Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

15. Sitzung,

Mittwoch, 1. Dezember 2004

 

 

 

 

 

 


Tagesordnung

 

1.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht des Ausschusses 6, Reform der Verwaltung zu den drei Mandatsergänzungen

 

2.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht des Ausschusses 5, Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zum Ergänzungsmandat

 

3.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht zum Ergänzungsmandat des Ausschusses 8 Demokratische Kontrollen

 

4.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten ergänzenden Bericht des Ausschusses 7 Strukturen besonderer Verwaltungseinrichtungen

 

5.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht über die gemeinsamen Beratungen der Ausschüsse 6 und 7

 

6.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht zum Ergänzungsmandat des Ausschusses 3 Staatliche Institutionen

 

7.)        Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht zum Ergänzungsmandat des Ausschusses 9 Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit

 

 


Inhalt

 

 

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 2

Dr. Johannes Abentung........................................................................................ 3

Mag. Gabi Burgstaller........................................................................................... 7

Herwig Hösele....................................................................................................... 9

Dr. Christoph Leitl............................................................................................... 10

Albrecht Konecny................................................................................................ 11

Dr. Manfred Matzka............................................................................................. 12

Mag. Gabi Burgstaller......................................................................................... 14

Johann Hatzl........................................................................................................ 14

Angela Orthner.................................................................................................... 16

Dr. Peter Bußjäger.............................................................................................. 17

MMag. Michael Neureiter................................................................................... 20

Dr. Theodor Öhlinger......................................................................................... 21

Dr. Johannes Schnizer....................................................................................... 23

Dr. Klaus Poier..................................................................................................... 24

Mag. Johanna Ettl................................................................................................ 25

Dipl.-Ing. Josef Pröll............................................................................................ 26

Herbert Scheibner.............................................................................................. 27

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner.. 29

MMag. Michael Neureiter................................................................................... 29

Dr. Peter Bußjäger.............................................................................................. 29

Mag. Barbara Prammer....................................................................................... 30

Dr. Günter Voith................................................................................................... 33

Herwig Hösele..................................................................................................... 34

Dr. Manfred Matzka............................................................................................. 35

Mag. Anna-Maria Hochhauser............................................................................ 38

MMag. Dr. Willi Brauneder................................................................................. 39

Stellvertretender Vorsitzender d. Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka 40

Dr. Gerhart Holzinger......................................................................................... 40

Dr. Kurt Stürzenbecher...................................................................................... 43

Dr. Klaus Poier..................................................................................................... 44

Dr. Andreas Khol................................................................................................. 46

Dr. Herbert Haller................................................................................................ 47

Dr. Clemens Jabloner......................................................................................... 50

Dr. Johann Rzeszut............................................................................................. 51


 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Mitglieder des Österreich-Konvents! Ich darf die heutige Sitzung des Österreich-Konvents eröffnen.

Vorweg möchte ich mich dafür entschuldigen, dass eine Verlegung der an sich für den 29. November vorgesehen Sitzung auf den heutigen Tag erforderlich wurde, weil eine politische Partei am 29. November eine Veranstaltung durchgeführt hat und es auch in der Vergangenheit der Übung entsprochen hat, dass man darauf von Seiten des Konvents Rücksicht nimmt.

Ich danke daher allen, die ungeachtet der relativ kurzfristigen Terminverschiebung dennoch Zeit gefunden haben, zur heutigen Sitzung zu erscheinen. Mir ist aber auch klar, dass einige, die den Sitzungstermin für den 29. November schon vor langer Zeit geplant haben, die Verschiebung auf den heutigen Tag nicht mehr nachvollziehen konnten und daher heute auch nicht anwesend sein können.

Um diesen, heute nicht anwesenden Mitgliedern dennoch die Möglichkeit zu eröffnen, zu den heutigen Punkten der Tagesordnung Stellung nehmen beziehungsweise eine Wortmeldung abgeben zu können, wird den heute nicht anwesenden Mitgliedern des Konvents die Möglichkeit eingeräumt, dass sie bei der nächsten Sitzung des Konvents auch zu jenen Tagesordnungspunkten sprechen können, die dann nicht offiziell auf der Tagesordnung stehen, die aber heute in Behandlung genommen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir nehmen heute die ergänzenden Berichte der Ausschüsse 3, 5, 6, 7, 8 und 9 in Behandlung sowie darüber hinaus das Ergebnis der gemeinsamen Beratungen der Ausschüsse 6 und 7. An sich war vorgesehen, dass wir in dieser Reihenfolge die von mir genannten Berichte in Behandlung nehmen wollen. Angesichts terminlicher Schwierigkeiten einiger Ausschussvorsitzender mussten wir allerdings die Reihenfolge in der Weise ändern, dass nunmehr vorgesehen ist, die Berichte wie folgt hintereinander in Behandlung zu nehmen: Wir beginnen mit dem Bericht des Ausschusses 6; danach folgen die Berichte der Ausschusse 5, 8 und der gemeinsame Bericht der Ausschüsse 6 und 7; dann setzen wir fort mit den Berichten der Ausschüsse 3 und 9.

Wir beginnen jeweils - wie wir das auch schon gewohnt sind - mit einer Einführung des jeweiligen Ausschussvorsitzenden, die 15 Minuten nicht überschreiten soll, wobei allerdings diese 15 Minuten auch nicht ausgeschöpft werden müssen, und setzen dann bei den Berichten jedes einzelnen Ausschusses mit den Rednern, die sich dazu gemeldet haben, fort, wobei die Redezeit für jeden der Redner - so wie dies auch der ständigen Übung entspricht - fünf Minuten betragen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beginnen somit mit den Beratungen über den ergänzenden Bericht des Ausschusses 6, und ich darf den Vorsitzenden dieses Ausschusses, Herrn Sektionschef Abentung ersuchen, uns diesen Bericht zu präsentieren. - Bitte, Herr Sektionschef.

Dr. Johannes Abentung: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben heute ein großes Programm vor sich. Ich gehe gleich in medias res.

Im Zusammenhang mit der Finanzverwaltung wurde seitens des Ausschusses betont, dass dieser Teilbereich der Verwaltungsorganisation des Bundes zum Großteil auf Grundlage des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes einfachgesetzlich eingerichtet ist und diesbezüglich im Bezug auf die Verfassungsrechtslage kein Reformbedarf besteht. Unter einem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt wurde allerdings eine etwaige Neupositionierung der unabhängigen Finanzsenate gesehen. Mangels Zuständigkeit des Ausschusses ist dieser Bereich aber an den Ausschuss 9 delegiert worden.

Gesundheitsverwaltung: Diesbezüglich war sich der Ausschuss einig, dass die zersplitterten Kompetenzen neu zu ordnen wären. Auch hier mangelt es aber an der Zuständigkeit des Ausschusses selbst. Die Kompetenzen behandelt der Ausschuss 5. Es hat somit eine Verweisung gegeben.

Im Mittelpunkt der Diskussion über die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger stand die Frage der Sinnhaftigkeit der Verankerung einer Partizipationsbestimmung in der Verfassung. Der Ausschuss ist einhellig der Auffassung, dass einfachgesetzliche Maßnahmen zur Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf allen Ebenen der Verwaltung sinnvoll und notwendig sind. Dabei hat Österreich europarechtliche Entwicklungen mit zu vollziehen, die auf einen Ausbau von Maßnahmen der Information und Öffentlichkeitsbeteiligung hinzielen.

Der Vorschlag, eine Partizipationsbestimmung in der Verfassung zu verankern, die den Stellenwert von Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung für die Verwaltung betont, ist in den Beratungen aber sowohl auf verfassungsdogmatische, als auch auf rechtspolitische Bedenken gestoßen. Gegen eine Partizipationsbestimmung der Verfassung wurde insbesondere vorgebracht, dass der normative Gehalt vage und wenig vorhersehbar sei.

Dem wurde entgegen gehalten, dass die Partizipationsbestimmungen im Zusammenspiel mit anderen weit konkreteren Verfassungsnormen, wie zum Beispiel einer Beschwerdebefugnis für Bürgerinitiativen und Verbände beim Verfassungsgerichtshof, gesehen werden müsse. Für die Verankerung einer Partizipationsbestimmung wurde ins Treffen geführt, dass ein solcher Vorschlag als Gegengewicht zu dem Vorschlag zu sehen sei, ein Effizienzgebot ausdrücklich in der Verfassung zu verankern. Die Diskussion gab damit auch Anlass, erneut die Sinnhaftigkeit einer ausdrücklichen Aufnahme des Effizienzgebotes in die Verfassung zu diskutieren.

Im Zusammenhang mit der mittelbaren Bundesverwaltung, die schon beim ursprünglichen Bericht Berücksichtigung gefunden hat, hat sich die Meinung, dass eine solche weiter zu erhalten wäre, nicht geändert. Es hat aber einen weiteren Vorschlag gegeben, bei dem die Neuregelung der Vollziehung des Landes bei Ersetzung der mittelbaren Bundesverwaltung durch eine generelle Steuerungsbefugnis des Bundes als ein alternatives Steuerungsmodell vorgelegt wurde.

Dieser Vorschlag fand Unterstützung von etlichen Ausschussmitgliedern. Demnach werden Bundesgesetze vom Land vollzogen. Der Bund kann in Vollziehung der Bundesgesetze „generelle Weisungen“ erteilen. Das Land ist verpflichtet, dem Bund alle Informationen über die Vollziehung von Bundesgesetzen auch im Einzelfall zu erteilen und auf Verlangen die darauf Bezug habenden Akten vorzulegen. Verletzt ein Land diese Pflicht, kann der Bund durch eigene Organe Einschau nehmen. Erläuternd wurde zu diesem Modell ausgeführt, dass die mittelbare Bundesverwaltung in ihrer derzeitigen rechtlichen Ausformung nicht mehr ihrem tatsächlichen Gehalt entsprechen würde. Demgegenüber wurde unter anderem kritisch eingewandt, dass der Terminus „generelle Weisungen“ unklar sei. Tatsächlich scheine es um eine Art allgemeine Weisung zu gehen. Für das Funktionieren der mittelbaren Bundesverwaltung ist nach einhelliger Ansicht im Ausschuss die Stellung des Landeshauptmannes entscheidend. Auch die Befürworter des Modells der generellen Steuerungsbefugnis des Bundes sind dafür überzeugt.

Im Zusammenhang mit den Obersten Organen wurde eine Präzisierung in „Oberste Verwaltungsorgane“ vorgenommen. Die in einem Textvorschlag enthaltenen „Organe mit Regierungsfunktion“ (Bundesregierung und deren Mitglieder, Landesregierungen und deren Mitglieder) sind prototypisch Oberste Verwaltungsorgane, da sie keinem Weisungszug unterliegen, ihrerseits jedoch eine umfassende Weisungsgewalt ausüben können.

Zudem unterliegen sie einer parlamentarischen Verantwortlichkeit. In den Ausschussberatungen wurde darauf hingewiesen, dass auch der Bundespräsident in diese Aufzählung aufgenommen werden sollte. Dagegen wurde eingewandt, dass der Bundespräsident eine spezielle verfassungsrechtliche Verankerung erfahre und er auch keine Regierungsfunktion wahrnehme. In der Folge wurden demgemäß zwei Verfassungstextvorschläge beigefügt.

Gegen die Aufnahme der anderen Staatsorgane, die bloß eine untergeordnete Teilfunktion als Oberste Verwaltungsorgane innehaben - wie etwa die Präsidenten des Nationalrates, des Rechnungshofes oder der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechts - spricht nach Meinung des Ausschusses, dass deren Hauptfunktion in der Gesetzgebung beziehungsweise in der Rechtspflege durch die Bezeichnung „Oberste Verwaltungsorgane“ missverständlich zum Ausdruck komme.

Bezüglich des Auftrages des Präsidiums, sich mit der Verwaltungsorganisation des Bundes zu beschäftigen, stand im Zentrum der Ausschussberatungen der Artikel 77 B-VG. Von einem Ausschussmitglied wurde ein Diskussionspapier samt Textvorschlag erstellt. Hauptpunkte der Ausschussberatungen waren die Möglichkeit zur Einrichtung von so genannten zentralen Ämtern, als einen weiteren Typus einer dem Bundesminister unterstellten Dienststelle, die Ermöglichung von mehreren Bundesministern gemeinsam unterstellten Einrichtungen, sowie Koordinierungs- und Steuerungsaspekte. Die Beratungen zu diesem Gegenstand wurden nicht abgeschlossen, deshalb wurde kein Textvorschlag vorgelegt. Eine deutliche Mehrheit des Ausschusses steht hinter folgenden vorläufigen Positionen: Die Schaffung des neuen Organisationstyps „Zentrales Amt“ auf verfassungsrechtlicher Ebene erscheint nicht erforderlich. Es sollte allerdings klargestellt werden, dass sowohl (interne) Ämter als auch spezielle Rechtsträger zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung  herangezogen werden können. Die Schaffung von mehreren Bundesministern unterstellten gemeinsamen (behördlichen) Einrichtungen sollte zweifelsfrei möglich sein. Der Koordinations- und Steuerungsbedarf auf Bundesebene sollte eine gewisse Stärkung erfahren, die freilich möglichst einvernehmlich zwischen den Beteiligten festgelegt wird. Außerdem war es dem Ausschuss ein Anliegen, festzuhalten, dass die Institution des Kanzleramtsministers ihre Beibehaltung erfahren sollte.

Im Ausschuss bestand kein Konsens darüber, ob die Rechtsform des öffentlichen Dienstes in der Verfassung selbst verankert werden soll oder nicht. Von einem Teil des Ausschusses wird es nicht für erforderlich erachtet, schon auf Verfassungsebene eine Entscheidung bezüglich der Rechtsform zu treffen. Ein anderer Teil des Ausschusses widersprach dem. In den Ausschussberatungen wurde der Aspekt eines gebietskörperschaftsübergreifenden Dienstrechtes wieder aufgegriffen. Es müsse freilich eine ausreichende Flexibilität bestehen, um die legitimen Interessen der einzelnen Gebietskörperschaften zu berücksichtigen. Eine Lösung könnte in der Erlassung eines „Kerndienstrechtes“ bestehen. Nach Meinung eines Teiles der Ausschussmitglieder könnte die konkrete Ausgestaltung dann mit einer Art „öffentlich-rechtlicher Kollektivverträge“ in den jeweiligen Bereichen erfolgen.

Zur verfassungsrechtlichen Verankerung der Diensthoheit wurde mehrheitlich seitens des Ausschusses festgehalten, dass keine zwingenden Gründe für die Beibehaltung des Artikel 21 Abs. 3 B-VG bestünden. Einige Mitglieder des Ausschusses wiesen jedoch darauf hin, dass die öffentlichen Bediensteten auch in Zukunft in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zur jeweiligen Gebietskörperschaft stehen, und damit in einer staatlichen Verantwortung verankert sind, und dass nicht die Möglichkeit bestehen sollte, die Personalzuständigkeit aus der Verwaltung auszugliedern.

Gemäß der zweiten Mandatsergänzung setzte sich der Ausschuss nochmals mit dem Vorschlag eines Effizienz- und Effektivitätsgebotes auseinander. Aus den Beratungen im Ausschuss sind zwei - nicht konsentierte - Textvorschläge hervorgegangen. Die Textvorschläge bauen auf der Formulierung des derzeitigen Art. 22 B-VG (Amtshilfe) auf. Nach Lehre und Judikatur zu dieser Bestimmung sind damit alle Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane des Bundes oder der Länder, sowie die Vollzugsorgane der Gemeinden erfasst und daher Normadressaten. Hinsichtlich der Amtshilfe wird also nur die bisherige Formulierung wiedergegeben, hinsichtlich des neu positionierten Effizienzgebotes wird der herrschenden Lehre und der einschlägigen Judikatur Rechnung getragen, wonach ebenfalls sowohl die Organe der Gesetzgebung als auch der Verwaltung Normadressaten sind. Ein Teil des Ausschusses war der Auffassung, dass die Frage der Partizipation nicht unmittelbar mit der Frage eines erweiterten Effizienz- bzw. Effektivitätsgebotes zusammenhängt. Ein anderer Teil des Ausschusses war der Ansicht, dass eine ausdrückliche Verankerung eines erweiterten Partizipationsgebotes nur bei einer gleichzeitigen Aufnahme eines allgemeinen Transparenzgebotes denkbar sei, da es sich hierbei um gleichwertige Maximen staatlicher Tätigkeit handle.

In den Ausschussberatungen wurde kein Konsens zur Reform der Schulverwaltung erzielt. Für das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ wurde ein Textvorschlag für einen Artikel Bildung eingebracht. Dieser Vorschlag soll die Artikel 14, 14a, 81a und 81b B-VG sowie - vorerst noch ohne Bedachtnahme, insbesondere auf eine neue finanzverfassungsrechtliche Regelung - die Bundesverfassungsgesetze BGBl. Nrn. 215/1962 und 316/1975 ersetzen. Er bildet in seinem Absatz 9 das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ ab. Das Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“ wurde in den Ausschussberatungen weiter vertreten. Eine verfassungslegistische Ausarbeitung ist indessen unterblieben, da - ohne definitive Ergebnisse zu den Kompetenzen im Ausschuss 5 im Schulbereich - eine solche seitens der Proponenten dieses Modells nicht für sinnvoll erachtet wurde. Im Verlauf der Ausschussberatungen wurde von Ausschussmitgliedern als weiterer Ansatz die Übertragung der Verwaltung des Schulwesens in die mittelbare Bundesverwaltung vorgeschlagen. Es sollten - auch für den Bereich der Schulverwaltung - die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung zuständig sein. Für die Schulverwaltung sollte es demnach keine Sonderbehörden geben. Die mittelbare Bundesverwaltung biete dabei genügend Steuerungsmöglichkeiten für die im Schulwesen notwendige Vereinheitlichung. Weiters wurde von Ausschussmitgliedern vorgebracht, sämtliche Bestimmungen, die die Verwaltungsorganisation (Aufbauorganisation) im Bildungsbereich betreffen, zu streichen. Auf einer solchen Grundlage wäre es dann möglich, einfachgesetzlich die in der bisherigen Diskussion erwogenen Modelle zu verwirklichen.

Noch zwei Bereiche: Sicherheitsverwaltung und Bundesheer. Im  Zusammenhang mit der Sicherheitsverwaltung wurden sowohl für das Modell der „Kombinierten Behördenstruktur“ als auch für das Modell „Sicherheitsregionen“ Textvorschläge vorgelegt. In den Ausschussberatungen wurde kein Konsens hinsichtlich einer der Textvorschläge erzielt. In der Diskussion wurde noch eine weitere Variante verfolgt: Der zufolge sollten die auf Verwaltungseinrichtungen der Sicherheitsverwaltung bezogenen Verfassungsbestimmungen (Art. 78a ff. B-VG) ersatzlos aufgehoben werden. Auf Basis des Art. 102 Abs. 2 B-VG und eines neu gefassten Art. 102 Abs. 3 B-VG, welcher den Einsatz von Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden erster Instanz absichern sollte, könnten beide angeführten Modelle der Sicherheitsverwaltung verwirklicht werden. Dieser Variante liegt die Überlegung zugrunde, dass Bestimmungen über die Aufbauorganisation von Sonderverwaltungsbehörden nicht Regelungsgegenstand einer Verfassung sein sollten. Konsens erzielte der Ausschuss darin, dass Grundsätze der Verwaltungsorganisationen in der Sicherheitsverwaltung (Aufbauorganisation) in der Verfassung verankert sein müssten.

Zum Bundesheer: Auch hier wurde kein Konsens erzielt. Der Ausschuss hat versucht, eine Neufassung des Art. 79 B-VG vorzunehmen, was von einem Teil des Ausschusses als nicht notwendig erachtet wurde.

Letztlich darf ich noch ein Wort zu den Kosten sagen. Dem Ausschuss war aufgetragen, sich auch Gedanken über Kosteneinsparungen im Bereich öffentlicher Dienst zu machen. Nachdem die Mitglieder des Ausschusses nicht in der Lage waren, einen Konsens in verschiedenen bedeutenden Entscheidungsfragen herbeizuführen, waren die nachfolgenden Kosteneinsparungsevaluierungen nicht möglich.

Abschließend möchte ich allen Mitgliedern und deren Vertreterinnen und Vertretern des Ausschusses herzlich für die lange Ausdauer und das große Engagement danken, insbesondere dem Konventsbüro, allen voran Herrn Mag. Bauer, weiters Herrn Mag. Hartmann und Herrn Dr. Bachler, ohne die eine Ausschussübernahme zu so später Zeit durch mich nicht möglich gewesen wäre. Danke sehr!

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke sehr, Herr Sektionschef, und möchte mit diesem Dank auch zum Ausdruck bringen, dass wir die Arbeit des Ausschusses 6 schätzen gelernt haben, und dass die Ergebnisse die vorliegen - mögen auch in gewissen Punkten keine konsentierten Texte vorliegen - doch eine gute Grundlage für die nunmehr folgende Diskussion bilden können. Ich darf in diesem Zusammenhang als ersten Diskussionsredner, Diskussionsrednerin - ich bitte um Verzeihung - Frau Landeshauptfrau Mag. Burgstaller aufrufen. Ich darf auf die Redezeitbeschränkung von 5 Minuten aufmerksam machen. - Bitte.

Mag. Gabi Burgstaller: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Mitglieder des Konvents!

Ich bin heute das erste Mal bei diesen Beratungen dabei. Ich wollte, ich hätte öfter da sein können, sage aber ganz ehrlich, dass es ist für ein Regierungsmitglied gerade nach einer Wahl - mit sehr vielen Veränderungen - nicht so einfach möglich, sich viel Zeit für wichtige Dinge zu nehmen; und ich halte die Aufgabe hier für eine sehr wichtige.

Ich möchte die erste Wortmeldung auch zum Anlass nehmen, um ein paar grundsätzliche Dinge zu sagen. Das eine ist: Ich gehöre sicher zu den kritischen Teilnehmern und Beobachtern des Konvents - aber nicht deshalb, weil ich Ihre Arbeit nicht schätzen würde, im Gegenteil! Ich bin ja auch von meiner Ausbildung her Juristin und ich habe die vielen Ergebnisse der Arbeiten der Arbeitsgruppen auch genutzt, um sozusagen mein Wissen etwas aufzufrischen, und ich habe eigentlich alles mit großem Interesse verfolgt. Ich möchte mich bei der Gelegenheit wirklich auch bei Ihnen bedanken für die hervorragende Basisarbeit, die Sie geleistet haben, möchte aber auch anschließen, dass es einen Grund gibt für meine kritische Betrachtungsweise, und der Grund liegt auch etwas in der Zusammensetzung dieses Konvents.

Ein gutes Beispiel dafür bin ich wahrscheinlich selbst: Bis Mai saß theoretisch dort mein Vorgänger - der kam bekanntermaßen aus der ÖVP. Jetzt ist die Frage: Vertrete ich das Gleiche wie mein Vorgänger? - Wahrscheinlich nicht! Ich bin ein politischer Mensch.

Dieser Ausschuss ist zusammengesetzt aus Fachexperten, die ich sehr, sehr schätze und viele auch kenne, und ich weiß, wie sehr sie sich bemühen um gute Lösungen, entsprechend dem Auftrag. Er besteht aber auch aus aktiven Politikern, die - ja, selbstverständlich! - in einem Staat unterschiedliche politische Positionen vertreten - gerade auch in Verfassungsfragen, in Grundsatzfragen unseres politischen Handelns.

Und am besten können Sie es wahrscheinlich daran erkennen, dass es immer schwierig war, etwa die Vorschläge aus Salzburg abzustimmen mit den Beamten, die gleich blieben - Sie wissen ja: Politiker kommen und gehen, Beamte bleiben -, weil meine Ideen zum Beispiel oft wesentlich anders waren. Also, ich lege wesentlich mehr Wert darauf, etwa der Wirtschaft so manche Fußangel wegzunehmen, also sie zu befreien in vielen Fragen - da wundert sich Herr Präsident Leitl -, weil es mir einfach ein Anliegen ist und weil ich es immer wieder erlebe, etwa in Fragen der Bautechnik, aber auch in vielen anderen Fragen, wie grotesk es ist, dass die Länder hier unterschiedliche Regelungen haben, oder - das ist die andere Absurdität - dass wir ein „Xerox-Verfahren“ oft einführen - sprich: Wir kopieren sozusagen voneinander, damit wir wenigstens zu sinnvollen wirtschaftliche Regelungen kommen.  Und das einem Legisten auf Landesebene klarzumachen, ist natürlich nicht einfach, denn dort schlägt das Herz weder links noch rechts, sondern natürlich in der Einheit, für die er arbeitet. Und damit wollte ich einmal die Grundproblematik ansprechen, die von diesem Konvent beherrscht ist.

Ich bin der Meinung, es ist Zeit, dass jetzt die Ausschüsse ihre Ergebnisse fertig stellen - und das ist ja auch der Fall - und dass es dann einen Bericht gibt. Ich gebe mich aber nicht der Illusion hin, dass der Konvent sozusagen die Verfassung liefern kann, sondern wir haben ja gerade jetzt wieder gehört, wie viele „dissenting opinions“ es gibt, wie oft kein gemeinsamer Vorschlag gefunden werden soll. Und was ich mir sehr wünsche, ist, dass der politische Prozess über das Konvent-Ergebnis möglichst bald begonnen wird - soviel ich weiß, hat es bis dato keine politischen Gespräche auf höchster Ebene gegeben. Und eine Verfassungsänderung sollte, so würde ich es mir wünschen, vom Konsens aller im Nationalrat vertretenen Parteien getragen sein - es wird auch notwendig sein, aber das eine ist so wirklich der Wunsch, dass hinter der Verfassung eigentlich alle stehen sollten.

Sie können sich sicher erinnern an die hohen Wünsche und Anforderungen an diesen Konvent: Bürgernähe, Transparenz, mehr Rechtsschutz, soziale Rechte in der Verfassung, aber auch, auf der anderen Seite, eine Kostenreduktion, Doppelgleisigkeiten abschaffen, abgerundete Kompetenz-Tatbestände und vieles andere auch. Diese Ansprüche zu erfüllen wird nur dann funktionieren, wenn alle in der Verfassungsfrage nach vorne schauen - und hier möchte ich eine klare politische Positionierung abgeben, in diesem Fall sozusagen als Sozialdemokratin: Ich mache mir Sorgen, dass dieses Nach-vorne-Schauen etwas verloren gegangen ist in der letzten Zeit.

