Protokoll

über die 34. Sitzung des Ausschusses 4

am 28. Oktober 2004

im Parlament, Lokal IV

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder (Vertreter):

 

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk                      (Vorsitzender)

 

Univ.Prof. Dr. Peter Böhm                                    (Vertretung für Dr. Dieter Böhmdorfer)

Mag. Roland Dietrich                                            (Vertretung für Mag. Herbert Haupt)

Prof. Christine Gleixner

Univ.Prof. DDr. Christoph Grabenwarter

Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek

Prof. Ing. Helmut Mader

MMag. Dr. Madeleine Petrovic                             (Vertretung für Mag. Terezija Stoisits)

Mag. Joachim Preiss                                              (Vertretung für Mag. Herbert Tumpel)

Dr. Johann Rzeszut

Mag. Gregor Wenda                                             (Vertretung für Dr. Ernst Strasser)

 

Weitere Teilnehmer/Teilnehmerinnen:

 

Mag. Ronald Faber                                               (Büro Dr. Peter Kostelka)

Alexandra Lucius                                                   (Büro Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)

 

Mag. Gerda Marx                                                 (beigezogen von

                                                                              Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk)

Mag. Stefan Reise                                                 (beigezogen von Dr. Dieter Böhmdorfer)

Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz                           (beigezogen von Prof. Ing. Helmut Mader)

Mag. Thomas Sperlich                                           (beigezogen von Mag. Terezija Stoisits)

 

Büro des Österreich-Konvents:

 

Dr. Clemens Mayr                                                 (fachliche Ausschussunterstützung;

                                                                             Vertretung für Mag. Birgit Caesar)

Valentina Ashurov                                                 (Ausschusssekretariat;

                                                                              Vertretung für Monika Siller)


 

Entschuldigt:

 

Univ.Prof. Dr. Rudolf Thienel

Friedrich Verzetnitsch

 

 

Beginn:                                  10.00 Uhr

 

Ende:                                     16.30 Uhr

 

 

Tagesordnungspunkte:

 

1.)      Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

2.)      Berichte

3.)      Genehmigung der Protokolle der 31., 32. und 33. Sitzung

4.)      Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: konkrete Vorschläge für einzelne Grundrechte („Soziale Rechte“)

5.)      Allfälliges

 

 

Tagesordnungspunkt 1: Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

 

Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Mitglieder des Ausschusses 4 und die weiteren Anwesenden und stellt die Beschlussfähigkeit fest.

 

 

Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung der Protokolle der 31., 32. und 33. Sitzung

(15. Oktober 2004, 19. Oktober 2004 und 20. Oktober 2004)

 

Das Protokoll der einunddreißigsten Sitzung vom 15. Oktober 2004 wird genehmigt.

 

Das Protokoll der zweiunddreißigsten Sitzung vom 19. Oktober 2004 und der dreiunddreißig­sten Sitzung vom 20. Oktober 2004 wird genehmigt. Dabei werden im Protokoll Änderungen formaler Art vorgenommen. Das überarbeitete Protokoll wäre neuerlich an die Ausschuss­mitglieder und an das Präsidium zu übermitteln.

 

 

Tagesordnungspunkt 3: Berichte

 

Der Tagesordnungspunkt „Berichte“ entfällt.

 

 


Tagesordnungspunkt 4: Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: Konkrete Vor­schläge für einzelne Grundrechte („Soziale Rechte“)

 

Der Ausschuss setzt seine Beratungen über die sozialen Grundrechte fort:

 

Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Synopse D-33)

 

Hiezu liegen folgende Textvorschläge vor:

 

1. Textvorschlag des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums:

Artikel 38

(1)  Jeder Mensch hat das Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

(2)  Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er sicherstellt:

1. eine den familiären Bedürfnissen entsprechende Gestaltung der Arbeitsbedingungen;

2. einen Anspruch auf angemessene Elternkarenz, Pflegeurlaub und Sterbekarenz einschließlich eines wirksamen Schutzes vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses;

3. ein dem Bedarf entsprechendes Angebot an Kinderbetreuung, an ganztägigen Schulen und an Alten- und Krankenpflege;

4. einen angemessenen Ausgleich für ein wegen der Betreuung entfallendes Erwerbseinkommen und eine Unterstützung bei der Tragung der Familienlasten.

 

2. Textvorschlag von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter:

Artikel 23

Durch Gesetz ist zu gewährleisten:

(....)

