebracht habe, die ja auf einer
Einfachgesetzgebung und die wiederum auf der Verfassung basieren muss, wurde
mir manchmal Unverständnis signalisiert. Ich sehe heute, dass dieses
Unverständnis gewichen ist und doch weitestgehendes Verständnis für die
Überlegung herrscht: Verfassung - Grundlage für den Einfachgesetzgeber und diese
wiederum Basis für eine effiziente Verwaltung. Dem haben wir uns alle
verpflichtet zu fühlen. Das liegt im Sinne des Staatsinteresses und daher auch
der Mitglieder des Verfassungskonvents.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Ich danke,
Herr Präsident Leitl, nicht nur für Ihre Wortspende, sondern vor
allem für Ihren Optimismus, den Sie ausgestrahlt haben, und für die Betonung
der effektiven Verwaltung, die uns wirklich allen ein Anliegen sein sollte und
zu sein hat, und möchte auch noch auf die Wortmeldung von Herrn Dr. Voith zu
sprechen kommen. Ich teile voll und ganz Ihre Gedanken, dass alle Ziele, die
dem Konvent vorgegeben wurden, anzusprechen und auch zu erfüllen sind, und dass
es sich der Konvent nicht aussuchen kann, welche Teilziele er nur zu erfüllen
gedenkt. Danke schön.
Der nächste Redner ist
Herr Prof. Brauneder. - Bitte sehr, Herr Professor.
MMag.
Dr. Willi Brauneder : Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und
Herren!
Ich habe noch in
Erinnerung, dass ein Berichterstatter hier in diesem Raum vor längerer Zeit
gesagt hat, sein Ausschuss stünde mit leeren Händen dar. Dem ist dann von
Präsidenten Khol widersprochen worden: Kein Ausschuss stünde mit leeren Händen
da. Ich glaube, beides ist auch bis heute richtig. Wenn ein Ausschuss kein
akkordiertes Ergebnis hat, dann steht er in einer gewissen Weise mit leeren
Händen da, aber man kann auch sagen: Er steht mit vollsten Händen dar, weil er
eben mehrere Ergebnisse auf den Tisch legt.
Ich bin nun neugierig,
wie mit diesen Ergebnissen weiter verfahren wird, und zwar im Hinblick darauf,
dass Herr Präsident Khol sich eben zuvor gewünscht hat, dass der Geist der
Ausschüsse auch das Präsidium beflügeln möge. Wenn es also der Geist der
Ausschüsse ist, mit so übervollen oder leeren Händen dazustehen, so wird man
mit Spannung darauf blicken können, was das Präsidium macht und ob es auch mit
sozusagen leeren Händen oder mit übervollen Händen da steht, und dazu stellt
sich natürlich die Frage nach dem Souverän hierorts, nach dem
Verfassungsgesetzgeber.
Wie wird es eigentlich
sein, wie groß wird der Spielraum des Parlaments sein, wenn das Präsidium einen
kompletten Vorschlag vorlegt, der ja politisch akkordiert ist, wie wird dann
noch die Rolle des Parlamentsplenums aussehen? Man kann also mit einer gewissen
Spannung in die Zukunft blicken und man braucht allerdings doch einigen
Optimismus.
Ich möchte noch zu drei
Punkten Stellung nehmen. Es ist gesagt worden - ich glaube von Herrn Kollegen
Mayer -, dass das Bundesverfassungsgesetz betreffend Umweltschutz den Geist
seiner Zeit widerspiegelt. Das ist natürlich, meine Damen und Herren, mit jedem
Gesetz in mehr oder weniger starker Weise der Fall. Ich glaube, es ist in
keinem Ausschuss diskutiert worden, dass ein Grundrecht bezüglich der
Bauernbefreiung beibehalten werden soll. Das ist eben abgehakt und der Geist
einer vergangenen Zeit.
Damit möchte ich eines
andeuten, dass vielleicht man doch überlegen soll, ob es nicht Bestimmungen gibt,
auch heute, die so den Geist der Zeit atmen, dass sie vielleicht besser,
besondern, wenn sie in Staatszielen formuliert sind, nicht in die Verfassung
kommen sollen.
Damit komme ich zu
meinem zweiten Punkt: Ganz kurz erwähnt ist die Präambel worden. Nun, ich stehe
einer Präambel skeptisch gegenüber. Ich meine, sie ist vielleicht dann von
einer gewissen Sinnhaftigkeit, wenn ein Staat neu gegründet worden ist, wenn es
in der Entwicklung eines Staates einen ganz wesentlichen Umbruch gibt, und
tatsächlich zeigt ja die österreichische Verfassungsgeschichte, dass die
einzige Präambel auf Bundesebene wegen eines Umbruchs in die Verfassung 1934
kam und ich würde doch nicht meinen, dass wir in so einer Umbruchszeit oder in
irgendeiner Umbruchszeit heutzutage leben.
Dritter Punkt: Es
geistert immer so hie und da durch manche Vorschläge das Wort der
Altösterreicher, der altösterreichischen Minderheit. Ich möchte jene, die das
Wort gebrauchen, darauf hinweisen, dass dann auf jeden Fall eine Schutzfunktion
gegenüber was immer für Minderheitensprachige in Ungarn oder in
Nachfolgestaaten Ungarns nicht in Frage kommt, denn die österreichische
Staatsbürgerschaft hat sich nur auf Zisleithanien erstreckt. Beispielsweise
Bacska und Banat hatten die ungarische Staatsbürgerschaft, und ich frage mich,
ob dann auch Österreich eine Schutzfunktion über die polnische Minderheit im
ehemaligen tschechoslowakischen Staatsgebiet übernehmen soll, denn es sind dies
alles Altösterreicher.
Es liegt noch etliches
an Detailformulieren vor uns, worüber man sich den Kopf zerbrechen muss. Aber
meine Sorge geht eher dahin - Sorge nicht im Sinne eines negativen
Verständnisses -, wie denn im Endeffekt das Verhältnis, um es noch einmal zu
betonen, zwischen den Arbeiten des Präsidiums und aller Ausschüsse und des
Verfassungsgebers sein wird. Danke
schön.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Herr Professor.
Wir haben damit die
Diskussion zum Bericht des Ausschussvorsitzenden des Ausschusses 1
abgeschlossen und kommen nunmehr zum Ausschuss 2, und ich darf
Herrn Prof. Wiederin in Vertretung für Herrn Präsident Korinek
ersuchen, uns sein Referat vorzutragen. - Bitte sehr.
Dr.
Ewald Wiederin : Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Das Mandat hat dem
Ausschuss 2 über legistische Strukturfragen die Aufgabe zugewiesen, über die
juristische Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Inkorporierung von
Verfassungsgesetzen und Verfassungsbestimmungen außerhalb der Urkunde in die
neue Bundesverfassung zu beraten.
Diese Aufgabe zerfällt
in vier Teilbereiche: Erstens in die Darstellung und Strukturierung des
Namenbestandes, zweitens in die Analyse der Gründe, die zum Verfassungsrecht
außerhalb der Urkunde geführt haben, drittens in Überlegungen zur
Binnenstruktur einer neuen Verfassung sowie schließlich viertens in die
Bewältigung der Übergangsproblematik.
Als Zwischenresümee
kann heute festgehalten werden, dass der Ausschuss die ersten beiden
Teilaufgaben bewältigt hat und dass die Arbeiten zur Binnenstruktur der neuen
Verfassung weit gediehen sind. Die vierte Aufgabe konnte noch nicht einmal
ansatzweise in Angriff genommen werden, weil hiefür zunächst ein
Konventsergebnis feststehen muss.
Ich möchte in meinen
Überblick über die Ergebnisse des Ausschusses, der in 16 Sitzungen getagt hat,
der vom Präsidium vorgegebenen Gliederung folgen lassen und zunächst über
gelöste Probleme informieren, sodann über offene Fragen.
Basis unserer Arbeit
und Grundlage für die Lösung von Problemen, wenngleich sie für sich allein noch
nicht als Erfolg zu verbuchen ist, war die sehr zeitaufwändige Bestandsaufnahme
über das geltende Verfassungsrecht. Wir haben fast 200 Verfassungsgesetze, fast
500 Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen und nahezu 600 Verfassungsbestimmungen
in Staatsverträgen gesichtet und analysiert.
Diese
Durchforstungsarbeit war nicht Selbstzweck, sondern erfolgte zur Identifikation
von Problemen. Die entscheidende Frage war stets die nach dem Grund für den
Verfassungsrang einer Bestimmung. Bei einem nicht unbeträchtlichen Teil von
Vorschriften haben wir keine Gründe gefunden und sind so zum Ergebnis gelangt,
dass der Verfassungsrang entbehrlich ist. Für die übrigen Bestimmungen haben
wir geklärt, weshalb die Bestimmung im Verfassungsrang steht, und sie in einem
weiteren Schritt dem thematisch zuständigen Fachausschuss zur weiteren Beratung
zugewiesen. Die Antwort der Fachausschüsse steht noch überwiegend aus.
Hier liegt ein ganz
zentraler Punkt für den Erfolg unserer Arbeit. Es muss gelingen, in der
Stammurkunde generell-abstrakte Lösungen zu entwickeln, die ad-hoc-Lösungen in
der Zukunft entbehrlich machen.
Teilweise hat sich aber
der Ausschuss 2 auch selbst als Fachausschuss betätigt: zum Einen deswegen,
weil im Zusammenhang mit der Problemanalyse auch Problemlösungen aufgetaucht
sind, zum anderen deshalb, weil Ergänzungsmandate des Präsidiums den Ausschuss
entsprechend verpflichtet haben. In diesem Bereich kann ich von einer Reihe von
Problemen berichten, für die der Ausschuss eine Lösung gefunden hat.
Ein erster Punkt
betrifft die Staats- und Landesgrenzen. Hier hat sich der Ausschuss auf eine
Regelung geeinigt, die ohne paktierte Verfassungsgesetze auskommt. Für
Bestandsänderungen wird es künftig einer Änderung der Bundesverfassung und verfassungsrechtlicher
Regelungen der Länder bedürfen. Bloße Grenzänderungen beziehungsweise
Grenzbereinigungen sollen keiner Verfassungsbestimmung mehr bedürfen.
Ein zweiter
Problembereich, den wir strukturell in den Griff bekommen haben, sind die
Staatsverträge. Einerseits schlägt der Ausschuss eine Ergänzung der
Ermächtigung des Artikel 9 Absatz 2 B-VG in dreifacher Hinsicht vor. Es sollen
erstens auch Hoheitsrechte der Länder übertragen werden können; es soll
zweitens auch die Möglichkeit geben, Hoheitsrechte auf fremde Staaten zu
übertragen, und es soll drittens die Möglichkeit geben, dass auch Organe
zwischenstaatlicher Organisationen im Inland tätig werden können. Andererseits
ist eine Ergänzung des Artikel 50 um einen Absatz in Aussicht genommen, die Vertragsänderungen
im vereinfachten Verfahren ermöglicht, ohne dass der Nationalrat solche
Änderungen genehmigen muss, was aus zeitlichen Gründen mitunter gar nicht
möglich ist. Noch in Diskussion ist in diesem Zusammenhang, ob dem Nationalrat
die Option verbleiben soll, sich die Genehmigung solcher vereinfachten
Vertragsänderungen durch Beschluss vorzubehalten.
Ein dritter Punkt
betrifft die Gliedstaatsverträge. Hier haben wir ebenso bei den Staatsverträgen
Konsens erzielt, dass es künftig nicht mehr möglich sein soll, einzelne
Bestimmungen oder den gesamten Gliedstaatsvertrag mit Verfassungsrang
auszustatten. Der Ausschuss lehnt es außerdem aus verfassungsstrukturellen
Gründen ab, Gliedstaatsverträge mit unmittelbarer Anwendbarkeit auszustatten.
Ein vierter
Konsenspunkt betrifft die Mitgliedschaft zur Europäischen Union. Hier hat sich
der Ausschuss auf eine kurze allgemeine Regelung über die Mitgliedschaft
verständigt und eine Bestimmung formuliert, die die Änderung des Primärrechts
betrifft. Diese Bestimmung enthält durch einen Hinweis auf Artikel 44/3 auch
Integrationsschranken.
Ein fünfter Punkt, in
dem Konsens gelungen ist, betrifft die Staatssymbole. Hier soll Artikel 8a B-VG
abgeschlankt werden: Die Farben der Republik sollen weiter in der Verfassung geregelt
werden, das Nähere über Flagge, Wappen, Siegel, Hymne soll hingegen einem
verfassungsausführenden Gesetz vorbehalten bleiben. Hinsichtlich der
bestehenden Regelungen über Flagge, Wappen, Siegel und Hymne ist die
unveränderte Überleitung im Verfassungsbegleitgesetz in Aussicht genommen.
Der sechste Punkt
betrifft das Universitätsrecht. In diesem Bereich, der dem Ausschuss im Wege
eines Ergänzungsmandats zugewiesen worden ist, ist es gelungen, die derzeit 35
Verfassungsbestimmungen in einen Artikel mit fünf Absätzen zusammenzufassen.
Außerdem besteht die berechtigte Hoffnung, dass es gelingen könnte, noch
weitere Absätze einzusparen, weil sich in Koordination mit den anderen
Fachausschüssen allgemeine Lösungen ergebenen könnten: etwa bei der Weisungsfreiheit
der Mitglieder universitärer Kollegialorgane, beim Instanzenzug in
Dienstrechtsangelegenheiten für die verbliebenen Beamten und bei der Mitwirkung
von Ausländern in Universitätsorganen beziehungsweise in der
Studierendenvertretung.
Die siebente Erfolgsmeldung
betrifft die Bezügebegrenzung. Hier schlägt der Ausschuss eine Ermächtigung
vor, durch verfassungsausführendes Gesetz Obergrenzen hinsichtlich der Höhe und
der Anzahl der Bezüge festzulegen, dabei dem Rechnungshof Aufgaben zu
übertragen und unter einem auch Regelungen über die Bezüge öffentlicher
Bediensteter zu treffen, die zu Mitgliedern des Nationalrates, des Bundesrates
oder des Europäischen Parlaments gewählt wurden.
Damit komme ich zur
dritten Teilaufgabe des Mandats, zur Festlegung der Binnenstruktur einer
künftigen Verfassung. Hier sind wir uns über die Strukturen ebenfalls
weitgehend einig. Der Ausschuss schlägt ein relatives Inkorporationsgebot vor.
Das bedeutet, dass es künftig keine Verfassungsbestimmungen in einfachen
Bundesgesetzen mehr geben soll. Nachdem wir uns aber gegen ein absolutes
Inkorporationsgebot entschieden haben, soll es neben der Stammurkunde auch
einige wenige Verfassungsgesetze geben können, die die Stammurkunde gleichsam
als Trabanten umkreisen. Diese Trabanten allerdings in der Urkunde taxativ
aufgezählt werden. Der Ausschuss hat Konsens erzielt, das Adelsaufhebungsgesetz
und das Habsburgergesetz als historische Grundlagen der Republik unverändert zu
übernehmen, und auch das Verbotsgesetz sowie das Neutralitätsgesetz sind als
Kandidaten für Trabantengesetze genannt worden. Daneben soll es ein
Verfassungsbegleitgesetz geben, dass das Übergangsrecht aufnehmen soll.
Innerhalb des Gesamtsystems der Verfassung soll die bisherige Differenzierung
zwischen Gesamt- und Teiländerungen beibehalten werden.
Die endgültige
Entscheidung über das Inkorporationsgebot und über seine Formulierung steht
heute noch aus. Das Mandat des Ausschusses verweist sie mit gutem Grunde in die
zweite Phase der Ausschussarbeiten, weil sie vom inhaltlichem Ergebnis des
Konvents abhängt. Die Form der Verfassung muss ihrem Inhalt folgen und nicht
umgekehrt die Inhalte der Form.
Überdies besteht im
Ausschuss Konsens, dass Verfassungsänderungen künftig nicht mehr in
Sammelgesetze verpackt werden dürfen: Jede Änderung der Verfassung soll eines
eigenen Gesetzes bedürfen. Auf diese Art und Weise ist gleichzeitig gesichert,
dass jede Verfassungsänderung im Verfassungsausschuss des Nationalrates beraten
werden muss.
Im Zusammenhang mit der
Binnenstruktur verdient ein letzter Punkt Erwähnung, der über sie schon
hinausführt. Es ist im Ausschuss einhellige Auffassung, in einer künftigen
Verfassung als neue Rechtsform zwischen Verfassungsgesetz und einfachen Gesetz
so genannte Verfassungsausführungsgesetze einzuführen. Diese Rechtsform soll im
Bereich materiellen Verfassungsrechts zum Einsatz kommen; das
Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates ist beispielsweise als Kandidat für
ein Verfassungsausführungsgesetz von allen Seiten genannt worden. Zweck dieser
neuen Rechtsform ist die Entlastung der Stammurkunde. Die Quoren für solche
Verfassungsausführungsgesetze sollen, was im Begriff „Zweidrittelgesetz“
anklingt, den Quoren für Verfassungsgesetze nachgebildet sein. Solche
Verfassungsausführungsgesetze sollen in der Promulgationsklausel als
verfassungsausführende Gesetze kenntlich gemacht werden.
Damit kann ich zu jenen
Fragen übergehen, die im Ausschuss derzeit noch offen sind. Eine erste Frage
ist die Einheit des Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebietes. Hier gibt es
sowohl Konsens, auf die Verankerung der Einheit des Währungs- und Zollgebietes
in der neuen Verfassung zu verzichten, weil sie durch Europarecht hinreichend
gesichert ist, als auch einen überwiegenden Konsens, die Einheit des
Wirtschaftsgebiets in der neuen Verfassung beizubehalten, weil sie als
Kompetenzausübungsschranke fungieren kann und soll.
Ein zweites Thema, in
dem die Diskussionen erst begonnen haben,
ist die Sicherung der staatlichen Vermögenssubstanz. Anlass dafür boten
Regelungen im Bundesforstegesetz und im BVG über die Eigentumsverhältnisse an
den Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft. Hier steht der Ausschuss vor der
Alternative, entweder die Bestimmungen in mehr oder weniger geraffter Form zu
übernehmen oder aber eine allgemeine Regelung zu schaffen, die den Staat ganz
allgemein zur Wahrung seiner Vermögenssubstanz verpflichtet. Die Präferenz geht
eher in die zweite Richtung. Es haben sich allerdings Schwierigkeiten bei der
Umsetzung gezeigt. Der Begriff Vermögenssubstanzsicherung kann, je nachdem ob
man den Akzent auf das Vermögen oder auf die Substanz legt, die Erhaltung von
wirtschaftlichen Werten oder die Erhaltung öffentlichen Eigentums von
kulturellen, künstlerischen bzw. ökologischen Wert bedeuten.
Ein dritter Bereich,
der ebenfalls noch in Beratung ist, betrifft Bestimmungen über die
Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Die UN-Mitgliedschaft ist deshalb
kein Thema des Verfassungsrechts, weil sie zeitlich zu einem Zeitpunkt erfolgt
ist, in dem jene Theorien, die einen Verfassungsrang von Staatsverträgen erst
notwendig gemacht haben, noch nicht entwickelt waren. Wenn wir heute der UNO
beitreten würden, ginge es wohl nicht ohne ein Dutzend Verfassungsbestimmungen
ab. Regelungen in der Stammurkunde über die Mitgliedschaft sind im Ausschuss
für sinnvoll erachtet worden, nicht zuletzt deshalb, um das derzeit bestehende
verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis zwischen der Mitgliedschaft und den
Neutralitätspflichten aufzulösen.
Der letzte offene Punkt
ist die Gliederung der neuen Verfassung. Hier sind wir über Vorarbeiten noch
nicht hinausgelangt. Es gibt Konsens, diese Frage erst nach Vorliegen der
inhaltlichen Ergebnisse in Angriff zu nehmen, weil zunächst der Inhalt
feststehen muss, bevor man ihn gliedern kann. Gleiches gilt für die
Übergangsproblematik. Welche Bestimmungen entfallen können und welche
Bestimmungen in das Übergangsrecht übernommen werden müssen, kann der Ausschuss
erst auf Basis des Konventsergebnisses klären.
Am Ende meines
Überblicks über erzielte Lösungen und unbeantwortete Fragen möchte ich nicht
verhehlen, dass der Ausschuss auch eine große Sorge hat: die Sorge nämlich,
dass auf Grund des immensen Termindrucks - bis Ende des Jahres soll ein
Textentwurf vorliegen - die
Legistik auf der Strecke bleiben wird. Schon heute steht fest, dass die
Arbeiten des Ausschusses 2 bis Ende des Jahres unmöglich abgeschlossen werden
können: Die Rückmeldung der
anderen Ausschüsse gibt es zum großen Teil noch nicht, die Ergebnisse der Sachausschüsse
müssen zusammengeführt werden, und sie müssen harmonisiert werden. Es ist
sinnvoll und zweckmäßig, dass diese Arbeit im Ausschuss 2 erfolgt. Dafür wird
bis 31.12. keine Zeit sein.
Hier liegt nach
Überzeugung des Ausschusses eine große Gefahr. Das B-VG mag in seiner
Stammfassung ein Torso gewesen sein; in seiner legistischen Qualität ist es ein
Monolith. Aus diesem Grund liegt die Latte für das Konventsergebnis hoch: In
sprachlicher und legistischer Hinsicht wird der Konvent an der Stammfassung des
B-VG gemessen werden, und sein Verfassungsentwurf muss einem Vergleich
standhalten. Zeitdruck hat seine Vorteile; er setzt unter anderem produktive
Energien frei. In der Legistik ist er hingegen fehl am Platz. Was der Grundsatz
„speed kills“ bei der Formulierung von Rechtstexten anrichtet, können wir am
Beispiel jener 1 300 Verfassungsbestimmungen ersehen, von denen sich der
Konvent gerade verabschieden will. Wir sollten uns diese Methode also nicht zum
Vorbild nehmen. - Vielen Dank.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Ich danke Herrn
Prof. Wiederin für seine Ausführungen. Ich danke selbstverständlich auch den
übrigen Mitgliedern des Ausschusses, die so hervorragende Arbeit geleistet
haben, und darf noch auf Ihre letzte Bemerkung, Herr Professor, zu sprechen
kommen.
Der Konvent wird das
Unmögliche anstreben, um das Mögliche zu erreichen, und ich glaube, das sollte
uns gerade in den letzten Wochen jetzt wirklich ein Leitmotiv sein. Dann sollte
es gelingen, was wir uns vorgenommen haben und was auch von uns in dem Zeitraum
vom 18 Monaten, der nicht so gering ist, auch verlangt wurde.
Besten Dank nochmals,
Herr Professor. Ich darf nunmehr in die Diskussion zum Referat des Vorsitzenden
des Ausschusses 2 eintreten und als erstem Redner Herrn Dr. Poier das Wort
erteilen. - Bitte sehr.
Dr.
Klaus Poier : Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich möchte ebenso Herrn
Prof. Wiederin für diesen sehr konzisen und umfassenden Überblick danken und
ihm und den übrigen Ausschussmitgliedern für die wirklich sehr angenehme und
konstruktive, geradezu seminarhafte Arbeitsatmosphäre im Ausschuss danken. Man
muss auch betonen, dass der Ausschuss 2 wohl der einzige Ausschuss ist, in dem
es praktisch keinen Dissens über irgendeinen Punkt gibt. Es herrscht fast
überall einstimmiger Konsens, nur in ganz wenigen Punkten gibt es überwiegende
Entscheidungen. Das betrifft sowohl die Struktur einer neuen Verfassung - da
hat es zwar anfangs durchaus heftige, intensive Diskussionen gegeben, aber eben
am Ende einen Konsens. Das betrifft das relative Inkorporationsgebot, das
betrifft die Verfassungstrabanten, das betrifft die verfassungsausführenden
Gesetze, die anfangs überhaupt im Konvent sehr umstritten waren und die gerade
durch die klare Position des Ausschusses 2 an Gewicht gewonnen und sich
mittlerweile als Idee durchgesetzt haben. Und es betrifft auch das Schicksal
einzelner Verfassungsbestimmungen, über die es durchwegs Konsens gibt.
Man muss immer wieder
betonen, dass das Ergebnis des Ausschusses 2, was die Inkorporierung der
Verfassungsbestimmungen, die bisher in großer Zahl außerhalb des B-VG
anzutreffen sind, betrifft, ein geradezu sensationeller Erfolg ist.
Eintausenddreihundert Verfassungsbestimmungen zu inkorporieren oder als obsolet
zu erklären, das hätte man im Vorfeld des Konvents wahrscheinlich nicht für
möglich gehalten.
Wichtig in diesem
Zusammenhang ist auch die Konsenslösung für die Zukunft, dass
Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen, Verfassungsbestimmungen in
Staatsverträgen in Zukunft verfassungsrechtlich unzulässig sein sollen. Das
allein rechtfertigt wohl auch dieses Projekt des Österreich-Konvents, auch wenn
es dabei natürlich nicht bleiben soll und auch andere Ergebnisse zu erzielen
sind. Aber das allein rechtfertigt sicherlich den Konvent.
Natürlich gibt es
einige Sorgen. Eine große Sorge ist, dass, wie schon angesprochen wurde, sehr
viele dieser 1 300 Verfassungsbestimmungen den anderen Ausschüssen überwiesen
wurden, wobei diese Ausschüsse jeweils eine generelle Lösung zu finden haben,
damit diese Verfassungsbestimmungen tatsächlich obsolet werden. Hier sind fast
alle Ausschüsse säumig, es gibt bisher kaum abschließende Rückmeldungen, was
mit den jeweils zugewiesenen Verfassungsbestimmungen geschehen soll. Das ist in
den meisten Fällen auch verständlich, da die zugrunde liegenden generellen
Lösungen eines zumeist noch nicht geglückten politischen Konsenses bedürfen.
Aber es gibt auch
Erfreuliches: Ich habe im Bericht des Ausschusses 5, den wir erst hören werden,
gelesen, dass von den 60 Kompetenzbestimmungen, die wir dem Ausschuss 5
überwiesen haben, 59 wegfallen sollen und eine einzige Übergangsbestimmung
bleiben soll. Es wäre sehr zu wünschen, wenn das auch in den anderen
Ausschüssen so glücken könnte, denn es wäre ein furchtbarer Rückschlag, wenn
von einigen Ausschüssen die Botschaft zurückkäme, man wolle hundert oder mehr
Verfassungsbestimmungen beibehalten. Die könnte man dann freilich in das
Verfassungsbegleitgesetz integrieren, aber das wäre dann mit Sicherheit der Müllkübel,
von dem ich schon vor wenigen Wochen, als wir über den Bericht des Ausschusses
2 diskutiert haben, gesprochen habe.
Eine weitere Sorge, da
möchte ich die Argumentation Prof. Wiederins teilen, ist die Schluss-Legistik
eines Entwurfes des Österreich-Konvents. Der Zeitdruck ist sicherlich
notwendig, bis Dezember inhaltliche Lösungen zu finden. Da darf ich auch als
einfaches Konventsmitglied das Präsidium mahnen, das hier meines Erachtens
bisher säumig geworden ist.
Der Zeitdruck ist auch
notwendig, um einen Verfassungstext einmal vorliegen zu haben - aber eine
abschließende Legistik ist bis 21. Dezember nicht möglich. Da muss man sich
einen Mechanismus überlegen, wie man dann zu einem konzisen, zu einem
widerspruchsfreien Text kommt.
Und eine dritte Sorge
möchte ich noch einmal wiederholen. Es ist die Sorge, ob sich wohl auch die
rechtspolitische Kultur in Österreich ändern wird, ob der bisher
selbstverständliche Ruf nach Sonderverfassungsrecht in Zukunft nicht mehr so
laut zu hören sein wird. Denn Möglichkeiten, die Verfassung in diesem Sinne zu
überfrachten, wird es in Zukunft natürlich sowohl im B-VG als auch in den
Verfassungstrabanten und auch im Verfassungsbegleitgesetz geben, und diese
Möglichkeiten sollten natürlich nur sehr sparsam wahrgenommen werden. - Danke
sehr.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Ich danke für
diese Wortmeldung und darf als Nächstem Herrn Dr. Schnizer das Wort erteilen. -
Bitte sehr.
Dr.
Johannes Schnizer : Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Ich möchte mich
zunächst vollinhaltlich dem Bericht vom Kollegen Wiederin über den
Beratungsstand des Ausschusses 2 anschließen. Er war bestens und ist auch
völlig zutreffend dargestellt. Ich melde mich deswegen zu Wort, weil ich auf
die noch bevorstehenden inhaltlichen Aufgaben kurz eingehen möchte.
Wie Kollege Poier
gesagt hat, sind hier zwei Bereiche zu unterscheiden. Der eine Teil sind jene
inhaltlichen Fragen, die den anderen Ausschüssen zugewiesen worden sind. Hier
kann der Ausschuss nicht weiterarbeiten, solange er nicht Ergebnisse zurück
bekommt, und ich möchte hier auch den anderen Ausschüssen nicht vorgreifen.
Allerdings gibt es
einen zweiten Teil, wo das Präsidium dem Ausschuss 2 die Aufgabe gestellt
hat, selbst Textvorschläge für zwei Bereiche vorzulegen. Zu diesen beiden
Punkten möchte ich nun gern sprechen.
Der este dieser
Bereiche sind die Universitäten. Dort ist die Verfassungsrechtslage zurzeit
eine beklagenswerte. Bekannterweise wurde die Rechtsstellung der Universitäten
im Universitätsorganisationsgesetz 1993 mit zahlreichen Verfassungsbestimmungen
geregelt. Mittlerweile haben wir ein neues Universitätsgesetz, das hinsichtlich
der Verfassungsrechtslage auf diese verstreuten Verfassungsbestimmungen aufbaut.
Der Verfassungsgerichtshof hat das weitgehend für zulässig erachtet, womit sich
jetzt aber die Frage stellt, wie man in einem zusammenfassenden Gesetz die
Universitäten neu regeln soll.
Ich möchte hier
nachdrücklich auf drei Punkten bestehen. Der erste ist: Es ist erforderlich,
dass der Aufgabenkreis und der Bestand der Universitäten einschließlich einer
Definition dessen, was Universitäten eigentlich sein sollen, in die Verfassung
aufgenommen werden sollen. Wir haben hier einen Vorschlag gemacht, wonach die
Universitäten Stätten freier Wissenschaft, Lehre und Bildung mit dem Recht auf
Selbstverwaltung sind. Im Ausschuss ist das auf sehr viel Zustimmung gestoßen,
eine derartige Formulierung aufzunehmen.
Wenn ich vom Recht auf
Selbstverwaltung spreche, dann ist klar, dass man hier auch etwas sagen muss
über die Mitwirkung der hier sich Selbstverwaltenden. Ich glaube, dass in der
Verfassung auch ausdrücklich die Mitwirkung aller Universitätsangehörigen
einschließlich der Studenten in den obersten Organen der Universitäten
festgehalten werden sollte.
Das Dritte, und ich
fürchte, hier wird es keinen Konsens geben. Ich glaube, man sollte auch die
Gebührenfreiheit der öffentlichen Universitäten in der Verfassung
festschreiben. Dass dies notwendig ist, hat die Vergangenheit gezeigt.
Allerdings stellt sich dann natürlich die Frage der Finanzierung der
Universitäten. Da ist es, glaube ich, klar, wenn es öffentliche Universitäten
sind und sie in der Verfassung so verankert werden, dass dies eine ganz
eminente öffentliche Aufgabe ist, und dass deswegen die öffentliche Hand auch
für eine ausreichende Finanzierung der Universitäten sorgen muss.
Nun zum zweiten
Bereich, wo der Ausschuss selbst einen inhaltlichen Vorschlag machen soll. Es
ist dies mit dem etwas sperrigen Titel Vermögenssubstanzsicherung zu
bezeichnen. Worum geht es im Kern? Im Kern geht es darum, dass es bis jetzt in
einfachen Bundesgesetzen Verfassungsbestimmungen gibt, die den Vermögensbestand
der öffentlichen Hand in einer gewissen Form festschreiben. Dies sind zunächst
die Bundesforste. Ich glaube, man könnte da den besten Weg gehen, dass man ein
eigenes knappes Bundesverfassungsgesetz schafft, in dem der bisherige Bestand
festgeschrieben wird, wobei er bis jetzt legistisch sehr unzureichend festgeschrieben
ist, so dass die Reichweite unklar ist.
Ich meine, aus dieser
Verfassungsbestimmung sollte klar hervorgehen, dass sowohl der Wald und damit
auch die Schutzfunktion, die Wohlfahrtsfunktion des Waldes im Eigentum des
Bundes bleiben müssen und dass gleichzeitig aber auch die Verwaltung des
Waldes, die momentan von der Bundesforste-AG besorgt wird, auch im Eigentum des
Bundes bleiben muss, dass es nicht möglich ist - da gibt es divergente
Ausfassungen - die Anteile an der
Bundesforste-AG an Private zu veräußern.
Im Zusammenhang damit
wäre die Schutz- und Wohlfahrtsfunktion des Waldes zu verankern, weil dies ein
über die wirtschaftliche Führung der Bundesforste hinausgehendes Ziel ist und
das ist der Sinn dessen, warum hier öffentliches Eigentum bestehen muss, damit
nicht die wirtschaftliche Maximierung des Nutzens allein im Vordergrund steht,
sondern hier auch die öffentliche Funktion.