Gerade die letzten Beispiele haben gezeigt , etwa die Debatte rund um die Beschneidung der Arbeiterkammer-Einnahmen oder auch jetzt das geplante Gesetz über die Novellierung des Wahlrechts in der Hochschülerschaft, dass manche nicht diese moderne Verfassung haben wollen, sondern die Verfassung eigentlich nach anderen Grundsätzen beurteilen. Oder für mich ist so das beste Beispiel die Hauptverbands-Reform: Ich sehe überhaupt nicht ein, warum hier bei einer ganz wichtigen Basisfrage in unserem Staat - nämlich der Zusammensetzung - plötzlich wieder Farbenlehre gespielt wird, statt Grundsätze der Vertretung durchzusetzen, nämlich entsprechend der Größe auch der dahinter stehenden Gruppen. Ich fordere daher auch von hier, dass man diesen Weg verlässt, und ich halte das auch für eine wichtige Frage, dass wir weiterkommen.

Viele von Ihnen werden vielleicht auf Grund der Ansagen etwas verwundert gewesen sein, und daher versuche ich es auch Ihnen zu erklären: Das ist keine Kritik am Konvent, sondern das ist eine Vorgabe für die weiteren politischen Debatten hinsichtlich der Umsetzung des Konvent-Ergebnisses, dass es notwendig sein wird, diesen Weg nach vorne für eine moderne, demokratische Verfassung zu gehen, denn sonst wird man diesen Weg nicht finden. - Ich meine das sehr ernst, und ich möchte auch hier deponieren, dass ich größtes Interesse an einer modernen Verfassung habe.

Und ich möchte mit einem kleinen Beispiel schließen, das Ihnen auch den Ernst der Situation zeigt: Wir haben im Mai in Salzburg eine neue Regierung gebildet; ich bin seit neuestem zuständig für das Bildungswesen - Sie kennen vielleicht den Rechnungshof-Bericht über die Zusammenlegung der Einrichtungen, die wir hier haben. Wir haben gerade jetzt wieder gehört, dass eben im Ausschuss 6 keine Lösung für die Frage der Organisation der Schulbehörde gefunden wurde. - Klar, es hängt ja auch damit zusammen, was der Ausschuss 5 hier vorschlägt - und der schlägt ja, soviel ich weiß, auch sehr Unterschiedliches vor, also gibt es auch hier keinen Vorschlag.

Wir haben in unserem Regierungsübereinkommen in Salzburg festgehalten: Wir möchten das Ergebnis des Konvents abwarten, um zu entscheiden: Schaffen wir eine einheitliche Schulbehörde auf Landesebene, oder transferieren wir unsere Aufgaben, die wir im Land haben als Zuständige, zum Landesschulrat? Sie sehen also, dass mein Problem hier leider nicht gelöst wird, und ich fürchte, es wird so sein wie bei vielen anderen Fragen auch: dass der Konvent sich zwar bemüht um wirklich intelligente, tolle Vorschläge, aber letztendlich die Politik entscheiden wird.

Ich werde alles dazu beitragen, mitzuhelfen, aber ich möchte, wie gesagt, auch deponieren: Es wird nur dann gehen, wenn alle politisch nach vorne schauen in Richtung moderne, soziale, transparente Verfassung. - Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch, Frau Landeshauptfrau. Sie haben die Zeit überzogen. Ich habe dies, ich sage es ganz bewusst, ausnahmsweise toleriert, weil Sie zum ersten Mal gesprochen haben. Und ich habe es auch deshalb toleriert, weil ich Ihnen nicht nur für Ihre Wortmeldung danken möchte, sondern auch gratulieren möchte: Ich habe noch von keinem Landespolitiker und von keiner Landespolitikerin so mutige Worte zur Kompetenzlage im Baurecht wie von Ihnen gehört - besten Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hösele. - Bitte sehr.

Herwig Hösele: Herr Präsident! Frau Landeshauptfrau! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem die Frau Landeshauptfrau eigentlich grundsätzliche Bemerkungen gemacht hat, möchte ich mich da ein wenig einklinken und anschließen.

Es ist, glaube ich, ganz wichtig, den Weg nach vorne zu sehen, wie Sie es mehrfach betont haben. Wir haben 17 Monate der Konventsberatungen hinter uns. Das sind, zeitlich formuliert, ungefähr 94 Prozent, und nur 5 Prozent der Zeit noch vor uns, weil ja die Aufgabenstellung eindeutig war: Der Konvent hat seine Arbeit innerhalb von 18 Monaten nach seiner Konstituierung mit einem Bericht abzuschließen.

Jetzt weiß ich, dass überall - im Sport und sonst irgendwo, und auch in allen politischen Verhandlungen - der Endspurt das Wichtigste ist. Mein dringender Appell an alle und an uns alle, die hier mit dabei sind, ist natürlich, den Erfolg des Konvents sicherzustellen. Und da haben mich die gewissen Unkenrufe der letzten Tage und Wochen und auch Zurufe von Menschen, die nicht unbedingt im Konvent zu tun haben.

Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe mit dem ÖH-Gesetz und mit der Arbeiterkammergesetz-Novelle, die dann sowieso nicht gekommen ist, im Konvent nichts zu tun gehabt, und das ist auch nicht unbedingt ein stringentes Konvent-Thema. Man muss es aber natürlich auch im Gesamttext betrachten. Ich würde doch darauf hinweisen wollen, dass es in aller Interesse liegen müsste, das Ziel des Konvents - einen neuen Verfassungstext zu schaffen, der in knapper und umfassender Form sämtliche Verfassungsbestimmungen enthält - auch erreichen zu wollen. Dazu ist von allen - ich glaube, es sind wirklich sehr umfassende Grundlagen in den Berichten und Ergänzungsberichten geschaffen worden, ich glaube, es wird die größte Zusammenschau sein, die wir je gehabt haben -, die Bereitschaft zu ehrlichen und tragfähigen Kompromissen notwendig.

Es kann ja ein solches Werk nur gemeinsam gelingen, so wie es auch 1920 gemeinsam gelungen ist: Ein Kompromiss ist ja in der Politik nicht per se etwas Schlechtes, sondern etwas politisch Notwendiges. Es geht darum, dass es kein fauler, sondern ein guter Kompromiss ist. Und ich muss ganz ehrlich sagen, mir hat sehr bei der Eröffnungssitzung, die wir hier im Haus gehabt haben, der Satz des damaligen Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl, imponiert, der gesagt hat so ähnlich, wie ich es mir auch gedacht habe, und wie ich selbst habe versucht, zu formulieren. Er hat damals gesagt, wir sind zum Erfolg verpflichtet. Das heißt, in den letzten 31 Tagen, wenn ich das richtig sehe, sollten wir uns alle sehr, sehr bemühen und die Energien in die richtige Richtung lenken.

Das Konventspräsidiumsmitglied, das mittlerweile unser Staatsoberhaupt geworden ist, unser gemeinsames Staatsoberhaupt, hat heute im „Standard“ ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Interview gegeben. Ich darf nur die Sätze über den Konvent zitieren. Aber alle sind eingeladen daran zu denken, dass schon viel Energie in den  Konvent investiert wurde und dass es schön wäre, wenn sich da auch Ergebnisse einstellen würden. So weit zur grundsätzlichen Frage, weil ich glaube, es wird, wenn es zu keinem Ergebnis kommt, ganz allgemein der Politik und dem Verfassungsrecht und dem Ansehen aller hier Anwesenden nicht sehr nützlich sein, wenn die besten Köpfe der Verfassungswissenschaft und die wichtigsten Repräsentanten der Republik tagen und die Berge kreißen und ein Mäuslein ward geboren. Folglich, bitte, müssen wir uns alle sehr bemühen. Ich habe großes Vertrauen in die Beratungen des Präsidiums auch in diesem Zusammenhang und darf zum Ausschuss 6 eine Frage auch anschneiden, die die Frau Landeshauptfrau angesprochen hat. Ich persönlich glaube, und es ist auch im Bericht des Sektionsleiters deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Eingliederung der Schulverwaltung in die mittelbare Bundesverwaltung - und nicht in eine Sonderbehörde - wahrscheinlich der kostengünstigste und auch qualitätsstandardsicherndste Weg wäre, und gleichzeitig auch eine Möglichkeit bringt, Doppelgleisigkeiten abzubauen. - Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Bundesrat. Als nächster Redner hat sich Herr Präsident Dr. Leitl zu Wort gemeldet. -Bitte sehr, Herr Präsident.

Dr. Christoph Leitl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich darf Ihnen, Frau Landeshauptfrau, danken, dass sie gewisse Punkte angesprochen haben, nachdem ja auch Beratungsgegenstand die autonome Selbstverwaltung ist und Sie den Hauptverband angesprochen haben. Wir haben das Angebot gemacht - weil Sie Farbenlehre betont haben - raus mit der Farbenlehre und sozialpartnerschaftliche Grundprinzipien in allen Bereichen der Sozialversicherung. Dieses Angebot steht. Danach wollen wir in Zukunft handeln, damit wollen wir auch dem Geist der Verfassung entsprechen, aber auch der Philosophie einer richtig verstandenen Selbstverwaltung. Ich ersuche Sie diesbezüglich auch um Ihre Unterstützung.

Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft hat sehr konkrete Erwartungen an diesen Verfassungskonvent. Und wir erwarten in entscheidenden Punkten auch Lösungen. Dieser Konvent soll nicht, wie in den letzten Tagen mehrfach diskutiert, zu einer Frage werden, ob die Regierung oder die Opposition einen Erfolg hat, sondern es muss ein Erfolg für den Standort Österreich sein. Hier habe ich derzeit so meine Zweifel, und ich hoffe, dass wir uns auf das Gemeinsame besinnen und unser Bundespräsident wurde ja zu Recht schon in diese Richtung zitiert.

Im Ausschuss 6 ist es um die Reform der Verwaltung gegangen. Es ist darum gegangen, verfassungsrechtliche Grundstrukturen für den Einfachgesetzgeber und, darauf aufbauend, für eine moderne effiziente und sparsam organisierte Verwaltung zu machen. Leider sind wir über abstrakte Vorschläge nicht hinaus gekommen. Ich möchte das ganz offen sagen. Und Lösungsansätze sind aus meiner Sicht hier noch nicht erkennbar.

Wir haben uns zwar auf den Grundskonsens des Effizienzgebotes geeinigt, aber das war es dann auch schon. Bekenntnisse zu Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sind, glaube ich, klar. Es soll auch nicht um Leistungsinhalte gehen, sondern um die Effizienz der Leistungserbringung in der Verwaltung. Und daher nochmals unsere nachdrückliche Forderung, die Chancen, die in einer kostengünstigen, bürgernahen und einfach organisierten Verwaltung liegen, sind konsequent zu nützen. Es ist dies eine unbedingte Voraussetzung für den Erfolg des Standortes Österreich.

Dazu passt die Diskussion, die im Ausschuss 5 über die Kompetenzverteilung geführt wird, und hier ist ja eine Annäherung der Positionen bisher überhaupt nicht erfolgt. Bruchlinien zwischen Bundes- und Länderinteressen sind gegeben. Wir als Wirtschaftskammer Österreich orientieren uns eigentlich an die Rechtslage der Europäischen Union, und diesem Leitgedanken dieser Europäischen Union folgen auch wir. Das heißt, das Binnenmarktprinzip muss auch in Österreich in Form eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes berücksichtigt werden und hier Materien, die hier schon angesprochen worden sind: zehnmal Bautechnik, Datenschutz, Vergaberecht, ja, ich kann wirklich auch nichts damit anfangen, dass jedes Bundesland unterschiedlich die Stufenbreiten und die Stufenhöhen für Stiegen regelt. Ich kann nichts damit anfangen, dass Baustoffe, die in einem Bundesland erzeugt werden, eine Zulassung in einem anderen Bundesland brauchen.

Meine Damen und Herren! Ich bin immer für Föderalismus, aber für einen richtig verstandenen Föderalismus, nämlich im Sinne der Subsidiarität, bessere Lösungen für die Menschen zu machen und nicht kompliziertere und komplexere Lösungen. Das ist falsch verstandener Föderalismus. Daher sollten wir eine Kompetenzverteilung machen, die diesbezüglich klar ist, den kleineren Einheiten wichtige Aufgaben, Bürgernähe zuordnet, und den großen Einheiten entsprechende andere. Die Zuordnung der dritten Säule sollte so erfolgen, dass der ungeheuer komplizierte Vorschlag, der bis zur Selbstlähmung führen würde, nicht Wirklichkeit wird, sondern unsere Forderung ist hier Klarheit und Rechtssicherheit.

Konkrete Ergebnisse sind gefordert. Kompromisse ja, aber keine faulen Kompromisse, hier schließe ich mich meinem Vorredner an. Wir können es sicherlich nicht allen recht machen, das ist auch nicht der Sinn dieser Sache. Aber wir wollen klare mutige und zukunftsorientierte Ergebnisse dieses Konvents. Ich will es einmal volkstümlich sagen: Genug gegackert, jetzt wollen wir das Ei sehen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Präsident. Die nächste Wortmeldung steht bei Herrn Bundesrat Konecny. - Bitte sehr, Herr Bundesrat.

Albrecht Konecny: Herr Vorsitzender!

Ich möchte einleitend sagen, dass ich mich ein bisschen bei den Mitgliedern des Arbeitskreises 6 und seinem Vorsitzenden entschuldige, aber das Bedürfnis nach einer doch breiter angelegten Debatte scheint ein weit verbreitetes zu sein. Das ist keine Missachtung dieses Ergänzungsberichtes, sondern ein dringendes Bedürfnis, das auch ich empfinde in einer Phase, wo wir drauf aufmerksam gemacht wurden, dass wir allenfalls noch 31 Tage Zeit haben, obwohl ich die Wahrscheinlichkeit einer Silvestersitzung gering einschätze, dass hier auch Schienen gelegt werden müssen, wie diese Arbeit zu einem Ergebnis gebracht werden kann.

Und die Frage, was ein Ergebnis ist, ist gerade auch angesichts des hier formal debattierten Berichtes ernsthaft zu stellen. Jeder Bericht, der diesem Plenum vorgelegt wurde und der im Präsidium diskutiert wurde, hält, und das ist nicht überraschend, fest, dass in vielen Fragen zwei, manchmal auch mehr divergierende Standpunkte bestehen. Die Ausschussvorsitzenden haben einen eigenen lyrischen Stil entwickelt, um das Ausmaß des Konsenses oder Dissenses zu charakterisieren, von vereinzelt bis mehrheitlich und überwiegend wurden hier die Sprachfiguren gewählt, weil wir ja nicht abstimmen können und sollen, und das ist auch vernünftig so.

Klar ist, dass sowohl in allen Fragen, die in den Ausschüssen nicht in allen, aber in den vielen zentralen Fragen, die in den Ausschüssen diskutiert wurden, dieser Dissens gegeben ist, und dass zweitens - und ich habe das in einem früheren Plenum problematisiert  -  wir ja so aufeinander angewiesen sind in der Arbeit der allermeisten Ausschüsse, dass die Nichtentscheidung von Vorfragen naturgemäß Antworten sehr schwierig macht.

Wenn wir - das wurde schon erwähnt - zu keinen abschließenden, gemeinsam tragbaren Lösungen in der Kompetenzverteilung kommen, dann ist es naturgemäß sehr, sehr schwierig, ein konsistentes Gebilde der Verwaltung zu konzipieren, und es gibt auch andere Konnexe dieser Art zwischen den Arbeitsgruppen. Das ist bedauerlich, aber das werden wir auch in den letzten 31 Tagen - aus rein praktischen Erwägungen - nicht mehr herstellen können. Daher möchte ich klar sagen, dass die Ergebnisse des Konvents - und ich erachte auch das als einen Erfolg, weil auch dieses Wort gefallen ist - nicht darin bestehen kann, dass, wer auch immer, aus dieser reichen Materialfülle sich nun ein Verfassungspapier zusammenstellt, das naturgemäß nicht die Meinung des Konvents in seiner Gesamtheit darstellen kann. Ich halte es ganz im Gegenteil für außerordentlich wesentlich, dass die vielfältigen und gut durchdachten Ansätze, die in den Berichten der Ausschüsse zum Ausdruck kommen, nicht verloren gehen für eine Verfassungsdebatte, die im Gegensatz zur Arbeitsperiode des Konvents nicht am 31. Dezember zu Ende gehen wird.

Ich bin, wenn ich auch ältere Berichtspapiere aus konkreten Gründen in die Hand nehme, immer wieder überrascht, was es da noch zu entdecken gibt, und was im Lichte weiterer, inzwischen stattgefundenen öffentlichen Diskussionen ein besonderes Interesse erwecken könnte. Es wäre sehr, sehr schade, wenn - und ich darf da den Präsidenten Leitl mit seinen Baumaterialien paraphrasieren - wir diese Fülle von Baumaterial einer Verfassung vergessen würden, beiseite schieben würden, sie in den Abraum verbannen würden. Diese Teile zusammen zu fügen, das muss noch geschehen. Aber viele gute Baumaterialien sind das Ergebnis dieses Konvents. Und die paar Lücken, die wir zugeben müssen, werden im politischen und öffentlichen Diskussionsbereich zu füllen sein.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke sehr, Herr Bundesrat.

Als Nächster hat sich Herr Sektionschef Dr. Matzka zu Wort gemeldet. - Bitte, Herr Sektionschef.

Dr. Manfred Matzka: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren Konventsmitglieder!

Ich beziehe mich auf den Ausschuss 6 und seine Arbeit und seinen Bericht. Eigentlich - das soll man so deutlich sagen, wie es ist - ist uns hier kein wirklicher, konkreter Durchbruch gelungen.

Wir haben einiges im Grundsätzlichen angemerkt, und da folge ich der Einschätzung des Herrn Präsidenten Leitl: Das ist, und ich meine das nicht negativ, das sind ideologische Plakate, die wir an die Wand genagelt haben. Durchaus mit vernünftigen und klaren Aussagen, aber wenn ich es nur dabei bewenden lasse zu sagen, wir brauchen ein erweitertes Effizienzgebot, dann heißt das noch gar nichts für das konkrete Verwaltungsleben. Das muss man mit Inhalten füllen, weil es sonst den Eindruck erweckt, da gibt es den Pappkameraden mit den Ärmelschonern, der in den Verwaltungen herumsitzt und von Effizienz überhaupt nichts versteht. Und das ist nicht die Wahrheit. Wenn sich etwas in den Beratungen dieses Ausschusses gezeigt hat, dann hat sich gezeigt, dass im Bund, in den Ländern, in den Gemeinden unglaublich modern und effizient gearbeitet wird. Es gibt, und das wissen die wenigsten, Kostenrechnung quer durch die Gebietskörperschaftenverwaltungen. Wir arbeiten mit SAP in einem höheren Ausmaß wahrscheinlich als privatwirtschaftliche Unternehmungen.

Wir haben ein Informationsmanagementsystem, elektronisches Aktensystem, papierlose Büros, die im Standard deutlich über das hinausgehen, was die österreichische Banken- und Versicherungswirtschaft einsetzt. Diese Verwaltung in diesem Land ist modern, arbeitet mit modernen Methoden, hat extrem gute Leute, die nicht im Gestrigen herumhocken, sondern nach vorne denken und good governments im ganz konkreten Sinn entwickeln. Und deswegen tut es Leid, dass wir bei ganz wesentlichen Blocks unserer Verwaltungsorganisation - unserer veralteten Verwaltungsorganisation - nicht weiter gekommen sind.

Schule: Es ist ja nun wirklich nicht einzusehen, warum wir in der Kompetenzverteilung eines 8‑Millionen‑Landes im Schulsystem eine derartige hypertrophe, seitenlange Herausziselierung haben. Tut uns im Übrigen auch nicht gut, ja, weil so toll sind unsere Schulsystem im internationalen Vergleich ja wirklich nicht, dass man sagen könnte: Das ist das Beste, das es an Bildungssystemen gibt auf der ganzen Welt. Und wir haben es nicht geschafft. Wir haben uns nicht einmal getraut zu sagen: Schule ist Bundeskompetenz plus „Aus, Schluss, Ende“. Und eine einheitliche Struktur in der Verwaltungsorganisation, im Personalwesen, in der Finanzierung, Effizienz steigernd. Wer würde denn ein so ein Schulsystem erfinden, wenn er vom Stern auf die Welt herunterfiele und eines zu komponieren hätte für die Kinder? Niemand!

Und dasselbe ist in der Sicherheitsverwaltung. Unser Land leistet sich drei Ebenen der Sicherheitsverwaltung. Also, so groß sind wir nun wirklich nicht, und so viele Verbrecher haben wir auch nicht in diesem Land, dass wir das brauchen würden. Schlank, effizient, schlagkräftig in der Sicherheitsverwaltung sind zwei Ebenen und Schluss. Und da muss man den Mut haben, über Bezirks- und Gemeindegrenzen hinauszusteigen, in Regionen zu denken. Wo ist die Region mit ähnlichen Sicherheitsproblemen? Und auf die setze ich eine Verwaltungsstruktur drauf, und das schlägt dann durch.

Und im Gesundheitsbereich und im öffentlichen Dienst in seiner Struktur ist es ähnlich, ja. Ich sehe sehr großen Mut, sehr große Bereitschaft, über heute hinaus zu denken in grundsätzlichen Bekenntnissen. Und ich sehe dann eine wirkliche Kleinlichkeit, wenn es um das Konkrete geht. Da liegt ein Vorschlag am Tisch, und alle spitzen die Ohrwaschln. Und man spürt die Frage: Moment, was ändert denn dieser Vorschlag jetzt ganz konkret an meinen kleingärtnerischen Schrebergartenstrukturen? Und wenn man draufkommt, da könnte sich ja was ändern für mich ganz konkret, ist schon der Block da mit allen möglichen Argumenten und man traut sich nicht mehr weiter.

Das ist schade in den konkreten Diskussionen. Und das erwartet eigentlich die Bevölkerung von diesem Konvent: in den konkreten Strukturen etwas weiter zu bringen, auch dann, wenn man an heiligen Kühen der Kompetenzverteilung kratzen muss oder an überkommenen polizeilichen Strukturen, die halt seit 80 Jahren - oder in dem Fall eh nur seit 60 Jahren - so sind, wie sie sind. Da sollten wir drüber hinaus, und da finde ich es schade, dass uns das im Sechser nicht gelungen ist. Und ich bin selber auch dran Schuld, obwohl ich, wer mich erlebt hat im 6-er Ausschuss, nicht derjenige war, der gebremst hat, sondern der, der vorangegangen ist mit Vorschlägen. Ich bin halt allein geblieben, weil ich bin offensichtlich ein Beamter, den man mit den Ärmelschonern dann doch nicht so identifizieren kann, und das dann verwirrend ist in der Diskussion. Ich bedanke mich.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Sektionschef, und ich hoffe, was die Hypertrophie des Schulsystems anlangt, dass Sie nicht nur mir, sondern auch vielen anderen Mitgliedern des Konvents aus dem Herzen gesprochen haben.

Es hat sich nochmals Frau Landeshauptfrau Burgstaller zu Wort gemeldet. Ich darf Sie bitten, Frau Landeshauptfrau, und darf ganz besonders an die fünf Minuten Redezeitbeschränkung erinnern. - Bitte sehr.

Mag. Gabi Burgstaller: Keine Sorge, Herr Präsident, ich werde nur eine Minute brauchen.

Ich glaube, die bisherige Debatte hat ja schon gezeigt, woran es krankt, nämlich, dass die Ergebnisse der Ausschüsse auf Grund ihrer Zusammensetzung - und das liegt in der Natur der Sache - etwas Anderes zeigen, als hier zum Ausdruck kommt, nämlich ein möglichst intelligentes Verfassungssystem. Und ich möchte eigentlich nur ganz kurz warnen, weil der Herr Bundesrat Hösele gemeint hat, das Ziel sei ein neuer Verfassungstext.

Also: Nie und nimmer würde ich nur einem neuen Verfassungstext zustimmen, sondern tatsächlich einer neuen, mutigen Verfassung. Und das sollte unser gemeinsames Ziel sein. Und daher, Herr Präsident, darf ich auch eine Bitte hier äußern - und werde die natürlich auch in meiner Fraktion auch weitertragen, in dem Fall bin ich ja Landesvertreterin, aber ich werde es auch gerne in der Landeshauptleutekonferenz sagen - : dass man eben von diesem Kleinkarierten weggeht, zudem, dass man endlich die politische Debatte führt.

Und dazu braucht es halt eine Einladung, würde ich meinen, des Bundeskanzlers an alle Parteien, an alle Parteien, nicht nur, dass die Verfassungsmehrheit gesichert ist, sondern, wo man über das diskutiert, wie kann man diese ganzen ideologischen Eckpfeiler lösen. Und zwar nicht mit billigen Kompromissen, sondern mit den besten Lösungen für unser Staatswohl bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen, das ist mir schon klar, wo die Gewichtungen dann liegen werden. Aber ich glaube, es braucht den Beginn dieser Debatte, sonst würde diese hervorragende Basisarbeit hier untergehen. Und es ist, glaube ich, sehr an der Zeit, dass sie begonnen wird. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Landeshauptfrau.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Präsident Hatzl. - Bitte sehr, Herr Präsident.

Johann Hatzl: Hoher Konvent!

Die Reform der Verwaltung, das ist ja unbestritten, war immer auch ein dauerhafter Prozess der Veränderung. Manchen vielleicht zu langsam, manchmal ist es manchen auch zu schnell gewesen. Selbst wenn wir uns auch hier auf vieles einigen, wird es in einigen wenigen Jahren schon wieder Notwendigkeiten des Bedarfs geben.

