16. Februar 2004
Strukturen
besonderer Verwaltungseinrichtungen
Der Österreich-Konvent hat dem Ausschuss 7 folgendes
Mandat zugewiesen:
Regulatoren und sonstige unabhängige Behörden
(exklusive UVS, UBAS und Art. 133 Z. 4 B-VG-Behörden),
Selbstverwaltung (exklusive Gemeinden), ausgegliederte Rechtsträger und
sonstige Privatwirtschaftsverwaltung.
Im Einzelnen ergeben sich dazu folgende
Fragestellungen:
A) Regulatoren
und sonstige unabhängige Behörden (Koordinierung mit Ausschuss 9)
1) Verfassungsrechtlicher
Rahmen, Abgrenzung zu den (übrigen) Art. 133 Z. 4 B-VG-Behörden)
2) Kompetenzen?
Struktur?
3) Ist
ein einheitliches Modell sinnvoll?
a)Organisation
der Personalverwaltung bei Ausgliederungen
B) Ausgegliederte
Rechtsträger (Koordinierung mit Ausschuss 1)
1) Verfassungsrechtlicher
Rahmen für Ausgliederungen
2) Sonderverfassungsrechtlich
Ausgegliederte: Unabhängige Medienanstalt, Einrichtungen gemäß Art. 126b, 127,
127a B-VG etc.
3) Probleme
bei Ausgliederungen (Vorbereitung der Entscheidung, Leistungsniveau,
Transparenz, Evaluierung)
4) Modelle
für Ausgliederungen
5) Sind
Ausgegliederten-Konzernholdings und/oder ein Ausbau des Controlling betreffend
ausgegliederte Rechtsträger des Bundes/der Länder sinnvoll? Kostenrechnung
betreffend ausgegliederte Rechtsträger über Grenzen der Gebietskörperschaften
hinweg
C) Gemeinsame
Fragen zu unabhängigen Behörden und Ausgliederungen
1) Wo
liegen die Grenzen der Herausnahme aus der Verwaltungshierarchie?
2) Parlamentarische
Kontrolle (z.B.: Interpellation, Budgetregelungen) und sonstige Kontrolle über
ausgegliederte Rechtsträger (Akkordierung mit Ausschuss 8 -
Demokratische Kontrollen - ist notwendig).
3) Rechtliche
Kontrolle
4) Amtshaftung
bei hoheitlichen Tätigkeiten
D) Privatwirtschaftsverwaltung
1) Gestaltung
des verfassungsrechtlichen Rahmens, insbesondere bei Förderungen
a) Kompetenz:
Alternativmodell zu Art. 17 B-VG
b) Legalitätsbindung
2) Frage
von Doppelförderungen
a) Grundsatz
der Koordinierung
b) Konzentration
der Förderungen und der ausgegliederten Formen
3) Kontrolle
und Rechtschutz (analog und ähnlich effizient wie bei hoheitlichem
Handeln)
E) Selbstverwaltung
1) Verfassungsrechtlicher
Rahmen
2) Auflistung
der Institutionen, die von diesem erfasst sein sollen
a) Gesetzliche
berufliche Vertretungen, Einrichtungen der Sozialpartnerschaft
b) Sozialversicherungsträger
c) Sonstige
Einrichtungen?
3) Schutz
des eigenen Wirkungsbereiches vor Eingriffen durch einfaches Gesetz?
4) Finanzierung
und Budgethoheit
5) Trennung
des eigenen vom übertragenen Wirkungsbereich
F) Zu
welchen der unter A) bis E) angeführten Gegenständen soll eine Lösung in der
Verfassung verankert werden? Wie soll diese gestaltet sein?
Mitglieder des Ausschusses und
deren Vertretung:
Dr. Manfred Matzka (Vorsitzender)
Univ.Prof. Dr. Peter Böhm (stellvertretender
Vorsitzender)
Dr. Christoph Leitl (Vertretung:
Univ.Doz. Dr. Hanspeter Hanreich,
Dr.
Ulrich E. Zellenberg)
Dr. Elfriede Mayrhofer
Hans Niessl (Vertretung:
Dr. Robert Tauber)
DI Josef Pröll (Vertretung:
Mag. Martin Falb, Mag. Klaus Hartmann)
Dr. Franz Schausberger (Vertretung:
Dr. Gerhard Walcher)
Dr. Leo Specht
Mag. Herbert Tumpel (Vertretung:
Mag. Valentin Wedl, Mag. Walter Gagawczuk)
DDr. Herwig van Staa (Vertretung:
Dr. Hermann Arnold, Dr. Anton Gstöttner)
Dr. Günther Voith
Seitens des Büros des Österreich-Konvents wurde die fachliche Ausschussunterstützung von Dr. Gerald Grabensteiner wahrgenommen.
Folgende externe Experten wurden zur Beratung des Themas „Regulatoren“ beigezogen:
DI Walter Boltz (Energie-Control
GmbH)
Dr. Hans-Peter Lehofer (für
die KommAustria)
Dr. Gerhard Fuhrmann (Schienen-Control
GmbH)
Dr. Leo Windtner (Energie
AG Oberösterreich)
DI Romed Karré (Verband
alternativer Telekom-Netzbetreiber)
Mag. Jan Engelberger (Verband alternativer Telekom-Netzbetreiber)
Der Ausschuss hat neun Sitzungen abgehalten; die konstituierende Sitzung fand am 6. Oktober 2003 statt.