Der zweite dieser
Bereiche sind die Elektrizitätsunternehmen. Die Verfassungslage geht hier
zurück bis auf das zweite Verstaatlichungsgesetz. Was davon jetzt noch übrig
ist, besteht darin, dass in Verfassungsbestimmungen und in Anlagen zu
Verfassungsbestimmungen bestimmte Unternehmen zu 50 Prozent im Eigentum
der öffentlichen Hand, sei es des Bundes, sei es der Länder, stehen müssen. Ich
glaube auch hier, dass es der richtige Weg ist, ein kurzes Verfassungsgesetz,
auf das im Anhang verwiesen wird, zu schaffen, in dem die Substanz dieser
Gesetze festgeschrieben ist. Ich glaube, dass es nicht ausreicht, einfach die
Namen der Elektrizitätsunternehmen festzuschreiben, sondern dass es
erforderlich ist, auch den Unternehmenszweck festzuschreiben, damit klar ist,
dass diese Elektrizitätsunternehmen, insbesondere die Wasserkraftwerke, zu
50 Prozent im Eigentum der öffentlichen Hand stehen müssen und dass es
etwa nicht sein kann, dass die Verbundgesellschaft als bloßer Mantel bestehen
bleibt, aber nur mehr der Verwaltung von irgendwelchen Anteilen von
Atomkraftwerksunternehmen aus dem Ausland dienen.
Gleichzeitig wäre damit
zu verbinden, dass diese Anteilsbeschränkungen auch jeweils für Töchter- und
Enkel-Gesellschaften gelten, damit klargestellt ist, dass hier zwar
Umgliederungen erfolgen können, aber die Sperrfunktion des
50 Prozentanteils weiter aufrecht erhalten bleiben muss.
Ich glaube, wenn
weiterhin so intensiv gearbeitet wird wie bisher, dass es möglich ist, bis zum
Ende des Jahres einen konzisen Text vorzulegen. Er darf keinesfalls ein
Konglomerat von unterschiedlichen Vorschlägen von den einzelnen Ausschüssen
bestehen, sondern solle gut durchdacht sein. Vielleicht ist es nicht möglich
alle Punkte auszuformulieren, dann sollte man wenigstens ein komplettes
Verzeichnis machen und dann in einem kleinen Reaktionskomitee eine möglichst
klare und verständliche Verfassung. Es muss weiterhin das Ziel sein, dass es
keine Verfassung ist, die nur Juristen verstehen, sondern eine, die lesbar und
auch für den einfachen Bürger verständlich ist. Danke.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke für Ihre
Ausführungen, Herr Dr. Schnizer. Als Nächste zu Wort hat sich Frau
Abgeordnete Dr. Glawischnig gemeldet. - Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Dr. Eva
Glawischnig : Danke, Herr Präsident! Hoher Konvent!
Die Grünen sind im
Zweierausschuss nicht vertreten. Ich möchte aber ein paar inhaltliche
Anmerkungen zum derzeitigen Stand der Diskussion machen und auch aus dem
Präsidium kurz berichten. Im Präsidium besteht Konsens, dass dieses
Inkorporierungsgebot durchbrochen werden soll durch Trabentengesetze. Die Liste
dürfte jetzt doch nicht ganz kurz ausfallen. Es sind mittlerweile
Neutralitätsgesetz, Menschenrechtskonvention, Adelsaufhebungsgesetz,
Verbotsgesetz, Habsburgergesetz, aber es ist, denke ich, da keine andere Lösung
möglich, als dieses Konzept zu verfolgen.
Grundsätzlich: Um nun
diese Strukturbereinigungen zu schaffen, die man sich vorgenommen hat, den Weg,
den man hier aufgezeigt hat, sind natürlich ein neuer Kompetenzkatalog und der
Grundrechtekatalog wichtig, um vor allem auch die Frage der Weisungsfreiheit
der Organe zu lösen und die Grenzänderungen zu lösen. Das sind Dinge, die noch
zu tun sind. Die Lösung ist aber noch zu erarbeiten.
Zur Frage der übrigen
Verfassungsbestimmungen, wo vorgeschlagen worden ist, sie weitgehend den
Verfassungsrang zu entkleiden: Wir haben das mit großer Sorgfalt uns angesehen
- diese umfassende Liste - , haben dazu auch einige Zeit benötigt und bei
einigen Bestimmungen sehen wir aber inhaltlich im Bestand etwas gefährdet und
wir haben zu sieben Bestimmungen auch einen Einwand erhoben, auch im Präsidium.
Dabei handelt es sich
um die Urherberrechtsgesetznovelle, das Elektrizitätsorganisationsgesetz, das
Volksgruppengesetz, das Gleichbehandlungsgesetz. Nur damit Sie sich etwas
darunter vorstellen können: Beim Gleichbehandlungsgesetz handelt es sich um den
Schutz der Gleichbehandlungsbeauftragten und wir fürchten, dass hier inhaltlich
etwas verloren geht, wenn man das nicht an anderer Stelle in der Verfassung
verankert. Das wird sehr stark vom Ausschuss 4 abhängen, ob das möglich ist.
Auch Wehrgesetz,
Ökostromgesetz, Staatsbürgerschaftsgesetz, Studienförderungsgesetz: Da geht es
zum Beispiel um die Gebührenbefreiung von Südtiroler Studierenden. Hier bei
diesen Bestimmungen haben wir Sorge, wenn die generell des Verfassungsranges
entkleidet werden, dass damit auch inhaltlich etwas verloren geht. Da würden
wir dafür appellieren, dass hier Lösungen gesucht werden, um den inhaltlichen
Weiterbestand dieser Regelung zu sichern.
Dann gibt es noch ein
Sonderproblem, wo wir auch einen Textvorschlag noch vorgelegt haben. Den möchte
ich kurz vorstellen. Da geht es um die Frage des außenpolitischen Spielraumes
der Regierung im Zusammenspiel mit dem Parlament. Das ist der
Artikel 50 B-VG und der wird überschrieben mit „Mitwirkung des Nationalrates
und des Bundesrates an der Vollziehung des Bundes.“ Es geht im Wesentlichen um
die „Genehmigung“. Genehmigung ist in dem Zusammenhang auch sehr korrekt bei
völkerrechtlichen Verträgen.
Hier gibt es ein
Sonderproblem, nämlich, dass es einige multilaterale Verträge gibt, die neben
einem ordentlichen Vertragsänderungsverfahren auch ein so genanntes einfaches
Vertragsänderungsverfahren haben. Das bedeutet, dass durch einen
Mehrheitsbeschluss in einem Gremium oder Organ dieser Organisation der Vertrag
selber verändert werden kann. Es sieht der Vorschlag des Ausschusses 2
eben vor: So weit eine solche Änderung vorliegt, bedarf es keiner
verfassungsabgestimmten Zustimmung mehr, sondern nur mehr noch einer einfachen
Genehmigung. Da haben wir Sorge und wir sehen das als weitere
Entdemokratisierung der Außenpolitik, die traditionell schon sehr stark immer
auch - historisch gesehen - Aufgabe des Monarchen war und in vielen Parlamenten
eigentlich unzureichend geregelt ist. Auch vor dem Hintergrund wird die
Diskussion sehr, sehr weitreichende Entscheidungen betreffen.
Ich möchte ein Beispiel
nennen, was das dann tatsächlich bedeuten könnte, so eine künftige
Vertragsänderung im vereinfachten Verfahren. Das betrifft zum Beispiel den
Vertrag der Europäischen Union. Würde der künftige Verfassungsvertrag
beschlossen werden, wären im vereinfachten Vertragsgenehmigungsverfahren sehr
viele Eingriffe in interne Politikbereiche der Europäischen Union über dieses
vereinfachte Vertragsgenehmigungsverfahren möglich. Zum Beispiel jetzt schon.
Auch der Übergang der Europäischen Union zu einem Verteidigungsbündnis wäre in
einem einfachen Vertragsänderungsverfahren zu beschließen. Hier haben wir einen
Vorbehalt und haben dazu auch einen Textvorschlag eingebracht, ausgearbeitet,
der im Wesentlichen die Möglichkeit dem Nationalrat gibt, diese Kompetenz
wieder an sich zu ziehen und zweitens, in einem zweiten Absatz auch eine
Vorinformation der Regierung vorsieht, dass über solche Vorhaben auch im
Vorhinein dem Nationalrat zu berichten ist, um das auch richtig einschätzten zu
können, ob dieses einfache Verfahren zulässig sein soll oder nicht.
Ich bitte den Ausschuss, diesen Vorschlag
auch entsprechend zu würdigen und zu diskutieren; uns wäre das ein großes
Anliegen. Danke schön.
Vorsitzender des Österreich-Konvents
Dr. Franz Fiedler : Danke schön, Frau
Abgeordnete! Es hat sich noch als nächster Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
Herr Professor Öhlinger gemeldet. Bitte sehr.
Dr. Theodor Öhlinger : Herr Vorsitzender! Meine Damen und
Herren! Ich habe mich spontan gemeldet, um zu dem Diskussionsbeitrag der Frau
Abgeordneten Glawischnig etwas zu sagen.
Zunächst
einmal ist es ein Missverständnis, das man aber vielleicht durch Änderung des
vorgeschlagenen Textes aufklären sollte, dass sich ein vereinfachtes
Vertragsänderungsverfahren ohne Beteiligung des Parlaments auch auf das
Primärrecht der EG erstrecken soll. Das war nie die Absicht des Ausschusses 2.
Im Gegenteil, es ist heute schon im Ausschussbericht gesagt worden, dass wir
eine generelle Regelung über künftige Änderungen des EG-Primärrechts - wir
hoffen alle, dass dies der Verfassungsvertrag sein wird - vorgeschlagen haben,
und dabei auch für eine Zwei-Drittel-Mehrheit offen sind. Primärrecht der EG
ohne Mitwirkung des Parlaments zu ändern, ist eine Vorstellung, die dem
Ausschuss - da bin ich überzeugt, für alle Mitglieder zu reden - absolut fern
liegt.
Aber
worum geht es überhaupt bei diesem Problem? Es gibt in völkerrechtlichen
Verträgen, selten in bilateralen, öfters, aber auch nicht allzu oft, in
multilateralen Verträgen, Bestimmungen, die besagen, dass gewisse Teile,
Annexe, Anhänge, technische Bestimmungen et cetera in vereinfachter Weise
geändert werden können. Nur ganz vereinzelt sind dabei Mehrheitsbeschlüsse vorgesehen.
Wenn ein Mehrheitsbeschluss möglich ist, dann haben wir allerdings derzeit die
paradoxe Rechtslage, dass das eine Übertragung von Hoheitsrechten darstellt,
und wenn es sich nicht gerade um Hoheitsrechte der Länder handelt, so kann eine
solche Vertragsbestimmung schon heute mit einfacher Mehrheit genehmigt werden.
Dagegen
sind die Mehrzahl dieser Bestimmungen so genannte opting in- oder opting-
out-Klauseln. Das heißt, dass Teile des Vertrages so geändert werden können,
dass die Staaten die Möglichkeit haben, innerhalb einer bestimmten Frist zu
sagen: Mit uns nicht, dann sind sie draußen, oder mit uns auch, dann sind sie
drinnen. Das verfassungsrechtliche Problem in Österreich besteht darin, dass
dabei Fristen vorgesehen sind, in der Regel 90 Tage, manchmal sogar nur 60
Tage, und dass diese Fristen ein normales parlamentarisches Verfahren in
Österreich nicht ermöglichen. Man denke nur an die acht Wochen, die der
Bundesrat Zeit hat. Daher macht man eine Verfassungsbestimmung daraus, die in
Wahrheit nicht das Änderungsverfahren selbst betrifft - im Text des Vertrages
steht darüber überhaupt nichts -, die es aber erlauben soll, so die übliche
Deutung, dass Österreich diese opting in- oder opting out-Erklärung auf
Regierungsebene abgibt, weil der Nationalrat gar nicht in der Lage wäre, dies
in der zur Verfügung stehenden Zeit zu tun. Das Problem kann man aber nicht
dadurch lösen, dass man einen Vorbehalt des Nationalrates macht. Er behält sich
dann etwas vor und muss gleichzeitig wissen, dass er das in der vorgesehenen
Frist gar nicht erledigen kann.
Man
müsste vielmehr ein Verfahren, etwa in der Geschäftsordnung des Nationalrates,
einführen, dass ein Ausschuss, etwa der Hauptausschuss, über solche
beabsichtigte Erklärungen informiert werden muss. Das wäre eine zielführende
Lösung. Eine Verfassungsbestimmung löst dagegen in Wahrheit gar nichts. Es hat
auch meines Wissens noch nie einen Fall gegeben, in dem einer solchen
Verfassungsbestimmung die Zwei-Drittel-Mehrheit verweigert wurde. Es geht dabei
meist um Detailfragen. Wenn man etwa in einem Artenschutzübereinkommen die
Liste der gefährdeten Tiere erweitert, können dem die Staaten auf diese Weise
vereinfacht zustimmen. Das ist aber nicht der Kern des Abkommens. Niemand
könnte einem solchen Abkommen seine Zustimmung mit der Begründung verweigern,
dass er zwar für den Schutz von Tieren ist, die vom Aussterben bedroht sind,
aber dass man diese Liste nicht in einem vereinfachten Verfahren erweitern
können soll, wenn man dabei den Nationalrat ausschließt.
Das
Problem lässt sich auch nicht durch eine allgemeine Verfassungsbestimmung
lösen, auf Grund derer sich der Nationalrat die Genehmigung vorbehält. Das
Problem liegt vielmehr in der mangelnden Information des Nationalrats. Dort
müsste man daher ansetzen. Aber eine Entdemokratisierung, die Sie darin sehen,
dass man für solche vereinfachten Änderungsverfahren Verfassungsbestimmungen in
Zukunft nicht mehr für nötig hält, ist, glaube ich, eine Fehleinschätzung
dieser Problematik.
Wir
werden aber selbstverständlich alle Vorschläge, die in Richtung stärkerer
Berücksichtigung des Parlamentes bei außenpolitischen Angelegenheiten gehen,
sehr ernsthaft prüfen und auch selbst Vorschläge dazu machen. Danke, Herr
Präsident!
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr.
Franz Fiedler : Ich danke auch, Herr
Professor! Ich glaube, ich kann Sie, Frau Abgeordnete Glawischnig, beruhigen:
Sie werden Ihre Vorschläge gut geprüft im Ausschuss 2 vorfinden. Ich gehe davon
aus, dass wir auch insoweit zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen werden.
Damit
sind die Beratungen zum Referat über den Ausschuss 2 abgeschlossen. Wir kommen
nun zum Referat des Vorsitzenden des Ausschusses 3. Ich darf Herrn Professor
Holzinger das Wort erteilen. - Bitte!
Dr. Gerhart Holzinger : Danke sehr, Herr Vorsitzender! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Dem
Ausschuss 3 des Österreich-Konvents wurden im Wesentlichen folgende Themen zur
Vorberatung zugewiesen: Aufbau des Staates - das heißt, die
verfassungsrechtlichen Regelungen betreffend die Organisation von Exekutive und
Legislative des Bundes und der Länder sowie das Gemeindeverfassungsrecht -,
Wahlen, Verfassungsautonomie der Länder und das Verhältnis zwischen
Gesetzgebung und Vollziehung. Der Ausschuss hat die wichtigsten damit zusammenhängenden
Fragen in insgesamt neun Sitzungen, die meisten davon ganztägig, vorberaten und
hat zwei Berichte erstattet. Ein Bericht wurde im Februar dieses Jahres
vorgelegt und der zweite, eingehend auf ein ergänzendes Ersuchen des Präsidiums
vom Juli dieses Jahres, dann Anfang Oktober. In diesem zweiten Bericht sind
auch die Fragen, die uns seitens des Ausschusses 2 gestellt wurden, beantwortet
worden. Insofern sind wir gegenüber dem Ausschuss 2 nicht mehr säumig, das
möchte ich hier feststellen.
Meine
Damen und Herren! Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit des Ausschusses 3
lassen sich, kurz zusammengefasst, wie folgt darstellen:
Im
Ausschuss besteht Konsens darüber, dass eine Reihe der uns vom Präsidium zur
Behandlung übertragenen verfassungsrechtlichen Regelungen entweder überhaupt
entbehrlich erscheinen, oder dass diese Regelungen doch deutlich reduziert
werden könnten, gegenüber dem derzeitigen verfassungsrechtlichen Status quo.
Ich möchte das an drei Beispielen kurz erläutern:
Zum
einen hat sich im Zuge der Ausschussberatungen gezeigt, dass eine Reihe jener
Bestimmungen in den Artikeln 27 bis 33 des Bundes-Verfassungsgesetzes, die den
Nationalrat betreffen, entbehrlich erscheinen. Auch hiezu ein Beispiel: Etwa
die zum Teil sehr detaillierten und kasuistischen Regelungen betreffend die
Befugnis des Bundespräsidenten zur Einberufung der Tagungen des Nationalrates
oder betreffend die Schließung dieser Tagungen. Wir meinen, dass diese
Regelungen entfallen könnten und diese Befugnis im Geschäftsordnungsgesetz des
Nationalrates geregelt werden und dem Präsidenten des Nationalrates zukommen
sollte.
Deutlich
reduzieren ließen sich, unserer Auffassung nach, auch die derzeit in den
Artikeln 69 folgende getroffenen, zum Teil sehr kasuistischen Regelungen
betreffend die Bundesregierung. Diese insbesondere dann, wenn man eine vom
Ausschuss vorgeschlagene bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung zur
Erlassung einer Geschäftsordnung der Bundesregierung vorsähe.
Schließlich
ist in diesem Zusammenhang auch noch auf die bundesverfassungsgesetzlichen
Vorschriften betreffend die Organisation der Landesverwaltung zu verweisen, die
gleichfalls sehr detailliert sind. Dazu hat der Ausschuss einen Textvorschlag
für eine Neufassung des Artikels 106 der Bundesverfassung erstattet. Eine
derartige Neuregelung würde insbesondere das B-VG betreffend die Ämter der
Landesregierungen aber auch Bestimmungen im Übergangsgesetz 1920, die nach wie
vor in Geltung stehen, entbehrlich machen, und im Übrigen auch die
Verfassungsautonomie der Länder in einem nicht unmaßgeblichen Bereich stärken,
nämlich dort, wo es um die Organisation der Landesverwaltung geht.
Abgesehen
von diesen Vorschlägen, die auf eine Bereinigung der Bundesverfassung
hinauslaufen, möchte ich zu den verfassungspolitisch wichtigsten Fragen, die
der Ausschuss zu behandeln hatte, auf Folgendes hinweisen: Ein wesentlicher
Punkt, der von uns zu behandeln war, betrifft den Artikel 26 der
Bundesverfassung, also die Regelung über die Wahlen zum Nationalrat, die
gewissermaßen die zentrale Wahlrechtsregelung der Bundesverfassung darstellt.
Zu dieser Frage besteht im Ausschuss Konsens darüber, dass sämtliche
Wahlrechtsgrundsätze in der Verfassung geregelt werden sollten, also
insbesondere auch jener des freien Wahlrechts, der derzeit außerhalb des B-VG
geregelt ist.
Was
die weiteren Änderungen des Artikel 26 B-VG anlangt, so bestehen im Ausschuss
allerdings unterschiedliche Positionen. Die eine Position geht in die Richtung,
dass sich die Verfassung im Wesentlichen auf die Regelung der Wahlrechtsgrundsätze
beschränken sollte, wobei zudem die Auffassung vertreten wird, dass der
Grundsatz der Verhältniswahlen nicht verfassungsgesetzlich geregelt werden
sollte, sondern dass die Festlegung des Wahlsystems dem Wahlrechtsgesetzgeber
zukommen soll. Darüber hinaus wird von den Vertreterinnen und Vertretern dieser
Position die Auffassung vertreten, dass die Briefwahl als eine gleichwertige
Form der Stimmabgabe neben der Stimmabgabe vor der Wahlbehörde vorgesehen
werden sollte und auch die Einführung von E-voting verfassungsgesetzlich
ermöglicht werden soll. Dem steht eine andere Position gegenüber, der zufolge
die Regelungsdichte des Artikel 26 B-VG im Wesentlichen so erhalten bleiben
soll, allerdings mit bestimmten Änderungen: Das Wahlrecht zum Nationalrat soll
auch in Österreich ansässigen Ausländern eingeräumt werden, der Grundsatz der
Verhältniswahl soll durch eine Mindestprozentklausel in der Verfassung näher
determiniert werden, das Wahlalter soll auf das 16. beziehungsweise 18.
Lebensjahr gesenkt werden, die Zahl der Abgeordneten je Wahlkreis soll anstelle
des derzeit geltenden Bürgerzahlprinzips in Zukunft an der Zahl der
Wahlberechtigten beziehungsweise an der Wohnbevölkerung orientiert werden, und
schließlich die Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde soll den Regelfall bilden,
die Briefwahl nur ausnahmsweise zulässig sein.
Einvernehmen
besteht - das sei an dieser Stelle erwähnt - im Ausschuss dahingehend, dass bundesverfassungsgesetzlich
Vorkehrung dafür getroffen werden sollte, dass bei Landtagswahlen und bei
Gemeinderatswahlen dieselben Möglichkeiten zur Stimmabgabe außerhalb des
Wahlgebietes bestehen sollten wie das derzeit auf Grund des § 60 der
Nationalratswahlordnung bei Nationalratswahlen der Fall ist.
Was
den Bundespräsidenten betrifft, so werden im Ausschuss im Wesentlichen die
folgenden beiden unterschiedlichen Positionen vertreten: Die eine Meinung geht
dahin, dass die Befugnisse des Bundespräsidenten zur Auflösung des
Nationalrates und eines Landtages sowie zur Ernennung und Entlassung der
Mitglieder der Bundesregierung entfallen sollte, während andere Mitglieder des
Ausschusses dafür eintreten, dass diese Befugnisse beibehalten werden sollten.
Konsens besteht hingegen darüber, dass einzelne der Befugnisse des
Bundespräsidenten, die antiquiert erscheinen, entfallen sollten. Als Beispiel
dafür wird immer das Recht des Bundespräsidenten zur Legitimation unehelich
geborener Kinder angeführt.
Zu
den bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen betreffend die Gemeinden bestehen
im Ausschuss unterschiedliche Auffassungen im Wesentlichen darüber, ob im
Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Bezirksebene die derzeitige Struktur
beibehalten werden soll oder vermehrt Aufgaben, die bisher von den
Bezirkshauptmannschaften wahrgenommen werden, auf die kommunale oder
interkommunale Ebene verlagert werden sollten. Die Befürworterinnen und
Befürworter dieser Aufgabenverlagerung schlagen insbesondere auch einen Ausbau
des Instituts der Stadt mit eigenem Statut, beziehungsweise die Schaffung eines
Modells einer Region oder eines Gemeindeverbandes mit eigenem Statut vor.
Weitgehender Konsens besteht im Ausschuss hingegen darüber, dass die
Instrumente der interkommunalen Kooperation, also der Zusammenarbeit zwischen
den Gemeinden ausgebaut werden sollten, und zwar sowohl was die
Gemeindeverbände anlangt, als auch was Vereinbarungen zwischen den Gemeinden
betrifft, sei es, dass die Gemeinden in das Regime des Artikel 15a B-VG
einbezogen werden, sei es, dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, sonstige
öffentlich rechtliche Verträge abzuschließen. Hinweisen möchte ich an dieser
Stelle auch darauf, dass mit dem von mir erwähnten Ergänzungsbericht, der
Anfang Oktober dem Präsidium des Österreich-Konvents vorgelegt wurde, zwei
Textvorschläge für eine Neufassung der Bestimmungen der Verfassung über die
Gemeinden vorgelegt wurden, zwei Textvorschläge, die insbesondere eine
Reduktion und eine systematische Verbesserung der die Gemeinden betreffenden
Bestimmungen der Verfassung bedeuten würden.
Abschließend
noch ein paar Hinweise zu Fragen, die sich mit dem Verhältnis von Exekutive und
Legislative beschäftigen. Zum Legalitätsprinzip besteht Einvernehmen im
Ausschuss darüber, dass in Österreich, verglichen mit anderen Staaten, die
Gesetze tendenziell zu kasuistisch formuliert sind, zu viele Detailregelungen
enthalten und daher umfangreicher sind, als sie eigentlich sein müssten.
Kontroversiell wird allerdings im
Ausschuss die Frage beurteilt, worin die Ursachen für dieses Phänomen liegen.
Manche Ausschussmitglieder sind der Meinung, dass eine Änderung des Artikels 18
Absatz 1 B-VG, betreffend das Legalitätsprinzip, eine Lösung für diese Probleme
bedeuten könnte. Unterschiedlich sind auch die Meinungen im Ausschuss zur
Frage, ob die innerstaatliche Umsetzung von EU-Richtlinien durch Verordnung
ermöglicht werden soll. Eine Reihe von Mitgliedern lehnt eine derartige
Änderung des B-VG ab. Sie sprechen sich aus grundsätzlichen demokratiepolitischen
Erwägungen für die Beibehaltung des Parlamentsvorbehalts aus, der das
derzeitige verfassungsrechtliche Regime bestimmt. Andere Ausschussmitglieder
treten dagegen für eine vereinfachte Übernahme von EU-Richtlinien durch
Verordnung ein. Sie argumentieren im Besonderen damit, dass die Zahl dieser
Regelungen in Österreich weitaus höher ist als in anderen Ländern.
Meine
Damen und Herren! Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen, dass der
Ausschuss in den beiden von mir genannten Berichten sämtliche der an ihn
herangetragenen Fragen behandelt hat. Auch wenn in einer Reihe von Punkten kein
Konsens im Ausschuss erzielt werden konnte, so mindert das meines Erachtens
nicht den Wert der Ausschussarbeit, und zwar deshalb nicht, weil der Ausschuss
damit das getan hat, was von ihm erwartet werden konnte, nämlich "das
Terrain zu sondieren", also herauszuarbeiten, in welchen Punkten
Reformbedarf besteht und welche Reformoptionen für eine derartige Neuregelung
bestehen. Das alles könnte die Basis für einen verfassungspolitischen
Kompromiss legen, der freilich nicht in den Ausschussberatungen gefunden werden
kann. Dazu bedarf es vielmehr einer Gesamtschau der Ergebnisse in allen
Ausschüssen, das kann daher nur insgesamt im Konvent geleistet werden.
Erlauben
Sie mir abschließend noch, mich bei den Mitgliedern des Ausschusses für die
Mitarbeit zu bedanken, für das Engagement und für die Bereitschaft zur
sachlichen Diskussion. Dieses Engagement hat es ermöglicht, die an uns
herangetragenen Fragen rasch zu behandeln und einen Bericht darüber zu
erstatten. Ebenso möchte ich mich nochmals bei der tatkräftigen Unterstützung
seitens des Büros des Österreich-Konvents bedanken.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Ich danke auch,
Herr Professor, für die Ausführungen und darf Sie ersuchen, diesen Dank
einerseits persönlich in Ihrer Funktion als Vorsitzender entgegenzunehmen und
darüber hinaus auch den Mitgliedern des Ausschusses weiterzuleiten.
Wir kommen nun zur
Diskussion über das Referat des Vorsitzenden des Ausschusses 3, und ich darf
als Erstem Herrn Bundesrat Hösele dazu das Wort erteilen. Bitte sehr, Herr
Bundesrat.
Herwig
Hösele : Herr Vorsitzender, werte Frau Präsidentin,
Damen und Herren!
An die Spitze möchte
ich auch den Dank an unseren Ausschussvorsitzenden, den Professor Holzinger,
und seiner tatkräftigen und kompetenten Crew mit dem Dr. Mayr an der Spitze
stellen. Es hat eine außerordentlich konziliante Atmosphäre der Beratungen
geherrscht, die aber gleichzeitig sehr ergebnisorientiert und effizient war,
und das war sehr angenehmen.
Ich möchte mich auf
einige wenige Punkte beschränken, die im Ergänzungsmandat des Präsidiums
sozusagen im Herbst zu behandeln waren. Das ist erstens die Frage gewesen,
besteht hinsichtlich der Regelung über die Bundeshauptstadt, so über den Sitz
der Obersten Organe Änderungsbedarf? Wir waren natürlich in dieser Meinung
nicht einhellig. Es ist aber im Bericht festgehalten, dass, auch wenn es außer
Streit steht, dass alle Obersten Organe mit Ausnahme des Bundesrates, dem ich
angehöre, selbstverständlich in der Bundeshauptstadt beheimatet sein sollen,
beim Bundesrat eventuell eine flexiblere Möglichkeit angesehen werden sollte,
dass bei all dieser Richtigkeit und Feststellung die ausdrückliche
bundesverfassungsgesetzliche Festlegung des Sitzes der Obersten Organe auch
dazu beitragen kann, dass neu geschaffene weisungsfreie Sonderbehörden in aller
Regel in Wien angesiedelt werden. Das ist eine Sache, die natürlich aus der
Sicht verschiedener Bundesländer, wahrscheinlich aller Bundesländer, nicht
befriedigend ist, noch dazu, wenn wir uns vor Augen halten, dass in der
Schweiz, in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, um drei
Bundesstaaten zu nennen, die durchaus unterschiedlicher Größenordnung, aber
teilweise - so wie die Schweiz - flächenmäßig und einwohnermäßig mit uns
vergleichbar sind, es durchaus einen Polyzentrismus gibt und nicht unbedingt
alles in der Bundeshauptstadt angesiedelt werden muss, was, wie ich glaube, auch
deswegen sehr wichtig ist, weil eine gesamtösterreichische Perspektive eine
weitere sein sollte und oft der Standort den Standpunkt bestimmt, und da würden
wir, glaube ich, eine weitere Perspektive für sehr positiv halten können.
Zweiter Fall: es ist
uns aufgetragen worden, einen Textvorschlag für eine mögliche Briefwahl
vorzulegen, es gibt auch hier natürlich logischerweise jenen Dissens, den der
Herr Vorsitzende angesprochen hat, ein wenig hab’ ich es bedauert, dass nicht
die neuen technischen Mittel, die möglicherweise in den nächsten Jahren
verstärkt, wenn es sozusagen im Sinne der anderen Wahlrechtsgrundsätze möglich
ist, nicht miteinbezogen wurden. Ich möchte dafür noch einmal plädieren, dass
man neben der Briefwahlmöglichkeit auch die Möglichkeit eines ausgereiften
E-Voting zumindest als Möglichkeit ins Auge fassen sollte, damit man nicht in
den nächsten Jahren in einem so zentralen Grundsatz möglicherweise wieder zu
einer Novellierung kommen sollte oder müsste. Ich glaube, dass man mit der
Distanzwahl unter die ich dieses Ganze stellen möchte, einerseits der
zunehmenden Mobilität der jüngeren, aber auch den Bedürfnissen weniger mobiler
älterer Mitbürger nahe kommen könnte, näher kommen könnte. Und ich meine, dass
gerade auch die - es ist kein Patentrezept und schon gar kein Allheilmittel
gegen sinkende Wahlbeteiligungen, aber es ist ein Angebot an den Bürger und an
Wählerin und Wähler, dass man dem nachkommen sollte, ich glaub’ es sollten uns
auch die entsprechenden Wahlbeteiligungen der letzten Landtagswahlen und der
EU-Wahl einen Punkt zu denken geben.
Dritter Punkt: Im Sinne
der Kontinuität der Arbeit an staatspolitisch notwendigen Reformwerken, ohne
Rücksicht auf allzu kurzfristige Wahltermine, eine Verlängerung der
Legislaturperiode auf fünf Jahre ist auch ein Auftrag der Überlegungen seitens
des Präsidiums gewesen, wofür ich sehr eintreten würde.
Als Allerletztes möchte
ich ganz kurz auch noch ansprechen, was der Herr Vorsitzende gesagt hat, in den
Arbeitskreisen kann man natürlich nur die einzelnen Themen abhandeln, es geht
um eine verfassungspolitische Gesamtschau, das ist die Aufgabe des Konvents,
des Präsidiums und des Plenums und ich würde sehr dafür plädieren und bitten -
und das ist ja auch weitgehend zum Ausdruck gebracht worden -, dass man den
Zeitdruck und Erwartungsdruck wirklich auch gut erfüllt, indem man bis Ende des
Jahres eine Gesamtschau hat. Und es alles in der Politik und insgesamt im Leben
ein Kompromiss in einer Demokratie. Und ich hoffe auf einen guten und
tragfähigen Kompromiss.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner (übernimmt den Vorsitz): Danke. Nächster Redner ist der Herr Abgeordnete
Konecny. - Bitte.
Albrecht
Konecny : Ich weiß nicht, ob ich das jetzt als Aufwertung
betrachten soll im Sinn der Eigenständigkeit des Bundesrates? Frau Vorsitzende, meine Damen und
Herren!
Auch ich möchte mich
primär mit den Aspekten, die im Zusammenhang mit dem Wahlrecht hier diskutiert
und referiert wurden, auseinander setzen und dabei drei Gesichtspunkte in den
Mittelpunkt stellen.
Das eine ist, dass die
gegenwärtige Regelung eben auf die Bürgerzahl abstellt. Eine klare
Willenskundgebung, wenn man will, dass stellvertretend in einem entsprechenden
Verhältnis, jene unter den Bürgern, die nicht wahlberechtigt sind, nicht bei
der Stimme, aber bei der Mandatszuordnung die Möglichkeit haben, mit zu wählen.
Es gibt die andere Auffassung zu sagen, wir gehen von der Bevölkerungszahl aus,
das ist natürlich der weiter genommene Begriff, der auch jene Menschen, in
dieser sehr sehr um viele Ecken indirekten Vertretung mit einbeziehen würde,
die nicht über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen. Aber wenn wir
das nicht wollen, dann ist es eine logische Konsequenz zu sagen, wenn wir
Wähler haben, dann soll die Zahl dieser Wähler auch dafür ausschlaggebend sein,
wie Mandate zugeordnet werden. Und ich glaube, das ist in Wirklichkeit ein
Kompromiss in sich, der logische und konsequente Ansatz, vor allem auch
deshalb, weil hier dem Element der Unmittelbarkeit, also der Eigenvertretung
durch die Stimmabgabe am konsequentesten zum Durchbruch verholfen wird.