6.   das Recht jeder Person auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund; das Beschäftigungsverbot für Mütter vor und nach der Entbindung und das Recht auf Karenz für Mütter und Väter nach der Geburt oder Adoption eines Kindes;

7.   ein Anspruch für Personen, die in Österreich ihren rechtmäßigen Wohnsitz haben, auf soziale Vergünstigungen sowie auf Leistungen der Sozialversicherung und soziale Dienste, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten,

(....)

 


3. Textvorschlag von Prof. Ing. Mader/Univ.Prof. Dr. Rack:

Artikel 7

(....)

(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit Schwangerschaft oder Geburt zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf Einhaltung von Beschäftigungsverboten vor und nach der Geburt eines Kindes sowie auf Karenz nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.

 

4. Textvorschlag von Mag. Stoisits/Grüner Parlamentsklub (27.04.2004):

Artikel 8

(1)  Jeder Mensch hat das Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

(2)  Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er sicherstellt:

1. eine den Bedürfnissen von Müttern, Vätern sowie Kindern entsprechende Gestaltung der Arbeitsbedingungen;

2. einen Anspruch auf angemessene Elternkarenz, Pflegeurlaub und Sterbekarenz einschließlich eines wirksamen Schutzes vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses;

3. ein dem Bedarf entsprechendes Angebot an Kinderbetreuung sowie Alten- und Krankenpflege;

4. einen angemessenen Ausgleich für ein wegen der Betreuung entfallendes Erwerbseinkommen und eine Unterstützung bei der Tragung der Familienlasten.

 

 

Der Ausschuss erörtert anhand der vorstehenden Textvorschläge die Fragen, die sich im Hinblick auf verfassungsrechtliche Gewährleistungen im Interesse der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergeben.

 

Der Ausschuss ist einhellig der Auffassung, dass es Gewährleistungen mit dieser Funktion in einem künftigen Grundrechtskatalog geben soll.

 

In der Diskussion im Ausschuss wird Folgendes festgehalten:

 

Wie bei den meisten Vorschlägen zeigen sich auch hier Auffassungsunterschiede, die das Modell betreffen: Subjektive Rechte oder Gesetzesgewährleistungen. Diese Positions­unterschiede bleiben als solche aufrecht.

 

Die Vorschläge des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums und die damit weitestgehend übereinstimmenden Vorschläge der Grünen sind in den inhaltlichen Gewährleistungen ver­gleichsweise stärker konkretisiert als die anderen Vorschläge.

 


Das Paket der Gewährleistungen zur „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ umfasst mehrere Teile:

 

·        Mutterschaftsschutz: Diesbezüglich liegen die Vorschläge des Sozialpartner-Entwurfes vor, mit denen sich der Ausschuss bereits in seiner 32. Sitzung befasst hat. Ergänzend wird angemerkt, dass der Tatbestand der „Entlassung“ (EU-Grundrechte-Charta, Vor­schlag Univ. Prof. DDr. Grabenwarter, Vorschlag Prof. Ing. Mader/Univ.Prof. Dr. Rack) nicht auf die enge Bedeutung der außerordentlichen begründeten Beendigung im Sinne des österreichischen Arbeitsrechts beschränkt ist, sondern darüber hinaus wie im Vor­schlag des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums und der Grünen Schutz vor jeglicher Beendigung gewährt.

 

·        Karenzmodell: Es wird festgehalten, dass Garantien zum Karenzschutz in allen Vorschlä­gen enthalten sind, die Reichweite jedoch unterschiedlich ist. Diese Vorschläge erstrecken sich auch auf die Themenbereiche „Pflegeurlaub“ und „Beendigungsschutz“. Zur Sterbe­karenz gibt es bereits Vorschläge des Ausschusses im Zusammenhang mit dem „Recht auf Leben“ (siehe den Bericht des Ausschusses 4 vom 3. Juni 2004, Kapitel I, Pkt. 1.2.1).

 

·        Arbeitsbedingungen: Die Vorschläge des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums und der Grünen gehen über die Thematik der Gestaltung der Arbeitsbedingungen im allgemei­nen, wie sie beim Vorschlag der Sozialpartner-Verbände erörtert wurden, hinaus und ver­knüpfen die „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ mit den Arbeitsbedingungen (konkre­te Anwendung z.B. beim Recht auf Teilzeitarbeit zur Kinderbetreuung). Ein genereller Bezug kann in der allgemeinen Zielsetzung im Vorschlag von Prof. Ing. Mader/Univ.Prof. Dr. Rack gesehen werden, wonach Familie und Berufsleben miteinander in Einklang ge­bracht werden sollen.