Dokumente
Von den Mitgliedern wurden eine Reihe von Dokumenten eingebracht; zu nennen ist insbesondere ein Vorschlag zum Thema Selbstverwaltung, der von zwei Mitgliedern des Ausschusses vorgelegt wurde und im Wesentlichen Eingang in den Bericht gefunden hat.
Vorschläge und Anregungen
Der Ausschuss legt Vorschläge für Verfassungstexte zum Weisungsprinzip, zu dessen Durchbrechung, zu Regulatoren, zur Privatwirtschaftsverwaltung, zu Kontrollrechten in diesem Zusammenhang und zur Selbstverwaltung vor (siehe Besonderer Teil).
Folgende Anregungen werden gegenüber anderen Ausschüssen ausgesprochen:
- Ausschuss 1: Bei den Staatszielen möge eine Verankerung der Sozialpartnerschaft erfolgen; ein Textvorschlag wurde formuliert.
-
Ausschuss 1: Die in diesem Ausschuss vorgelegte
Bestimmung über die Gewährleistung von Leistungen im allgemeinen Interesse wird
dem Inhalt nach unterstützt.
- Ausschuss 3: Eine allfällige verfassungsrechtliche Verankerung des Begutachtungsverfahrens von Gesetzen ist wünschenswert, soll aber nicht das Risiko eines fehlerhaften Gesetzgebungsverfahrens bewirken.
-
Ausschuss 4: Die Rechtsschutzmechanismen sollen einen
wirksamen Grundrechtsschutz zumindest im bestehenden Ausmaß auch im Bereich der
Privatwirtschaftsverwaltung sichern.
-
Ausschuss 4: Im Rahmen der Diskussion über soziale
Grundrechte ist auf die kollektive Rechtsgestaltung Bezug zu nehmen.
- Ausschuss 5: Eine Kompetenzgrundlage zur Schaffung von Sonderprivatrecht in Hinblick auf Ausgliederungen soll für alle Gebietskörperschaften in gleicher Weise nutzbar sein.
- Ausschuss 5: Für die Einrichtung von Selbstverwaltungsträgern sollte eine klare Kompetenzgrundlage geschaffen werden.
- Ausschuss 6: Anregungen zum Personalwesen bei Ausgliederungen werden in die Diskussion zum allgemeinen öffentlichen Dienstrecht eingebracht.
- Ausschuss 8: Die Verankerung der Zuständigkeit von Rechnungshof und Volksanwaltschaft auch für ausgegliederte Rechtsträger wird vorgeschlagen; ein legistisch konziser Textvorschlag wurde formuliert.
- Ausschuss 9: Die weitestgehende Integration von weisungsfreien Behörden in ein allfälliges Bundes- bzw. Landesverwaltungsgericht wird vorgeschlagen.
Der Großteil der weiteren Anregungen und Vorschläge dieses Berichts bezieht sich allerdings nicht auf Verfassungsrecht, sondern auf den einfachgesetzlichen Bereich und auf politische Initiativen.
Nicht
durch Detailvorschläge erledigt
Der Ausschuss hat sich bei der Diskussion über ausgegliederte Rechtsträger nicht speziell mit Fragen einer unabhängigen Medienanstalt auseinandergesetzt, da hier keine spezifischen verfassungsrechtlichen Probleme und kein Bedarf für eine grundsätzliche Neugestaltung gesehen wurden. Die allgemeinen Schlussfolgerungen im Zusammenhang mit der Ausgliederung sollten auch auf Einrichtungen wie unabhängige Medienanstalten zu beziehen sein.
Der Ausschuss hat weiters davon Abstand genommen, im Detail ausgearbeitete „mustergesetzliche“ Ausgliederungsmodelle zu erstellen, da diese nicht auf verfassungsrechtlicher Ebene, sondern durch einfaches Gesetz oder in indikativer Form („Weißbuch“) erfolgen sollen. Zur Methodik und zur Gestaltung solcher Modelle findet sich allerdings eine Reihe von Grundsätzen im Ausschussbericht.
Schließlich hat sich der Ausschuss nicht im Detail mit Fragen der Finanzierung befasst, da er davon ausgeht, dass diese Fragen möglicherweise im Ausschuss 10 behandelt werden und auf Grund der zeitlichen Gestaltung die Arbeitsergebnisse des Ausschusses 7 ohne weiteres dem Ausschuss 10 für seine Beratungen zur Kenntnis gebracht werden können.
Ergebnisse
der Ausschussarbeit
Ausgliederung, weisungsfreie Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten, Einrichtung unabhängiger Verwaltungsorgane, Handeln in nicht-hoheitlichen Formen und Selbstverwaltung haben in der internationalen und in der österreichischen Verfassungsentwicklung der letzten Jahrzehnte eine Ausprägung erfahren, wie sie zur Zeit der Entstehung des B-VG noch nicht vorhanden war. Die Verfassung soll diesen Phänomenen Rechnung tragen und dafür einen flexiblen Rahmen schaffen. Dieser soll das Handeln des einfachen Gesetzgebers aber nur so weit beschränken, als dies zur Sicherung der Grundprinzipien der Verfassung nötig und im Interesse des Rechtsschutzes Betroffener geboten ist. Darüber hinaus sollen dem Gesetzgeber möglichst wenig Schranken auferlegt werden.
