Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk                            Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter  

 

 

 

An das

Präsidium des Österreich-Konvents

Parlament

1017 Wien                        Graz/Wien, am 2. Dezember 2004

 

 

 

Betrifft: Verfassungsrechtliche Verankerung des Tierschutzes

 

 

Dem Präsidium wurde ein gemeinsamer Vorschlag betreffend Möglichkeiten der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes in Aussicht gestellt. Es geht dabei nicht um ein kompetenzrechtliches Anliegen, sondern um die Frage der Festlegung des „ethischen Tierschutzes“ auf Verfassungsebene. Grundsätzlich sind mehrere Varianten in Betracht zu ziehen:

 

 

1.        Festlegung einer verfassungsrechtlichen Grundpflicht

Eine solche Lösung würde den ethischen Tierschutz in eine Reihe mit anderen Grundpflichten, wie der Wehrpflicht, der Pflicht zur Leistung von Zivildienst, der Schöffen- und der Geschworenenpflicht, stellen und eine heterogene Grundwertestruktur erzeugen.

 

 

2.        Verankerung als Staatsaufgabe nach dem Vorbild des Art 20a des Bonner Grundgesetzes

Art 20a GG [Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere] lautet: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung“.

Für die österreichische Verfassung könnte eine analoge Lösung als Staatszielbestimmung im Grundrechtskatalog im Zusammenhang mit dem umfassenden Umweltschutz wie folgt lauten:

(1) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden schützt die Umwelt. Sie bewahrt Mensch, Tier, Pflanze und ökologische Systeme vor vermeidbaren nachteiligen Einwirkungen und verbessert ihre Lebensgrundlagen und Bedingungen unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips. Natürliche Ressourcen sind sparsam zu nützen.

Siehe den Bericht des Ausschusses I und den Ergänzungsbericht des Ausschusses IV Seite 89

(2) Die Republik schützt die Tiere als Mitgeschöpfe und bewahrt sie vor Schmerzen, Leiden und Schäden.

Anmerkung: Das Wort „Mitgeschöpfe“ soll den Bezug zur gemeinsamen bioethischen Grundlage zum Ausdruck bringen und ist nicht als indirekte Aussage religiösen Inhalts zu verstehen. Die Verfassungsrechtslage würde auf diese Weise den bereits im Zivilrecht (§ 285a ABGB) eingetretenen Rechtsentwicklung Rechnung tragen.

 

 

3.        Indirekte Gewährleistung in grundrechtlichem Zusammenhang in Form einer zusätzlichen und generellen Schranke zur Ausübung von Freiheitsrechten

„Die vorstehenden Grundrechte dürfen unter dem in diesen Rechten genannten Bedingungen unter angemessener Wahrung der Belange des Tierschutzes beschränkt werden.“

 

 

 

 

 

 

Bernd-Christian Funk                                                                                Christoph Grabenwarter