18.Februar 2004
Staatsaufgaben und Staatsziele
Der Österreich-Konvent hat dem Ausschuss 1 folgendes Mandat
zugewiesen:
Staatsaufgaben
und Staatsziele:
Umfassende Analyse
der Staatsaufgaben und der Frage staatlicher Kernaufgaben. Frage eines
umfassenden Kataloges von Staatszielen in der Bundesverfassung.
Im Einzelnen ergeben sich
dazu folgende Fragestellungen:
A) Allgemeines: Der
Ausschuss hat sich mit der Frage zu befassen, was nach einer neuen Verfassung
Aufgabe und Ziel des Handelns staatlicher Organe sein soll: Die „Grenzen des
Staates“ und die Folgen.
B) Zum Begriff der
Staatsaufgaben:
1)
Begriffsinhalt?
2)
Differenzierung
zwischen Kernaufgaben und sonstigen Aufgaben?
Nach welchen Kriterien?
3)
Abgrenzung
zu Grundrechten und daraus abgeleiteten Ansprüchen
(„Gewährleistung“)
C)
Zum
Begriff der Staatsziele:
1)
Begriffsinhalt? Abgrenzung
zur Staatsaufgabe?
D)
Sollen Staatsaufgaben verfassungsrechtlich ausdrücklich
umschrieben werden?
1)
Nur
„Kernaufgaben“? Auch darüber hinausgehende?
2)
Wenn ja: welche?
3)
Welche normative Bedeutung
soll eine solche Festlegung haben?
4)
Durchsetzbarkeit
verfassungsrechtlich festgelegter Staatsaufgaben?
5)
Wie sollen Staatsaufgaben
besorgt werden (Handlungsformen)?
E) Sollen Staatsziele
verfassungsrechtlich ausdrücklich verankert werden?
1)
Geltendes
Recht; hat es sich bewährt?
2)
Empfiehlt es sich, weitere
Staatsziele in der Verfassung zu verankern?
3)
Wenn ja: welche?
4)
Normative Bedeutung einer
Festlegung von Staatszielen?
F)
Präambel?
Die Mitglieder des Ausschusses und deren Vertretung:
Univ.Prof. DDr.Heinz Mayer (Vorsitzender)
Univ.Prof. Dr.Bernhard Raschauer (Vorsitzender-Stellvertreter)
Manfred Dörler (Vertretung:
Univ.Doz.Dr.Peter Bußjäger)
Univ.Prof.
Dr.Bernd-Christian Funk
Elisabeth Gehrer (Vertretung:
Hermann Helm, Mag.Oliver Henhapel)
Dr.Michael Häupl (Vertretung:
Mag.Ulrike Schebach-Huemer)
Mag.Herbert Haupt (Vertretung:
Mag.Rüdiger Schender, Mag Gernot Prett)
Waltraud Klasnic (Vertretung:
Univ.Prof. Dr.Gerhart Wielinger,
Mag.Christopher
Drexler,
Mag.
Bernhard Peer,
Dr.Harald
Wögerbauer)
Dr.Evelin Lichtenberger (Vertretung:
Dr.Madeleine Petrovic,
Mag.Therezija
Stoisits)
Univ.Prof. Dr.Theo Öhlinger
Univ.Prof. Dr.Reinhard Rack (Vertretung:
DDr.Karl Lengheimer,
DDr.Christoph
Grabenwarter)
Dr.Leo Specht
Friedrich Verzetnitsch (Vertretung:
Dr.Richard Leutner,
Mag.Bruno
Rossmann)
Dr.Günter Voith (Vertretung:
Dr.Ulrike Baumgartner-Gabitzer)
Dr.Peter Wittmann (Vertretung:
Dr.Johannes Schnizer)
Dr.Klaus Wutte (Vertretung:
DDr.Karl Lengheimer)
Fachliche Ausschussunterstützung: Dr. Renate Casetti
Der Ausschuss hat 13 Sitzungen abgehalten; die
konstituierende Sitzung fand am
26.September 2003 statt.
Die in
der konstituierenden Sitzung erbetenen Stellungnahmen der Ausschussmitglieder
zum Mandat (Oktober 2003) bildeten in der Folge den Ausgangspunkt für die
weiteren Beratungen. Insgesamt gaben 9 Ausschussmitglieder Stellungnahmen ab.
Im Dezember 2003 wurde den Mitgliedern ein Fragebogen zugemittelt. 11
Ausschussmitglieder nahmen die Gelegenheit wahr, zu den Aufgabenstellungen des
Mandats Stellung zu nehmen und Vorschläge zu erstatten. Zum Thema “Gesamtwirtschaftliches
Gleichgewicht“ wurde ein Experte, Herr MR Mag.Manfred Lödl, BMF, beigezogen.
Allgemeiner
Teil
Schon am Beginn der Beratungen präzisierte der
Ausschuss sein Mandat dahingehend, dass vom Mandat lediglich
verfassungsrechtlich festgelegte Staatsaufgaben und Staatsziele erfasst sein
können. Die Beratungen erfolgten also zur Frage, ob und welche Staatsaufgaben
und Staatsziele verfassungsrechtlich verankert werden sollen. Einigkeit
herrschte darin, dass nicht nur die Frage neuer Staatsaufgaben und Staatsziele
zu beantworten ist, sondern dass auch die Sinnhaftigkeit der bestehenden
Staatsaufgaben und Staatsziele zu diskutieren ist.
Vom Beginn der Beratungen an herrschte Einigkeit
darin, dass eine Unterscheidung von Staatsaufgaben und Staatszielen entbehrlich
ist. Der Gegensatz ist ein relativer. Jede Staatsaufgabe bedeutet gleichzeitig
auch das Staatsziel, diese Aufgabe zu erreichen; jedes Staatsziel bedeutet die
Aufgabe des Staates, dieses Ziel zu erreichen. Der Unterschied ist ein bloß
semantischer; Staatsaufgaben können als verdichtet formulierte Staatsziele
verstanden werden. Die Unterscheidung von Staatsaufgaben und Staatszielen fand
demgemäß in den weiteren Ausschussberatungen kein besonderes Augenmerk.
Die gesamten Beratungen des Ausschusses 1 waren von
einem grundsätzlichen Auffassungsunterschied über die Funktion einer
staatlichen Verfassung gekennzeichnet: Von Anbeginn an redete ein erheblicher
Teil der Mitglieder einer „Spielregelverfassung“ das Wort, während ein anderer
Teil der Mitglieder die Auffassung vertrat, eine moderne Verfassung müsse auch
inhaltliche Ziele für das Staatshandeln festschreiben. Dieser
Auffassungsunterschied ist im Grunde unüberbrückbar geblieben.
Dazu ist allerdings folgendes zu bemerken: Schon die
bestehende Verfassung ist keine reine Spielregelverfassung und war es auch in
der Vergangenheit nicht. Schon die Grundprinzipien des österreichischen
Verfassungsrechts normieren inhaltliche Festlegungen für das Handeln aller
Staatsorgane. Dazu kommt, dass das österreichische Verfassungsrecht über einen
ausgebauten Grundrechtskatalog verfügt, der der Staatstätigkeit inhaltliche
Schranken setzt. Von keinem Ausschussmitglied wurde gefordert, die bestehenden
Staatsaufgaben und Staatsziele sowie die Grundrechte ersatzlos zu beseitigen.
Daher hat sich die Frage, ob die österreichische Verfassung in Hinkunft eine
reine Spielregelverfassung sein soll, in dieser Schärfe nicht gestellt. Worum
es im wesentlichen bei allen Ausschussberatungen gegangen ist, war, ob der
Verfassungsgesetzgeber der künftigen politischen Gestaltung mehr oder weniger
inhaltliche Schranken setzen soll. Die damit definierte Divergenz dominierte
die Beratungen durchgehend.
Einhellige Meinung aller Ausschussmitglieder ist, dass
verfassungsrechtliche Festschreibungen von Staatsaufgaben und Staatszielen
jedenfalls nicht als taxativ verstanden werden können, sondern bloß
demonstrative Festlegungen sein sollen. Den Staatsorganen soll es unbenommen
sein, auch andere Zielsetzungen zu verfolgen.
Überwiegend besteht die Auffassung, dass
verfassungsrechtliche Festlegungen von Staatsaufgaben und Staatszielen
jedenfalls kein bloßes Dekorum sein sondern eine normative Bedeutung haben
sollen. Die Frage, welche normative Bedeutung verfassungsrechtlich festgelegte
Staatsaufgaben und Staatsziele haben, konnte nicht losgelöst von der Frage
diskutiert werden, ob die Verfassung mehr oder weniger inhaltlich angereichert
werden soll. Um die weiteren Beratungen nicht schon in diesem Punkt völlig zu
blockieren, wurde folgende Vorgangsweise gewählt:
–
Zunächst wurden die bestehenden Staatsaufgaben und Staatsziele wie auch
die von den Ausschussmitgliedern vorgeschlagenen Staatsaufgaben und Staatsziele
diskutiert. Einbezogen werden auch die in den Plenumssitzungen herangetragenen
Wünsche. Auf diese Weise konnte vorerst eine Auswahl getroffen und konnten die
„Kandidaten“ erfasst werden, die letztlich in die engere Wahl gezogen werden.
–
Im Hinblick auf die normative Qualität der Staatsziele wurden vorerst
folgende Kategorien an normativer Kraft in Erwägung gezogen:
=
„Der Staat stellt sicher, dass ........“;
=
„Der Staat strebt an, ..“;
=
„Der Staat bekennt sich zu ..“.
Die abschließenden Beratungen gelangten zu
dem einhelligen Ergebnis, dass eine Vereinheitlichung der Formulierung im Sinne
dieser Kategorien nicht in Betracht gezogen werden soll. Die derzeit beratenen
Kandidaten wurden jeweils bewusst mit differenzierenden Formulierungen
ausgestaltet.
Bei der Auswahl von allfälligen Staatszielen und ihrer
Aufnahme in einen Katalog soll nach Meinung des Ausschusses sowohl eine
inhaltliche Ausgewogenheit sowie auch eine abgestimmte Formulierung beachtet
werden.
Die überwiegende Meinung der Ausschussmitglieder geht
dahin, dass die Inhalte, die als verfassungsrechtlich schützenswert angesehen
werden, möglichst als durchsetzbare subjektive Rechte (Grundrechte)
ausgestaltet werden sollen. Nur dort, wo dies nicht möglich ist, soll ein
Schutz durch eine Verankerung als Staatsziel gewährleistet werden. Eine
Verankerung von Staatszielen in einer Präambel wird von einigen Mitgliedern als
ungenügend angesehen, von anderen als ausreichend.
In der Debatte über die möglichen Staatsziele wurde
einhellig die Notwendigkeit betont, die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu
beachten.
Thematisiert
wurde auch, dass die politische Vorgabe, eine schlanke und lesbare Verfassung
zu schaffen, wohl eher die Tendenz nahe legt, inhaltliche Vorgaben nur
zurückhaltend in das Verfassungsrecht aufzunehmen.
Zu den einzelnen Punkten des
Mandats
A)
Allgemeines: Aufgabe und Ziel des Handelns staatlicher Organe: Die „Grenzen des
Staates“ und die Folgen
Überwiegend wird es als
notwendig angesehen, dass der politische Gestaltungsspielraum nicht allzu stark
eingeengt wird. Überwiegend wird daher ein moderater Katalog von Staatszielen
gewünscht, die eine geringere normative Qualität als Grundrechte haben sollen.
B)
Zum Begriff der Staatsaufgaben
1) Begriffsinhalt?
Staatsaufgaben
sind Ergebnisse des politischen Prozesses. Diese unterliegen ständigen
Änderungen und politischer Auseinandersetzung.
2) Differenzierung zwischen Kernaufgaben und sonstigen
Aufgaben? Nach welchen Kriterien?
Eine Differenzierung
zwischen Staatsaufgaben im Allgemeinen und „Kernaufgaben“ des Staates wird
einhellig als weder zweckmäßig noch als möglich angesehen.
3) Abgrenzung zu Grundrechten und daraus abgeleiteten
Ansprüchen („Gewährleistung“)
Als wichtig wird die
Unterscheidung zu den Grundrechten angesehen; schützenswerte Inhalte sollen so
weit wie möglich unmittelbar durchsetzbare subjektive Rechte sein.
C) Zum Begriff der
Staatsziele
1) Begriffsinhalt? Abgrenzung
zur Staatsaufgabe?
Die
Unterscheidung zwischen Staatsaufgaben und Staatszielen ist entbehrlich, da der
Gegensatz ein relativer ist. Jede Staatsaufgabe bedeutet gleichzeitig auch das
Staatsziel diese Aufgabe zu erreichen; jedes Staatsziel bedeutet die Aufgabe
des Staates, dieses Ziel zu erreichen. Der Unterschied ist ein bloß
semantischer; Staatsaufgaben können als verdichtet formulierte Staatsziele
verstanden werden.
Eine ausdrückliche
Festlegung von „Kernaufgaben“ wird weder als möglich noch als wünschenswert
angesehen. Da der Ausschuss eine Differenzierung zwischen Staatsaufgaben und
Staatszielen als nicht zielführend erachtet, wurden die Fragen nach der
verfassungsrechtlichen Verankerung von Staatsaufgaben und Staatszielen
verbunden diskutiert.
2) Wenn ja: Welche?
Über die Ergebnisse der
Beratungen über den in die Verfassung aufzunehmenden Katalog von Staatszielen
siehe die unten folgenden Punkte E)1-3)
3) Welche normative Bedeutung soll eine solche Festlegung
haben?
Überwiegend wird die
Auffassung vertreten, dass verfassungsrechtliche Festlegungen von
Staatsaufgaben und Staatszielen jedenfalls kein bloßes Dekorum sein sondern
eine normative Bedeutung haben sollen. Die Frage, welche normative Bedeutung
verfassungsrechtlich festgelegte Staatsaufgaben und Staatsziele haben, konnte
nicht losgelöst von der Frage diskutiert werden, ob die Verfassung mehr oder weniger
inhaltlich angereichert werden soll.
4) Durchsetzbarkeit verfassungsrechtlich
festgelegter Staatsaufgaben?
Als wichtig
wird die Unterscheidung zu den Grundrechten angesehen. Die überwiegende Meinung
der Ausschussmitglieder geht dahin, dass die Inhalte, die als
verfassungsrechtlich schützenswert angesehen werden, möglichst als
durchsetzbare subjektive Rechte (Grundrechte) ausgestaltet werden sollen; nur
dort wo dies nicht möglich ist, soll ein Schutz durch eine Verankerung als
Staatsziel gewährleistet werden. Einige Mitglieder vertreten die Auffassung,
dass Staatszielbestimmungen ergänzend zu Grundrechten sinnvoll sein könnten.
5) Wie sollen Staatsaufgaben besorgt werden?
1) Geltendes Recht; hat es sich bewährt?
Von keinem
Ausschussmitglied wurde gefordert, die bestehenden Staatsaufgaben und
Staatsziele ersatzlos zu beseitigen. Einhellige Meinung aller
Ausschussmitglieder ist, dass verfassungsrechtliche Festschreibungen von
Staatsaufgaben und Staatszielen jedenfalls nicht als taxativ verstanden werden
können sondern bloß demonstrative Festlegungen sein sollen. Den Staatsorganen
soll es unbenommen sein, auch andere Zielsetzungen zu verfolgen.
Die Ergebnisse der
Beratungen zu den einzelnen Staatszielen (vgl dazu die angeschlossenen
Textvorschläge samt Erläuterungen im Kapitel „Besonderer Teil“ des Berichts)
Z 1 Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht (Art.
13 Abs. 2 B-VG)
Gegenteilige
Auffassungen bestehen zur Frage, ob der Art 13 Abs 2 B-VG in der derzeitigen
Fassung als entbehrlich angesehen werden kann. Grundsätzlich besteht
Übereinstimmung darüber, dass diese Bestimmung heute durch Vorgaben des
europäischen Gemeinschaftsrechts überlagert ist; divergierend beurteilt wird
jedoch die Frage, ob und inwieweit Koordinations-instrumente in Bezug auf die
Haushalte der Gebietskörperschaften erforderlich sind. Zwei Textvorschläge
werden vorgelegt:
„Bund, Länder und Gemeinden haben einen
ausgeglichenen öffentlichen Haushalt (Gesamtstaat) über einen Konjunkturzyklus
sicher zu stellen und ihre Haushaltsführung im Hinblick auf diese Zielsetzung
zu koordinieren. Dabei haben Bund, Länder und Gemeinden zu gewährleisten, dass
die für die Haushaltskoordinierung erforderlichen Daten rechtzeitig zur
Verfügung stehen. Die Bundesgesetzgebung regelt die näheren Verpflichtungen der
Gebietskörperschaften zur Erreichung dieser Ziele. Dabei können insbesondere
Verpflichtungen in Bezug auf Haushaltsergebnisse und Informationspflichten
sowie Sanktionen für den Fall der Verletzung dieser Verpflichtungen vorgesehen
werden.“
„Der
Staat bekennt sich zur Finanzpolitik als Mittel zur Sicherstellung des
gesamt-wirtschaftlichen Gleichgewichts. Bund, Länder und Gemeinden koordinieren
im Rahmen der Erstellung und des Vollzugs ihrer Haushalte ihre finanz- und
wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts.“
Beide
Vorschläge werden überwiegend abgelehnt. Die Thematik wird dem Ausschuss 10
vorgelegt.
Z 2 Gleichbehandlung von
Mann und Frau (Art. 7 Abs. 2 und 3 B-VG)
Die Mitglieder vertreten
einhellig die Meinung, dass die tatsächliche
Gleichstellung von Mann und Frau bislang nicht realisiert ist, jedoch
anzustreben wäre. Es wurde kein Konsens erzielt, wie das zu geschehen hätte.
Die Leistungsfähigkeit des Verfassungsrechts wird von
einigen
Ausschussmitgliedern bezweifelt. Ein Teil der Mitglieder möchte die derzeitige
Bestimmung unverändert lassen, während ein anderer Teil die Formulierung
„bekennen“ durch den Begriff „verpflichten“, aber ohne subjektivem
Rechtsanspruch, ersetzen will.
Mehrheitlich
wird die Meinung vertreten, dass ein Mindestmaß an normativer Verstärkung der
bestehenden Staatszielbestimmung durchgeführt werden sollte. Der
Formulierungs-vorschlag des Österreichischen Frauenringes und ein Vorschlag
eines Ausschussmitgliedes wurde beraten. Der überwiegend akzeptierte
Kompromissvorschlagvorschlag lautet:
„Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) ist verpflichtet,
geeignete Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau zu
ergreifen.“
Z 3 Gleichbehandlung von
Behinderten (Art. 7 Abs. 1 B-VG)
Grundlage der Beratungen bildeten die im Plenum des
Konvents geäußerten Anliegen der Caritas, der Diakonie, der Österreichischen AG
für Rehabilitation und des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes. Zwei
Ausschussmitglieder legen einen akkordierten Textvorschlag vor:
„Die Republik (Bund, Länder und
Gemeinden) ist verpflichtet, die Gleichstellung von behinderten und nicht
behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.
Sie sorgt für die gerichtliche Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz
behinderter Menschen.“
Die
Beratungen im Ausschuss ergaben zur Frage einer Änderung des Art 7 Abs 1 B-VG
keinen Konsens. Es wird festgehalten, dass das zu beratende Anliegen von allen
Ausschussmitgliedern geteilt wird. Ein Teil der Mitglieder strebt jedoch – in
der Absicht, eine bessere Durchsetzbarkeit zu erreichen - eine Verschärfung der
derzeitigen Verfassungs-bestimmung an. Dies wird als Ausdruck der Verantwortung
der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderungen gesehen; betont wird
auch, dass die zunehmende Überalterung der Gesellschaft dieses Problem
verschärfen wird. Ein anderer Teil der Mitglieder meint, eine Verstärkung des
Staatsziels sei im Falle der Verankerung als Grundrecht entbehrlich, im Übrigen
handle es sich um eine Aufgabe praktischer Politik. Darüber hinaus wären mit
der vorliegenden Formulierung auch Unschärfen verbunden.