Das Zweite ist: Da wir
natürlich in einer dynamischen Gesellschaft leben, sowohl was den Kreis der
Wahlberechtigten anlagt, als auch, was die Form der Wahlrechtsausübung anlangt,
ist durchaus über den Ist-Zustand und die bisher gemachten Erfahrungen hinaus
zu denken. Wir kennen die Diskussionen - und ich will da gar nicht ins Detail
gehen - über die Senkung des Wahlalters. Wir kennen die Diskussionen über ein
vielleicht am Anfang limitiertes Ausländerwahlrecht. Diskussionen darüber, in
welcher Form Menschen, die in unserem Land leben, aber nicht über die
österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, am demokratischen
Entscheidungsprozess teilnehmen. Und wenn man, und auch das kam ja in dem
Bericht zum Ausdruck, sich im Verfassungstext selbst auf Grundsätze beschränken
will und jene vielfältigen Detailregelungen, die beispielsweise zum „Wahlrecht
heute“ im Verfassungstext enthalten sind, auslagern will, und nur
Wahlrechtsgrundsätze dort festschreibt, dann sollten diese
Wahlrechtsgrundsätze, sei es auch in einzelnen Bundesländern, solche weiter
reichenden Entwicklungen nicht unmöglich machen.
Das gilt sicherlich
auch für die Ausübung des Wahlrechtes. Die Diskussion um die Briefwahl ist alt,
und sie ist lange geführt, und es gibt viele Pros und es gibt viele Kontras.
Aber es ist natürlich eines richtig, dass wir im Bereich der Nationalratswahl -
und auch natürlich der Bundespräsidentenwahl - für Auslandsösterreicher eine
Möglichkeit der Stimmabgabe gefunden haben, die de facto eine Briefwahl ist und
die allerdings auf einen besonderen Tatbestand abstellt, nämlich auf die
Nichtanwesenheit im Bundesgebiet.
Es ist ein berechtigtes
und verständliches Anliegen der Länder, das nun unter dem selben Gesichtspunkt
für ihre Wahlen zu betrachten. Was ist mit jenen Wahlberechtigten - nehmen wir
das zuletzt wählende Bundesland Vorarlberg -, die zum Zeitpunkt des Wahlganges
nicht im Landesgebiet anwesend sind? Ich würde mich sehr dezidiert dafür
aussprechen, zumindest in diesem Fall, der dem Auslandswahlrecht der
Österreicher sehr ähnlich ist, das ernsthaft zu überlegen.
Zuletzt: Ich meine, es
ist gut, diese Dinge sehr, sehr gründlich zu überlegen und gegeneinander abzuwägen,
und ich halte es für wenig hilfreich, die Diskussion in der Öffentlichkeit auf
Kurzformeln zu reduzieren. Die Frage der Legislaturperiode des Nationalrates
ist am Kontext dieser demokratiepolitischen Fragen sicherlich die, die im
Ausschuss am wenigsten diskutiert wurde und die sich Schlagzeilen nicht
wirklich verdient hat.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke.
Der nächste Redner ist der Zweite Landtagspräsident Mag. Neureiter.
MMag.
Michael Neureiter : Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Der heutige Tag ist ein
guter Beweis dafür, dass nicht nur die Ausschüsse, sondern auch der Konvent
insgesamt intensiv und gut gearbeitet haben und Klärungen gebracht haben oder
zumindest geklärt haben, wo es Differenzen und Dissense gibt, das gilt auch für
die Ergänzungsmandate. Ich habe im Ausschuss 3 die
Ergänzungsmandatsbesprechungen und Zusammenkünfte miterleben dürfen und wenn
wir gerade bei der Bewegung sind, die im Konvent nach wie vor vorhanden ist:
Die Bewegung, die Sie heute hinter sich gebracht haben, indem Sie in dieses
Haus gekommen sind, ist wichtig. Gerade deswegen, weil heute die Beteiligung
besonders schlecht ist, wenn ich das als jemand, der aus der Provinz angereist
ist, sagen darf.
Ich möchte auf drei
Dinge des Ausschussberichtes 3 von Professor Holzinger zu reden kommen, die zum
Teil schon angesprochen sind. Noch nicht angesprochen ist das eine Anliegen der
- von vielen betriebenen - reinen Verhältniswahl. Ich möchte darauf hinweisen,
dass die reine Verhältniswahl in einer extremen Ausformung auch dazu führen
kann, dass die Wahlkreise insgesamt verloren gehen, und wir haben schon die
Gefahr und die Angst, dass sich eine noch stärkere Wien-Zentrierung unserer
Bundespolitik einstellen könnte, dass die Länderbindung beim Verlust von
Wahlkreisen verloren ginge, dass auch der Verlust der Verortung des Wahl- und
Auszählungsgeschehens in den Gemeinden und in den Bezirken und in den Ländern
gegeben wäre: Also, ein deutliches „Nein“ zu einer extremen Durchsetzung eines
radikalen Proporzwahlmodells!
Das Zweite, was ich
ansprechen möchte, ist die Briefwahl. Ich habe auch vom Kollegen Konecny jetzt
gehört, dass die Bewegung, die ich schon angesprochen habe, offensichtlich auch
der Fall ist. Wir haben bei der Briefwahl erfreulicherweise in den letzten
Monaten ein Stück Entwicklung auch erleben dürfen. Dass wenigstens der
Ausnahmefall geregelt wird, ist schon ein Hoffnungsschimmer für die, die die
Briefwahl auch auf Grund der Erfahrungen in den Arbeiterkammern und so weiter
für zweckmäßig und zeitgemäß halten.
Drittes Element: Hösele
hat darauf hingewiesen, dass ihm das Fehlen des E-Votings und seiner Grundlagen
und seiner Perspektive aufgefallen ist. Ich möchte dazu sagen, dass ich den
Eindruck habe, dass es in den wenigen Monaten seit dem Ergänzungsmandat des
Präsidiums an den Ausschuss 3 auch hier schon eine Entwicklung gegeben hat, und
dass es hoffentlich noch gelingen wird, die elektronische Stimmabgabe und neue
Möglichkeiten der demokratischen Beteiligung auch umzusetzen. Das muss in
Zeiten wie diesen und in dieser technischen Entwicklung heute möglich sein.
Ich komme zum Schluss.
„Endphase“ ist das Lieblingswort oder ist das Wort des Tages heute, „Scheitern“
war das Lieblingswort vieler Medien in den letzten Wochen. Präsident Leitl hat
die Chance des Gelingens angesprochen, ich möchte zur Chance des Gelingens
schon auch orten, dass es inzwischen erfreulicherweise mehr zum Gelingen kommen
dürfte, wenn man daran denkt, dass diejenigen gewichtigen Stimmen verstummt
sind, die noch vor zwei Jahren beispielsweise die Abschaffung der
Gesetzgebungskompetenz der Landtage gefordert haben.
Frau Präsidentin! Ich
habe noch ein Zitat zum Schluss. Es stammt aus dem Buch der Sprichwörter, ist
aus dem 3. Jahrhundert von Christus, und lautet - und ist ein Rezept für den
Österreich-Konvent-: „Wo es an Beratung fehlt, da scheitern die Pläne. Wo viele
Ratgeber sind, gibt es Erfolg.“ Dem Konvent fehlt es nicht an Beratung, der
Konvent hat viele Ratgeber, der Erfolg ist zu erhoffen und absehbar.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke
für diese Einschätzung. Herr Dipl.-Kfm. Pramböck, Sie sprechen zu diesem
Arbeitskreis. - Bitte, ich darf Ihnen das Wort erteilen.
Dipl.-Kfm.
Erich Pramböck : Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Damen
und Herren!
Ich darf seitens der
Städte und der Gemeinden ganz herzlich danken dem Vorsitzenden und den
Mitgliedern in diesem Ausschuss 3, es war eine hervorragende Diskussion
und ich glaube, dass wir einige sehr wichtige Entscheidungen und Vorbereitungen
treffen konnten. Bezüglich der Gemeinden möchte ich sagen, ich glaube, der
Neuerungsbedarf ist nicht ganz so groß wie in dem einen oder anderen Fall,
immerhin ist das Gemeindeverfassungsrecht erst 42 Jahre alt. Wir haben vor
zwei Jahren hier in diesem Haus 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle
gefeiert, im wahrsten Sinn des Wortes, weil nämlich diese
Gemeindeverfassungsnovelle den Städten und Gemeinden bereits eine Fülle von
Rechten und von organisatorischen und sonstigen Freiheiten eingeräumt hat. Es
sind deshalb die österreichischen Städte und Gemeinden relativ flexibel. Ich
glaube, man kann es nicht oft genug betonen, wie wichtig das ist, in einem
größeren Europa, in dem wir uns dem Wettbewerb stellen, in dem Effizienz ein
ganz wichtiges Prinzip sein wird, aber auch Bürgernähe gleichzeitig, dass diese
Gebietskörperschaften, die dem Bürger doch am nächsten sind, die eine Fülle von
Leistungen für den Bürger erbringen oder organisieren, auch über die
entsprechenden Instrumente verfügen.
Alle unsere Umfragen
zeigen, dass wir bezüglich Effizienz und Bürgernähe und auch als
Entwicklungsmotoren die Städte, nämlich durch die Bereitstellung von
Infrastruktur und Dienstleistungen, dem Bürger ausgesprochen wertvoll sind. Und
unter diesem Gesichtspunkt haben der Städtebund und die Gemeinden Vorschläge
eingebracht, die ich Sie bitte, auch entsprechend zu würdigen, und die hier
schon dargestellt wurden.
Ich glaube, es sind
vier Hauptpunkte, um die sich unsere Vorschläge gruppieren. Das ist mehr
Effizienz für die Gemeinden durch die Ermöglichung und Erleichterung der
interkommunalen Zusammenarbeit über das bestehende Instrument - etwa der
Gemeindeverbände - hinausgehend, auch über die Bezirksgrenzen hinausgehend und
auch über die Landesgrenzen hinausgehend. Ein größeres Europa verlangt nun
einmal größere und aktive Einheiten.
Der zweite Punkt ist
auch die Durchlässigkeit, wer Leistungen erbringt. Wir brauchen nicht immer
eine starre Kompetenzabgrenzung, sondern es genügt sehr häufig, wenn wir eine
vertikale Flexibilisierung ebenfalls erlauben. Von Kleingemeinden existieren
sie zu Bezirksverwaltungsbehörden; warum kann auch dieser Prozess nicht
umgedreht werden, dass Städte für bestimmte Leistungen optieren, von der
Bezirksverwaltungsebene herunter, um dem Bürger näher zu sein.
Dazu zählen eben auch
die Gemeindeverbände, auch eine Demokratisierung der Gemeindeverbände, um hier
möglichst bürgernahe Entscheidungen zu treffen, bis hin allenfalls auch zu den
bereits erwähnten Regionen mit eigenem Statut.
Und letztlich erscheint
es uns auch sinnvoll, dass das Instrument der Statutarstadt überdacht wird, ein
Rechtsanspruch auf die Statutarstädte über 20 000 Einwohner. Derzeit
besteht die Möglichkeit - beziehungsweise die Möglichkeit für Statutarstädte -,
ab 10 000 Einwohnern bereits also diesen Status zu erhalten.
Wenn wir betrachten
jene Zeit, in der die Statutarstädte eingeführt wurden, gab es eine gewisse
Qualität der Ausstattung an Personal und Finanzen. Die letzten 40, 50 Jahre
haben wesentliche Zugewinne in qualitativer Hinsicht in Personal und in der
finanziellen Qualifikation gebracht. Ich glaube, es wäre denkbar und durchaus
sinnvoll, diese Einwohnergrenze auf 10 000 abzusenken.
Lassen Sie mich zum
Schluss noch etwas sagen, was uns sehr am Herzen liegt: Es ist die Frage der
Daseinsvorsorge.
Die Bürger rechnen
damit, dass Leistungen der Daseinsvorsorge, beginnend von den Kindergärten über
Schulen bis zu Altenpflege und Betreuungseinrichtungen vorhanden sind, und zwar
verlässlich vorhanden sind. Und gerade um diese Verlässlichkeit geht es. Das
heißt: Die klare Zuordnung der Daseinsvorsorge auch als Staatsziel, damit
dieses Staatsziel und die Daseinsvorsorge auch eine normative Kraft erhält.
Deshalb unser Votum: Nicht nur in einer Präambel, sondern als klares
Staatsziel. Vielen herzlichen Dank.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner :
Nächster Redner ist Herr Dr. Stürzenbecher. - Bitte, Herr Abgeordneter.
Dr.
Kurt Stürzenbecher : Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte
Frau Vorsitzende!
Ich habe mich spontan
zu einem kurzen Punkt zu Wort gemeldet, weil beim Kollegen Konecny schon das
Licht geleuchtet hat, und er fairerweise aufgehört hat und diesen nicht im
Zentrum unserer Diskussion stehenden Punkt nicht mehr erörtern konnte, und zwar
war das die vom Kollegen Hösele geforderte Verlagerung von obersten
Bundesstellen in andere Bundesländer, weg von Wien. Und damit nicht das Prinzip
„Quis tacet consentire videtur“ Platz greift - was ja an sich nicht im Konvent
festgelegt ist - also „wer schweigt, stimmt zu“ sage ich einige Worte ganz kurz
dazu.
Also, erstens würde das
natürlich eine Kostenvermehrung bedeuten. Und wenn wir schon in einer neuen
Verfassung ja an sich dort, wo es geht und sachlich gerechtfertigt ist,
einsparen wollen, dann wäre das in die gegenteilige Richtung.
Zweitens: In
Deutschland sieht man, dass das logistische Schwierigkeiten in hohem Ausmaß mit
sich bringt: Teilweise haben sie die Organe in Bonn, teilweise in Berlin. Das
ist dort historisch verständlich. Um überhaupt eine Mehrheit für Berlin zu
bekommen, hat man quasi diesen Kompromiss gemacht, und es war ja schließlich
vorher Bonn die Hauptstadt. Aber jetzt leidet man sehr darunter und versucht es
teilweise mit Videokonferenzen und sonstigen neuen technischen Möglichkeiten.
Aber trotzdem bringt es große logistische Schwierigkeiten.
Drittens meine ich,
Österreich ist nicht so groß, dass hier ein großes Bedürfnis besteht, und ich
weiß auch nicht, ob der Verfassungsgerichtshof so glücklich wäre, wenn er nach
Gramatneusiedl übersiedeln müsste - ohne dass ich gegen Gramatneusiedl etwas sage, das ist ein wunderbarer
Ort.
Also, ich finde, hier
haben wir keinen Änderungsbedarf. Danke schön.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke
sehr. Ich schließe dazu die Diskussion zum Arbeitsausschuss 3.
Dr. Fiedler hat in der
Früh angekündigt, dass wir den Arbeitsausschuss 10 einschieben. Und ich darf
jetzt den Vorsitzenden, Herrn Bundesminister Dr. Straßer, um seinen Bericht
bitten.
Dr.
Ernst Strasser : Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Zuerst möchte ich mich
bedanken für Ihr Verständnis, dass ich jetzt kurz Bericht erstatten darf. Ich
werde mich bemühen, das in gebotener Kürze zu machen, um etwas Zeit für Sie zu
sparen. Am 27. August hat Kollege Vögele, der Vizevorsitzende, hier im Plenum
berichtet. Wir wurden ja als der zehnte Arbeitskreis - ich glaube, mit
gutem Grund - vom Präsidium beauftragt, später zu beginnen. Wir haben das
in acht Sitzungen gemacht, und die Ergebnisse haben Sie in dem Bericht, den wir
am 21. Juli veröffentlicht haben, gesehen.
In Kurzform noch einmal
zusammengefasst: Die Vereinfachung der Finanzverfassung, die Inkorporierung in
die Bundesverfassung, eine einheitliche Abgabenordnung, die Globalbudgetierung
und die Steuerhoheit - zumindest die Möglichkeit, dass Länder hoheitlich
über ihre Steuern oder über Steuern verfügen - das ist ein erstes
Ergebnis. Es gibt eine ganze Reihe von offenen Punkten, wie insbesondere die
rechtlichen Instrumentarien für den Finanzausgleich, den Stabilitätspakt und
den Konsultationsmechanismus, wobei wir als ein ganz entscheidendes Ziel die
Zusammenführung der Aufgaben und Ausgabenverantwortung auch aus anderen
Arbeitskreisen mitgenommen haben.
Wie wollen wir weiter
vorgehen? Übermorgen, am 20. Oktober, findet die nächste Sitzung des
Ausschusses 10 statt. Wir haben insgesamt vier Termine bis inklusive 30.
November voravisiert. In diesen vier Terminen wollen wir abarbeiten die
Neugestaltung des Haushaltswesens, die Textierung des Grundsatzes der Parität
und des Verhandlungsgebotes. Wir wollen Einigung über die Inhalte und
Textierung des Prinzips des ausgeglichenen Haushalts und des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts bringen. Die Gestaltung der
Rahmenbedingungen des Finanzausgleichs und die Gestaltung der Rahmenbedingungen
für den Stabilitätspakt und den Konsultationsmechanismus sind weitere Punkte,
wo wir hoffen, im Großen gemeinsame Vorgangsweisen zu erzielen.
Ich möchte abschließend
danken - nicht nur dem stellvertretenden Vorsitzenden, auch den Mitgliedern des
Ausschusses, dem Konventsbüro und den Experten, die wir beigezogen haben und
die zu einem sehr, sehr großen Teil unbezahlte, gute Arbeit für den Ausschuss
geliefert haben. Danke schön.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke
sehr. Erster Redner zum Ausschuss 10 ist Herr Diplomkaufmann Pramböck. -
Bitte.
Dipl.-Kfm.
Erich Pramböck : Nochmals: Geschätzte Frau Vorsitzende! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Ich möchte mich auch
für die gute Kooperation bedanken. Der Ausschuss 10 war bei aller Schwierigkeit
der Materie ein hervorragendes Beratungsgremium. Ich danke Herrn Bundesminister
und seinem Stellvertreter Vögele sehr aufrichtig für diese gute Kooperation und
für die offene Aussprache, die wir geführt haben.
Ich möchte also sagen,
dass die Städte und Gemeinden die gesamtwirtschaftlichen Ziele des Staates
bisher unterstützt haben und auch unterstützen: Wachstum, Standortqualität für
die Infrastruktur, Lebensqualität der Bevölkerung, aber auch die Stabilität der
öffentlichen Haushalte.
Wir stellen aber fest,
dass der Bund derzeit ein absolutes Übergewicht hat, wenn es darum geht, die
Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu regeln. Er hat ein
solches Übergewicht, dass wir unter manchen dieser Regelungen ausgesprochen
leiden.
Das Ziel der Vorschläge
war deshalb aus der Sicht der Städte und Gemeinden, dass wir mehr Parität in
die Festlegung der finanziellen Beziehungen hineinbringen, damit jede Ebene der
Gebietskörperschaft ihre Aufgaben auch erfüllen kann, von denen es die
Bevölkerung erwartet, aber auch die Wirtschaft, um entsprechende Infrastruktur
zu bieten.
Und wir haben deshalb
also auch Vorschläge eingebracht und wir werden sie ja noch weiter diskutieren,
Alternativen für die Festlegung des Finanzausgleiches, wenn es zu keiner
Einigung in den Finanzausgleichsverhandlungen kommt, eine stärkere Verankerung
der Verpflichtung des Bundes, solche Verhandlungen zu führen. Ich gehe auch
davon aus, dass es durchaus im Sinne des Hohen Hauses ist, dass dann auch das
Parlament unter Umständen eine stärke Rolle zugeordnet bekommt, wenn es zu
keiner solchen Einigung kommen sollte.
Wir sind auch der
Auffassung, dass der Konsultationsmechanismus durchaus in die Finanzverfassung
integriert werden kann, glauben aber, dass er derzeit noch Lücken hat, weil
nämlich sehr kostspielige EU-Regelungen, denen die Bundesregierung in der
EU-Ebene im Rat zustimmt, dann vom Konsultationsmechanismus ausgenommen sind,
und wir als Ausführende auf der Städte- und Gemeindeebene darunter leiden, dass
wir die Kosten tragen müssen, aber keinerlei Mitgestaltung beim europäischen
Recht haben. Das heißt, europäisches Recht entsteht, die Kosten sind auf der
ausführenden Ebene sehr oft von den Gemeinden und Städten zu tragen, aber wir
haben im Konsultationsmechanismus beim Bund keinerlei Möglichkeit, keinerlei
Transmissionsriemen zwischen Gesetzgebung einerseits, Neuregelungen
andererseits, um Finanzen eine Beziehung herzustellen.
Das wirkt sich dann aus
im so genannten Stabilitätspakt, und ich möchte also darauf hinweisen, dass wir
vor einigen Jahren einen solchen Stabilitätspakt durchaus geschlossen haben auf
freiwilliger Basis, weil wir uns zum stabilitätspolitischen Ziel bekannt haben.
Es wird nicht notwendig sein, dass etwa die Grundzüge des Stabilitätspakts in
der Verfassung enthalten sind und auf der anderen Seite die Detailregelung, die
der Bund allein erlässt. Das bisherige Prozedere, gemeinsame Festlegung der
Regelungen im Stabilitätspakt, erscheint uns ausreichend und sehr, sehr
zielführend und ist ein Hinweis auf die partnerschaftlichen Beziehungen
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.
Ein letzter Punkt ist
noch, dass die Gemeinden und Städte durch die Transferbeziehungen, durch die
Möglichkeit der Länder, Umlagenzahlungen von den Gemeinden einzuheben, sehr
große Gestaltungskraft besitzen - im Hinblick also auf die Budgets, auf die
Budgets der Gemeinden einerseits als Zahler solcher Transferzahlungen und auch
auf ihre eigenen Budgets. Und im Sinne der Aufrechterhaltung der
Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden erscheint es wohl zweckmäßig, auch
diese Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden einer Neuregelung
zuzuführen und zu diskutieren. Vielen herzlichen Dank.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner :
Nächster Redner ist der Herr Bundesrat Hösele. - Bitte.
Herwig
Hösele : Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine
Damen und Herren!
Nur eine ganz kurz
Anmerkung. Es war außerordentlich wichtig, die Darstellung der Grundsätze durch
den Herrn Bundesminister im Sinne größerer Transparenz und der
Partnerschaftlichkeit der Finanzausgleichspartner, und da kann ich durchaus
anschließen an den Herrn Generalsekretär Pramböck, dass natürlich aus der Sicht
der Länder auch eine ganz ähnliche Problemlage im Zusammenhang, im Zusammenwirken,
mit dem Bund, mit den Gemeinden und Ländern beim Finanzausgleich besteht.
Ein Desiderat, das ich
ganz allgemein anführen wollte, ist - und das wahrscheinlich auch nicht ganz
leicht und vor allem nicht jetzt sofort erreichbar sein wird - aber längerfristig, ich habe den
Eindruck, und das ist ja mehrfach auch in die Diskussionen der letzten Monate
gebracht worden, dass der Finanzausgleich insgesamt eine für den Bürger nicht
sehr transparente geheimwissenschaftliche Methode sein könnte. Die Überlegung
einheitlicher Sätze, womit dann auch nicht die Diskussion darüber herrscht, wer
von welcher Steuersenkung oder Steuererhöhung der Hauptprofiteur sein könnte,
würde in diesem Zusammenhang ‑ ich habe, ich glaube, auch der Landesrat
Sobotka hat ähnliche Vorschläge geäußert - würde in diesem Zusammenhang, glaube
ich, eine sehr nützliche Diskussionsgrundlage anbieten wollen, weil das, glaube
ich, auch im Sinne der Partnerschaft und der Fairness und möglicher
Schuldzuweisungen, die man ja eigentlich nicht geben sollte, eine echte
Transparenz bringen würde.
Als Letztes möchte ich
noch anmerken, dass die Länder und natürlich auch die Gemeinden - wir
bekennen uns zum Stabilitätspakt - einen sehr großen Beitrag geleistet
haben zur innerstaatlichen Stabilität in den letzten Jahren mit dem Überschuss
von 0,75 Prozent, der sicher in den nächsten Jahren in der Form nicht
erreichbar sein wird, und da würde ich auch zu bedenken geben, dass es
unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen für die Länder auch untereinander
gibt.
Und da komme ich zum
allerletzten Punkt: Es ist die theoretische Möglichkeit der Steuerhoheit. Das
klingt auch so verlockend und so schön, dass das also die anderen Gebiete, dass
nicht nur Bund, sondern auch die Länder und die Gemeinden verstärkt Steuern
einheben sollen. Ich bin mir nicht sicher, das könnte vielleicht im
Schlussbaustein einer großen Föderalismusdiskussion interessant sein, aber
insgesamt würde ich meinen: Das klingt sehr schön, hat aber im Zusammenhang,
wenn ich einen einheitlichen Wirtschaftsraum haben möchte, einen großen
Pferdefuß, und ich darf aus einer gemeinsamen Studie Felderer, Frisch und
Kramer, also Staatsschuldenausschuss, WIFO und IHS-Studien zitieren. Natürlich
kann nach Möglichkeiten gesucht werden, den Ländern mehr Steuergestaltungsmöglichkeiten
zu verschaffen, aber der Preis dürfte ein Zunehmen der regionalen Disparitäten
sein.
In diesem Sinne, glaube
ich, ist wichtig, eine Ausgaben- und Aufgabenverantwortung zu haben und einen
Wettbewerb in vielen anderen Bereichen, aber das wäre an sich, glaube ich, im
Sinne auch einer Harmonisierung, die sonst überall angestrebt wird, der falsche
Weg bei den Steuern. - Danke.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke
sehr. Damit ist der Ausschuss 10 auch schon wieder geschlossen. Ich
bedanke mich beim Herrn Bundesminister und den beiden Herren für ihre Berichte
beziehungsweise Wortmeldungen dazu.
Wir diskutieren und
hören nun die Ergebnisse des Ausschusses 4. Ich darf
Herrn Prof. Dr. Funk um seinen Bericht bitten.
Dr. Bernd-Christian Funk: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Der Ausschuss 4 hat vor
der Sommerpause einen Zwischenbericht zum Stand der Beratungen über Vorschläge
für einen neuen Grundrechtskatalog vorgelegt. Aus diesem Bericht geht hervor,
dass der größte Teil der Eingriffsabwehrrechte bis zum Stand vor dem Sommer
abgehandelt war. Weiters hat der Ausschuss eine generelle Strategie für
leistungsstaatliche Gewährleistungen ausgearbeitet: Solche Garantien sollen
nach Möglichkeit in Form von subjektiven Rechten – Stichwort: soziale
Grundrechte als subjektive verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte –
formuliert und nach Bedarf mit Ziel- und Aufgabenbestimmungen,
Gewährleistungsaufträgen, gesetzlich vermittelten Rechten und institutionellen
Garantien kombiniert werden.
Damit war der Fahrplan für den Herbst
festgelegt. Offen waren einige wenige Eingriffsabwehrrechte, weiters die
allgemeinen und speziellen Gleichbehandlungsgarantien, Verfahrensgrundrechte,
leistungsstaatliche Gewährleistungen, politische Rechte, Fragen der
Rechtsdurchsetzung und des Rechtsschutzes, die Frage des Umganges mit materiell
grundrechtlichen Gewährleistungen, die entweder nicht in formellem
Verfassungsrang stehen und/oder nicht unmittelbar anwendbar sind –
hauptsächlich handelt es sich um Rechtsquellen völkerrechtlicher Herkunft – und
zu guter Letzt eine Behandlung des Kataloges als Ganzes. Mengenmäßig war vor
dem Sommer der größere Teil des Pensums noch offen.
Im Spätsommer haben wir im Ausschuss 4 mit
den Gleichbehandlungsgarantien und Diskriminierungsverboten fortgesetzt.
Behandelt wurden der allgemeine Gleichheitssatz, die Rechte von Volksgruppen,
von behinderten und von älteren Menschen und die Rechte von Kindern. Über
einige Vorschläge konnte Konsens erzielt werden.
Themenbedingt ist die Arbeit nach der
Sommerpause zunehmend schwieriger und die Konsensbasis sukzessive dünner
geworden. Die kognitiven und kommunikativen Probleme sind größer geworden. Das
beginnt bei der Analyse der geltenden Verfassungsrechtslage und setzt sich bei
den Entwicklungsperspektiven fort. Immer wieder waren Auffassungsunterschiede
bei der Einschätzung des verfassungsrechtlichen status quo und seiner Probleme
und erst recht bei der Beurteilung der Folgen allfälliger Änderungen zu
verzeichnen. Höchst kontrovers waren schließlich die Positionen dort, wo es
darum ging, konkrete Vorschläge zu erstellen. Hier stand und steht der
Ausschuss immer wieder vor Differenzen in politisch-ideologischen Fragen und
damit vor den Grenzen des Konsentierbaren.
Multipliziert werden die Schwierigkeiten
der Konsensfindung durch operative Probleme: Einzelfragen können nicht
losgelöst von allgemeinen Prinzipien, über die aber noch keine oder nur eine
vorläufige Einigung besteht, analysiert und argumentativ aufgearbeitet werden.
In allen Fragen, seien sie konkreter oder allgemeiner Art, spielt das
juristische und politische Vorverständnis eine bestimmende Rolle sowohl für die
Identifikation der Fragen als auch für Präferenzen zu ihrer Lösung. Schon das
Feststellen und Aufarbeiten von Missverständnissen ist zumeist ein zeit- und
diskursintensives Verfahren.
Nach den Gleichbehandlungsgarantien hat
sich der Ausschuss nunmehr den sozialen Grundrechten zugewandt. Dazu liegen
mehrere Gesamtvorschläge sowie Teilvorschläge vor. Gesamtvorschläge für einen
kompletten Grundrechtskatalog haben das Sozialdemokratische Grundrechtsforum
und Herr Professor Grabenwarter präsentiert. Teilvorschläge zu sozialen
Grundrechten gibt es von Seiten der Ökumenischen Arbeitsgruppe, der Grünen und
zuletzt der Sozialpartnerverbände Bundesarbeitskammer, Österreichischer
Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer Österreich.
Über die im Sozialpartnervorschlag unter
anderem enthaltene Koalitions- und Unternehmensfreiheit sowie über das Verbot
der Kinderarbeit wurde im Ausschuss diskutiert und zum Teil auch Einigung
erzielt.
Kontrovers blieben die Positionen im
Ausschuss bei der von den Sozialpartnern vorgeschlagenen Garantie zur
existentiellen Mindestversorgung, die als subjektives Recht konzipiert ist.
Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, dass ein solches Recht nur auf
dem Umweg über gesetzliche Garantien eingeräumt werden kann oder soll. Dass es
verfassungsrechtliche Gewährleistungen zur Sicherung existenzieller
Mindestversorgung geben soll, ist im Wesentlichen unbestritten.
Das war der Stand der Beratungen am
vergangenen Freitag. Der Dissens in der Frage: unmittelbar gewährleistetes oder
gesetzesvermitteltes Recht? ist kartographiert worden. Für mich steht fest,
dass es hier um einen zentralen Punkt geht, der für die weitere Behandlung von
leistungsstaatlichen Garantien im Ausschuss von elementarer Bedeutung ist – man
denke nur an die Bereiche Gesundheit und Umweltschutz oder Konsumentenschutz.
Es ist zu erwarten, dass die Menge und
Dichte der Kontroversen in diesen fundamentalen Positionierungen in zunehmendem
Maße stärker wird. Auch der Aufwand für die Feststellung von Differenzen und
deren Folgen und für das Ausräumen von Missverständnissen wird größer werden.
Damit dürfte auch der Zeitaufwand steigen.
Die Aussichten auf eine vollständige
Erfüllung des Pensums des Ausschusses 4 haben sich nicht erhöht. Dennoch halte
ich es für sinnvoll, wenn der Ausschuss sein Programm weiter verfolgt. Für die
Bereitschaft und Fähigkeit, Fragen sinnvoll zu erörtern, die wegen ihrer
weltanschaulichen Bezüge kontrovers bleiben, möchte ich mich bei den
Mitgliedern des Ausschusses bedanken. Rationalisierter Dissens ist letztlich
mehr wert als unausgeloteter und daher brüchiger Konsens.
Damit schließt sich der Kreis, den Kollege
Brauneder mit der Metapher von vollen und leeren Händen angesprochen hat. An
den Enden treffen sich die Dinge. – Danke schön.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke
für den Bericht und für die Tätigkeit. Um Weiterarbeit bitten wir Sie auch.
Die Debatte eröffnet
die Frau Mag. Hochhauser. - Bitte.
Mag. Anna-Maria Hochhauser : Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Es
ist heute schon mehrfach angesprochen worden, dass ein zentraler Punkt in
diesem Grundrechte-Ausschuss natürlich der Bereich der sozialen Grundrechte
ist. Für uns als Wirtschaftskammer-Organisation - wir sind nicht im Ausschuss
vertreten - war es aber wichtig, uns hier einzubringen, weil wir uns auch stark
betroffen fühlen von diesem Bereich, und wir haben uns daher mit dem
Sozialpartner Österreichischer Gewerkschaftsbund / Arbeiterkammer versucht
abzustimmen und einen gemeinsamen Vorschlag erarbeitet.
Unsere
Zielsetzungen waren, in diesem doch sehr breiten Komplex die Bereiche
Arbeitsfrieden und soziale Sicherheit speziell anzusprechen, und wir haben uns
daher auch darauf beschränkt. Ich darf ganz kurz unseren Vorschlag, den wir in
den Ausschuss 4 jetzt gemeinsam eingebracht haben, skizzieren.
Ziel
unseres Vorschlages war, die sozialen Grundrechte so in der Verfassung zu
verankern, dass sie einerseits den Bedürfnissen des einzelnen Staatsbürgers
gerecht werden und diese berücksichtigen, und andererseits aber auch der
volkswirtschaftlichen Vernunft und den zukünftigen wirtschaftlichen
Herausforderungen gerecht werden. Mit anderen Worten: Wir wollten die
Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich und die Bedürfnisse des
Einzelnen nach sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit in der Arbeitswelt im
zukünftigen Grundrechtekatalog in Einklang gebracht wissen.