Ich gebe auch gerne zu, je einfacher und gleicher die Regeln gesamtösterreichisch auch im Verwaltungsbereich sind, umso übersichtlicher und umso klarer und verständlicher wirken sie trotzdem. Dennoch sage ich, das sollte zumindest auch angesprochen sein, wenn man es korrekt betrachtet, es gibt auch neun Bundesländer und auch neun verschiedene - nicht Schrebergartenbetrachtungen, sondern gelegentlich auch - Notwendigkeiten des Unterschiedes. Sie sollen nur vernünftig begründet sein. Und das ist genau der Ausgangspunkt, zu dem sich sicherlich alle bekennen können.

Ich möchte aber mit meiner Wortmeldung an etwas anschließen, auch noch ansprechen, was in einer Art Generaldebatte oder -betrachtung behandelt wurde. Es ist schon richtig, dass heute erinnert wurde, dass der Wiener Landeshauptmann davon gesprochen hat, “ wir sind zum Erfolg verpflichtet“. Ich betrachte es durchaus als einen Erfolg, wenn jene Körperschaft, das Parlament, das letztendlich die Entscheidung zu treffen hat, mit einer Vielzahl von Möglichkeiten und Aufzeigen von Vorschlägen die Chance bekommt, Realisierung zu betreiben.

Ich kann nur nochmals an das erinnern, was ich ursprünglich am Beginn des Konvents gesagt habe. Ich bin ja damals ein Zweifler gewesen, dass es auch tatsächlich hier einen Gesamttext geben wird, zu dem sich alle bekennen können. Ich sagte schon damals, das kann nur eine Überforderung dieses Gremiums und dieser Körperschaft sein. Letztendlich gibt es in der Republik Österreich eine gesetzgebende Körperschaft, die die Beschlüsse zu fassen hat und Parteien, die letztendlich das zu verarbeiten und zu verantworten haben.

Es ist daher eine sehr kluge - und in vielen Bereichen auch differenzierte - Auflistung von Bereichen durch die Fachleute, durch die Mitglieder des Konvents in den Ausschüssen vorgenommen worden, die es der Politik ermöglichen, genauer zu beurteilen und in der Öffentlichkeit klarzustellen, für was man sich entscheidet.

Ich bin heute bewusster als früher dagegen, dass man immer wieder versucht, die Latte noch ein bisschen höher zu legen, um ein Ergebnis darzustellen oder zu erzwingen mit dem Gefühl, man wird dann erst recht nicht drüberspringen können um indirekt das Scheitern ansprechen zu wollen. Der Konvent wird nicht gemessen, ob er hier von A bis Z einen Text vorlegt, sondern er wird gemessen, ob er die entsprechenden Problemstellungen aufzeigen kann, dokumentieren kann, und ob die Politik danach im Stande ist, daraus auch etwas umzusetzen oder zu begründen, warum das eine oder das andere nicht möglich ist.

Meine Damen und Herren! Machen wir uns doch nichts vor: Auch die reale Politik des Tages hat sehr wohl mit Verfassungsfragen zu tun. Ich gebe zu, hätte ich manches, was ich in den letzten zwei, drei oder vier Wochen in der realen Politik erlebt habe, schon vor fünf oder sechs Monaten erlebt, wäre die Diskussion in meinen Ausschüssen zu diesen Themen auch eine andere Frage gewesen, denn heute bin ich genauso der Auffassung, es geht nicht nur darum, vielleicht manches aus der Verfassung heraus zu nehmen; andere sagen entrümpeln. Ich glaube, es zeigt sich gelegentlich, dass man manches neu in die Verfassung hinein schreiben muss, um sicher zu gehen, dass das nicht gelegentlich Opfer irgendwelcher politischer Kurzentscheidungen ist.

Daher, meine Damen und Herren, halte ich es für ganz gut und für einen Erfolg schon heute, zu wissen, wie wird die Politik entscheiden können, weil es eine Hilfestellung über die politischen Einzelüberlegungen der vier Parteien gibt. Zu dem soll man sich bekennen. Die Frage wird sein, was wird das Parlament tun, das wird man dann erleben - aber der Konvent war erfolgreich, wenn er sich nicht selbst noch in der Schlussphase überfordert.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident! Als Nächste hat sich die Frau Präsidentin Orthner zu Wort gemeldet. - Bitte sehr, Frau Präsidentin!

Angela Orthner: Herr Vorsitzender! Herr Kollege Hatzl!

Und ich habe immer gesagt, der Konvent ist erfolgreich, wenn die Mitglieder wollen, dass er erfolgreich ist, wenn alle dazu stehen, dass es eine gute Lösung für die wichtigen Fragen unseres Landes geben wird. Dazu gehört Diskussion.

Und mit allem Respekt, Frau Landeshauptfrau, aber ich halte es doch für eine gewagte Feststellung, von der Kleinkariertheit der Diskussion zu reden. Die Diskussion in den Arbeitsausschüssen, die Berichte, die es gegeben hat, die sind eine sehr qualitätsvolle Auseinandersetzung mit Problemen, die sind eine sehr qualitätsvolle Aufarbeitung dessen, was sich halt in manchen Jahren angesammelt hat und was wir ja, und das ist Auftrag des Gründungskomitees an uns gewesen, was wir auch besprechen sollen und auflisten sollen. Natürlich ist es eine Arbeit der Damen und Herren, die im Konvent sind, die aus den Landeshauptleuten, aus den Landtagspräsidenten, aus maßgeblichen Vertretern der politischen Parteien und aus maßgeblichen Vertretern der Wissenschaft, des Rechts und der Wirtschaft und anderer maßgeblicher österreichischer Stellen zusammengesetzt sind.

Ich glaube, dass dieses Miteinander ein sehr gutes ist in den Arbeitsausschüssen und dass auch das Präsidium weiß, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Selbstverständlich bedarf es der politischen Abstimmung, selbstverständlich werden wir alle von unseren Weltanschauungen geprägt. Da kommt halt öfter ein Konsens heraus im Bericht, als er dann im Präsidium auch tatsächlich festgeschrieben wird.

Das ist, ich glaube, wir haben jetzt die 37. oder 38. Sitzung im Präsidium, das ist ja auch unsere Arbeit, darauf zu schauen, wie kann man aus einem Dissens im Ausschuss einen Konsens, und zwar den guten Kompromiss und nicht den faulen Kompromiss, ich sage es hier noch einmal, dann auch tatsächlich machen. Die politische Abstimmung, die wird dann auch im Parlament geschehen, denn all das, was im Konvent beschrieben wird, beraten wird, beschlossen wird, bedarf ja einer Umsetzung im Parlament.

Ich glaube, diese Auseinandersetzung wird dann an anderer Stelle zu führen sein. Wir sind, glaube ich, immer noch in der Lage, den Konvent zu einem positiven und guten Ende zu bringen, in dem Sinne, dass erkennbar ist, dass wir neue Strukturen nicht nur andenken, sondern auch beschreiben, dass ein Abschluss des Konventes auch mit einem Text, der nicht nur aus zusammen gewürfelten Bausteinen, sondern in einer Übersicht der Dinge auch gegeben wird.

Ich denke mir, dass die Vorarbeiten dazu sehr gute sind und dass auch im Präsidium, zumindest von meiner Seite und, soweit ich das beurteilen kann, eigentlich vom ganzen Präsidium hier doch einer gemeinsamen Arbeit ein ganz großer Stellenwert gegeben wird.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Frau Präsidentin! Mit Ihrer Wortmeldung ist damit die Debatte zum ergänzenden Bericht des Ausschusses 6 abgeschlossen, und wir kommen zum ergänzenden Bericht des Ausschusses 5.

Ich darf dem Vorsitzenden des Ausschusses 5, Herrn Dozenten Dr. Bußjäger, das Wort erteilen, um uns eine Einführung zu diesem ergänzenden Bericht zu geben. Ihnen stehen 15 Minuten zur Verfügung, wie dies gewohnt ist. - Bitte sehr, Herr Dozent!

Dr. Peter Bußjäger: Sehr geehrter Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Das Präsidium des Österreich-Konvents hat mehrere Ergänzungsmandate beschlossen. Die wichtigste Aufgabe war die Formulierung abgerundeter Kompetenztatbestände (Kompetenzfelder), wobei nach den Vorgaben des Präsidiums die Zahl der Kompetenztatbestände auf etwa ein Drittel oder auch weniger reduziert werden sollte und eine nachvollziehbare Zuordnung der bisherigen Kompetenztatbestände zu den neuen Kompetenzfeldern vorgenommen werden sollte. Dann war der weitere Auftrag, einen Vorschlag für eine Aufteilung der neuen Kompetenzfelder auf Bund und Länder unter Zugrundelegung eines Zweisäulenmodells und eines Dreisäulenmodells vorzunehmen. Das war im Wesentlichen der Auftrag des Präsidiums, der auch dann in nachfolgenden Ergänzungsmandaten präzisiert wurde. Ich verweise diesbezüglich im Interesse der Zeitersparnis auf den Bericht, den Sie alle kennen.

Der Ausschuss wurde ersucht, insgesamt bis zum 30. Oktober 2004 dem Präsidium über die Ergebnisse der Beratungen schriftlich zu berichten. Diesen Termin haben wir einigermaßen halten können. Der Ausschuss hat diese Aufträge abgearbeitet und einen Ergänzungsbericht bereits im Juni und nun diesen Abschlussbericht vorgelegt. Ich bedanke mich bei allen Ausschussmitgliedern recht herzlich dafür, dass sie sich die Zeit genommen haben für eine äußerst sachliche Zusammenarbeit, bei der man sich mit der Kleinteiligkeit der Kompetenztatbestände, die nicht verwechselt werden darf mit einer Kleinkariertheit, auseinander gesetzt hat. Ich bedanke mich ganz besonders wieder bei der fachlichen Ausschussbetreuung von Frau Dr. Kroneder für die ausgezeichnete Unterstützung und dann natürlich beim Konventsbüro für die gewissenhafte Erledigung der Sekretariatsaufgaben.

Nun einige grundsätzliche Bemerkungen. Der Ausschuss hält in seinem Bericht ausdrücklich fest, dass er nur Gesetzgebungskompetenzen beraten hat. Er ging allerdings von der Annahme aus, dass der Vollzug von Bundesgesetzen durch die Länder, sei es im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung oder im Rahmen der Landesvollziehung, weiterhin einen wesentlichen Bestandteil des Systems bildet. Die Beratungsergebnisse des Ausschusses, wie sie im Bericht vom 4. März 2004 festgehalten sind, bleiben insoweit aufrecht, als der neue ergänzende Bericht nicht zu abweichenden Ergebnissen kommt. Wir haben eine Reihe von Textvorschlägen gesammelt, die im besonderen Teil des Berichtes angehängt sind. Nun im Einzelnen.

Kompetenzfelder und ihre Verteilung auf Bund und Länder. Der Ausschuss hat entsprechend dem Auftrag des Präsidiums nach größeren abgerundeten Kompetenzfeldern eben neue Kompetenztatbestände formuliert. Ziel war es, die Kleinteiligkeit der Kompetenzzuweisungen aufzulösen und zu einer geringeren Zahl von Tatbeständen zu finden. Das ist zumindest in wesentlichen Bereichen gelungen. Ich denke, man kann, auch wenn ich jetzt die Dissenspunkte mit einbeziehe, insgesamt die bestehende Kompetenzverteilung auf 50 bis 60 Kompetenzfelder reduzieren. Von diesen neuen Kompetenzfeldern konnten im Ausschuss viele konsensual Bund und Ländern zugewiesen werden. Allerdings gab es im Einzelnen dann doch divergierende Auffassungsunterschiede, auch was die Zuordnung der bisherigen Kompetenztatbestände zu diesen neuen übergeordneten Kompetenzfeldern betrifft, auch sehr viel gravierende Auffassungsunterschiede. Der Meinungsstand zu diesen Fragen und die Beratungsergebnisse sind im Bericht im Anhang 1 wiedergegeben, auf den ich hier verweisen darf.

Rechtsbereinigung. Der Ausschuss hat sich auch mit der Frage auseinander zu setzen gehabt, wie die kompetenzrechtlich relevanten Verfassungsbestimmungen, die derzeit außerhalb der eigentlichen Verfassungsurkunde angesiedelt sind, in eine neue Kompetenzverteilung mit einbezogen werden können. Dabei war die Grundlage der Beratungen eine vom Ausschuss 2 vorbereitete Liste der relevanten Normen.

Die Beratungen ergaben, dass von den rund 60 außerhalb des B-VG stehenden, die Gesetzgebung betreffenden Kompetenznormen praktisch keine beibehalten werden müssen, sondern in übergeordnete Kompetenzfelder aufgehen können und für ungefähr die Hälfte dieser Bestimmungen konnte im Konsenswegs eine Lösung gefunden werden, für den Rest wurden Variantenvorschläge, in der Regel waren es zwei Varianten, gemacht. Auch haben wir uns mit verschiedenen dislozierten Verfassungsbestimmungen die Kompetenzen betreffend in Staatsverträgen auseinander gesetzt und doch auch im Wesentlichen ein konsensuales Ergebnis erzielt. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind im Anhang 2 des Berichtes dargestellt.

Nun, Zweisäulenmodell gegen Dreisäulenmodell. Der Ausschuss erachtete ein reines Zweisäulenmodell im Sinne einer strikten und starren Trennung der Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern in der Gesamtabwägung als nicht zweckmäßig und sprach sich insgesamt für die Schaffung eines Dreisäulenmodells aus, wobei jedoch viele Ausschussmitglieder dafür eintraten, diese dritte Säule, diesen kooperativen Bereich, so schmal wie möglich zu halten.

Für ein Dreisäulenmodell wurde ins Treffen geführt, dass eine starre Aufteilung der Kompetenzen den Anforderungen eines modernen Bundesstaates einerseits und den Erfordernissen der EU-Mitgliedschaft andererseits nicht zu genügen vermag. Vielmehr müsse es Mechanismen geben, die eine gewisse Flexibilität in der Inanspruchnahme von Kompetenzen ermöglichten. Es wurde aber insgesamt die Meinung vertreten im Ausschuss, dass diese Unterscheidung zwischen einem Zweisäulenmodell und einem Dreisäulenmodell letztlich eine graduelle und keine grundsätzliche ist. Wesentlich ist, dass ein ausreichend flexibles Instrumentarium vorhanden ist, wobei angemerkt wurde, dass auch schon die derzeit bestehende Rechtsordnung bestimmte Flexibilisierungsmechanismen kennt, die vielleicht ausgeweitet werden können.

Nun zum Gesetzgebungsmechanismus in der dritten Säule. Der Ausschuss hat sich mit der Frage der Inanspruchnahme der Kompetenzen der dritten Säule auseinander gesetzt und es hat sich gezeigt, dass die grundsätzliche Zustimmung zu einer dritten Säule - wie auch die Befüllung dieses Bereiches - wesentlich von der Ausgestaltung des verfahrensmäßigen Gesetzgebungsmechanismus abhängt. Das heißt, von der Frage, wer letztlich die Inanspruchnahme der Kompetenzen in der dritten Säule kontrolliert.

Die Meinungen im Ausschuss divergierten dazu beträchtlich. Allerdings können sie auf zwei wesentliche Bereiche grob zusammengefasst werden. Sowohl im Modell des Ausschussvorsitzenden als auch im Modell, das von Johannes Schnizer in den Ausschuss eingebracht wurde, ist ein Bereich mit konkurrierender Gesetzgebungszuständigkeiten, also eine dritte Säule - bei Schnizer sind es zwei im Wesentlichen - vorgesehen, die hinsichtlich des Gesetzgebungsverfahrens dahingehend eine Gemeinsamkeit aufweisen, dass dem Bundesrat eine wesentliche Rolle zukommt. Im Unterschied dazu steht allerdings das Modell des Ausschussvorsitzenden, das ergänzend zur Zustimmungspflichtigkeit der im Bereich der kooperativen Gesetzgebung erlassenen Gesetze durch den Bundesrat eine Zustimmung durch die Mehrheit der beteiligen Länder vorsieht. Dieses System einer doppelten Mehrheit kehrt in abgewandelter Form auch bei Schnizer, aber innerhalb des Bundesrates selber, zum Ausdruck.

Diesen beiden Positionen kann man eine andere Position gegenüber stellen, die wesentlich von Präsident Leitl in den Ausschuss eingebracht wurde, wonach die Gesetzgebung in der dritten Säule an ein objektives Kriterium gebunden wird, in dessen Mittelpunkt eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes steht, soweit es um die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse geht.

Die Länder werden dabei über den Bundesrat in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden und hätten über den Bundesrat das Recht, ein Vermittlungsverfahren anzustrengen. Letztlich hätten sie aber hier nicht die Möglichkeit, das Gesetzgebungsverfahren in dem Sinne zu blockieren, sondern es könnte lediglich eine Subsidiaritätsklage an den Verfassungsgerichtshof eingebracht werden.

Das sind so im Wesentlichen die drei Modelle, die im Ausschuss zur Diskussion standen, mit verschiedenen Abweichungen, die auch andere Ausschussmitglieder eingebracht haben. Insgesamt vertrat der Ausschuss überwiegend die Auffassung, dass die Inanspruchnahme der Kompetenz in der dritten Säule Gegenstand eines politischen Verfahrens sein soll, unter Umständen unter Zugrundelegung eines objektiven Kriteriums als Leitlinie. Viele Ausschussmitglieder sprachen sich für eine Konstruktion aus, die eine angemessene Vertretung der Länder im Gesetzgebungsprozess der dritten Säule gewährleistet. Einem neu konzipierten Bundesrat sollte dabei eine wesentliche Aufgabe zukommen. Andere Ausschussmitglieder plädierten dafür, letztlich dem Bundesgesetzgeber über dem Nationalrat die vorrangige Gestaltungsmöglichkeit in der dritten Säule einzuräumen.

Es besteht Konsens, dass der Bund eine Materie in der dritten Säule abschließend regeln kann, dass er sich aber auch auf die Regelung von Zielen, Rahmen und Grundsätzen beschränken können soll. Davon losgelöst war die Frage zu betrachten, ob es Materien geben soll, in denen die Gesetzgebung des Bundes von vornherein auf bestimmte Grundsätze beschränkt sein sollte. Das hat der Ausschussvorsitzende eingebracht. Diesbezüglich besteht allerdings kein Konsens.

Nun einige Bemerkungen noch zur Rechtstechnik der Zuordnung der bisherigen Kompetenztatbestände zu den neuen Kompetenzfeldern. Es wurden folgende Zuordnungsmöglichkeiten erwogen: Hinweis in den Gesetzesmaterialien; die zweite Möglichkeit: Die Zuordnung mittels eines Verfassungsausführungsgesetzes, eines so genannten Kompetenzzuordnungsgesetzes, wobei dieses Gesetz als eine Art Überleitungsgesetz zu verstehen wäre, das eine authentische Interpretation der neuen Kompetenzfelder vornimmt und eine Variante dazu, ein Kompetenzzuordnungsgesetz, das als Instrument zur flexiblen Verschiebung von Kompetenzen in einem bestimmten Rahmen zu verstehen wäre. Diesbezüglich wurde auch kein Konsens erzielt, genauso wenig auch zu dem Vorschlag, solche Kompetenzabgrenzungen und Zuordnung mittels einer Vereinbarung vorzunehmen. Aber es bestand zumindest Einigkeit darüber, dass geklärt werden muss, wie tatsächlich die  Zuordnung der verschiedenen derzeitigen Kompetenztatbestände zu den neuen Kompetenzfeldern verfassungsrechtlich erfolgen soll.

Da meine Zeit, genauso wie die Zeit des Ausschusses 5, am ablaufen ist, komme ich nun zum Schluss. Ich nehme eine abschließende Bewertung vor. Insgesamt hat sich der Ausschuss nach eingehenden Beratungen für ein Drei-Säulen-Modell ausgesprochen. Er begründete dies damit, dass auch in einem Zwei-Säulen-Modell solche Flexibilisierungsmaßnahmen erforderlich würden, die mehr oder weniger dann auf dasselbe hinaus liefen. Es wurde jedenfalls angedacht, dass es ein Zusammenwirken der Gebietskörperschaften auch in der Gesetzgebung geben muss, und dass eben die negativen Auswirkungen einer unelastischen, staatlichen Trennungsordnung überwunden werden müssen. Die grundsätzliche Zustimmung zu einer dritten Säule, wie auch deren Befüllung mit Aufgaben, hängt wesentlich von der Ausgestaltung des Gesetzgebungsmechanismus ab, und das wird nun zu klären sein. Die Meinungen im Ausschuss konnten immerhin auf einige wenige Varianten reduziert werden. Und ich glaube, es ist zumindest gelungen, Grundlagen für eine neue Konzeption der Kompetenzverteilung zu liefern. Es wurden auch in einigen wichtigen Punkten konsensuale Vorschläge vorgelegt. Und wie gesagt, in den Dissenspunkten wurde versucht, die Alternativen auf einige wenige Varianten zu begrenzen, was eine zukünftige Entscheidungsfindung auf politischer Ebene vielleicht doch noch ermöglicht. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Landtagsdirektor. Vor allem mögen Ihre Worte erhört werden, dass eine politische Konsensfindung nun im Anschluss an die Tätigkeit des Ausschusses leichter vonstatten gehen kann. Ich danke auch allen übrigen, die tatkräftig in diesem Ausschuss mitgewirkt haben und natürlich auch den unterstützenden Diensten von Seiten des Büros des Konvents und auch allen, die sich gerade, was diesen Ausschuss betroffen hat, in verschiedenster Weise verdient gemacht und bemüht haben. Ich hoffe, dass die hohen Erwartungen, die in eine neue Kompetenzverteilung gesetzt werden, durch den Konvent auch tatsächlich erfüllt werden können. Besten Dank, Herr Landtagsdirektor.

Ich darf nun mit der Diskussion zum Bericht des Ausschusses 5 als ersten Redner Herrn Präsidenten Michael Neureiter aufrufen.- Bitte sehr.

MMag. Michael Neureiter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben in Salzburg gerade eine Debatte über eine Redezeitbeschränkung auf 3 Minuten. Ich werde einen Test versuchen und möchte in der gebotenen Geschwindigkeit Ihnen einige Anliegen vorlegen.

Ich freue mich darüber, dass unsere Landeshauptfrau Gabi Burgstaller seit dem 2. September eine Meinungsentwicklung hinter sich gebracht hat. Sie hat damals am 2. September noch davon gesprochen, der Österreich-Konvent sei ein aufwändiges Beschäftigungsprogramm für Politiker und Beamte, und sie hat vor drei Monaten exakt auch gesagt, der Österreich-Konvent, Herr Präsident, sei das größte Ressourcenverschwendungsprogramm der Zweiten Republik. Soweit zur Geschichte, die wir hinter uns haben. Wir haben alle offensichtlich eine Meinungsentwicklung hinter uns.

Und ich darf als Vertreter des Salzburger Landtags sagen, dass ganz wichtig ist für diesen Konvent und sein Ergebnis, dass das Missverständnis endlich ausgeräumt ist, das in der vergangenen Woche auch in einigen Medien verbreitet wurde, dass nämlich die Hingabe von Kompetenzen an die Länder bedeute, Kompetenzen den Landeshauptleuten oder Landeshauptfrauen in den Rachen zu werfen. Ich bin der Meinung, dass Länderkompetenzen bedeuten, dass Spielregeln für unser Zusammenleben näher bei den Menschen, näher bei den betroffenen Menschen angesiedelt werden. Das ist das Anliegen von Länderkompetenzen und nicht die Hingabe an Landeshauptfrauen und Landeshauptmänner.

Ich komme zur zweiten Vorbemerkung. Am Samstag der vergangenen Woche gab es eine interessante Veranstaltung des Katholischen Akademikerverbandes in Wien, wo ein anwesendes Mitglied des Österreich-Konvents unter anderem die Meinung vertreten hat, ein in der Vorwoche vorgelegter ÖVP-Entwurf sei eine extensive Festlegung von Länderkompetenzen und eine äußerst, leider eine äußerst länderfreundliche Sache, und man könnte die Verstärkung von Länderkompetenzen nicht aus dem Kopf eines Landesvertreters austreiben. Soweit das Originalzitat, das ich genau mitgeschrieben habe - leider haben wir dann am vergangenen Samstag nicht persönlich darüber diskutieren können. Ich glaube, dass wir nicht die Verstärkung von Länder-Kompetenzen aus den Köpfen der Ländervertreter austreiben sollten, Frau Präsidentin Orthner, sondern wir sollten sie in den Köpfen der Zentralisten durchsetzen. Das ein grundsätzlicher Standpunkt von einem, der natürlich aus der Provinz kommt.

Ich möchte Sie bitten, mit mir in diesen drei Minuten, zwei Minuten, einer Minute, darauf verweisen zu dürfen, dass regionale Parlamente mit Gesetzgebungskompetenz die Kosten senken, die politische Partizipation verstärken und eine menschennähere Politik ermöglichen. Frau Burgstaller hat heute auch gesagt, wie viele andere Diskussionsredner, dass offensichtlich für den Konvent die Stunde der Politik gekommen ist. Ich bin der Meinung, dass wir genau schauen sollten, was jetzt an neuen Unterlagen nicht von den Ausschüssen, sondern von den Parteien ÖVP und SPÖ vorgelegt worden ist. Ich sehe beim Entwurf Schnizer eine große Bundessäule mit einigen bisherigen Länderkompetenzen, eine kleine Ländersäule und etwas wenig definierte Mischzuständigkeiten und die Gefahr eines demokratiepolitischen Abverkaufs. Ich sehe beim ÖVP-Modell, das Ihnen auch in der vergangenen Woche zugegangen ist, eine - wie ich meine - starke und sinnvolle Ländergesetzgebung und eine Stärkung des Bundesrates, die höchste Zeit ist.

Ich bitte also, von der verbreiteten Länderangst Abschied zu nehmen und alles zu tun, um die Instrumente der Mitbestimmung und der Kontrolle und der Mitwirkung der Länder in diesem Gesamt unserer Demokratie zu stärken. Herzlichen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Präsident.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Professor Öhlinger. - Bitte, Herr Professor.

Dr. Theodor Öhlinger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es trifft sich gut, dass ich nach Herrn Präsidenten Neureiter zu Wort komme - obwohl ich jetzt nicht das sagen kann, was ich eigentlich sagen wollte, weil ich darauf natürlich antworten muss.