Z 4 Umfassender Umweltschutz (BVG,
BGBl 1984/491)
Die überwiegende Meinung geht dahin, dass der Text
moderner formuliert werden soll. Mehrere Textvorschläge liegen zur Beratung
vor. Es werden zwei Textvorschläge zu einem Kompromissvorschlag
zusammengefasst. Konsens besteht über die Formulierung:
„(1) Die Republik (Bund, Länder und
Gemeinden) schützt die Umwelt. Sie bewahrt Mensch, Tier, Pflanze und
ökologische Systeme vor vermeidbaren nachteiligen Einwirkungen und verbessert
ihre Lebensgrundlagen und Bedingungen unter Zugrundlegung des
Verursacherprinzips. Natürliche Ressourcen
sind sparsam zu nützen.“
Für die
nachfolgenden Absätze war kein Konsens erzielbar. Diese lauten:
„(2)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bewahrt den bestehenden freien Zugang
zur Natur; sie ist bestrebt, freien Zugang zur Natur zu schaffen.“
„(3)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) sorgt für die gerichtliche
Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz der Umwelt.“
Zu Abs 2
werden Bedenken im Hinblick auf Eigentumsverhältnisse geltend gemacht, während
zu Abs 3 eine kritische Anmerkung erfolgt, warum gerade für den Umweltschutz
eine verfassungsmäßige Durchsetzbarkeit konstituiert werden soll.
Gegen
eine allfällige zusätzliche Inkorporierung des Atom-BVG bestehen einhellig
keine inhaltlichen Bedenken. Die Mitglieder treten für eine Integration in die
Verfassungsurkunde ein. Der diesbezügliche Textvorschlag lautet:
„(2) Maßnahmen, die der Herstellung oder Nutzung von
Atomwaffen und der Nutzung der Kernspaltung zum Zweck der Energiegewinnung
dienen, sind verboten.
(3) Die Beförderung von spaltbarem Material auf österreichischem Staatsgebiet
ist untersagt, sofern dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegen
stehen. Von diesem Verbot ausgenommen ist der Transport für Zwecke der
ausschließlich friedlichen Nutzung, nicht jedoch für Zwecke der
Energiegewinnung durch Kernspaltung und deren Entsorgung.“
Diese
beiden Absätze werden inhaltlich als zweckmäßig angesehen. Ob diese Bestimmungen
in den Haupttext der Bundesverfassung integriert werden sollen, ist vom
Ausschuss 2 zu beantworten.
Zu den
Absätzen 2 und 3 enthält ein weiterer Textvorschlag folgende Varianten:
„(2)Maßnahmen
entsprechen den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung und dem Grundsatz,
Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen. Die Kosten
der Vermeidung und Beseitigung von Beeinträchtigungen tragen die Verursacher
und Verursacherinnen.“
„(3)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bezieht die Öffentlichkeit effektiv
in die Umweltpolitik ein, indem sie ihr Informations- und Beteiligungsrechte
und das Recht auf gerichtliche Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz der
Umwelt einräumt. Der Bund und die Länder richten Umweltanwaltschaften zur
unabhängigen Wahrung der Umweltschutz-vorschriften
ein.“
Dazu gibt
es keine einhellige Auffassung.
Z 5 Umfassende Landesverteidigung
(Art. 9a B-VG)
Die Mitglieder sind einhellig der Auffassung, dass die
Abs 1 und 2 der gegenwärtigen Staatszielbestimmung obsolet seien. Ob die
allgemeine Wehrpflicht und der Zugang für Frauen verfassungsrechtlich verankert
bleiben sollten ( Abs 3 und 4), wird unterschiedlich beantwortet, aber nicht
als Gegenstand des Ausschusses 1 betrachtet.
Z 6 Immerwährende Neutralität (BVG,
BGBl 1955/211)
Hier besteht kein Konsens. Einige Ausschussmitglieder
sprechen sich dezidiert gegen jede Änderung der geltenden Rechtslage aus (siehe
Stellungnahme dazu im besonderen Teil des Berichts), andere Ausschussmitglieder
vertreten die Auffassung, dass das BVG Neutralität durch nachfolgende
Verfassungsänderungen zumindest teilweise derogiert sei und dies in einer
Neuformulierung berücksichtigt werden sollte. Ein Textvorschlag als Ergänzung
des Art. I des Bundesverfassungsgesetzes vom
26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs wurde vorgelegt:
„(3) Durch die Absätze 1 und 2 wird die
Erfüllung der Pflichten, die Österreich als Mitglied der Vereinten Nationen und
der Europäischen Union hat, nicht beeinträchtigt.“
Vorgeschlagen wurde weiters, das BVG-Neutralität
unverändert zu belassen und eine Neuformulierung des Art 23f B-VG vorzunehmen.
Der diesbezügliche Textvorschlag lautet:
Art 23 f. „(1) (.....) Dies schließt die
Mitwirkung an Aufgaben gemäß Art 17 Abs. 2 dieses Vertrages sowie an Maßnahmen
ein, mit denen die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren dritten
Ländern ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt werden, soweit
diese Maßnahmen in Erfüllung eines Mandates der Vereinten Nationen erfolgen.
(.....).
(2) (.....)
(3) An Beschlüssen betreffend
friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung
einschließlich friedensschaffender Maßnahmen kann Österreich mitwirken, soweit
derartige Beschlüsse in Erfüllung eines Mandates der Vereinten Nationen gefasst
werden.
(4) (.....)“
Alle Vorschläge stießen
aus unterschiedlichen Gründen auf Ablehnung.
Einige Mitglieder gehen
davon aus, dass das geltende Neutralitäts-BVG in den Text der
Verfassungsurkunde integriert wird.
Z 7 Verbot
nationalsozialistischer Wiederbetätigung (BVG, BGBl 1955/152)
Dieses Verbot ist nicht
nur im Staatsvertrag von Wien sondern auch im Verbotsgesetz
verfassungsrechtlich verankert. Der Ausschuss folgt einhellig dem Anliegen des
Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, dass keine Änderung
vorzunehmen sei. Ebenso spricht er sich – unvorgreiflich der
Beratungsergebnisse des Ausschusses 2 - im Konsens dafür aus, das Verbotsgesetz
in die neu formulierte Verfassung zu integrieren.
Z 8 Rundfunk als öffentliche
Aufgabe (BVG Rundfunk, BGBl 1974/396)
Überwiegend besteht die Auffassung, dass diese
Verfassungsbestimmung unverändert bestehen bleiben soll; vereinzelt wird die
Auffassung vertreten, dass die Formulierung besser mit dem Grundrecht auf
Meinungs- und Informationsfreiheit abgestimmt werden sollte. Dazu wäre das
Ergebnis des Ausschusses 4 abzuwarten.
Z 9 Bildung (Art. 17
Staatsgrundgesetz, Art. 2 des ersten Zusatzprotokolls zur MRK)
Sowohl einzelne
Ausschussmitglieder, als auch im Konventsplenum gehörte Interessensgruppen
vertreten die Auffassung, dass das Staatsziel „Bildung“ neu formuliert werden
sollte. Mehrere Textvorschläge werden vorgelegt, der zuletzt vorgelegte lautet:
„(1)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) strebt eine umfassende Bildung für
alle im Staatsgebiet wohnhaften Menschen an.
(2)
Die Sicherung von chancengleichen, leistungsstarken Bildungsangeboten und deren
Qualität in allen Bildungsbereichen ist eine öffentliche Aufgabe.
(3)
Der Zugang zu allen öffentlich finanzierten Bildungsangeboten ist ohne
Diskriminierung zu gewährleisten.“
Erläuterung zu Abs 3: Das heißt unabhängig von Geschlecht,
Behinderung, Herkunft, Sprache, Religion, politischer und sonstiger
Weltanschauung, Minderheitenzugehörigkeit, individueller finanzieller
Leistungsfähigkeit, Vermögen, Geburt, Alter oder sexuelle Ausrichtung,
Staatszugehörigkeit.
Die
Mitglieder sprechen sich einhellig für die Aufnahme der Absätze 1 und 2 aus.
Der
Absatz 3
erbrachte keinen Konsens. Dieser wird entweder als überflüssig angesehen oder
abgelehnt.
Z10 Volksgruppen
(Art 8 Abs 2 B-VG)
Diskutiert
wird eine Änderung der bestehenden verfassungsrechtlichen Regelung in Richtung
einer Erweiterung über die autochthonen Minderheiten hinaus. Insbesondere wird
erörtert, ob eine Staatszielbestimmung auch auf Gruppen von Zuwanderern Bedacht
zu nehmen hat und deren kulturelle und sprachliche Eigenart berücksichtigt. In
diesem Zusammenhang wird auch auf die bevorstehende Erweiterung der
Europäischen Union und auf die sich daraus ergebende Gleichbehandlungspflicht
hingewiesen. Folgende Textvorschläge wurden vorgelegt:
„Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen
sprachlichen und kulturellen Vielfalt. Diese Vielfalt ist zu achten, zu bewahren,
zu fördern und zu schützen.“
„Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihren Volksgruppen und
der sich aus deren Bestehen ergebenden historisch gewachsenen sprachlichen und
kulturellen Vielfalt und zu deren besonderen Schutz und Förderung.“
Die
eingebrachten Vorschläge konnten keinen Konsens finden. Ein weiterer
Kompromiss-vorschlag zur Ergänzung des Art 8 Abs 2 B-VG, der auch nicht
autochthone Minderheiten als verfassungsrechtlich schützenswert verankert, wird
formuliert:
„Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) achtet die kulturelle Vielfalt der auf
ihrem Gebiet lebenden Menschen.“
Auch
dieser Textvorschlag findet nur bei einem Teil der Mitglieder Zustimmung.
2) Empfiehlt es sich, weitere Staatsziele in der Verfassung
zu verankern?
Staatsziele sollen eine Verantwortung des Staates
begründen und Maßstab für die Entscheidungen der Höchstgerichte sein. Ob neue
Staatsziele geschaffen werden sollen, wurde zunächst nicht einhellig
beantwortet, eine abschließende Willensbildung wurde auf das Ende der
Ausschussberatungen vertagt. Dabei haben sich schließlich folgende Positionen
herausgestellt:
·
Ein Teil der Ausschussmitglieder tritt für die Aufnahme von Staatszielen
in den Haupttext der Verfassung ein.
·
Ein Teil der Ausschussmitglieder lehnt eine Aufnahme neuer Staatsziele
überhaupt ab.
·
Ein Teil befürwortet die Schaffung einer Präambel, in der bestimmte
Inhalte mit Signalwirkung verankert werden sollen.
Ein Konsens war nicht erzielbar. Dessen ungeachtet hat
der Ausschuss mögliche Kandidaten für Staatsziele inhaltlich diskutiert. Bei
einigen wurde Einigkeit darüber erzielt, dass sie – sollte es zur Schaffung
eines Staatszielkatalogs kommen – jedenfalls in diesen Eingang finden sollen
(vgl dazu die folgenden Ausführungen).
3) Wenn ja: welche?
In das
Arbeitsprogramm des Ausschusses wurden folgende Anliegen nach Staatszielen
aufgenommen:
Z11 : Daseinsvorsorge (Leistungen im öffentlichen
Interesse)
Z12 : Soziale Sicherheit ( Grundrecht auf
Existenzsicherung, Bekämpfung von Armut)
Z13 : Diskriminierungsverbot aufgrund des Alters
Z14 : Arbeit
Z15 : Wirtschaftliches Staatsziel
Z16 : Verankerung der Sozialpartnerschaft in der
Verfassung
Z17 : Verankerung der Sonn- und Feiertagsruhe
Z18 : Verankerung des Sozialstaats
Z19 : Verankerung
der Familie ( Unterstützung auch der kleinen zivilgesellschaftlichen Einheiten)
Z20 : Minderheitenschutz
Z21 : Die Förderung der gemeinnützigen Träger der freien
Wohlfahrt
Z22 : Das Recht auf adäquate Gesundheitsversorgung
Z23 : Das Recht auf menschenwürdiges Altern und Sterben
Z24 : Die Verankerung der Patientenrechte in der
Verfassung
Z25 : Verankerung
des Schutzes und der Vertretung der Interessen der deutschen Altösterreicher in
die Verfassung
Z26 : Änderung Art
7 des B-VG: Aufnahme von Kategorien: Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, ethnische
Herkunft, soziale Herkunft, genetische Merkmale, Sprache, Religion,
Weltanschauung, politische oder sonstige Anschauung, Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe,
nationale Minderheit, Vermögen, Behinderung, Alter, Familienstand, sexuelle
Orientierung, Geschlechtsidentität.
Z27 : Verankerung der christlichen Wurzeln in der
Verfassung, Bezug auf Gott
Z28 : Die Gewährleistung einer Friedensordnung
Z29 : Die Verantwortung in der Schöpfung
Z30 : Die
Vorsorge für die innere und äußere Sicherheit Österreichs
Z31 : Die nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung,
Wohlfahrt und Wettbewerbsfähigkeit
Z32 : Die Stärkung
des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Solidarität und eines Lebens in
Beziehungen
Z33 : Die
Anerkennung und Förderung der kulturellen, religiösen, sprachlichen, ethnischen
und politischen Vielfalt
Z34 : Der Schutz und die Förderung des kulturellen Erbes
Z35 : Verankerung der Menschenwürde
Z36 : Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit
Z37 : Sicherung
und Förderung der Grundfreiheiten und Menschenrechte, einschließlich der
sozialen Grundrechte
Z38 : Verankerung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
Z39 : Verankerung eines regelmäßigen Dialogs mit den
Kirchen
Z40 : Die Beibehaltung des laizistischen Prinzips
Z41 : Zielbestimmung für ein Bekenntnis zu einem
atomfreien Europa
Z42 : Verankerung des Umweltschutzes als Grundrecht
Z43 : Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel
Z44 : Verankerung des Verursacherprinzips und der
Nachhaltigkeit
Z45 : Verankerung des Rechtsstaatsprinzips
Z46 : Die Aufnahme eines Südtirol-Paragraphen in die
Verfassung
Z47 : Verankerung des Sports in der Verfassung
Z49 :
Bekenntnis des Staates zur Förderung der Forschung und Wissenschaft
Z58 :
Verankerung einer friedenspolitischen Zielsetzung
Einige
wenige zusätzliche Staatsziele wurden von Mitgliedern des Ausschusses
eingebracht. Drei Staatsziele ( „Diskriminierungsverbot aufgrund des
Alters“ (Z13) , „Verankerung der Sonn- und Feiertagsruhe“ (Z17), „Verankerung
der Sozialpartnerschaft in der Verfassung“ (Z16) ) wurden von anderen
Konventsmitgliedern vorgeschlagen. Die übrigen Vorschläge wurden in den
Sitzungen des Plenums am 21.November 2003, am 15.Dezember 2003 und am 26.
Jänner 2004 von Interessengruppen an den Ausschuss herangetragen und von diesem
beraten.
Der Ausschuss erzielte folgende Beratungsergebnisse (vgl dazu die
angeschlossenen Textvorschläge samt Erläuterungen im Kapitel „Besonderer Teil“
des Berichts):
Diesem
Staatsziel wurden besonders gründliche Überlegungen gewidmet. Bereits zu Beginn
der Beratungen bestand Einigkeit, dass – sollte es zu einem Staatszielkatalog
kommen –in einem solchen jedenfalls auch die Verantwortung des Staates für die
Sicherung der Grundbedürfnisse der Menschen festzulegen ist.
In den
Beratungen wurden mehrere Textvorschläge diskutiert. Der zuletzt vorgelegte
lautet:
„(1)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) gewährleistet die Erbringung von
Leistungen im allgemeinen Interesse (Daseinsvorsorge).
(2)
Derartige Leistungen stellen einen anerkannten, nicht diskriminierenden
Mindeststandard der Teilhabe an jenen Lebensbereichen sicher, die
gesellschaftlich regelmäßig vorkommen.
(3) Es
sind dies sowohl marktbezogene als auch nicht marktbezogene Leistungen, die so
zu erbringen sind, dass dabei insbesondere die Versorgungssicherheit, die
soziale Erreichbarkeit, der Verbraucherschutz, der Gesundheitsschutz und die
Nachhaltigkeit sichergestellt sind.“
Sollte
die Daseinsvorsorge Eingang in die Verfassung finden, sprechen sich die
Mitglieder einhellig für die Absätze 1 und 2 aus. Für den Absatz 3 konnte kein
Konsens erzielt werden.
Z12 Soziale Sicherheit
Es wurden
mehrere Textvorschläge eingebracht:
„Österreich ist ein Wohlfahrtsstaat und
bekennt sich zu sozialer Gerechtigkeit und zur Sicherstellung eines hohen
sozialen Schutzes. Diese Verantwortung umfasst insbesondere:
- Die solidarische
Absicherung bei Krankheit, Unfall, Alter, Arbeitslosigkeit, Behinderung,
Pflegebedürftigkeit und Mutterschaft;
- die Herstellung von Chancengleichheit;
- die Verbesserung der allgemeinen Lebens- und Arbeitsbedingungen;
- die Bekämpfung sozialer Ungleichheit, Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung;
- die Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau sowie des
gesellschaftlichen Zusammenhalts.“
„Österreich ist ein Sozialstaat
(Wohlfahrtsstaat) und bekennt sich als Ausdruck der Menschenwürde zu einem
hohen Standard an sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit unter Berücksichtigung
der Prinzipien der Solidarität und Chancengleichheit. Der Staat bekämpft aktiv
alle Formen der Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung.
Kein Vorschlag fand Konsens. Nach
eingehenden Beratungen formulierte der Vorsitzende mögliche
Kompromissvarianten:
„Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu einem hohen Standard an
Sozialer Sicherheit und strebt soziale Gerechtigkeit an.“
„Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Sicherstellung eines
hohen sozialen Standards auf solidarischer Grundlage.“
Auch für
diese Varianten gab es keinen Konsens.
Es wird
jedoch einhellig die Auffassung vertreten, dass im Falle eines
Staatszielkataloges diesem Staatsziel näher getreten werden soll. Dabei soll
jedoch erst nach Vorlage der Ergebnisse des Grundrechtskataloges eine
abschließende Stellungnahme abgegeben werden, da einzelne Mitglieder der
Meinung sind, dass im Falle der Formulierung eines Grundrechtes ein
diesbezügliches Staatsziel entbehrlich sei. Andere Mitglieder vertreten die
Auffassung, dass ein Staatsziel „Soziale Sicherheit“ auch neben einem
spezifischen Grundrecht eine Funktion hätte.
Z13 Diskriminierungsverbot aufgrund
des Alters
Einhellig wird dieser Vorschlag als zu eng angesehen;
inhaltlich soll er im Staatsziel „Soziale Sicherheit“ und/oder als Grundrecht
Berücksichtigung finden.
Z14 Arbeit
Den Beratungen lagen mehrere Textvorschläge vor:
„Die Republik (Bund, Länder und
Gemeinden) bekennt sich zur Bedeutung der menschlichen Arbeit als Mittel zur
Sicherung des Lebensunterhalts und zur Entfaltung der Persönlichkeit der
Menschen. Diese Verantwortung umfasst insbesondere:
- Die Ausrichtung der Sozial- und Wirtschaftspolitik am Ziel
der Vollbeschäftigung unter Berücksichtigung hoher Qualität der Arbeit;
- die Bereitstellung unentgeltlicher Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und
sonstiger Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben;
- die Gewährleistung sicherer, gesunder, gerechter und den menschlichen
Bedürfnissen auch sonst entsprechender Arbeitsbedingungen, sowie deren wirksame
Kontrolle;
- die Förderung des sozialen Dialogs auf betrieblicher und überbetrieblicher
Ebene.
„Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden)
bekennt sich zur Bedeutung der Arbeit als Mittel zur Sicherung des
Lebensunterhalts unter menschenwürdigen Bedingungen und zum
sozialpartnerschaftlichen Dialog. Der Staat fördert die Vollbeschäftigung und
schafft geeignete Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie.“
Über die
vorgelegten Textvorschläge konnte kein Konsens erzielt werden. Analog zum
Staatsziel „Soziale Sicherheit“ wäre auch bei diesem Staatsziel eine
abschließende Stellungnahme nach Vorlage des Grundrechtskatalogs anzustreben.
Ein Teil der Mitglieder wünscht einen Staatszielkatalog mit dem Staatsziel
„Arbeit“.
Z15 Wirtschaftliches Staatsziel
Ein
Formulierungsvorschlag liegt vor:
„Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur
sozialen Marktwirtschaft und strebt ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und
die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft an.“
Die
Mitglieder erzielten grundsätzlich keinen Konsens über den diskutierten
Entwurf. Wenn es einen Staatszielkatalog gibt, sollte aus Gründen der
Ausgewogenheit das wirtschaftliche Staatsziel eingefügt werden.
Z16 Verankerung der
Sozialpartnerschaft in der Verfassung
Im Zusammenhang mit einem allfälligen Staatsziel
Sozialpartnerschaft werden zunächst grundrechtliche (Koalitionsfreiheit) sowie
institutionelle (Selbstverwaltung) Aspekte diskutiert. Der Ausschuss 7 hat eine
Anregung zur Verankerung der sozialen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung in
der Verfassung übermittelt; diese Anregung wurde in die Beratungen einbezogen.
Beim derzeitigen Stand der Beratungen wird der Schaffung einer
Staatszielbestimmung „Sozialpartnerschaft“ nicht näher getreten. Für diese
Ablehnung wird von manchen als Grund vor allem eine zu starke Einengung des
sozialen Dialogs auf die traditionelle Sozialpartnerschaft angeführt; von den
Vertretern dieser Auffassung wird eine Ausweitung des sozialen Dialogs als
wünschenswert angesehen. Andere Teilnehmer wollen der Schaffung einer
Staatszielbestimmung erst dann näher treten, wenn die Grundlagen der
sozialpartnerschaftlichen Einrichtungen abschließend formuliert und
verfassungsrechtlich verankert sind. Erwogen wird auch die Verankerung der
Sozialpartnerschaft in einer allfälligen Präambel anstelle einer
Staatszielbestimmung.
Z17 Verankerung der
Sonn- und Feiertagsruhe
Der
Ausschuss anerkennt das sozial- und gesellschaftspolitische Anliegen, ist
jedoch einhellig der Auffassung, dass es nicht angebracht ist, dieses Anliegen
als Staatsziel in der Bundesverfassung zu verankern.
Z18 Verankerung des Sozialstaats
Der
Ausschuss ist einhellig der Meinung, dass im Falle eines Staatszielkataloges
diesem Anliegen durch eine indirekte Verankerung in anderen Staatszielen
Rechnung getragen wird.
Z19 Verankerung
der Familie ( Unterstützung auch der kleinen zivilgesellschaftlichen Einheiten)
In den Beratungen besteht Konsens darüber, von der
Aufnahme eines eigenen Staatsziels Abstand zu nehmen; dies vor allem im
Hinblick darauf, dass die Familie durch verschiedene Grundrechtsbestimmungen
verfassungsrechtlich ausreichend verankert ist. Der Ausschuss geht dabei von
der Erwartung aus, dass der bestehende Grundrechtsschutz nicht abgebaut wird.
Z20 Minderheitenschutz
Diese Frage wurde im Zusammenhang mit Z10 (Volksgruppen)
beraten.
Z21 Die Förderung der gemeinnützigen Träger der freien
Wohlfahrt:
Der
Ausschuss diskutiert das Anliegen der Caritas und der Diakonie Österreich. Er
kommt nach eingehender Beratung zum einhelligen Ergebnis, dass die
gesellschaftspolitische Bedeutung der freien Träger außer Zweifel steht, dass
es jedoch nicht angebracht ist, dieses Anliegen in der Form eines Staatsziels
in der Bundesverfassung zu verankern.
Z22 Das Recht auf adäquate Gesundheitsversorgung
Die Mitglieder kommen nach eingehender Diskussion zur
Auffassung, dass das Anliegen vom Staatsziel „Daseinsvorsorge“ sowie teilweise
vom Staatsziel „Soziale Sicherheit“ umfasst ist und daher als eigenes
Staatsziel entbehrlich erscheint.
Z23 Das Recht auf menschenwürdiges
Altern und Sterben
Die
Mitglieder kommen nach eingehender Diskussion zur Auffassung, dass das Anliegen
vom Staatsziel „Daseinsvorsorge“ sowie teilweise vom Staatsziel „Soziale
Sicherheit“ umfasst ist und daher als eigenes Staatsziel entbehrlich erscheint.
Z24 Die Verankerung der
Patientenrechte in der Verfassung
Das
Anliegen der ARGE Selbsthilfe Österreich wurde einer Beratung unterzogen. Der
Ausschuss stellt einhellig fest, dass dieses eine Frage der Grundrechte sei;
dies nicht zuletzt in Anbetracht der speziellen Bestimmung des Art 8 MRK.
Z25 Verankerung des Schutzes und der Vertretung der Interessen der
deutschen Altösterreicher in der Verfassung
Das Anliegen des Verbandes der volksdeutschen
Landmannschaften wurde vom Ausschuss zur Kenntnis genommen. Es wurde Konsens
erzielt, dass es nicht angebracht ist, eine solche Zielsetzung als Staatsziel
in der Bundesverfassung zu verankern.
Z26 Änderung Art 7 des B-VG: Aufnahme von Kategorien:
Geschlecht,
Rasse, Hautfarbe, ethnische Herkunft, soziale Herkunft, genetische Merkmale,
Sprache, Religion, Weltanschauung, politische oder sonstige Anschauung,
Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe, nationale Minderheit, Vermögen,
Behinderung, Alter, Familienstand, sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität
Nach
Durchführung der Beratungen kommen die Mitglieder einhellig zur Meinung, dass
die Thematik dem Bereich der Grundrechte zuzuordnen ist. Diese Bestimmung
sollte nicht als Staatsziel normiert werden. Der Ausschuss empfiehlt eine
Behandlung im Grundrechtsausschuss.
Z27 Verankerung der christlichen Wurzeln in der
Verfassung, Bezug auf Gott
Die
Diskussion wird gemeinsam mit dem Anliegen „Verantwortung in der Schöpfung“
(Z29) und „Beibehaltung des laizistischen Prinzips“ (Z40) abgehandelt. Der
Ausschuss achtet und anerkennt die von den Kirchen gemeinsam formulierten Werte
und Anliegen an den Staat. Er sieht es als wichtige Aufgabe des Staates an, die
Ausübung der Religionsfreiheit, die in der Menschenrechtskonvention geregelt
ist, zu gewährleisten. Nach dem Verständnis des Ausschusses bedeutet das
bestehende System der Trennung von Staat und Kirche kein beziehungsloses
Nebeneinander. Der Staat hat vielmehr einen religiösen Pluralismus zu
ermöglichen und die Voraussetzungen für einen solchen zu schaffen (Art 9 MRK).
Ein Gottesbezug oder ein Verweis auf einen „Schöpfer“ würde die derzeit
rechtlich und faktisch gelebte Trennung von Staat und Kirche aufheben. Der
Ausschuss empfiehlt daher einhellig, diese Begriffe nicht in eine
verfassungsrechtliche Staatszielbestimmung aufzunehmen. Er weist in diesem
Zusammenhang auch auf die Schwierigkeit des Ausgleiches zwischen den
verschiedenen Glaubensbekenntnissen und den nichtkonfessionellen Gruppierungen
hin. Einzelne Mitglieder vertreten ergänzend die Auffassung, dass die Würdigung
der traditionellen abendländischen Werte Eingang in eine Präambel finden
könnte.
Z28 Die Gewährleistung einer Friedensordnung
Siehe zu
Z58 („Verankerung einer friedenspolitischen Zielsetzung“)
Z29 Die Verantwortung in der Schöpfung
Siehe zu Z27:
„Verankerung der christlichen Wurzeln in der Verfassung“
Z30 Die Vorsorge für die
innere und äußere Sicherheit Österreichs
Die Mitglieder erzielen einhellig Konsens, dass dieser
Begriff zu weit gefasst ist. Damit ist eine Präzisierung der Wirkungen dieses
Staatszieles nicht möglich. Der Ausschuss erwog daher keine Aufnahme in die
Verfassung. Die Vorsorge für die innere und äußere Sicherheit ist eine aktuelle
Staatsaufgabe, sie ist als solche unbestritten und hat ihren Niederschlag im
Verfassungstext gefunden (Art 10 Abs 1 Z 7 und 15 B-VG; Art 5 MRK, Art I BVG
Persönliche Freiheit). Eine darüber hinausgehende Verankerung der Sicherheit
als Staatsziel scheint nicht erforderlich.
Z31 Die
nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung, Wohlfahrt und Wettbewerbsfähigkeit
Nach
Diskussion über dieses Anliegen wird einhellig festgestellt, dass es bereits
durch die Beratungen über das wirtschaftliche Staatsziel, die Soziale
Sicherheit, Arbeit und die Daseinsvorsorge abgedeckt ist.
Z32 Die
Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Solidarität und eines Lebens
in Beziehungen
Nach
eingehender Beratung kommt der Ausschuss zu folgendem einhelligem Ergebnis:
Die
vorgeschlagenen Formulierungen sind fundamental ethische Begriffe. Das Anliegen
der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Solidarität wird
grundsätzlich als förderbares Ziel gesehen. Voraussetzung dafür ist die Achtung
der individuellen Lebensentscheidung des Einzelnen. Über die Stärkung des
Lebens in Beziehungen gibt es keinen Konsens. Der Ausschuss erzielt Konsens,
dass von einer Aufnahme in die Verfassung aufgrund der mangelnden
Abschätzbarkeit der Wirkungen abzusehen sei.
Z33 Die Anerkennung und Förderung
der kulturellen, religiösen, sprachlichen, ethnischen und politischen Vielfalt
Die Mitglieder diskutieren eingehend den vorliegenden
Wunsch nach Aufnahme dieses Staatszieles, vor allem die erforderlichen
Fördermaßnahmen. Der Ausschuss gelangt einhellig zur Ansicht, dass dieses
Anliegen im Bereich der Grundrechte – die Menschenrechts-konvention
gewährleistet die Pluralität als Grundrecht – angesiedelt ist.
Er hält
aber fest, dass er dem Anliegen, das mit diesem Wunsch verbunden ist,
grundsätzlich positiv gegenübersteht. Eine darüber hinaus gehende Förderung
hängt von den Möglichkeiten und der politischen Situation ab. Der Ausschuss
erachtet es für notwendig, dass der Staat einer Monopolisierung entgegentritt.
Eine aktive Förderung soll nicht ausgeschlossen werden, aber nicht zwingend in
jedem Fall damit verknüpft sein. Eine Verankerung als Staatsziel ist dafür
nicht erforderlich.
Z34 Der Schutz und die Förderung
des kulturellen Erbes
Als
Ergebnis der Beratungen wird festgehalten, dass der Ausschuss dem Anliegen des
Schutzes und der Förderung des kulturellen Erbes grundsätzlich positiv
gegenübersteht. Die ausdrückliche Verankerung als Staatsziel in der Verfassung
wird dem Anliegen jedoch nicht besser gerecht und wird daher einhellig nicht
empfohlen.
Z35 Verankerung der Menschenwürde
Der Vorschlag, den Schutz der Menschenwürde als Staatsziel
in der Verfassung zu verankern, wurde im Ausschuss ausführlich erwogen.
Einhellig wird die Auffassung vertreten, dass ein demokratischer Rechtsstaat
die Würde des Menschen zu achten und zu schützen hat. Er tut dies auch in
vielfacher Weise, z.B. durch eine Reihe von Grundrechten und sonstigen
Rechtsnormen (z.B. StGB, Arbeitsrecht etc.). Von den Befürwortern eines
Staatszieles „Menschenwürde“ werden hier möglicherweise Defizite gesehen; falls
dem so ist, sollten diese Defizite in erster Linie durch konkret formulierte
Grundrechte beseitigt werden.
Die Verankerung eines Staatszieles „Schutz der
Menschenwürde“ ist wegen der Offenheit des Begriffes nicht geeignet, hier
regulierend zu wirken.
So zeigt sich z.B. im Bereich der Biomedizin, dass sich
Vertreter diametral entgegengesetzter Positionen auf die Menschenwürde berufen
und diese dabei in einem subjektiven Verständnis formulieren. Es zeigt sich
auch, dass beinahe jede der heute weltweit praktizierten Methoden der
Reproduktionsmedizin in irgendeiner Phase als Verletzung der Menschenwürde
qualifiziert wurde. Im Ergebnis bewirkt die Offenheit dieses Begriffes ohne
Bezugnahme auf bestimmte Lebensbereiche keine Reglementierung. Der Ausschuss
ist der Auffassung, dass für solche ethische Fragen jeweils ein politischer
Konsens in Form der Schaffung konkreter Grundrechte gesucht werden soll.
Die Aufnahme eines Staatszieles „Schutz der Menschenwürde“
wird daher einhellig abgelehnt.
Z36 Freiheit, Gleichheit,
Geschwisterlichkeit
Die
Mitglieder diskutieren die Intentionen des Vorschlages und erwägen die schwer
abschätzbare normative Bedeutung. Es wird festgestellt, dass dem Anliegen
bereits durch die bestehenden Grundrechte entsprochen wird. Der Ausschuss
stellt einhellig fest, dass er die inhaltlichen Anliegen durch andere
Staatsziele und die Grundrechte als verwirklicht ansieht; eine
zusätzliche Verankerung als Staatsziel trägt nicht zur Verstärkung bei.
Z37 Sicherung und Förderung der Grundfreiheiten und Menschenrechte,
einschließlich der sozialen Grundrechte
Der Ausschuss vertritt einhellig die Ansicht, dass dieses
Anliegen dem Grundrechtsbereich zuzuordnen ist.
Z38 Verankerung der Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit
Nach
Durchführung der Beratungen kommen die Mitglieder mehrheitlich zum Ergebnis,
dass das Rechtsstaatsprinzip bereits jetzt integraler Bestandteil der
Verfassung ist (vgl auch Z45, „Verankerung des Rechtsstaatsprinzip“). Der
Begriff des Rechtsstaates sollte neben dem der Demokratie explizit in der
Verfassung genannt werden.
Z39 Verankerung eines regelmäßigen Dialogs mit den
Kirchen
Die
Mitglieder sind einhellig der Auffassung, dass ein regelmäßiger Dialog mit den
Kirchen, aber auch mit allen anderen Bereichen der Zivilgesellschaft wichtig
ist. Für ihre Anliegen muss sich die Kirche Gehör verschaffen, ein aktives Tun
des Staates ist nicht erforderlich, solange die Entfaltungsmöglichkeiten der
Kirchen gewährleistet sind. Der Ausschuss verweist auf Art 51 Grundrechtscharta
und vermeint, dass dem Anliegen der Kirchen bereits derzeit entsprochen ist.
Z40 Die Beibehaltung des laizistischen Prinzips
Der Ausschuss kommt in der Diskussion einhellig zur
Auffassung, dass das laizistische Prinzip im Sinne eines
Nebeneinander (vgl zu Z27, „Verankerung der christlichen Wurzeln in der
Verfassung, Bezug auf Gott“) zwar beibehalten werden soll, jedoch keiner
gesonderten Verankerung in der Verfassung bedarf.
Z41 Zielbestimmung für ein
Bekenntnis zu einem atomfreien Europa
Diese
Thematik wurde bereits beim Staatsziel „Umfassender Umweltschutz“ (Z4)
behandelt.
Z42 Verankerung des
Umweltschutzes als Grundrecht
Diese Thematik wurde bereits bei der Formulierung des
Staatsziels „Umfassender Umweltschutz“ (Z4) behandelt.
Z43 Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel
Eine Verankerung des Tierschutzes als eigenes Staatsziel
wird als nicht erforderlich angesehen. Der Schutz der Tiere ist im
vorgeschlagenen Staatsziel „Umfassender Umweltschutz“ (Z 4) enthalten.
Z44 Verankerung des
Verursacherprinzips und der Nachhaltigkeit
Diese Thematik wurde bereits bei der Formulierung des
Staatsziels „Umfassender Umweltschutz“ (Z4) behandelt.
Z45 Verankerung des
Rechtsstaatsprinzips
Nach Durchführung der Beratungen kommen die Mitglieder
mehrheitlich zum Ergebnis, dass das Rechtsstaatsprinzip integraler Bestandteil
der Verfassung ist (Z38). Der Begriff sollte explizit in der Verfassung genannt
werden, wobei eine Garantie des Rechtsweges erwogen werden könnte ( Ausschuss
9).
Z46 Die Aufnahme eines Südtirol-Paragraphen in die
Verfassung
Der
Ausschuss ist einhellig der Meinung, dass Österreich seine Verantwortung als
Schutzmacht bereits in der Vergangenheit wahrgenommen hat und geht davon aus,
dass dies weiterhin der Fall sein wird. Daher kann von einer expliziten
Verankerung als Staatsziel Abstand genommen werden.
Z47 Verankerung des Sports in der Verfassung
Der Ausschuss kommt zum Ergebnis, dass die Bedeutung des
Sports bereits anerkannt ist und dass ihr ausreichend im
Gesundheitsvorsorgebereich Rechnung getragen wird. Eine Aufnahme in einen
Staatszielkatalog wird daher als entbehrlich angesehen.
Z49 Bekenntnis des Staates zur Förderung der Forschung und
Wissenschaft,
insbesondere der Grundlagenforschung
Der Ausschuss ist der einhelligen Auffassung, dass die
Förderung der Forschung, insbesondere auch der Grundlagenforschung, eine
öffentliche Aufgabe ist. Die Schaffung einer eigenen Staatszielbestimmung wird
überwiegend als nicht zweckmäßig abgelehnt; das jeweilige Ausmass der Förderung
ist eine Aufgabe aktueller Politik.
Der
Ausschuss ist der Auffassung, dass eine verfassungsrechtliche Verankerung der
Amtssprache Deutsch zwar notwendig ist, dass dadurch aber keine
Beeinträchtigung der Verwendung von Fremdsprachen außerhalb des amtlichen
Bereiches im engeren Sinn (Behördenverkehr) stattfinden soll. Rechte von sprachlichen
und anderen Minderheiten und vergleichbare andere Schutzrechte sollen
jedenfalls berücksichtigt bleiben.
Der Ausschuss betont die Wichtigkeit des Dialogs zwischen
Staat und Zivilgesellschaft. Die Notwendigkeit einer Verankerung in der
Verfassung wird überwiegend abgelehnt; dies vor allem deshalb, weil einzelne
Anliegen bereits durch andere Verfassungsregelungen abgedeckt sind.
Diesem
Anliegen wird durch die bestehende Grundrechtsordnung Rechnung getragen. Die
Schaffung eines Staatszieles wird einhellig abgelehnt.
Dieses
Anliegen ist nach einhelliger Auffassung des Ausschusses nicht geeignet, in
einem eigenen Staatsziel verankert zu werden; einzelne Aspekte der Kultur sind
insbesondere durch die Bereiche Kunst, Wissenschaft, Bildung und freie
Meinungsäußerung abgedeckt.