 

·        Betreuungsleistungen: Dazu wird angemerkt, dass mögliche Probleme der Finanzierbar­keit zu beachten sind. Auch könnte von Leistungsangeboten eine Verstärkung der Nach­frage ausgehen und zusätzlicher Bedarf erzeugt werden. Diesen Schwierigkeiten könnte allerdings durch den Vorbehalt einer Angemessenheitsprüfung begegnet werden. Dem­gegenüber wird auf die Möglichkeit von wirtschaftlich und sozial positiven Folgen leistungsstaatlicher Gewährleistungen aufgrund von multiplikativen Effekten, auch im Einkommensbereich, verwiesen.

 

·        Kompensatorische Transferleistungen: Im Ausschuss werden Argumente erörtert, die für oder gegen eine allgemeine oder konkrete verfassungsrechtliche Verankerung solcher Garantien sprechen. Festgehalten wird, dass die Frage einer verfassungsrechtlichen Fest­schreibung von der Frage der Gewährung solcher Leistungen und von der Frage ihrer sozial- und wirtschaftspolitischen Sinnhaftigkeit zu trennen ist.

 

Aus Anlass der Diskussion über die Vorschläge zum „Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ wird festgehalten, dass weit reichende Auffassungsunterschiede in der Frage der systematischen Zuordnung und der Garantiefunktionen von Generalklauseln und Einzelbe­stimmungen bestehen: Die Vorschläge von Univ. Prof. DDr. Grabenwarter (Art. 12) und von der Ökumenischen Expertengruppe (Art. 8 Abs. 3) beruhen auf einer systematischen Ver­knüpfung von Rechten zum „Schutz von Ehe und Familie“ mit Garantien zur „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ und „Kinderrechten“. In dieser Verknüpfung wird eine Gewichtung zum Ausdruck gebracht, die auf die besondere Bedeutung von Ehe und Familie hinweist.

 

Demgegenüber gehen die Vorschläge des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums und der Grünen von der Eigenständigkeit der Garantien im Interesse des „Rechts auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ und im Interesse der „Rechte von Kindern“ aus. Ein weiterer Unter­schied wird darin gesehen, dass spezielle Garantien, wie sie im Vorschlag des Sozialdemokra­tischen Grundrechtsforums und der Grünen ausgewiesen sind, als von generellen Gewähr­leistungen im Vorschlag von Univ. Prof. DDr. Grabenwarter und von der Ökumenischen Expertengruppe mit umfasst verstanden werden können. In diesem Zusammenhang wird auch festgehalten, dass im Vorschlag von Univ. Prof. DDr. Grabenwarter der Problembereich „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ weder in den Texten noch in den Erläuterungen ausdrücklich angesprochen wird.

 

Damit ist die Behandlung des „Rechts auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ abge­schlossen.

 

 

Recht auf Verbraucherschutz (Synopse D-30)

 

Hiezu liegen folgende gleich lautenden Textvorschläge vor:

 

1. Textvorschlag des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums:

Artikel 40a

(1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Schutz als KonsumentIn.

(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er die Information, die Sicherheit, die Gesundheit und die legitimen wirtschaftlichen Interessen der Konsumenten durch wirksame Maßnahmen schützt.

 

2. Textvorschlag von Mag. Stoisits/Grüner Parlamentsklub (27.04.2004):

Artikel 11

(1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Schutz als KonsumentIn.

(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er die Information, die Sicherheit, die Gesundheit und die legitimen wirtschaftlichen Interessen der Konsumenten durch wirksame Maßnahmen schützt.

 

 

In der Diskussion im Ausschuss wird folgende Frage erörtert:

Ist es überhaupt erforderlich, eine Gewährleistung dieses Inhalts als subjektives Recht vorzusehen, oder könnte nicht allenfalls eine Staatszielbestimmung genügen?

Dazu wird darauf verwiesen, dass Verbraucherschutz als verfassungsrechtliche Garantie auch Elemente der Gewährleistung von Gleichbehandlung enthält und überdies dem Schutz von Interessen dient, die ansonsten ohne gesellschaftliche Institutionalisierung auskommen müs­sen. Durch eine grundrechtliche Garantie könnten die Effizienzchancen besser gesichert sein als durch eine objektive Gewährleistung.