Ich war jener Referent in der Veranstaltung des Katholischen Akademikerverbandes, der zum Thema Kompetenzverteilung gesprochen hat. Den Satz: Man kann etwas aus den Köpfen von Ländervertretern nicht austreiben, habe ich in einem ganz anderen Zusammenhang gebracht. Ich habe die Beschränkung des Mandates des Ausschusses 5 auf die Gesetzgebungskompetenzen kritisiert und gesagt, dass man über Gesetzgebungskompetenzen nicht wirklich sprechen kann, ohne im Hinterkopf die Frage zu stellen, wer diese Gesetze zu vollziehen hat, und dass es vor allem aus den Köpfen von Landesvertretern irgendwie nicht hinausgehen kann, wenn man etwa über die Zentralisierung des Energierechtes spricht - und das haben dort nicht nur Bundesvertreter gefordert: Herr Präsident Leitl ist nicht da, er hat sich massiv dafür eingesetzt -, wenn man verlangt, dass Energiewesen Bundessache ist, dass im Hinterkopf eines Landesvertreters auch der Entzug der Vollzugskompetenzen mitschwingt und dass er sich davor verständlicherweise fürchtet.

Als ein in Innsbruck verfassungsrechtlich sozialisierter Verfassungsjurist gelte ich unter meinen Kollegen als ein eher föderalistisch orientierter Fachvertreter. Aber ich habe auch gesagt, dass wir nicht darüber hinwegkommen, dass man in diesem kleinen Land mit seiner zentralistischen Tradition - Maria Theresia und Fortsetzung - den Bedarf an einheitlichen gesetzlichen Regelungen nicht ignorieren kann. Wir haben hier Vertreter verschiedenster Organisationen der Zivilgesellschaft gehört. Ich kann mich an keinen einzigen Beitrag erinnern, in dem jemand gefordert hätte, irgendetwas muss verländert werden. Ich kann mich aber an viele Beiträge erinnern, in denen gefordert wurde, dass etwas in die Kompetenz des Bundes übertragen werden soll. Daran kommen wir nun einmal nicht vorbei!

Wir haben in diesem Land ein geringes Verständnis für differenzierte Regelungen! Wer hat hier heute schon gesagt, dass er kein Verständnis dafür habe, dass die Treppenstufen länderweise unterschiedlich geregelt werden? - Das betrifft eine zentrale Kompetenz der Landesgesetzgebung! Es fehlt einfach das Verständnis für unterschiedliche gesetzliche Regelungen.

Wofür ich daher plädiert habe, ist, dass dem Bund - und das ist mein Konzept der dritten Säule, über das ich eigentlich hier reden wollte - weitgehende Regelungskompetenzen gegeben werden, die er aber nicht ausnützen muss, die er nur so weit in Anspruch nehmen soll, als tatsächlich ein Bedarf nach einheitlichen Regelungen besteht. Den Ländern soll aber ein großer Gestaltungsspielraum in der Umsetzung dieser Gesetze und zu einer selbständigen Politik im Rahmen dieser Gesetze eröffnet werden.

Und das ist ja - jetzt komme ich auf mein Thema doch noch zu sprechen - in Wahrheit das Konzept der dritten Säule: Die dritte Säule bedeutet: Es sollen die Länder kompetent sein, eine Materie zu regeln, so lange und so weit der Bund nicht einheitliche Regelungen schafft. Das ist die Antwort auf das Problem, das ich in Diskussionen mit Nicht-Juristen gerne mit dem Beispiel der Plakatwand neben dem Schloss Schönbrunn illustriere: Die darf der Bundesgesetzgeber verbieten, eine Tankstelle, einen Kiosk darf er aber nicht verbieten. So kleinteilig ist unsere Kompetenzverteilung. Man könnte noch viele andere Beispiele anführen.

Es gibt mehr als 60 Kompetenztatbestände außerhalb des B-VG - alle diese Kompetenztatbestände, zum Beispiel im Energierecht, sind nichts anderes als der Versuch einer Ad-hoc-Anpassung einer nicht mehr brauchbaren Kompetenzverteilung im B-VG selbst.

Diese Situation könnte dadurch verbessert werden, dass es eine kooperative Gesetzgebung oder eine geteilte Gesetzgebung gibt - nach einem Modell, das es in allen anderen Bundesstaaten gibt und das insbesondere das Kompetenzverteilungs-Modell zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten ist: Die Mitgliedstaaten haben eine Gesetzgebungskompetenz immer dann, wenn die Union eine Sache nicht vollinhaltlich regelt. Das gibt es auch in der Schweiz, das gibt es in den Vereinigten Staaten, das gibt es in allen klassischen Bundesstaaten. Man kann so flexibel bei Bedarf einheitlich regeln, man kann aber auch den Ländern Sachen überlassen, für die heute der Bund zuständig ist, ohne vielleicht seine Kompetenz überhaupt gerne in Anspruch nehmen zu wollen. Gerade bei so bevölkerungsnahen Kompetenzen wie etwa Sozialpolitik und so weiter sollten die Länder viel mehr Gestaltungsfreiheit haben, als sie heute besitzen.

Ich sehe das zentrale Problem dabei in einer berechtigten Angst der Länder, dass der Bund seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz exzessiv in Anspruch nimmt. Herr Bußjäger hat darauf hingewiesen: Der Mechanismus, das sinnvoll zu steuern, ist ein schwieriger. In dieser Frage hat es keinen vollen Konsens im Ausschuss 5 gegeben, es hat aber große Annäherungen gegeben - und man sollte diese Annäherungen nicht wieder durch ganz radikale andere Vorstellungen in Frage stellen. Danke, Herr Präsident.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Schnizer. - Bitte sehr.

Dr. Johannes Schnizer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte zunächst dem Ausschuss-Vorsitzenden für die ausgezeichnete Darstellung der Ausschussergebnisse sehr herzlich danken - es ist das alles sehr gut und sehr zutreffend dargestellt. Es wurde insbesondere auch dargestellt, dass es drei wirklich gute und sehr gut durchdachte Vorschläge für komplette Kompetenzverteilungen im Ausschuss gegeben hat: Einerseits den des Ausschuss-Vorsitzenden, andererseits den der Wirtschaftskammer und dann einen, den ich für eine Arbeitsgruppe der SPÖ eingebracht habe. Was ich bedauerlich finde, ist, dass nun auf einmal im Präsidium ein vierter Vorschlag eingebracht wurde, der überhaupt nicht im Ausschuss diskutiert wurde, den Präsident Khol für die ÖVP dort vorgeschlagen hat.

Ich würde es bedauerlich finden, wenn an sich auf die Arbeit der Ausschüsse nicht zurückgegriffen wird, denn ich meine, es zeichnet sich jetzt schon ab, dass der Konvent einen Erfolg gehabt hat, indem nämlich in den Ausschussberichten eine Fülle von ausgezeichneten und durchdachten Vorschlägen sind, die eben nicht alle einvernehmlich sind, aber wo jeder Vorschlag etwas für sich hat und für sich bedenkenswert ist. Damit ist der Konvent seiner Hauptaufgabe - nämlich Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform auszuarbeiten, wie es im ersten Absatz des Gründungsdokumentes heißt - bereits nachgekommen, und ich würde meinen, dass auch dann, wenn es dem Präsidium gelingt, diese Ausschussvorschläge konzis zusammenzufassen, bereits eine ganz ausgezeichnete Grundlage und eine erfolgreiche Konventsarbeit dokumentiert wird, die dann die Entscheidungsgrundlage für den politischen Prozess darstellen kann.

Ich möchte nun ganz kurz auf den völlig abweichenden Kompetenzvorschlag, der im Präsidium eingebracht wurde, kurz eingehen, und ich glaube, man kann das in vier Kritikpunkten zusammenfassen.

Das Erste ist: Es ist ein Vorschlag mit zwei Säulen und nicht mit drei Säulen, und der Ausschuss-Vorsitzende hat ja schon dargestellt, warum der Ausschuss letzten Endes der Meinung war, ein Zwei-Säulen-Modell ist nicht machbar; eine flexible und gleichzeitig doch klare Kompetenzverteilung ist am besten mit einem Drei-Säulen-Modell erreichbar.

Der zweite Kritikpunkt, und damit verlasse ich bereits die sozusagen formale Seite: In diesem Vorschlag werden die wirtschaftsnahen Kompetenzen weiter zersplittert. Es ist sogar so, dass nach diesem Vorschlag dort, wo es bis jetzt eine ausschließliche Bundes-Zuständigkeit gegeben hat - wie im Wasserrecht, im Forstrecht, im Abfallwirtschafts-, im sonstigen Umweltrecht -, zusätzlich verpflichtend vorgesehen sein soll, dass der Bund bestimmte Regelungen an die Länder zu übertragen hat.  Ich glaube, das ist nicht das, was heute notwendig ist, damit wir zu einer effizienten Kompetenzverteilung kommen, die auch einen guten Rahmen für den Wirtschaftsstandort Österreich bietet. Ich möchte da darauf hinweisen, dass alle Länder, in denen die SPÖ stärkste Partei ist, auch unserem Kompetenzverteilungsvorschlag mit einer starken Zusammenführung wirtschaftsnaher Kompetenzen zugestimmt haben und Frau Landeshauptfrau Burgstaller hat auch hier ja wieder ein Bekenntnis dazu abgelegt.

Der dritte Kritikpunkt und damit, das ist eine Form der Steigerung, das Problem ist, wir sprechen immer von Säulen und unter Säulen stellt man sich etwas Klares und Festes vor, wo es eine gewisse Übersicht gibt, die Säulenhalle draußen ist ja ein Musterbeispiel dafür. Dieser Kompetenzvorschlag, der enthält keine Säulen, sondern es sind eher Haufen; zwei Haufen, von denen man nicht weiß, was zu welchem Haufen gehört, weil es gibt auch keine Zuordnung der bisherigen Materien zu diesen einzelnen Häufchen. Das soll nämlich erst mit einem Kompetenzzuordnungsgesetz erfolgen, in einem Verfahren im Bundesrat, mit einem einfachen Gesetz, soll grundsätzlich einmal die einfache Mehrheit entscheidet, was wohin gehört, wie das dann aussehen wird, weiß man jetzt überhaupt noch nicht, also eine klare Kompetenzverteilung ist das sicher nicht.

Und damit komme ich zu dem schärfsten Kritikpunkt, nämlich zum Vierten. Dieses Kompetenzverteilungsgesetz soll zwar mit einfacher Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden, aber soll, so wie auch überhaupt Verfassungsgesetze und sonstige Verfassungsausführungsgesetze, von der Vollziehung in Wahrheit abhängen. Es soll nämlich der Zustimmung von fünf Landeshauptleuten bedürfen und so sehr ich Landeshauptleute schätze, ich glaube, in der Gesetzgebung haben sie nichts verloren. Danke vielmals.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Als nächster zu Wort hat sich Herr Dr. Poier gemeldet. - Bitte sehr.

Dr. Klaus Poier: Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Dass die Kompetenzverteilung einer der Knackpunkte des Österreich-Konvents ist, das hat sich von Anfang an abgezeichnet. Wer wofür zuständig ist, ist in jedem sozialen Gebilde eine sehr wichtige und sehr oft umstrittene Frage, sei es in der Familie, in einem Verein, in der Europäischen Union und so eben auch in Bundesstaaten und damit auch in Österreich.

In Österreich ist die Frage der Kompetenzverteilung auch nicht nur primär eine Frage von Bund und Ländern, sondern sehr stark überlagert von parteipolitischen Interessen. Das Drei-Säulen-Modell ist weitgehend akzeptiert. Ich möchte auf der Ebene unterhalb dieser grundsätzlichen Einteilung zwei Punkte ansprechen. Zum Einen halte ich ein solches Kompetenzzuordnungsgesetz für notwendig, das die einzelnen Materien den großen Kompetenzfeldern zuordnet und das auch flexibel ist. Denn man muss den Problemen klar ins Auge schauen: Die Zuordnung von Kompetenzen ist auch unterhalb der großen Kompetenzfeldern primär eine politische Frage, die politisch diskutiert werden muss und auch politisch entschieden werden muss – und nicht primär durch den Verfassungsgerichtshof. Und dies kann meines Erachtens am besten durch ein solches Kompetenzzuordnungsgesetz gewährleistet werden.

Diese Konstruktion hätte sicherlich den Nachteil, dass hin und wieder eine solche politische Entscheidung zu einer Blockade führen kann, aber sie hätte meines Erachtens die großen Vorteile der unmittelbaren demokratischen Legitimation einer solchen Entscheidung und auch der weitgehenden Rechtssicherheit, die damit von Anfang an geschaffen werden kann. Zudem würde es sicherlich bei einer oftmaligen Befassung des Verfassungsgerichtshofes auch dazu kommen, dass immer wieder der Ruf nach einer Korrektur einer Entscheidung durch den Gesetzgeber laut würde.

Zweiter Punkt: Diskussionswürdig ist sicherlich die Frage, welcher Mehrheiten ein solches Kompetenzzuordnungsgesetz bedarf. Was die Länderinteressen betrifft, denke ich, dass der Vorschlag einer einfachen Mehrheit im Bundesrat plus der Notwendigkeit der Zustimmung der Mehrzahl der Länder ein sehr geeigneter Weg wäre, der auch die Interessenlage und die Machtverhältnisse auf der Länderseite adäquater berücksichtigen würde, als dies jetzt der Fall ist. Denn jetzt gibt es zuerst eine Befassung in der Landeshauptleutekonferenz und dann quasi die absegnende Entscheidung im Bundesrat.

Was die Bundesseite betrifft, ist der Diskussionsbedarf vielleicht größer. Für den Fall, der natürlich der häufige Fall ist, dass Länderkompetenzen zum Bund wandern sollen, denke ich, dass eine einfache Mehrheit im Nationalrat ausreichend ist und dass damit auch die Diskussion auf den Konfliktpunkt Bund-Länder fokussiert würde und Regierungs-Oppositionsdenken, das in diesem Fall meines Erachtens inadäquat ist, ein wenig abgeschwächt würde. Für den umgekehrten Fall, dass Bundeskompetenzen zu den Ländern wandern würden, denke ich, dass man das Modell abändern sollte, denn in dem Fall denke ich, dass durchaus im Nationalrat auch eine Zweidrittelmehrheit sinnvoll wäre. Danke sehr.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön für diese Ausführungen. Die nächste Rednerin ist Frau Mag. Ettl. - Bitte sehr.

Mag. Johanna Ettl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Angesichts dieser hochrangigen juristischen Diskussionen habe ich ein gewisses Problem. Ich bin Ökonomin, aber ich glaube, manchmal ist es auch nützlich, eine andere Sicht der Dinge zu gewinnen. Es geht nach unserem Dafürhalten - es ist das Dafürhalten einer Arbeitnehmerorganisation - bei der künftigen Kompetenzverteilung nicht darum,  wer mehr Macht hat, seien das die Länder oder der Bund, sei es die eine Partei oder die andere, es geht im Prinzip darum, Grundregeln zu finden für das Zusammenleben von Menschen in diesem Land zum Ersten und zum Zweiten, und das ist auch ganz wichtig, die Voraussetzungen für ihren materiellen Wohlstand abzusichern.

Und darum, und ich wiederhole mich, weil ich das schon einmal gesagt habe, es geht erstens darum, dass Österreich ein einheitliches Wirtschaftsgebiet bleiben muss, das ist uns ganz wichtig. Bei allen Kämpfen, wer was tun darf, und was nicht: Dieses vorrangige Ziel dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Wir leben in einer Zeit zunehmender Internationalisierung und es geht nicht an, dass wir jetzt darüber diskutieren, wer welchen Schrebergarten zu beackern hat, wir müssen ein Österreich bleiben und im Außenverhältnis als Österreich auftreten. Noch einmal - und ich wiederhole das  zum zweiten Mal, es gibt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Das höchste Pro-Kopf-Einkommen haben Länder mit einem mittleren Dezentralisierungsgrad. Ich spreche nicht gegen den Föderalismus, ich spreche absolut nicht dagegen. Wir gehören zu den Ländern mit einem mittleren Dezentralisierungsgrad, eine weitere Dezentralisierung bitte ist nicht erforderlich. Was aber ansteht, ist ganz einfach eine effektivere Ausgestaltung des föderalen Systems.

Wir müssen ganz einfach eine Aufsplitterung unseres Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes vermeiden. Und immer im Blick haben, wem nützt das und wie wirkt sich das aus. Grundsätzlich ist das Modell einer klaren Festschreibung von Bundes- und Landeskompetenzen mit aufgabenorientierten abgerundeten Kompetenzfeldern zu begrüßen. Allerdings dürfen hier Fragen der Rechtsästhetik keinesfalls vor den Fragen der Lebbarkeit des Kompetenzkatalogs stehen. Eine schlanke Verfassung mit Kompetenzfeldern ist schön und gut, aber irgendwo muss auch stehen, was mit diesen Kompetenzfeldern gemeint ist, sonst ist es eine Überschriftensammlung, die mehr Unsicherheiten bringt, als ihre Übersichtlichkeit wert ist. Ob man das in die Verfassungsurkunde gleich hineinschreibt oder als Erläuterungen mitbeschließt, ist nicht so wichtig, wichtig ist, dass es einen breiten politischen Konsens darüber gibt, zu dem man auch letztlich steht.

Wichtig ist aber auch, dass eine einmal ausgehandelte und in der Verfassung verankerte Kompetenzverteilung nicht ständig wieder unterlaufen werden kann. Wenn, wie in einem unlängst eingebrachten Vorschlag steht, der Bundesrat, möglicherweise noch mit Zustimmung von fünf Landeshauptleuten, mit Ermächtigung des Nationalrates ständig die Kompetenzverteilung ändern kann, dann wird es in Österreich mit der Rechtssicherheit sehr bald vorbei sein, ganz davon abgesehen, dass die Zustimmung von Landeshauptleuten zur Legislative irgendwie, wie ich glaube, mit meinem Verständnis von Gewaltenteilung in dieser Republik nicht ganz konform geht. Aber das ist ein anderes Thema.

Was wir brauchen, das ist eine Kompetenzverteilung, die sich in erster Linie an den Lebenssachverhalten und Lebensnotwendigkeiten orientiert und die Menschen, seien es Arbeitnehmer oder Wirtschaftstreibende, nicht behindert, sondern im Gegenteil, positive Entwicklungen fördert. Und die das Vertrauen der Menschen in den Gesetzgeber stärkt und nicht untergräbt.

Die Menschen empfinden es zum Beispiel als große Ungerechtigkeit, wenn sich beispielsweise an der Landesgrenze entscheidet, ob sie eine Kann- oder Pflichtleistung aus der Sozialhilfe bekommen. Und neun unterschiedliche Bauordnungen bedeuten ja nicht nur regional unterschiedliche Häuserfassaden, das soll gut sein, sondern auch, dass ein Baustoffproduzent oder Händler seine Produkte nach neun unterschiedlichen Anforderungen produzieren, kalkulieren, lagern und vertreiben muss. Das ist auch angesichts der Größe von Österreich im internationalen Kontext nicht etwas, mit dem wir beispielgebend sind. Und dass ein in einem Bundesland besonders geschützter Adler über der Ländergrenze gleich abgeschossen werden kann, macht auch keinen Sinn.

In Zeiten zunehmender Internationalisierung brauchen wir andere Rahmenbedingungen als in den Anfangszeiten der Republik auch im Gesetzgebungsbereich, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen, aber auch, um Aufgaben im Zusammenhang mit der europäischen Integration lösen zu können. Ich denke da zum Beispiel an übergreifende Planungsaufgaben im Verkehrsbereich, wo die erbittert verteidigte ausschließliche Landeskompetenz in der Raumordnung nicht gerade förderlich war. Natürlich denke ich  an ein einheitliches Anlagenrecht inklusive des dazu notwendigen Baurechts. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Frau Magistra, für Ihre Ausführungen. Ich darf nun als letzten mir gemeldeten Redner zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Bundesminister Pröll um seinen Beitrag ersuchen. - Bitte, Herr Bundesminister.

Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Mitglieder des Konvents!

Ich melde mich heute ganz bewusst in dieser langen Phase der Diskussion um die zukünftige Verfassung Österreichs, wenn es darum geht, auch um die Frage der Kompetenzverteilung zu diskutieren.

Ich danke allen ausdrücklich, die hervorragende Arbeit geleistet haben in den letzten Wochen und Monaten in den Ausschüssen, auch hier im Plenum in der Diskussion dazu beigetragen haben, dass wir, denke ich, eines der wichtigsten Projekte, die wir uns gemeinsam vorgenommen haben in diesem Land, nämlich eine neue Verfassung zu diskutieren und zu finalisieren, mit Ihren Beiträgen entsprechend gestaltet haben. Wir müssen dieses Projekt aus meiner Sicht mit großer Sorgfalt behandeln, mit einer klaren Zielsetzung mit einer ausgewogenen Diskussion und von einem Konsenswillen getragen. Parteipolitische Fragen, Machtfragen, Verteilungsfragen dürfen in allen Entscheidungen, die jetzt vor uns stehen, nicht in den Vordergrund gerückt werden, sondern ich denke, dass wir dafür zu sorgen haben, dass die neue Verfassung bürgernäher, aber auch, was die Frage Wirtschaftsstandort Österreich betrifft, wettbewerbsfähig dieses Land in Zukunft gestalten können.

In diesem Bereich denke ich, dass wir ja auch dem Ausschuss 5 vom Konvent aus mit auf den Weg gegeben haben, auch zu berücksichtigen, wie schaut es denn mit der Rechtslage in der Europäischen Union aus und vor welchen Entscheidungen steht die EU? Die EU ist dabei, sich eine neue Verfassung zu geben und es wäre aus meiner Sicht völlig widersinnig, diesen Aspekt der Geschichte der Europäischen Union und diese neuen Überlegungen in Europa außer Acht zu lassen als Grundlage für eine Diskussion, die wir im Plenum und in Ausschüssen führen. Und das zeigt sich ganz besonders auch natürlich in der Frage der zukünftigen Kompetenzverteilung. Wenn wir hier Fehler machen, wenn Machtfragen, parteipolitische Fragen in den Vordergrund rücken, dann verlieren wir an Standortqualität, an Beweglichkeit, und wir müssen ganz klar sehen, dass mit der Erweiterung der Europäischen Union um zehn Mitgliedsländer wir mobil sein müssen, klare schnelle Antworten gemeinsam zu geben haben, Bund und Länder.

Und wenn ich da auf ein paar Themen eingehen darf, die mich natürlich auch ganz besonders als Bundesminister, zuständig für Landwirtschaft und Umwelt zum Beispiel, aber dann darüber hinaus Verkehr, Energie, Bereich Binnenmarkt Verbraucherschutz, ansprechen, dann wird sich in diesen Verhandlungsfeldern politisch entscheiden, wo Österreich in 20 Jahren steht. Haben wir die Schnelligkeit und die Punktgenauigkeit in der Reaktion in Österreich mit unserer neuen Verfassung? Gibt uns die Kompetenzverteilung die Instrumente an die Hand, dass wir unsere Position in Europa festigen und ausbauen können? Oder verstricken wir uns wie manche andere Länder zunehmend nach falscher Schwerpunktsetzung in eine Lähmung? Ich nenne Belgien und andere Länder, die auf Grund ihrer nicht geklärten Diskussionen im eigenen Land auch in Europa an Gewicht verlieren.

In diesem Sinn, meine sehr geehrten Damen und Herren, denke ich, es geht um Bürgernähe und Wirtschaftsstandort, es geht um Umweltqualität, Verbraucherschutz und viele andere Fragen. Wir sollten uns gemeinsam ein Ziel setze, Bund und Länder, dass wir das Land insgesamt stärker positionieren wollen, dass wir über altbewährte Grenzen des Denkens hinaus denken müssen. Das heißt jetzt gar nicht, einseitiges Verschieben von einem zum anderen, das heißt vernünftiger Austausch konsensgetragener Diskussionen. Dann werden wir vor allem aus dem Ausschuss 5 heraus aus der Frage der Kompetenzverteilung Kraft schöpfen von der neuen Verfassung für den neuen Standort Österreich in Europa, und dazu rufe ich auf, und das sollte unser gemeinsames Ziel für die kommenden Wochen und Monate für die neue österreichische Verfassung für Österreich sein.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Bundesminister. Es haben sich nun noch weitere Redner zu diesem Tagesordnungspunkt gemeldet, und ich darf als Erstem von diesen Herrn Klubobmann Scheibner das Wort erteilen. - Bitte sehr.

Herbert Scheibner: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Ich habe mich jetzt noch schnell zu Wort gemeldet, weil ich gesehen habe, dass es manchmal nicht ausreicht, wenn man einmal seine Skepsis gegenüber verschiedenen Punkten oder Ergebnissen oder möglichen Ergebnissen in einem Ausschuss deponiert. Ich habe das im Ausschuss 5 damals, als ich auch noch Ausschussmitglied war, zwar schon einmal gemacht und auch hier beim Ausschuss beim Bericht über den Ausschuss 5, ich tue es jetzt sicherheitshalber hier jetzt auch noch, weil so dargestellt worden ist, als gäbe es einen Konsens für diese drei Säulen in der Kompetenzverteilung. Ich sehe diesen Konsens nicht und sage auch hier noch einmal meine Skepsis.

Bis jetzt konnte ich - möglicherweise liegt das an mir - nicht überzeugt werden, dass es unbedingt notwendig ist, diese drei Säulen in der Kompetenzverteilung einzurichten. Es gibt das Argument der Flexibilität. Ich stelle dem das Argument der Rechtssicherheit gegenüber. Ich sehe, wenn man diese dritte Säule einrichtet, das absolute Problem einer Rechtsunsicherheit und das Argument, das auch im Ausschussbericht angeführt wird, dass man die dritte Säule benötigt, weil sonst würden die in der dritten Säule angesiedelten Kompetenzen in die Bundeskompetenz verlagert werden, zeigt eigentlich nur das Problem, das hier auch schon angesprochen worden ist, dass man ganz einfach nicht zugeben möchte, dass es halt einen Bedarf an Vereinheitlichung gibt und der halt dann in die Bundesgesetzgebung verlagert werden sollte.