Diesem
Anliegen wird durch die bestehende Grundrechtsordnung Rechnung getragen. Die
Schaffung eines Staatszieles wird mehrheitlich abgelehnt. Der vorgelegte
Formulierungs-vorschlag
„Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) achtet, fördert und schützt die Vielfalt
der Medien.“
findet
keinen Konsens (siehe auch zu Z57).
Diesem
Anliegen wird durch die bestehende Rechtsordnung Rechnung getragen. Die
Schaffung eines Staatszieles wird einhellig abgelehnt.
Siehe Z57
Der
Ausschuss diskutiert die Wichtigkeit der (regionalen) Medienvielfalt und ist
der Auffassung, dass dieses Anliegen im Hinblick auf die Beratungen im
Grundrechtsausschuss nicht behandelt wird. Allenfalls wird nach dem Vorliegen
der Beratungsergebnisse neuerlich auf diese Thematik einzugehen sein. Der zu
Z54 („Garantie der Meinungs- und Medienvielfalt“) vorgelegte
Formulierungsvorschlag bleibt auch hier ohne Konsens.
Z58
Verankerung einer friedenspolitischen Zielsetzung
Der
Ausschuss ist einhellig der Auffassung, dass das Staatshandeln an der Erhaltung
und Sicherung des inneren und äußeren Friedens zu orientieren ist. Die
Verankerung als eigenes Staatsziel wird mehrheitlich als nicht erforderlich
angesehen.
4) Normative Bedeutung
einer Festlegung von Staatszielen
In den ersten Ausschussberatungen wurde die Aufnahme einer
Präambel in eine neue österreichische Verfassung als entbehrlich angesehen. In
der Sitzung vom 10. Dezember wurde von einem Ausschussmitglied ein
Textvorschlag für eine Präambel vorgelegt, dem andere Mitglieder beitraten.
Dieser Vorschlag hat zu einer engagierten Diskussion geführt. Die Aufnahme
einer Präambel mit dem vorgeschlagenen Inhalt wird überwiegend abgelehnt.
Unabhängig
vom vorgelegten Präambeltext vertreten einige Mitglieder die Auffassung, dass
eine Präambel Staatsziele aufnehmen könnte, soweit über eine Aufnahme von
Staatsziel-bestimmungen im übrigen Text der Verfassung keine Einigkeit erzielt
werden kann. Dem Vorschlag, Staatsziele in eine Präambel aufzunehmen, wird von
anderen Mitgliedern entschieden widersprochen. Letztendlich konnte kein Konsens
erzielt werden, weder über den vorgeschlagenen Präambeltext, noch über die
Aufnahme einer Präambel überhaupt, noch über die Aufnahme von Staatszielen in
eine Präambel.
Besonderer
Teil
1. Textvorschläge mit
Konsens
für bestehende
Staatsziele
Z 4 Umfassender Umweltschutz (BVG, BGBl
1984/491)
(1) Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) schützt die Umwelt. Sie bewahrt Mensch, Tier, Pflanze und
ökologische Systeme vor vermeidbaren nachteiligen Einwirkungen und verbessert
ihre Lebensgrundlagen und Bedingungen unter Zugrundlegung des
Verursacherprinzips. Natürliche Ressourcen sind sparsam zu nützen.
Integration des
Atom-BVG, vorbehaltlich des Ergebnisses des Ausschusses 2:
(2) Maßnahmen, die der
Herstellung oder Nutzung von Atomwaffen und der Nutzung der Kernspaltung zum
Zweck der Energiegewinnung dienen, sind verboten.
(3) Die Beförderung von spaltbarem Material auf österreichischem Staatsgebiet
ist untersagt, sofern dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegen
stehen. Von diesem Verbot ausgenommen ist der Transport für Zwecke der
ausschließlich friedlichen Nutzung, nicht jedoch für Zwecke der
Energiegewinnung durch Kernspaltung und deren Entsorgung.
Z 5 Umfassende Landesverteidigung (Art 9a
B-VG)
Derzeitige Bestimmung
streichen:
(1) Österreich bekennt sich zur umfassenden
Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie
die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere
zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität. Hiebei
sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit
sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von
außen zu schützen und zu verteidigen.
(2) Zur umfassenden
Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die
wirtschaftliche Landesverteidigung.
Z 7 Verbot nationalsozialistischer
Wiederbetätigung ( BVG, BGBl 1955/152)
Hier ist keine Änderung vorzunehmen.
Das Verbotsgesetz – unvorgreiflich der
Ergebnisse des Ausschusses 2 - wäre in die neu formulierte Verfassung zu
integrieren.
2. Textvorschläge mit
Konsens
als „Kandidaten“ für
einen allfälligen Staatszielkatalog
Z 9 Bildung (Art. 17 Staatsgrundgesetz,
Art. 2 des ersten Zusatzprotokolls zur MRK)
(1) Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) strebt eine umfassende Bildung für alle im Staatsgebiet
wohnhaften Menschen an.
(2) Die Sicherung von
chancengleichen, leistungsstarken Bildungsangeboten und deren Qualität in allen
Bildungsbereichen ist eine öffentliche Aufgabe.
Begründung:
Bildung ist
eine Grundlage für ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben der
Staatsbürger. Sie stellt eine wesentliche Grundlage der Gesellschaft, ihres
kulturellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens dar.
Es muss daher ein Ziel eines jeden Staates sein, seinen Bürgern eine qualitativ
hochwertige Bildung zu ermöglichen. Die konkreten Bildungsangebote können sowohl
von öffentlichen Einrichtungen als öffentliche Leistungen als auch von privaten
Bildungseinrichtungen angeboten werden, wie es in Österreich seit jeher eine
gute Tradition ist.
Unter „umfassender
Bildung“
ist neben der beruflichen Erstausbildung und den Möglichkeiten zu Fort- und
Weiterbildung auch die Bildung in allen den Menschen betreffenden
Bildungsbereichen seiner jeweiligen Alters- und Entwicklungsstufe angepasst zu
verstehen, wie dies unter anderem im Lehrplan 99 aufgezeigt wurde. Dazu zählen
insbesondere verschiedene Bildungsbereiche, religiös-ethische Dimension,
Sprache und Kommunikation, der naturwissenschaftlich – technische Bereich, der
musisch-kreative Bereich und der Bereich Gesundheit und Bewegung. Die
Folge aus dieser Bestimmung ist daher, dass ein vollständiges Streichen
einzelner Bereiche für alle oder auch nur für Teile der Bevölkerung (wie dies
z.B. 1938 für Frauen erfolgt ist) verfassungswidrig wäre.
Leistungsorientierte
und leistungsstarke
Bildungsangebote:
Leistungsorientierte
Angebote sind die einzige Möglichkeit für ein chancengleiches Bildungssystem. Sie bedeuten ein
objektives Abstellen auf die individuellen Leistungen der Rechtsunterworfenen.
Der Begriff Leistungsorientierung enthält dabei einen objektiven
Maßstab für die Leistungen der Rechtsunter-worfenen, der die Grundlage für
allgemeine Leistungskriterien bildet, z.B. eine objektive Leistungs-beurteilung.
Die Folge ist, dass relative Leistungsbeurteilungen, z.B. ein Ranking innerhalb der
Schule oder Klasse, an welches Rechtsfolgen, z.B. das Aufsteigen in die nächste
Klasse, anknüpfen, nicht zulässig sind.
Der Begriff „Leistungsstarke
Bildungsangebote“
stellt dabei auf die Angebote im Vergleich zueinander ab, sowohl
national als auch international. Es handelt sich daher um ein relatives
Leistungsmerkmal einerseits (im Vergleich zu gleichartigen Ausbildungen) und um
ein objektives Merkmal andererseits, da bestimmte, national und international vereinbarte,
Leistungsziele erreicht werden sollten.
Chancengerechte
Bildungsangebote:
Ausgehend von
den individuellen Leistungen und der Fähigkeit zur Erbringung durch den
Einzelnen, ist im Bildungssystem darauf ab zu stellen, dass diese Leistungen
von jedem
erbracht werden können. Der Sinn von Bildung ist jeden einzelnen an seine
Leistungsgrenzen heranzuführen, diese zu erweitern und ihm Hilfestellung zu
geben diese zukünftig selbstständig zu erkennen und zu erweitern. Die
Chancengerechtigkeit hat dabei sicher zu stellen, dass niemand vom Bildungssystem
ausgeschlossen werden kann und entspricht somit den Bestimmungen des
Zusatzprotokolls zur EMRK.
Es ist aber
auch sicher zu stellen, dass die Bewohner verschiedener Regionen Chancen auf
für sie geeignete Bildungsangebote
erhalten.
Sicherung der
Qualität der Angebote:
Aus zwei
Gründen muss die Qualitätssicherung als öffentliche Aufgabe wahrgenommen
werden:
Die Sicherung
der Qualität ist ein Steuerungsinstrument, um internationale Zielvereinbarungen
(z.B. Ziele
von Feira) umsetzen zu können (z.B. im Wege einer Rahmen-, Richtlinien-, Ziel-
oder Auftragsgesetzgebung).
Die
Entscheidungsprozesse und Abläufe im inneren des österreichischen
Bildungssystems laufen aufgrund des freien Bildungszuganges und der Wahlfreiheit bei
Bildung und Ausbildung parallel zu den Mechanismen einer modernen öko-sozialen
Marktwirtschaft ab.
Wie es für
einen funktionierenden Markt einer funktionierenden Kontrolle und Marktaufsicht
bedarf, muss ein Funktionieren der Regelungsmechanismen im
Bildungssystem durch eine externe Qualitätssicherung gewährleistet werden.
(1) Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) gewährleistet die Erbringung von Leistungen im
allgemeinen Interesse (Daseinsvorsorge).
(2) Derartige
Leistungen stellen einen anerkannten, nicht diskriminierenden Mindeststandard
der Teilhabe an jenen Lebensbereichen sicher, die gesellschaftlich regelmäßig
vorkommen.
Erläuterungen:
Die Verankerung der
Verantwortlichkeit
von Bund, Ländern und Gemeinden für die Erbringung von Leistungen der
Daseinsvorsorge in der Österreichischen Bundesverfassung soll zum Ausdruck
bringen, dass die Gebietskörperschaften bestrebt sind, die von ihnen
eingeführten und erbrachten Leistungen der Daseinsvorsorge auch in Zukunft
aufrecht zu erhalten. Mit der Erbringung dieser Leistungen werden grundlegende
Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt. Leistungen der Daseinsvorsorge stehen der
gesamten Gesellschaft, also allen Bürgern zu gleichen Bedingungen zur
Verfügung und werden aufgrund gemeinwohlbezogener Überlegungen erbracht.
Gemeinwohlorientierte Leistungen sollen einerseits die Grundversorgung der
Bevölkerung sichern, anderseits sind sie feste Bezugspunkte des Gemeinwesens
und begründen die Zugehörigkeit
der Bürgerinnen und Bürger zu diesem. Die Erbringung von Leistungen im
allgemeinen Interesse und/oder deren Qualitätssicherung durch die öffentliche
Hand bringen darüber hinaus auch die Verantwortlichkeit des Staates für die
Ziele des Gemeinwohls zum
Ausdruck.
Die
Verfassung hat heute nicht mehr die ausschließliche Aufgabe, die Bevölkerung
vor Eingriffen durch den hoheitlichen Staat zu schützen bzw. den Staatsaufbau zu
regeln, vielmehr soll eine moderne Verfassung, wie etwa die Schweizer
Verfassung dies zeigt, auch die Verantwortung des Staates für seine Bewohner
zum Ausdruck bringen. Der Staat hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Leistungsstaat
entwickelt, der für seine Bevölkerung verantwortlich ist und genau das sollte
auch in der Verfassung festgeschrieben werden.
Seit einigen Jahren wird
insbesondere von der Europäischen Union (siehe etwa das Grünbuch zu
Dienstleistungen von allgemeinem
Interesse) und im Rahmen der GATS-Verhandlungen der Trend zur Privatisierung
und Liberalisierung ("Weniger Staat, mehr Markt") mit der Begründung
prolongiert, dass einerseits die Öffentliche Hand einsparen kann und anderseits
das Preisniveau für die
Verbraucher gesenkt werden könnte.
Beispiele aus Europa zeigen aber,
dass Liberalisierungen nur dann zu Einsparungen bzw. Preissenkungen geführt
haben, wenn die Definition hoher Qualitätskriterien vernachlässigt wurde.
Gerade die Leistungen der Daseinsvorsorge
gehorchen jedoch hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung anderen Gesetzen als den
Mechanismen des Freien Marktes. Im Gegenteil, sie sind in erhöhtem Maß,
Kriterien wie der Versorgungssicherheit, der Kontinuität, der sozialen
Erschwinglichkeit, der Gesundheit,
der Nachhaltigkeit etc verpflichtet.
Leistungen der Daseinsvorsorge,
wie etwa Wasser, Strom, Gas, Telekommunikation, Rundfunk und Postdienste, aber
auch Sozial-, Gesundheits-
oder Bildungsleistungen sind Dienstleistungen, die als wesentlich für das
Funktionieren einer modernen Gesellschaft angesehen werden. Obwohl sie als
wesentlich gelten, können diese Dienstleistungen sowohl von privaten als auch
von öffentlichen Unternehmen oder von Bund, Ländern und Gemeinden selbst,
teilweise hoheitlich, erbracht
werden. Die Verfügbarkeit, der Preis und die Qualität der Leistungen der
Daseinsvorsorge sind per definitionem von größter Bedeutung für die
Verbraucher.
Dienstleistungen von allgemeinem
(wirtschaftlichen) Interesse unterscheiden sich insofern von normalen
Dienstleistungen, als sie in den Augen des Staates auch dann erbracht werde
müssen, wenn der Markt unter Umständen nicht genügend Anreize dafür bietet. Der
Begriff der Leistungen der Daseinsvorsorge beruht auf dem Anliegen, überall
gute und für alle
erschwingliche Dienstleistungen zu gewähren. Diese Dienste tragen zur
Verwirklichung der Ziele der Solidarität und Gleichbehandlung bei, die dem
europäischen Gesellschaftsmodell zu Grunde liegen.
Gerade deshalb hat auch die
Europäische Union die Bedeutung der Leistungen der Daseinsvorsorge anerkannt und
haben sie Eingang in den Entwurf der Europäischen Verfassung gefunden.
Zum Textvorschlag im Detail:
Die Aufzählung der einzelnen
Gebietskörperschaften soll zum Ausdruck bringen, dass Leistungen der Daseinsvorsorge
von Bund, Ländern und Gemeinden erbracht werden und soll die entsprechenden
Kompetenzen auch unterstreichen.
Der Begriff
"gewährleisten" ist so zu verstehen, dass die zuständige
Gebietskörperschaft die Leistung selbst oder durch Dritten erbringen lassen
kann. Darüber hinaus ist die Öffentliche Hand aufgrund der Bedeutung dieser
Leistungen dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass im Fall des Versagens
der Leistungserbringung durch Dritte, der Staat die Leistungen auf jeden Fall
in einer
Art Reservefunktion bzw. Auffangverantwortung zu erbringen hat.
Die zuständige
Gebietskörperschaft kann und muss bei jeder Leistung andere Kriterien
heranziehen, um beurteilen zu können, in welcher Form sie die
Leistungserbringung gewährleistet. Die Erbringung der Wasserversorgung ist
anders zu beurteilen als die Telekommunikation oder der Postdienst. Im Bereich
der Telekommunikation oder der Postdienste kann tatsächlich gänzlich
privatisiert werden, wie dies auch bereits erfolgt ist (auch an ausländische
Unternehmen). Es reicht hier, um die Versorgung der Bevölkerung gewährleisten
zu können, z.B. eine Universaldienstverordnung aus, die festschreibt, dass der
Anbieter eine flächendeckende Versorgung anbieten muss und der Staat evt. die
Kosten durch Subventionen
trägt. Im Bereich der Wasserversorgung ist nach anderen Kriterien vorzugehen,
da es sich dabei um natürliche Ressourcen handelt, bzw. ein europäisches,
großflächiges Netz aufgrund geographischer Hürden nicht funktionieren kann.
(Trink-)Wasserversorgung
bedeutet nicht nur die Leitungen/Infrastruktur zu errichten, sondern heißt im
erhöhten Maße vor allem Qualitätssicherung, sprich die Versorgung mit
einwandfreien Trinkwasser und auch die soziale Erreichbarkeit zu gewährleisten.
Im Bereich der Wasserversorgung
ist auch der Gedanke der Nachhaltigkeit von großer Bedeutung. Im Sinne der
Gewährleistungspflicht ist die Grundsicherung in diesem Bereich im Gegensatz
etwa zur Versorgung mit Strom nicht durch die Errichtung und Wartung des
Netzes/Leitungen erbracht.
Gewährleisten bedeutet, die
Leistungen auch in entsprechender Qualität zu erbringen. Was bedeutet, dass
Bund, Länder und Gemeinden sich bei der Erbringungen der Leistungen - vor allem
durch Dritte - einen Einfluss in der Form sichern müssen, dass wenn die Qualität
der Leistungen nachlässt, sie eine sogenannte Rückholmöglichkeit haben. Sprich
sie können die Leistungserbringung wieder an sich ziehen und selbst besorgen
oder durch ein anderen, besser geeigneten Dritten. Diese Qualitätssicherung ist
gerade im
Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich, ferner auch in der Wasserver- und
entsorgung unerlässlich.
Abs 2 soll dem Begriff
"Leistungen im allgemeinen Interesse" einen Interpretationsrahmen
geben.
"Leistungen
im allgemeinen Interesse" ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, der sich
aufgrund gesell-schaftlicher
Gegebenheiten ergibt und sich durch die fortschreitende gesellschaftliche
Entwicklung verändert, vom öffentlichen Diskurs bestimmt, vom einfachen
Gesetzgeber beeinflusst und schließlich von Entscheidungen der Höchstgerichte ausgelegt
wird. Leistungen im
allgemeinen Interesse sind Leistungen, die aus Gründen des Gemeinwohls
erbracht werden. Gemeinwohl ist ein Begriff, der in der österreichischen
Verfassung nicht vorkommt, der aber unter Berücksichtigung der Judikatur
zum öffentlichen Interesse ausgelegt werden kann bzw. kann Gemeinwohl auch als Gegenbegriff zum Privatinteresse
verstanden werden. Leistungen im allgemeinen Interesse werden insbesondere
deshalb erbracht, um für die Gesellschaft eine diskriminierungsfreie Grundsicherung zu
gewährleisten.
Die Erbringung von Leistungen im
allgemeinen Interesse ist von dem Grundgedanken getragen, dass in jeder
Gesellschaft unterschiedliche Lebensbereiche vorherrschen. Davon gibt es
Lebensbereiche
die so regelmäßig vorkommen, dass die Gesellschaft erwartet, dass daran jedes
Mitglied der Gesellschaft auch teilnehmen darf. Derartige Lebensbereiche sind
etwa die Bereiche Sozial-, Gesundheitswesen oder Kultur- und Bildungswesen oder
der Zugang zu natürlichen
Ressourcen wie Wasser, damit verbunden aber die Entsorgung von Abwasser oder
Abfällen. Ob ein Lebensbereich als anerkannt bzw. als regelmäßig vorkommend
betrachtet wird ist ein dynamischer Prozess. War es vor einem Jahrhundert nicht
vorstellbar,
dass die ganze Bevölkerung mit Telefon, Radio oder Fernsehen ausgestattet sein
wird, ist es heute anerkannt, dass jedem und jeder Telekommunikation zur
Verfügung gestellt werden muss und die Benutzung dieser Medien ist auch eine
regelmäßige Erscheinung in
der Gesellschaft.
Abs 3 legt fest welche Kriterien
die einzelnen Gebietskörperschaften bei der Erbringung von Leistungen im
allgemeinen Interessen zu beachten haben. Leistungen im allgemeinen Interesse
sind gemäß
Abs.3 so zu erbringen, dass insbesondere die Kriterien Versorgungssicherheit,
soziale Erreichbarkeit, Gesundheitsschutz und die Nachhaltigkeit erfüllt sind.