Neben
der existenziellen Mindestversorgung für diejenigen, die nicht für sich selbst
sorgen können und nicht über ausreichende Mittel verfügen, soll der Staat nach
unserem Vorschlag das Recht auf soziale Sicherheit durch Einrichtung einer
selbstverwalteten öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung gewährleisten, die
in besonderen Fällen wie beispielsweise Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall,
geminderter Arbeitsunfähigkeit, im Alter und bei Arbeitslosigkeit eine
angemessene Versorgung sicherstellt.
Auch
soll der Staat eine angemessene Versorgung im Falle der Pflegebedürftigkeit
gewährleisten. Jeder Mensch soll das Recht auf sichere, gesunde, würdige,
gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen haben, die der Staat gewährleistet.
Ebenfalls vorgesehen ist selbstverständlich ein Verbot der Kinderarbeit und ein
Recht auf unentgeltliche Arbeitsvermittlung.
Neben
dem derzeit bestehenden Grundrecht auf Erwerbs- und Berufsfreiheit soll nach
dem Vorbild der Europäischen Grundrechtecharta auch die unternehmerische
Freiheit besonders betont werden. Ein wichtiger Bereich ist für uns, dass
Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Recht haben sollen, sich freiwillig zur
Vertretung ihrer Interessen zusammenzuschließen und Vereinigungen bilden zu
können. Und diese Vereinigungen und die gesetzlich beruflichen
Interessenvertretungen sollen im Rahmen ihrer Koalitionsfreiheit kollektive
Maßnahmen zur Vertretung ihrer Interessen ergreifen können; jeder Unternehmer
soll aber auch gegen solche Maßnahmen Abwehrmaßnahmen setzen können.
Zur
besseren Durchsetzbarkeit von Grundrechten haben wir ebenfalls Vorschläge
vorgelegt, wobei nach Abschluss eines Verfahrens vor einem Gericht zweiter
Instanz das Recht bestehen soll, beim Verfassungsgerichtshof einen
Subsidiarantrag auf Normprüfung zu stellen. In weiterer Folge soll unserer
Meinung nach der Staat für den Fall von grundrechtswidrigem Unterlassen
einstehen müssen. Eine Verbandsklage wird jedoch in Grundrechtsangelegenheiten
von uns abgelehnt, und dem haben sich auch die Sozialpartner anschließen
können.
Sehr
geehrte Damen und Herren! Wir haben - wie heute schon mehrfach angesprochen
wurde - versucht, einen geschlossenen Grundrechtekatalog, der im Einklang mit
der Grundrechtecharta der künftigen EU-Verfassung steht, einzubringen, und wir
haben, so meine ich, einen wesentlichen Beitrag für den Erfolg des
Österreich-Konvents erbracht. Wir hoffen, dass wir mit unserem Vorschlag einen
Beitrag zur Realisierung beider Ziele leisten können. - Danke.
Stellvertretende Vorsitzende des
Österreich-Konvents Angela Orthner : Nächster Redner ist der Herr
Präsident Verzetnitsch. – Bitte sehr.
Friedrich Verzetnitsch : Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Ich könnte es mir jetzt leicht machen
und einfach nur sagen, ich stimme dem zu, aber ich möchte sehr bewusst einige
Ergänzungen dazu anbringen. Lassen Sie mich damit beginnen, dass ich vor allem
Herrn Prof. Funk für seine umsichtige Vorsitzführung auch im Ausschuss 4 danke,
weil ich glaube, Sie haben das richtigerweise angesprochen, es geht hier nicht
nur um die Rechtsetzung, sondern auch um gesellschaftspolitische Vorstellungen,
die hier versucht werden sollen, gemeinsam zu einem neuen Verfassungstext
zusammenzubringen.
Im
Ringen um eine neue Verfassung stand und steht sicherlich die Frage der
Durchsetzbarkeit, der Vereinfachung aber auch der Reduzierung der
Verfassungsartikel mit auf der Tagesordnung. Das darf aber aus unserer Sicht
nicht dazu führen, dass gerade in den Fragen der bereits angesprochenen
Grundrechte unterschiedliche Auffassungen und vor allem auch Behandlungen am
Ende der Diskussion stehen.
Schon
seit längerer Zeit, wie Sie wissen, wird über die Frage der sozialen
Grundrechte in der Verfassung diskutiert. Unserer Auffassung nach reicht es
nicht, hier grundsätzliche Bemerkungen aufzunehmen und die Ausformung dem
Gesetzgeber zu überlassen. Ja, es gibt hier unterschiedliche Auffassungen, wir
wollen soziale Grundrechte, die eine echte und vor allem auch subjektive
Rechtsgarantie bieten und die den Gesetzgeber auch bindet.
Natürlich
hat zu diesem Thema jede Seite ihre unterschiedlichen Auffassungen und
Vorstellungen. Ich finde es aber wichtig, dass für die Menschen in unserem
Lande hier vor allem zwischen den Sozialpartnern in dieser so wichtigen Frage
es zur Schaffung eines gemeinsamen Vorschlages gekommen ist, und ich möchte
allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den verschiedensten Institutionen
dafür danken. Es ist keine leichte Aufgabe gewesen, aber ich glaube, dass es
gelungen ist.
Es
wurden die Schwerpunkte schon angesprochen, ob das die Koalitionsfreiheit, die
unternehmerische Freiheit, die existenzielle Mindestversorgung, die soziale
Sicherheit, die Arbeit im weitesten Sinne des Wortes ist, Kinderarbeit genau so
angesprochen, oder die immer wieder wichtiger werdende Frage der
Arbeitsvermittlung. Ich glaube, dass es hier im Bereich der sozialen
Grundrechte der Arbeitswelt um richtige und wichtige Ansätze geht, und wir
entsprechen mit der Aufnahme der sozialen Grundrechte aus meiner Sicht auch
einer Entwicklung, die in ganz Europa feststellbar ist. Ich glaube, wir sollten
dieses Thema bewusst nicht heraußen lassen, sondern eher bewusst aufnehmen.
Wenn
der Herr Professor Funk davon gesprochen hat, dass die Gefahr einer Verdünnung
des Konsenses entsteht, so glaube ich, zumindest wenn man veröffentlichte
Meinungen, ob das vom Herrn Präsidenten Khol, von Klubobmann Molterer, von den
Sozialpartnern im weitesten Sinne des Wortes ist, die sich hier auch klar und
deutlich für die Aufnahme aussprechen, dann, glaube ich, steht am Ende eher
eine Stärkung des Konsenses und nicht eine Verdünnung. Darum bitte ich vor
allem. – Herzlichen Dank.
Stellvertretende Vorsitzende des
Österreich-Konvents Angela Orthner : Nächste Rednerin ist die Frau
Abgeordnete Mag. Stoisits.
Mag. Terezija Stoisits : Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wenn der Herr
Vorsitzende Professor Funk davon spricht, dass es eine sukzessive Verdünnung
der Konsensbasis im Ausschuss 4 gibt, dann sage ich Ihnen als ein Mitglied
des Ausschusses 4, dass das eine sehr noble Umschreibung dessen ist, wie
sich die Arbeit des Ausschusses 4 entwickelt hat. Denn er hat ihnen in
seinen Ausführungen die Arbeit dargestellt und das Sich-immer-mehr-Entfernen
von der konsensual beschlossenen Arbeitsmethode ist ein Indiz dafür.
Ich möchte jetzt die
kurze Zeit nicht dafür verwenden, das noch einmal alles zu wiederholen. Aber
das erste halbe Jahr ist relativ harmonisch abgelaufen, denn wenn es darum
geht, Eingriffsabwehrrechte zu definieren, wenn wir darüber nicht Konsens
erzielen, auf das, was schon bestehendes Verfassungsrecht ist, das nach den
Gegebenheiten der europäischen Ebene jetzt zu normieren, dann brauchen wir uns
nicht zusammensetzen. Aber jetzt, geht es mehr ums Eingemachte. Und ich rede
jetzt nicht von den sozialen Grundrechten, sondern ich rede schon vom Vorfeld:
Diskriminierungsverbote, Gleichbehandlungsgarantien, Behinderte, Kinderrechte,
Volksgruppen, ältere Menschen.
Es gibt in keinem
dieser Bereiche einen konsensualen Textvorschlag des Ausschusses 4.
Konsensualer Textvorschlag heißt, ein Textvorschlag, dem alle Mitglieder oder
Teilnehmer des Ausschusses zustimmen. Es gibt in all diesen Punkten, die
eigentlich logisch erschienen, einen Konsens zu finden, unterschiedliche
Textvorschläge und ich möchte nicht wiederholen, dass Professor Funk seine
Feststellungen über die Gründe dafür, die letztendlich politisch-ideologische
Fragen sind, mich hier weiter verbreiten, sondern sagen: Aus meiner Sicht - und
das ist eine Vervollständigung meiner Wortmeldungen, die ich immer hatte - ist
es völlig unvorstellbar, dass über einen neuen Grundrechtskatalog gesprochen
wird. Jetzt immer Betonung auf „neu“ und „Katalog“, denn Grundrechte gibt es
schon, aber wenn man einen neuen Grundrechtskatalog so versteht, dass man das
modifiziert, was es schon gibt und quasi dann irgendwie in einer neuen
Verfassung an einem anderen Platz positioniert: das ist weder innovativ, noch
entspricht das dem Anspruch und den Vorgaben, die der Konvent sich selbst und
an den Ausschuss 4 damit delegiert hat.
Ich möchte Ihnen jetzt
ein Beispiel noch zuletzt dafür geben, wie es in jenen Punkten, mit denen wir
uns am Freitag beschäftigt haben, geht und vor allem diesem
Sozialpartnervorschlag, den die Mag. Hochhauser und jetzt auch Präsident
Verzetnitsch angesprochen haben. Wir haben lange darauf gewartet. Der Ausschuss
4 und soziale Grundrechte sind seit letztem Oktober in aller Munde Diskussion.
Und ich glaube, es war der 12. Oktober, dass endlich dieser Vorschlag
gekommen ist. Wenn etwas ein Jahr braucht, wenn es sich zwei Partner ausmachen,
dann muss ich sagen, das Ergebnis dessen ist aus Grüner Sicht jetzt mehr als
mager, wiewohl ich das, was drinnen festgehalten ist, damit nicht kleinreden
will. Aber die Frage, dass es neue soziale Grundrechte sind, die in einer neuen
österreichischen Verfassung festgeschrieben werden, davon sind wir, und das hat
auch Professor Funk sehr genau erläutert, was die Durchsetzbarkeit
subjektiver Rechte angeht, weit entfernt. Und damit sind auch die
Rechtsschutzinstrumente mehr als dürftig.
Es wurde auch schon
hier zumindest, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, gesagt, Verbandsklage
wird von beiden vehement abgelehnt. Aus Grüner Sicht kann ich Ihnen sagen, wenn
Grundrechte, eben auch die klassischen Grundrechte, unter dem Vorbehalt der
Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft stehen und Verbandsklagen
ausgeschlossen sind und es keine Verfassungsbeschwerde, sondern nur einen
Subsidiarantrag gibt, dann ist das weder innovativ noch neu und von den Grünen
nicht zu akzeptieren.
Eine letzte Bemerkung,
nur damit Sie sehen, wo es dann gar nicht um neue Dinge geht, sondern wo es
eigentlich um Sachen geht, wo jeder meint, das ist logischerweise enthalten,
das Recht auf ein angemessenes und auf gleiches Entgelt für gleichwertige
Arbeit. Gibt es hier jemand, der sagt, das ist etwas Außergewöhnliches, das man
nicht festschreiben sollte in einem neuen Grundrechtskatalog? Das wird von den
Sozialpartnern nicht vorgeschlagen. Aus frauenpolitischer Sicht sage ich Ihnen,
das halte ich für untragbar und da bin ich, was die weitere Arbeit im Ausschuss
angeht und diese sukzessive Verdünnung der Konsensbasis, mehr als skeptisch,
wiewohl die Arbeit wichtig ist und dokumentiert werden soll und die sechs oder
sieben Termine, die es auf Grund des Zeitablaufes noch gibt, werden auch im
bewährten Stil verwendet. Aber abgearbeitet wird der Auftrag keinesfalls werden
können.
Interpretieren Sie
jetzt alle, wie Sie wollen, ob das das Ende der Diskussion sein soll. Aus
meiner Sicht, was den neuen Grundrechtskatalog angeht, sind wir in Wahrheit in
der Mitte der Diskussion. So würde ich es heute beschreiben. Danke.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Nächste
Rednerin ist Frau Mag. Johanna Ettl.
Mag.
Johanna Ettl : Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren!
Ich denke, trotz der
vorangegangenen Bemerkungen wird niemand hier in Abrede stellen, dass die
Sozialpartner eine richtungweisende Einigung zu den sozialen Grundrechten
erzielt haben. Ich gehe davon aus, dass diese Einigung in jedem Fall und ohne
Abstriche Eingang in eine künftige österreichische Bundesverfassung finden
muss. Die Sozialpartner haben sich selbstredend bei ihren Beratungen auf die
beiderseits fundamentalen Anliegen konzentriert, deshalb möchte ich auch die
Gelegenheit nutzen, aus unserer Sicht ein weiteres soziales Grundrecht im
Hinblick auf Gleichbehandlung anzusprechen, und zwar das Grundrecht auf
Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Diese Vereinbarkeit ist
in Österreich nach wie vor von Zufällen abhängig, nämlich davon, wo lebt man in
Österreich, verfügt man über die passende großfamiliäre Infrastruktur, sprich
Großeltern und sonstige Betreuungspersonen aus dem familiären Bereich, oder
verfügt man über genügend Einkommen, um die private Versorgung der Kinder
sicherzustellen. Es gibt wohl Städte, die die Zeichen der Zeit erkannt haben
und Kinderbetreuungseinrichtungen in größerem Ausmaß zur Verfügung stellen. Es
gibt allerdings auch ländliche Regionen mit sehr eingeschränkter Versorgung.
Ein Ergebnis dieser
Zustände und das ist den wenigsten bewusst, ist die Tatsache, dass geringfügige
Beschäftigung erstens einmal ein Frauenthema ist und sich zudem auf den
ländlichen Raum konzentriert, mit all den negativen Konsequenzen sowohl kurz-
wie langfristig für die betroffenen Frauen. Ich meine negative Konsequenzen
sowohl was die soziale Absicherung derzeit, als auch, was künftige
Pensionsansprüche betrifft.
Sehr geehrte Damen und
Herren! Es muss zu einem Grundrecht jedes Österreichers und jeder Österreicherin
werden, einen durchsetzbaren Anspruch auf eine adäquate Kinderbetreuung erheben
zu können. Dabei geht es in erster Linie natürlich darum, die soziale und
berufliche Chancengleichheit von Männern und Frauen in diesem Land
sicherzustellen. Aber es geht auch um unser aller gesamtgesellschaftliches
Interesse. Wir können es uns ganz einfach nicht leisten, über Jahre auf das
„Know how“ und die Kompetenz von Frauen zu verzichten, nur weil wir nach wie
vor nicht bereit sind, uns von lange überholten Ideologien zu trennen. Danke
schön.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Nächste
Rednerin ist Frau Oberin Gleixner.
Christine
Gleixner : Im Ausschuss 4 wird zunehmend das Ausmaß von
Konsens und Dissens erhoben. Da die „Ökumenische Expertengruppe“ und ich einen
guten, erfolgreichen Abschluss der Arbeiten wünschen, möchte ich 2 Punkte
hervorheben.
Zunächst begrüssen wir
ganz besonders die Vorschläge der Sozialpartner zu den sozialen Grundrechten im
Bereich Arbeit. Auch die christlichen Kirchen haben im Lichte der Beratungen
des Ausschusses 4 ihren ursprünglichen Entwurf „Soziale Grundrechte“
überarbeitet und neu vorgelegt. Sie unternahmen und unternehmen damit einen
Versuch, die zum Teil sehr konträren – auch parteipolitisch bestimmten –
Positionen zu überwinden. Der Entwurf der „Ökumenischen Expertengruppe“ stimmt
in vielen Punkten mit dem Papier der Sozialpartner überein.
Zu einem weiteren Punkt
der Ausschussberatungen ist aus der Sicht der christlichen Kirchen hier im
Plenum ausdrücklich Stellung zu nehmen und zwar zu den notwendigen Regelungen
der Volksgruppenrechte. Die „Ökumenische Expertengruppe“ hat sich bei ihrem
Vorschlag von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Die
verfassungsrechtlichen Neuregelungen sollen offen für eine zukünftige
Entwicklung sein. Die historischen Regelungen, die noch nicht einmal in allen
Punkten umgesetzt sind, genügen dafür nicht.
Die Neuregelungen
sollen die tatsächliche Lage, die Wirklichkeit in den einzelnen Gemeinden und in
den Kirchengemeinden beachten. Dabei sind auch die Unterschiede in der
Situation der Volksgruppen in Ballungszentren insbesondere im Wiener Raum, und
in den anderen Landesteilen zu berücksichtigen.
Neuregelungen sollen
vor allem die Veränderungen in der Lage der ethnischen Minderheiten seit dem 2.
Weltkrieg beachten, nämlich die schrittweise Auflösung der Siedlungsgebiete,
selbst die der historischen „autochthonen“ Minderheiten, ferner die Migration,
die Flüchtlingswellen, die Auswirkungen der beruflichen Mobilität, die
Veränderungen der Rechtslage in Europa durch neue Konventionen und den Prozess
der europäischen Einigung.
Zu dieser Materie liegt
im Ausschuss 4 noch kein überwiegend konsensfähiger Text vor. Nach der Meinung
der „Ökumenischen Expertengruppe“ wäre es dringend nötig, die protokoliierten
Vorschläge erneut und im Blick auf eine zukunftsorientierte Neuregelung zu
prüfen.
Stellvertretende Vorsitzende des
Österreich-Konvents Angela Orthner : Nächster Redner ist Herr Dr.
Michael Holoubek.
Dr. Michael Holoubek : Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Ich
möchte nur kurz etwas zu dem Aspekt der sozialen Grundrechte sagen, der sich ja
als ein ganz wesentlicher Knackpunkt in der Diskussion um einen
Grundrechtskatalog und der Diskussion im Ausschuss 4 darstellen dürfte.
Frau
Abgeordnete Stoisits hat gesagt, wir sind am Beginn der Mitte der Diskussion.
Ich frage mich, ob nicht einerseits ein Blick über die Grenze und andererseits
der Versuch, ein paar Missverständnisse einmal auszulassen, uns den einen oder
anderen Abkürzer ermöglichen könnte, mit dem wir die Mitte etwas schneller
überbrücken und etwas schneller zum Endanstieg auf den Gipfel zu kommen.
Wenn
man sich überlegt, dass soziale Grundrechte heute zum europäischen Standard in
vielen Verfassungen in Europa gehören, wenn man sich überlegt, dass
wahrscheinlich dort auch dieselben ideologischen oder politischen Differenz
bestehen, wie sie in Österreich bestehen, dann könnte man sich doch auch
überlegen, dass erstens dort die Welt ganz offensichtlich auch nicht
untergegangen ist, wenn es soziale Grundrechte in der Verfassung gibt. Offenbar
funktioniert das staatliche Gemeinwesen auch mit sozialen Grundrechten in der Verfassung
weiter. Zum Zweiten dürften diese ideologischen oder politischen Differenzen
ganz offensichtlich überbrückbar sein, wenn ich nicht unterstelle, dass in
Österreich die Dinge alle viel schärfer als in anderen europäischen Staaten
sind, was doch ein ganz unösterreichischer Zugang wäre.
Nichts
ist so sehr mit Missverständnissen beladen wie die Diskussion um soziale
Grundrechte. Wenn ich es ganz einfach formuliere: es ist doch auch noch niemand
auf die Idee gekommen zu sagen, das Recht auf Eigentum heißt, dass ich vom
Verfassungsgerichtshof mein Grundstück bekommen muss, wenn ich denn gerne eines
hätte und das Recht auf Erwerbsfreiheit heißt auch nicht, dass ich vor dem
Verfassungsgerichtshof meine Arbeit oder mein Unternehmen bekommen muss, wenn
ich denn gerne eines hätte.
Dasselbe
gilt für soziale Grundrechte. Soziale Grundrechte sind Grundrechte wie alle
anderen Grundrechte auch und sie binden eben Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und
Verwaltung. Und ich denke, diesen wesentlichen Schritt, soziale Grundrechte als
echte Grundrechte anzuerkennen, diesen wesentlichen Schritt sollte doch
Österreich heute in der Lage sein, zu gehen.
Ich
halte den Sozialpartner-Vorschlag deswegen für einen ganz entscheidenden
Vorschlag, weil er diesen wesentlichen Schritt jetzt einmal auch tatsächlich
geht und auf den Tisch legt. Das müsste aus meiner Sicht eigentlich der
entscheidende Fortschritt sein, um das Eis zu brechen.
Einen
zweiten Punkt noch. Die Sozialpartner haben ganz bewusst vor allem den Bereich
der Arbeitswelt geregelt und andere Bereiche sozialer Grundrechte ausgespart.
Es ist schon erwähnt worden. Das heißt nicht, dass damit ein sozialer
Grundrechtekatalog, wenn er den Namen verdient, erschöpft ist. Ein Recht auf
Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist heute schon angesprochen worden, aber
etwa auch ein Recht auf eine angemessene Gesundheitsvorsorge ist wohl etwas,
das, wenn man sich die Bedürfnisse der Menschen in diesem Land anschaut und die
Bedrohungssituationen, die für diese Bedürfnisse bestehen, wohl heute in einer
modernen Verfassung, in einer Verfassung, die zukunftsfähig sein soll,
enthalten sein sollte.
Ich
bin schon wieder am Ende mit meinem Appell, die sozialen Grundrechte nicht als
so ein Sonderwesen darzustellen, sondern als das, was sie sind. Sie sind
Grundrechte, die in einen Grundrechtskatalog gehören. Und die Europäische
Grundrechtecharta hat nicht ganz umsonst diese sozialen Grundrechte
systematisch in die Mitte zwischen Freiheitsrechte und Justizgrundrechte sowie
Verfahrensrechte gestellt, um deutlich zu machen, dass überhaupt kein
struktureller Unterschied besteht. Grundrechte sind, und das ist ein
altbekannter Satz, in diesem Sinn unteilbar. Das gilt für soziale wie für die
so genannten klassischen Freiheitsrechte ganz genau so.
1920
ist bekanntlich ein Grundrechtskatalog schon einmal an den sozialen
Grundrechten gescheitert. Ich denke, wir haben seither einige Erfahrungen
gemacht und vielleicht auch einiges gelernt. Das Scheitern sollten wir doch
heute nicht mehr wiederholen.
Stellvertretende Vorsitzende des
Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke. Nächster Redner ist
Herr Dr. Ewald Wiederin.
Dr. Ewald Wiederin : Frau Vorsitzende! Meine Damen und
Herren!
Ich
habe mich spontan zu Wort gemeldet, weil ich zunächst geglaubt habe, meinen
Ohren nicht zu trauen. Ich werde mich nur zum Recht auf Existenzsicherung
äußern, weil ich mehr als überrascht war zu erfahren, dass es nicht einmal
hierüber Konsens gibt. Ich frage mich: In welchem Konvent sitze ich, und in
welchem Jahrhundert tagen wir?
Ich
möchte mit allem Nachdruck die Auffassung unterstützen, dass wir ein Grundrecht
auf Existenzsicherung schaffen sollten: ein Recht ohne Wenn und Aber, kein
Grundrecht zweiter Klasse, das auf eine Einlösung durch den Gesetzgeber
angewiesen ist. Wir sollten uns dazu umso mehr durchdringen, als es sich weder
um ein großes noch um ein überzogenes Recht handelt. Es geht letztlich um das
Recht, nicht verhungern zu müssen.
Ich
habe die Thematik unlängst rechtsvergleichend analysiert. Drei Viertel aller
Staaten, die Mitglieder der Europäischen Menschenrechtskonvention sind, haben
ein Grundrecht auf Existenzsicherung. Nahezu zwei Drittel der EMRK-Mitglieder,
das füge ich in Parenthese hinzu, haben einen Katalog sozialer Grundrechte, die
die Risken menschlicher Existenz einigermaßen umfassend abdecken.
Jene
Staaten, die ein solches Recht nicht kennen, haben überwiegend ältere
Verfassungen. Zudem trügt der Textbefund des Öfteren. In der BRD beispielsweise
wird ein Recht auf Existenzsicherung aus dem Recht auf Menschenwürde in
Verbindung mit der Sozialstaatsgarantie abgeleitet. Es gibt sogar Stimmen, die
dafür plädieren, dass dieses Recht auf Existenzsicherung zu den Kerngehalten
gehört, die auch der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht aus der Verfassung
eliminieren darf.
Ein
anderes Beispiel. Die Schweiz hat sich 1999, obwohl sie sich gegenüber sozialen
Grundrechten ansonsten sehr, sehr zurückhaltend verhält, dazu durchgerungen, in
ihre neue Verfassung ein Recht auf Hilfe in Notlagen aufzunehmen. Die Welt ist
deshalb nicht untergegangen. Das Bundesgericht hat bewiesen, dass man mit einem
solchen sozialen Grundrecht judizieren kann wie mit Freiheitsrechten auch. Es
funktioniert und widerlegt das Vorurteil, dass soziale Grundrechte nicht
justiziabel sind. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb man hier und dort
ein wenig Angst hat.
Ich
gehe sogar noch einen Schritt weiter und versteige mich zur Behauptung, dass es
dieses kontroverse Recht auf Existenzsicherung hier und heute in Österreich in
nuce bereits gibt. Der Verwaltungsgerichtshof leitet aus Artikel 3 EMRK ein
Verbot ab, Ausländer in Regionen abzuschieben, in denen sie keine Unterkunft
haben, wo es kein Trinkwasser gibt, wo die adäquate medizinische Versorgung
nicht gewährleistet ist, wo sie keine Nahrung haben. Die Konsequenzen aus
dieser Rechtsprechung liegen auf der Hand: Wenn Österreich Personen nicht in
Gebiete abschieben darf, in denen ihre Existenz nicht gewährleistet ist, dann
können solche Personen wohl auch im Inland nicht ohne Existenzsicherung
gelassen werden. Und wenn Ausländer ein Recht auf Existenzsicherung haben, gibt
es keinen Grund, dieses Recht Inländern vorzuenthalten, zumal Artikel 3 EMRK
nach dem Pass nicht differenziert.
Ich
gestehe zu: Es geht in erster Linie um Symbole. Auch ohne Grundrecht wird
Österreich niemanden verhungern lassen. Aber weil eine Verfassung auch
symbolische Bedeutung hat, ist die Frage wichtig: Können wir uns dazu
durchringen, allen Menschen, die sich in Österreich aufhalten, dieses Recht auf
Existenzsicherung einzuräumen? Ich glaube, dass dieser Schritt überfällig ist.
Wir sollten uns endlich von der absolutistischen Wohlfahrtspflege
verabschieden.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke,
dass war zuletzt auch die letzte Wortmeldung zu diesem Arbeitsausschuss.
Ich eröffne Bericht und
Diskussion über den Arbeitsausschuss 5, Herr Dozent Dr. Peter Bußjäger. - Bitte.
Dr.
Peter Bußjäger : Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren!
Der Ausschuss 5 hat
seit seiner Konstituierung im September 2003 insgesamt 18 Sitzungen abgehalten.
Er hat am 4. März einen ersten Bericht erstattet. Er hat einen Teilbericht zum
Ergänzungsmandat am 23. Juli 2004 erstattet und er wird, denke ich, in den
nächsten Tagen seinen Endbericht zum Ergänzungsmandat vorlegen. Ich möchte
bereits an dieser Stelle sämtlichen Ausschussmitgliedern für die engagierte
Mitarbeit, für die stets sachliche Diskussion danken und insbesondere auch der
Ausschussbetreuung vielen herzlichen Dank für die wertvolle Arbeit aussprechen.
Die Ausschussarbeit
hatte insgesamt zum Ziel, die Kleinteiligkeit der bestehenden
Kompetenzverteilung, über die man hier in diesem Rahmen ja nun kein Wort mehr
verlieren muss, zu überwinden und durch größere Kompetenzfelder zu einer
letztlich sachgerechteren Kompetenzausübung und Interpretation zu führen.
Weiters sollen auch Vorschläge für eine sachgerechte Zuordnung der
Kompetenzfelder, dieser neu gewonnenen Kompetenzfelder, zu den Trägern der
Gesetzgebungskompetenzen, das sind Bund und Länder, gemacht werden. Das
Präsidium wünschte dazu Vorschläge nach einem Drei-Säulen-Modell, das ja
mittlerweile auch in seinen Grundzügen hinlänglich bekannt ist und nach einem
Zwei-Säulen-Modell, also sprich: eine Zuordnung der Kompetenzfelder zu Bund,
Länder, und in eine dritte Säule auf der einen Seite und eine ausschließliche
Zuordnung auf Bund und Länder. Ich werde nachher noch kurz darauf zu sprechen
kommen.
Zunächst die
Ergebnisse. Formulierung abgerundeter Kompetenzfelder: Ich denke, dass es
gelingen wird, zu einer deutlich reduzierten Zahl von Kompetenztatbeständen zu
gelangen. Die Ausschussarbeit weist den Weg, die nach Schätzungen gegen 200
tendierende Vielzahl der einzelnen Kompetenztatbestände auf, denke ich, 50 bis
60 Kompetenzfelder zu reduzieren und dabei auch zu einer Systematisierung
dieser Kompetenzfelder zu führen. Es werden also nicht wahllos bestehende
Kompetenzen zusammengeworfen, sondern das Ganze einigermaßen in ein System gebracht.
Weitaus schwieriger als
diese Aufgabe, die bereits als solche nicht zu unterschätzen ist, erweist sich
dann natürlich die Zuordnung dieser neuen, der bisherigen Kompetenztatbestände
zu den neuen Kompetenzfeldern und dann vor allem die Aufteilung auf Bund und
Länder. Wir konnten viele der neuen Kompetenzfelder konsensual Bund oder
Ländern zuordnen. Ich denke, dass wir eine grundsätzliche Übereinstimmung über
die Formulierung von genau 23 Kompetenzfeldern auf Seite des Bundes und 16 auf
Seiten der Länder haben, dass zumindest ein Grundkonsens besteht, hinsichtlich
der Zuordnung der bisherigen Kompetenztatbestände, zu diesen Kompetenzfeldern
gibt es bereits auch hier teilweise Dissense. Das darf nicht verschwiegen
werden.
Die weitaus größeren
Dissense - auch das darf nicht verschwiegen werden - bleiben bei bestimmten,
sehr wichtigen Angelegenheiten bestehen, ich denke etwa an das Schulwesen, an
den Umweltschutz, an das Energiewesen und das Gesundheitswesen. Wobei, wenn man
hier die Dissense im Einzelnen hinterfragt, gelangt man und stößt man doch
wiederum auf Punkte - und das wird aus dem Schlussbericht selbstverständlich
dann hervorgehen - die durchaus Konsens finden. Also, zum Beispiel im Bereich
des Schulwesens ist es völlig unbestritten, dass, soweit ich das gegenwärtig
sehe, das Universitätsrecht, die
höheren Schulen weiterhin bundesgesetzlich geregelt werden. Der Dissensbereich
ist die Frage der Gesetzgebungsbefugnisse letztlich im Bereich der Pflichtschulen.
Ähnlich ist es auch im
Gesundheitswesen. Auch hier geht es letztlich um Formulierungsfragen, beispielsweise sind es die
Krankenanstalten, über die hier
durchaus Dissens herrscht, wie man hier eine Aufteilung vornehmen soll.
Wir haben in der
Ausschussarbeit aber danach getrachtet, die Vielzahl der Vorschläge auf
möglichst wenige Varianten zurecht zu stutzen, sodass zumindest auch dort, wo
kein Konsens erzielt werden konnte, das Dickicht der Variantenvorschläge etwas
gelichtet wird, das Ganze auf
wenige Varianten reduziert wird.
Eine weitere Aufgabe,
die uns gestellt war, war die Rechtsbereinigung, wenn man das so sagen will.
Wir haben vom Ausschuss 2 den Auftrag bekommen, uns zu äußern zu etwa 60
derzeit außerhalb des B-VGs angesiedelten Kompetenztatbeständen, und die haben
wir dann versucht, den nun neuen, neu gewonnenen Kompetenzfeldern zuzuordnen.
Dabei konnten ungefähr die Hälfte konsensual erledigt werden. Bei anderen
besteht ein Dissens, zu welchen Kompetenzfeldern sie dazugehören sollen. Aber
auch hier gibt es letztlich nur wenige Varianten, und was mich doch freut ist,
dass wir eigentlich keine Kompetenz haben, die letztlich übrig geblieben ist,
also die irgendwo in der Luft hängt. Es wird, denke ich, eine
Übergangsbestimmung für das Operfürsorgegesetz benötigt, aber sonst sollte das
aufgehen.
In gleicher Weise
konnten wir für die einzelnen Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen, die
kompetenzrechtlichen Charakter haben, ebenfalls eine verfassungsrechtliche
Heimat finden. Es sind im Wesentlichen hier Katastrophenhilfe-Angelegenheiten.
Ja, nun einige
Bemerkungen zur Frage Zwei-Säulen- oder Drei-Säulenmodell. Der Ausschuss hat
sich nach eingehenden Beratungen letztlich für ein Drei-Säulenmodell
ausgesprochen. Was aber nicht eine Absage eigentlich an das Zwei-Säulenmodell
betrifft, sondern eher eine Absage daran, sich an bestimmten Terminologien
festzuklammern. Letztlich geht es darum, in die neue Kompetenzverteilung ein
Ausmaß, ein ordentliches Ausmaß, an Flexibilität hineinzubringen, und in
unserem Modell, für das sich letztlich der Ausschuss ausgesprochen hat, ist es
eben ein Drei-Säulenmodell, das diese Flexibilität herstellen soll, also diese
mittlere Säule.