Ausgliederung und Privatisierung sind an sich weder positiv noch negativ zu bewerten. Ihr Effekt auf Demokratie, Rechtsstaat und Effizienz der Verwaltung hängt nicht so sehr davon ab, ob solche Institutionen geschaffen werden, sondern wie sie im konkreten Fall gestaltet und wie der Prozess ihrer Entstehung und ihre Arbeitsweise geregelt sind.
Die Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses sind im Einzelnen aus dem nachfolgenden Allgemeinen Teil und den Textvorschlägen im Besonderen Teil dieses Berichts ersichtlich.
Wo diese Vorschläge einen Konsens im Ausschuss gefunden haben, sind sie ohne weitere Beifügung so dargestellt. Wo es nicht möglich war, einen Konsens zu finden, sind die unterschiedlichen Positionen ohne Bewertung angeführt.
Allgemeiner Teil
A.
Regulatoren und sonstige unabhängige Behörden (exklusive UVS, UBAS und
Art. 133 Z. 4 B-VG Behörden)
1.
Unabhängige Behörden und weisungsfreie Verwaltung
Die Zahl der derzeit in Bund und
Ländern gemäß Art. 133 Z 4 B-VG eingerichteten Behörden und
der auf andere Art weisungsfrei gestellten Organe ist nahezu unübersehbar. Eine
Liste wurde im Zusammenwirken der Betreuer der Ausschüsse 7 und 9 erstellt und
steht für weitere Beratungen im Plenum zur Verfügung.
Die Überlegungen im Ausschuss 7 zur
Reform weisungsfreier Verwaltungsorgane gehen in folgende Richtung:
-
Die derzeit geltende Beschränkung, für jede
weisungsfreie Einrichtung eine eigene verfassungsrechtliche Norm setzen zu müssen,
ist aufzugeben. An ihre Stelle soll eine generelle, allerdings auf einzelne
Materien bezogene Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber treten.
-
Nach eingehender Beratung schlägt der Ausschuss vor,
für Regulatoren und andere weisungsfreie Behörden eine gemeinsame
Verfassungsbestimmung vorzusehen, die auch eine Definition der Regulatoren
enthält.
-
Ein Großteil der derzeit bestehenden weisungsfreien
Behörden, insbesondere der nach Art. 133 Z 4 B-VG, kann und soll in eine
künftige Verwaltungsgerichts-Struktur übergeführt werden.
-
Künftig soll der (einfache) Bundes- und
Landesgesetzgeber dort weisungsfreie Behörden und Einrichtungen schaffen
können, wo dies aus besonderen Gründen notwendig ist. Konkret wäre dies etwa
der Fall
o
für Regulatoren,
o
im Bereich der Vergabekontrolle,
o
für Schieds- und Mediations-Einrichtungen,
o
bei Organen mit der Kompetenz, Fachgutachten
abzugeben,
o
im Disziplinar- und Dienstrechtsbereich der
Gebietskörperschaften,
o
im Datenschutz.
Für diese im Rahmen der
Ermächtigung weisungsfrei gestellten Organe soll gelten:
-
Es ist nicht notwendig, für diese Behörden ein
richterliches Mitglied vorzusehen.
-
Ein Rechtszug soll von solchen Behörden an ein
Verwaltungsgericht gehen, wobei dort ein Senat zuständig sein soll, dem auch
fachkundige Mitglieder angehören.
-
Eine Berufungsvorentscheidung ist vorzusehen.
-
Im Gesetz sind ausdrücklich festzulegen:
o
die Weisungsfreiheit,
o
eine Bestellung durch das jeweilige oberste Organ,
o
eine fixe Bestelldauer und
o
eine Abberufung nur aus den im Gesetz genannten
Gründen.
Angesichts
dieses Ergebnisses empfiehlt sich eine knappe verfassungsrechtliche Grundlage
im textlichen Zusammenhang mit der Bestimmung über das Weisungsrecht. Darüber
hinaus müsste auf die weiteren angesprochenen Aspekte an geeigneter Stelle,
insbesondere bei der Formulierung von verfassungsrechtlichen Regelungen der
Verwaltungsgerichtsbarkeit, Bedacht genommen werden (Ausschuss 9).
2.
Regulatoren
Bei der Diskussion zu diesem Thema
wurde von folgenden Regulatoren ausgegangen:
-
Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH):
Regulierungsbehörde nach dem TKG und gemäß § 5 KOG.
-
Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria):
Verwaltungsführung in Angelegenheiten der Rundfunkregulierung gemäß § 1 Abs. 2
KOG.
-
Telekom-Control-Kommission (TKK): Verwaltungsführung
in Angelegenheiten der Telekomregulierung gemäß § 116 TKG 2003.
-
Energie-Control GmbH: Regulierungsbehörde, sofern nicht
die Energie-Control Kommission zuständig ist, Aufsichts- und
Überwachungsaufgaben.
-
Energie-Control Kommission: Regulierungsbehörde und
Berufungsbehörde gegen Entscheidungen der Energie-Control GmbH in bestimmten
Fällen.
-
Schienen-Control Österreichische Gesellschaft für
Schienenverkehrsmarktregulierung GmbH (Schienen Control GmbH):
Regulierungsbehörde und Wettbewerbsaufsicht im Bereich der
Schieneninfrastruktur.
-
Schienen-Control Kommission:
Regulierungsbehörde in bestimmten Angelegenheiten und Berufungsbehörde gegen
Bescheide der Schienen-Control-GmbH.
-
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA): Durchführung der
Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht, Wertpapieraufsicht und
Pensionskassenaufsicht.