Versorgungssicherheit bedeutet,
dass die Bevölkerung darauf vertrauen kann, dass die zuständige Gebietskörperschaft
nach Maßgabe unterschiedlicher Kriterien dafür Sorge trägt, dass ihr etwa
Sozial-, Gesundheits-, Bildungsleistungen, Trinkwasser, Telekommunikation,
Postdienste, Strom, Gas und Rundfunk zur Verfügung stehen bzw. die Abwasser-
und Abfallentsorgung
sichergestellt sind.
Soziale Erreichbarkeit, im
Grünbuch zu den Leistungen von allgemeinen Interesse als Erschwinglichkeit
bezeichnet, stellt klar, dass Leistungen der Daseinsvorsorge für die
Bevölkerung entweder zu angemessenen und vor allem erschwinglichen Preisen (insb.
bei netzgebundene Einrichtungen) zur Verfügung stehen oder vom Staat unter
Umständen unentgeltlich geleistet werden (Gesundheits- und Sozialbereich),
damit sie für jedermann zugänglich sind. Besonderes Augenmerk sollte dabei den
Bedürfnissen und Möglichkeiten von einkommensschwachen Personen und Randgruppen
gelten. Die Anwendung des Grundsatzes der sozialen Erreichbarkeit trägt zum
wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft bei.
Die Leistungen im allgemeinen Interesse sind
auch unter Bedachtnahme auf den Gesundheitsschutz zu erbringen.
Gesundheitsschutz ist ein umfassender Begriff und bei jeder einzelnen Leistung
ist nach unterschiedlichen Kriterien vorzugehen. Im Bereich der
Trinkwasserversorgung etwa ist dafür Sorge zu tragen, dass im Rahmen der
Gewährleistungspflicht die Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem (frei
von gesundheitsgefährdenden Stoffen) Trinkwasser erfolgt.
Der Begriff der Nachhaltigkeit
kommt vor allem aus dem Bereich des Umweltrechts. Das Prinzip der Nachhaltigkeit
beruht auf der Erwägung, dass die den Menschen zur Verfügung stehenden
Ressourcen begrenzt sind, dass aber deren Nutzung auch künftigen Generationen
ermöglicht werden soll. Die Leitidee, dass eine Befriedigung der Bedürfnisse der
Gegenwart möglich sein muss, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen
ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können, schlägt sich auch in einer
Vielzahl politischer Programme nieder: z.B. Agenda 21, Fünftes Aktionsprogramm
der EU, Österreichischer
Nationaler Umweltplan und Amsterdamer Vertrag. Seit Abschluss des Amsterdamer
Vertrags sind Aktivitäten sowohl der öffentlichen Hand, wie auch jene von
Privaten auf ihre Nachhaltigkeit zu prüfen (Art 2 und 6 EGV, Art 2 EUV).
Die Unterscheidung zwischen
marktbezogenen und nicht marktbezogenen Leistungen stellt einen Hinweis darauf
dar, dass Leistungen im allgemeinen Interesse teilweise den Regeln des Marktes
gehorchen und diesen auch weitgehend unterworfen werden können (z.B.
Telekommunikation, Strom,
Gas) und andere Leistungen, wie Sozial- und Gesundheitsleistungen aber anderen
Regeln als denen des Marktes unterliegen. Je nach Art der Leistung muss daher
die zuständige Gebietskörperschaft abwägen, ob sie die Leistung selbst
erbringen muss oder ob ein
Dritter diese erbringen kann.
3. Textvorschläge ohne
Konsens
Z 1 Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht (Art
13 Abs 2 B-VG)
Variante 1
(Mayer)
Bund, Länder und
Gemeinden haben einen ausgeglichenen öffentlichen Haushalt (Gesamtstaat) über
einen Konjunkturzyklus sicher zu stellen und ihre Haushaltsführung im Hinblick
auf diese Zielsetzung zu koordinieren. Dabei haben Bund, Länder und Gemeinden
zu gewährleisten, dass die für die Haushalts-koordinierung erforderlichen Daten
rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Bundesgesetzgebung regelt die näheren
Verpflichtungen der Gebietskörperschaften zur Erreichung dieser Ziele. Dabei
können insbesondere Verpflichtungen in Bezug auf Haushaltsergebnisse und
Informationspflichten sowie Sanktionen für den Fall der Verletzung dieser
Verpflichtungen vorgesehen werden.
Erläuterung:
Stabile und
tragfähige öffentliche Finanzen sind eine notwendige Voraussetzung für eine
nachhaltige Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung. Sie schaffen Spielraum
für eine zukunftsträchtige
und wachstumsfreundliche Haushaltspolitik und erhöhen die Fairness zwischen den
Generationen. Ausgeglichene Haushalte über einen Konjunkturzyklus tragen
wesentlich zur Konjunkturüberhitzung, vor allem über das Wirkenlassen der
automatischen Stabilisatoren
in den öffentlichen Haushalten, gegengesteuert wird.
Die
Haushaltspolitik der Mitglieder in der EU, vor allem jene in der europäischen
Währungsunion, und damit auch Österreichs, ist an den gemeinschaftsrechtlichen
Rahmenbedingungen für die Haushaltspolitik, insbesondere des Stabilitäts- und
Wachstumspakts, auszurichten (Art 99, 101, 102, 103, 104 EGV + Protokoll iVm
den VO 3603/93, 3604/93, 3605/93, 1466/97 und 1467/97). Diese Vorgaben sehen
für den öffentlichen Haushalt eine maximale Obergrenze von 3 % des BIP
und für die Bruttoschuldenquote von 60 % des BIP vor. Ausnahmetatbestände von
diesen Obergrenzen können nur in sehr begrenztem Ausmaß geltend gemacht werden.
Weiters legt der Stabilitäts- und Wachstumspakt ein mittelfristiges Ziel eines
nahezu ausgeglichenen
Haushaltes oder eines Überschusses fest (Art 3 Abs 2 lit a VO 1466/97). Die
vorgeschlagene Bestimmung konkretisiert daher diese gemeinschaftsrechtliche
Regelung dahingehend, dass der Haushaltsausgleich über die Dauer eines
Konjunkturzyklus zu
erreichen ist.
Da sich diese
Zielsetzung auf den Gesamtstaat bezieht, müssen alle beteiligten Verbände
(Bund, Länder und Gemeinden) ihre Haushaltsführung im Hinblick auf diese
Zielsetzung koordinieren; dies umfasst die Planung, Feststellung und Durchführung der
Haushalte sowie die entsprechenden materiellrechtlichen Maßnahmen.
Wesentliche
Voraussetzung für die Haushaltskoordinierung ist die rechtzeitige
Bereitstellung jener Daten, welche zur Beurteilung der Haushaltsentwicklung der
Gebietskörperschaften erforderlich
sind (Einnahmen und Ausgaben sowie und die wesentlichen Bestimmungsgrößen für
deren Entwicklung); der Entwurf enthält daher ein einschlägiges Gebot.
Diese allgemeinen Ziele bedürfen einer konkreten Umsetzung in Form bestimmter Haushaltsergebnisse, die von den einzelnen Gebietskörperschaften in den einzelnen Jahren bzw. über einen näher zu definierenden Konjunkturzyklus zu erbringen sind, und von in Form von Detailregelungen, wann welche Daten für Zwecke der Haushaltskoordinierung zur Verfügung zu stellen sind, und schließlich einer Regelung der Rechtsfolgen für den Fall der Verletzung all dieser Verpflichtungen. Diese näheren Bestimmungen bleiben der Regelung durch den Bundesgesetzgeber vorbehalten. Davon unbeschadet bleibt die Möglichkeit, diese Details in Vereinbarungen zwischen den Gebietskörperschaften gemeinsam festzulegen.
Variante 2 (Verzetnitsch)
Der Staat bekennt sich
zur Finanzpolitik als Mittel zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts. Bund, Länder und Gemeinden koordinieren im Rahmen der
Erstellung und des Vollzugs ihrer Haushalte ihre finanz- und
wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts.
Z 2 Gleichstellung von Mann und Frau (Art 7
Abs 2 B-VG)
Variante 1 (Österreichischer Frauenring)
(2a) Bund, Länder,
Gemeinden und alle sonstigen Selbstverwaltungskörper verpflichten sich zur
tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, zur Erreichung der
Geschlechterparität in allen Bereichen sowie zu Maßnahmen zur Förderung der
tatsächlichen Gleichstellung. Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen haben die
Gebietskörperschaften und Selbstverwaltungskörper die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten
auf Frauen einerseits und Männer andererseits bei jeder ihrer Maßnahmen,
insbesondere im Bereich der Gesetzgebung und Vollziehung, und als Träger von
Privatrechten iSd [Artikel 17 B-VG], zu überprüfen
(Geschlechterverträglichkeitsprüfung) und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung
bestehender Ungleichheiten zu ergreifen.
(2b) Jede Frau hat das
Recht auf tatsächliche Gleichstellung. Im Falle bestehender Ungleichheiten hat
jede Frau ein Recht auf Förder- und Ausgleichsmaßnahmen.
(2c) Zur wirksameren Wahrnehmung
der Interessen an der Beseitigung bestehender Ungleichheiten und zur
Durchführung von Förder- und Ausgleichsmaßnahmen sind Möglichkeiten einer
wirksamen Rechtsdurchsetzung, einschließlich der Anrufung des
Verfassungsgerichtshofes, auch für Verbände, Vereinigungen und Einrichtungen,
deren Wirkungskreis sich auch auf die Herbeiführung der Geschlechtergleichheit
bezieht, vorzusehen.
Erläuterung:
Allgemeines:
Artikel 7 Absatz 2 B-VG beruht in seiner derzeitigen Fassung auf der Novelle BGBl. I Nr. 68/1998. Grund für die damalige Novellierung war die Tatsache, dass die bloß rechtliche Gleichheit vor dem Gesetz nicht genügt, um auch die "de facto" Gleichstellung der Geschlechter - siehe hiezu auf Artikel 4 der CEDAW (Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,BGBl.Nr. 443/1982) - herbeizuführen. Die damals erzielte Kompromiss-Formel - ein bloßes Bekenntnis zur Gleichstellung der Geschlechter und die Zulässigkeit von Fördermaßnahmen - ist jedoch nicht ausreichend, um die Geschlechtergleichheit wirkungsvoll in der Verfassung zu verankern. Institutionelle Verpflichtungen und subjektive Rechte sind daher unverzichtbar.
Offen bleibt nach wie vor die Frage einer wirksamen Rechtsdurchsetzung. Die Untätigkeit des Gesetzgebers ist schwer zu sanktionieren, eine gesetzgebende Körperschaft kann kaum zu einem bestimmten Handeln veranlasst werden, ohne dadurch in Konflikt mit dem demokratischen Grundprinzip zu gelangen. Andererseits sind Strukturen, in denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, nämlich die Frauen, unterrepräsentiert und gesellschaftlich und ökonomisch benachteiligt sind, ebenso wenig mit dem demokratischen Prinzip vereinbar. Es wurde daher der Weg einer Verpflichtung der Gebiets-körperschaften und Selbstverwaltungsträger einerseits und andererseits der Einführung subjektiver Rechte der einzelnen Frau, verstärkt durch den Gesetzesauftrag zur Einführung von Verbandsklagen, gewählt. Zu diskutieren wäre noch, ob nicht auch eigene "Gender Gremien", parlamentarisch und/oder auf der Vollziehungsebene, eingerichtet werden sollten, die Maßnahmen vorschlagen und durchsetzen können sowie eine ständige Gender Analyse und Überprüfung vornehmen - also zB eine "Gender Kommission", zumindest im Parlament.
Besonderes:
Die Verpflichtungen zur Herstellung der Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Setzung von Fördermaßnahmen gründet sich auf Artikel 1 bis 4 der CEDAW. Die Geschlechterparität ist Ziel und wichtigstes Instrument zur Erreichung der Geschlechtergleichheit. Neu ist die Einbeziehung der sonstigen Träger der Selbstverwaltung, zB im Bereich der beruflichen und sozialen Selbstverwaltung (zB Kammern, Selbstverwaltungskörper im Bereich der Sozialversicherung). Die Gemeindeverbände wurden als Verpflichtete nicht gesondert angeführt, da davon ausgegangen wurde, dass die Verpflichtung der Gemeinden ausreicht. Problematisch könnte die Definition des Kreises der Verpflichteten bei Schaffung neuer Strukturen und Einheiten werden; ein Problem, das jetzt bereits im Bereich der Ausgliederungen vorhanden ist (Arbeitsrecht statt Dienstrecht, Gleichbehandlung ohne Frauenförderung in der Privatwirtschaft statt Gleichbehandlungsgesetze des Bundes und der Länder, die die Frauenförderung mitumfassen). Da Ausgliederungen aber in der Regel durch Gesetz zu erfolgen haben, sind die Gebietskörperschaften auch bei Ausgliederungen zur Herstellung der Geschlechtergleichheit und zur Frauenförderung verpflichtet.
Der zweite Satz des Absatz (2a) beinhaltet die Umsetzung des Gender Mainstreaming iSd Artikel 3 Absatz 2 des EG-Vertrages im Bereich Gesetzgebung und Hoheitsverwaltung, aber auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung. Eine solche Geschlechterverträglichkeitsprüfung hat einerseits für zukünftige Maßnahmen stattzufinden; andererseits ist aber auch der status quo einer beständigen Überprüfung zu unterziehen sowie bereits getroffene Maßnahmen einer Evaluierung in bestimmten Zeitabständen. Eine aktive Berücksichtigung des Ziels der Gleichstellung der Geschlechter im Bereich des Arbeitslebens ist auch in Artikel 1a der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen mit der die Richtlinie 76/207/EWG abgeändert wird, vorgesehen.
Um dem Anliegen einer Verfassungsbereinigung im Hinblick auf unklare und schwer durchsetzbare Staatszielbestimmungen Rechnung zu tragen, wurde in Absatz (2b) ein subjektives Recht der Frauen auf Gleichstellung und Förder- und Ausgleichsmaßnahmen eingebaut. Unter Ausgleichsmaßnahmen ist zB ein Recht auf Schadenersatz für Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu verstehen.
Absatz (2c) beinhaltet einen Auftrag an den Gesetzgeber, auch an den Verfassungsgesetzgeber, für einen wirksamen Rechtsschutz im Bereich der Herstellung der Geschlechtergleichheit und der Frauenförderung zu sorgen. Der Rolle des Verfassungsgerichtshofes wird hier besonderes Augenmerk zu geben sein, zb in Form der Einführung einer zusätzlichen "Gender Mainstreaming" Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Mehr Effizienz der Rechtsdurchsetzung soll auch durch die Einführung von Verbandsklagen zu Gunsten zB von Frauenorganisationen, der Gleichbehandlungsanwaltschaft, etc erreicht werden.
Variante 2
(Wittmann)
Frauen und Männer haben
das Recht auf tatsächliche Gleichstellung.
Menschen des
benachteiligten Geschlechts haben Anspruch auf Maßnahmen, die bestehenden
Benachteiligungen zu beseitigen.
Variante 3
Die Republik
(Bund, Länder und Gemeinden) ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur
tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau zu gewährleisten.
Z 3
Gleichbehandlung von Behinderten (Art 7 Abs 1 B-VG)
Variante 1 (Lichtenberger/Verzetnitsch)
Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) ist verpflichtet, die Gleichstellung von behinderten und
nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu
gewährleisten. Sie sorgt für die gerichtliche Durchsetzung von Vorschriften zum
Schutz behinderter Menschen.
Z 4 Umfassender
Umweltschutz (BVG, BGBl 1984/491)
Variante 1
(Raschauer)
(1) Die Republik
Österreich bekennt sich zum umfassenden Umweltschutz.
Dies umfasst insbesondere die Bewahrung ökologischer Systeme und ihrer Vielfalt
sowie die Vorsorge vor schädlichen Einwirkungen und die Behebung bestehender
schädlicher Einwirkungen.
(2) Maßnahmen, die der Herstellung oder Nutzung von Atomwaffen und der Nutzung
der Kernspaltung zum Zweck der Energiegewinnung dienen, sind verboten.
(3) Die Beförderung von spaltbarem Material auf österreichischem Staatsgebiet
ist untersagt, sofern dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegen
stehen. Von diesem Verbot ausgenommen ist der Transport für Zwecke der
ausschließlich friedlichen Nutzung, nicht jedoch für Zwecke der
Energiegewinnung durch Kernspaltung und deren Entsorgung.
Begründung:
Geltendes
Recht:
Das BVG
umfassender Umweltschutz, BGBl 491/1984, lautet:
§ 1. (1) Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zum umfassenden
Umweltschutz.
(2)
Umfassender Umweltschutz ist die Bewahrung der natürlichen Umwelt als
Lebensgrundlage des Menschen vor
schädlichen Einwirkungen. Der umfassende Umweltschutz besteht
insbesondere in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens
sowie zur
Vermeidung von Störungen durch Lärm.
Das BVG
atomfreies Österreich, BGBl I 149/1999, lautet:
§ 1. In
Österreich dürfen Atomwaffen nicht hergestellt, gelagert, transportiert,
getestet oder verwendet werden. Einrichtungen für die Stationierung von Atomwaffen dürfen
nicht geschaffen werden.
§ 2. Anlagen,
die dem Zweck der Energiegewinnung durch Kernspaltung dienen, dürfen in
Österreich nicht errichtet werden. Sofern derartige bereits bestehen, dürfen
sie nicht in Betrieb genommen werden.
§ 3. Die
Beförderung
von spaltbarem Material auf österreichischem Staatsgebiet ist untersagt, sofern
dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegenstehen. Von diesem Verbot
ausgenommen ist der Transport für Zwecke der ausschließlich friedlichen
Nutzung, nicht jedoch für
Zwecke der Energiegewinnung durch Kernspaltung und deren Entsorgung. Darüber
hinaus sind keine Ausnahmegenehmigungen zu erteilen.
§ 4. Durch
Gesetz ist sicherzustellen, dass
Schäden, die in Österreich auf Grund eines nuklearen Unfalles eintreten,
angemessen
ausgeglichen werden und dieser Schadenersatz möglichst auch gegenüber
ausländischen Schädigern durchgesetzt werden kann.
Eine längere
Liste von umweltbezogenen Pflichten des Landes enthielt das Kntn
Umwelt-Landesverfassungsgesetz, LGBl 42/1986 (nunmehr zum Teil integriert in die Kntn
Landesverfassung).
Nach Art 9 der Sbg Landesverfassung gehören zu den "Aufgaben und
Zielsetzungen des staatlichen Handelns" insb "die Bewahrung der
natürlichen Umwelt und der Landschaft in ihrer Vielfalt und als Lebensgrundlage für
den Menschen sowie der Tier- und Pflanzenwelt vor nachteiligen Veränderungen
und die Erhaltung besonders schützenswerter Natur in ihrer Natürlichkeit".
Ausländische
Verfassungstexte sind kaum vergleichbar. Vgl Art 20a GG: "Der Staat
schützt auch
in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen
Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die
Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung".
Knapp
gehalten sind
§ 20 Finn. Verfassung: "Das Gemeinwesen wirkt darauf hin, daß für alle
eine gesunde Umwelt gesichert ist" und Art 21 Niederl. Grondwet: "Die
Sorge des Staates und der anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften gilt
der Bewohnbarkeit des Landes sowie dem Schutz und der Verbesserung der Umwelt".
Umfangreich und kasuistisch ist Art 66 der Port. Verfassung.