Man kann natürlich auch
einen anderen Weg gehen, man nimmt zwei Säulen und versucht auf den jeweiligen
Säulen Tatbestände zu finden, bei denen man besondere Flexibilitätsmechanismen
anwendet. Im Ergebnis, so war zumindest die Meinung des Ausschusses, kommt das
auf dasselbe raus und es geht letztlich darum, zu klären, welche
Flexibilitätsmechanismen man anwenden will und weniger dann darum, wie man das
Modell bezeichnet. Und diese Flexibilitätsmechanismen, die müssen dazu
beitragen, die derzeit negativen Auswirkungen einer unelastischen statischen
Trennungsordnung, wie wir sie jetzt haben, zu überwinden.
Ich möchte nun noch
einige Worte verlieren zu diesem Mechanismus der Flexibilität oder der
Vorgangsweise in der dritten Säule, wie immer man das bezeichnen möchte. Nun,
hier hat sich leider bisher noch kein Konsens ergebe und ich glaube, da werden
wir letztlich im Schlussbericht Varianten stehen haben und die Varianten sind
im Wesentlichen diejenigen, soll über den Bundesrat diese Flexibilität
hergestellt werden, mit einem starken Mitwirkungsrecht des Bundesrates, soll,
was man ja als Variante dazu sehen kann oder als eigenständige Variante sehen
kann, soll die Mitwirkung über Bundesrat und beteiligte Länder erfolgen oder
soll die Flexibilität dadurch hergestellt werden, dass es Kompetenzfelder gibt,
wo der Bund bei Vorliegen bestimmter objektiver und justitiabler Kriterien mit
seiner Gesetzgebung starten kann und die Frage, ob er seine
Gesetzgebungskompetenz zu Recht oder Unrecht in Anspruch genommen hat, auch
letztlich vor dem Verfassungsgerichtshof geklärt wird. Das sind grundlegend
verschiedene Varianten, in der einen Variante wird diese Entscheidung auf die
Politik verlagert, in der anderen Variante wird die Entscheidung letztlich zu
einer rechtlichen Entscheidung gemacht und wäre dann letztlich auch vom
Verfassungsgerichtshof zu klären. Diesbezüglich haben wir, wie schon gesagt, allerdings
keinen Konsens erzielt.
Zusammenfassend möchte
ich doch sagen, dass es dem Ausschuss gelungen ist, wesentliche Grundlagen für
eine Neukonzeption der Kompetenzverteilung zu liefern, ich denke auch, dass wir
in einigen durchaus wesentlichen Punkten konsensuale Vorschläge vorlegen
können, bei den Dissenspunkten, die es doch auch in großer Zahl gibt und in
wichtigen Angelegenheiten gibt, glaube ich, dass es immerhin gelungen ist, die
Zahl der möglichen Regelungsalternativen zu beschränken und damit der
Entscheidungsfindung, die dann wohl auf politischer Ebene zu treffen sein wird,
etwas der Weg bereitet wird. Ich danke Ihnen.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Vielen
Dank, Herr Dr. Bußjäger. Die Debatte eröffnet Herr Prof. Dr. Schnizer. - Bitte.
Dr.
Johannes Schnizer : Vielen Dank, Frau Vorsitzende, Professor bin
ich nicht, aber der Bundespräsident kann’s ja mal machen.
Ja, sehr geehrte Damen
und Herren, ich habe das Vergnügen, dass ich hier in meiner Wortmeldung einen
Vorschlag für die Verteilung der Gesetzeskompetenzen machen kann und zwar einen
komplett ausformulierten Vorschlag für alle Kompetenzen. Die SPÖ hat bereits
einen Grundrechtsvorschlag vorgelegt, damit liegt auch für das zweite Herzstück
einer neuen Verfassung ein vollständiger Vorschlag vor, nämlich für die
Kompetenzverteilung. Dieser Vorschlag, der ist sehr kurz. Er besteht aus zwei
knappen Maschinschreibseiten, im Vergleich zu den acht eng bedruckten
Druckseiten, die zurzeit, die Kompetenzverteilung ausmachen. Dieser Vorschlag
beruht auf den bisherigen Beratungen des Ausschusses, insbesondere auf dem von
uns schon eingangs vorgeschlagenen Dreisäulenmodell, das inzwischen fast
Gemeingut des Ausschusses ist, wie der Vorsitzende schon dargestellt hat und
verarbeitet auch den sehr weit reichenden Vorschlag der Wirtschaftskammer von
Bußjäger und von Wiederin. Er beinhaltet in 37 Tatbeständen, das ist, glaube
ich, die knappeste Aufzählung von Kompetenzfeldern, die bis jetzt vorgestellt
wurde, sämtliche bis jetzt über 200 Kompetenztatbestände. Dass das Papier ein
bisschen dicker ist, liegt daran, dass auch jeder Einzelne der bisherigen
Kompetenztatbestände einem dieser Kompetenzfelder zugeordnet wird.
Das ist jene Aufgabe,
wie der Vorsitzende des Ausschusses eingangs dargestellt hat, wo bis jetzt noch
weitestgehend Dissens besteht, wir haben versucht, hier einen Vorschlag zu
machen, der eine sehr einleuchtende Aufteilung der Einzeltatbestände auf diese 37
Kompetenzfelder bringt. Die drei Säulen bestehen einerseits aus
ausschließlichen Bundeskompetenzen, das ist hier in dem Vorschlag Artikel K1
auf der einen Seite, ausschließlichen Landeskompetenzen als zweite Säule K2,
und eine flexible mittlere Säule, die hier aus legistischen Gründen auf zwei
Artikel aufgeteilt ist: K3 und K4. Das Verhältnis der Tatbestände zueinander
ergibt sich, wenn man das zu interpretieren versucht, so, dass klarerweise,
wenn in der einen Säule ein sehr umfassender Kompetenztatbestand besteht und in
einer anderen Säule ein eindeutig nach der schon nach der natürlichsprachigen
Bedeutung der Worte engerer, dass da der engere Tatbestand eine Ausnahme des
breiteren ist.
Anders als im
Bußjäger-Vorschlag gibt es eben dann keine Vorbehalte, ein Musterbeispiel wäre
etwa der Umweltschutz, der bei uns als Tatbestand 8 Umweltschutz Nutzung
natürlicher Ressourcen und Genehmigung von Anlagen umfasst. Klarerweise ist der
Naturschutz, der sich nach wie vor in der Landeskompetenz befindet, hier eine
engere und nimmt deswegen nur einen kleinen Teilbereich, nämlich den Schutz
wild wachsender Pflanzen von diesem umfassenden Umweltschutz aus, und weist ihn
den Ländern zu.
In der flexiblen
mittleren Säule haben wir zwei Kategorien, das ist ein neuer Vorschlag und zwar
deswegen, weil ausgehend von den Beratungen zu dem Zweisäulenmodell und bei
einer näheren Betrachtung der Kandidaten, die für eine dritte Säule in Betracht
kommen, sich herausgestellt hat, das es hier zwei unterschiedliche Kategorien
gibt. Es gibt einerseits Kategorien, wo grundsätzlich jede Gebietskörperschaft
von vorne mal für sich regelt, regelungsberechtigt wäre, weil es einen engen
Konnex zur Organisation der jeweiligen Gebietskörperschaft gibt. Das wäre
gegenwärtig schon etwa das Vergabewesen, das Recht der öffentlichen Aufträge,
das bis zu einer Kompetenzänderung, die erst kürzlich erfolgt ist, wobei
grundsätzlich der Bund für sich die Auftragsvergabe geregelt hat und es dann 9
Ländergesetze gegeben hat.
Eine völlig
gleichartige Situation gibt es etwa beim Dienstrecht, beim elektronischen
Rechtsverkehr und bei der Statistik. Für diesen Bereich der dritten Säule
schlagen wir daher vor, dass grundsätzlich jede Gebietskörperschaft für sich
selbst regelungsberechtigt ist, es sei denn, der Bund einigt sich mit allen
Ländern darauf, dass lieber eine bundeseinheitliche Regelung für alle gelten
soll. Das ist das System, das bis jetzt schon im Vergaberecht nach Artikel 14b
gilt, und dieses System wird hier ausgeweitet auf das Dienstrecht, den elektronischen
Rechtsverkehr und die Statistik.
Entscheidender ist der
restliche Bereich der dritten Säule, dort ist es so, dass nicht eine
Gebietskörperschaft allein bisher jeweils für ihren Bereich das regeln kann,
sondern wo bestimmte Funktionen von der einen und bestimmte Funktionen von den
anderen zu regeln ist. Hier wird nun neu vorgeschlagen ein Mechanismus und
zwar, dass grundsätzlich in dieser gemischten Säule zunächst das Land
regelungsbefugt ist, allerdings kann diese Regelungsbefugnis auf den Bund
übertragen werden. Diese Übertragung geschieht durch einen Beschluss des
Bundesrates, der - ähnlich wie in der EU-Verfassung - mit einer doppelten
Mehrheit gefasst wird: Einerseits eine Mehrheit der Bundesräte, andererseits
eine Mehrheit von Bundesländern, die zusammen eine Bevölkerungsmehrheit
repräsentieren. Es ist dies ein Schutz der Länder, weil dadurch die
Beschlussfassung schwieriger wird, sodass eine qualifizierte Anzahl von Ländern
hinter einem Vorschlag stehen muss und nicht von einer Mehrheit der Bundesräte
überrumpelt werden kann, indem hier dann eine Materie dem Bund überlassen wird.
Dieser Beschluss soll ein Teilschritt im Gesetzgebungsverfahren sein, sodass er
als solcher keine endgültige Kompetenzübertragung bringt, sondern ein Maßstab
für den Verfassungsgerichtshof ist, ob ein darauf folgendes Bundesgesetz im
Rahmen dieser Beschlussfassung bleibt.
Es soll deswegen keine
eindeutige Kompetenzübertragung sein oder keine mit einem engen Tatbestand
gefasste Kompetenzübertragung, weil auf diese Weise es ermöglicht wird, dass
hier der Bundesrat sehr detailliert umschreibt, welche Regelung der Bund
treffen soll, beispielsweise Koordinationsregelungen im Gesundheitsbereich. Ich
glaube, dass damit der Weg offen ist für eine sehr gute Lösung im Ausschuss und
ich darf abschließend, Frau Vorsitzende, stellvertretend Ihnen den
Kompetenzvorschlag der SPÖ überreichen.
Stellvertretende
Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner : Danke,
Herr Dr. Schnitzer. Nächste Wortmeldung ist von Herrn
Prof. Dr. Öhlinger. Sie verzichten. Dann darf ich Herrn Doz.
Dr. Hanreich um seine Wortmeldung bitten.
Dr.
Hans-Peter Hanreich : Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Ich möchte in der
Diskussion um die Ergebnisse des Ausschusses 5 einen Punkt herausgreifen, den
Präsident Leitl in seinem Statement bereits angesprochen hat, nämlich das
Verhältnis zwischen dem Europäischen Binnenmarkt und einem anzustrebenden,
umfassenden Kompetenztatbestand „Wirtschaft.“
Schon im ersten Mandat
für den Ausschuss 5 wurde dem Ausschuss die Berücksichtigung der Rechtslage der
Europäischen Union aufgetragen und wir haben in den Beratungen immer darauf
Wert gelegt, dass die Rechtslage, die durch eine künftige Europäische
Verfassung eintreten wird, berücksichtigt wird. Nach Meinung der Wirtschaft
würde es zu kurz greifen, bei der Erarbeitung einer neuen Verfassung nur die
innerösterreichischen Verhältnisse zu berücksichtigen und nicht mit zu
bedenken, dass Österreich ein Teil des Europäischen Binnenmarktes ist. Der
Europäische Binnenmarkt bedingt die Zuordnung eines großen Kompetenzfeldes
„Wirtschaft“ in die Zuständigkeit des Bundes, um ein einheitliches
Wirtschaftsgebiet in Österreich schaffen zu können. Keinem Unternehmer, aber
auch keinem Kunden, wäre es zu erklären, warum zwar die Ausübung
wirtschaftlicher Tätigkeiten im gesamten Europäischen Binnenmarkt ungehindert
möglich sein soll, in Österreich aber regionale Besonderheiten weiterhin
bestehen sollten. Dieses Ziel sollte in den letzten Sitzungen des Ausschusses
erreicht werden.
Ein wichtiges Anliegen
in diesem Zusammenhang ist selbstverständlich auch die umfassende Vertretung
der Interessen der österreichischen Wirtschaft durch eine
Interessenvertretungsorganisation. Das ist ein Thema, das in den Beratungen des
Ausschusses schon wiederholt angesprochen wurde und das wahrscheinlich auf
zumindest zwei Weisen erreicht werden kann. Entweder es gelingt, die
selbständige Ausübung von Tätigkeiten in einem großen Bereich zusammenzufassen;
dann würde es möglich sein, die Organisation der Interessenvertretungen als
Annex-Materie zu regeln. Wenn das aber nicht der Fall ist, dann muss eine
andere Methode gefunden werden, um dieses Ziel zu erreichen. Eine Kompetenz des
Bundes für die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Organisation der
wirtschaftlichen Selbstverwaltung würde das beschriebene Ziel auch erreichen
lassen.
Meines Erachtens wäre
diese Methode auch deswegen besser geeignet für eine Regelung des
angesprochenen Problems, weil dann auch selbständige Tätigkeiten, die in
Bereichen durchgeführt werden, die nach der bisherigen Diskussion im Ausschuss
in Landeszuständigkeiten liegen soll, wie zum Beispiel Tourismus oder Sport,
zweifellos auch durch Bundesgesetz geregelt werden könnten.
Zuletzt noch ein Satz
zu dem von Dr. Schnitzer eingebrachten Vorschlag einer neuen
Kompetenzverteilung. Selbstverständlich kann ich jetzt noch keine Stellungnahme
zu diesem Papier abgeben, eine gewisse Nähe zu den Vorschlägen der WKÖ zur
Kompetenzverteilung ist aber nicht zu leugnen.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler (übernimmt den Vorsitz) : Ich danke auch für die Wortmeldung und möchte als Nächstem
Herrn Abgeordneten Dr. Stürzenbecher das Wort erteilen. - Bitte sehr.
Dr.
Kurt Stürzenbecher : Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Im Ausschuss 5 hat man
sich wirklich intensiv mit der Schaffung von breiten Kompetenzfeldern und gegen
die Kompetenzzersplitterung befasst und es ist unter Vorsitz von Dr. Bußjäger,
dem wir sicher hier alle für seine Vorsitzführung danken sollten, eine echte
Knochenarbeit geleistet worden. Ich glaube, auch eine wichtige Knochenarbeit,
falls es zu einer erneuerten Verfassung kommt, weil so wie im Ausschuss 2 kann
der Ausschuss 5 eine wichtige Grundlage auch dafür bieten, den Zugang zum Recht
für die Bürgerinnen und Bürger zu erleichtern. Das ist ja schließlich auch eine
der Zielvorstellungen des Österreich-Konvents, und wenn ich sage Knochenarbeit,
dann meine ich, dass man sich wirklich viele, viele, viele Stunden mit dieser
Materie auseinandersetzen muss und dass es einen Sinn hat, dass das im Rahmen
des Österreich-Konvents in dieser Form geschieht, was man von anderen, in den
Medien in jüngster Zeit vorgebrachten Punkten ja nicht in dem Ausmaß behaupten
kann.
Wenn ich jetzt ein bisschen abschweife
zu diesen jüngsten Vorschlägen: das Wesentliche an Forderungen im
Österreich-Konvent sei, die Neutralität in die Verfassung hineinzuschreiben,
dann kann man sagen, das ist inhaltlich richtig, aber wir haben die Neutralität
seit 1955 drinnen. Und als weitere Forderungen habe ich gelesen: 5-jährige
Legislaturperiode, Reduzierung der Volksanwälte und die
Rechnungshofstellvertretung einzuführen. Also, das sind Punkte, wo man
eigentlich keinen Österreich-Konvent bräuchte und wo man sich nicht viele,
viele Stunden unter so vielen Experten zusammensetzen muss, weil das kann man
sozusagen aus dem Ärmel herausschütteln, vor allem die drei letztgenannten
Punkte.
Deshalb bin ich froh,
dass in den Ausschüssen in Wirklichkeit - vielleicht von der Öffentlichkeit
noch nicht so sehr bemerkt - hier sollte man die Öffentlichkeitsarbeit von
allen Seiten noch verbessern - wirklich harte und grundlegende Arbeit geleistet
wird. Das wollte ich nur auch einmal sagen. Jetzt zu den konkreten Inhalten:
Das Papier, das Dr. Schnizer vorgestellt hat, ist, glaube ich, ein sehr gutes
Papier, es hat die richtige Stossrichtung. Ich habe auch sehr viel Verständnis
dafür, dass im Detail natürlich darüber noch im Ausschuss und im Konvent
geredet werden muss, weil es erst heute offiziell hier präsentiert worden ist,
obwohl es der Dr. Schnizer schon in der letzten Ausschusssitzung angekündigt
hat. Ich kann nur noch einmal, auch im Hinblick auf Sie, Herr Dr. Hanreich,
unterstreichen, dass dieses Papier im Interesse der Wirtschaft eine
Kompetenzabrundung auf sehr gelungene Weise vornimmt, wobei, wie gesagt, mit
dem gesamten Papier müssen wir uns im Ausschuss natürlich noch im Detail
befassen.
Ich will jetzt nicht zu
allen Kompetenztatbeständen im Einzelnen Stellung nehmen, das kann man nicht in
fünf Minuten, könnte man auch nicht in fünfzig Minuten, sondern möchte nur
sagen, dass an sich im Ausschuss schon im Sinn eines modernen Föderalismus man
darum ringt - und von unserer Seite besonders darum ringt -, dass eine
Arbeitsverteilung im Rahmen unseres Bundesstaates geschieht, die im Interesse
der Bürger ist. Es ist nicht so, wie Kollege Scheibner am Vormittag gesagt hat,
dass jede Gebietskörperschaft einfach Besitzstände mit Zähnen und Klauen
verteidigen würde. Das ist einfach nicht wahr und spiegelt nicht die wirkliche
Realität im Ausschuss wieder, sondern es geht um echte Arbeitsverteilung. Zum
Beispiel ist es meine Auffassung und auch jene vom Land Wien, dass der
Jugendschutz, nur um ein kleines Beispiel zu nennen, durchaus beim Bund sein
sollte, obwohl er jetzt beim Land ist. Weil auch beispielsweise wir hier bei
einem Hearing mit Jugendlichen, mit Jugendorganisationen - und wir haben ja
Hearings, mehrere dieser Art, durchgeführt -, gehört haben von diesen
Jugendlichen, dass die das haben wollen und dass die Jugend der Auffassung ist,
dass der Jugendschutz beim Bund sein sollte. Das ist aber nur ein Beispiel.
Darüber hinaus glaube
ich eben, dass die relativ autonome Landesverfassungsgesetzgebung zumindest im
bisherigen Umfang aufrecht bleiben soll, dass wir die Mitwirkung der Länder an
der Bundesgesetzgebung in einem grundsätzlich erneuerten Bundesrat
sicherstellen sollten; dass natürlich die Länder, wenn sie neue Aufgaben bekommen,
auch die finanzielle Absicherung dieser Aufgaben bekommen müssen. Und wenn ich
die Autonomie der Länder noch kurz ansprechen darf, dann ist es für das Land
Wien besonders wichtig, dass hier auch bei den landesgesetzlichen
Wahlrechtsregelungen mehr Spielraum geschaffen wird.
Und hier darf ich
berichten, dass der Landtag in Wien mit deutlicher Mehrheit Folgendes
beschlossen hat: „Der Bundesverfassungsgesetzgeber wird seitens des Wiener
Landtags ersucht, die Bundesverfassung in der Form zu ergänzen beziehungsweise
zu ändern, dass den Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit eingeräumt
wird, nicht EU-Bürgerinnen ein kommunales Wahlrecht, in Wien bei den Wahlen zu
den Bezirksvertretungen, einzuräumen“. Das, glaube ich, ist auch ein wichtiges
Anliegen, das der Konvent aufnehmen sollte.
Zur
grundlegenden Reform des Bundesrates wollte ich noch einiges sagen, aber dazu
komme ich jetzt schon wieder - aus zeitlichen Gründen - nicht, aber ich meine,
in dieser dritten Säule hat der Bundesrat eine wichtige Funktion. Er sollte
auch beim Finanzausgleich eine wichtige Funktion bekommen. Die derzeitige
Kompetenz-Kompetenz des Bundes, sollte in dieser Form nicht aufrecht erhalten
werden, und es sollte eine echte Parität in der Finanzverfassung zwischen Bund,
Ländern und Gemeinden geben. In diesem Sinn hoffe ich, kommen die Ausschüsse 5
- und 10 ist ja auch betroffen - wirklich dazu, dass im Endergebnis eine
klarere, übersichtlichere und sachlich vernünftige Zuständigkeit bei den
Gesetzgebungskompetenzen geschaffen wird. Danke schön.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke, Herr Dr.
Stürzenbecher. Nächster Redner ist Herr Dr. Nikolaus Bachler. - Bitte sehr.
Dr.
Nikolaus Bachler : Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
Ich möchte Ihre
Aufmerksamkeit noch einmal auf einen für uns aus Bundessicht sehr wesentlichen
Bereich bei der Kompetenzverteilung lenken, nämlich jenen der EU. Er wurde von
einem meiner Vorredner, Doz. Dr. Hanreich, schon angesprochen. Den ursprünglichen
Auftrag der sektoralen Integration der Wirtschaft hat die EU längst hinter sich
gelassen. Heute hat sie den Auftrag, sich beinahe aller Angelegenheiten des
europäischen Gemeinwesens ordnend anzunehmen.
Die Erarbeitung eines
Kompetenzverteilungskataloges ist im engen Zusammenhang mit den Bemühungen um
eine Verfassung für Europa zu sehen. Der Entwurf eines Vertrages für eine
Verfassung für Europa sieht Bereiche geteilter Zuständigkeiten zwischen der
Union und den Mitgliedstaaten vor. Unter die geteilten Zuständigkeiten fallen
unter anderem so bedeutende Bereiche wie Binnenmarkt, Landwirtschaft, Verkehr,
Energie, Umwelt und Verbraucherschutz. Im Bereich der geteilten Zuständigkeiten
wird die Union gemäß dem Entwurf über eine Verfassung für Europa nach dem
Subsidiaritätsprinzip tätig. Der nach dem Protokoll über die Rolle der
nationalen Parlamente in der Europäischen Union vorgesehene
Subsidiaritätsmechanismus im Bereich der geteilten Zuständigkeiten erfordert
zum einen ein – angesichts kurzer Fristen (Frühwarnsystem) – zeitgerechtes und
effektives Agieren der Republik Österreich. Die Verpflichtungen aus der
Mitgliedschaft (Umsetzung von Richtlinien etc.) erfordern zum anderen eine
effiziente Umsetzung der einzelnen Rechtsmaterien.
Ganz wesentlich ist in
diesem Zusammenhang, dass sich durch den Beitritt zur Europäischen Union das
gesamte Selbstverständnis und der Aufgabenbereich unseres Ministeriums sehr
stark geändert haben – und ich glaube, das gilt auch für andere
Ministerien –; dies beinhaltet auch die Sichtweise für einzelne
Rechtsmaterien, wie zum Beispiel das Wasserrecht.
Also: Die Zielsetzung
des Wasserrechts hat durch die europarechtlichen Vorgaben einen wirklich tief
greifenden Wandel durchgemacht. Und ich meine, es ist von ganz besonderer Bedeutung,
dass im Rahmen dieser neu zu schaffenden Kompetenzverteilung genau diese
Aspekte einer Dynamik berücksichtigt werden. Das heißt: Es muss möglich sein,
im Rahmen breit angelegter Kompetenzbegriffe auf europarechtliche Vorgaben
reagieren zu können. Und daher ist es für uns jetzt nicht nur für den Bereich
der Wirtschaft, sondern eben für den Bereich der Umwelt, für den Bereich des
Verbraucherschutzes, aber auch für den Bereich der Landwirtschaft, von ganz
großer Bedeutung, eben durch die Vorgaben, die die Verfassung dann an den
Gesetzgeber gibt, nicht zu sehr gehemmt zu sein und gleichsam diesen
dynamischen Prozess, den die EU vorgibt, auch in uns aufnehmen und entsprechend
flexibel reagieren zu können. Danke.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön. Die
nächste Rednerin ist Frau Präsidentin Orthner. - Bitte sehr, Frau
Präsidentin.
Angela
Orthner : Herr Dr. Fiedler! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Dass es nicht leicht
sein wird, haben wir schon alle gewusst. Seit so vielen Jahren bemühen sich die
Länder, die Gemeinden und der Bund darum, die Kompetenzen neu zu ordnen, zu
entflechten, von Überflüssigem zu befreien und klare und abgerundete Kompetenztatbestände
neu zu formulieren.
Leicht wird es nicht
sein, haben wir gewusst, weil es darum ja auch geht, zu Kompetenzen Finanzen
zuzuordnen. Und wenn ich mir so die Diskussion der vergangenen und auch der
heutigen Plenumssitzung des Österreich-Konvents vergegenwärtige, dann habe ich
am allermeisten gehört: Schwierig wird es werden im Fünfer und im Zehner. Und
wie die beiden Dinge zusammenbringen und wie sie überhaupt ändern? Denn der
Föderalismus muss in unserem Land für sehr, sehr vieles herhalten. Wenn immer
man meint, es gehe etwas zu langsam oder sei nicht besonders gut geregelt, dann
sagt man, ja, da pflegt jeder sein - wie wir in Oberösterreich sagen würden -
Hoamatl, also, jeder pflegt seinen Schrebergarten und will nichts hergeben und
verschließt sich anderen.
Ich glaube eher, das
Gegenteil ist der Fall. Denn ich bin geraume Zeit Präsidentin des
Oberösterreichischen Landtags und in dieser Funktion immer Mitglied der
Landtagspräsidentenkonferenz. Und es vergeht ja keine Präsidentenkonferenz -
und heute sind ja auch sehr, sehr viele Kollegen anwesend -, wo wir nicht ganz
im Gegenteil darauf drängen, dass im Rahmen des Österreich-Konvents die Fragen
einer Neuverteilung der Aufgaben und die Bereitschaft, durchaus neue Aufgaben
dazu zu übernehmen, artikuliert wird.
Und ich sage dazu,
immer mit einer großen Übereinstimmung auch der verschiedenen Herkünfte in
unserer Landtagspräsidentenkonferenz: Ich glaube auch, dass es möglich ist, und
im Laufe der vielen Beratungen wird es ja auch immer wahrscheinlicher, und wenn
schon ausgeteilte Konzepte auch auf den Tisch kommen, wird das durchaus noch
einmal günstig sein, dass es möglich ist, nicht nur sich zu einigen - das wäre
ein zu geringer Konsens -, sondern dass es möglich ist, im 21. Jahrhundert auf
die Bedürfnisse der Menschen und auch auf die Bedürfnisse von Verwaltungen,
Regierungen, Ländern, Gemeinden entsprechend einzugehen und Kompetenzen in
einer zeitgemäßen Form mit Effizienz, mit Nachhaltigkeit, auch zu verankern.
Und so bestechend
ursprünglich tatsächlich einmal ein Zwei-Säulen-Modell gewesen ist - natürlich
wäre es einfacher, ausschließlich Landes-, ausschließlich Bundeskompetenzen zu
haben und so quasi kein Blatt geht dazwischen -, so einfach ist die Welt leider
nicht, und wir werden eine dritte Säule - wie immer sie letztendlich ausschauen
wird, und wie immer man die Dinge auch regeln wird - brauchen.
Die gemeinschaftliche
Zuständigkeit wird es höchstwahrscheinlich auch in Zukunft geben. Fragen muss
man sich dabei, wie es möglich ist, den Bund und die Länder partnerschaftlich
in Form auf der Wortwurzel des Föderalismus, also ein Bündnis zu schließen auf
einer großen Vertrauensbasis, wie weit hier alle Gebietskörperschaften
entsprechend eingebunden sind, und natürlich wird es da auch darauf ankommen, wie
der Bundesrat sich neu gestaltet. Selbstverständlich wird er in einer anderen
Funktion als bisher tätig sein müssen. Ich glaube, in einer wichtigeren
Funktion, in einer Funktion, die nicht verhindert, sondern in einer Funktion,
die entsprechend auch dem Wollen und Können der Länder einen Widerhall auch auf
Bundesebene gibt.
Ich bedanke mich auch
heute daher sehr herzlich bei Herrn Dozent Dr. Bußjäger, der wahrlich keine
leichte Aufgabe hat, aber der es so wie alle anderen Damen und Herren im
Ausschuss ganz sicherlich zu einem guten Ende bringen wird, weil wir das wollen
und weil wir es auch brauchen, dass wir hier eine neue Ordnung bekommen.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Frau Präsidentin! Als Nächster hat sich Herr Prof. Brauneder zu Wort
gemeldet. - Bitte sehr, Herr Professor.
MMag.
Dr. Willi Brauneder : Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen
und Herren!
Kompetenzbestimmung
verteilen Teilsstaatsaufgaben auf Gebietskörperschaften. Verzeihen Sie diese
banale Feststellung, aber daraus ergibt sich, dass Staatsaufgaben in den
Kompetenzbestimmungen formuliert sind. Man kann daher Verständnis dafür haben,
dass in einem Einheitsstaat, der eine solche Aufteilung nicht vornimmt, Staatsaufgaben
eigens in einem Katalog formuliert sind, muss aber daraus die Schlussfolgerung
ziehen: Ist es in einem Bundesstaat überhaupt sinnvoll, angesichts
Kompetenztatbeständen noch Staatsaufgaben festzulegen?
Ich bin zu dieser
Feststellung dadurch ermuntert, da ich höre, dass im zuständigen Ausschuss die
Kompetenzzersplitterung, die wir zurzeit haben, auf ein Viertel, wenn ich das
so richtig sehe, zurückformuliert wird. Das heißt: Es werden globale
Staatsaufgaben im Kompetenzkatalog formuliert. Daher die Frage, ob nicht durch
eine Formulierung des Kompetenzkatalogs an sich oder durch eine entsprechend
modifizierte Formulierung die Festlegung von Staatszielen - angesichts eben der
Kompetenzbestimmungen - überflüssig ist. Ich würde diesem Gedanken einmal sehr
nahe treten. Es ist die Schweizer Verfassung 2000 erwähnt worden. Es gab einen
sehr langen Weg in dieser Totalreform der Schweizer Verfassung, und am Anfang
standen, wenn ich das richtig verfolgt habe, eine ganze Liste von
Staatszielbestimmungen, Bestimmungen von Staatsaufgaben, und übrig geblieben
ist ganz wenig.
Also, man sieht daran
eigentlich, dass in einem Bundesstaat die Festlegung von Staatsaufgaben, ich
würde sagen, nicht notwendig ist, weil es den Kompetenzkatalog gibt. - Danke
schön.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke, Herr Professor, für diese sehr
interessante Wortmeldung. Wir haben damit den Bereich des Ausschusses 5
abgeschlossen und kommen nunmehr zum Bericht des Vorsitzenden des
Ausschusses 6, Herrn Sektionschef Abentung. Herr Sektionschef!
Ich darf Ihnen das Wort erteilen.
Dr.
Johannes Abentung : Ja, danke - Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
Wenn bei einem
Fußballspiel fünf Minuten vor Schluss ein Spieler ausgetauscht wird, dann erwartet
man zwei Dinge von ihm. Erstens: Er hat sich reibungslos in die Gruppe
einzuordnen, damit er zweitens natürlich noch ein Tor schießt. Ich sage nicht
dazu, dass er die Veranstaltung rettet. Das wäre hier fehl am Platz! Aber damit
ich erstere beiden Punkte erfüllen kann, erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen:
Zum Ersten: Als
Vorsitzender bin ich natürlich zu größtmöglicher Objektivität in prozessualen
Fragen verpflichtet. Das war bisher in den wenigen Sitzungen, die ich leiten
durfte, kein Problem, weil der Großteil der Arbeit vorher schon erledigt war
durch meinen Vorgänger als Vorsitzender, Herrn Generalsekretär Mag. Werner
Wutscher. Ich bin angewiesen auf schriftliche Unterlagen und auf Mitteilungen
durch meine Kollegen über den Stand der Diskussion im Ausschuss und Sie wissen,
es ist das eine, selber dabei gewesen zu sein und das andere, von Dritten
darüber zu hören. Ich bitte Sie also, das zu berücksichtigen.
Zweitens ist mir die
Aufgabe gestellt worden, die wesentlichen gelösten Probleme beziehungsweise die
wesentlichen oder bedeutendsten nicht gelösten Probleme hier darzustellen. Da
stellt sich gleich die erste Frage: Was ist hier als Problem zu betrachten? Das
hängt, glaube ich, vom Standpunkt ab. Für den Einen mag es ein Problem sein,
wenn kein Konsens in einer Frage erzielt worden ist, für den Anderen mag das
die Lösung sein, weil - und das wäre meine Schlussfolgerung - würde kein
Konsens erzielt werden in einer Frage, müsste doch wohl in diesem Punkt die
derzeitige verfassungsrechtliche Vorschrift weiter Bestand haben. Ob das so ist
oder nicht, das wird wohl das Präsidium entscheiden. Für mich war es nicht ganz
einfach, aus den Unterlagen, insbesondere auch deswegen, weil ich über
Verwaltung rede, klar heraus zu sehen, ob wir hier Probleme gelöst haben oder
nicht, auch deswegen, weil wir in den meisten Fragen zu keinem Konsens gekommen
sind.
Warum erwähne ich hier
die Verwaltung? Die Verwaltung deswegen, weil die Verwaltung irgendwie ein
„Zwischending“ ist. Zum einen gibt es Vorgaben aus der Legislative heraus, zum
anderen wird die Verwaltung von der Gerichtsbarkeit kontrolliert. Nur sehr
wenige Vorschriften des Verfassungsrechtes beschäftigen sich genuin mit der
Verwaltung selbst, wenngleich die meisten anderen Bestimmungen die Verwaltung
direkt und indirekt beeinflussen.