-
Bundeswettbewerbsbehörde: Untersuchung von Wettbewerbsverzerrungen,
Durchführung der Europäischen Wettbewerbsregeln.
-
Übernahmekommission: Überwachung der Anwendung des
Übernahmegesetzes und Entscheidungen nach diesem Gesetz.
Der
Begriff „Regulatoren“ hat seinen Ursprung im Recht der Europäischen Union. Er
soll auf Verfassungsebene erfasst werden. Regulierungsbehörden sind wie die
anderen unabhängigen Behörden aufgrund der Herausnahme aus dem regulären
Verwaltungsaufbau eine besondere Form der staatlichen Verwaltungsorganisation.
Ihre Beibehaltung scheint sinnvoll und notwendig, ihre verfassungsrechtliche
Verankerung daher ebenfalls geboten. Verfassungsrechtliche Sonderbestimmungen
über die Kontrolle des Handelns von Regulatoren sind insbesondere dort
erforderlich, wo sie als generelle Normsetzer fungieren.
Wesentlich scheint
bei Regulatoren
-
die Unabhängigkeit vom Staat, solange dieser Eigentümer von Unternehmen des
regulierten Bereichs ist;
-
eine erhöhte Bindung an Transparenzgebote;
-
ein möglichst kurzer Instanzenzug (grundsätzlich nur
zum Verwaltungsgericht);
-
keine Schaffung weiterer übergeordneter Organe;
-
Sicherstellung der Leistung und des gleichen Zugangs
zum Markt.
Im Ausschuss wurde
auch die Meinung vertreten, Regulatoren seien zwar relativ neue, aber dennoch
in Bezug auf ihre Aufgaben von anderen sich nicht unterscheidende Verwaltungsbehörden,
deren spezifische verfassungsrechtliche Heraushebung als Regulierungsbehörden
nicht zwingend erforderlich ist.
Für die einfachgesetzliche
Gestaltung wird Folgendes angeregt:
Die Tätigkeit der Regulatoren hat
Auswirkungen auf die jeweilige Infrastrukturpolitik. Das Treffen von
Entscheidungen in der Infrastrukturpolitik ist aber Aufgabe der Gesetzgebung
und der obersten Verwaltungsorgane. Die derzeit vielfach gegebene Möglichkeit,
Stellungnahmen infrastrukturpolitischer Natur abzugeben, wird daher
zurückhaltend gesehen. Diese Auffassung entspricht auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs,
die es nicht für zulässig erachtet, dass ganze Verwaltungsbereiche ausgelagert
werden oder dass sich der Staat der Wahrnehmung politischer Gestaltungsaufgaben
begibt. Eine Zuständigkeit zur Einzelfallentscheidung - weisungsfrei und
unabhängig mit Tribunalgarantien - ist aber unproblematisch.
Weisungsrecht,
Aufsicht und politische Verantwortung des obersten Verwaltungsorgans sind für
jene Tätigkeitsbereiche der Regulatoren sicherzustellen, die außerhalb ihrer
Zuständigkeit zur behördlichen Entscheidung in Einzelfällen liegen. Dieses
Leitungsrecht soll jedenfalls eine Richtlinien- und Verordnungskompetenz der
obersten Organe umfassen. Darüber hinaus kommt eine Konsultationspflicht des
Regulators mit diesen bei der Erlassung eigener genereller Normen in Frage, die
allenfalls mit einem Zustimmungs- oder Aufhebungsrecht sanktioniert werden
kann. Weiters kann dem obersten Organ ein Aufhebungsrecht (Amtsbeschwerde)
beim VwGH eingeräumt werden. Eine allfällige Verordnungsermächtigung an den Regulator
ist mit einfachgesetzlicher Regelung ausdrücklich zu bestimmen und der
Aufgabenbereich zu umschreiben.
Als
schärfstes Lenkungsinstrument kommt eine Absetzungsmöglichkeit der Organwalter
der Regulatoren in Frage, die erforderlichenfalls an eine parlamentarische
Entschließung gebunden werden könnte.
Im parlamentarischen Bereich sind
Berichtspflichten in schriftlicher Form im Wege des obersten Organs,
Ausschusshearings und die Vorlage von generellen Zielprogrammen denkbar. Die
verfassungsrechtlichen Regelungen der parlamentarischen Mitwirkung an der
Vollziehung sollten dem nicht entgegenstehen. Insbesondere wäre Vorsorge zu
treffen, dass ein Bericht verworfen und in einer Entschließung dem obersten
Verwaltungsorgan die Abberufung von Organwaltern aufgetragen werden kann.
In rechtlicher Hinsicht ist eine deutliche Beschleunigung auf allen
Entscheidungsebenen notwendig; die Einbindung von Sachverstand auch bei der
Kontrollinstanz wäre sinnvoll;
der Regulator soll in einer einzigen
Instanz entscheiden, dagegen kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht
erhoben werden, das meritorisch in einem Fachsenat entscheidet;
ein Rechtszug zum VwGH wird nur mehr
in Ausnahmefällen für erforderlich erachtet.
b)
Anregungen für die innere Organisation
wird
kritisch vermerkt, dass
-
die Arbeitsteilung, die anhängigen Fragen und die
Entscheidungen nicht ausreichend transparent sind,
-
faktisch der Geschäftsapparat die übergeordnete 2.
Instanz dominiert,
-
der Geschäftsapparat mitunter sehr aufwändig
ausgestattet ist und
-
kein einheitliches Erscheinungsbild gegeben ist.