Wenn man ehrlich ist, und unabhängig jetzt - es wurde heut hier schon einmal vom Schrebergartendenken gesprochen - wenn man ehrlich ist, dann könnte man auch mit zwei Säulen und einer Generalklausel das Auslangen finden. Und letztlich gibt es das Korrektiv durch den Verfassungsgesetzgeber.

Wir haben ein Modell eingebracht, aber völlig alternativ zu den bisherigen Modellen, wenn man schon der Meinung ist, man braucht etwas Neues, etwas Eigenes, dann könnte man auch dem Bundesrat hier die Möglichkeit geben, in verpflichtenden Kompetenzbereichen oder auch in einer freiwilligen Art und Weise gemeinsames bundeseinheitliches Landesrecht zu schaffen. Aber, wie gesagt, das ist eine völlig andere Konzeption zu der Frage eine, zwei oder drei Säulen. Ich erinnere daran, dass in einer Frühphase des Ausschusses einmal der Professor Funk eine Zuteilung gemacht hat zu Bundes- und Landeskompetenzen, und da ist für die dritte Säule nichts übrig geblieben. Also man sollte hier nicht ganz kompliziert - ich sage das hier ganz offen, ich hoffe, ich muss es nicht noch einmal irgendwo sagen - irgendwelche neuen Dinge erfinden, gescheiter wäre es, dass man wirklich rein nach Vernunftgründen zuordnet, wo macht etwas am besten die Landesebene, und wo ist etwas notwendig, bundeseinheitlich zu regeln. Die Landtage werden deshalb nicht obsolet nur deshalb, weil man verschiedene Dinge von der Landes- in die Bundesgesetzgebung verlagert.

Ein Wort noch zum Allgemeinen, weil die Frau Landeshauptfrau jetzt auch wieder hier ist. Ich wollte mich zuerst nicht melden, weil wir versuchen, hier auch nicht parteipolitisch zu agieren. Das will ich auch hier jetzt nicht tun. Aber mir ist es wichtig, dass man hier eines schon auch festhält: Wir kommen jetzt in das Finale des Konvents und die letzten eineinhalb Jahre waren, glaube ich, eine sehr sehr fruchtbringende Arbeit in den Ausschüssen, auch im Präsidium. Wir haben vieles aufgelistet an Problemen. Wir haben Vorschläge für die Lösung von Problemen geschaffen, aber letztlich noch in wenigen Bereichen wirklichen Konsens. Aber jeder hat auch immer in Sonntags- und anderen Reden gesagt, dieser Konvent muss ein Erfolg werden und es muss letztlich jeder von seinen Schrebergarten- oder auch von seinen parteipolitischen Zugängen ein bisschen abrücken, auch von seinen Zugängen als Interessensvertretung oder als Gebietskörperschaft. Dann und nur dann wird es einen Erfolg geben.

Jetzt kommt aber bald einmal die Stunde der Wahrheit, nämlich mit dem 31. 12., und jetzt werden wir sehen. Wir wissen, dass bei Verhandlungen immer erst ganz zum Schluss die Frage oder die Entscheidung gestellt wird, gibt es einen Kompromiss oder nicht. Da bitte ich schon auch alle, welche die Möglichkeit haben, in ihren politischen Parteien oder in ihren Interessensvertretungen genau auch diesen Grundsatz durchzusetzen, denn ein bisschen keimt in mir schon der Verdacht auf, dass man jetzt fünf Minuten vor zwölf - wir haben das schon in anderen Bereichen gesehen -     Gründe - nicht für das Scheitern, aber für die Nichtzustimmung zu verschiedenen Bereichen - zum Nichtschließen eines Kompromisses sucht, als das Gegenteil.

Tagespolitische Initiativen, ob das jetzt Arbeiterkammer-Fragen oder ÖH-Fragen sind, da kann man dafür sein oder dagegen, aber dass man das dann als Argument verwendet in der Öffentlichkeit, nicht von Ihnen, aber ich habe das schon von anderen hört, zu sagen, da werden wir uns jetzt überlegen, ob wir im Konvent dem Gesamtergebnis zustimmen. Das wäre nicht im Sinne der Verantwortung, die wir alle übernommen haben, als wir hier Mitglieder dieses Konvents geworden sind und viele, viele Stunden kontroversiell, aber gut in diese Richtung einer neuen Verfassung für Österreich gearbeitet haben.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner (übernimmt den Vorsitz): Nächster Redner ist der Herr Landtagspräsident MMag. Neureiter.

MMag. Michael Neureiter: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich habe keinen Schrebergarten, ich möchte nur auf Frau Mag. Ettl zurückkommen, die Gott sei Dank die bisherige Dürftigkeit der Themen, was die einheitliche, bundesweite Regelung betrifft, etwas angereichert hat. Es gab bis zu ihrer Wortmeldung, von Professor Öhlinger abgesehen, der die Sozialkompetenz der Länder angesprochen hat, nur Baurecht, Baustoffzulassung und Schulverwaltung als Themen, die laut Diskussionsrednern einer anderen Regelung bedürfen. Das war gut, dass Sie das angereichert haben - auch um den Bereich der Raumordnung, damit die Debatte ein wenig lebendiger wird.

Ich möchte aber auch sagen, dass ich meine, dass der Adler ein schlechtes Beispiel ist, weil er wahrscheinlich in keinem der Länder zwischen Vorarlberg und Burgenland irgendeine Chance hat, abgeschossen zu werden. Das zur Richtigstellung. Das dürfte die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie verhindern.

Ich möchte zweitens nur noch eine Anmerkung machen. Es ist nicht so, dass die Länder und wir Länder, Herr Professor Öhlinger, undankbar wären, was die Verstärkung der Vollzugkompetenzen betrifft. Uns geht es nicht nur um den Vollzug, sondern natürlich auch um die Gesetzgebung. Das zur vorhin angesprochenen Meinungsverschiedenheit zwischen uns beiden. Herzlichen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist Herr Professor Dr. Bußjäger.

Dr. Peter Bußjäger: Meine Damen und Herren!

In der Diskussion geht man immer davon aus, dass der Adler nach Osten fliegt, er kann auch nach Westen fliegen und dann überquert er Bayern, Baden-Württemberg, er überquert 26 Schweizer Kantone, er überquert Liechtenstein und kommt dann irgendwo vielleicht dann via Lombardei und Trentino, Südtirol, wieder nach Tirol zurück, und überquert da auch einige Grenzen und administrative und gesetzgeberische Einheiten. Der Adler ist das äußerst schlechteste Beispiel dafür und er lebt überall noch gut, oder gleich schlecht, je nachdem, wie man es sieht.

Sie haben gesagt, ökonomisch am besten stehen mitteldezentralisierte Staaten da. Das wird so stimmen. Sie haben auch richtig gesagt, dass das kein Argument gegen den Föderalismus ist, weil es aus ökonomischer Sicht schlechthin keine gibt. Die Ökonomie sagt natürlich, nicht jeder föderale Staat ist zwangsläufig billiger, effizienter und so weiter, als ein zentralisierter Staat. Aber die Erkenntnisse der Ökonomie sind eindeutig in die Richtung, dass eine Zentralisierung im Regelfall teurer kommt, als die Föderalisierung und Dezentralisierung.

Für eine Geschichte möchte ich mich noch zu Wort melden. Doppelte Mehrheit, Zustimmung, Landeshauptmänner, oder wer immer. Wir haben bereits jetzt in der Bundesverfassung, man kann zufrieden sein damit oder nicht, aber wir haben das Modell des Artikels 14b B-VG und dort wird die Zustimmung nicht von fünf gegeben, sondern sogar von allen neun, die Zustimmung der beteiligten Länder, im Regelfall wird das natürlich der Landeshauptmann sein.

Und auch das möchte ich schon sagen, im Modell, das hier angekündigt worden ist, es sei ein mit den SPÖ-Ländern abgestimmtes Modell von Schnizer. Es ist sehr wohl ein Kompetenzbereich, eine Säule vorgesehen, in der die Gesetzgebung von der Zustimmung der neun beteiligten Länder abhängt. Und ich nehme wohl an, die Zustimmung nach außen, innen kann man das regeln, wie man will, aber nach außen, die  wird  wohl vom Landeshauptmann erteilt werden. So etwas Schreckliches ist diese Mitwirkung des Landeshauptmannes in seiner Außenvertretungskompetenz für die Länder an der Gesetzgebung nicht.

Und das letzte Wort. Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes. Niemand will die Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes abschaffen. Das steht seit 80 Jahren oder mehr, länger, in unserer Bundesverfassung. Der Verfassungsgerichtshof hat völlig klar erkannt, Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes darf nicht bedeuten, dass es keine uneinheitlichen Rechtsvorschriften auch für die Wirtschaft gibt, sonst wäre das bundesstaatliche Prinzip ausgehebelt. Genau in diesem Verständnis wird man auch weiterhin diesen Grundsatz der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes verstehen müssen. Die Frage, ob man mehr oder weniger Dezentralisierung braucht, wie viel es verträgt oder nicht, das wird man dann sowieso sehen. Aber ich würde davor warnen, diese Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes zu glorifizieren. Letztlich ist es irgendwo auch ein Mythos. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Professor Bußjäger. Das war, wie gesagt, die letzte Wortmeldung zum Ausschuss 5. Danke ihm als Vorsitzenden und allen Damen und Herren des Ausschusses für Ihre Tätigkeit.

Wir kommen zur Beratung über den Bericht zum Ergänzungsmandat des Ausschusses 8, demokratische Kontrollen. Und ich darf der zweiten Nationalratspräsidentin, Frau Mag. Barbara Prammer, das Wort erteilen zum Ausschussbericht. - Bitte.

Mag. Barbara Prammer: Danke schön, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich möchte eingangs gleich einmal mich sehr, sehr herzlich bedanken bei den Mitgliedern des Ausschusses 8 und beim Konventssekretariat, das uns betreut hat. Ich möchte mich deswegen gleich zu Beginn sehr herzlich bedanken, weil ich auch relativ spät zugestiegen bin in diese Debatte.

Von den insgesamt zwölf Sitzungen, die der Ausschuss 8 abgehalten hat, habe ich vier mal den Vorsitz geleitet und ich möchte mich sehr, sehr herzlich für die konstruktive Mitarbeit und Zusammenarbeit im Ausschuss gleich zu Beginn bedanken.

Wir waren in den letzten vier Sitzungen damit beschäftigt, 28 Ergänzungsmandate des Präsidiums zu diskutieren und auch einer Erledigung zuzuführen. Wenn Sie sich den Bericht schon angesehen haben, dann stellen Sie fest, dass er zweigeteilt ist, dass im ersten Teil zu den einzelnen Punkten des Ergänzungsmandates allfällige Textvorschläge und Erwägungen des Ausschusses festgehalten wurden. Und im zweiten Teil des Berichtes dann eine Auflistung, nach Artikeln des Bundesverfassungsgesetzes, je nachdem, wie das Ergänzungsmandat gelautet hat.

Ich stelle auch ausdrücklich fest, aber das ist ohnedies selbstverständlich, dass natürlich die Beratungsergebnisse, die zu Ende gestellt wurden bereits im Mai dieses Jahres, damit aufrecht bleiben. Und ich konzentriere mich jetzt hier, bei meinem Bericht, ausschließlich auf die Ergänzungsmandate. Auch da wiederum nur auszugsweise.

Zum Einen möchte ich damit beginnen, dass wir uns damit beschäftigt haben, zu konkretisieren beziehungsweise auch Textvorschläge zu entwickeln, was die Rechte der Parlamente betrifft, vor allen Dingen die Präzisierung des Fragerechtes, die Entschlagungsrechte. Und hier wurden eben die aufgetragenen Grundsätze in diversen Textalternativen auch vorgestellt. Und damit bin ich auch schon mitten im Thema. Eine Akkordierung dieser Textvarianten konnte nicht erzielt werden, das heißt: Es stehen in der Regel mehr als ein Textvorschlag zur Verfügung, beziehungsweise sind den Textvarianten auch Namen beigefügt, die jeweils die Proponenten oder Proponentinnen dieser Textalternativen auch waren.

Zum Ergänzungsmandat „Besondere Kontrolle von Ministerentscheidungen in eigener Sache“ möchte ich etwas ausführlicher werden, und zwar deswegen, weil ja in der letzten Konventssitzung, bei der ich nicht anwesend sein konnte, der stellvertretende Ausschussvorsitzende, Herr Professor Hösele, ja auch einen Bericht gemacht hat, aber hier noch nicht berichten konnte, und auch im Bericht selber noch nicht abgeschlossen war. Wir haben entsprechend den Wünschen des Konventspräsidiums eine rechtsvergleichende Studie in Auftrag gegeben und haben in Aussicht gestellt, dass bis 30. November - und das war bekanntlich gestern - auch Ergebnisse vorliegen sollen. Und das ist tatsächlich auch geschehen: Es liegen wesentliche Ergebnisse vor; sie werden auch bereits den Ausschussmitgliedern beziehungsweise den Konventsmitgliedern übermittelt.

Interessant war, dass ein Rechtsvergleich ja erstellt werden sollte, was diese Ministerentscheidungen in eigener Sache betrifft. Und der Parlamentarische Wissenschaftliche Dienst hat insofern diese Ergebnisse zusammengefasst, indem er festgestellt hat, dass sie durchaus schon repräsentativ seien. Das heißt, dass das, was an Rückmeldungen eingelangt ist, auch tatsächlich bereits eine Repräsentanz für Europa zum Ausdruck bringt. Ganz konkret heißt das, dass immerhin in sechs von zehn befragten Staaten - und ich kann Ihnen auch gerne sagen, welche Staaten das sind : Deutschland, Estland, Finnland, Italien, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Spanien und das Vereinigte Königreich -,  in sechs von diesen zehn Staaten gibt es eine gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen auf der einen Seite, genauso wie auch deren politische Kontrolle durch das Parlament. Dieser Überblick wird eben auch gerade übermittelt an die Mitglieder des Ausschusses 8, oder ist es bereits geworden.

Der Ausschuss hat beraten, sehr ausführlich beraten, auftragsgemäß oder wunschgemäß, die Mindeststandards für Kontrollrechte und Minderheitenrechte in den Ländern. Darüber konnte kein Konsens erzielt werden. Es bestand im Ausschuss lediglich Konsens darüber, dass den Ländern die parlamentarische Kontrolle bei der Frage der mittelbaren Bundesverwaltung jedenfalls ausdrücklich ermöglicht werden soll. Dissens und unterschiedliche Auffassung bestanden aber, ob eine solche Kontrolle zwingend durch ein Bundesverfassungsrecht vorgeschrieben werden soll. Konsens wiederum haben wir hergestellt darüber, dass die Rechte des Nationalrates und des Bundesrates dadurch auf keinen Fall geschmälert werden dürfen. Das heißt: Es wurden auch hier Textalternativen ausgearbeitet, aber keine Akkordierung vorgenommen. An diesem Beispiel zeigt sich einmal mehr, wie schwierig die Arbeit natürlich auch im Detail sich dargestellt hat.

Die Unvereinbarkeitsregelungen - ein wichtiges Thema - wurden auch noch einmal sehr ausführlich diskutiert. Konsens bestand im Ausschuss darüber, dass im Bundesverfassungsgesetz jedenfalls zentrale Bestimmungen zu bestehen haben. Es ist allerdings auch hier Dissens über die Regelungsdichte solcher Verfassungsnormen. Und nicht zuletzt hat das Ganze dazu geführt, dass wir drei Textvarianten wieder dem Präsidium beziehungsweise dem Konvent vorgelegt haben. Für die Eckpunkte - es war ja auch der Wunsch, bereits einen Textvorschlag zu entwickeln für ein mögliches Unvereinbarkeitsgesetz. Das haben wir nicht gemacht, sondern wir haben uns mit den Eckpunkten eines verfassungsausführenden Unvereinbarkeitsgesetzes beschäftigt, und diese liegen auch vor.

Ein ganz breites Thema - noch einmal - war das Thema Rechnungshof. Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders hervorheben, dass es eine äußerst konstruktive Debatte im Ausschuss gab, nicht nur mit dem früheren Rechnungshofpräsidenten, sondern genauso mit dem neuen Rechnungshofpräsidenten. Der neue Rechnungshofpräsident Dr. Moser hat den Wunsch eingebracht, noch einmal das Thema Rechnungshof etwas breiter aufzurollen auf Grund des Wechsels in der Funktion. Wir haben dem auch gerne Rechnung getragen und haben auch die erweiterten Vorschläge, die von Rechnungshofpräsident Dr. Moser noch eingebracht wurden, ebenfalls in den Ausschussbericht aufgenommen. Alles in allem hat die ganze Sache nicht dazu geführt, dass wir Konsens herstellen hätten können. Das, was geschehen ist, war, dass wir versucht haben, auch hier einen Textvorschlag zu entwickeln; einen Textvorschlag allerdings, der in unakkordierter Weise zur weiteren Beratung ansteht.

Bei der Volksanwaltschaft ist es auch so, dass Dissens nach wie vor über die Vorgangsweise bei einer Nachwahlregelung, bei einer künftigen Nachwahlregelung, existiert; genauso, wie es Dissens darüber gibt, ob nun die Volksanwaltschaft oder der Volksanwalt oder die Volksanwältin ein Antragsrecht für ein Normprüfungsverfahren bei Gesetzen haben sollen.

Einen Punkt konnten wir tatsächlich abhaken im Ausschuss, nämlich die Durchbrechung der Diskontinuität bei Volksbegehren. Darüber waren sich alle Ausschussmitglieder einig, dass es wesentlich und wichtig ist, dass nicht durch die Auflösung des Parlaments es auch dazu führt, wie es jetzt derzeit ist, dass damit die Volksbegehren obsolet geworden sind, die noch nicht fertig beraten waren im Parlament. Auch da liegen aber zwei Textvorschläge vor. Wir haben versucht, hier uns mit dem Ausschuss drei zu koordinieren. Ich denke, das ist wohl eine der eher leichteren Fragen, die wir bewerkstelligen werden können.

Ich möchte da eigentlich schon einen Punkt machen und möchte noch neben der Berichterstattung, die ich hiermit auch vorgenommen habe, einige grundsätzliche Bemerkungen und Anmerkungen noch generell machen, weil ja auch heute schon sehr allgemein über die Konventsarbeit diskutiert wurde.

Ich unterstreiche das, was von vielen von Ihnen ja bereits hier auch gesagt wurde: Ich bin überzeugt davon - auch wenn die Konventsarbeit noch nicht abgeschlossen ist -, dass der Konvent jedenfalls erfolgreich gearbeitet hat. Denn, wenn wir uns heute, 17 Monate nach Beginn des Konvents, die Aufgaben oder die Aufgabenstellung noch einmal vor Augen führen, dann wissen wir, dass der Konvent genau die Aufgabenstellung bereits jetzt erfüllt hat, indem er sehr ausführlich über die verschiedenen Verfassungsbestimmungen, über die Teile der Bundesverfassung, diskutiert hat, auf die Aktualität überprüft hat, Textvarianten gegenüber gestellt hat und damit auch sozusagen ein gutes Grundlagenwerk dafür geschaffen hat, was dann letztendlich dem Bundesverfassungsgesetzgeber obliegt, hier auch in die politischen Beratungen aufzunehmen.

Ich glaube, dass es notwendig ist und wichtig ist, weit über die Aufgaben des Verfassungskonvents hinaus, sich darüber auch zu unterhalten und die Diskussion darüber zu führen, was denn grundsätzlich von einer neuen Verfassung überhaupt erwartet wird. Ob es auf der einen Seite nur um das „Schlanker werden“ - sage ich jetzt einmal unter Anführungszeichen - geht, oder ob es nicht auch darum geht, die Sicherheit, nämlich die Rechtssicherheit, auszubauen.

Und ich denke, und bin überzeugt davon, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass wir hier - und darum sage ich es auch hier, an dieser Stelle - den demokratischen Kontrollrechten einen ganz besonderen Stellenwert geben. Weil ich glaube, die demokratische Kontrolle ist ein wesentliches Instrument, um das Vertrauen in die Politik auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Wenn es uns nicht gelingt, demokratische Kontrollrechte auszuweiten, wird letztendlich auch die Politik immer wieder an Grenzen stoßen, an Grenzen der Glaubwürdigkeit. Und ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass wir genau das nicht wollen.

Ich denke auch, dass es viele Bereiche gibt, wo es notwendig wird, in einer politischen Debatte hier sehr vertieft zu diskutieren. Ich lasse mich jetzt nicht hinreißen in meinem Bericht und bei diesen persönlichen Bemerkungen hier zum Schluss noch über einige andere Themenbereiche, wie zum Beispiel über die Grundrechte oder die Frage der Gleichstellungspolitik auch in der Verfassung zu sprechen.

Aber ich denke, dass alles zusammen muss einer politischen Bewertung im Anschluss an die wertvolle Arbeit des Konventes, wo viele Vorschläge da sind, weitergeführt werden. Ich möchte mich abschließend noch einmal sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit bedanken, und vor allen Dingen auch beim Konventssekretariat bedanken, für die hervorragende Arbeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Im Namen des Präsidiums möchte ich mich für Ihre Arbeit bei Ihnen sehr herzlich bedanken und bei den Mitgliedern des Ausschusses. Der nächste Redner ist der Herr Dr. Günter Voith. - Bitte.

Dr. Günter Voith: Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Der Herr Sektionschef Matzka ist gerade dort. Ich wollte ihm sagen, ich war nie Beamter. Ich war immer Unternehmer. Ich war immer selbständig. Aber ich habe genau so wie er gelitten, wenn ich mit meinen Vorschlägen in den Ausschüssen alleine geblieben bin.

Ich nehme mir die Vorbilder, die heute, angefangen von der Frau Landeshauptfrau Burgstaller, schon gesprochen haben, auch her und erlaube mir ein bisschen Grundsätzliches zu sagen. Ich bin auch der Meinung, dass der Konvent erfolgreich ist. Allerdings bin ich nicht der Meinung, er ist erfolgreich wegen der ungeheuer vielen Themen und Vorschlägen, die letztlich im Dissens gebracht wurden. Ich bin der Meinung, er ist schon damit erfolgreich, dass er offenbar (Ausschuss 2) die Auswucherungen der Verfassung auf die Dauer einfangen kann. Verbrämt durch ein paar, ich sage, Kleinigkeiten, kleine Verbesserungen aus vielen anderen Ausschüssen, wie sieben, acht, neun.

Natürlich ist aber die Frage berechtigt, ist ein derartiger Aufwand an Zeit und an Gehirnschmalz bei den anderen Themen überhaupt zu rechtfertigen? Es ist die Hoffnung auf die Weiterentwicklung und auf die politischen Entscheidungen. Wir müssen uns aber schon im Klaren sein, von einer „grundlegenden Staats- und Verwaltungsreform, die auch Voraussetzungen für effizientere Verwaltung schaffen soll“, natürlich keine Rede sein kann.

Auch nicht von der „zukunftsorientierten, kostengünstigeren, transparenten und bürgernahen Erfüllung der Staatsaufgaben“, wie es wörtlich ja in der Aufgabenstellung des Konvents hieß. Was ich als etwas schmerzlich empfinde - denn da könnte die Einigung nicht so schwierig sein - ist,  dass wir auch kaum irgendetwas geleistet haben mit einem strafferen Verfassungstext. Ich sage böserweise, diese vielen Experteneinzelmeinungen, -interessen, die führen natürlich leicht zu einer Detaillierung und nicht zu dem strafferen Verfassungstext. Da wurden natürlich doch oft die Einzelvorstellungen gegenüber dem Gesamtinteresse hintangesetzt. Ich bin auch der Meinung, das starke Konsensdenken, die Forderung, wo immer möglich Konsens zu erzielen, ist - genau genommen - für Reformen oft hinderlich.

Wir  heißen als Österreicher immer Konzeptriesen, aber Umsetzungszwerge. Wir sollten uns bemühen, dass wir in dieser Klassifizierung im Konvent nicht so sind. Ich möchte sagen, wir stehen auch unter der Gefahr, dass wir Beharrungsriesen und Reformzwerge sind. Ich will nicht so weit gehen zu sagen, wir sind Vergangenheitsriesen und Zukunftszwerge.

Im Konkreten darf ich sagen, dass die Industrie völlig konform geht mit den Vorschlägen der Wirtschaftskammer in den einzelnen Bereichen, die ja jetzt noch zum Diskutieren anstehen oder zur Entscheidung noch in den nächsten Wochen. Zum Beispiel bei den Kompetenzen: Die großen Kompetenzfelder halten wir auch für richtig. Wir fürchten halt die zu vermeidenden Kompetenzkonflikte, Mehrgleisigkeiten, die wir ja seit Jahrzehnten bedauern, Verfahrensverzögerungen, sprich auch Bürokratie, wenn die Abgrenzungen unklar sind, und schon auch, wenn die dritte Säule da ist oder, sagen wir, wenn sie sinnvollerweise da sein soll, aber zu groß ist. Wenn schon, dann klare Kriterien!

Ich bin bei Frau Mag. Ettl, dass nie - jetzt ist sie nicht mehr da - der Ehrgeiz nach mehr Macht oder mehr Geld da sein sollte bei der Kompetenz, sondern der Maßstab darf nur sein, wo wird effizienter gearbeitet. Besonders gilt das für den Vollzug, wo natürlich, im Unterschied zur Gesetzgebung, die Länder gewisse Argumente für sich haben.

Es wird jetzt natürlich zu Ende des Konvents jeder in der Wirtschaft, aber wohl auch in der Bevölkerung, fragen, was hat der Konvent beigetragen für meine persönliche, von mir aus auch firmenmäßige Situation, für meine Wettbewerbsfähigkeit und damit für meinen Arbeitsplatz. Wird der Staat jetzt mehr Geld und Bewegungsfreiheit für die Entscheidungen bekommen? Hilft da der Konvent mit für die Entscheidungen, die immer dichter auf uns zukommen, schon von der EU her? Oder wird es wieder nur gehen um Wegnehmen und Umverteilung, anstatt dass das Ganze mehr wird?