Anmerkungen:
Die
derzeitige praktische Bedeutung des BVG umfassender Umweltschutz wird insb von
Gutknecht (Kommentierung dieses BVG in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht,
Bd IV), Raschauer (in Kerschner, Hg, Staatsziel Umweltschutz, 1996, 57)
und Weber (in FS 75 Jahre Bundesverfassung, 1995, 711) veranschaulicht. - Eine
weitergehende Zielkonzeption (samt umfangreichem Textvorschlag) wurde insb von Pernthaler
(in Pernthaler/Weber/ Wimmer, Umweltpolitik durch Recht, 1992, 14) entwickelt
(vgl auch Pernthaler und Welan in Kerschner aaO).
Das geltende
BVG umfassender Umweltschutz ist insoweit situationsbedingt konzipiert, als ihm
nach allgemeiner Auffassung
ein "anthropozentrischer Ansatz" zugrunde liegt. Es ist
gerechtfertigt, diese Textierung in Zeiten, in denen Natur- und Umweltschutz
immer intensiver durch Vorschriften des Gemeinschaftsrechts geprägt sind, denen
- mindestens auch - ein "ökologischer Ansatz" zugrunde liegt
(insb VogelschutzRL, FFH-RL), weiterzuentwickeln. Dies insb durch Streichung
der Wendung "als Lebensgrundlage des Menschen" und durch gesonderte
Anführung der "Natur" neben der "Umwelt".
Gemeint ist
Natur in allen Erscheinungsformen. Da es in dichtbesiedelten Gebieten kaum
"unberührte" Natur geben kann, ist auch durch Menschenhand berührte
Natur mitumschlossen, somit nicht nur "natürliche" Umwelt. Noch zu
prüfen ist, inwieweit der in der letzten Sitzung vorgeschlagene Begriff
"ökologische
Systeme" angemessen und ausreichend ist, insb in Bezug auf
"Lebewesen".
Das
Verpflichtungsniveau der Vermeidung "schädlicher" Einwirkungen soll -
dem Wesen einer Verfassungsbestimmung gemäß - beibehalten werden.
Selbstverständlich wird die Gesetzgebung dadurch nicht gehindert, Bestimmungen zur
Begrenzung von "Belästigungen" oder von das "ortsübliche Maß
übersteigenden Einwirkungen" zu erlassen.
Auf die
Anführung einzelner Schutzbereiche (zB "Boden") und Einwirkungspfade
(zB "Lärm") kann verzichtet werden, da die Anführung ohnedies
nur demonstrativer Natur ist und gerade in Bezug auf die nicht genannten
Schutzbereiche (zB "Wald") und Einwirkungspfade (zB
"Elektrosmog") nicht zur Klärung beiträgt.
Während im
Hinblick auf die "Natur" die Wahrung der Vielfalt zielbestimmend ist, sind
im Hinblick auf die Umwelt das Vorsorgeprinzip ("Vermeide das
Vermeidbare") und das Reparaturprinzip - bezogen auf
"schädliche" Einwirkungen - zielbestimmend.
Auf den
Begriff der "Nachhaltigkeit" wird bewusst verzichtet, da er keinen
auch nur einigermaßen gesicherten Bedeutungsinhalt aufweist. Symptomatisch ist
etwa § 1 Abs 3 ForstG, wo der Begriff in zwei Sätzen in unterschiedlicher
Bedeutung verwendet wird: in Satz 1 im Sinn des Brundtland-Reports, in Satz 2
im klassisch forstrechtlichen
Sinn. Vor allem der erste Sinngehalt stellt sich als Abwägungsbefehl
("magisches Dreieck") und nicht als Determinante dar und ist daher
für eine verfassungsrechtliche Zielbestimmung ungeeignet.
Die
Determinanten sind für alle Gebietskörperschaften in ihren jeweiligen
Wirkungsbereichen maßgeblich und wären daher legistisch vor Art 10 B-VG zu
platzieren.
Entsprechend
einem in der letzten Sitzung geäußerten Wunsch wurde in Abs 3 auch ein Entwurf
für eine Integration des Atom-BVG beigefügt, der in textlicher Anpassung
naturgemäß auf eine Reduzierung auf das Wesentliche hinausläuft. Beim zweiten
Satz handelt es sich um eine Neuerung, die darauf abzielt, das Verbot auch als
Determinante für die Politik, einschließlich der Außenpolitik, zu konzipieren.
Die
Formulierung ist so neutral gehalten, dass sie von keinem anderen Staat als
"aggressive" Geste im Sinn einer Einmischung in seine Angelegenheiten
verstanden werden kann und soll (kein "Export" österreichischer
Umweltpolitik). Völkerrechtliche
und gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen sind zu respektieren. Freilich sind
nur "bestehende" Verpflichtungen zu verbindlich. Vertreter der
Republik sind eingeladen und verfassungsrechtlich legitimiert, auf allen Ebenen
die Zielsetzung des
ersten Satzes zu vertreten.
Variante 2
(Lichtenberger)
(1) Der Staat schützt
die Umwelt. Er bewahrt Mensch, Tier, Pflanze und ökologische Systeme vor
vermeidbaren nachteiligen Einwirkungen und verbessert ihre Lebensgrundlagen und
Bedingungen. Die Nutzung natürlicher Ressourcen ist auf ein dauernd aufrecht
erhaltbares Niveau zu beschränken.
(2) Maßnahmen
entsprechen den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung und dem Grundsatz,
Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen. Die Kosten
der Vermeidung und Beseitigung von Beeinträchtigungen tragen die Verursacher
und Verursacherinnen.
(3) Der Staat bezieht
die Öffentlichkeit effektiv in die Umweltpolitik ein, indem er ihr
Informations- und Beteiligungsrechte und das Recht auf gerichtliche
Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz der Umwelt einräumt. Der Bund und die
Länder richten Umweltanwaltschaften zur unabhängigen Wahrung der
Umweltschutzvorschriften ein.
(4) Bund, Länder und
Gemeinden sichern den freien Zugang zur Natur, insbesondere zu Bergen, Seen und
Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten. Trinkwasserreserven und
diesbezügliche Nutzungsrechte verbleiben im öffentlichen Eigentum.
Begründung:
Folgende
Personen/Institutionen haben im Zuge der Konventsberatungen Textvorschläge zum
Staatsziel Umweltschutz vorgelegt:
Umweltdachverband,
Raschauer, AK, Aubauer (unter Bezugnahme auf Pernthaler), Merli.
Abs 1 legt
eine Schutzpflicht fest. Eine enge Interpretation des Umweltschutzes wird
verunmöglicht,
der Ressourcenschutz und die Verbesserung der Umwelt ausdrücklich aufgetragen.
Der letzte Satz ist Ausdruck des Nachhaltigkeitsprinzips und entspricht dem
Vorschlag Aubauer.
Abs 2
entspricht Art 174 Abs 2 zweiter Satz EGV. Der Maßnahmenbegriff ist umfassend
hoheitlich und privatwirtschaftlich zu verstehen. Das Verursacherprinzip ist
konkretisiert wie in Art 74 Abs 2 der Schweizer Verfassung.
Abs 3 erster
Satz entspricht den Vorgaben der Aarhus-Konvention, das Wort „effektiv“ ist im
Sinne Art 9 Abs 4
der Konvention zu verstehen: Die Verfahren sollen fair, gerecht, zügig und
erschwinglich sein. Die Umweltanwaltschaften werden im Sinne einer
Institutionengarantie erwähnt.
Abs 4 ist an
Art 141 Bayrische Verfassung (Freier Zugang zu Naturschönheiten) angelehnt,
beinhaltet aber auch ein Veräußerungsverbot für öffentliche
Trinkwasserreserven. Davon unberührt bleiben die Trinkwasservorkommen, die
derzeit in privater Hand stehen.
Die Frage der
„Inkorporierung“
des AtomBVG
und des aktuellen Volksbegehrensextes zum AtomBVG wäre in Absprache mit
Ausschuss 2 zu entscheiden.
Variante 3 (Raschauer/Lichtenberger)
(1) Der
Staat schützt die Umwelt. Er bewahrt Mensch, Tier, Pflanze und ökologische
Systeme vor vermeidbaren nachteiligen Einwirkungen und verbessert ihre
Lebensgrundlagen und Bedingungen unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips.
Die Nützung natürlicher Ressourcen ist auf ein dauernd aufrecht erhaltbares
Niveau zu beschränken.
(2) Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) bewahrt den bestehenden freien Zugang zur Natur; sie ist
bestrebt, freien Zugang zur Natur zu schaffen.
Zusätzliche Variante:
"Trinkwasserreserven und diesbezügliche Nutzungsrechte verbleiben im
öffentlichen Eigentum.“
(3) Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) sorgt für die gerichtliche Durchsetzung von Vorschriften
zum Schutz der Umwelt.
Variante Abs 3:
(3) Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) bezieht die Öffentlichkeit effektiv in die Umweltpolitik
ein, indem sie ihr Informations- und Beteiligungsrechte und das Recht auf
gerichtliche Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz der Umwelt einräumt. Der
Bund und die Länder errichten Umweltanwaltschaften zur unabhängigen Wahrung der
Umweltschutzvorschriften ein.
Z 6 Immerwährende Neutralität (BVG BGBl
1955/211)
Variante 1
(Mayer)
Art. I des
Bundesverfassungsgesetzes vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs
wird durch Anfügung eines Absatzes 3 ergänzt:
(3) Durch die Absätze 1
und 2 wird die Erfüllung der Pflichten, die Österreich als Mitglied der
Vereinten Nationen und der Europäischen Union hat nicht beeinträchtigt.
Begründung:
Mit der
vorgeschlagenen Ergänzung des Neutralitätsgesetzes soll zum Ausdruck gebracht
werden, dass die Verpflichtungen, die die Republik Österreich aufgrund der
Satzung der Vereinten Nationen und des EU-Rechtes hat, der
neutralitätsrechtlichen Stellung vorgehen. Der neue Art. 1 Abs. 3 hat im
wesentlichen klarstellende Bedeutung (vgl. Art. 23f B-VG).
Variante 2
(Specht)
Bei
Beibehaltung des BVG Neutralität sollte eine Novelle des Art 23 f B-VG dies
präzisieren:
Art 23 f. (1) (.....)
Dies schließt die Mitwirkung an Aufgaben gemäß Art 17 Abs. 2 dieses Vertrages
sowie an Maßnahmen ein, mit denen die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder
mehreren dritten Ländern ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt
werden, soweit diese Maßnahmen in Erfüllung eines Mandates der Vereinten
Nationen erfolgen. (.....).
(2) (.....)
(3) An Beschlüssen
betreffend friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der
Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen kann Österreich
mitwirken, soweit derartige Beschlüsse in Erfüllung eines Mandates der
Vereinten Nationen gefasst werden.
(4) (.....).
Begründung:
Neutralität als
Staatszielbestimmung
(1)
Nicht ein weniger an Neutralität, sondern ein anderes Verständnis von
immerwährender Neutralität greift im Gefolge der Mitgliedschaft Österreichs in
der EU Platz. Ein älteres Verständnis von immer-währender Neutralität normiert sekundäre
Verpflichtungen sehr weitgehend: Etwa die Verpflichtung zu wirtschaftlicher
Vorsorge für den Krisenfall; oder Handelspolitik als von immerwährender
Neutralität schon zu Friedenszeiten bestimmt. Nunmehr ist immerwährende
Neutralität auf den Kern
beschränkt, der im BVG Neutralität formuliert ist: kein Beitritt zu
militärischem Bündnis und Verbot der Errichtung militärischer Stützpunkte
fremder Staaten auf seinem Gebiet.
(2)
Dogmatisch bedingt immerwährende Neutralität – im Sinne eines jüngeren Verständnisses
-- auch „ein Mehr“ als Neutralität und ist nicht Bündnisfreiheit gleich zu
setzen. Neutralität beschreibt zunächst den völkerrechtlichen Status eines
Staates im Kriegsfall. Die Entscheidung eines Staates, sich nicht an einem
militärischen Konflikt
zu beteiligen, begründet dessen Neutralität. Die Pflichten des Neutralen sind:
(i) Enthaltungspflicht; (ii) Verhinderungspflicht; (iii) Unparteilichkeit; (iv)
Duldungspflichten.
Unter
Blockfreiheit ist dagegen völkerrechtlich die Entscheidung eines Staates zu
verstehen, sich keinem militärischen Bündnis anzuschließen. Diese Entscheidung
determiniert jedoch nicht das Verhalten des Blockfreien im Falle kriegerischer
Auseinandersetzung.
(3)
Die Ausgestaltung des Instituts der immerwährenden Neutralität alleine
durch die Bundesregierung legt nahe, die immerwährende Neutralität in ihrem
rechtlich argumentierbaren Gehalt verbindlich zu formulieren. Dies ermöglichte
gegebenen falls auch den korrigierenden Eingriff des VfGH.
(4)
Ein älteres Verständnis von immerwährender Neutralität ist mit den Verpflichtungen
Österreichs aus dem EUV nicht vereinbar. Dies jedoch aus den von der älteren
Lehre formulierten Vorkehrungs- und Vorbereitungspflichten des immerwährend
neutralen Staates. Das Argument, die Mitgliedschaft in der EU verpflichte etwa
zur Teilnahme an Embargos – und führe zur Parteinahme in Friedenszeiten –
überzeugt dagegen nicht (siehe unten). Würde das Argument, Österreich sei an
Embargobeschlüsse der EU gebunden, auch auf den Falle kriegerischer Auseinandersetzungen
zwischen Drittstaaten erweitert, kann von immerwährender Neutralität nicht mehr
die Rede sein; nicht einmal mehr von Neutralität.
Das
Argument, Österreich sei aus dem EUV verpflichtet, etwa Embargobeschlüsse mit
zu tragen, ist jedoch verfehlt. Dieses Argument ist auf Art 301 EGV gestützt und
übersieht, dass Art 23 EUV ein spezielles procedere für Beschlüsse über
Maßnahmen im Rahmen der GASP normiert. Art 301 EGV normiert das Verfahren nachdem ein
gemeinsamer Standpunkt eingenommen oder gemeinsame Aktionen durch den Rat
beschlossen wurden. Die Beschlussfassung von gemeinsamen Standpunkten und
gemeinsamen Aktionen folgt jedoch dem Verfahren des Art 23 EUV. Österreich ist
daher berechtigt -- und aus dem BVG Neutralität verpflichtet --, bei Beschlussfassungen
gem Art 23 EUV, sich der Stimme zu enthalten, sollten Beschlüsse des Rates den
neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen Österreichs entgegen stehen. Österreich
ist in diesem Fall weiters verpflichtet, eine Erklärung abzugeben, die
Stimmenthaltung
sei den neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen Österreichs geschuldet. Dies
mit der Konsequenz, dass Österreich nicht verpflichtet ist, einen
entsprechenden Beschluss durch zu führen oder sich an Aktionen zu beteiligen.
Die in Art 23 Abs 1 EUV normierte Verpflichtung, alles zu unterlassen, „was dem auf
diesen Beschluss beruhenden Vorgehen der Union zuwiderlaufen und es behindern
könnte“, ist im Sinne der Enthaltungspflicht des Neutralen zu interpretieren
und zu handhaben. Sowohl der erste als auch der zweite Absatz des Art 23 EUV
räumen Österreich ausreichenden Spielraum zur Erfüllung der
neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen ein.
(5)
Die Mitwirkung Österreichs an „Maßnahmen (..), mit denen die
Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren dritten Ländern
ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt werden“ (Art 23 f B-VG)
ist im Lichte der Verpflichtungen Österreichs aus der Charta der Vereinten
Nationen zu interpretieren. Dieser Interpretationsrahmen ist dem EUV immanent.
Verwiesen sei auf Art
11 EUV. Die Wahrung der Interessen der EU hat ebenso „im Einklang mit den
Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen“ zu erfolgen, wie die Wahrung des
Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit.
Die Teilnahme
Österreichs an Maßnahmen der UN in der schon vor dem Beitritt Österreichs zur EU
praktizierten Weise ist jedenfalls auch innerhalb der EU – soweit in Einklang
mit der Charta der UN – unbedenklich. Ebenso erscheint die Teilnahme an
Maßnahmen der EU möglich, soweit diese in Erfüllung von Beschlüssen der UN erfolgen.
Dies auch an Maßnahmen, welche der Qualität nach über die vor 1995
eingehaltenen Restriktionen hinausgehen. Dies sind „friedenserhaltende Aufgaben
sowie Kampfeinsätze bei Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen“
(Art 23 f B-VG). Qualität und Quantität der zur Teilnahme an derartigen
Maßnahmen von Österreich bereitgestellten Ressourcen bestimmt Österreich
(Helsinki Accords).
(6) Die
immerwährende Neutralität bestimmt die Teilnahme Österreichs an der GASP demnach
inhaltlich. Der Inhalt dieser Neutralität wird im Sinne der Friedensordnung der
UN konkretisiert, soweit Österreich die Teilnahme an Maßnahmen im Rahmen der
GASP, gem Art 17 EUV zu erwägen hat.
Bei
Beibehaltung des BVG Neutralität sollte eine Novelle des Art 23 f B-VG dies
präzisieren.
Variante 3 (Wittmann, Öhlinger)
Beibehaltung der derzeitigen Verfassungsbestimmungen.
Stellungnahme (Öhlinger)
I.
Die österreichische
Neutralität ist im Jahre 2004 gewiss nicht mehr das, was sie zwischen 1955 und
1990 war. Geändert haben sich zum einen die außenpolitischen
Rahmenbedingungen,
vor allem durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Paktes.
Verändert
haben sich ferner rechtliche Überzeugungen wie jene über das Verhältnis
von UN-Mitgliedschaft und Neutralität: Während die
ältere österreichische Lehre im Sinne der so genannten Verdroß-Doktrin von
einem Vorrang der Neutralitätspflichten gegenüber den Pflichten aus der UN-Satzung
ausging, gilt heute unbestritten eine Teilnahme an vom Sicherheitsrat
legitimierten militärischen Aktionen als mit der Neutralität vereinbar.
Eine markante
Änderung hat schließlich die EU-Mitgliedschaft bewirkt. Zu
den Zielen der
EU gehört auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Diese
umfasst sämtliche Fragen der äußeren Sicherheit inklusive einer
"schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik …, die zu
einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, falls der Europäische Rat
dies beschließt" (Art 17 Abs 1 EUV). Dies schließt auch
"Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich
friedensschaffender Maßnahmen" ein (Art 17 Abs 2 EUV). Ziel der GASP ist
ua die "Wahrung der gemeinsamen Werte, der grundlegenden Interessen,
der Unabhängigkeit und der Unversehrtheit der Union" sowie "die
Wahrung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit",
dies im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen (Art 11
Abs 1 EUV).
Damit ist – da sich Neutralität und eine gemeinsame Verteidigungspolitik
widersprechen – in die "immerwährende" Neutralität Österreichs ein
Ablauftermin eingebaut, der nur noch kein festes Datum hat (certus quam,
incertus quando).
Allerdings
lässt die Realität der
GASP Spielräume für die Mitgliedstaaten offen. Derzeit
erscheint es noch durchaus möglich, innerhalb der EU so etwas wie eine
Neutralitätspolitik
zu verfolgen. Zu beachten ist freilich auch die Gemeinsame Erklärung Nr. 1 zur
Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik in der Schlussakte zum Beitrittsvertrag von 1994, wonach
u.a.
-- die
neuen Mitgliedstaaten ab dem Zeitpunkt ihres Beitritts bereit und fähig sein
werden, sich in vollem Umfang und aktiv an der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik,
so wie sie im Vertrag über die Europäische Union definiert ist, zu beteiligen;
-- die neuen Mitgliedstaaten mit dem
Beitritt alle Ziele des Vertrags, die Bestimmungen in Titel V des Vertrags und
die ihm beigefügten einschlägigen Erklärungen vollständig und
vorbehaltlos übernehmen werden.
Auch im EUV selbst
wird festgehalten, dass die Mitgliedstaaten "die Außen- und
Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und
der gegenseitigen Solidarität" unterstützen (Art 11 Abs 2 EUV).