Hier käme es dem Gesetzgeber bzw.
dem einrichtenden obersten Organ zu, entsprechende Regelungen zu treffen.
Die Finanzierung aus
(Pflicht)Beiträgen der Unternehmen des regulierten Bereichs ist nicht zwingend,
es sollte auch eine solche aus Gebühren der Verfahrensparteien oder aus dem
öffentlichen Haushalt nicht verunmöglicht werden.
Für die Gestaltung der inneren
Organisation wäre zu beachten:
-
eine Kollegialbehörde ist eher zu bevorzugen, aber
nicht absolut notwendig;
-
Sachverstand ist in die Behörde einzubeziehen;
-
die Einrichtung von Beiräten ist zweckmäßig;
-
die Verfahrensdauer ist zu verkürzen;
-
die Transparenz der Entscheidung ist zu erhöhen (z.B.
votum separatum, Begründung);
-
eine Verfahrenskonzentration ist zu überlegen;
-
wird einem Regulator ein staatliches Budget
übertragen, so soll dies in Form eines Globalbudgets mit unbeschränkter innerer
Virementfähigkeit und Rücklagefähigkeit erfolgen und es sollen Planungen
vorgegeben werden;
-
die Leitungsbefugnisse des Leiters der
Regulierungsbehörde sollen sich gleichermaßen auf Beamte und andere
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beziehen;
-
die Führung einer und nur einer Buchhaltung muss
möglich sein.
Zur Frage der Ausgliederung wird
grundsätzlich festgehalten, dass die Schaffung einer detaillierten
verfassungsrechtlichen Ermächtigung nicht als erforderlich erachtet wird; ein
Textvorschlag für eine generelle Ermächtigung wurde aber diskutiert.
-
Bestimmte staatliche Hoheitsaufgaben sollen auch
weiterhin - insofern wird der derzeitigen Judikatur gefolgt - nicht
ausgegliedert werden dürfen. Ausgliederungen zur Erfüllung von
Verwaltungsaufgaben in den Handlungsformen des Privatrechts sollen möglich
sein. Eine faktisch unbegrenzte Ermächtigung zur Ausgliederung soll nicht
bestehen; Ausgliederung soll ein besonderer Fall sein, der von der allgemeinen
hierarchischen Gliederung der Verwaltung abweicht.
-
„Ausgliederungsfeste“ Aufgaben des Staates lassen sich
aber in einem Verfassungstext nicht taxativ definieren; allenfalls könnten sie
in den Staatszielen, im Grundrechtsbereich oder in den parlamentarischen
Materialien angesprochen werden; es sollte dabei geprüft werden, ob und welche
Aufgaben der Staat gewährleisten muss; eine bloße Kodifizierung der
VfGH-Judikatur sollte nicht erfolgen.
Die derzeitige Kompetenzlage, nach
der es den Ländern verwehrt ist, für Ausgliederungen in derselben Weise ein
Sondergesellschaftsrecht zu schaffen wie der Bund, ist unbefriedigend. Am
einfachsten wäre diese Situation zu überwinden, wenn die Schaffung von Sondergesellschaftsrecht
generell nicht erfolgte. Wenn es aber sachgerecht ist, dass etwa für Museen,
staatliche Buchhaltungen oder die amtliche Statistik
sondergesellschaftsrechtliche Konstruktionen geschaffen werden, dann sollten
diese unabhängig davon zur Verfügung stehen, ob sie dem Bund, dem Land oder der
Gemeinde gehören. Eine Lösungsvariante hiefür ist die Schaffung einer eigenen
Kompetenznorm, andere Lösungen könnten sich im Kontext einer generellen Neuordnung
der Kompetenzverteilung ergeben. Die grundsätzliche Anregung wird gegenüber dem
Ausschuss 5 ausgesprochen.
Der Ausschuss geht davon aus, dass
es einen Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ weiterhin gibt. Dieser sollte
allerdings in der Textierung oder in den Erläuterungen so präzisiert werden,
dass er dem Bundesgesetzgeber
-
keinen Spielraum zur Schaffung von
Ausgliederungs-Organisationsrecht in privatrechtlichen Formen oder von anderen
Sonderregelungen für Gebietskörperschaften, oder
-
einen möglichst engen diesbezüglichen Spielraum lässt,
oder
-
zumindest sicherstellt, dass alle
Gebietskörperschaften eine sondergesellschaftsrechtliche Organisationsform in
gleicher Weise nutzen können.
Für den Bereich außerhalb des
Verfassungsrechts wird vorgeschlagen, im Aufbau auf die einschlägigen Aussagen
des Rechnungshofs und auf das Ausgliederungshandbuch des Bundesministeriums für
Finanzen allenfalls für bestimmte Organisationstypen spezifische umfassende
Gesetze (gesellschaftsrechtliche Sonderregelungen) zu schaffen oder zumindest
die Erstellung eines Weißbuchs des Bundes, der Länder und der Gemeinden zur
Ausgliederung vorzunehmen, das von der Bundesregierung, den
Landesfinanzreferenten und dem Rechnungshof verabschiedet werden sollte.