Ich möchte mir wünschen, dass die politischen Entscheidungsträger, sagen wir frei nach Churchill, sich den anderen Mantel umhängen können und sagen, ich denke nicht an die nächste Wahl, sondern an die nächste Generation. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist der Herr Bundesrat Professor Hösele. - Bitte!

Herwig Hösele: Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich darf mit zwei für mich sehr erfreulichen Feststellungen beginnen. Das Erste war, dass auch das letzte Drittel der Ausschussberatungen über das Ergänzungsmandat unter Vorsitz der Frau Präsidentin sehr angenehm war, und ich glaube, wir haben in dieser Weise auch in der Vielfalt der unterschiedlichen Textvorstellungen und Ausformulierungen auch einen sehr guten Beitrag leisten können. Ich möchte mich sehr dafür bei Ihnen bedanken, Frau Präsidentin.

Das Zweite ist, was ich aus allen - ich sagen nicht als roten Faden, weil es ein rot-weiß-roter Faden ist im Österreich-Konvent - Wortmeldungen gehört habe, nach den Unkenrufen der letzten Wochen, doch das heutige Bekenntnis dazu, dass wir gemeinsam einen Erfolg erzielen wollen. Ich bin da aber doch noch etwas anspruchsvoller, ich sage, hier sind alle Voraussetzungen für einen Erfolg gegeben, aber so wie bei einem Marathon sind wir jetzt bei Kilometer 40. Es kommt darauf an, ins Ziel zu kommen. Ich glaube, das Ziel ist dann trotzdem noch immer, einen tragfähigen, guten Kompromiss zu haben, weil das an sich so ist, weil das ja auch ein Fundament ist für die nächsten Jahre und Jahrzehnte eines Staatsaufbaus in Österreich.

Deswegen, glaube ich, ist ein Verfassungstextentwurf, wie er ursprünglich auch vorgesehen war, wichtig. Ich glaube, dass auch unser Ausschuss trotz vielen Dissenses, wenn man in den abschließenden Beratungen des Konventspräsidiums unter den drei oder vier verschiedenen - teilweise sind es auch vier verschiedene Textentwürfe für Verfassungsbestimmungen- auswählt, man sich entscheidet, man sich entscheiden kann, und es bei einigen Dingen auch ganz nahe daran ist, sich sogar gemeinsam leicht entscheiden zu können.

Zwei wichtige Punkte sind auch angesprochen worden, die, glaube ich, nämlich auch wichtige Signale für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sind. Das ist einerseits die Durchbrechung der Diskontinuität bei den Volksbegehren. Ich glaube, das müsste eine ganz einfache Aufgabe sein, weil das nur eine verfassungstechnische Frage ist.

Das Zweite, was auch ein ganz wichtiges Prinzip ist, die Umkehrung des Prinzips Amtsverschwiegenheit und Auskunftspflicht eindeutig in Richtung Auskunftspflicht zu gehen, und ich bin überzeugt davon, dass mindestens das in diesem Ausschuss sehr rasch und leicht konsensfähig für eine Gesamtinventur sein könnte. Insofern möchte ich noch einmal einen kleinen Appell an uns alle richten, zu schauen, dass wir die letzten zwei Kilometer einen guten Endspurt hinlegen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke sehr für den Appell und alle Arbeiten zum Ausschuss 8. Es war die letzte Wortmeldung dazu. Ich schließe diese Diskussion damit ab. Wir beraten jetzt über den ergänzenden Bericht des Ausschusses 7 und - so wurde mir gesagt - es wurde vereinbart, auch gleichzeitig über den Bericht der Ausschüsse 6 und 7 für das gemeinsame Mandat. Ich bitte für beide Bereiche Herrn Sektionschef Dr. Matzka um den Bericht.

Dr. Manfred Matzka: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich habe den Umstand, dass nur ein Drittel des Konventes anwesend ist, zum Anlass genommen, mich auf die Hälfte meiner Zeit zu konzentrieren. Das ist eine Effizienzsteigerung im allseitigen Interesse. Wenn man das multipliziert, sind wir sechsmal so effizient, wie wenn man es umgekehrt machte.

Zunächst zum Bericht „Gemeinsame Beratungen 6 und 7“. Wir haben eine Untergruppe gebildet aus Vertretern beider Ausschüsse. Wir hatten dazu ein Mandat des Präsidiums in zweifacher Richtung. Die erste war, im Bereich der Weisungsbindung einen Vorschlag auszuarbeiten auf der Grundlage dessen, was in den beiden Ausschüssen zuvor beraten wurde und zweitens hatten wir das Mandat, im Bereich der Ausgliederung etwas vorzulegen.

Zum ersten Punkt, der Weisungsbindung, war klar, dass es eine verfassungsrechtliche Norm sein soll, die den einfachen Gesetzgeber ermächtigt, nicht unbegrenzt weisungsfrei gestellte Organe einrichten zu können. Dieser Aufgaben haben wir uns unterzogen und auch einen Text abgeliefert, der recht gut erkennbare Konturen hat.

Zum zweiten Punkt, zum Bereich der Ausgliederung, war der Wunsch festgehalten, Ausgliederungsmodule zu zeichnen. Diesem Auftrag sind wir - ich sage es ganz offen -nicht nachgekommen, weil diese Ausgliederungsmodule wahrscheinlich eine Aufgabe des einfachen Gesetzgebers sind. Ein Modellbaukasten für Ausgliederungen ist auf der Ebene des einfachen Gesetzgebers oder vielleicht sogar nur auf der Ebene von Weiß- oder Grünbüchern vernünftig.

Es wurde weiters vorgegeben, Ausgliederungsregelungen gleichermaßen für alle Gebietskörperschaften in gleichem Maß zugänglich zu machen. Das haben wir umgesetzt. Es wurde auch festgehalten, dass keine allzu intensive Differenzierung zwischen hoheitlichen und nicht hoheitlichen Ausgliederungen gemacht werden soll. Und wir haben zum Schluss auch einen Beitrag geliefert zur Diskussion, ob und wieweit man ausgliederungsfeste Bereiche definieren kann. Nun zu den Ergebnissen im Einzelnen.

Weisungsfreiheit, Weisungsbindung, weisungsfreie Verwaltung: Es gibt ein Papier mit einer Gesamtübersicht über die derzeit bestehenden weisungsfreien Behörden und Organe. Das ist sehr nützlich, weil es so lang ist, dass jedem klar wird, dass diese Konstruktion mit jeweils singulär verfassungsrechtlich eingerichteten Behörden keine vernünftige Regelungstechnik ist.

Es macht daher Sinn, die Möglichkeit der Einrichtung weisungsfreier Verwaltungseinheiten generell abstrakt in die Verfassung zu nehmen und in dieser Regelung dem einfachen Gesetzgeber die Einrichtung zu ermöglichen, wenngleich unter der Kautel einschränkender Bedingungen.

Wir haben also versucht, das Feld abzugrenzen, in welchem der einfache Gesetzgeber weisungsfreie Organe schaffen kann. Dazu liegt ein Textvorschlag vor, und dieser ist der Kern des ergänzenden Berichtes. Sie sehen darin, dass wir versucht haben, in fünf Punkten zu definieren, wo weisungsfreie Organe vom Gesetz geschaffen werden können. Das ist zum Einen der Bereich der Sachverständigentätigkeiten, das ist zum Zweiten der Bereich kontrollierender Aufgaben zur Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (denken Sie an Amtsparteien, denken Sie an Schieds- und Petitionseinrichtungen). Das sind zum Dritten Angelegenheiten ganz spezifisch verwaltungsinterner Bedeutung, wie etwa im Dienstrecht, Disziplinarrecht und ähnlichen Feldern. Das sind Anwaltschaften des öffentlichen Rechts, und das sind insbesondere auch Organe zur Sicherung des Wettbewerbs, Organe im Bereich der Regulatoren. Hier gibt es zum Teil Unschärfen in der terminologischen Abgrenzung, es ist aber im Kern schon klar und konsentiert, was man in die weisungsfreie Welt stellen kann.

Zweiter Teil, Ausgliederung: Beim Thema Ausgliederung haben wir unsere Hausübung nicht vollständig erledigt. Wir haben durchaus einzelne Elemente sehr klar fixiert, aber nur eines wurde klar und auch konsentiert im Ausschuss festgehalten. Es soll durch Ausgliederung und Auslagerung weder die parlamentarische Kontrolle noch die rechtsstaatliche Kontrolle geschmälert bzw. beeinträchtigt werden.

Das wurde auch ganz ausdrücklich gesagt. Das bedeutet im Hinblick auf das Parlamentsrecht wahrscheinlich die eine oder andere Ergänzung, weil etwa die Interpellation bei Ausgliederungen, die in einer bestimmten Form konstruiert sind, eine Grenze findet. Der Minister kann einfach nicht sagen, was nur der Vorstand der ausgegliederten Einrichtung weiß. So weit das der Fall ist, bedarf es komplementärer Möglichkeiten parlamentarischer Kontrolltechniken.

Das Zweite, was gesagt und auch festgehalten wurde, ist, man soll wahrscheinlich bei jenen Ausgliederungen, die sich auf hoheitliche Tätigkeiten beziehen, einen strikteren Maßstab der Zulässigkeit anlegen als bei jenen Ausgliederungen, die sich auf die privatwirtschaftliche Tätigkeit beziehen. Ich formuliere das jetzt bewusst so unscharf, weil es nicht sehr viel schärfer im Textvorschlag des Ausschussergänzungsberichts enthalten ist.

Wir haben schließlich gesagt, Module und Typisierungen wollen wir nicht in der Verfassung haben, das ist eine Aufgabe, die man auf anderer Ebene lösen soll.

Schlussendlich hat man sich im gemeinsamen Ausschuss auch mit der Frage der Ausgliederungsgrenzen oder ausgliederungsfesten Bereiche beschäftigt und war sich eigentlich schon darüber einig, dass es einen Sinn macht, solche ausgliederungsfesten Bereiche in einer Verfassung zu definieren. Was allerdings wirklich dazu gehört, konnte nicht konsensual präzise definiert werden.

Wir sind da natürlich mitten in der Diskussion der Kernaufgaben des Staates und das ist eine sehr ambivalente Diskussion. Rede ich von Kernaufgaben, dann kann ich darüber reden unter dem Prätext, nicht zu wollen, dass dieser Bereich ausgelagert wird. Ich kann aber auch von der Überlegung motiviert sein, alles auslagern zu wollen, alles entstaatlichen zu wollen, und nur die ganz wenigen polizeistaatlichen und judiziellen Kernaufgaben beim Staat belassen zu wollen.

Da zeigt sich schon eine ideologische Spannung, die notwendigerweise der Diskussion innewohnt. Es gibt daher einen Textvorschlag im ergänzenden Bericht, der nicht konsensual ist, der aber doch ganz deutlich zeigt, wohin es gehen kann und soll, wenn man Konsense zu erreichen versucht. Die Kernaufgaben, die hier aufgezählt sind, sind die klassischen, traditionellen, seit dem 17., 18. Jahrhundert als Staatsaufgaben verstandenen Kernbereiche, bei denen sich niemand eine Ausgliederung vorstellen kann. Von einer Bundesverhaftungsges.m.b.H. und Co KG oder von einer Einsperr-AG wird niemand reden wollen.

Wo aber die genauen Grenzen dieser Kernbereiche einerseits und jener Bereiche andererseits liegen sollen, in denen Auslagerungen sinnvoll, zulässig und möglich sein sollen, das ist im Detail nicht klärbar gewesen.

Der zweite Teil des Ergänzungsmandates ist sehr viel einfacher abzuarbeiten gewesen. Das Ergänzungsmandat bezog sich eigentlich nur darauf, zu sagen, es mögen klare Alternativen im Kontext der nichtterritorialen Selbstverwaltung abgeliefert werden, also jener Selbstverwaltung, die neben der gemeindlichen Selbstverwaltung steht, die eine Fülle von Institutionen umfasst und zu der es im B-VG derzeit keine ausdrückliche verfassungsrechtliche Regelung gibt. Hier war der Auftrag an uns, vier Textvarianten durchzudenken, zu formulieren und abzuliefern. Das haben wir getan. Sie finden im ergänzenden Bericht diese Varianten hintereinander gestellt.

Wir haben dann der Versuchung widerstanden, widerstehen müssen, weil es aussichtslos gewesen wäre, eine und nur eine dieser Textvarianten herauszufiltern und uns für diese zu entscheiden. Über den Grundkonsens, den der Ausschuss 7 bereits im Frühjahr gefunden hatte, konnte nicht hinausgegangen werden. Wir haben uns im eigentlichen Ausschussbericht des Ausschusses 7 im Frühjahr bereits sehr deutlich für eine Variante ausgesprochen und blieben auch beim Nachsitzen in dieser Angelegenheit bei dieser Position. Dies unbeschadet des Umstandes, dass wir vier Varianten abgeliefert haben, die ich noch kurz nennen möchte.

Im Grundsatz wollen wir haben, dass in der Verfassung eine Regelung für nicht territoriale Selbstverwaltungskörper steht. Diese Regelung soll der gemeindlichen Selbstverwaltung nachgebildet sein, also sagen, dass man den eigenen Bereich selber regeln kann, dass intern Demokratie herrschen soll, dass es keine Weisungen vom Staat in den Selbstverwaltungsbereich geben soll. Das ist sehr einfach zu formulieren gewesen. Schwierig war erst die Frage: Welche Einrichtungen sollen von Verfassungswegen verbindlich ins Pflichtprogramm für Selbstverwaltung aufgenommen werden? Wo soll der einfache Gesetzgeber Selbstverwaltung schaffen müssen, und in welchen Bereichen soll er allenfalls frei sein, Einrichtungen nach dem Muster der Selbstverwaltung zu schaffen? Und auf diese zweite Frage beziehen sich die vier Varianten.

Variante eins: die Verfassung nennt überhaupt keine Beispiele fürs Pflichtprogramm. Der einfache Gesetzgeber ist also vollständig frei, alles das, was derzeit Selbstverwaltungskörper sind, so, aber auch anders einzurichten.

Variante zwei: der Verfassungsgesetzgeber gibt die großen berufsständischen Selbstverwaltungseinrichtungen als Pflichtprogramm vor. Der einfache Gesetzgeber kann also die Kammern nicht abschaffen oder anders regeln, alle übrigen Institutionen kann er als Selbstverwaltungseinrichtungen abschaffen und anders regeln.

Die Variante drei schließt neben den Kammern auch die Hochschülerschaft und die Sozialversicherung ins Pflichtprogramm ein und die Variante vier neben diesem genannten Set auch noch die freien Berufe. Und da sieht man bei den Varianten drei und vier schon, dass wir, so einfach diese Übung war, uns mitten in das Feld der Politik begeben haben. Denn die Frage der Einrichtung der Hochschülerschaft als Selbstverwaltungsträger und der Einrichtung der Sozialversicherung als Selbstverwaltungsträger ist natürlich mitten im Fokus des politischen Feuers - heute mehr als zu dem Zeitpunkt, wo wir einen Konsens hatten in dieser Frage im Frühjahr, und heute mehr als zu dem Zeitpunkt, wo wir das Arbeitsergebnis im August abgeliefert haben.

Das zeigt auch ein bisschen die Spannung zwischen der Wirklichkeit draußen und der Wirklichkeit herinnen. Ich glaube, dass es Sinn macht, die äußere und die innere Wirklichkeit in der Verfassungsdiskussion zusammenzuführen, weil gerade dieses Selbstverwaltungsbeispiel zeigt, dass man, wenn man sich nur hinsetzte und das in Ruhe überlegte, sehr bald bei einem konsensualen Konzept wäre. Bei einem konsensualen Konzept, das weitgehend all das als Selbstverwaltung weiter verankert, was derzeit Selbstverwaltung ist. Da muss dann bei einer Einigung auf einen solchen Kompromiss von jeder Seite ein bisschen nachgelassen werden. Das wurde auch nachgelassen in unserem Ausschuss, der im Übrigen sehr stark sozialpartnerschaftlich dominiert war, und daher einen sehr starken Zug zum Konsens hatte. Ich fand das sehr gut.

Wenn man das tut, muss man vielleicht billigend in Kauf nehmen, dass man für die Zukunft bestimmte institutionelle Parameter festgeschrieben hat, an denen man nicht rütteln kann, selbst dann nicht, wenn es politisch inopportun, diese Festlegung zu haben. Aber zumindest hat man eine feste Basis geschaffen, mit der man kalkulieren kann, die funktioniert, auf der der Start funktioniert, auf der seine Subeinheiten funktionieren. Und ich glaube, dass es bei der Selbstverwaltung und bei unserem Vorschlag zur Selbstverwaltung möglich sein müsste, am Ende des Tages diese neue Bestimmung in die Verfassung aufzunehmen. Im Austausch dafür haben wir aus dem ersten Reformdiskussionsbereich unserer gemeinsamen Ausschüsse die Chance, ein paar hundert Verfassungsnormen über weisungsfreie Kollegialorgane zu beseitigen. Wenn man beides gegeneinander abwägt, haben wir im Tausch einiges zu Wege gebracht.

Ich bedanke mich bei allen Beteiligten ganz herzlich.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bedanke mich für Ihre Berichte, Herr Sektionschef Dr. Matzka. Zu Wort gemeldet ist die Frau Generalsekretärin Mag. Hochhauser. - Bitte.

Mag. Anna-Maria Hochhauser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich darf mich vorerst aus der Sicht der Wirtschaftskammerorganisation sehr herzlich beim Vorsitzenden des Ausschusses 7, Herrn Sektionschef Matzka, bedanken für die äußerst konstruktive Arbeit in diesem Ausschuss. Es ist einer der Ausschüsse, wo also die meisten positiven, gemeinsamen Ergebnisse erzielt wurden. Und ich darf mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konventsbüros für diese hervorragende Unterstützung in diesen Ausschüssen bedanken.

Zum Bericht über die gemeinsamen Beratungen der Ausschüsse 6 und 7: Hier wurde tatsächlich sehr konstruktiv gearbeitet. Und ich kann mich sehr kurz halten, weil der Ausschussvorsitzende hier die wesentlichen Inhalte ja schon betont hat. Man konnte für die Auslagerung von Hoheitsaufgaben die Weisungsbindung und für die Ausgliederung nicht-hoheitlicher Aufgaben eben eine der Art der jeweiligen Aufgabe adäquate Aufsichtsingerenz oder Steuerungsbefugnis festschreiben und das sichert, wie auch bereits ausgeführt wurde, über die Gewährleistung der Verantwortlichkeit der obersten Organe, die demokratische Rückbindung der Aufgabenwahrnehmung an das Parlament und gibt dem Gesetzgeber gleichzeitig die Möglichkeit, flexible und fallbezogene Gestaltungen vorzunehmen. Damit kann die Ausgliederungspraxis auf ein solides verfassungsrechtliches Fundament gestellt werden und ich hoffe, dass man sich hier auf der politischen Ebene diesen Ausschussergebnissen anschließen kann.

Zum ergänzenden Bericht des Ausschusses 7 möchte ich mich auch nur auf einen Punkt konzentrieren. Hier gab es, wie schon ausgeführt, auch im ersten Bericht einen weitgehenden Konsens hinsichtlich der Verankerung der nicht territorialen Selbstverwaltung in der Verfassung. Und in seinem ergänzenden Bericht empfiehlt er,  diesen Konsens zur Grundlage der weiterführenden Überlegungen in der Verfassungsreform zu nehmen. Und dies ist insbesondere aus der Sicht einer berufsständigen Selbstverwaltung zu befürworten und es sollten die Ergebnisse, die jetzt auf dem Tisch liegen, auch wirklich aufgegriffen und umgesetzt werden. Und hier ist ganz allgemein zu sagen: Wenngleich nach dem Konventsprozedere die Entscheidungen natürlich auf der politischen Ebene zu fallen haben, soll es aber doch gelingen, die in monatelangen Verhandlungen und intensiven Verhandlungen erzielten Konsense auch auf der politischen Ebene zu realisieren und sich nicht davon zu distanzieren.

Alles in allem gibt es schlussendlich in beiden Ergänzungsberichten sehr positive Ergebnisse, wo es jetzt wirklich gilt, diesen Ergebnissen auf der politischen Ebene auch zu folgen. Ich danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist der Herr Univ.-Prof. Dr. Brauneder. Bitte.

MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Meine Wortmeldung bezieht sich nicht auf die Berichte jetzt aus diesem Ausschuss, sondern auf eine Summe von Wortmeldungen des heutigen Tages, aber eigentlich auch auf Wortmeldungen, die wir in vergangenen Zeiten hier gehört haben. Es ist so eine gewisse Spannung immer wieder zu hören, nämlich dahingehend, wie es eine Rednerin ich glaube so formuliert hat: Wir haben zwar in unserem Ausschuss einen Punkt abgehakt, von offenkundig mehreren, aber auf der anderen Seite hat der Konvent bereits jetzt seine Aufgaben erfüllt. Was möglicherweise wie ein Widerspruch klingen mag, erscheint mir doch kein solcher zu sein und zwar unter folgender Überlegung: Muss es überhaupt der Ehrgeiz des Konvents sein, zu einem bestimmten Termin einen kompletten Verfassungstext oder einen - vielleicht nicht in allen Details formulierten - Verfassungsentwurf vorzulegen?

Der Konvent ist ja nicht der Verfassungs-Gesetzgeber, das sollte man sich einmal so ein bisschen doch vor Augen halten, und vor allem, man sollte es auch der Öffentlichkeit vor Augen halten, die in etwa in folgende Richtung gelenkt wird: Na, werden die überhaupt ihre Aufgabe erfüllen? Und vielleicht kommt dann doch der eine oder andere Steuerzahler einmal auf die Idee, zu fragen: Was hat denn das alles gekostet? Und dann haben die trotz hoher Kosten - angeblich - ihre Aufgabe nicht erfüllt, weil kein Verfassungstext vorliegt!

Wenn ich das Problem von der anderen Seite sehe - nämlich von der Seite des Verfassungs-Gesetzgebers selbst, nämlich des Parlaments - frage ich mich: Ist das eigentlich von dieser Seite her so wünschbar, so gewünscht, einen kompletten Verfassungstext zu haben, der in den Verfassungsausschuss gehen wird und dann natürlich in das Plenum und da und dort diskutiert wird oder vielleicht nur abgehakt wird, dem zugestimmt wird, was doch auch unter Umständen vielleicht den Eindruck erwecken könnte: Wozu gibt es denn das Parlament noch? - Das wäre dann sozusagen eine papale Absegnung von Arbeiten, die anderswo gemacht worden sind.

Und man könnte sich ja auch fragen, ob ein solcher Vorgang, ein solches Prozedere, ein solches Ergebnis letztendlich dem Parlamentarismus gut tut. Man sieht sich ein bisschen zurückversetzt in Zeiten vor dem Jahre 1955, wo das Parlament, der Nationalrat, sich den Ruf einer Abstimmungsmaschine erworben hat, denn alles andere - der Inhalt der Gesetze - wurde anderswo beschlossen, nämlich in dem damaligen Koalitionsausschuss, wenn ich das recht sehe oder gelesen habe. Und im Parlament hebt man bloß die Hand oder man hebt sie nicht. Also in diese Situation sollten wir doch gerade bei der Verabschiedung einer neuen Verfassung nicht kommen!

Und ich meine daher, es wäre ein durchaus vertretbares Ergebnis für den Konvent, wenn er in gewissen Fragen Textvarianten vorlegt, die dann im Verfassungsausschuss und im Plenum ausgewählt werden oder vielleicht durch andere Varianten ersetzt werden. Es wäre ja auch ein bisschen komisch, wenn die einzigen, variantenlosen Vorschläge des Konvents letztendlich im Parlament abgeändert worden - das wäre ja fast eine schlechte Note für den Konvent nach dem Motto: Wir machen es aber ganz anders, als was ihr in 17 oder 18 Monaten euch da in verschiedensten Ausschüssen herumgeplagt habt.

Ich möchte also eben ein gewisses Plädoyer dahin abgespult haben: Warum soll das Präsidium dem Parlament nicht Textvarianten vorlegen? Danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke vielmals.

Damit haben wir auch diese Beratung über Ausschuss 7 und gemeinsame Ausschüsse 6 und 7 abgeschlossen.

Ich gönne Ihnen jetzt eine Stunde Mittagspause, weil die Herren Dr. Holzinger und Dr. Haller - beide Vorsitzende für die nächsten Berichte - noch beruflich tätig sind und ihr Kommen um 14 Uhr angekündigt haben. Ich bitte Sie daher, dass wir um 14 Uhr wieder mit den Beratungen beginnen.

[Die Sitzung wird unterbrochen]

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka (übernimmt den Vorsitz): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir kommen nunmehr zu den Beratungen über das Ergänzungsmandat und den hiezu erstatteten Bericht des Ausschusses 3 und erteile als Erstem den Vorsitzenden dieses Ausschusses, Herrn Sektionschef Professor Dr. Holzinger, das Wort. Auch für ihn gelten als Berichterstatter 15 Minuten.

Dr. Gerhart Holzinger: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Vorweg darf ich um Verständnis dafür ersuchen, dass ich erst jetzt nach einer Pause zu dem mich betreffenden Tagesordnungspunkt spreche. Aber im Hinblick auf die Beratungen im Verfassungsgerichtshof, die bis 13.30 Uhr gedauert haben, war es mir nicht möglich, am Vormittag an dem für mich vorgesehenen Zeitpunkt hier zu referieren. Ich werde versuchen, das durch besondere Kürze und Prägnanz meiner Ausführungen etwas auszugleichen.

Meine Damen und Herren! Der Ausschuss 3 des Österreich-Konvents hatte sich schwergewichtig mit den Themen Aufbau des Staates in den verschiedenen Gebietskörperschaften in Legislative und Exekutive zu befassen. Mit Wahlen, Verfassungsautonomie der Länder und mit den verfassungsrechtlichen Regelungen, betreffend das Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung, im Besonderen also die Frage des Legalitätsprinzips.

Der Ausschuss hat die wichtigsten damit zusammenhängenden Fragen, entsprechend dem Mandat des Präsidiums des Konvents, insgesamt in neun Sitzungen, die meisten davon ganztägig, vorberaten und zwei Berichte erstattet. Einen bereits im Februar dieses Jahres und einen weiteren zu einem Ergänzungsmandat des Präsidiums des Konvents Anfang Oktober dieses Jahres, wobei in diesem Ergänzungsbericht entsprechend dem diesbezüglichen Mandat des Präsidiums des Österreich-Konvents vom Juli dieses Jahres vor allem zwei Dinge zu tun waren.