Und hier kommen wir zur
nächsten Frage, die sich stellt. Es ist gelegentlich, insbesondere von der
Wirtschaftsseite her, die Frage gestellt worden: Was könnte man denn jetzt
ändern, damit man letztlich zu geringeren Kosten des gesamten Staats, oder
beziehungsweise hier des Verwaltungsapparates, kommt? Diese Frage resultiert
jedoch, wenn man sich die Verfassungsbestimmungen anschaut, nur zu einem
geringen Teil aus den Bestimmungen, die die Verwaltung direkt betreffen und
meines Erachtens nach aber zu einem großen Teil aus den Bestimmungen, die
indirekt auf die Verwaltung einwirken.
Sie sollten sich vor
Augen halten, dass es die österreichische Verwaltung, ob das jetzt auf Bundes-,
Landes- oder Gemeindeebene ist, letztlich mit drei legistischen Ebenen zu tun
hat. Heute hätte man ja fast bei der Diskussion, jedenfalls am Vormittag, bis
zu Herrn Doz. Hahnreich, der dann umgeschwenkt ist, meinen können, man hätte
die EU komplett vergessen. Faktum ist jedoch, dass wir heute, insbesondere in
unserem Ministerium - ich bin aus dem Lebensministerium -, zu einem großen Teil
EU-Recht direkt vollziehen. Wir haben das, um das konkret auszuführen, sehr
direkt gemerkt 1995, als sich die gesamte Verwaltungspraxis komplett geändert
hat. Wir sind heute nur mehr sehr selten hier in diesem Hause. Wir sind
wesentlich öfter in Brüssel. Wir vollziehen wesentlich mehr Verordnungen, die
aus Brüssel vorgegeben werden. Wir haben auch in unserem Bereich Richtlinien
umzusetzen.
Wenn ich mir also die
Diskussion, die bisher gelaufen ist, auch im Ausschuss und in den Medien in
Bezug auf den Konvent, vorstelle, dann fehlt mir einfach dieser gewisse Aspekt
der Einfluss, der Umsetzung des EU-Rechtes auf die Verwaltungsbehörden. Hier
hat man es mit einer gewissen Europäisierung des Verwaltungsrechtes zu tun, die
einen tief greifenden Wandel der nationalen Verwaltungsbehörden nach sich
zieht, auch in den Ordnungsstrukturen. Ich denke da in etwa an das Beispiel,
das auch mein Vorredner, Dr. Bachler, erwähnt hat: Wasserrahmenrichtlinie. Wir
haben hier eine Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, die sich an
Flusseinzugsgebieten orientiert und bekannterweise ist 90 Prozent von
Österreich hier der Donau zuzuordnen. Das schlägt sich mit dem föderalen Aufbau
des Staates. Ich möchte diesen hier nicht in Frage stellen. Da gibt es
entsprechende Vorgaben des Konvents, aber es macht insgesamt die Arbeit nicht
leichter und es macht vor allem auch die Arbeit nicht billiger, wenn man hier
solch komplexe Systeme hat.
Die tief greifende
Europäisierung der nationalen Rechtsordnung gleichsam von oben durch Richtlinie
und Verordnungen wird ergänzt durch eine horizontale Verwaltungskooperation
zwischen den Mitgliedsstaaten. Ich möchte in diesem Zusammenhang etwa im
Bereich des Umweltrechts an den Aufbau europaweiter Verbundgebiete nach den
FFH-Richtlinien und im Bereich des Infrastrukturrechts an die
Planungsanforderungen für die Schaffung transnationaler Netze erinnern.
Europäisches Recht wird überwiegend dezentral durch die Mitgliedsstaaten
vollzogen. Damit kommt der Verwaltungskooperation zwischen den Mitgliedstaaten
eine nicht zu unterschätzende Bedeutung im Rahmen europäischer Integration zu.
Nettesheim, ein deutscher Staatsrechtler, spricht in diesem Zusammenhang von
einer, ich zitiere, horizontalen Verschränkung der „weiterhin institutionell
der nationalen Ordnung zuzurechnenden“ Verwaltungsapparate. Weiter ist mit
Nettesheim zu betonen, dass im Zusammenhang mit der im Rahmen der
bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zu diskutierenden, ich zitiere, „Öffnung
nach oben“ eine Aussicht des Verwaltungsvollzuges zunehmende
„mitgliedsstaatliche Öffnung“ zur Seite tritt. Die vertikale Integration durch
die Umsetzung von EU-Recht, den Anwendungsvorrang und die unmittelbare Geltung
von EU-Recht wird im Rahmen des Verwaltungsvollzuges durch eine immer stärker
werdende horizontale Integration der Mitgliedstaaten ergänzt. Nettesheim
bezeichnet dieses Phänomen als, ich zitiere, „zweites Strukturelement des
europäischen Integrationsprozesses“. Solches hat für den Verfassungsverbund,
den Österreich in und mit der EU bildet, zu gelten.
In diesem Lichte muss
sich der Österreichkonvent, und er wird es wohl getan haben, in anderen
Ausschüssen getan haben, will er seinem Postulat der Schaffung effizienter
institutioneller Strukturen gerecht werden, mit dem Einfluss des faktischen
Verfassungsverbundes Österreich-EU entsprechend auseinander setzen. Und ich
gebe meiner Hoffnung Ausdruck, dass dieser Aspekt bei allen Dissensen, die wir
heute noch haben, entsprechend berücksichtigt wird, weil es nur dann möglich
ist, dass wir hier zu einer effizienten und kostengünstigeren effektiveren und
leichter praktikabilisierbaren Verwaltung kommen.
Aber jetzt kurz noch
zum Ausschuss sechs. Der Gegenstand der zentralen Überlegung war eine Analyse
der in der Verfassung vorzufindenden organisations- und verfahrensrechtlichen
Regelungen für die Verwaltung und zwar zu dem Zweck, dass in Hinkunft der
einfache Gesetzgeber die Verwaltung modernisieren und effizienter gestalten
kann. Es ist nicht Aufgabe des Ausschusses gewesen, hier Lösungen vorzulegen.
Der Ausschuss hat sich im Zusammenhang mit dem Österreichkonvent logischerweise
und sinnvollerweise nur mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die
Verwaltung zu beschäftigen. Für genau definierte Verwaltungsbereiche soll nun
in der Verfassung eine ausdrückliche Ermächtigung vorgesehen werden, eine
einfach gesetzliche Weisungsfreistellung vorzunehmen. Das war ein wesentlicher
Punkt, der im Zusammenhang mit dem Ausschuss sieben behandelt worden ist. Die
Normierung verfassungsrechtlicher Determinanten für Ausgliederung ist ein
weiteres zentrales Anliegen des Konvents. Auch hier gibt es entsprechende
Textvorschläge.
Es wurde auch ein
Textvorschlag erarbeitet, der gebietskörperschaftsübergreifende Behörden
ermöglichen soll. Das wurde zwar von einem Teil der Mitglieder des Ausschusses
als Innovation begrüßt. Andere meinten, man würde hier klare
Verantwortlichkeiten unterbinden. Hier gibt es also keinen Konsens. Derzeit
gibt es verschiedene verfassungsrechtliche Vorschriften, die die Ausgestaltung
der Verwaltungsorganisation determinieren beziehungsweise an die Zuständigkeit
einer anderen Gebietskörperschaft binden. In den Ausschussberatungen gab es
breite Zustimmung, die angeführten wechselseitigen Bindungen aufzuheben. Das
verfassungsrechtliche Organisationskonzept eines einheitlichen Amtes der
Landesregierung soll aber weiter existieren.
Das Modell der
mittelbaren Bundesverwaltung schließt in formaler Hinsicht den Kreis von
Demokratie, Bundesstaat und Rechtsstaat, da der Landeshauptmann dem
Bundesminister weisungsverpflichtet und letzterer dem Nationalrat
verantwortlich ist. Insoweit besteht ein lückenloser Legitimationszusammenhang.
Der Ausschuss sprach sich überwiegend für die Beibehaltung des Systems der
mittelbaren Bundesverwaltung aus, wenngleich es auch Vorschläge gibt, wie man
die mittelbare Bundesverwaltung modifizieren kann. Es besteht also hier kein
Konsens, wenngleich man bei den verschiedenen Ausgestaltungen nicht weit
voneinander entfernt ist.
Was gänzlich offen ist,
sind die Sonderverwaltungsbereiche: Sicherheitsverwaltung, Schulverwaltung und
die Militärverwaltung. Dieses Tor werden wir hoffentlich bei unserer nächsten
oder bei unseren nächsten Sitzungen schießen können. Keine Übereinstimmung
besteht auch, dass die öffentlich-rechtliche Vorprägung für das
Dienstverhältnis der öffentlich Bediensteten entfallen könne. Vielmehr wurde
zuletzt auch für einen öffentlich-rechtlichen Kollektivvertrag plädiert. Der
Ausschuss befasste sich auch mit der dienstrechtlichen Homogenität im
Bundesstaat. Diesbezügliche Textvorschläge wurden nur unter der Bedienung
akzeptiert, dass auch weiterhin genügend Freiheiten für den jeweiligen
Dienstgeber bestehen, um den einzelnen Anforderungen auf Bundes-, Landes- und
Gemeindeebene gerecht zu werden. Dann gibt es Vorschläge zum öffentlichen
Haushaltswesen. Hier soll im Besonderen die Umsetzung des Globalbudgets
ermöglicht werden. Es gibt dazu aber keinen Konsens. Einen Konsens gibt es,
dass man für das E-Government einen einheitlichen Ansatz unter Wahrung der
organisatorischen Einheit der Länder schaffen kann.
Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Insgesamt verstehe ich den Österreichkonvent
als eine wünschenswerte notwendige Maßnahme. Sie gestatten, dass ich hier noch
einmal kurz darauf eingehe, weil ich das erste Mal zu Ihnen sprechen darf. Ich
würde Sie aber wirklich ersuchen, dass Sie im Lichte der Mitgliedschaft zur
Europäischen Union und hier auch der Osterweiterung ein besonderes Augenmerk darauf
legen, dass die Verwaltung, die sehr flexibel sein muss, um entsprechende
Aufgaben bewältigen zu können, hier nicht unnötige verfassungsrechtliche
Fesseln angelegt bekommt. In diesem Zusammenhang darf ich auf einen Satz aus
dem Volk verweisen und dieses sollte man im Zusammenhang mit einer neuen
Verfassung nicht vergessen: Weniger ist oft mehr. Danke.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka ‡ (übernimmt den Vorsitz) : Danke
vielmals, Herr Sektionschef! Wir sind uns auch des Umstandes bewusst, dass
dieser Bericht unter erschwerten Bedingungen zustande gekommen ist, weil Sie
diese Funktion erst in jüngster Zeit übernommen haben, daher umso mehr. Es ist
schön, dass Sie nicht alle Zitate aus dem Volke hier gebracht haben, sondern
nur eines und dem können wir sicherlich zustimmen, obwohl es wahrscheinlich
eine Illusion sein wird, dass es eine Bundesverfassung gibt, auf der zwar
alles, was dieser Staat erfordert, geregelt ist, die aber Platz auf einem
Straßenbahnfahrschein findet.
Wir kommen nun zur
Diskussion ihres Berichtes und da habe ich als nächste Wortmeldung Professor
Öllinger. Ich bitte ihn, die Wörter zu ergreifen.
Dr.
Theodor Öhlinger : Herr Sektionschef Abentung hat kurz berichtet,
dass im Ausschuss 6 weitgehender Konsens über die Beibehaltung der mittelbaren
Bundesverwaltung erzielt wurde, und wir haben das auch schon im ersten
Zwischenbericht des Ausschusses gehört. Auch wenn bislang in diesem Konvent
noch nicht so viel Konsens erzielt wurde, dass man tatsächlich erzielte
Konsense in Frage stellen sollte - man soll sich vielmehr darüber freuen -, so
möchte ich trotzdem speziell diesen Konsens noch einmal zur Debatte stellen.
Ich glaube nicht, dass die mittelbare Bundesverwaltung der Weisheit letzter
Schluss ist.
Wir haben im Ausschuss
5, dem ich angehöre, nur über die Gesetzgebungskompetenzen gesprochen. Ob das
wirklich eine sehr glückliche Arbeitsteilung war, weiß ich nicht, weil man
natürlich bei der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Hinterkopf auch
immer wieder daran denkt, wer zuständig sein soll, diese Gesetze zu vollziehen.
Im Ausschuss 5 ist klar
geworden, dass im Bereich der Gesetzgebung der Trend zu einer Konzentration
beim Bund irgendwie unaufhaltsam ist. Wir haben in diesem kleinen Land einen
hohen gesellschaftlichen Bedarf nach einheitlichen generellen Regelungen. Alle
Wortmeldungen in den Anhörungen der gesellschaftlichen Organisationen, die sich
zu dieser Frage geäußert haben, waren Forderungen nach einheitlicher
Gesetzgebung. Das ist ein gesellschaftlicher Trend, dem wir uns einfach nicht
ganz entziehen können.
Wo aber Spielraum für
die Länder, und zwar nicht nur reiner Vollzugsspielraum - man muss sich von
diesem Konzept eben lösen -, sondern wo auch Gestaltungsspielraum für die
Länder bestehen könnte, das ist meiner Meinung nach die Ebene der Vollziehung.
Und auch das Kompetenzverteilungsmodell des Ausschusses 5 tendiert mit der
Kategorie der so genannten dritten Säule - das ist eine Bezeichnung für
konkurrierende oder gemeinschaftliche Gesetzgebung, um in der EU-Terminologie
zu sprechen - in die Richtung einheitlicher Regeln zumindest in grundsätzlicher
Weise; aber Ausführung dieser einheitlichen Regelungen durch die Länder, und zwar
durchaus mit jenem Spielraum, der es den Ländern ermöglicht, dort, wo lokale
Besonderheiten bestehen und wo es um die unmittelbare Gestaltung der
Lebensqualität der Menschen in einer Region geht, dem Rechnung zu tragen. Ich
meine, dass dies ein zukunftsweisenderes Modell des österreichischen
Föderalismus wäre, als jener Streit um Kompetenzsplitter in der Gesetzgebung,
wie er die derzeitige Situation des Bundesstaates Österreich kennzeichnet.
Man bezeichnet ein
solches Modell als Vollzugsföderalismus, und das ist ein Terminus, der negativ
besetzt ist. Mir hat allerdings noch niemand den Widerspruch erklären können,
dass das Modell des Vollzugsföderalismus in Österreich ein schlechtes Modell
ist, aber dass ein Modell, das nicht föderalistisch ist, und das ist die
mittelbare Bundesverwaltung, aus föderalistischen Gesichtspunkten ein besseres
sein soll. Das ist ein Widerspruch, den ich nie ganz verstanden habe. Ich
bekenne mich als Anhänger eines prinzipiellen Vollzugsföderalismus.
Ich will jetzt nicht
näher auf die demokratiepolitischen Probleme der mittelbaren Bundesverwaltung
eingehen. Sie sind zumindest jenen, die aus den Landtagen kommen und dort
vielleicht sogar einer Oppositionspartei angehören, bestens bekannt. Man kann
natürlich in diesem Punkt das eine oder andere korrigieren, aber die
Problematik ist prinzipiell unlösbar, weil in der mittelbaren Bundesverwaltung
etwas erfolgt, was der Konvent auch als generelles Ziel abschaffen möchte: er
verflechtet Bund und Länder in einer Weise, die letztlich die Zurechnung von
Verantwortung problematisch macht.
Die mittelbare
Bundesverwaltung ist ferner auch ein schönes Beispiel für die Diskrepanz
zwischen geschriebener normativer Verfassung und Verfassungsrealität in
Österreich. Und es ist auch eine Aufgabe des Konvents, diese in sehr vielen
Bereichen bestehenden Divergenzen etwas zu vermindern. Ich bin nicht so naiv,
um zu verkennen, dass die mittelbare Bundesverwaltung ein ganz zentrales
Element der österreichischen Verfassungsrealität ist. Die Macht der Landeshauptleute
beruht in Wahrheit überwiegend auf der mittelbaren Bundesverwaltung. Aber damit
steht eben die Verfassungsrealität in einem Spannungsverhältnis zur
geschriebenen Verfassung, und auch darüber sollte man sich Gedanken machen.
Und ein letzter Punkt.
Ich bin kein Fetischist von Einsparungen. Ich glaube nicht, dass es primäre
Aufgabe des Konvents ist, Einsparungen zu ermitteln, aber wenn es wo ein
Einsparungspotential gibt, dann jedenfalls in der Reduzierung von
Doppelverwaltungen, und die mittelbare Bundesverwaltung ist eine
Doppelverwaltung.
Zusammengefasst: Ich
wollte einen Kontrapunkt zum überwiegenden Konsens, dass man an der mittelbaren
Bundesverwaltung festhalten soll, setzen. Danke.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals. Der Kontrapunkt ist Ihnen durchaus gelungen, und zwar in
unüberhörbarer Weise. - Als Nächster Dr. Hanreich.
Dr.
Hans-Peter Hanreich : In den bisherigen Ausschussberatungen des
Ausschusses 6 wurden vor allem zwei große Bereiche diskutiert. Einmal
grundlegende verwaltungsrechtliche Fragen wie Weisungen, weisungsfreie
Bereiche, Ausgliederungen, Oberste Organe, allgemeine dienstrechtliche Fragen
und so weiter, zum anderen wurde begonnen, manche Bereiche der Sonderformen der
Verwaltung zu diskutieren.
Unser
Ausschussvorsitzender Abentung hat, wie es einem „Austauschspieler“ geziemt,
das Spiel jetzt auf ein anderes Terrain, auf einen anderen Bereich des Feldes
verlagert, und hat sehr zurecht auf die Einflüsse der EU-Vollziehung auf die
österreichische Verwaltung hingewiesen.
Alle drei diskutierten
Fragenbereiche hängen mit dem im Ausschuss 6 diskutierten Effizienzprinzip
zusammen. Es ist gelungen, in diesem Ausschuss ein Effizienzprinzip zu
definieren, das alle Organe des Bundes der Länder und Gemeinden verpflichten
soll, ein hohes Maß an Wirksamkeit anzustreben und im Sinne der Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu handeln.
Klar ist, dass der
Konvent allein mit einer Änderung der Verfassung in manchen oder vielen
Punkten, je nachdem wie erfolgreich die Verhandlungen sein werden, nicht die
Verwaltung effizienter machen kann; aber, und das wurde auch schon wiederholt
im Zusammenhang der jetzigen Diskussion gesagt und zuletzt hat Prof. Öhlinger darauf
hingewiesen, er kann und muss die Voraussetzungen für eine effiziente
Verwaltung schaffen. Dass solche Effizienz- und Einsparpotentiale vorhanden
sind, ist in den letzten Monaten durch Prüfberichte des Rechnungshofes, Studien
von IHS, KDZ und des Staatsschuldenausschusses z.B. für das Gesundheitswesen,
Schulwesen, Abwasserwesen et cetera, nachgewiesen worden.
Die Aufnahme eines
solches Effizienzprinzipes in die Verfassung hätte nach unserer Meinung
wesentliche Konsequenzen. Ein solches Prinzip würde als ständiger Mahner
fungieren, der die staatlichen Organe zu rationellem Mitteleinsatz anhält. Es
würde sie dazu verhalten, sich Gedanken darüber zu machen, ob die angestrebten
Ziele mit den beabsichtigten Maßnahmen auch wirklich erreicht werden können. Es
würde damit auch eine starke Sensibilität für wirtschaftliches und
nachfrageorientiertes Handeln bewirkt werden können.
Der Vorschlag, ein
Effizienzprinzip in die Verfassung aufzunehmen, könnte somit ein wesentlicher
Auslöser und die Grundlage für eine weitergehende Verwaltungsreform sein. -
Danke.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Herzlichen Dank. Als Nächster Dr. Bußjäger. - Bitte, Sie haben das Wort.
Dr.
Peter Bußjäger : Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz
kurz auf die Argumente von Öhlinger replizieren.
Im Grunde hat er Recht,
der Vollzugsföderalismus ist immer noch besser als die mittelbare
Bundesverwaltung. Noch besser ist der wirkliche Föderalismus, aus der
föderalistischen Sicht. Nun, die Argumente, die für die mittelbare
Bundesverwaltung sprechen, sind aus meiner Sicht ausschließlich pragmatisch
bedingt. Wir haben in Österreich keine Kultur der Differenzierung, das wäre
aber die Folge eines Vollzugsföderalismus, nämlich dass auch die Vollziehung
von Rechtsvorschriften uneinheitlich sein kann. Diese mangelnde Kultur der
Differenzierung würde dann in irgend einer Form kompensiert. Durch die
Erlassung von Durchführungsverordnungen, die die Verwaltung binden würden.
Ich glaube, im Ergebnis
hätten wir ein beachtliches Ansteigen des Rechtsstoffes zu erwarten. Sie würde
kompensiert durch Aufsichtsmittel in diesen vormals Angelegenheiten der
mittelbaren Bundesverwaltung, Aufsichtsmittel des Bundes, wie wir sie aus den
Entwürfen der Bundesstaatsreform her kannten. Und die Übertragung der
parlamentarischen Kontrollrechte auf die Landtage würde mit einem gewissen
Misstrauen begegnet werden, dem wahrscheinlich auch auf der
verfassungsrechtlichen Ebene die Forderung nach gleichartigen Kontrollstandards
in allen Ländern folgen würde, so dass man durchaus der Meinung sein kann, das
in der Verwaltungspraxis schon bewährte System der mittelbaren Bundesverwaltung
nicht zu verlassen und das Risiko des Vollzugsföderalismus mit seinen
Nebenwirkungen und Nebenerscheinungen nicht in Kauf zu nehmen.
Lassen wir es wie es
ist, das ist eine pragmatische Vorgangsweise, die nicht ganz unösterreichisch
ist und daher zu diesem Konvent passt.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals, Herr Professor. Ich stelle mir nach Ihren letzten Bemerkungen
nur persönlich die Frage, wie österreichisch ist eigentlich der
Österreich-Konvent. Aber die Frage wird wahrscheinlich erst am Ende der 18
Monate beantwortet werden können.
Als Nächster
Dr. Matzka am Wort. Wir bitten, die Worte zu ergreifen, wobei ich darauf
hinweisen möchte, hier spricht Dr. Matzka als Mitglied des
Ausschusses 6 und nicht als Vorsitzender des Ausschusses 7. - Bitte.
Dr.
Manfred Matzka : Danke, Herr Vorsitzender. Liebe Kolleginnen und
Kollegen!
An sich wäre es
verlockend, auf die Frage der mittelbaren Bundesverwaltung einzugehen. Ich
werde es in ein paar Sätzen tun.
Ein wesentlicher Punkt
der Arbeit des Ausschusses 6 ist die Frage, kann man - und wenn ja, wie -
Verwaltung effektiver und effizienter machen? Ich glaube, dass der Ausschuss
hier eine Reihe von Arbeiten geleistet hat, die zu sehr konkreten und guten
Ergebnissen geführt haben. Etwa im Bereich der Budgetierung, aber auch bei
einigen Organisationsvorschlägen. Ich glaube aber, dass er in der Deklaration
eines Effizienzgebotes zu kurz greift.
Wir schreiben im
Ausschussbericht einen Auftrag an alle staatlichen Verwaltungen und
wahrscheinlich auch an die Gesetzgebungsorgane nieder, effektiv zu sein,
effizient zu sein, lösen aber selber bei unseren Vorschlägen für staatliche
Strukturen dieses Gebot nur unzulänglich ein. In welchem Punkt sehe ich das im
Besonderen? Ich sehe es insbesondere in der dreifachen Ebene unserer Verwaltung:
Gemeinde, Bezirksverwaltung und Amt der Landesregierung. Das ist ein Problem,
das im Ausschuss 6 kaum angesprochen wurde und im Ausschuss 3 ebenfalls nicht.
Es ist irgendwie dazwischen in einen Spalt gefallen, wo es notwendig wäre, die
Frage noch einmal herauszunehmen und sich anzusehen. Man muss da noch die Frage
stellen, ob hier wirklich mit dieser dreifachen Schichtung auf regionaler Ebene
der Weisheit letzter Schluss erfunden ist. Da sind Effizienzpotentiale drinnen,
die man sich noch einmal anschauen sollte.
Nun meine zweite
Bemerkung zur mittelbaren Bundesverwaltung. Es muss wohl so sein: Wenn der vorgesetzte Professor dem
untergeordneten Assistenten Argumente vorhält, dann haben die eine sehr große Überzeugungskraft.
So war es auch diesmal bei den Worten meines ehemaligen Chefs, Prof. Öhlinger.
Ich möchte zwei Überlegungen zur mittelbaren Bundesverwaltung anführen. Es ist
richtig, dass wir im Ausschuss gesagt haben, sie kann dabei bleiben, denn viel
Besseres findet man nicht. Aber man sollte schon auch ehrlich sein - warum hat
man das gesagt? Im Grund hat man es deswegen gesagt, weil man mit dieser Lösung
den wenigsten Leuten am wenigsten wehtut.
Die starke Stellung des
Landeshauptmannes als Organ in der mittelbaren Bundesverwaltung ist das
wichtigste Argument dafür, dass es gar so leicht war, sich darauf zu einigen.
Aber gerade da sollte man ansetzen und sich die Frage stellen: Wenn man sich in
der Vollziehung der Länderstruktur bedient (und niemand will Bundesgesetze
durch Bundesbehörden vollziehen, sondern sich der Länderstruktur bedienen) dann
ist man schon bei der Frage angelangt, ob es gescheit ist, das alles durch ein
einziges Nadelöhr laufen zu lassen, das Landeshauptmann heißt. Oder ob es dann
nicht sinnvoller wäre, die Vollziehung über jene Organe laufen zu lassen, die
in der Landesverwaltung den Vollzug beherrschen, nämlich über die jeweils
sachzuständigen Mitglieder der Landesregierung.
Das zweite Argument ist
auch ein bisschen scheinheilig: Mittelbare Bundesverwaltung deshalb, weil es
notwendig ist, den Vollzug von Bundesgesetzen durch Landesorgane auch
kontrollieren zu können durch die Organe der Bundesgesetzgebung. Aber ist da
die jetzige Realität der mittelbaren Bundesverwaltung wirklich so, dass eine
Kontrolle des Nationalrates über den Vollzug in der mittelbaren Form in den
Ländern effektiv und effizient funktioniert? Ich kann also den Argumenten von
Prof. Öhlinger durchaus etwas abgewinnen, sie sind nicht ganz unüberzeugend.
Zu den konkreten
Vollzugsbereichen, die wir nur ansatzweise abgearbeitet haben, nämlich
Sicherheitsverwaltung, Gesundheitsverwaltung und Schulverwaltung ein letztes
Wort: Hier liegt natürlich die Schwierigkeit in jedem dieser Bereiche im
Detail. Da gibt es jeweils eine vorgefundene Verwaltungsstruktur, die gar nicht
so einfach zu durchschauen und durch Alternativen zu ersetzen ist.
Es zieht sich aber
durch diese Diskussion ein Gedanke durch und den unterstreiche ich noch einmal,
weil für die weitere Arbeit auf Gesamtkonventebene daraus etwas zu gewinnen
ist: Wenn wir sehen, dass wir in konkreten Vollzugsbereichen jeweils zu viele
Ebenen übereinander haben, dass die Zuständigkeitsgebiete vielleicht zu
kleinräumig sind, dass man Bezirk, Land und Bundesebene übereinander stellt,
dann liegt es nahe, in allen diesen Kontexten über ein Modell nachzudenken, wie
man hier besser regional zusammenfassen kann. Die Regionalisierung bestimmter
Vollzugstätigkeiten ist ein europäischer, sehr moderner Gedanke, dem wäre
durchaus auch in unserem Lande etwas abzugewinnen. Das ist ein Gedanke, der
sich sowohl im Bereich der Sicherheitsverwaltung als auch im Bereich der
Schulverwaltung als auch im Bereich der Gesundheitsverwaltung anbietet, um
manches schlanker zu machen, als dies mit dem derzeit geltenden Baukastensystem
des Bezirks, der Länder und des Bundes möglich ist. - Danke schön.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke auch für diesen Diskussionsbeitrag. Als Letzte zum Bericht des
Ausschusses 6 Frau Dr. Glawischnig. Bitte um Ihre Wortmeldung.
Dr. Eva
Glawischnig : Danke, Herr Präsident. Letzte verbleibende
Mitglieder des Konventes!
Zuerst bin ich dafür,
dass wir eine Geschäftsordnungsfrage vielleicht noch einmal diskutieren
sollten. Diejenigen Mitglieder, die überhaupt nie bei einer einzigen
Konventsitzung, weder bei einer Ausschusssitzung noch bei einer Plenarsitzung
dabei sind, da bin ich eigentlich der Meinung, dass man ihnen zum Schluss das
Stimmrecht entziehen sollte. Vielleicht sollte man das noch diskutieren.
Jetzt zu den anderen
Fragen im Sinne Ihrer Zeitökonomie. Ich möchte zum letzten Ausschuss - zum
Fünferausschuss - eine kurze Bemerkung noch machen als Präsidiumsmitglied und
ich möchte zum vorliegenden Sechserausschuss und auch zum Achterausschuss zwei
Bemerkungen machen und alles zusammenfassen in eine Wortmeldung.
Zu den Kompetenzen
noch. Wir haben im Präsidium an und für sich eine sehr leidenschaftliche
Diskussion mit dem Vorsitzenden des Ausschusses 5, mit Herrn
Dr. Bußjäger geführt, dass man, um die historische Wahrheit auch noch
richtig zu stellen, sagen muss, dass es im Präsidium einen durchgehend sehr
viel bundesfreundlicheren Zugang zu der Kompetenzfrage gibt als im Ausschuss
selber. Überraschend war nur, dass einzelne Präsidiumsmitglieder in der
Öffentlichkeit eine andere Position vertreten. Aber im Präsidium selber war der
Wunsch, dass diese Vorschläge, die es in dieser Richtung gibt, dass die mehr
Beachtung finden. Das ist meiner Meinung nach bis jetzt ins Leere gelaufen im
Ausschuss 5. Besonders umstritten sind nach wie vor Konfliktfelder wie
eben Schulwesen, Umweltschutzwesen, diese Idee am Wasserrecht, Forstrecht und
Bergrecht, in die dritte Säule zu verlagern. Ich halte das sachlich einfach für
falsch. Ich würde bitten, dass dieser Wunsch des Präsidiums auch
dementsprechend noch einmal ernster genommen wird, dass man sich in dieser
Hinsicht noch einmal bemüht.
Auf die Frage, wie die
dritte Säule irgendwie funktionieren soll, da gibt es im Moment auch noch
keinen Konsens. Allerdings, die reine Ablehnung von einem Zwei-Säulen-Modell
ist meiner Meinung nach nicht sachlich begründet, sondern ist im Ausschuss so begründet worden,
dass das realpolitisch einfach keine Chance hat. Und das finde ich auch nicht
ganz fair, also, man möge es zumindest sachlich so begründen. Ich glaube, dass
es durchaus möglich ist, ein reines Zwei-Säulen-Modell auch zu machen und ich
sehe mich da durchaus auch mit anderen Konventsmitgliedern auf einer Linie.
Zum
Sechser-Ausschuss. Verwaltungsreform. Uns ist da ein besonderer Themenbereich
ein Anliegen, nämlich Partizipation. Und wir haben das im Zusammenhang mit dem
von der ÖVP vorgeschlagenen Textvorschlag, zum Effizienzgebot immer gesehen,
immer gekoppelt gesehen. Wir haben auch einen Textvorschlag gemacht, der diese
beiden Anliegen auch miteinander verknüpft, der da lautet, dass die Organe
Bund, Länder und Gemeinden Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit,
aber auch transparentes Handeln und grundsätzlich auch die Öffentlichkeit zu
beteiligen, haben.
Damit
sind wir durchaus auch in einer Tradition, die in vielerlei Dokumenten und
Richtlinien, Vorschlägen, auch der Europäischen Union, auch international, mit
Arhus Konvention, eigentlich schon vorgegeben ist, einen Weg der verstärkten
Transparenz und Partizipation, den man in Österreich durchaus auch noch weiter
gehen könnte, uns ein sehr wichtiges Anliegen. Wir sind in dem Ausschuss nicht
vertreten, deswegen bringe ich es auch hier noch einmal als Präsidiumsmitglied
deutlich vor.
Ich
möchte auch gleich noch zum Achterausschuss ein paar Bemerkungen machen. Der
Achterausschuss war uns auch immer sehr wichtig, aufgrund des gesamten
Themenkomplexes, parlamentarische Kontrolle, allerdings auf allen Ebenen. Das
betrifft nicht nur den Nationalrat in seiner Gesamtheit, sondern vor allem auch
Kontrollrechte auf Gemeindeebene und auf Landesebene.
Ich
hoffe, dass es hier noch auf politischer Ebene ein paar Annäherungen geben mag,
weil ich glaube, dass das auch eine wichtige Messlatte für den Konvent
insgesamt sein wird, inwieweit man durch Kontrolle die Qualität von
demokratischen Entscheidungen einfach verbessert. - Danke schön.
Stellvertretender Vorsitzender des
Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka : Danke vielmals für die
Wortmeldung zum Bericht des Ausschusses 6 und auch zu dem noch nicht
gehaltenen Bericht des Ausschusses 8. Wir sind damit am Ende der
Diskussion zu dem vorliegenden Bericht und kommen nun zum nächsten Ausschuss.
Das ist der Ausschuss Nummer 7 des Herrn Vorsitzenden Dr. Matzka. Ich
bitte um die Berichterstattung, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass die
vorgesehene Redezeit keine Mindest-, sondern eine Höchstredezeit ist.