Folgende
Anregungen werden dafür gemacht:
-
Vor jeder Ausgliederung muss eine klare Zielsetzung
und ein Ausgliederungskonzept festgelegt werden;
-
Effizienzkriterien sind zu definieren;
-
die Vertretung der Dienstnehmer ist einzubeziehen;
-
es kommt darauf an, welche Wirkungen mit der
Ausgliederung erzielt werden; insofern spielt der Wirtschaftlichkeitsaspekt
eine wesentliche Rolle; vor einer Ausgliederung sollte daher sorgfältig recherchiert werden;
-
eine Regelung müsste sowohl ausgegliederte
Rechtsträger als auch jene Rechtsträger, die zur Besorgung neuer Aufgaben
eingerichtet werden, erfassen;
-
in den derzeitigen Sondergesetzen zu Ausgliederungen
werden zahlreiche unterschiedliche Rechtsformen geschaffen, was nicht optimal
ist; dennoch sollte man keinen neuen straffen Formenkanon vorgeben;
-
der staatliche Einfluss auf einen ausgegliederten
Rechtsträger sollte insbesondere umso größer sein, je mehr staatliche
Geldmittel dem Rechtsträger zugeführt werden.
2. Ausgliederung und Personalwesen
Ausgliederungen sind oft damit verbunden, dass
Personal der Gebietskörperschaften auf die ausgegliederten Rechtsträger
übertragen wird. Für diese Übertragungen sollen folgende Grundsätze gelten:
Die erworbenen
Rechte der Bediensteten sind zu wahren. Das bedeutet derzeit, dass Beamte als
Beamte (der Gebietskörperschaft) in die neue Einrichtung übernommen werden und
im Bereich des Bundes Vertragsbedienstete mit unverändertem Vertrag zu solchen
des neuen Rechtsträgers werden. Neu eintretendes Personal wird nach dem
Angestelltengesetz behandelt. Folge dieses Systems ist eine unübersichtliche
Rechtslage, verschiedene Dienstgeber, mögliche „Ungerechtigkeiten“ in der
Karriere und ein nicht unbeträchtlicher bürokratischer Aufwand.
Eine Lösung ohne diese Nachteile, aber mit voller
Wahrung des Grundsatzes bietet sich in der Form an, dass alle Bediensteten zu
Dienstnehmern des neuen Rechtsträgers werden, Inhalt des jeweiligen Dienstvertrages
ist die bisherige dienstrechtliche Situation - BDG und VBG werden als lex
contractus überbunden. Die Alternative zu diesem Modell ist die Beibehaltung
des derzeitigen Zustands lediglich mit Verbesserungen im administrativen
Bereich.
Bei Abwägung dieser beiden Varianten ist vor allem zu
bedenken, dass eine mit einer Ausgliederung verbundene generelle
„Entpragmatisierung“ derart große Personalprobleme mit sich bringen kann, die
das Ausgliederungsprojekt als solches behindern würden. Es ist daher dieser
Variante nicht der Vorzug zu geben.
Zu den
vorgeschlagenen administrativen Verbesserungen wird angeregt:
-
die zwingende Zuordnung der Diensthoheit zu den obersten Organen ist zu
hinterfragen;
-
die Einrichtung eines für die gesamte jeweilige Gebietskörperschaft
einheitlichen Personalamts für alle ihre „ausgegliederten“ Beamten ist
sinnvoll;
-
alle Funktionen der früheren Dienstbehörde gehen materiell auf den
Leiter der ausgegliederten Einrichtung über;
-
für alle Disziplinarangelegenheiten und zur Entscheidung über strittige
Fragen des Übergangsrechts wird für jede Gebietskörperschaft eine weisungsfreie
Kommission eingesetzt, deren Entscheidungen beim Verwaltungsgericht angefochten
werden können;
-
das besoldungsmäßige Gleichgewicht zum übrigen öffentlichen Dienst ist
auch bei Führungskräften ausgegliederter Einrichtungen zu wahren, neue Methoden
des öffentlichen Managements sind anzuwenden.
Es ist wichtig, dass der gesamte öffentliche Sektor
als Einheit funktioniert. Deshalb sollen in Verwaltungsbereichen, in denen
Ausgliederungen erfolgen, die für Ausgegliederte geltenden Prinzipien der Wirtschaftlichkeit
und des Managements auch in die mit Steuerungs-, Aufsichts- und
Eigentümerfunktionen befassten Verwaltungsbereiche zurückwirken. Auch Besoldungs-,
Prämien- und Dienstrechtssysteme von Entscheidungsorganen ausgegliederter
Rechtsträger und von Verwaltungsfunktionären, die in diesem Bereich tätig sind,
sollten in einer sinnvollen Beziehung stehen.
In der politischen
Kontrolle von unabhängigen Behörden und ausgegliederten Rechtsträgern kann dann
ein Defizit entstehen, wenn einerseits das parlamentarisch interpellierbare
oberste Organ keine umfassenden Informations- und Steuerungsrechte mehr hat, andererseits
aber die Führungsspitze der ausgegliederten Einrichtung nicht interpellierbar
ist. Der Ausschuss war sich daher darüber einig, dass dieser Aspekt bei der
verfassungsrechtlichen Regelung der parlamentarischen Kontrolle entsprechend
berücksichtigt werden muss.
Die in den bisherigen Bestimmungen
(Art. 126b, 127, 127a B-VG) gewählte Form der Anknüpfung für die
Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofs, die sich an einer bestimmten
Organisationsform orientiert (Stiftungen, Fonds, Anstalten, Körperschaften,
Unternehmungen), ist rechtspolitisch unbefriedigend. Sie erfasst weder die
gesamte Gebarung mit öffentlichen Mitteln noch alle Rechtsträger, die
„öffentliche Aufgaben“ wahrnehmen. Auch die Verwendung von Fördermitteln durch
private Subventionsempfänger ist im B-VG der Überprüfung durch den Rechnungshof
zu unterwerfen.