Zum Einen zu ganz bestimmten konkreten Fragestellungen des Präsidiums Formulierungsvorschläge für eine Neufassung der verfassungsrechtlichen Regelungen zu erstatten beziehungsweise zu bestimmten Punkten verfassungspolitische Überlegungen anzustellen.

Ich möchte ganz kurz und überblicksartig die wichtigsten Ergebnisse unserer Ausschussarbeit nochmals darstellen. Hervorheben möchte ich einleitend, dass im Ausschuss Konsens darüber besteht, dass in vielerlei Hinsicht, hinsichtlich jener Themen die uns zur Beratung überwiesen waren, die Möglichkeit gesehen wird, die Dichte der verfassungsrechtlichen Regelungen zu reduzieren. Manches, was derzeit bundesverfassungsgesetzlich geregelt ist, erscheint uns entbehrlich.

Im Sinne dieser Bereinigungsfunktion, die eine Neufassung der Bundesverfassung haben könnte, möchte ich nur exemplarisch drei Bereiche ansprechen, mit denen wir uns besonders beschäftigt haben, nämlich die verfassungsrechtlichen Regelungen über den Nationalrat, die Bestimmungen über die Bundesregierung und die Regelungen betreffend die Organisation der Landesverwaltung. Insbesondere zu diesen Bereichen haben wir konkrete Vorschläge für eine Reduktion der verfassungsrechtlichen Regelungen erstattet und auch konkrete Formulierungsvorschläge gemacht.

Richtig ist aber auch - und damit komme ich zu einem zweiten Punkt -, dass sich in den Ausschussberatungen immer wieder gezeigt hat, dass dem Bemühen um eine Reduzierung der Regelungsdichte bundesverfassungsgesetzlicher Vorschriften verfassungspolitische Grenzen gesetzt sind. So hat sich etwa, um ein Beispiel zu nennen, in der Diskussion über die Frage, inwieweit es möglich ist, die Bestimmungen des Artikel 26 der Bundesverfassung, die derzeit, zum Teil recht detailliert das Wahlrecht zum Nationalrat regeln, inwieweit es möglich ist, diese Regelungen zu reduzieren. Im Ausschuss haben sich durchaus unterschiedliche Positionen ergeben. Es hat Mitglieder des Ausschusses gegeben, die im Großen und Ganzen die Auffassung vertreten haben, man könne sich auf verfassungsrechtlicher Ebene auf die Grundsätze des Wahlrechts beschränken, andere waren der Meinung, dass im Wesentlichen die Regelungsdichte des Artikel 26 erhalten bleiben sollte.

Abgesehen von diesem Bereinigungsanliegen, das wir im Besonderen verfolgt haben, möchte ich zu den verfassungspolitisch bedeutsamsten Fragen, die wir insbesondere in unserem Ergänzungsbericht nochmals behandelt haben, auch nur exemplarisch auf Folgendes hinweisen. Ich komme nochmals zu sprechen auf den Artikel 26 der Bundesverfassung, mit dem wir uns sehr ausführlich beschäftigt haben. Konsens bestand diesbezüglich im Ausschuss darüber, dass jedenfalls die Wahlrechtsgrundsätze für die Wahl zum Nationalrat, die ja darüber hinaus auch für die anderen Gebietskörperschaften von Bedeutung sind, dass diese Wahlrechtsgrundsätze taxativ und abschließend in der Bundesverfassung geregelt sein sollten, also einschließlich des Grundsatzes des freien Wahlrechts, für den das derzeit, jedenfalls, wenn man ans BV-G denkt, nicht gilt.

Im Übrigen haben, wie bereits angedeutet, zu diesem Themenkomplex unterschiedliche Auffassungen bestanden. Die eine Position, die in die Richtung einer Reduzierung der verfassungsrechtlichen Regelungen auf die Wahlrechtsgrundsätze gegangen ist, und eine andere Position, die insbesondere darin besteht, dass vorgeschlagen wurde, etwa, das Wahlrecht zum Nationalrat auch in Österreich ansässigen Ausländern einzuräumen. Die Frage, eine Mindestprozentklausel in Ergänzung des Grundsatzes der Verhältniswahl in die Verfassung aufzunehmen, das Wahlalter zu senken, beziehungsweise auch das so genannte Bürgerzahlprinzip, also das Prinzip, das maßgeblich ist für die Festlegung der Zahl der Abgeordneten je Wahlkreis, zu ersetzen durch eine Orientierung an der Zahl der Wahlberechtigten, beziehungsweise der Wohnbevölkerung.

Unterschiedliche Positionen bestanden im Ausschuss insbesondere auch zu den Fragen Briefwahl und E-Voting. Die eine Auffassung ist in die Richtung gegangen, dass Briefwahl und E-Voting durch die Verfassung jedenfalls ermöglicht werden sollten. Die andere Auffassung ist in die Richtung gegangen, dass die Stimmabgabe, die nicht vor einer Wahlbehörde erfolgt, jedenfalls immer nur den Ausnahmefall bilden dürfte. Einvernehmen hat im Ausschuss dahingehend geherrscht, dass bei Landtagswahlen und Gemeinderatswahlen dieselben Möglichkeiten zur Stimmabgabe außerhalb des Wahlgebietes bestehen sollten, wie das derzeit auf Grund einer Sonderregelung im Artikel 26 BV-G für die Nationalratswahlen gilt.

Ein zweiter Themenbereich, mit dem wir uns sehr ausführlich beschäftigt haben, war der Bereich der Gemeinden, die verfassungsrechtlichen Regelungen über die Gemeinden. Hier bestanden unterschiedliche Auffassungen, vor allem, was das Verhältnis der kommunalen Ebene und der Bezirksebene anlangt. Es hat eine Position gegeben, die in die Richtung gegangen ist, dass es zu einer Aufgabenverlagerung auf die kommunale Ebene, also weg von der Bezirksebene auf die kommunale Ebene, kommen sollte, während andere Mitglieder des Ausschusses sehr vehement die Auffassung vertreten haben, dass diesbezüglich der Status quo beibehalten werden sollte. Unbeschadet dieser zum Teil sehr grundsätzlichen Auffassungsunterschiede möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass im Ergänzungsbericht des Ausschusses zwei Textvorschläge zur Neufassung, der die Gemeinden betreffenden Artikel 115 bis 120 angeschlossen sind, die auf eine Reduzierung, Vereinfachung und legistische Verbesserung der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung hinauslaufen und meines Erachtens eine gute Basis für eine künftige Neugestaltung dieser Regelungen sein könnten.

Einvernehmen hat - um den Bereich Gemeinden abzuschließen - im Ausschuss auch darüber geherrscht, dass es zu einer größeren Flexibilität im Bereich dieser Regelungen kommen sollte, insbesondere sollten die Möglichkeiten, Gemeindeverbände zu bilden, ausgebaut werden und es sollten den Gemeinden, sei es im Wege des Artikel 15a B-VG, oder auch außerhalb dieses Systems, durch sonstige öffentlich-rechtliche Verträge die Möglichkeiten der interkommunalen Kooperation erleichtert werden.

Nur ganz kurz ein Hinweis, weil ich das schon auch im Oktober berichtet habe, ein wichtiger Teilaspekt, den wir zu behandeln hatten, war die Frage des Legalitätsprinzips. Da hat es unterschiedliche Positionen gegeben, die in die Richtung gegangen ist, dass eine Neuformulierung des Artikel 18 Absatz 1 B-VG geeignet sein könnte, das Problem der zu detaillierten, zu kasuistischen gesetzlichen Regelungen in der österreichischen Rechtsordnung zumindest zu minimieren, während andere Mitglieder des Ausschusses einer Änderung des Artikel 18 und des Legalitätsprinzips eindeutig entgegengetreten sind. Unterschiedlich waren im Übrigen, das möchte ich abschließend zu diesem tour d’horizons durch die wichtigsten Punkte, die wir behandelt haben, noch sagen, unterschiedlich ist auch die Frage beurteilt worden, ob,  und bejahenden Falls, in welchem Umfang, die Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union dem Verordnungsgeber übertragen werden sollte. Hier haben sich, um das ganz vereinfacht nochmals zusammenzufassen, im Wesentlichen ähnliche Auffassungsunterschiede gezeigt wie bei der Beurteilung einer Änderung des Legalitätsprinzips ganz allgemein.

Zusammenfassend möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. Der Ausschuss hat in diesen beiden nunmehr zwei Berichten sämtliche Themen, die ihm vom Präsidium des Österreich-Konvents zur Beratung zugewiesen wurden, behandelt. Wir haben in dem Rahmen, der unser Arbeitsfeld gebildet hat, die Themen identifiziert, in denen der Ausschuss Reformbedarf sieht, und haben darüber hinaus Reformoptionen, Reformmöglichkeiten aufgezeigt. Dass es in einer Reihe von Fragen keinen Konsens gegeben hat, mindert meines Erachtens den Wert dieser Arbeit nicht, und zwar deshalb, weil uns damit immerhin eines gelungen ist, nämlich die Basis für einen möglichen verfassungspolitischen Kompromiss zu legen. Diesen zu finden wird wohl letztlich die Aufgabe des Verfassungsgesetzgebers sein, der verschiedenen Organe, die den Verfassungsgesetzgeber letztlich ausmachen. Was die Arbeit des Ausschusses und des Österreich-Konvents anlangt, so hoffen wir, dass wir mit unseren beiden Berichten einen Beitrag zu dem Gesamtprojekt des Österreich-Konvents leisten konnten, und hoffen, dass möglichst vieles von dem, was wir in den Berichten erarbeitet haben, dann auch Eingang findet in den abschließenden Bericht des Österreich-Konvents.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht schließen, ohne mich einmal mehr bei allen Mitgliedern des Ausschusses für die Mitarbeit und für die Unterstützung zu bedanken, vor allem auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Büros des Österreich-Konvents, ohne deren Kooperationsbereitschaft und Einsatzbereitschaft es nicht möglich gewesen wäre, die uns übertragenen Mandate jeweils fristgerecht zu erfüllen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Berichterstattung. Wir kommen jetzt zur Diskussion. Mir liegen insgesamt drei Wortmeldungen vor. Als erstes Dr. Stürzenbecher. Für ihn gelten - wie für alle nachfolgenden Diskutanten - die fünf Minuten. - Bitte.

Dr. Kurt Stürzenbecher: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme auf ein Thema zu sprechen, das ich ganz kurz schon im Ausschuss 5 einmal angerissen habe, das aber beim Ausschuss 3 besser herpasst und hier in einigen Minuten doch erörtert werden soll, und zwar ist das das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger und -Bürgerinnen, was ja im Ausschuss 3 diskutiert wurde und, soweit mir bekannt ist, ohne ein einheitliches Ergebnis.

Es scheint mir, dass, wenn wir eine neue Verfassung oder Vorschläge für eine neue Verfassung ausarbeiten, man schon davon ausgehen kann - und dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes davon ausgehen können sollen -, dass diese neue Verfassung ein Mehr an Demokratie haben wird als die jetzige und nicht ein Weniger und dass wir natürlich am Beginn des 21. Jahrhunderts auch andere Voraussetzungen haben als vielleicht 1920 oder 1929, als Kelsen oder Danneberg maßgeblich die Verfassung gestaltet haben, und wo natürlich die Partizipation von ausländischen Mitbürgern noch nicht im Vordergrund war, während es jetzt im 21. Jahrhundert sehr wohl ein wichtiges Thema ist, dass eine doch relativ große Bevölkerungsgruppe derzeit überhaupt insbesonders von allgemeinen Vertretungskörpern ausgeschlossen ist. Und in diesem Sinn meine ich, dass es aus demokratiepolitischen Gründen und integrationspolitischen Gründen ein großes gesellschaftliches Bedürfnis dafür gibt, hier die politische Partizipation von ausländischen Mitbürgern zu erweitern.

Und wie Sie ja wissen, hat es ein Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis gegeben, das ich politisch bedauere, aber das selbstverständlich zu respektieren ist - wie jedes Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis zu respektieren ist -, wonach es dem Landesgesetzgeber nicht zusteht, beispielsweise in Wien, für die Bezirksvertretungen Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern das Wahlrecht einzuräumen. Dieses Erkenntnis ist zu akzeptieren, aber es ist auch meiner Ansicht nach als Auftrag dahin gehend zu werten, dass eben der Bundesverfassungs-Gesetzgeber künftig die Voraussetzungen dafür schafft, dass eine Möglichkeit besteht, im kommunalen Bereich ausländischen Mitbürgerinnen und -bürgern das aktive und passive Wahlrecht zuzusprechen.

Und ich darf hier noch einmal den diesbezüglichen Beschluss auch des Wiener Landtages zitieren - der mit großer Mehrheit, mit mehr als 60 Prozent der Mandatare, gefasst worden ist -, welcher lautet: „Der Bundesverfassungs-Gesetzgeber wird seitens des Wiener Landtages ersucht, die Bundesverfassung in der Form zu ergänzen beziehungsweise zu ändern, dass den Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern ein kommunales Wahlrecht, in Wien bei den Wahlen zu den Bezirksvertretungen, einzuräumen.“

Wenn wir uns daran erinnern, dass wir ja im Verfassungskonvent mehrere Hearings durchgeführt haben, war es ja auch so, dass von NGOs, die wir ernst nehmen sollten, auch diese Forderung gekommen ist. Und wenn wir jetzt davon ausgehen, dass diese Hearings, die mit sehr viel Engagement von den Betroffenen, aber auch von den Mitgliedern des Österreich-Konvents, verfolgt worden sind, nicht Alibi-Veranstaltungen waren, sondern dass man das dort Vorgebrachte ernst nimmt, dann würde ich es sehr begrüßen, wenn auch im Bericht des Konvents zum Schluss auch auf Inhalte der Hearings eingegangen wird und dass insbesondere bei dem von mir jetzt referierten Thema auch darauf Rücksicht genommen wird.

Ich wiederhole: Der Landes-Gesetzgeber soll die Möglichkeit haben - nach unseren Vorstellungen -, ein derartiges Wahlrecht einzuführen, er ist natürlich nicht dazu verpflichtet. Das soll jeder Landes-Gesetzgeber dann eben selbst entscheiden, und er ist ja auch seinen Wählerinnen und Wählern dann dafür verantwortlich. Aber dass er es grundsätzlich nicht kann, ist, glaube ich, nicht sinnvoll. Ich muss auch noch einmal hinzufügen, dass in der Mehrheit der alten EU-Mitglieder - also der 15 EU-Staaten - durchaus ähnliche Rechte schon existieren.

Dieses Recht würde mit dazu beitragen, dass es nicht zur Entwicklung von Parallel-Gesellschaften kommt, nicht zu einer Abkapselung von ausländischen Mitbürgern, sondern, dass diese mitten in unsere Gesellschaft hineingenommen werden. Und ich erinnere daran, dass nicht nur Wien dieser Auffassung ist, sondern, dass auch der Grazer Bürgermeister Nagl von der Österreichischen Volkspartei ähnliche Vorstellungen auch schon artikuliert hat. Also ich plädiere dafür, dass wir die Möglichkeit schaffen, dass schon länger hier aufhältige Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern in den politischen Prozess stärker einbezogen werden und dass dafür im kommunalen Bereich die verfassungsrechtlichen Grundlagen geschaffen werden. Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Professor Dr. Klaus Poier. - Ich erteile es ihm.

Dr. Klaus Poier: Herr Volksanwalt! Meine Damen und Herren!

Die Ergebnisse im Ausschuss 3 hinsichtlich Briefwahl und e-Voting sind für mich sehr enttäuschend. Briefwahl gibt es in vielen Staaten der Welt, in -zig Staaten, vielleicht sind es 100 Staaten oder mehr. Für mich ist nicht einsichtig, warum dieses Instrument nicht auch für Österreich möglich ist.

Briefwahl ist auch ein dezidierter Wunsch der österreichischen Bevölkerung: Wir haben eine repräsentative Umfrage gemacht, da erklären 56 Prozent der Österreicher, dass sie die Briefwahl für eine sehr gute oder gute Idee halten. Es ist auch interessant: Wenn man sich die Zahlen nach den parteipolitischen Sympathisanten anschaut, dann sind 69 Prozent – das ist der Spitzenwert – der Grün-Sympathisanten für Briefwahl, 65 Prozent der ÖVP-Sympathisanten und 60 Prozent der SPÖ-Sympathisanten.  Dies zeigt eine sehr breite Zustimmung über die politischen Lager hinweg, und ich glaube, dass diesem Wunsch auch nachgekommen werden soll.

Briefwahl wird in der Diskussion primär unter dem Gesichtspunkt der Wahlenthaltung, der Frage der Nicht-Wähler, der Wahlbeteiligung gesehen. Ich glaube, dass man sich hier keinen großen Illusionen hingeben darf. Es kommt sehr darauf an, welches Modell der Briefwahl gewählt würde: Einen wirklichen Schub bei der Wahlbeteiligung würde es nur geben, wenn man jedem Wähler ohne Aufforderung die Briefwahl-Unterlagen zuschicken würde. Hier haben Erfahrungen in England und in der Schweiz gezeigt, dass man dadurch etwa 20 Prozent mehr Wahlbeteiligung erreichen kann. Ein solches Modell kommt, denke ich, für Österreich – zumindest derzeit – nicht in Frage, sondern wir würden wohl bei der Antrags-Möglichkeit für Briefwahl bleiben. Und da würde es wohl nur zu einer marginalen Steigerung der Wahlbeteiligung kommen.

Aus diesem Grund plädiere ich dafür, dass man bei der Briefwahl immer den Service-Charakter im Auge hat. Briefwahl ist eine Erleichterung für den Wähler und für die Wählerin, die Wahl in einer viel angenehmeren und für sie auch – wenn wir vor allem auch an die ältere Bevölkerung denken – leichteren Form wahrzunehmen. Ich denke, dass diese Service-Möglichkeit dem österreichischen Wähler nicht vorenthalten werden darf.

Ich bin aus diesem Grund auch für eine generelle Briefwahl-Möglichkeit und nicht für eine Briefwahl, die nur in bestimmten Fällen – wie etwa Krankheit oder Abwesenheit – möglich ist. Denn da der Bürger selbst auch diesen Service-Charakter im Auge hat, würde eine solche Begründungspflicht bei der Briefwahl zu dem Massenphänomen der Falschangabe führen. Wir kennen das aus Deutschland, wo eine solche Begründungspflicht notwendig ist, und da gibt es erwiesenermaßen einen sehr hohen Prozentsatz an Briefwählern, die die Unwahrheit sagen. Und ich denke, dass man einem solchen Phänomen nicht sehenden Auges entgegenlaufen darf.

In der Diskussion wird auch immer wieder angeführt, dass die Briefwahl manchen Parteien schaden würde und manchen Parteien nützen würde. Ich glaube, dass diese Argumentation nicht begründbar ist. Man darf hier keinesfalls auf die Wahlkarten-Ergebnisse schauen, denn das ist nur ein kleiner spezifischer Ausschnitt aus der österreichischen Wählerschaft.

Wenn wir nach Deutschland schauen und uns die dortigen Ergebnisse näher ansehen, dann sieht man, dass Briefwahl ein Massenphänomen geworden ist – bei der letzten Bundestags-Wahl waren es 18 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Deutschland, die mittels Briefwahl gewählt haben – und dass, wenn man sich die Ergebnisse nach parteipolitischen Auswirkungen anschaut, es zu einem völligen Ausgleich gekommen ist: Es ist praktisch bei jeder Partei der Anteil unter den Briefwählern gleich groß wie in der gesamten Wählerschicht. Unterschiede zeigen sich fast nur mehr in regionaler Hinsicht, dass etwa in den ehemaligen DDR-Ländern die Briefwahl-Quote noch niedriger ist als im Westen.

Ich denke daher, dass die Briefwahl auch in Österreich zu einem Massenphänomen werden würde, wenn man diese Möglichkeit der österreichischen Bevölkerung einräumt, und ich glaube, dass man ihr diese Service-Funktion nicht vorenthalten darf und dass man sie völlig begründungsfrei der österreichischen Bevölkerung zur Verfügung stellen muss.  Danke sehr.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals. Wir kommen damit zum Ende der Debatte zum Ergänzungsbericht des Ausschusses 3 und als Letztem erteile ich Herrn Präsidenten Dr. Khol das Wort.

Dr. Andreas Khol: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Auch ich möchte dem Ausschuss 3 und Dr. Holzinger Dank und Anerkennung aussprechen für zwei überaus substanzielle und mit vielen wegweisenden Textvorschlägen geschmückte Berichte. Das Präsidium hat einige davon bereits beraten und ich möchte überhaupt sagen, dass wir sehr dankbar sind für die Textvorschläge, die wir erhalten haben. Beispielsweise auch vom Grundrechteausschuss, wo wir im Präsidium anhand dieser Texte vorgehen können, auch bei den demokratischen Kontrollen, und wo die Ergebnisse eigentlich in vielen Einzelheiten reichhaltiger sind, als es den Anschein hat und ich bin natürlich, Herr Kollege Stürzenbecher, Ihrer Meinung, dass wir im 21. Jahrhundert mehr Demokratie wagen sollten und glaube, dass da die Briefwahl bei mir zuerst die Frage ist. Weil, bevor ich an die Ausländer denke, denke ich immer an die vielen bettlägrigen Kranken, Mühseligen und Beladenen, die also vom Wahlrecht nicht Gebrauch machen können. Kollege Poier, aber ich darf dir sagen, dass wir im Präsidium in unserer letzten Klausurtagung, glaube ich, bereits einen Weg gefunden zu haben, der dich zwar nicht zur Gänze glücklich machen wird, aber doch ein erster, großer Schritt in Richtung Briefwahl sein wird.

Es wurde heute Vormittag, so habe ich gehört, beklagt, dass es so viel Dissens gäbe. Das liegt in der Natur dieses Verfahrens, dass also am Beginn viel Dissens ist, und es wird immer dann im Präsidium immer mehr Konsens gefunden. So glaube ich, dass wir im Grundrechtsbereich, vor allem bei den sozialen Grundrechten, auf einem sehr guten Weg sind, und uns über die Texte von vielen sozialen Grundrechten einigen können und auch über die dazugehörigen Rechtsschutzinstrumente, von der Staatshaftung bis zur Grundrechtsbeschwerde. Natürlich wird noch manches zu beraten sein. Wir haben uns mit der Gerichtsbarkeit noch nicht befasst. Hier bin ich überzeugt, dass, auf Grund des wirklich hervorragenden Berichtes, wir bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit und überhaupt beim Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Verwaltung, durch die Reduktion der 133-Ziffer-4-Behörden, durch die Landesgerichtshöfe, die neu eingerichtet werden, und durch viele andere begleitende Maßnahmen doch sehr schöne Ergebnisse vorweisen können.

Ich glaube daher, dass man jetzt nicht die Flinte ins Korn werfen sollte und sagt: Jetzt ist Anfang Dezember, wir haben nur einen Monat Zeit, gehen wir lieber nach Hause, und wir sind müde. Sondern, ich bin überzeugt, dass gerade unter dem Druck des Termins, und das zeigen alle nationalen Erfahrungen, die ich jetzt schon 30 Jahre sammeln konnte, aber auch die internationalen, dass unter dem Druck des Termins noch sehr viel möglich ist und möglich sein wird. Wir haben einen klaren Auftrag des Gründungskomitees, nämlich einen Bericht vorzulegen, in dem Vorschläge für eine neue Verfassung und für alle Verfassungsbestimmungen enthalten sein sollen und ich glaube, dass wir dieses Ziel nicht aus dem Auge verlieren dürfen und auch nicht verzagen dürfen. Hier ist also das Präsidium noch gefordert. Wir werden uns noch in mehrere Klausurtagungen begeben. Wir haben aber sehr gute Voraussetzungen und sehr gute Berichte, an denen wir uns orientieren können.

Es wurde ja heute früh angeregt, es wäre jetzt die Zeit für politische Gespräche. Erstens halte ich es mit einem umfassenden Politikbegriff: Alles, was wir hier im Konvent besprechen, ist Politik, ist Rechtspolitik. Wir alle diskutieren hier im weitesten Sinn, führen hier politische Gespräche. Und zweitens, glaube ich, sollte man den Aufbau der Konventsarbeit nicht verkennen. Zuerst die Ausschüsse, dann das Präsidium, dann der Konvent, dann der Schlussbericht. Der Schlussbericht geht dann ins Parlament und dann können die parteipolitischen Gespräche, falls sie notwendig sind, dort geführt werden. Alles zu seiner Zeit.

Für mich ist der Weg also völlig klar. Wir sollten versuchen, unserem Mandat zu entsprechen, einen Schlussbericht vorzulegen. Da sollen natürlich, wie das im Gründungskomitee auch und in der Geschäftsordnung gesagt wird, auch abweichende Meinungen zum Ausdruck kommen. Jeder kann sich dazu äußern, auch im Konvent. Das halte ich für demokratisch und wichtig und verbreitert auch die Entscheidungsbasis. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir das Ziel erreichen können, und ich bedanke mich bei allen, die diesen Weg mitgehen.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals, Herr Präsident. Wir haben damit die Debatte zum Bericht über das Ergänzungsmandat des Ausschusses 3 abgeschlossen und kommen nunmehr zum letzten Tagesordnungspunkt, nämlich den Bericht zum Ergänzungsmandat des Ausschusses 9 und ich darf als Erstes den Vorsitzenden dieses Ausschusses Prof. Dr. Haller das Wort erteilen, Redezeit 15 Minuten.

Dr. Herbert Haller: Herr Vorsitzender, meine Damen!

„Meine Herren, begann Prometheus; da ich mir, ach! nicht einbilden kann, Sie durch meine Worte zu interessieren, habe ich vorsichtshalber diesen Adler mitgebracht. Nach jeder langweiligen Stelle meiner Rede wird er freundlicher Weise einige Runden für uns fliegen.“ Andre Gide lässt seinen befreiten Prometheus eine Rede so beginnen.