Andererseits heißt es auch im Art 17 Abs 1 2. Unterabsatz EUV, dass die
"Politik der Union nach diesem Artikel … nicht den besonderen Charakter
der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten
(berührt)" (sog. "Irische Klausel").
II.
Der
Bundesverfassungsgesetzgeber hat auf diese Entwicklung durch Art 23f B-VG
reagiert. Danach wirkt
Österreich an der GASP mit, und zwar einschließlich der
Petersberger Aufgaben ("Aufgaben gemäß Art. 17 Abs. 2" EUV) sowie
wirtschaftlicher Sanktionen gegenüber Drittstaaten. Art 23f Abs 1 letzter Satz,
Abs 2, Abs 3 und Abs 4 B-VG enthalten lediglich verfahrensrechtliche Regelungen
(Genehmigung gewisser Beschlüsse durch den Nationalrat mit qualifizierter
Mehrheit – was sich auch schon aus Art 50 Abs 3 B-VG ergeben würde; Recht des
Nationalrats zu verbindlichen Stellungnahmen gemäß Art 23e B-VG; Einvernehmen
zwischen Bundeskanzler und Außenminister bei einschlägigen Beschlüssen der EU
über friedenserhaltende und friedensschaffende Aufgaben sowie den Aufbau einer
gemeinsamen Verteidigungspolitik; Mitwirkung des Nationalrats bei Entsendung
von Militärs). Er normiert aber expressis verbis keine inhaltlichen
Beschränkungen der im ersten Satz des Art 23f Abs 1 B-VG proklamierten
"Mitwirkung".
Inwieweit
dabei eine Bindung
Österreichs an die dauernde Neutralität besteht, ist strittig und wird von
einem Teil der Lehre (im Einklang mit den Materialien zu Art 23f B-VG)
verneint. Eine Vereinbarkeit mit der österreichischen Neutralität könnte
allenfalls im Zusammenhang mit der in Art 11 Abs 1 EUV normierten Bindung der EU an
die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen (siehe zuvor) argumentiert
werden: Nur solche "friedensschaffende" Einsätze mit Militärgewalt
sind der EU erlaubt, die durch den Sicherheitsrat legitimiert sind. Die
Beteiligung an solchen Maßnahmen steht aber nach heutiger Auffassung ohnehin
nicht im Widerspruch zur Neutralität.
Weitgehend
unbestritten ist, dass gewisse "Kernelemente" der
ursprünglichen Neutralität für Österreich auch weiterhin – jedenfalls
innerstaatlich – verbindlich sind. Es ist dies zum einen die generelle
Verpflichtung eines Neutralen, nicht an einem "Krieg" teilzunehmen
(soweit militärische Aktionen nicht durch den Sicherheitsrat legitimiert sind).
Es sind dies ferner die im Art I Abs 2 NeutralitätsBVG angesprochenen Verpflichtungen,
nicht einem militärischen Bündnis beizutreten und die Errichtung militärischer
Stützpunkte fremder Staaten auf österreichischem Territorium nicht zu dulden.
Ungeachtet der Fraglichkeit der österreichischen Neutralität aus
internationaler und völkerrechtlicher Sicht bewirken diese Bestimmungen des
NeutralitätsBVG im innerstaatlichen Bereich, dass jede weitere Einschränkung der
Neutralität,
vor allem auch der Beitritt zu einem Verteidigungsbündnis, als verfassungsändernd zu
qualifizieren ist und daher einer Zweidrittelmehrheit im
Nationalrat bedarf.
III.
Wie immer man
den Stellenwert der Neutralität für Österreichs Außenpolitik bewertet, er ist
jedenfalls innenpolitisch äußerst kontroversiell. Das ist erst jüngst im
Zusammenhang mit einer im EU-Verfassungsvertrag zur Diskussion gestellten
Beistandspflicht auf europäischer Ebene deutlich geworden. Es stellt aber keine
Aufgabe eines Ausschusses des Konvents - dessen
Arbeitsweise nach § 21 Abs 3 der Geschäftsordnung auf Konsens ausgerichtet ist - dar, dieses
strittige Thema zu entscheiden. Der Ausschuss 1 ist weder der geeignete Ort,
die Neutralität zu reanimieren noch sie zu entsorgen. Insofern empfiehlt es sich,
inhaltlich am bestehenden Verfassungsrecht vorerst festzuhalten.
Dies könnte
am einfachsten durch Aufrechterhaltung
des geltenden NeutralitätsBVG geschehen. Im Ausschuss 2
zeichnet sich die Auffassung ab, dass es auch in Zukunft neben der Stammurkunde der
Bundesverfassung einige weitere Bundesverfassungsgesetze geben wird. Mehrere
Mitglieder des Präsidiums haben dies bereits vorgeschlagen. Im Ausschuss 2
wurde das NeutralitätsBVG als ein Kandidat für ein solches außerhalb der
Stammurkunde bestehendes Bundesverfassungsgesetz genannt.
Offen ist dabei noch die Frage, wie diese Bundesverfassungsgesetze mit der
Verfassungsurkunde verknüpft werden sollen. Doch ist dies eine Frage, die im
Ausschuss 2 zu klären sein wird.
Es handelt sich auch um
einen Kompromiss der Sache nach: Die Befürworter der Neutralität verzichten
damit auf deren Verankerung im Haupttext der (künftigen) Bundesverfassung, ihre
Kritiker auf die gänzliche Eliminierung aus dem Verfassungsrecht.
Für diese
Lösung spricht
weiters, dass die Entwicklung
auf europäischer Ebene im Fluss ist und eine Anpassung der
Bundesverfassung zweckmäßigerweise zu jenem Zeitpunkt erfolgen soll, an dem
sich diese Entwicklung klarer konturiert.
Es wird daher
vorgeschlagen, das NeutralitätsBVG unverändert neben der künftigen Verfassungsurkunde
aufrecht zu erhalten und den Ausschuss 2 um die Klärung der Frage zu ersuchen,
wie dieses Nebeneinander legistisch zu gestalten wäre. Eine andere Lösung
scheint nicht konsensfähig zu sein.
Z 8 Rundfunk als
öffentliche Aufgabe (BVG Rundfunk, BGBl 1974/396):
Diese Verfassungsbestimmung soll
unverändert bestehen bleiben ( überwiegend)
Z 9 Bildung (Art.
17 Staatsgrundgesetz, Art. 2 des ersten Zusatzprotokolls zur MRK):
Variante 1
(Gehrer)
Die Republik Österreich
strebt eine umfassende Bildung ihrer Staatsbürger an.
Bildung und die
Sicherung der Qualität der Bildungsangebote ist eine öffentliche Aufgabe. Sie
kann durch öffentliche und private Einrichtungen erfüllt werden.
Begründung:
Bildung ist eine
Grundlage für ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben der
Staatsbürger. Sie stellt eine wesentliche Grundlage der Gesellschaft, ihres
kulturellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens dar.
Es muss daher
ein Ziel
eines jeden Staates sein, seinen
Bürgern eine qualitativ hochwertige Bildung zu ermöglichen. Die konkreten
Bildungsangebote können sowohl von öffentlichen Einrichtungen als öffentliche Leistungen
als auch von privaten Bildungseinrichtungen angeboten werden, wie es in
Österreich seit jeher eine gute Tradition ist.
legitische
Möglichkeiten:
a) Als eigener
Absatz in einer „Staatszielbestimmung“
b) Als erster
Absatz in einer Verfassungsbestimmung über die Bildung, bei welcher in den weiteren
Absätzen die anderen Regelungen, z.B. Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des
Schulwesens enthalten sind.
Variante 2
(Gehrer)
Die Republik Österreich
strebt eine umfassende Bildung ihrer Bürger an.
Die Sicherung von
leistungsorientierten, chancengerechten, leistungsstarken Bildungsangeboten und
deren Qualität ist eine öffentliche Aufgabe.
Begründung:
Bildung ist
eine Grundlage für ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben der
Staatsbürger.
Sie stellt eine wesentliche Grundlage der Gesellschaft, ihres kulturellen,
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens dar. Es muss daher
ein Ziel eines jeden Staates sein seinen Bürgern eine qualitativ hochwertige
Bildung zu ermöglichen.
Die konkreten Bildungsangebote können sowohl von öffentlichen Einrichtungen als
öffentliche Leistungen als auch von privaten Bildungseinrichtungen angeboten
werden, wie es in Österreich seit jeher eine gute Tradition ist.
Unter umfassender
Bildung ist neben der
beruflichen Ersausbildung und den Möglichkeiten zu Fort- und Weiterbildung auch
die Bildung in allen den Menschen betreffenden Bildungsbereichen seiner
jeweiligen Alters- und Entwicklungsstufe angepasst zu verstehen, wie dies unter
anderem im Lehrplan
99 aufgezeigt wurde. Dazu zählen insbesondere verschiedene Bildungsbereiche,
religiös-ethische Dimension, Sprache und Kommunikation, der
naturwissenschaftlich-technische Bereich, der musisch-kreative Bereich und der
Bereich Gesundheit und Bewegung. Die Folge aus dieser Bestimmung ist daher, dass ein
vollständiges Streichen einzelner Bereiche für alle oder auch nur für Teile der
Bevölkerung (wie dies z.B. 1938 für Frauen erfolgt ist) verfassungswidrig wäre.
Leistungsorientierte
und leistungsstarke Bildungsangebote:
Leistungsorientierte
Angebote sind die einzige Möglichkeit für ein chancengleiches Bildungssystem.
Sie bedeuten ein objektives Abstellen auf die individuellen Leistungen der
Rechtsunterworfenen. Der Begriff Leistungsorientierung enthält dabei einen
objektiven Maßstab für die Leistungen der Rechtsunterworfenen, der die
Grundlage für allgemeine Leistungskriterien bildet, z.B. eine objektive
Leistungsbeurteilung. Die Folge ist, dass relative Leistungsbeurteilungen, z.B.
ein Ranking innerhalb der Schule oder Klasse, an welches Rechtsfolgen, z.B. das
Aufsteigen in die nächste Klasse, anknüpfen, nicht zulässig sind.
Der Begriff Leistungsstarke
Bildungsangebote
stellt dabei auf die Angebote im Vergleich zueinander ab, sowohl national als
auch international.
Es handelt sich daher um ein relatives Leistungsmerkmal einerseits (im
Vergleich zu gleichartigen Ausbildungen) und um ein objektives Merkmal
andererseits, da bestimmte, national und international vereinbarte,
Leistungsziele erreicht werden sollten.
Chancengerechte
Bildungsangebote:
Ausgehend von
den individuellen Leistungen und der Fähigkeit zur Erbringung durch den
Einzelnen, ist im Bildungssystem darauf ab zu stellen, dass diese Leistungen
von jedem erbracht werden können. Der Sinn von Bildung ist jeden
einzelnen an seine Leistungsgrenzen heranzuführen, diese zu erweitern und ihm
Hilfestellung zu geben diese zukünftig selbständig zu erkennen und zu
erweitern. Die Chancengerechtigkeit hat dabei sicher zu stellen, dass niemand
vom Bildungssystem ausgeschlossen
werden kann und entspricht somit den Bestimmungen des Zusatzprotokolls zur
EMRK.
Es ist aber
auch sicher zu stellen, dass die Bewohner verschiedener Regionen Chancen auf
für die geeignete Bildungsangebote erhalten. Es wird dabei nichts über die Wahl
der Mittel, dieses Ziel zu erreichen ausgesagt, d.h. es muss nicht eine dichte
Schulstruktur für alle Bereiche erhalten werden (z.B. HTL für Maschinenbau,
Elektrotechnik, Möbel- und Innenausbau, EDV-O usw. in jeder Region), sondern
der Ausgleich
kann auch auf anderem Weg, z.B. Heimbeihilfe u. ä. erfolgen. Eine Schließung
von Schulen und gleichzeitige Auflassung aller Beihilfensysteme wäre daher
verfassungswidrig.
Sicherung der
Qualität der Angebote:
Aus zwei
Gründen muss die Qualitätssicherung als öffentliche Aufgabe wahrgenommen werden:
In einem
Bildungssystem, das den Regeln der sozio.-ökologischen Marktwirtschaft
unterliegt, muss ein funktionieren der Marktwirtschaft sichergestellt werden.
Dem kommt gerade im Bildungsbereich hohe Bedeutung zu. Einerseits handelt es sich
vor allem im Schulsystem, aber auch im tertiären Bildungsbereich, nur sehr
begrenzt um atomistische Marktstrukturen und andererseits sind mangelnde
Leistungen von Bildungseinrichtungen, erst mit erheblicher Zeitverzögerung erkennbar, wenn
nach reinen Marktmechanismen vorgegangen wird.
Die Sicherung
der Qualität ist andererseits ein Steuerungsinstrument, um internationale
Zielvereinbarungen (z.B. Ziele von Feira) umsetzen zu können (z.B. im Wege
einer Rahmen-, Richtlinien-, Ziel- oder Auftragsgesetzgebung).
Variante 3
(Verzetnitsch)
Die Republik Österreich
strebt eine umfassende, chancengleiche Bildung ihrer BürgerInnen an und hat ein
ausreichendes, leistungsstarkes Angebot für die Aus- und Weiterbildung zu
gewährleisten.
Die Aufgabe der
öffentlichen Hand ist die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel
für Infrastruktur und Personal zur Sicherstellung eines qualitativen,
chancengleichen, sowie bedarfs- und bedürfnisgerechten Bildungsangebots. Alle
Bürger haben ohne Einschränkungen das Recht auf einen freien und
unentgeltlichen Zugang zu allen öffentlich finanzierten Bildungseinrichtungen.
Erläuterung: Das heißt unabhängig vom
Geschlecht, Behinderung, Herkunft, Sprache, Religion, politische und sonstiger
Weltanschauung, Minderheitenzugehörigkeit, Vermögen, Geburt, Alter oder
sexuelle Ausrichtung, Staatszugehörigkeit
Begründung:
Das Recht auf Bildung beginnt mit
der Geburt und erstreckt sich über die gesamte Lebensspanne
(lebensbegleitendes Lernen). Eine umfassende, chancengleiche Bildung zielt
darauf ab, Benachteiligungen und Diskriminierungen zu verhindern, abzubauen
bzw. zu beseitigen, das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am Leben der
Gesellschaft zu
gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.
Die drei
Grundprinzipien einer umfassenden Bildung sind:
· Gleichstellung in der Bedeutung
von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit und somit Chancengleichheit
· Barrierefreiheit - inhaltlich, räumlich, zeitlich,
finanziell, personell, organisatorisch
· Qualitätssicherung
In Österreich
muss gewährleistet sein, dass jedes Kind/Jugendlicher Zugang zu einer
umfassenden, ausreichenden, qualitativ hochwertigen und zukunftsweisenden
Bildung erhält – ohne große Belastungen durch weite Wege, hohe Kosten oder
besondere Auswahlkriterien. Die Chance zwischen verschiedenen Bildungswegen und
guten Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zu wählen, muss flächendeckend
gewährleistet
sein, damit der Blick in die Zukunft jedes einzelnen Kindes Sinn macht und
überzeugende Perspektiven anbietet.
Die
Lehrinhalte und die Lehrenden für Kinder und Jugendliche müssen a) den
jeweiligen entwicklungsbedingten Bedürfnissen junger Menschen entsprechen und
b) den Kriterien eines demokratischen, humanistischen, sozialen,
selbstwertstärkenden und werteorientierten Bildungskonzeptes für die Zukunft
folgen.
Variante 4
(Gehrer/Verzetnitsch)
(1) Konsens
(2) Konsens
(3) Der Zugang zu allen
öffentlich finanzierten Bildungsangeboten ist ohne Diskriminierung zu
gewährleisten.
Fußnote:
Das heißt
unabhängig von Geschlecht, Behinderung, Herkunft, Sprache, Religion,
politischer und sonstiger Weltanschauung, Minderheitenzugehörigkeit,
individueller finanzieller Leistungsfähigkeit, Vermögen, Geburt, Alter oder
sexuelle Ausrichtung, Staatszugehörigkeit.
Variante 1 (Wittmann)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden)
bekennt sich zu ihren Volksgruppen und der sich aus deren Bestehen ergebenden
historisch gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt und zu deren
besonderen Schutz und Förderung.
Variante 2 (Lichtenberger)
Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden)
bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt. Diese
Vielfalt ist zu achten, zu bewahren, zu fördern und zu schützen.
Variante 3 (Mayer)
Ergänzung des Art 8 Abs2 B-VG durch folgenden Satz:
Die Republik (Bund, Länder, Gemeinden) achtet die kulturelle
Vielfalt der auf ihrem Gebiet lebenden Menschen.
Variante 1
(Häupl)
I. Definition als
Staatszielbestimmung
Bund, Länder und
Gemeinden bekennen sich im Rahmen der Gesetzgebung und Vollziehung zu ihrer
Verantwortung für die Erbringung von Leistungen im allgemeinen Interesse
(Daseinsvorsorge).
Leistungen im
allgemeinen Interesse sind insbesondere solche, die aus Gründen der
Versorgungssicherheit, der sozialen Erschwinglichkeit, der Gesundheit, der
Nachhaltigkeit und des territorialen und sozialen Zusammenhalts der
Gesellschaft erbracht werden.
II. Definition als
Staatsaufgabe
Es ist Aufgabe von
Bund, Ländern und Gemeinden, Leistungen im allgemeinen Interesse selbst zu
erbringen oder für deren Erbringungen durch Dritte zu sorgen.
Leistungen im
allgemeinen Interesse sind insbesondere solche, die aus Gründen der
Versorgungssicherheit, der sozialen Erschwinglichkeit, der Gesundheit, der
Nachhaltigkeit und des territorialen und sozialen Zusammenhalts der
Gesellschaft erbracht werden.
Bei der Erbringung
durch Dritte haben Bund, Länder und Gemeinden durch entsprechende Kontrolle
oder Einflussnahme die Qualität der Leistungserbringung zu gewährleisten.
Variante 2 (Wittmann)
....“der
Staat hat die nachhaltige Entwicklung und den Schutz der natürlichen
Lebensgrundlagen, ohne die menschliches Leben nicht möglich ist, zu
gewährleisten“
....“der Staat hat
Leistungen der Daseinsvorsorge, also gemeinwohlorientierte markt- oder nicht
marktbezogene Leistungen wirtschaftlicher oder nicht wirtschafts-,
gesellschafts-, sozial- oder kulturpolitischer Art, an deren Erbringung die
Allgemeinheit und der Staat ein besonderes Interesse haben zu gewährleisten.
Variante 3
(Häupl, Wittmann)
(1) Bund, Länder und
Gemeinden haben die Erbringung von Leistungen im allgemeinen Interesse
(Daseinsvorsorge) zu gewährleisten und deren Qualität zu sichern.
(2) Leistungen im
allgemeinen Interesse sind insbesondere solche, die aus Gründen der
Versorgungssicherheit, des Verbraucherschutzes, der sozialen Erreichbarkeit,
der Gesundheit, der Bildung, der Nachhaltigkeit und des territorialen und
sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft erbracht werden.
Erläuterungen:
Die
Verankerung der Verantwortlichkeit von Bund, Ländern und Gemeinden für die
Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge in der Österreichischen
Bundesverfassung soll zum Ausdruck bringen, dass die Gebietskörperschaften
bestrebt sind,
die von ihnen eingeführten und erbrachten Leistungen der Daseinsvorsorge auch
in Zukunft aufrecht zu erhalten. Mit der Erbringung dieser Leistungen werden
grundlegende Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt. Leistungen der
Daseinsvorsorge stehen der gesamten Gesellschaft, also allen Bürgern zu gleichen
Bedingungen zur Verfügung und werden aufgrund gemeinwohlbezogener Überlegungen
erbracht. Gemeinwohlorientierte Leistungen sollen einerseits die
Grundversorgung der Bevölkerung sichern, anderseits sind sie feste
Bezugspunkte des Gemeinwesens und begründen die
Zugehörigkeit
der Bürgerinnen und Bürger zu diesem. Die Erbringung von Leistungen im
allgemeinen Interesse und/oder deren Qualitätssicherung durch die öffentliche
Hand bringen darüber hinaus auch die Verantwortlichkeit des Staates für
die Ziele des Gemeinwohls zum Ausdruck.