Es wird daher eine Neuformulierung des Art. 126b B-VG
angeregt, wonach einerseits diese Lücken durch Anknüpfung an den Begriff
„Rechtsträger“ geschlossen werden; andererseits soll eine Straffung des
Verfassungstextes durch eine gemeinsame Bestimmung für alle Gebietskörperschaften
und Rechtsträger ermöglicht werden.
Die geltende Regelung (Art. 148a
B-VG) betreffend die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft unterwirft die gesamte
Verwaltungstätigkeit des Bundes der Kontrolle durch die Volksanwaltschaft;
erfasst ist sowohl die Hoheits- als auch die Privatwirtschaftsverwaltung.
Nicht erfasst ist jedoch der
Tätigkeitsbereich der ausgegliederten Rechtsträger (vgl. VfSlg. 13.323/1992).
Von einigen Ausschussmitgliedern
wurde darüber hinaus eine Neuformulierung bzw. Ergänzung des Art. 148a B-VG
angeregt, wonach diese Lücke analog der Neufassung der Bestimmungen über den
Rechnungshof durch Anknüpfung an den Begriff „Rechtsträger“ geschlossen wird.
Andere Ausschussmitglieder meinen hingegen, dass sich die Prüfungsbefugnis der
Volksanwaltschaft auch weiterhin auf die staatliche Verwaltung beschränken
sollte.
Schließlich
wurde auch die Auffassung vertreten, dass es durchaus sinnvoll sein kann, etwa
die Tarifgestaltung eines staatlichen Museums, die Höhe universitärer Gebühren
oder die Entgelte für kommunale Versorgungsleistungen an eine übergeordnete
Kontrolle zu binden. Träger einer solchen Kontrolle könnten über den Kreis der
anerkannten Interessenvertretungen hinaus sowohl anwaltschaftliche
Einrichtungen und Nutzergruppen als auch parlamentarische Einrichtungen sein.
4. Amtshaftung
Zur Frage der Amtshaftung wird
insbesondere Folgendes festgehalten:
Eine verfassungsrechtliche
Neuregelung wird nicht vorgeschlagen, da eine Reihe von Argumenten für die
grundsätzliche Beibehaltung der derzeit bestehenden Haftung von funktionalen
Staatsorganen spricht, auch wenn diese aus dem allgemeinen Verwaltungsaufbau
ausgegliedert sind.
Auf einfachgesetzlicher Ebene sollte in bestimmten Fällen - über die unmittelbare Staatshaftung hinaus - eine Versicherungspflicht eines ausgegliederten Rechtsträgers vorgesehen werden. Eine „Flucht aus der Haftung“ durch Ausgliederung ist jedenfalls zu vermeiden.
D. Privatwirtschaftsverwaltung
1. Grundsatzfragen
Kaum ein Aspekt der Staatstätigkeit
hat im Lauf der rechtswissenschaftlichen Diskussion eine derart schillernde
Karriere gemacht wie die Privatwirtschaftsverwaltung. Die verfassungsrechtlichen
Grundlagen wurden auf die
unterschiedlichste Weise ausgelegt. Dabei ist nur eines klar: Die moderne
Verwaltung agiert in zunehmendem Maße mit Mitteln des Privatrechts, sodass die
hoheitliche Verwaltung bereits rein quantitativ in den Hintergrund tritt.
Heute wird eine Diskussion darüber
geführt, wie weit der Staat berechtigt sein soll, jegliche Wirtschaftstätigkeit
zu führen. Man kann davon ausgehen, dass der Staat private Rechtsgeschäfte
abschließen, Förderungen in privatrechtlichen Formen vergeben und Einrichtungen
führen kann, die auf privatrechtlicher Basis bestehen. Grundsätzliche
Einschränkungen auf bestimmte Aufgaben des Staates scheinen nicht angezeigt.
In der Entstehungsphase des B-VG war
offenbar die Legalitätsbindung der Privatwirtschaftsverwaltung kein Problem.
Erst in den 60er Jahren konzentrierte sich eine intensive verfassungsrechtliche
Diskussion auf die Frage, wie eng die so genannten Selbstbindungsgesetze das
Handeln der Organe determinieren sollen. Diese Diskussion hat sich als
verfassungsrechtlich weitgehend fruchtlos erwiesen und es scheint nicht
sinnvoll, sie durch Überlegungen zur Neuformulierung von Verfassungsnormen
wieder aufzugreifen.
Ein weiterer Diskussionsstrang
beschäftigte sich mit der Frage der Grundrechtsgeltung in der
Privatwirtschaftsverwaltung. Die Fragen der Drittwirkung und Fiskalgeltung sind
mittlerweile durch die zivilrechtliche Judikatur einer sehr praktikablen Lösung
zugeführt: Eine Bindung des Staates wird angenommen und sie ist - sei es auch
über den Umweg privatrechtlicher Topoi und zivilgerichtlicher Verfahren - auch
durchsetzbar.
Eine vierte Ebene der Diskussion konzentriert
sich auf die Frage, ob und inwieweit sich der Staat durch die Wahl der
Handlungsform seiner Verpflichtungen entziehen kann; auch hier liefert die
Judikatur der letzten Jahre wichtige Ansatzpunkte zur Beantwortung im Sinn
einer Bindung des Staates.