Der Ausschuss 9 hat sich mit seinen letzten Beratungen von der ihm übertragenen Arbeitslast befreit. Mit maßgeblicher Hilfe des Kollegen Dr. Schernthanner habe ich mich mit dem zweiten Bericht von den Pflichten des Vorsitzenden befreit. Gestatten Sie mir deshalb, dass ich sehr befreit und auch als letzter Berichter heute gelockert spreche. Da ich ja auch als Mitglied reden dürfte, füge ich den Ergebnissen des Ausschusses meine persönliche Meinung an, denn der Bericht gibt natürlich nicht immer meine Meinung wider.

Zum schriftlichen Bericht darf ich sagen: Er ist sehr ausgewogen, nämlich so ausgewogen, wie die Beratungslage war. Wir hatten Konsens erzielt über die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz. Ein Konzept von Grabenwarter und Jabloner diente als Ausgangspunkt und wurde von diesen und von den Ausschussmitgliedern mehrfach verbessert. Es liegt ein Text vor, gut durchdacht, gut formuliert.

Was würde diese Neuerung bedeuten? Eine Stärkung der Gerichtsbarkeit, einen Anteil der Länder an der Gerichtsbarkeit, die Entlastung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, insbesondere des Verwaltungsgerichtshofes wäre möglich und, trotz allfälliger Verkürzung der Instanzenzüge, würden Gesetze bei hoher rechtsstaatlicher Qualität vollzogen werden.

Dieser Konsens wurde gegen Ende unserer Beratungen aufgelöst, weil von einer Seite die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit Erster Instanz geknüpft wurde an die Einführung an der Urteilsbeschwerde. Ich persönlich war schmerzlich berührt, auch viele im Ausschuss, da im Ausschuss überwiegend die Normenbeschwerde präferiert wurde. Das brächte die Möglichkeit, nach durch letztgerichtliche Entscheidungen abgeschlossene Verfahren mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten, wenn nicht seitens der Gerichte vorher schon ein entsprechender Antrag auf Prüfung genereller Normen gestellt worden ist.

Wie immer man zu den beiden Varianten Normenbeschwerde oder Urteilsbeschwerde, (Nachprüfung anderer letztgerichtlicher Entscheidungen im Bezug auf Grundrechte) steht, es hat die große Hoffnung bestanden, dass mit der Normenbeschwerde eine Verbesserung der Situation erfolgt und den anderen beiden Höchstgerichten, dem OGH und VwGH, in ihren Bereichen das letzte Wort belassen wird.

Meine persönliche Ansicht ist klar festgelegt: Verwaltungsgerichtsbarkeit Erster Instanz - ja; Normenbeschwerde – ja. Wer die Urteilsbeschwerde wünscht, der möge doch schauen, ob nicht das Verfassungs- und Grundrechtsverständnis mit diesen beiden Änderungen so wachsen wird, dass wir diesen weiteren Schritt gar nicht mehr wünschen. Ich möchte auch sagen: Änderungen, die wir vornehmen, müssen überschaubar bleiben und dürfen die Betroffenen nicht übermäßig fordern, belasten, überfordern.

Zum Verfassungsgerichtshof ist dem Ausschuss nochmals aufgetragen worden, die Frage der dissenting opinion zu behandeln, wir haben die Frage auf die Tagesordnung gesetzt, ich habe das Thema aufgerufen und ich habe eine relativ laute Stimme, es hat sich niemand mehr zur Diskussion gemeldet. Damit bleibt es dabei, der Ausschuss hat nicht begehrt, ein Minderheitenvotum einzuführen. Nach Ende der Beratungen kam noch von den Rechtsanwälten der Wunsch, bei der Bestellung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes die Regierung auch Rechtsanwälte vorschlagen zu lassen beziehungsweise, dass auch Rechtsanwälte Präsident oder Vizepräsident werden können, so wie es der ursprüngliche Text der Verfassung 1920 vorgesehen hat. Ich glaube, dass der Vorschlag durchaus diskutabel ist. Ich würde ihn sogar noch ergänzen: Es gibt auch hervorragende Juristen in der Wirtschaft, die zwar zehn Jahre hinter sich haben, jedoch naturgemäß nicht in einer Position, für die eine juristische Ausbildung zwingend ist. Ich könnte mir also durchaus vorstellen, dass der Leiter einer Rechtsabteilung eines Unternehmens oder eines beruflichen oder wirtschaftlichen oder sozialen Selbstverwaltungskörpers auch in den Gerichtshof berufen werden kann.

Ganz aktuell in den Zeitungen steht jetzt immer wieder die Dreistufigkeit der Gerichtsorganisation. Ich glaube, dass es wichtig ist, dem Bürger klare Orientierung zu geben, denn nur dort gibt es Akzeptanz. Diese Vereinfachung auf eine dreistufige Gerichtsorganisation hätte verschiedene positive Seiten und der Ausschuss hat hier Konsens erzielt, ohne dass er es in der Verfassung festschreiben will. Persönlich nochmals: Sicherlich ist mit der dreistufigen Gerichtsorganisation nicht verbunden, dass irgendeine Umpolung von Positionen erfolgt. Der Gesetzgeber könnte die Richter dem jeweiligen Gericht des Bereiches zuordnen und bei Leitungspositionen würden durchaus die Personalsenate in bewährter Weise tätig werden können.

Ein Wunsch, der verschiedentlich in der Öffentlichkeit dargelegt wird, lässt sich nicht mehr erfüllen. Es wird gewünscht, keine Eingangsgerichte zusammen zu legen und gleichzeitig wird gewünscht, die Zahl der Richter nicht zu erhöhen, die bei Bedarf „versetzt“ werden können. Wenn ich mir überlege, dass zum Beispiel nunmehr auch junge Richter in Karenz gehen, dass wir sehr viele Richterinnen haben, die in Karenz gehen, brauchen wir, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, Ersatzrichter. Wenn wir Gerichte jedoch zusammenlegen, sodass innerhalb eines größeren Gerichts diese zeitlichen Ausfälle ersetzt werden können, dann brauche ich weniger „versetzbare“ Richter. Der Ausschuss hat sich für eine Erleichterung der Zusammenlegung von Eingangsgerichten (Bezirksgerichten) ausgesprochen. Er hat sich für eine sorgsame Erhöhung der Zahl von Sprengelrichtern ausgesprochen und hat zur Überlegung gegeben, ob man nicht Sicherungen einführen sollte, dass er nicht auf längere Zeit die vollen Garantien eines Richters entbehrt. Ich möchte wirklich an die Länder appellieren, dass es nicht dazu kommt, dass man mit einem kranken Kind oder mit einem Herzinfarkt zum Spital will und das Spital zwar nicht rechtzeitig erreicht, aber an zwei oder drei Bezirksgerichten vorbeigefahren ist. Ich glaube auch, dass man die Vorteile, die eine Arbeitsteilung bringt, auch im Bereich der Gerichte ermöglichen sollte.

Es wurde lang und breit, tief und vehement, auch über die Vorschläge eines Richterrates beraten. Der erste Vorschlag der Richtervereinigung wurde als eher untauglich beiseite gelegt, der zweite wurde von Präsident Adamovich auf einer Tagung der Richtervereinigung als die drittbeste Lösung bezeichnet, nämlich schlechter als die bestehende. Dann kamen deutlich verbesserte Entwürfe aus den Reihen des Ausschusses. Von Dr. Schnizer kam ein Vorschlag. Es möge ein Neunergremium (Präsident des Obersten Gerichtshofes, vier Oberlandesgerichtspräsidenten und vier gewählte Richter) nicht in Personalfragen, hier möchte er die Situation gleichbehalten, sondern in Fragen der Justizverwaltung tätig werden und in Budgetfragen. Insbesondere im Bereich Justizverwaltung hat das jedenfalls keinen Konsens gefunden. Es kam dann ein letzter Vorschlag von Präsident Reszut, diese „Neunergruppe“ möge in Budgetangelegenheiten mit der Regierung Konsens beim justiziellen Budgetentwurf herstellen, wenn das nicht gelingt, sollen sie einen eigenständigen Entwurf im Parlament einbringen können. Hier hat sich abgezeichnet, dass die, die einem Richterrat zustimmen, sich auf diese Position einigen könnten.

Es sind allerdings verschiedentlich auch dagegen Einwände vorgebracht worden, ich muss gestehen, auch von mir. Ich glaube, dass in Budgetverhandlungen der Minister mit dem Vetorecht das stärkste Druckmittel hat, ich glaube, dass wir es vermeiden sollten, unser System zu verändern, sonst sehe ich schon Ärztegruppen beim Spitalsbudget mitreden und andere mehr. Und ich glaube, dass man mit der Gewaltenteilung hier nicht argumentieren kann. Überlegen wir, die gesamte Verwaltung steht unter der Kontrolle der Gerichtsbarkeit: von der Verordnungsprüfung und Bescheidprüfung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bis hin zur Amtshaftung seitens des Obersten Gerichtshofs. Ich glaube, dass in einer vernünftigen Gewaltenverbindung die Realisierung der Rechtsstaatlichkeit erfolgt und man die Gerichtsbarkeit auch aus demokratiepolitischen Gründen nicht allein den Richtern überlassen kann.

Das glaube ich auch in einem weiteren Punkt, wo wir ebenfalls keinen Konsens gefunden haben: Sollen die Dreiervorschläge der Personalsenate für den Justizminister verbindlich werden? Es wurde kein Fall genannt, wo der Minister sich über den Dreiervorschlag hinweggesetzt hätte. Wozu Veränderung? Ich sehe auch hier in einem ausgewogenen Zusammenwirken die beste, das ist die derzeitige Lösung. Der Personalsenat macht vernünftige Vorschläge, weil sonst der Minister abweichen würde und der Minister weicht nicht ab, weil die Vorschläge dann vernünftig sind. Der Minister ist wesentlich besser kontrollierbar, durch Parlament, durch Medienschelte, durch Wählerschelte. Eine Richtergruppe unterliegt nicht dieser Kontrolle.

Noch einmal berufe ich mich auf André Gide. Er lässt Prometheus sagen: „Erster Punkt: man muss einen Adler haben. Zweiter Punkt: wir haben übrigens alle einen.“ Jetzt füge ich einen dritten Punkt hinzu. Man könnte sagen, alle, die im Konvent ehrlich und bemüht und engagiert gearbeitet haben, haben einen Adler, wenn die Politik aus ihrer Arbeit nichts macht. Ich sage bewusst nicht auf wienerisch einen Vogel. Man könnte Pessimist sein und formulieren, dass es ein Märchen ist zu sagen, im Duell der Meinungen siegen die besseren Argumente. Das bessere Argument hat noch kein Gefecht bestanden, wo es gegen ein Interesse angetreten ist. Ich glaube, das wäre zu pessimistisch. Ich bin Optimist und der Ausschuss 9 war optimistisch freudig bei der Arbeit. Er hofft und glaubt an ein Ergebnis. Ich glaube deshalb, dass es durchaus möglich ist, zu einem guten Ergebnis zu gelangen. Ich wünsche allen, die an den Endarbeiten des Konvents mitarbeiten, ein gutes Gelingen und danke allen, die dazu beitragen. Herzlichen Dank!

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Berichterstattung. Wir treten nunmehr in die Diskussion dieses Berichtes über das Ergänzungsmandat des Ausschusses ein. Mir liegen drei Wortmeldungen vor und als Erstem erteile ich Dr. Schnizer das Wort. Bist aber gemeldet. Verzichtest du? Gut. Dann als Nächster Präsident Jabloner.

Dr. Clemens Jabloner: Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich möchte zunächst dem Vorsitzenden des Ausschusses, Herrn Universitätsprofessor Dr. Herbert Haller, herzlich danken. Unsere vergleichsweisen sachhaltigen Ergebnisse sind vor allem sein Verdienst. Scheinbar technische Fragen des Rechtschutzes haben wir leidenschaftlich diskutiert, was ich als ein gutes Zeichen nehme. Der erzielte Konsens über die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Stufe sollte nicht verloren gehen. Wie schon ausgeführt, wurde manches uneinheitlich gesehen, so insbesondere, ob die Urteile des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes beim Verfassungsgerichtshof anfechtbar sein sollen. Aus meiner Sicht sprechen gegen diese Urteilsbeschwerde, bisweilen auch Verfassungsbeschwerde genannt, vor allem die folgenden Argumente:

Erstens. Bei jeder Reform des Rechtsschutzes sind der mögliche Mehrgewinn an Gerechtigkeit und die Effektivität des Systems gegeneinander abzuwägen. Auch wenn die Beschwerde an den VfGH etwa gegen ein zivilgerichtliches Urteil in seltenen Fällen einer Partei zum Sieg verhilft, die ansonsten erfolglos geblieben wäre, so steht dem gegenüber, dass viele, die ihr Recht schon gewonnen hätten, eine erhebliche Zeiteinbuße in Kauf nehmen müssen. Letztlich ist das ein Grenzkosten- und Grenznutzenproblem.

Zweitens. Die Verfassungsbeschwerde hätte dann einen gewissen Sinn, wenn es gelänge, sie auf spezifische Fragen des Verfassungsrechts zu beschränken. Die Erfahrungen mit diesem Instrument in Deutschland, das ist eines der wenigen Länder, wo es die Verfassungsbeschwerde gibt, zeigen, dass eine solche Beschränkung nicht möglich ist. Über kurz oder lang wird die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts - Aufgabe der anderen Höchstgerichte - durch die unmittelbare Berufung auf die Verfassung überlagert, das parlamentarisch erzeugte Gesetz verliert an Bedeutung. Das wären dann Rechtszustände wie in Deutschland, wo man die Verfassungsbeschwerde nur deshalb nicht abschafft, weil sie eben schon so lange eingeführt ist.

Drittens. Auch glaube ich nicht, dass die allgemein begrüßten sozialen Grundrechte nur dann effektiv sein können, wenn man die Beschwerde an den VfGH einführt. Viel leichter ließe sich dies durch eine angeordnete Drittwirkung bewältigen, wie im Datenschutzgesetz. Für den zugegeben heiklen Strafrechtsbereich könnte man eine Erweiterung der Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof ins Auge fassen, Textvorschläge existieren bereits. Meines Erachtens sollte man die Bundesverfassung systematisch fortentwickeln und sich nicht auf abenteuerliche Konstruktionen einlassen.

Aber in denselben Zusammenhang gehören auch verfassungspolitische Pläne zur Umgestaltung der Rechtskontrolle im Asylwesen. Ich muss sie deshalb hier erwähnen, weil sie mit den Ergebnissen des Ausschusses 9 im Widerspruch stehen und dessen Arbeit entwerten. Der Konvent schwebt ja nicht, wie es Herr Präsident Khol gerade ähnlich gesagt hat, in einem politikfernen Äther. Der Ausschuss 9 fasst die Umwandlung des UBAS in ein Bundesverwaltungsgericht erster Instanz ins Auge, mit im Wesentlichen identischer Besetzung. Die Rechtskontrolle durch den VwGH bliebe bestehen. Den VwGH auszuschalten würde einen merklichen Verlust von Rechtsschutz bedeuten. Das Verhältnis zwischen dem UBAS und dem VwGH hat sich in den letzten Jahren recht gut eingespielt, aber noch immer wird in rund einem Viertel der jährlich etwa Tausend an den VwGH herangetragenen Asylfällen der Bescheid aufgehoben, und in diesen Fällen geht es eben um die Existenz ganz konkreter Menschen.

Auch einem von anderer Seite ins Spiel gebrachten Vorschlag kann ich nichts abgewinnen, nämlich die Auflassung des UBAS und die Verteilung der Asylmaterien auf die UVS. Hier hätte man es dann mit ganz ungeschulten Beamten zu tun und es würde eher wieder zu einer Verfahrensverlängerung kommen, unbeschadet sonstiger Fragen wie die der Kostentragung. Wenn man die Verhältnisse verbessern will, so wäre meiner Meinung nach auf der untersten Ebene, das heißt bei der personellen und sachlichen Ausstattung des Bundesasylamtes zu investieren.

Das Gesagte gilt auch für andere Vorstellungen wie den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden an den VwGH, etc. Insgesamt gilt auch hier, dass man ein Mittelmaß anstreben soll. Die Abschaffung des Verwaltungsgerichtshofes kommt mir ebenso wenig sinnvoll vor wie die Bekämpfbarkeit seiner Urteile vor dem Verfassungsgerichtshof und damit tatsächlich die Einführung einer vierten Instanz. Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals. Als Letzter in der Diskussion Präsident Rzeszut.

Dr. Johann Rzeszut: Danke, Herr Vorsitzender, für die Worterteilung. Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist durchaus angemessen, dass der Vertreter der Ordentlichen Gerichtsbarkeit zum Schluss spricht. Die Ordentliche Gerichtsbarkeit soll sich im Hintergrund halten. Am besten wäre eine Gesellschaft, die es gar nicht notwendig hat, zu bemerken, dass es eine Gerichtsbarkeit gibt, am zweitbesten eine solche, die Gerichtsbarkeit zwar braucht und in Anspruch nimmt, aber dabei das Gefühl hat, dass dort die Arbeit ordentlich erledigt wird.

Ich möchte gleichfalls, obwohl die Zeit kurz ist, die Gelegenheit nicht versäumen, dem Herrn Vorsitzenden und auch der Ausschussbetreuung Herrn Dr. Schernthanner herzlich für die vorbildliche Ausschussführung bzw. -unterstützung zu danken.

Was die Arbeit im Ausschuss ausgezeichnet hat, das war das sinnfällige Bemühen um vernünftige Ergebnisse. Es ist nichts anderes wichtiger, als dass wir jenen Verantwortungsbereich in vernünftigen Rahmenbedingungen wissen, der viele Gebiete des gesellschaftlichen Lebens abzudecken hat. Ich brauche Ihnen nicht das System des bürgerlichen Rechtes aufzuzählen, was da alles an wesentlichen Rechtsinteressen darunter fällt, und ich brauche auch nicht den Umstand zu unterstreichen, dass vor allem der Strafrechtsbereich viele Aspekte betrifft, die die Menschen sehr interessieren und die an die Grundfesten eines geordneten Zusammenlebens gehen.

Wir haben im Ausschuss eine ganze Reihe von Sachthemen berührt, die auch die ordentliche Gerichtsbarkeit ganz entscheidend betreffen. Das waren etwa der Unabhängige Justizsenat, die Sprengelrichterfrage, die amtswegige Fristsetzung als Leistungsgarantieelement der ordentlichen Gerichtsbarkeit, alle Fragen, die die Staatsanwaltschaft betroffen haben, die Laiengerichtsbarkeit, Gesetzesbeschwerde im Verhältnis zur Verfassungsbeschwerde und dann letztlich auch noch die Staatshaftung.

Es ist klar, dass ich in den wenigen Minuten, die mir zur Verfügung stehen, angesichts des größten Feindes aller Redner, der kleinen roten Lampe hier - noch dazu in der Vorkrampuszeit mit akzentuierter Bedeutung - nicht auf alles eingehen kann, aber ich möchte doch einiges kurz hervorheben: Bei dem Anliegen Unabhängiger Justizsenat ist ein Teil der Initiative auch von mir bzw. dem Obersten Gerichtshof ausgegangen. Es ist nicht ein vordergründiges Streben nach formell dominierter administrativer Eigenständigkeit der Rechtsprechung, die glaubt, hier möglichst viel allein aus eigenem Gutdünken verwirklichen zu müssen. Es ist tatsächlich die Bemühung, und das war besonders aus der Sicht des Obersten Gerichtshofes initiiert, dass wir Unterstützung anbieten wollen für einen Verantwortungsbereich, von dem wir das Gefühl haben, dass er sich im gesamten Zusammenhang der staatlichen Verantwortung nicht aller verfügbaren Mittel und Argumente bedient oder bedienen kann, um den Stellenwert der Gerichtsbarkeit entsprechend - sprich bei den Budgetverhandlungen - zum Durchbruch zu verhelfen.

Es gibt eine ganze Fülle von Sachargumenten und Teilaspekten, die in den Verhandlungen untergehen, sonst wäre es undenkbar, dass das Resultat, das ich schon bei früheren Wortmeldungen aus der Sicht des OGH dargelegt habe, und Ihnen jetzt in einer neuerlichen Konkretisierung ersparen will, so eine Schieflage bedeutet, wie sie in Österreich doch der Fall ist. Hier muss man, wenn man diesen Ist-Zustand als Befund aufgenommen hat, reagieren. Und wir wollen nichts anderes, als im Vorfeldbereich der budgetären Meinungsbildung gehört zu werden, um unsere Bedarfssegmente, die tatsächlich unterzugehen scheinen, im Resultat jedenfalls nicht vorzufinden sind, im gebotenen Detail ansprechen zu können. Das ist der einzige Grund für die vom Obersten Gerichtshof wegen seiner administrativen Begleitstruktur (von bloß ca. einem Drittel des üblichen Standards im inner- und zwischenstaatlichen Vergleich der Höchstgerichte) entfalteten Initiativen. Wie man die angestrebte Mitbestimmung organisiert, ist sekundär bedeutsam. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg und haben auch mit dem Bundesministerium für Justiz eine gute Basis gefunden, hier entsprechende Änderungen in der Zukunft sicherzustellen. Die Organisationsvorschläge liegen am Tisch. Sie haben das alles lesen können. Das ist der eine Bereich. Bitte, das so zu sehen: es ist ein Sachanliegen der Judikative, hier mit eigenen Worten und aus eigener (Detail-)Sicht, unterstützend in die verantwortliche Administration eingreifen zu können und ihr zu helfen.

Ein zweiter Punkt: Zur Urteilsbeschwerde beziehungsweise Gesetzesbeschwerde und zur Problematik der Verfassungsbeschwerde darf ich mich voll dem anschließen, was Herr Präsident Prof. Dr. Jabloner gesagt hat. Die Hauptargumente für die so genannte Verfassungsbeschwerde sind: überlange Verfahrensdauer im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, man brauche dagegen Abhilfe; überlange Untersuchungshaft, man brauche dagegen Abhilfe, und ferner drittens: aus der Sicht der Einführung sozialer Grundrechte, man brauche effiziente Abhilfe, denn in der ordentlichen Gerichtsbarkeit drohe hier eine entsprechende Unterrepräsentation dieser Anliegen als Resultat. Dies wird selbstverständlich alles gehört!

Es versteht sich von selbst, dass jedes einzelne Verfahren, das länger dauert, ein langes Verfahren zu viel ist und einen Schlagschatten auf die Akzeptanz der Gerichtsbarkeit wirft, der untunlich ist. Wir unternehmen in unserem Bereich alles Menschenmögliche, und es werden auch laufend Verbesserungen erzielt. Aus der Sicht der Verfassungsbeschwerde wäre allerdings zu bedenken, dass - wie bereits erwähnt wurde - bei einem Zivilverfahren zum Beispiel, sofern eine Vorabentscheidung aktuell war, schon vier Instanzen Platz greifen. Dann soll nachträglich noch einmal ein Rechtsmittel einsetzen, das dazu führt, dass bestenfalls wieder im Anfangsstadium begonnen werden soll, während andernfalls der (bestätigte) Sieger mit der Umsetzung seines Erfolges eine Verzögerung von etwa eineinhalb Jahren in Kauf zu nehmen hätte. Das kann nicht sachdienlich sein.

Was im Strafrechtsbereich die Länge der Untersuchungshaft anlangt, so ist festzuhalten, dass hier ein Beurteilungskomplex mit „Journaldienstqualität“ vorliegt, die geleistet werden muss. Damit sind Implikationen verbunden, die vor allem auf der Tatsachenebene liegen. Da kann man in allgemein gehaltenen Prinzipaussagen schwer dazu Stellung nehmen.  Man muss immer den Einzelfall in allen Facetten kennen, um den Vorwurf berechtigt erheben zu können, hier hat etwas zu lange gedauert. Das ist der dazu entscheidende Punkt, weniger grundsätzlich zu lösende Rechtsfragen.

Und was die Durchsetzbarkeit der sozialen Grundrechte anlangt, da muss ich schon sagen, dass man sich die Mühe machen und oberstgerichtliche Zivilentscheidungen genau in ihrer Begründung prüfen soll. Ich selbst habe beispielsweise eine nicht allzu lange zurückliegende Entscheidung zur Problematik elektronischer Telefonregistrierung im Hinterkopf, mit allen dazu wesentlichen arbeitsrechtlichen Implikationen. Da sind die Artikel 5 und 10a Staatsgrundgesetz ausführlich erörtert, da ist Artikel 8 Menschenrechtskonvention erörtert.

Wir geben uns selbstverständlich jede sachlich gebotene Mühe. Dass dies da und dort in Einzelfällen nicht immer gelingt, ist sicherlich unzweifelhaft und gegebenenfalls bedauerlich, aber wir sind, glaube ich, auf einem guten, dem System nach nicht korrekturbedürftigen Weg.

Letztlich bin auch ich auf einem guten Weg, wenn ich mich jetzt noch herzlich für Ihre Geduld bedanke. Es tut mir Leid, dass ich es noch nie geschafft habe, hier am Rednerpult rechtzeitig fertig zu werden.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals, Herr Präsident! Als letzter Redner in der Krampuszeit hat man gewisse Privilegien, die ich selbstverständlich berücksichtigt habe. Wir sind damit am Ende der Tagesordnung, nur mit Abschluss der Debatte zum Tagesordnungspunkt 6.

Die Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich darf dem Konvent, der in der Zwischenzeit immerhin schon etwas mehr als 30 Prozent seiner Mitglieder hier umfasst, mitteilen, dass die nächste Sitzung für 10. Dezember und dann, nach der jetzigen Terminplanung, die letzte Sitzung am 21. Dezember vorgesehen ist; dass am 10. Dezember zwar parallel eine Nationalratssitzung stattfindet, aber dass damit gerechnet werden muss, dass es zur Einladung kommt.

Es sind immerhin noch vier Berichte, und zwar endgültige Berichte, zu beraten. Es sind die Berichte der Ausschüsse 1, 2, 4 und 10 und die würden Tagesordnungspunkte der Konventsitzung am 10. Dezember sein.

Ich danke vielmals und schließe die Sitzung.