 

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass eine verfassungsrechtliche Verankerung des Verbraucherschutzes in Form eines Gewährleistungsauftrages erfolgen soll.

 

Der Ausschuss schlägt folgende Textalternativen vor:

1. Alternative:

Der Staat gewährleistet ein hohes Verbraucherschutzniveau.

2. Alternative:

Durch Gesetz ist ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten.

 

Damit ist die Behandlung des „Rechts auf Verbraucherschutz“ abgeschlossen.

 

 

Recht auf Wohnung (Synopse D-31)

 

Hiezu liegen folgende Textvorschläge vor:

 

1. Textvorschlag des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums:

Artikel 35

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung.

(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht durch Maßnahmen, die zu einer ausreichenden Zahl an Wohnungen zu angemessenen Preisen und Bedingungen führen, durch Mieterschutz und durch sozialen Wohnbau.

 

2. Textvorschlag von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter (gleich lautend der Vorschlag von Univ.Prof. Dr. Rack vom 04.02.2004):

Artikel 23

Durch Gesetz ist zu gewährleisten:

(....)

8.      das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen.

 

3. Textvorschlag der Ökumenischen Expertengruppe (14.09.2004):

Artikel 5

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung zu angemessenen Bedingungen.

(2) Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zu einer entsprechenden Wohnungspolitik.

 


4. Textvorschlag von Mag. Stoisits/Grüner Parlamentsklub (27.04.2004):

Artikel 5

Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnen.

 

 

In der Diskussion im Ausschuss wird Folgendes hervorgehoben:

 

Das „Recht auf „Wohnung“ geht über die Garantie einer „Unterkunft“ im Sinne der Garantien der „existenziellen Mindestversorgung“ (Pkt. 7 des Vorschlags der Sozialpartner-Verbände) hinaus. Das Recht umfasst einen Anspruch auf Erfüllung eines elementaren Lebensbedürf­nisses – des „Wohnens“ – mit einem Mindeststandard an Lebensqualität einschließlich der erforderlichen Infrastruktur. Ein klagbares Recht auf eine staatliche Leistung in Form der Zuweisung einer Wohnung ist damit nicht gemeint.

 

Im Vorschlag des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums wird überdies Staatsverantwor­tung für soziale Wohnbaupolitik angesprochen, die Einrichtung des Mieterschutzes und des sozialen Wohnbaus gewährleistet. Eine „Versteinerung“ bestehender Rechtseinrichtungen ist damit allerdings nicht gemeint.

 

In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass die im Vorschlag des Sozialdemo­kratischen Grundrechtsforums vorgesehenen Gewährleistungen mit Anliegen des Diskrimi­nierungsschutzes in Verbindung zu setzen sind. Beispielsweise wird auf das Problem von Kontrahierungspflichten zwischen Vermieter und Mieter hingewiesen.

 

In der Frage, ob es eine verfassungsrechtliche Garantie mit dem Ziel geben soll, An­sprüche des Wohnens über das hinaus zu gewährleisten, was aus existenzieller Mindest­versorgung und Recht auf Unterkunft (u.a. Pkt. 7 des Vorschlages der Sozialpartner-Verbände) abzuleiten ist, sind die Auffassungen im Ausschuss geteilt.

 

Damit ist die Behandlung des „Rechts auf Wohnung“ abgeschlossen.

 

 

Recht auf Zugang zu Leistungen von allgemeinem Interesse (Synopse D-34)

 

Hiezu liegen folgende Textvorschläge vor:

 

1. Textvorschlag des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums:

Artikel 40

(1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Zugang zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse.

(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er die Leistungen selbst erbringt oder die Erbringung durch Private zu gleichen und fairen Bedingungen, in angemessener Qualität und zu erschwinglichen Preisen sicherstellt.

 


2. Textvorschlag der Ökumenischen Expertengruppe (14.09.2004):

Artikel 7

Jeder Mensch hat das Recht auf Gewährleistung des gleichen Zugangs zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu fairen Bedingungen und in angemessener Qualität durch den Gesetzgeber.

 

3. Textvorschlag von Prof. Ing. Mader/Univ.Prof. Dr. Rack:

Artikel 10

Die Republik anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirt­schaftlichen Interesse, wie er durch die gesetzlichen Bestimmungen im Einklang mit der Bun­desverfassung geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Republik zu fördern.