Dr. Manfred Matzka : Danke, Herr Vorsitzender!
Zum
Bericht des Ausschusses 7 wiederhole ich nicht, was hier ohnedies schon einmal
gesagt wurde. Es wurde ein Bericht abgegeben, er wurde schriftlich vorgelegt
und ausführlich diskutiert. Er wurde in gewisser Weise noch ergänzt durch die
Arbeiten, die wir im gemeinsamen Arbeitskreis 6, 7 und in einer Sitzung
aufgrund eines Nachtragsmandates im Ausschuss 7 gemacht haben. Ich möchte daher
nur ganz kurz in Stichworten zusammenfassen.
Wo
haben wir Konsens erreicht und gefunden? Im Bereich der weisungsfreien Organe,
der Regulatoren und der Ausgliederung in folgenden Punkten: Eine Ermächtigung
des einfachen Bundes- und Landesgesetzgebers zur Einrichtung weisungsfreier
Verwaltungsorgane in definierten Materienbereichen. Das liegt im Text vor.
Zweiter
Punkt. Die Materienbereiche hiefür wurden ebenfalls definiert. Es gibt zwar
hier keinen Konsens bis ins letzte Detail jedes einzelnen Wortes, aber doch
einen Konsens über mehr als die Grundzüge. Und im Licht der
Ergänzungsdiskussion im Arbeitskreis 6 und 7 ist das fast vollständig
abgeschlossen, da sind wir ganz nah an einem vollständigen Konsens über einen
Text. Man braucht sich ja hier auch nicht auf jedes Wort bei dieser
Umschreibung der Ermächtigung einigen, um ein vernünftiges und tragfähiges
Konventergebnis abzuliefern. Ein Text mit zwei, drei kleineren Varianten, ist,
glaube ich, auch ein guter Text und ein gutes Ergebnis.
Dritter
Punkt. Die Integration eines Großteils der Art. 133 Z. 4 - Behörden und
überhaupt der weisungsfreien Behörden in eine künftige, verwaltungsgerichtliche
Struktur liegen im Text vor.
Vierter
Punkt. Eine Einbeziehung der Regelung über Regulatoren in die allgemeine
Regelung weisungsfreier Verwaltungseinrichtungen ist vorgeschlagen.
Auch
zur Einrichtung der parlamentarischen Kontrolle über das Handeln weisungsfreier
Organe gibt es einen Vorschlag im Konsens. Der Vorschlag verfolgt das Ziel,
jeden kontrollfreien Raum, jede Flucht aus der Kontrolle, durch
Weisungsfreistellung und Ausgliederung zu vermeiden.
Ein
sechster Punkt liegt vor, nämlich ein Bündel von Vorschlägen für die
einfachgesetzliche Ausgestaltung von Regulatoren und anderen weisungsfreien
Einrichtungen. Das ist auch verbunden mit einem prozessualen Vorschlag, den ich
für besonders wichtig halte: Nach dem Konvent geht die Welt weiter und es wird
Konventsergebnisse geben, an denen man dranbleiben soll, auch wenn sie nicht
unmittelbar für die Arbeit des Verfassungsausschusses im Nationalrat relevant
sind. Dies gilt etwa für den Vorschlag, zu den ausgegliederten Einrichtungen
ein Weißbuch zu erarbeiten, für Bund, Länder und Gemeinden eine Grundstruktur
einer besonderen GesmbH-Form für die ausgegliederten Töchter der
Gebietskörperschaften zu erarbeiten, ein Baukastensystem zu entwickeln, mit dem
der Gesetzgeber dann sehr viel leichter basteln kann, als in der Vergangenheit.
Eines der wichtigsten Ergebnisse der
Arbeit ist neben den Textvorschlägen auch der Umstand, dass wir dieses Feld von
Ausgliederung, Ausprivatisierung, Weisungsfreistellung, Unabhängigkeit,
Selbstverwaltung durchforstet haben und hier eine gewisse Systematik finden
konnten, auf der sich, glaube ich, legistisch leichter aufbauen lässt.
Zweiter
Bereich, Privatwirtschaftsverwaltung. Was haben wir hier konsentieren
können?
Beibehaltung
der derzeitigen Kompetenzlage. Beibehaltung der derzeitigen Legalitätsbindung
des Artikel 18 B-VG für die Privatwirtschaftsverwaltung. Ja zu einer
Grundrechtsbindung der Privatwirtschaftsverwaltung. Und da haben wir auch dazu
gesagt, was das heißen kann, wie weit sie gehen kann, wo das derzeitige System
sinnvoll reformierbar ist und wo man sich nicht zu viel zu erwarten haben wird.
Der
vierte Punkt hier betrifft die Intensivierung des Zusammenwirkens und der
Koordination der Gebietskörperschaften in der Privatwirtschaftsverwaltung und
der fünfte Punkt ist die Effektuierung der Kontrolle in diesem Feld. Das ist
vielleicht ein etwas konservatives Ergebnis, da geht es nicht in neue Welten
hinein, aber auch dazu den Konsens gefunden zu haben, ist ein Wert.
Dritter
Bereich, die Selbstverwaltung. Die Verankerung der nicht territorialen
Selbstverwaltung in der Verfassung liegt im Text vor. Die wesentlichen Elemente
für diese Selbstverwaltungskörper liegen im Text vor, ein Katalog der
Einrichtungen, die man jedenfalls als Selbstverwaltungskörper gestaltet haben
will, liegt vor und die Verankerung der Sozialpartnerschaft im Rahmen des
Staatszielekataloges ist ebenfalls empfohlen. Vielleicht kann man hier noch aus
dem Ausschuss 3 einen Gedanken zu den Universitäten gewinnen und sie
einbeziehen in den Katalog der Selbstverwaltungseinrichtungen. Das wäre nicht
so unvernünftig.
Als
Fleißaufgabe hat der Ausschuss dann noch einen Textvorschlag für eine radikale,
textliche Vereinfachung der Regelung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes bei
der Kontrolle Ausgegliederter und bei der Kontrolle Privatwirtschaftsverwaltung
abgeliefert.
Es
gibt auch Dissenspunkte: Die Verpflichtung der Regulatoren zur Bedachtnahme auf
die allgemeinen Grundsätze der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und
eine Leistungsgarantie des Staates ist nicht im Konsens erarbeitbar gewesen.
Eine
ausdrückliche Ermächtigung von Rechtsträgern, unbegrenzt außerhalb der
Verwaltung Verwaltungsaufgaben wahrnehmen zu können, ist nicht durchzubringen
und hat keinen Konsens gefunden. Eine deutliche Erweiterung der Zuständigkeit
der Volksanwaltschaft fand ebenfalls keinen Konsens. Die Verankerung
staatlicher Leistungspflichten und die Verankerung der
Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper in der Verfassung sah
ebenfalls keinen Konsens. Aber da ist vielleicht einiges enthalten, was man
gegeneinander abtauschen kann.
Ich
komme damit zum letzten Teil meiner Wortmeldung, nämlich zur Einschätzung
dessen, wie es weitergehen kann, aufbauend auf dem, was wir im Arbeitsausschuss
erreicht haben. Es gibt, so glaube ich, eine im Ausschuss sehr klar
herausgekommene neoliberale Position, die sagt, wir wollen dem einfachen
Gesetzgeber jedwede Freiheit geben, auszugliedern, auszulagern, weisungsfrei zu
stellen, sich außerhalb der staatlichen, traditionellen Organisationsstruktur
zu bewegen. Diese Position ist sehr klar, sie ist nachvollziehbar, sie findet
aber keine Mehrheit, und wird sie nie finden. Wer immer diese Position
vertritt, muss wahrscheinlich versuchen, mit einem Kompromiss zu leben,
zurückzugehen und zu schauen, wo er eine Ebene findet, die für alle akzeptabel
ist.
Es gibt eine zweite, sehr grundsätzliche
Position, die von sozialdemokratischer Seite kommt, und sagt: Man muss das
Recht der Menschen auf staatliche Versorgungsleistungen klar und deutlich
positivieren und fixieren. Auch diese Position ist in 100-prozentiger Klarheit
offenbar nicht durchzubringen. Auch hier wird es Kompromissmöglichkeiten geben,
vielleicht kann man die beiden Dinge auf der nächsten Ebene aufeinander zu
bewegen. Eine gewisse Verankerung staatlicher Leistungspflichten ist mit
Sicherheit ebenso drin, wie eine gewisse Freiheit des einfachen Gesetzgebers
auszugliedern und auszulagern. Und in derselben Weise kann man sich wahrscheinlich
durch Kompromisse und gegenseitigen Abtausch bei den Grenzen der
Weisungsfreistellung und bei den Grenzen der ausgliederungsfesten Bereiche auf
ein Ergebnis zubewegen.
Schlussendlich könnte man auch noch auf
der Basis der Arbeiten des Ausschusses 7 daran denken, im Abschlussbericht des
Konvents neben dem Abliefern eines Verfassungstextes, neben dem Abliefern eines
Erläuterungsteils, auch noch zu tun, was ich vorher angedeutet habe, nämlich
eine Liste konkreter Projektaufträge für die weiterführende Arbeit abzuliefern,
in der man sagt: auf der untergesetzlichen Ebene könnte man das machen, auf der
politischen Ebene dieses, auf der Planungsebene das. Es gibt da wohl viele
Arbeiten, die man im Konsens als notwendig angesehen hat, die aber nicht auf der
Ebene der Verfassungslegistik liegen.
Letzte
kurze Bemerkung in Richtung der Sparmeister, in Richtung des Effizienzprinzips
und in Richtung Medien. Es wird immer gefragt: Was bringt denn das, was wir
hier ausgedacht haben und vorschlagen, in Geld umgerechnet. Wenn man die
Vorschläge des Ausschusses 7 ungeschickt umsetzt, bringt das überhaupt nichts.
Das ist aber zumeist so bei Reformvorschlägen. Wenn man die Vorschläge des Ausschusses 7 aber geschickt umsetzt,
kostenbewusst umsetzt, mit Mut umsetzt und zum Beispiel auf viele lieb
gewordene Kollegialbehörden wirklich verzichtet, ist ein namhafter Betrag an
Einsparungen möglich. Ich erspare es mir, auf Größenordnungen einzugehen, aber
es wird ein namhafter Betrag sein.
Wenn
man es schafft, einen unkontrollierten Wildwuchs bei den Strukturen und damit
auch bei den Ausgaben ausgegliederter Einrichtungen dadurch zu stoppen, dass
man hier vereinheitlicht, dass man die Kontrolle verbessert, sind ebenfalls
namhafte Einsparungsbeträge drin. Und wenn man Effizienzkriterien vor allem in
den Bereichen einer sehr gut selbst verwalteten Sozialversicherung, in
Bereichen der Gesundheitseinrichtungen, im Bereich der Regulatoren und im
Bereich der Fördervergaben angeht, sind ebenfalls namhafte Beträge drin. Das
wird den Staat insgesamt nicht sanieren, aber ist jedenfalls ein Vielfaches
dessen, was die Arbeit im Ausschuss 7 gekostet hat. - Ich danke.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals. Ich bedanke mich auch für das Zeitbewusstsein. Wir haben zwei
Redner zu diesem Tagesordnungspunkt. Als ersten Dr. Hanreich.
Dr.
Hans-Peter Hanreich : Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte
Damen und Herren!
Vergleichbar zum kurzen
und gerafften Bericht des Ausschutzvorsitzenden Sektionschef Matzka auch nur
eine kurze Bemerkung von mir. Der Ausschuss 7 - und das haben wir gerade gehört
- hat zu vielen Themen Konsens erzielt. Dazu gehört auch die Ausarbeitung eines
überzeugenden Vorschlages zur verfassungsrechtlichen Verankerung der
nicht-territorialen Selbstverwaltung. Der Ausschuss hat damit der Bedeutung
dieser Selbstverwaltungskörper der Wirtschaft, der Arbeitnehmer, der Land- und
Forstwirtschaft, der Studierenden und der freien Berufe Rechnung getragen. Diese
Selbstverwaltungskörperschaften sorgen, wie Sie alle wissen, für einen
Ausgleich innerhalb der von Ihnen zu vertretenden Interessen, fokussieren
diese, sind kompetente Ansprechpartner und tragen gerade dadurch ganz
wesentlich zum Funktionieren des politischen Prozesses in Österreich bei. Ich
glaube, dass gerade heute, wenn vielfach gewürdigt wurde, dass die
Sozialpartner einen Vorschlag zu den sozialen Grundrechten gemacht haben, dies
eine Gelegenheit ist, auf Selbstverwaltungskörperschaften positiv hinzuweisen.
Die Wirtschaftskammer
Österreich meint daher, dass auf Grund der Bedeutung der nicht-territorialen
Selbstverwaltung der im Ausschusses 7 erzielte Konsens unbedingt beizuhalten
ist. Wir meinen auch, dass die Verankerung der sozialen Selbstverwaltung in der
Verfassung notwendig ist. Die selbstverwaltete öffentlich-rechtliche
Sozialversicherung hat sich bewährt. Auch deshalb haben sich die Sozialpartner
bei ihren Verhandlungen um soziale Grundrechte darauf verständigt, dass in
diese Grundrechte eine Bestimmung aufgenommen werden soll, dass der Staat das
Recht auf soziale Sicherheit zu gewährleisten hat. Zu verwirklichen ist dies
nach unseren Vorstellungen durch die Einrichtung einer selbstverwalteten
öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung, die in Fällen wie insbesondere
denen der Krankheit und des Alters eine angemessene Versorgung sicherstellt. So
bildet sich für uns ein Bogen zwischen den Verhandlungen des Ausschusses 4 zum
Ausschuss 7, der von einem weitgehenden Konsens getragen werden sollte. -
Danke.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals. Als Nächste und gleichzeitig Letzte zu diesem Bericht Frau Mag. Ettl.
Mag. Johanna Ettl : Zunächst möchte ich darauf hinweisen,
dass im Hinblick auf eine verfassungsrechtliche Regelung der so genannten
nicht-territorialen Selbstverwaltung schon zu Beginn dieses Jahres nicht
zuletzt im Hinblick auch auf die positiven Reaktionen im Konvent vom 5. März
dieses Jahres weitgehend Konsens erzielen werden konnte. Der nochmalige Auftrag
des Präsidiums in Hinblick auf weitere Optionen nach Maßgabe des ergänzenden
Mandats waren daher für uns nicht ganz nachvollziehbar. Es wird daher auch
niemanden überrascht haben, dass der wohl überlegte Konsens durch die
Mitglieder des Ausschusses 7 nochmals einhellig bekräftigt wurde. Nach unserem
Dafürhalten wäre es für die Arbeitsweise des Konvents höchst abträglich in
seiner mittlerweile erreichten Endphase, alles wieder von Neuem diskutieren zu
wollen.
Daher
möchte ich mich vornehmlich auf einen entscheidenden Punkt im Rahmen der
nicht-territorialen Selbstverwaltung beziehen, der unserem Vernehmen nach noch
immer Gegenstand spürbarer Auffassungsunterschiede ist. Ich spreche von der
verfassungsrechtlichen Verankerung der sozialen Selbstverwaltung. Warum treten
wir so entschieden für die soziale Selbstverwaltung ein? Die Selbstverwaltung
verbindet mehrere Prinzipien, welche die sozialstaatliche Verfasstheit unserer
Republik kennzeichnen. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Prinzipien der
Solidarität und der Subsidiarität. So integriert sie den Gedanken des Schutzes
für sozial Schwächere mit einer sinnvollen Aufgabenverteilung zwischen privater
und staatlicher Atmosphäre. Sie versinnbildlicht nicht nur ein Anliegen des
Konvents, effiziente und bürgernahe Entscheidungsstrukturen zu bewirken,
sondern überdies - und korrigieren Sie mich, wenn ich mich täuschen sollte -
den sozialstaatlichen Grundkonsens der Zweiten Republik.
Eine
verfassungsrechtlich abgesicherte soziale Selbstverwaltung ist schließlich
nicht nur Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land. Dies
sollte und müsste auch Anliegen der weit überwiegenden Mehrheit des Konvents
sein. In diesem Zusammenhang möchte ich auch insbesondere an das klare
Bekenntnis des Herrn Bundeskanzlers zur Selbstverwaltung in der
Sozialversicherung erinnern, das er anlässlich des letzten ÖGB-Kongresses zum
Ausdruck gebracht hat. „Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe nach wie vor
davon aus, dass in dieser wichtigen Frage der österreichischen Sozialverfassung
ein Konsens zu finden sein wird. Es handelt sich jedenfalls für uns um eine
Frage von großer Wichtigkeit.“
Gestatten
Sie mir noch eine ergänzende Bemerkung zu den Worten des Ausschussvorsitzenden
Matzka, dass Sparmöglichkeiten
überall bestehen. Ich möchte nur eines in diesem Kreise anführen. Das
amerikanische System der Sozialversicherung - und ich nehme einen wichtigen
Teil dieses Systems heraus, nämlich die Kosten des Systems der Krankenversicherung
in den Vereinigten Staaten: diese betragen mehr als 13 Prozent des dortigen
Bruttonationalproduktes. Allerdings mit dem Problem, dass jeder sechste
US-Amerikaner nicht krankenversichert ist, die Ausgaben für das österreichische
System der Krankenversicherung belaufen sich auf etwas mehr als 8% des Brutto-Inlandsproduktes und das
sollten wir bei allen Effizienzüberlegungen immer im Hinterkopf behalten. Ich
danke Ihnen.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals. Das war die Berichterstattung und die Diskussion zum Ausschuss
Nummer 7. Wir kommen nun zum Ausschuss Nummer 8 - Demokratische Kontrolle
- und da darf ich den
stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Prof. Herwig Hösele, um seinen Bericht
ersuchen.
Herwig
Hösele : Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Es liegt Ihnen in
schriftlicher Form der mündliche Bericht der Vorsitzenden vor, deswegen werde
ich Ihnen den nicht en detail geben, weil ich mich nicht für die Queen halte,
die Thronreden an sich verlesen soll und das soll aber auch im Sinne der
Zeiteffizienz - bitte - aber das würde ich doch nicht für mich in Anspruch
nehmen wollen.
Aber er ist sehr gut
gestaltet und wir sind das auch am Donnerstag durchgegangen, nur wollte ich das
Ihnen und uns ersparen. Wir haben insgesamt 11 Sitzungen gehabt, 8 unter dem
Vorsitz des Herrn Volksanwaltes, damals ist am 25. Juni ein umfassender Bericht
hier im Plenum diskutiert worden, der in weiterer Hinsicht zu unterstreichen
ist. Ich werde dann einige Petitessen dazu sagen, drei Sitzungen auf Grund des
Ergänzungsmandates haben im Herbst bereits stattgefunden; wir hoffen, dass
unter Vorsitz der Frau Präsidentin Prammer wir am Donnerstag, trotz der
Nationalratssondersitzung am Nachmittag, zu einer finalen Diskussion kommen
werden. Es hat sowohl in den acht Sitzungen unter Vorsitz des Herrn
Volksanwaltes als auch in den drei Sitzungen unter Vorsitz der Frau Präsidentin
ein sehr konstruktives Klima geherrscht, trotz des geringen Konsenses, der
insgesamt erzielt werden konnte. Wir haben in vielen Dingen consent-dissent
gehabt, in vielen Kontrollfragen, auf die ich im Detail noch eingehen werde.
Einige wichtige
Grundsätze konnten allerdings wirklich außer Streit gestellt werden, das hat
damals auch der Herr Volksanwalt hier berichtet im Grundsatz, wobei auch da in
der verfassungsmäßigen Formulierung das eine oder andere auch alternativ zu
überlegen ist. Als ein wichtiges Signal für Transparenz und Bürgerorientierung
ist die angestrebte Priorität der Auskunftspflicht vor der Amtsverschwiegenheit
zu sehen und eine neue Normierung im Artikel 20 B-VG.
Zweiter wichtiger
Konsens, der besteht, ist, dass im Interesse der politisch aktiven Bürgerinnen
und Bürger unserer Republik Volksbegehren mit dem Ende einer Legislaturperiode
im Gegensatz zu bisher in Hinkunft nicht mehr verfallen sollen, sondern auch
von einem neu gewählten Nationalrat weiter beraten werden müssen. Der Ausschuss
3 unter Vorsitz von Prof. Holzinger hat dazu auch einen Formulierungsvorschlag
erstellt, über den wir auch in unserem Ausschuss debattieren und, wie ich
hoffe, Konsens erzielen werden. Wir haben im Ergänzungsmandat und das ist auch
aufgeführt, erstens Rechte der Parlamente aufgetragen bekommen. Unter diesem Ergänzungsmandat
nicht enthalten war, die in den letzten Tagen wieder verständlicherweise
verstärkt in öffentlicher Diskussion stehende Frage der Untersuchungsausschüsse
und der Frage, mit welchen Quoren Untersuchungsausschüsse eingesetzt werden
können. Das ist schon im ersten Bericht dargestellt worden, dass es hier
Dissens gibt, hier ist, wir debattieren die Frage der Informationspflicht des
Regierungsmitgliedes, das so weit zu reichen hat, wie seine Informationsrechte,
auch hier ist die konkrete verfassungsrechtliche Ausformung offen.
Die Frage der
besonderen Kontrolle von Ministerentscheidungen in eigener Sache, wir haben
hiezu eine international rechtsvergleichende Studie beim Europäischen Zentrum
für parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation und am Max Planck Institut
Heidelberg angefordert, die Studien sind allerdings noch nicht eingelangt.
Weitere Frage ist die Frage der Kontrollrechte der Landtage, ob
Mindestkontrollstandards im Bundesverfassungsgesetz normiert werden sollen.
Auch hier gibt es bedauerlicherweise nur über Dissens zu berichten. Bei der
Amtsverschwiegenheit oberster Vollzugsorgane gegenüber ihrem allgemeinen
Vertretungskörper allerdings besteht insofern Konsens, dass das
Redaktionsversehen der Verfassung 29 selbstverständlich geändert werden sollte.
Leider auch ein Dissens
über die Immunität, nicht in der generellen Immunitätsfrage, sondern in der
speziellen Frage, ob das den Landtagen vorbehalten sein soll, im Sinne der
Verfassungsautonomie der Länder oder nicht, hier hat eine Umfrage der
Verbindungsstelle unter den Bundesländer ergeben, dass es hier keine
einheitliche Meinung der Bundesländer gibt, also auch hier wollten wir einen
Textvorschlag der akkordierten Textvorschlag der Bundesländer, was leider nicht
gelungen ist.
Langer Diskussionsbereich
war in der ersten Beratungsrunde die Frage der Immunität, damals des
Bundespräsidenten/der Bundespräsidentin. Nach der Wahl des Herrn
Bundespräsidenten haben wir uns neuerdings mit dieser Frage beschäftigt. Wir
haben bezugnehmend aber auf seinen Brief vom 12.8. an das Konventspräsidium und
bezugnehmend darauf, dass uns die öffentlichen Aussagen auch des Herrn
Nationalratspräsidenten sehr bewusst sind, dass dort Veränderungen nur im
Einvernehmen mit dem Herrn Bundespräsidenten vorgenommen werden sollen,
eigentlich, nachdem der Herr Bundespräsident in diesem Brief in dieser Hinsicht
keinen Wunsch geäußert hat. Ganz im Gegenteil: Zu der Frage der Einberufung von
Nationalratstagungen wurde vorläufig die Meinung geäußert, dass kein
Handlungsbedarf besteht; wir werden aber dem Präsidiumsauftrag nachkommen,
einen Textvorschlag vorzulegen.
Wir haben nochmals
beraten in Anwesenheit des Herrn Konventspräsidenten und
Rechnungshofpräsidenten außer Dienst und in Anwesenheit unseres
Ausschussmitgliedes und neuen Rechnungshofpräsidenten die Fragen des gesamten
fünften Hauptstückes, wo der neue Herr Rechnungshofpräsident ein sehr
interessantes Textdokument auch vorgelegt hat, im Sinne einer wesentlichen
Vereinfachung. Wir sind dort leider auch noch zu keinem Konsens gekommen, aber
da sind sehr viele Fragestellungen gewesen, die sehr plausibel erschienen sind,
wo ich hoffe, dass wir in der Endredaktion zu einem Ergebnis kommen werden, zu
einem konsensualen Ergebnis kommen werden.
Nicht unser Thema war
jetzt im Ergänzungsmandat die Frage des Bestellungsmodus des
Rechnungshofpräsidenten und/oder die Frage der Wiedereinführung des
Vizepräsidenten. Das haben wir schon im ersten Durchgang gehabt, wobei dort die
überwiegende Meinung war, dass auf Grund der Zuständigkeit des Rechnungshofes
auch für die Länder und für Gemeinden über 20.000 Einwohner, auch hier - zu dem
Thema komme ich dann noch - durchaus eine Mitwirkungsmöglichkeit des
Bundesrates entweder im Wege der Bundesversammlung oder in einem geteilten
Wahlvorgang möglich sein sollte.
Keinen Konsens konnten
wir allerdings erzielen, auch nach langer Diskussion, ob Gemeinden unter 20.000
Einwohnern auch einer obligatorischen Rechnungshofprüfung unterzogen werden
sollten, trotz vieler sehr plausibel erscheinender Pro-Argumente ist die
Meinung einer beachtlichen Gruppe innerhalb des Ausschusses, dass das in der
Frage der Problematik durch Doppelprüfungen und zweitens in der Frage der
Gemeindeautonomie sozusagen eine contradictio wäre. Ein sehr schmerzhaftes
Problem aus der Sicht des Ausschusses stellt das Spannungsverhältnis
Einkommensbericht und VfGH-Judikatur dar, weil wir prinzipiell der Meinung
konsensual waren, dass ein Einkommensbericht sehr sinnvoll wäre, dass aber die
verfassungsrechtlichen Grundlagen dafür aufgrund der diversen Sprüche sehr
schwierig zu schaffen seien.
Weiteres Thema:
Volksanwaltschaft. Uns war aufgetragen die Frage, wie eine Nachwahlregelung
aussehen sollte, für den Fall, dass in laufender Zeit ein Volksanwalt
ausscheidet und möglicherweise die politische Gruppierung, die in diesem
Augenblick im Ursprung nominierungsberechtigt gewesen wäre, in diesem
Augenblick nicht mehr nominierungsberechtigt ist. Auch hier konnten wir
bedauerlicherweise keinen Konsens erzielen, so wie in der uns im
Ergänzungsmandat nicht mehr aufgetragenen Frage, wie insgesamt eine Abberufung
mit welcher Mehrheit, und ob eine Abberufung und mit welcher Mehrheit erfolgen
werden sollte, und welche Zahl die Volksanwaltschaft insgesamt an
stellvertretenden Volksanwälten beinhalten sollte. Es werden aber, dem Mandat
entsprechend, verschiedene Textvorschläge ausgearbeitet.
Die Frage der
Amtsverschwiegenheit habe ich schon angesprochen: Priorität für die
Auskunftspflicht, auch hier wird es unterschiedliche Verfassungstextvorschläge
geben.
Instrumente der
direkten Demokratie - auch schon
angesprochen. Selbstverständlich nicht hier Unterbrechung der Diskontinuität
und selbstverständlich Nichtverfallbarkeit von nicht fertig beratenen
Volksbegehren.
Zwei Themen, die auch
noch offen sind, die Frage der Abwahlmöglichkeit für direkt gewählte
Bürgermeister, stellt sich als sehr schwierig zu behandelndes Thema dar, weil
ja ein vom Volk gewählter direkter Bürgermeister nicht mit einer
Gemeinderatsmehrheit, noch dazu einfacher Natur, abgewählt werden sollte. Das
ist eine Position. Eine andere Position ist: Auch mit einer
Zwei-Drittel-Mehrheit sollte er nicht abgewählt werden. In dieser Frage wird es
Textvorschläge geben, aber auch hier werden sie unterschiedlicher Natur sein.
Offen ist auch noch die
Frage des Rechts der Bundesregierung, eine Vorabentscheidung des
Verfassungsgerichtshofes zu beantragen, ob ein konkretes Gesetzesvorhaben einer
obligatorischen Volksabstimmung zuzuführen wäre, und gleichzeitig die Frage, ob
auch dem Bundespräsidenten ein solches Recht der Vorabentscheidung vor
Beurkundung des Gesetzes durch ihn ermöglicht werden sollte. Auch hier ist der
Diskussionspunkt offen. Ich glaube aber, dass wir insgesamt für den Endspurt
der Beratungen im Präsidium und Plenum brauchbare Entscheidungsalternativen
vorlegen konnten.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals, Herr Vorsitzender, für diesen Bericht der Arbeit des
Ausschusses Nummer acht. Ich habe insgesamt zwei Wortmeldungen hiezu. Das ist
Bundesrat Konecny und Dr. Poier. - Bitte, Herr Bundesrat.
Albrecht
Konecny : Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich darf mich zunächst
für den sehr umfassenden und sehr detailliert die schwierige Meinungsbildung im
Ausschuss wiedergebende Berichterstattung durch den Kollegen Hösele bedanken.
Es ist, glaube ich, sehr deutlich geworden, wie schwer wir uns tun, Standpunkte
hinter denen - das soll man überhaupt nicht verheimlichen - auch ein gutes Stück
politisches Interesse steht, auf einen verfassungsrechtlich tragbaren Nenner zu
bringen. Das ist ja nichts Illegitimes.
Ich will zwei dieser
Themen hier kurz herausgreifen und dazu etwas inhaltlich sagen.
Das eine ist das Thema
der parlamentarischen, also in dem Fall Nationalratsuntersuchungsausschüsse.
Wenn dieses Instrument jenen Sinn entfalten soll - und ich bekenne mich dazu -,
dann ist das natürlich ein Instrument der Kritik an einer Regierung, und zwar
an jedweder Regierung, und nicht ein Instrument des Absingens von Lobeshymnen.
Wenn dem so ist, dann handelt es sich ganz offensichtlich um ein Primärrecht,
das eine Opposition haben muss. Dass dabei jede Menge an Behinderung
überschießender Oppositionsinitiative eingebaut werden kann und muss, ist klar.
Über die Zahl der Untersuchungsausschüsse, die gleichzeitig laufen, solche
Bestimmungen haben wir ja derzeit auch. Aber es handelt sich, wenn dieses
Instrument seinen eigentlichen Zweck erfüllen soll, um etwas, was primäres
Interesse und wohl auch Recht der Opposition - und ich sage leicht schmunzelnd
dazu, keineswegs nur der heutigen Opposition - sein muss und sein soll. Ich
halte es nicht für richtig, dass man, das ist heute in der öffentlichen Debatte
gesagt worden, das ausschließlich in der Geschäftsordnung des Nationalrates zu
fixieren hat. Wenn ich Grundsätze der Kontrolle in der Bundesverfassung
verankert haben will, dann muss ich wohl auch dieses Recht verankern.
Das Zweite, worauf ich
kurz eingehen will, ist die schwierige Diskussion über die Zusammensetzung der
Leitung des Rechnungshofes einerseits und der Volksanwaltschaft andererseits.
Ich habe ein gewisses Problem damit, ein seit einigen Jahren bewährtes Prinzip,
dass die Volksanwaltschaft, die sich aus den Mitgliedern der größten politischen
Gruppen des Parlaments aus ihren Reihen gewählten Vertretern zusammensetzt, so
infrage zu stellen, wie das jetzt geschieht. Dieses Rednerpult, das mir
vertrauter ist als den meisten, Sie ausgenommen natürlich, Herr Kollege,
verleitet mich zu einer leicht polemischen Bemerkung: Also, wenn ich eine
Verfassungsreform unter dem Gesichtspunkt vorschlagen soll, dass jede Funktion,
deren derzeitiger Amtsinhaber mir nicht gefällt, abgeschafft wird, wird das
eine sehr kurze Verfassung.
Aber ich glaube, dass
dieser Grundsatz auch bei der Volksanwaltschaft nicht Platz greifen sollte. Ich
glaube, dass diese Institution, die sich bewährt hat, von der kollegialen
Führung mit wechselndem Vorsitz durchaus profitiert hat, und das in einer Art
und Weise, wo ich eher dazu geneigt bin, dieses Modell als Vorbild für andere
Bereiche zu sehen, denn es im Sinn einer monokratischen Einrichtung wieder
abzuschaffen.
Ich halte diesen, nicht
bei uns diskutierten, aber durch öffentlichen Zuruf in die Debatte geworfenen
Vorschlag nicht wirklich für zielführend. Erwägenswert ist es, Abberufungen in
jedweder Funktion zu ermöglichen, wobei der Grundsatz klar sein muss, dass die
abberufende Mehrheit nicht mit der wählenden Mehrheit identisch sein kann.
Damit wäre der Beseitigung von Kontrolle natürlich Tür und Tor geöffnet. Wenn
eine einfache Mehrheit jemanden wählen kann, dann kann nicht die Nächste in der
Zwischenzeit wechselnde einfache Mehrheit, den auch wieder widerspruchslos
abberufen können. Das muss schwer wiegende Gründe haben, die auch ein höheres
Quorum in den betreffenden Gremien nach sich ziehen. Ich halte mich an das
Licht und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals. Wir sind damit fertig geworden mit der Diskussion zum Bericht
des Ausschusses... Verzeihen Sie, ich habe auf die falsche Liste geschaut ... die ich, ich habe Ihnen weder im
Ausschuss das Wort vorenthalten, noch will ich das im Plenum Herr Doktor. Ich
bitte um Verzeihung und bitte Sie um die Wortmeldung.
Dr.
Klaus Poier : Danke Herr Vorsitzender! Meine Damen und
Herren!
Es wurde schon
angesprochen, der Ausschuss 8 ist ein sehr schwieriger Ausschuss. Nicht
atmosphärisch, sondern eben inhaltlich-politisch. Es gibt sehr große Gräben
zwischen den inhaltlichen Standpunkten. Man kann vielleicht sagen: die einen
sehen die Dinge deutlich aus der Regierungsbrille; betonen Effektivität und
Effizienz; überbetonen diese vielleicht; und erwecken auch immer wieder den Anschein,
davon auszugehen, dass sie nie mehr in Opposition sein werden.