Die
Verfassung hat heute nicht mehr die ausschließliche Aufgabe, die Bevölkerung
vor Eingriffen durch den hoheitlichen Staat zu schützen bzw. den Staatsaufbau
zu regeln, vielmehr soll
eine moderne Verfassung, wie etwa die Schweizer Verfassung dies zeigt, auch die
Verantwortung des Staates für seine Bewohner zum Ausdruck bringen. Der Staat
hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Leistungsstaat entwickelt, der für
seine Bevölkerung verantwortlich
ist und genau das sollte auch in der Verfassung festgeschrieben werden.
Seit einigen
Jahren wird insbesondere von der Europäischen Union (siehe etwa das Grünbuch zu
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse) und im Rahmen der GATS-Verhandlungen der
Trend zur Privatisierung und Liberalisierung ("Weniger Staat, mehr
Markt") mit der Begründung prolongiert, dass einerseits die Öffentliche
Hand einsparen kann und anderseits das Preisniveau für die Verbraucher gesenkt
werden könnte.
Beispiele aus
Europa
zeigen aber, dass Liberalisierungen nur dann zu Einsparungen bzw.
Preissenkungen geführt haben, wenn die Definition hoher Qualitätskriterien
vernachlässigt wurde.
Gerade die
Leistungen der Daseinsvorsorge gehorchen jedoch hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung
anderen Gesetzen als den Mechanismen des Freien Marktes. Im Gegenteil, sie sind
in erhöhtem Maß, Kriterien wie der Versorgungssicherheit, der Kontinuität, der
sozialen Erschwinglichkeit, der Gesundheit, der Nachhaltigkeit, etc
verpflichtet.
Leistungen der
Daseinsvorsorge, wie etwa Wasser, Strom, Gas, Telekommunikation, Rundfunk und
Postdienste, aber auch Sozial- Gesundheits- oder Bildungsleistungen sind
Dienstleistungen, die als wesentlich für das Funktionieren einer modernen
Gesellschaft angesehen
werden. Obwohl sie als wesentlich gelten, können diese Dienstleistungen sowohl
von privaten als auch von öffentlichen Unternehmen oder von Bund, Ländern und
Gemeinden selbst, teilweise hoheitlich, erbracht werden. Die Verfügbarkeit, der
Preis und die Qualität
der Leistungen der Daseinsvorsorge sind per definitionem von größter Bedeutung
für die Verbraucher.
Dienstleistungen
von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse unterscheiden sich insofern von
normalen Dienstleistungen, als sie in den Augen des Staates auch
dann erbracht werde müssen, wenn der Markt unter Umständen nicht genügend
Anreize dafür bietet. Der Begriff der Leistungen der Daseinsvorsorge beruht auf
dem Anliegen, überall gute und für alle erschwingliche Dienstleistungen zu
gewähren. Diese Dienste
tragen zur Verwirklichung der Ziele der Solidarität und Gleichbehandlung bei,
die dem europäischen Gesellschaftsmodell zu Grunde liegen.
Gerade
deshalb hat auch die Europäische Union die Bedeutung der Leistungen der
Daseinsvorsorge anerkannt und haben sie Eingang in den Entwurf der Europäischen
Verfassung gefunden.
Zum
Textvorschlag im Detail:
Die
Aufzählung der einzelnen Gebietskörperschaften soll zum Ausdruck bringen, dass
Leistungen der Daseinsvorsorge von Bund, Ländern und Gemeinden erbracht werden und
soll die entsprechenden Kompetenzen auch unterstreichen.
Der Begriff
"gewährleisten" ist so zu verstehen, dass die zuständige
Gebietskörperschaft die Leistung selbst oder durch Dritten erbringen lässt.
Darüber hinaus ist die öffentliche
Hand aufgrund
der Bedeutung dieser Leistungen dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass
im Fall des Versagens der Leistungserbringung durch Dritte, der Staat die
Leistungen auf jeden Fall in einer Art Reservefunktion bzw.
Auffangverantwortung zu erbringen hat.
Die
zuständige Gebietskörperschaft kann und muss bei jeder Leistung andere
Kriterien heranziehen, um beurteilen zu können, in welcher Form sie die
Leistungserbringung gewährleistet. Die Erbringung der Wasserversorgung ist
anders zu beurteilen als
die Telekommunikation oder der Postdienst. Im Bereich der Telekommunikation
oder der Postdienste kann tatsächlich gänzlich privatisiert werden, wie dies
auch bereits erfolgt ist (auch an
ausländische Unternehmen). Es reicht hier, um die Versorgung der Bevölkerung
gewährleisten zu können, z.B. eine Universaldienstverordnung aus, die
festschreibt, dass der Anbieter eine flächendeckende Versorgung anbieten muss
und der Staat evt. die Kosten durch Subventionen trägt. Im Bereich der
Wasserversorgung ist nach anderen Kriterien vorzugehen, da es sich dabei um
natürliche Ressourcen handelt, bzw. ein europäisches, großflächiges Netz
aufgrund geographischer Hürden nicht funktionieren kann .Qualität sichern heißt
u.a., dass Bund, Länder und Gemeinden sich bei der Erbringungen der
Leistungen - vor allem durch
Dritte
- einen Einfluss in der Form sichern müssen, dass wenn die Qualität der
Leistungen nachlässt, sie etwa eine sogenannte Rückholmöglichkeit haben. Sprich
sie können die Leistungserbringung wieder an sich ziehen und selbst besorgen oder
durch ein anderen Dritten. Diese Qualitätssicherung ist gerade im Gesundheits-,
Sozial- und Bildungsbereich, ferner auch in der Wasserver- und entsorgung
unerlässlich.
Eine
Definition des Begriffes "Leistungen von allgemeinen Interesse"
ist insbesondere deshalb notwendig, um den Interpretationsspielraum dieses
weiten und unklaren Begriffes einzugrenzen und einen Rahmen abzustecken (Die
Sorge für das Gemeindeschwimmbad kann dann nicht mehr abgeleitet werden). Dies
ist deshalb erforderlich,
da der Inhalt dieses Staatsziels den Maßstab einer möglichen Gesetze- bzw.
Verordnungsprüfung durch den Verfassungsgerichtshof bilden soll.
Versorgungssicherheit
bedeutet, dass die Bevölkerung darauf vertrauen kann, dass die zuständige
Gebietskörperschaft
nach Maßgabe unterschiedlicher Kriterien dafür Sorge trägt, dass ihr Sozial-,
Gesundheits-, Bildungsleistungen, Trinkwasser, Telekommunikation, Postdienste,
Strom, Gas und Rundfunk zur Verfügung stehen bzw. die Abwasser- und
Abfallentsorgung sichergestellt
ist.
Soziale
Erreichbarkeit stellt klar, dass Leistungen der Daseinsvorsorge für die
Bevölkerung entweder zu angemessenen Preisen (insb. bei netzgebundene
Einrichtungen) zur Verfügung stehen oder vom Staat unter Umständen
unentgeltlich geleistet
werden (Gesundheits- und Sozialbereich). Besonderes Augenmerk sollte dabei den
Bedürfnissen und Möglichkeiten von einkommensschwachen Personen und Randgruppen
gelten.
Variante 4 (Häupl)
(...) Abs 1
und 2 Konsens
(3) Es
sind dies sowohl marktbezogene als auch nicht marktbezogene Leistungen, die so
zu erbringen sind, dass dabei insbesondere die Versorgungssicherheit, die
soziale Erreichbarkeit, der Verbraucherschutz, der Gesundheitsschutz und die
Nachhaltigkeit sicher gestellt sind.
Variante 5
1. Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, dass Leistungen im allgemeinen
Interesse erbracht werden (oder vom Staat zu gewährleisten sind).
Variante 6
2. Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) bekennen sich zur Aufgabe, die Grundbedürfnisse der
Bevölkerung zu sichern.
Z12 Soziale Sicherheit
Variante 1
(Verzetnitsch)
Österreich ist ein
Wohlfahrtsstaat und bekennt sich zu sozialer Gerechtigkeit und zur
Sicherstellung eines hohen sozialen Schutzes.
Diese Verantwortung
umfasst insbesondere:
- Die
solidarische Absicherung bei Krankheit, Unfall, Alter, Arbeitslosigkeit,
Behinderung, Pflegebedürftigkeit und Mutterschaft;
- die Herstellung von Chancengleichheit;
- die Verbesserung der allgemeinen Lebens- und Arbeitsbedingungen;
- die Bekämpfung sozialer Ungleichheit, Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung;
- die Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau sowie des
gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Variante 2 (Verzetnitsch)
Österreich
ist ein Sozialstaat (Wohlfahrtsstaat) und bekennt sich als Ausdruck der
Menschenwürde zu einem hohen Standard an sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit
unter Berücksichtigung der Prinzipien der Solidarität und Chancengleichheit.
Der Staat bekämpft aktiv alle Formen der Armut, sozialen Ausgrenzung und Diskriminierung.
Variante 3
(Mayer)
Die Republik (Bund, Länder
und Gemeinden) bekennt sich zu einem hohen Standard an Sozialer
Sicherheit und strebt soziale Gerechtigkeit an.
Variante 4 (Mayer)
Die Republik
(Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Sicherstellung eines hohen
sozialen Standards auf solidarischer Grundlage.
Z13 Diskriminierungsverbot aufgrund des Alters
Variante 1
(StSekr. Haubner)
Jede Diskriminierung
auf Grund des Alters ist unzulässig. Eine angemessene Alterssicherung, die auf
dem Grundsatz der Generationensolidarität unter Berücksichtigung der
Verteilungsgerechtigkeit beruht, ist zu gewährleisten.
Z14 Arbeit
Variante 1
(Verzetnitsch)
Die Republik (Bund,
Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Bedeutung der menschlichen Arbeit als
Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Entfaltung der Persönlichkeit
der Menschen.
Diese Verantwortung
umfasst insbesondere:
- Die
Ausrichtung der Sozial- und Wirtschaftspolitik am Ziel der Vollbeschäftigung
unter Berücksichtigung hoher Qualität der Arbeit;
- die Bereitstellung unentgeltlicher Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und
sonstiger Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben;
- die Gewährleistung sicherer, gesunder, gerechter und den menschlichen
Bedürfnissen auch sonst entsprechender Arbeitsbedingungen, sowie deren wirksame
Kontrolle;
- die Förderung des sozialen Dialogs auf betrieblicher und überbetrieblicher
Ebene.
Variante 2
(Verzetnitsch)
Die Republik (Bund, Länder
und Gemeinden) bekennt sich zur Bedeutung der Arbeit als Mittel zur Sicherung
des Lebensunterhalts unter menschenwürdigen Bedingungen und zum
sozialpartnerschaftlichen Dialog. Der Staat fördert die Vollbeschäftigung und
schafft geeignete Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie.
Anmerkung:
Gewährleistungsverpflichtungen für die menschenwürdigen Arbeitsbedingungen
sollten in die Grundrechte kommen (Durchsetzbarkeit)!
Z15 Wirtschaftliches Staatsziel
Variante 1
(Voith, WKÖ)
Zur Sicherung der
materiellen Voraussetzungen des Staates und des Wohlstands seiner Bürgerinnen
und Bürger gewährleistet der Staat die Rahmenbedingungen einer funktionierenden
Marktwirtschaft, ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit
der österreichischen Wirtschaft innerhalb und außerhalb des Binnenmarktes der
Europäischen Union.
Variante 2
Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft
und strebt ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit
der österreichischen Wirtschaft an.
Variante 1 (Wittmann)
Die Republik (Bund, Länder, Gemeinden) achtet, fördert und schützt
die Vielfalt der Medien.
4. Textvorschlag für eine Präambel – ohne
Konsens
(Wutte,
andere Mitglieder, vorgelegt am 10.Dezember 2003)
Im Bewusstsein der Verantwortung vor Mensch und
Schöpfung,
eingedenk des kulturellen, religiösen und
humanistischen Erbes Europas, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und
die Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit seiner Rechte in der Gesellschaft
verankert;
gegründet auf die unteilbaren Werte der Würde des
Menschen , der Freiheit und der Gleichheit,
in der Absicht der Stärkung des gesellschaftlichen
Zusammenhalts durch Solidarität, Subsidiarität und die Förderung des Lebens in
der Familie,
schöpfend aus der Geschichte der Republik, die nach
den Schrecknissen beider Weltkriege aus den Ländern als demokratischer Rechts-
und Bundesstaat begründet wurde,
auf der Grundlage des Bekenntnisse zum Frieden in der Welt,
zur Europäischen Union, die den demokratischen, rechtsstaatliche, sozialen und
föderativen Grundsätzen ebenso wie der Achtung der Subsidiarität verpflichtet
ist, ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts ohne Binnengrenzen sichert und die regionale Identität achtet;
In der
Verantwortung für eine
nachhaltige Entwicklung auf der Grundlage eines ausgewogenen
Wirtschaftswachstums, einer wettbewerbsfähigen ökosozialen Marktwirtschaft, die
Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt mit Umweltschutz und Umweltqualität
vereint,
in der
Verantwortung des Staates
* für die
Bekämpfung von Armut und die Wahrung sozialer Sicherheit in Generationen und
Geschlechtergerechtigkeit,
* für die
Förderung der Bildung, Wissenschaft und Kultur,
* für den Schutz
der Gesundheit der Menschen,
* für die
Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben, insbesondere der Menschen
mit Beeinträchtigungen,
* für den
nachhaltigen, umfassenden Schutz der natürlichen Umwelt,
* für die
Sicherung der öffentlichen Leistungen im allgemeinen Interesse und
die Vorsorge für die innere und
äußere Sicherheit,
in Anerkennung der kulturellen, religiösen,
sprachlichen, ethnischen und politischen Vielfalt ihrer Heimat, wie sie auch in
den Volksgruppen zum Ausdruck kommt,
haben sich die Bürgerinnen und Bürger der Republik Österreich in
den Ländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg,
Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien in freier Selbstbestimmung kraft ihrer
verfassungsgebenden Gewalt diese Bundesverfassung gegeben:
Abweichende
Stellungnahmen gemäß §21 Abs 3 GO
1. Univ.Prof. Dr.Bernd-Christian Funk zu
Z35 Verankerung der Menschenwürde
2. Univ.Doz.Dr.Bußjäger,
BM Elisabeth Gehrer
Univ.Prof.Dr.Rack
Univ.Prof.Dr.Raschauer
Klubobm. Dr.Wutte zu
Z 5 Umfassende Landesverteidigung
3. BM Mag.Herbert Haupt zu
Z 5 Umfassende Landesverteidigung
zu Z25 Verankerung des Schutzes und der
Vertretung der Interessen der deutschen
Altösterreicher in der Verfassung
4. Univ.Prof. Dr.Bernhard Raschauer zum besonderen Teil des Berichts
1
o.
Univ.-Prof.
Dr. Bernd-Christian Funk
Institut für Staats-
und Verwaltungsrecht
Universität Wien - Juridicum
Schottenbastei
10 - 16
A
1010 Wien
Herrn
o.Univ.-Prof. DDr. Heinz MAYER
Vorsitzender des Ausschusses 1
des Österreich-Konvents
Wien, am 29. Jänner 2004
Betrifft: Teilbericht
des Ausschusses 1 vom 23. Jänner 2004
Sehr geehrter
Herr Vorsitzender!
Zum Punkt „Verankerung der Menschenwürde“ (Z 35 des Teilberichtes)
möchte ich eine Anmerkung machen, die ich bitte, dem Bericht anzuschließen.
In dem Berichtspunkt wird unter anderem unter Hinweis auf die
mangelnde Regulierungseignung wegen der Begriffsoffenheit des Tatbestandes
„Schutz der Menschenwürde“ festgehalten, dass die Aufnahme eines Staatszieles
„Schutz der Menschenwürde“ vom Ausschuss einhellig abgelehnt werde und dass
nach Auffassung des Ausschusses 1 „für solche ethische Fragen jeweils ein
politischer Konsens in Form der Schaffung konkreter Grundrechte gesucht
werden“ solle.
Der Vorschlag des Ausschusses 1 an die Adresse des Ausschusses 4
wird diesem zugeleitet und von ihm erörtert werden. Soweit die Überlegungen und
die Empfehlungen des Ausschusses 1 in dem Sinne zu verstehen sind, dass damit
dem Ausschuss 4 ein Verzicht auf
eine allgemeine grundrechtliche Gewährleistung des Rechts auf Achtung
der Menschenwürde, etwa nach dem Muster des Art 1 der EU-Grundrechtscharta
(„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen“),
nahegelegt wird, werde ich in meiner Funktion als Vorsitzender und Mitglied des
Ausschusses 4 der Empfehlung des Ausschusses 1 in diesem Punkte nicht folgen,
sondern dem Ausschuss 4 vorschlagen, eine allgemeine Formel dieser Art
zusätzlich zu konkreten menschenwürdebezogenen Grundrechten in Aussicht zu
nehmen, wie sie auch sonst noch im Kapitel I der genannten Charta enthalten
sind.
Mit freundlichen Grüßen!
Bernd-Christian Funk
2
Im Licht der Beratungen des Konvents am 16.Februar
2004 erachten es die folgenden Mitglieder des Ausschusses 1 als erforderlich,
die Beratungen dahin zusammenfassen, dass die Staatsaufgaben der “Umfassenden
Landesverteidigung” nicht bloß gestrichen, sondern im Zusammenhang mit der
Staatsaufgabe der “Inneren und äußeren Sicherheit” und dem Thema der
Neutralität im Text der Bundesverfassung weiterentwickelt werden soll.
Bußjäger, Gehrer, Rack, Raschauer, Wutte
3
Abweichende
Stellungnahme des Ausschussmitgliedes BM Mag. Herbert Haupt gemäß § 21 Abs. 3
der GO zum Ausschussbericht des Ausschusses 1
Betreffend E) 1) Z 5 umfassende Landesverteidigung (Art.
9a B-VG)
Festgehalten wird,
dass einer ersatzlosen Streichung des Art. 9a B-VG, insbesondere der Abs. 1 und
2, nicht zugestimmt wird. Vielmehr soll eine neue Staatszielbestimmung „innere
und äußere Sicherheit“ in das B-VG aufgenommen werden.
Diese Staatszielbestimmung soll den Schutz der Bevölkerung vor
inneren, aber auch vor äußeren Bedrohungen als Staatsaufgabe zum Inhalt haben.
Betreffend E) 1) Z
25: Verankerung des Schutzes und der Vertretung der Interessen der
Altösterreicher deutscher Muttersprache in der Verfassung
Dieses Anliegen sollte weiter verfolgt werden, mit der Zielsetzung
es als Staatsziel in der Bundesverfassung zu verankern. Inhalt sollte die
Schutzfunktion Österreichs sowie die Förderung und Interessensvertretung der
altösterreichischen Minderheiten deutscher Muttersprache im Ausland durch die
Republik Österreich sein.
Mag.
Herbert Haupt eh.
Bundesminister
17.2.2004
4
Anmerkung zum besonderen Teil
des Berichts:
Die den Textvorschlägen
beigefügten Erläuterungen stammen aus den Entwürfen und waren in dieser Form
nicht Gegenstand der Beratungen.
Univ.Prof. Dr.Bernhard Raschauer
Wien, 16.Februar 2004
Der Vorsitzende:
Univ.Prof.DDr.Heinz
Mayer e.h.