 

4. Textvorschlag von Mag. Stoisits/Grüner Parlamentsklub (27.04.2004):

Artikel 10

(1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Zugang zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse.

(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er die Leistungen selbst erbringt oder die Erbringung durch Private zu gleichen und fairen Bedingungen, in angemessener Qualität und zu erschwinglichen Preisen sicherstellt.

 

 

Bericht des Ausschusses 1:

 

Im Bericht des Ausschusses 1 werden die Beratungen zum Thema „Daseinsvorsorge“ wie folgt wiedergegeben (Bericht des Ausschusses 1 vom 25. Februar 2004, S. 16-17):

 

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Z11 Daseinsvorsorge (Leistungen im öffentlichen Interesse)

 

Diesem Staatsziel wurden besonders gründliche Überlegungen gewidmet. Bereits zu Beginn der Beratungen bestand Einigkeit, dass – sollte es zu einem Staatszielkatalog kommen – in einem solchen jedenfalls auch die Verantwortung des Staates für die Sicherung der Grund­bedürfnisse der Menschen festzulegen ist.

 

In den Beratungen wurden mehrere Textvorschläge diskutiert. Der zuletzt vorgelegte lautet:

(1) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) gewährleistet die Erbringung von Leistungen im allgemeinen Interesse (Daseinsvorsorge).

(2) Derartige Leistungen stellen einen anerkannten, nicht diskriminierenden Mindeststandard der Teilhabe an jenen Lebensbereichen sicher, die gesellschaftlich regelmäßig vorkommen.

(3) Es sind dies sowohl marktbezogene als auch nicht marktbezogene Leistungen, die so zu erbringen sind, dass dabei insbesondere die Versorgungssicherheit, die soziale Erreichbarkeit, der Verbraucherschutz, der Gesundheitsschutz und die Nachhaltigkeit sichergestellt sind.

 

Sollte die Daseinsvorsorge Eingang in die Verfassung finden, sprechen sich die Mitglieder einhellig für die Absätze 1 und 2 aus. Für den Absatz 3 konnte kein Konsens erzielt werden.

 

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In der Diskussion im Ausschuss 4 wird Folgendes erörtert:

 

Die Frage der Gewährleistung des Zuganges zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse stellt als solche eine Verfassungsfrage dar, die auch dann eine Antwort fände, wenn auf verfassungsgesetzlicher Ebene darüber nichts ausdrücklich gesagt wäre. Dies wird auch durch das Ergebnis des Ausschusses 1 in diesem Punkt dokumentiert (siehe die oben angeführten Vorschläge).

 

Mit Bezug auf die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts können Verfassungsgarantien bezüglich des Zuganges zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse als Versuch einer Begrenzung eines unbeschränkten Regimes von Freiheiten im Binnenmarkt verstanden werden. Dem wird auf verfassungsrechtlicher Ebene eine Infrastrukturverant­wortung des Staates entgegengesetzt.

 

Zum „territorialen Zusammenhang“, wie er im Vorschlag von Prof. Ing. Mader/Univ.Prof. Dr. Rack angesprochen ist, wird festgehalten, dass damit ein innerösterreichischer, regionaler Bezug gemeint ist.

 

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass in einer künftigen Verfassung Bestimmungen enthalten sein sollen, die das Thema des Zuganges zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse ausdrücklich behandeln.

 

Im Ausschuss gibt es keinen Konsens über eine der vorgeschlagenen Formulierungen.

 

Damit ist die Behandlung des “Rechts auf Zugang zu Leistungen von allgemeinem Interesse“ abgeschlossen.

 

 

Tagesordnungspunkt 5: Allfälliges

 

Bei der nächsten Ausschusssitzung wird die Behandlung der „Sozialen Grundrechte“ mit dem Thema „Schutz der Gesundheit und der Umwelt“ fortgesetzt.

Die nächste Ausschusssitzung findet am

 

Freitag, 29. Oktober 2004, von 10.00 bis 17.00 Uhr

 

statt.

 


Der Ausschussvorsitzende dankt den Anwesenden für die konstruktive Mitarbeit und schließt die Sitzung.

 

 

Vorsitzender des Ausschusses 4:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk e.h.                                Dr. Clemens Mayr e.h.