Die anderen wiederum
sehen die Dinge drastisch aus der Oppositionsbrille; betonen Kontrolle und
Mitbestimmung; überbetonen diese vielleicht; und erwecken immer wieder den
Anschein, davon auszugehen, immer in Opposition zu bleiben.
Diesen Gordischen
Knoten können wir im Ausschuss nicht lösen; da ist wiederum das Präsidium
gefordert, und ich hoffe sehr, dass es durch Kompromisse und sicherlich auch
Tauschgeschäfte auch in den Fragen des Ausschusses 8 zu Lösungen kommen wird.
Als jemand, der im
Rahmen des Länderkontingents in den Österreich-Konvent nominiert wurde, möchte
ich zwei Punkte ansprechen, die die Rechte der Länder betreffen.
Einerseits bin ich
nicht glücklich mit den immer wieder im Ausschuss flächendeckend geforderten so
genannten Mindeststandards für die Regelungen der Landesverfassung in der
Bundesverfassung. Denn solche würden zu einer sehr weitgehenden Einschränkung
der Landesverfassungsautonomie führen, und diese sollte ja gerade in Fragen der
Organisationsgestaltung weitgehend groß sein. Auch im Vergleich zu anderen
Bundesstaaten ist die Autonomie ja bisher schon sehr eingeschränkt.
Andererseits sind aber
die Kontroll- und Mitbestimmungsrechte in den Ländern ohnedies weit stärker
ausgebaut als in der Bundesverfassung. Ich denke etwa an den
Untersuchungsausschuss, der in einigen Bundesländern - etwa auch in der
Steiermark - ein Minderheitenrecht ist. Und deshalb sind Formulierungen
für die Bundesverfassung wie etwa „die Landesverfassungen haben Kontrollrechte
des Landtages gegenüber der Landesregierung vorzusehen“ zwar keine
Einschränkung der Landesverfassungsautonomie, aber letztlich eine Demütigung
für die Länder, die diese Rechte ohnedies in großer Zahl vorsehen.
Und ein zweiter Punkt
zu Rechnungshof und Volksanwaltschaft. Beide Institutionen werden auch
funktionell als Länderorgane tätig; der Rechnungshof auf jeden Fall und die
Volksanwaltschaft in den meisten Ländern. Deshalb sollte man auch vorsehen,
dass die Länder in irgendeiner Form bei der Bestellung der Organe dieser
Institutionen mitwirken. Und da wäre es ein gangbarer Weg, dass jeweils die
Vorsitzenden oder Präsidenten vom Nationalrat und deren Stellvertreter vom
Bundesrat bestimmt werden.
Freilich kann man sich
auch andere Organisationsmodelle vorstellen, aber man sollte dann immer auch im
Auge behalten, wie eine effektive Mitwirkung der Länder bei der Bestellung
dieser Organe verwirklicht werden kann. - Danke sehr.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals. Aber damit sind wir am Ende der Diskussion zu dem Ausschuss 8
angelangt, das ich verfrüht enunziert habe und komme nun als Letztes zum
Bericht des Ausschusses 9. Ich darf daran erinnern, dass der Ausschuss 10 schon
vorab erledigt worden ist.
Ich bitte Herrn
Professor Haller, den Bericht seines Ausschusses zu erstatten.
Dr.
Herbert Haller : Danke, Herr Vorsitzender. Meine Damen und
Herren! Wenn man in Gefahr kommt, zu lange zu reden, würde dann der Dank nicht
mehr abgestattet werden können. Deshalb darf ich all denen danken, die im
Ausschuss die Knochenarbeit der Textformulierung geleistet haben. Ich darf nur
die Namen nennen: Grabenwarter, Holzinger, Jabloner, Schnitzer, Stoisits und unser
Mitarbeiter Doktor Schernthaner.
Ich darf danken für die
internen Koordinationen, die stattgefunden haben, etwa wenn die drei
Höchstgerichtspräsidenten sich zusammengefunden haben oder wenn zwischen den
Ländervertretern - Direktor Lengheimer aus Niederösterreich und
Gemeinderat Stürzenbecher aus Wien - Koordinationen zum Wohle des
Ergebnisses stattgefunden haben.
Wir haben eine
Arbeitsweise gepflogen, die von zwei „Fraktionen“ gekennzeichnet war: Den
Realisten, die fürchten, durch aus ihrer Sicht utopische Forderungen die
Fortschritte zu gefährden und den Utopisten, die meinen, ohne Utopien würde man
das Realistische nie erreichen können.
Wir haben also in
dieselbe Richtung der Rechtsstaatlichkeit gearbeitet, nur haben wir gemeint, es
eben unterschiedlich machen zu sollen.
Es ist uns die Ehre
widerfahren, dass Herr Dozent Rechtsanwalt Doktor Noll sogar ein Buch
über unseren Zwischenbericht geschrieben hat und nicht einmal so negativ,
sondern etliche Partien sehr positiv beurteilt hat. Er hat aber immer ein
„Mehr“ gefordert, also noch „Mehr“.
Jetzt ist das von der
Zeit her begrenzt, ein wenig auch dadruch, dass ich heute erst Dinge gehört
habe, die wir noch besprechen müssen oder dass wir uns ab und zu geärgert
haben, wenn die Politik gesagt hat, was sein muss, ohne auf unseren natürlich
wohl erwogenen Rat und unsere Argumente zu warten. Aber so ist es nun einmal.
Ich komme zu unserem
Konsens. Wir haben uns geeinigt: Konsens auf eine Revolution. Ich glaube, dass
die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz in Österreich
revolutionär ist. Eine Verwaltungsinstanz, eine verwaltungsgerichtliche Instanz
und dann Verfassungs-, Verwaltungsgerichtshof. Ein Bundesverwaltungsgericht,
neun Landesverwaltungsgerichte. Der UBAS, die UVS und eine Vielzahl von
Sonderbehörden würden hier aufgehen. Ein einheitliches Verfahren, eine
Besetzung ähnlich der, wie sie bei den Richtern der Fall ist; ein Vorschlagsrecht
des Verwaltungsgerichts nicht bindend für die Landesregierung.
Es ist eine Vielzahl
von Problemen dabei noch zu lösen - Sie finden das im Text. Auch
Sonderverwaltungsgerichte, etwa ein Bundesfinanzgericht beim Bund, oder etwa
die Überführung der Bauoberbehörde in Wien als eine Möglichkeit neben dem
Verwaltungsgericht im Lande Wien. Das ist konsentiert, ein Schritt in Richtung
Rechtsstaatlichkeit, ein Schritt in Richtung Anteil der Länder an der
Gerichtsbarkeit und auch ein wichtiger Schritt zur Entlastung des
Verwaltungsgerichtshofs durch mögliche Verkürzungen oder Begrenzungen seiner
Anrufbarkeit und damit wiederum Schnelligkeit, aber mit höherer Qualität als
heute.
Ich darf kurz sagen,
was Noll zu diesem Projekt meint. Er sagt: „Der Idee des Rechtsschutzes sei
zwar kein innovatives Element beigefügt, aber auf der Ebene der Pragmatik des
Rechtsschutzes werde ein seit Jahrzehnten geforderter, allseits
herbeigewünschter und kaum zu überschätzender Schritt endlich gesetzt. Das ist
nicht das schlechteste Ergebnis“.
Wir haben uns mit der
Gerichtsbarkeit oder besser: Justiz befasst. Wir haben auf
unterverfassungsrechtlicher Ebene ein paar Ideen auch in den Bericht
hineingeschrieben - oder er wird in künftigen stehen. Wir schlagen eine
dreistufige ordentliche Gerichtsbarkeit statt der derzeit viergliedrigen vor.
Wir bedauern sehr stark, dass der Oberste Gerichtshof - anders als die
anderen beiden Höchstgerichte - vollkommen unzulänglich ausgerüstet ist.
Wir bedauern die Ausstattung der Gerichte. Wir rügen, dass das Verfahren zur
Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst rechtsstaatlich
transparenten Kriterien nicht entspricht. Wir meinen, dass Fristsetzungsanträge
verbessert werden könnten. Also, wir haben über die Verfassungsebene hinaus
eine Reihe von Überlegungen angestellt.
Zur Verfassungsebene
zwei Punkte.
Der gestiegenen
Bedeutung der Staatsanwälte entsprechend, wollen wir sie als Justizorgane in
der Verfassung verankert haben mit einer Institutsgarantie - Garantie also
ihres Aufgabenbereichs.
Und bei den
Bezirksgerichten meint der Ausschuss im Konsens, dass nicht die
Landesverwaltung, sondern der Bundesrat mitwirken sollte bei allfälligen
Zusammenlegungen.
An diesem Punkt kann
ich mir eine eine mir wichtige Bemerkung nicht versagen: Jemand, der einen
Herzinfarkt hat, findet eher ein Bezirksgericht als ein Spital. Ich glaube,
dass die Gewichte hier falsch gesetzt sind. Einmal im Leben braucht man im
Durchschnitt ein Bezirksgericht, ein Spital wesentlich öfter, und sicher
dringender.
Als letzten Punkt eines
Konsenses darf ich vielleicht erwähnen: Eine Kompetenz des
Verfassungsgerichtshofes steht außer Streit. Staatshaftung bei
gesetzgeberischem Fehlverhalten: Das soll beim Verfassungsgerichtshof
lokalisiert sein.
Nun zu den
Dissenspunkten, von denen ich drei nennen will, wo aber ein Konsens meiner
Ansicht nach nicht sehr ferne im Hintergrund lauert.
Zuerst einmal ein
Vorschlag, der von der Richtervereinigung im Wesentlichen kam, ein Richterrat,
dann ein zweiter Vorschlag ein Justizsenat, dass statt des Bundesministers für
Justiz in Fragen der Richterernennung und in Budgetverhandlungen ein Gremium,
an der Spitze der Bundespräsident, einmal Abgeordnete, bei einem anderen
Vorschlag Präsident der Rechtsanwälte und Notare und Richter agieren sollen.
Hier ist kein Konsens erzielt worden. Man hat gesagt: Ein neues Organ, zu
zentralistisch, Verpolitisierung. Soll der Bundespräsident wirklich über
Richteramtsanwärter in ganz Österreich in einem Gremium mitreden und dann die
Ernennung vornehmen? Und es hat Altpräsident Adamovich in einem Symposium der
Richtervereinigung selbst gesagt, dass die von der Vereinigung vorgeschlagene
Lösung die drittbeste ist, nämlich schlechter als der Zustand, wie er derzeit
besteht.
Es gab aber in der
letzten Sitzung ‑ und in der nächsten wird das noch einmal behandelt ‑
einen Vorschlag von Präsident Korinek, der meint, dass in Budgetsachen dem
Justizminister ein Gremium, zusammengesetzt: Präsident des Obersten
Gerichtshofs plus die vier Oberlandesgerichtspräsidenten, die die Justizverwaltung
führen, zur Seite gestellt werden sollte gleichsam zur Unterstützung.
Dr. Schnitzer hat einen Vorschlag versprochen, wo mehr Richter noch
drinnen seien, aber er hat lächelnd gesagt: Wenn man politisch will, kann man
die ja wegstreichen. Das veranlasst mich dazu zu sagen: Es gibt vielleicht im
Hintergrund einen Konsens in diesem Punkt oder vielleicht lässt er sich
erreichen.
Keinen Konsens hat man
ebenfalls in der Frage der Weisung des Justizministers im Bereich des
Strafrechts gefunden. Es schien sich ein Konsens abzuzeichnen, ein
parlamentarischer Ausschuss solle vom Minister jede Weisung werden. Lautet sie
auf Einstellung, ist gleich zu kontrollieren. Lautet sie auf Anklage, ist nach
dem Ende des Prozesses vielleicht festzustellen, dass hier der Justizminister
ohne entsprechende Unterlagen - es ist ja nichts herausgekommen -
eine Weisung gegeben hat. Also stärkere parlamentarische ex post Kontrolle der
Ministerweisungen.
Dann aber wurde doch
noch ein „Mehr“ gefordert, eine Bundesstaatsanwaltschaft. Das heißt, das
Weisungsrecht innerhalb der Staatsanwaltschaft zu lokalisieren. Dagegen gab es
Einwände: Es sei der Minister stärker unter Kontrolle. Er würde öfter wechseln.
Er sei von den Medien, aber auch vom Parlament stärker herannehmbar und es ist
auch ein demokratiepolitisches Argument gefallen. Ich darf aus „Noll“ vorlesen:
„Eine Autonomie der Justiz würde zu einer beträchtlichen Legitimationslücke
zwischen Volk und Justiz führen. Aus dem Demokratieprinzip ergibt sich die
Verpflichtung, die Lücke gar nicht entstehen zu lassen. Daraus ergibt sich
auch, dass eine generelle Abschaffung des ministeriellen Weisungsrechts nicht
in Frage kommt.“
Hier gibt es also
Dissens. Ob nicht ein parlamentarischer Kontrollausschuss als ein Weniger des
zum Teil Gewünschten möglich wäre, lasse ich dahingestellt. Ich könnte mir
vorstellen, dass, bevor man nicht Alles bekommt, einen Teil akzeptiert.
Dritte Dissensgruppe,
muss ich schon sagen: Es geht um die Kompetenzen des Verfassungsgerichtshofes.
Es wurde diskutiert und dafür gibt es auch einen ausgearbeiteten Text, eine
Normenbeschwerde. Das heißt, dass nach letztinstanzlichen
Gerichtsentscheidungen, auch solchen des Verwaltungsgerichtshofes, wenn die
Gerichte nicht selbst eine Verordnung, ein Gesetz als verfassungs- oder
gesetzwidrig angefochten haben, die Parteien noch einen derartigen Versuch
unternehmen können. Da schien Konsens sich abzuzeichnen, aber dann kam doch der
Wunsch nach einer Urteilsbeschwerde, dass man diese Entscheidungen auch wegen
Verletzung von Grundrechten vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten könnte,
was mit entsprechenden Umorganisationen auch im Bereich des Artikel 144
wohl verbunden ist. Hier gibt es Dissens.
Es gibt Dissens auch in
Bezug auf die Einführung von Organstreitigkeiten. Hier gibt es einen maßvollen
Vorschlag, wie ich meine, von der Abgeordneten Stoisits, und es gibt auch einen
Vorschlag zu einer Staatshaftungsregelung, wo der Verfassungsgerichtshof nicht
nur gesetzgeberisches Unrecht, sondern auch in Fragen, wenn Staatshaftung aus
höchstrichterlichem Handeln entsteht, zu entscheiden hat. Andere wollen einen
Austrägalsenat, der wechselnd aus unterschiedlichen Mitgliedern der drei
Höchstgerichte, also des jeweils betroffenen nicht, gebildet wird, und es gibt
ein sehr starkes Votum, nichts zu regeln, weil wir international ganz voran
wären und die internationale Judikatur noch nicht genau zeigt, was alles
notwendig ist. Also, es sei dabei zu belassen, wie die Judikatur es derzeit
sieht.
In all diesen Punkten
sehe ich Möglichkeiten, sich auf einem geringeren Nenner zu einigen, das
Optimum aus der Sicht mancher nicht zu erreichen, aber doch deutliche Schritte
in Verbesserung unseres Rechtsstaates zu tun. Ich bin also eher positiv
gestimmt. Wir haben noch zwei Sitzungen und ich glaube, dass eine Reihe von
Positionen durchaus Wert wäre, realisiert zu werden. - Danke.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke für diesen Bericht. Auch er steht nun zur Diskussion. Ich habe drei
Wortmeldungen und erteile als Erstem Dr. Stürzenbecher das Wort zu seiner
Diskussion.
Dr.
Kurt Stürzenbecher : Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Ich danke dem
Vorsitzenden, Prof. Haller, für seine objektive Darlegung der Ergebnisse des
Ausschusses 9 und auch für seine objektive Vorsitzführung während der
Ausschüsse. Da wir heute den Konvent irgendwie ein bisserl wie die
Abschiedssymphonie gestalten, werde ich mich auf nur drei Problemkreise konzentrieren.
Als Erstes: Die große
Errungenschaft dieses Ausschusses - das kann man, glaube ich, schon sagen -
sind die Landesverwaltungsgerichte: Neun Landesverwaltungsgerichte und ein
Bundesverwaltungsgericht. So wie es dargelegt wurde, ist es vernünftig
organisiert und wird doch dazu beitragen, dass die großen Wartezeiten auf
Entscheidungen, die wir jetzt aus personellen Gründen und nicht, weil die Leute
dort schlecht arbeiten würden, beim Verwaltungsgerichtshof haben, in Zukunft
hoffentlich nicht mehr sein werden. So wird im Sinne der Bürgerinnen und Bürger
etwas Wesentliches verbessert werden.
Auch die Eckpunkte, die
genannt worden sind, scheinen mir plausibel, dass im Endeffekt die
Landesregierung an Personalvorschläge nicht zwingend gebunden ist, sondern so
wie der Bundesminister für Justiz die Ernennung der Mitglieder vornimmt. Aber
wenn die Landesregierung von den Vorschlägen der Personalsenate abweicht, dann
muss sie das selbstverständlich begründen.
Es scheint mir auch
sinnvoll, dass gerade für Wien die bewährten Sonderbehörden, wie
Bauoberbehörde, Landesvergabekontrollsenat oder Dienstrechtssenat aufrecht
bleiben werden und dass auch darüber Konsens erzielt werden konnte. Weil es
hätte keinen Sinn, eine künstliche Vereinheitlichung dort herbeizuführen, wo
sich ganz bewährte, im Sinne der Wirtschaft und der Bürger organisierte Organe
befinden. Aber im Großen und Ganzen soll natürlich in den meisten sonstigen
Bereichen eine einheitliche Landesverwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen werden.
Das zu den Landesverwaltungsgerichten.
Nun zum Zweiten: Der
Herr Vorsitzende hat gesagt, dass unter der verfassungsgesetzlichen Ebene auch
die Struktur der ordentlichen Gerichtsbarkeit diskutiert wurde. Meiner Ansicht
nach ist es nicht sinnvoll, dass wir in der Verfassung festschreiben, dass es
künftig statt vier Ebenen in der Gerichtsbarkeit nur mehr drei Ebenen geben
soll. Es soll aber festgehalten werden, dass grundsätzlich Konsens darüber
herrscht, dass der Justizgesetzgeber, der einfache Justizgesetzgeber, künftig
in diese Richtung vorgehen soll. Das als Empfehlung sozusagen auf den Weg
bekommt.
Es sind auch jetzt die
vier Ebenen nicht in der Bundesverfassung festgeschrieben und deshalb muss man
auch die drei nicht festschreiben. Aber das ungefähre Modell, so ist es
diskutiert worden - Eingangsgerichte, Oberlandesgerichte, Oberster
Gerichtshof - scheint doch
eine grundsätzliche Diskussionsbasis zu sein. Wobei das mit den
Bezirksgerichten und deren Zusammenlegung, glaube ich, noch diskutiert werden
kann, wie das geschehen soll.
Dann als drittes
besonders Wichtiges möchte ich doch noch die Frage der Weisungsspitze gegenüber
den staatsanwaltschaftlichen Behörden ansprechen. Es ist derzeit so, dass der
Bundesminister die Weisungsspitze ist, und ich glaube, dass es ein besseres
Modell gibt. Wir haben gerade jetzt in Vorbereitung dieser Sitzung wieder in
den Akten geblättert.
Im Jänner 2001 hat die
sozialdemokratische Parlamentsfraktion eine große Enquete hier im Parlament
veranstaltet, wo sehr, sehr viele höchst renommierte Juristen, Praktiker,
Experten, Expertinnen mitdiskutiert haben und wo die überwiegende Meinung war,
dass das Weisungsrecht übergehen sollte vom Bundesminister für Justiz auf ein
anderes Organ. Wir nennen es, und das haben wir auch eingebracht, den
Bundesstaatsanwalt. Der Bundesstaatsanwalt sollte vom Parlament, vom
Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden, nachdem der Hauptausschuss
einen Vorschlag gemacht hat. Im Hauptausschuss des Nationalrates sollen die
Standesvertreter der Richter und Staatsanwälte mit eingebunden sein. Dieser mit
Zweidrittelmehrheit gewählte Bundesstaatsanwalt würde die Weisungsspitze
bilden. Der Bundesstaatsanwalt hätte natürlich der parlamentarischen Kontrolle
zu unterliegen, wie jedes andere oberste Organ, mit Ausnahme des
Misstrauensantrages. Er sollte sechs Jahre bleiben und einmal verlängert werden
können.
Das ist ein Modell, das
wirklich von sehr vielen kompetenten Leuten befürwortet wird und wo wir gehört
haben, dass dem deshalb nicht beigetreten wird, weil es von der SPÖ kommt. Das
wurde mir von einem Vertreter der Justiz erzählt, dass von der ÖVP gesagt
worden sei, „ja, wir können dem nicht zustimmen, weil das kommt von der SPÖ“.
An sich wäre es recht vernünftig. Das glaube ich, hat keinen Platz in einem
Konvent, solche tagespolitischen Streitereien. Ich glaube auch, der
Justizminister würde aufgewertet werden, wenn er sich voll auf Justizpolitik
konzentrieren kann und wenn er eben nicht immer wieder in diesen Strudel der
öffentlichen Diskussion reinkommen würde, wenn dann Fälle da sind, wie wir sie
in der Vergangenheit gehabt haben. Und selbst wenn der Justizminister sich
bemüht, bestmöglich zu agieren, wird es immer eine politische Diskussion geben.
Und hier glaube ich, könnte der Bundesverfassungsgesetzgeber eine neue Vorgabe
geben, nämlich einen Bundesstaatsanwalt, wie es derzeit auch schon als
Vorschlag im Verfassungsausschuss des Nationalrates liegt. Und in diesem Sinne
danke ich für die Aufmerksamkeit.
Stellvertretender
Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka‡:
Danke vielmals für diese Wortmeldung. Als Nächstes liegt mir die Wortmeldung
von Frau Mag. Stoisits vor. Ich erteile ihr als Vorletzter das Wort.
Mag. Terezija Stoisits : Herzlichen Dank! Herr Vorsitzender!
Ich
möchte mich wirklich allerherzlichst, auch noch im Namen aller anderen
Ausschussmitglieder vom Ausschuss neun, bei Herrn Professor Haller bedanken.
Nicht nur für die Arbeit als Ausschussvorsitzender, sondern vor allem für den
heutigen Bericht, den er Ihnen gegeben hat, die Sie Nicht-Mitglied des
Ausschusses sind. Der wirklich - und Stürzenbecher hat es auch schon gesagt -
sozusagen mehr als objektiv versucht, alles einzubringen und alle Positionen
auch aufzuzeigen. Aber wie es halt so ein wirklich „ehrlicher Bericht“ in sich
hat, hat er gezeigt, wie wenig wirklichen Konsens es gibt, nämlich eigentlich
nur im Fall der Landesverwaltungsgerichtshöfe.
Aber,
Herr Professor, und auch Kurt Stürzenbecher, das als Revolution zu bezeichnen,
wäre dann gerechtfertigt, gäbe es nicht die offenen Punkte. Und da hat Kurt
Stürzenbecher jetzt zum Teil als Ländervertreter schon darauf hingewiesen, denn
so zentrale Fragen wie die Eingliederung bestehender unabhängiger Behörden,
also jetzt 133-Ziffer-4-Behörden, die ist offen, weil es hier schon vehementen
Widerstand der Länder gibt. Kollege Stürzenbecher hat es schon angedeutet, zum
Teil, und vor allem weil es, würde der Ausschuss neun sämtliche Sonderwünsche,
die es gibt, von Landesseite - aber nicht nur Landesseite -, sondern auch die
der freien Berufe und diverser Lobbyies berücksichtigen, dann blieb von dieser
Revolution schon gar nichts Revolutionäres über, sondern dann wäre es bloß eine
Ausweitung der bestehenden UVS und das ist nicht im Sinne des Ausschusses neun,
absolut nicht.
Und
Sie haben es auch in ihrer heutigen Wortmeldung gesagt oder beziehungsweise von
Noll sozusagen übernommen und zitiert. Diese Modelle oder das Modell, das jetzt
auch sozusagen finalisiert oder final bearbeitet wird, ist ein Modell aus den
80ziger Jahren und weiß nichts von den Perchtoldsdorfer Beschlüssen. Also, so
oft gab es schon die prinzipielle Einigung über Landesverwaltungsgerichte und
so oft gab es nicht die Umsetzung. Also, ich meine, dass ein innovatives
Rechtsschutzsystem hier mehr als angebracht ist und hoffe tatsächlich, dass es
dieses konkrete Ergebnis der Arbeit gibt.
Herr
Professor! Und jetzt möchte ich nur, weil Sie das wirklich vorbildhaft getan
haben und auch alle in Minderheit gebliebenen Vorschläge aufgezählt haben, nur
einen Bereich noch anfügen, beziehungsweise zwei komplexe.
Der
eine Bereich sind die Höchstgerichte und die Einführung einer dissenting
opinion, die auch schon viele Jahre diskutiert wird und wo es hier nicht den
politischen, ich sag’s jetzt einmal so, Willen gibt, das tatsächlich jetzt auch
umzusetzen und dann die Frage der Bestellung von Verfassungsrichterin, auch im
Ausschuss andiskutiert, von einem Konsens weit entfernt. Und der letzte Punkt,
ohne die anderen jetzt gering schätzen zu wollen, weil sie vor allem auch von
den Grünen eingebracht wurden, also Organstreitverfahren,
Verfassungsbeschwerde, aber Sie haben das alles schon erwähnt, ist die Frage
der Verbandsklage, die uns als eine ganz zentrale erscheint.
Also,
Ausweitung der Verfassungsbeschwerde auf Organisationen. Vor allem jetzt
spreche ich als Grüne aus dem Blickwinkel des Umweltbereichs und der
zahlreichen Problemstellungen, die es hier gibt und mit dem Hinweis, dass
dieses Instrument kein unbekanntes ist, sondern auch wieder in einem einer
grünen Abgeordneten sozusagen sehr nahe liegenden Bereiche, nämlich dem des
Konsumentinnenschutzbereiches, vorkommt. Aber es ist noch nicht aller Tage
Ende, also das sowieso nicht, aber auch nicht in diesem Konvent. Möglicherweise
ist das Präsidium hier weiser als der Ausschuss neun bei einer Konsensbildung.
- Herzlichen Dank.
Vorsitzender des Österreich-Konvents
Dr. Franz Fiedler (übernimmt den Vorsitz) : Danke, Frau Abgeordnete! Als letzter Redner zu diesem Ausschussbericht beziehungsweise
am heutigen Tag überhaupt hat sich Herr Dr. Schnizer gemeldet. - Bitte sehr,
Herr Doktor!
Dr. Johannes Schnizer : Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Ich
kann es ganz kurz machen. Es wurde bereits hingewiesen auf die
Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, dass es hier eine Einigung gibt, wie ein
solches Modell aussehen könnte. Ich teile die Einschätzung von Frau
Abgeordneter Stoisits, dass das allein ein Schritt zu wenig ist. Die Einführung
der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit nach diesem Modell zieht zwingend nach
sich eine Veränderung der Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit beim
Verfassungsgerichtshof. Tut man nichts, würde folgendes System bestehen. Zuerst
hat man ein kontradiktorisches Verfahren beim Landesverwaltungsgericht erster
Instanz. Dagegen können dann beide Parteien, also Behörde und Partei den
Verwaltungsgerichtshof anrufen. Es hätte dann der Verwaltungsgerichtshof wieder
zu entscheiden. Da stehen sich beide wieder gegenüber. Tut man nichts, hätte das
zu Folge, dass dazwischen ein Verfahren für den Verfassungsgerichtshof
geschaltet ist, wo dann die belangte Behörde mit Partei über die
Verfassungskonformität streitet. Ein Verfahren, wo es weniger Aussicht auf
Erfolg gibt als im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Erst wenn der
Verfassungsgerichtshof entschieden hat - in 95 oder 99 Prozent der Fälle mit
Ablehnung -, was aber trotzdem ein halbes bis ein Dreivierteljahr dauert, kann
der Verwaltungsgerichtshof seine Tätigkeit fortsetzen.
Dieses
System hat ausschließlich historische Gründe. Es liegt daran, dass als erste
Form von Verwaltungsgerichtsbarkeit diejenige der Grundrechtskontrolle beim
Reichsgericht eingerichtet worden ist. Erst danach wurde eingerichtet eine
echte Verwaltungsgerichtsbarkeit für die einfachgesetzliche Rechtskontrolle. Es
gibt heute keinen Grund mehr, der dafür spricht, ein logisches System wäre das,
und deswegen haben wir es im Ausschuss auch vorgeschlagen: Zuerst wird jeweils
sowohl in der ordentlichen Gerichtsbarkeit als auch in der
Verwaltungsgerichtsbarkeit der Instanzenzug erschöpft. Anschließend kann man
noch Verfassungsfragen mit der Hilfe einer Verfassungsbeschwerde an den
Verfassungsgerichtshof herantragen. Durch diese
Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit wird auch der Verfassungsgerichtshof massiv
entlastet, der bis jetzt zu 90 Prozent mit diesen Bescheidbeschwerden parallel
zum Verwaltungsgerichtshof befasst ist und diese Kapazität könnte er dann
nutzen, um für den gesamten Rechtsbereich vor eine gleichmäßige Rechtssprechung
im Grundrechtsbereich zu sorgen. Dies ist deswegen so wichtig, weil damit auch
die sozialen Grundrechte einen geeigneten Rechtsschutzmechanismus haben. Das
ist etwas, worauf sich auch die Sozialpartner verständigt haben.
Ein
zweiter Punkt, die Staatshaftung. Hier glaube ich, sieht man zu sehr im
Vordergrund die Frage der Haftung für höchstgerichtliche Fehlurteile. Ich
glaube, dass dieses Problem ohnedies der EuGH lösen wird und es ist extrem
unwahrscheinlich, dass es höchstgerichtliche Urteile gibt, die in dem Sinne
Amtshaftungsansprüche auslösen. Und ich halte deswegen die Frage, welches
Gericht darüber dann entscheiden soll, für eher sekundär. Ich weiß, dass
Präsident Korinek selber bei einer Veranstaltung einmal den Vorschlag gemacht
hat, es soll der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Aber wenn der
Verfassungsgerichtshof selbst betroffen ist, der Oberste Gerichtshof. Das
zeigt, dass hier kein Raum ist für irgendwelche Sensibilitäten der Gerichtshöfe
untereinander.
Abschließend, weil ich
darauf angesprochen worden bin, habe ich darauf hingewiesen, dass eine
Disparität zwischen der hoheitlichen Gerichtsbarkeit auf der einen Seite und
der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts auf der anderen Seite besteht, was
die Unabhängigkeit der Justizverwaltung betrifft. Es ist so, dass auf Grund der
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Verfassungsgerichtshof und der
Verwaltungsgerichtshof eine unabhängige Justizverwaltung haben, die nicht von
der Politik kontrolliert wird, und es wäre dann eine Logik, dass man es auch
für die hoheitliche Gerichtsbarkeit einführt, wobei sich dann eben dieses
Kollegialorgan, bestehend aus Oberstem Gerichtshof, Präsidenten des Obersten
Gerichtshofes und der drei Oberlandesgerichte, die bis jetzt schon die
Justizverwaltung führen, anbieten würde, ich habe aber darauf hingewiesen, dass
dieses Gremium keinesfalls die Besetzungsvorschläge für die Richter machen
sollte, die sollten jedenfalls weiterhin beim Justizminister und bei der
Bundesregierung liegen. - Danke.
Vorsitzender
des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler : Danke schön,
Herr Dr. Schnizer. Ihre letzten Ausführungen werden zumindest zum Teil die
Zustimmung der Richterschaft gefunden haben, und Sie haben uns angekündigt,
einen diesbezüglichen Textvorschlag vorzulegen. Wir wären alle sehr
interessiert, wenn dies auch realisiert werden könnte.
Damit ist der letzte
Redner zu Wort gekommen. Die Tagesordnung ist erschöpft. Ich möchte mich bei
allen Vorsitzenden und bei allen Diskussionsteilnehmern für die wirklich
anregende Diskussion sehr herzlich bedanken. Ich glaube, das Ziel, das wir uns
mit der heutigen Sitzung gesetzt haben, eine Information, eine
Standortbestimmung des Konvents vorzunehmen, ist uns gelungen, und es ist auch
eine Fülle von Ideen von den einzelnen Mitgliedern des Konvents vorgebracht
worden, wie man gewisse Hürden, die sich uns entgegengestellt haben, überwinden
kann. Auch das war mit ein Ziel dieser heutigen Veranstaltung, und ich glaube
insgesamt sagen zu können, wir haben wieder ein Stück mehr bewältigt, und wir
haben auch - das möchte ich ganz besonders hervorheben - heute eine sehr gute
Atmosphäre und eine sehr optimistische Atmosphäre gehabt, und es wurde von
mehreren Rednern der Optimismus auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Das
wird uns in der Endphase des Konvents sicherlich auch helfen. Wir sollen uns
gegenseitig Mut machen und wir sollen nicht in Kleinmütigkeit verfallen; das
wäre sicherlich nicht zuträglich. Ihnen allen damit recht, recht herzlichen
Dank.
Damit kann ich die heutige
Sitzung schließen und Ihnen ankündigen, dass für den 4. November die nächste
Sitzung ins Auge gefasst ist. Ob dieser Tag für eine Konventsitzung tatsächlich
in Anspruch genommen wird oder nicht, wird Ihnen - wie bisher - rechtzeitig zur
Kenntnis gebracht werden. Ich darf Ihnen nochmals für die heutige Teilnahme
danken und wünsche Ihnen, uns allen, wünsche dem Konvent insgesamt für die
restliche Zeit, die ihm noch offen bleibt, viel Glück und viel Erfolg. - Danke
schön.