Das positive Verfassungsrecht
enthält keine geschlossene Systematik zur Regelung der
Privatwirtschaftsverwaltung. Die darauf Bezug habenden Regelungen sind durchaus
fragmentarisch und verstreut. Eine Bereinigung durch terminologische
Angleichungen (etwa Art. 17, 116 und 126b ff B-VG) ist überlegenswert.
2.
Legalität und Kontrolle
Die
Diskussion um die Reichweite der Geltung des Legalitätsprinzips für die
Privatwirtschaftsverwaltung führte zu keinem klaren Ergebnis, weil sie am
falschen Ende des Problems ansetzte: Von einzelnen Ausschussmitgliedern wurde
die Auffassung vertreten, dass es nicht darum geht, dogmatisch festzustellen,
ob der historische Verfassungsgeber den Art. 18 B-VG in gleicher Weise auf alle
Handlungsformen angewendet haben wollte, sondern vielmehr darum, dem Staat die
im Interesse der Bürger notwendigen Bindungen gesetzlich überall dort
aufzuerlegen, wo sie aus demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht
unverzichtbar sind; dabei soll es auf die Form der gebundenen Handlungen nicht
ankommen.
Aus dieser allgemeinen Überlegung
folgt, dass eine Bindung an das Gesetz im Hinblick auf die damit verbundenen
Kontrollmöglichkeiten und den Grundrechtsschutz für das privatrechtliche
Handeln für Zwecke der öffentlichen Verwaltung bestehen soll. Die derzeit
geltende Fassung des Art. 18 Abs. 1 B-VG, die nach Auffassung des Ausschusses
nicht geändert werden soll, bedeutet im Ergebnis eine gesetzliche
Fundamentierung für die privatrechtliche Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und
Förderungen, die im transkompetenten Bereich nur nach Maßgabe des Art. 17 B-VG
erfolgen können. Eine ähnliche Bindung ist in Hinblick auf die Geltung des
allgemeinen Privatrechts dort nicht erforderlich, wo der Staat im Rahmen
seiner Privatrechtsfähigkeit zur Besorgung fiskalischer Hilfsgeschäfte
auftritt.
Wissenschaft und Rechtsprechung sind
sich einig: Der Staat soll sich durch die Flucht ins Privatrecht seinen
Verantwortungen nicht entziehen können. Aus Gründen des Rechtsschutzes scheint
es problematisch, wenn der Staat durch den Wechsel der Rechtsform die
Rechtsstellung des Bürgers verschlechtert, subjektive öffentliche Rechte
beseitigt und keine äquivalenten zivilrechtlichen Ansprüche gewährt.
Es könnte hier sinnvoll sein, auf
einfachgesetzlicher Ebene durch Selbstbindungsgesetze und
Selbstbindungsverordnungen manche formale Trennungen zwischen hoheitlichen und
privatrechtlichen Handlungsformen dort zu überdenken, wo öffentliche Aufgaben
in privatrechtlichen Formen wahrgenommen werden.
Eine parlamentarische Kontrolle muss voll funktionsfähig sein, auch wenn
der Staat in privatrechtlichen Formen handelt. Dies erfordert es einerseits, zu
vermeiden, dass eine Berufung auf die im Privatrechtsverkehr bestehenden
besonderen Geheimhaltungspflichten jegliche Kontrolle verunmöglicht.
Andererseits ist dann, wenn eine weitgehende Kontrolle vorgesehen wird, durch
geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass Privatrechtspartner des Staates
durch diese Kontrolle keine wirtschaftlichen Nachteile erleiden.
Auch in der Subventionsverwaltung
haben die Parlamente ein Recht auf volle Information und volle Transparenz bis
zum Einzelfall. Unter gewissen Voraussetzungen sind aber Förderungsnehmer auch
vor einer zu weit gehenden Veröffentlichung ihrer finanziellen Situation zu
schützen. Der Gesetzgeber wird hier eine grundrechtskonforme Interessensabwägung
vornehmen müssen. Die im Verfassungsrang stehenden und gemeinschaftsrechtlich
präformierten Bestimmungen zum Datenschutz müssen unangetastet bleiben.
Was die parlamentarische Kontrolle
des privatrechtlichen Handelns staatlicher Funktionäre im Rahmen von
Ausgliederungen anlangt, so wird diese jedenfalls schrankenlos alle jene
Funktionen erfassen müssen, die öffentliche Funktionäre als Eigentümer
wahrnehmen. Werden von den obersten Verwaltungsorganen Personen in
Aufsichtsgremien entsandt, so wird die Kontrolle so weit gehen können, als den
Entsendenden ein Informationsrecht gegenüber diesen Aufsichtsräten zukommt.
Seine Grenze wird das Kontrollrecht dort finden, wo die Geschäftsführung dem
Eigentümer und den Aufsichtsorganen keine bzw. nur eine nicht für die
Öffentlichkeit bestimmte Rechenschaft schuldig ist. Die Kontrollmöglichkeiten
des Gesellschaftsrechts sind von den obersten Verwaltungsorganen jedenfalls im
gebotenen Umfang zur Kontrolle privatwirtschaftlichen Handelns zu nutzen.
Nach der derzeitigen Verfassungslage
gibt es für den Bund, die Länder und die Gemeinden eine uneingeschränkte
Zuständigkeit zur Vollziehung in privatrechtlichen Handlungsformen. Die
Alternative dazu - die man etwa in der deutschen Verfassungsordnung findet -
wäre, Kompetenzen analog zur Hoheitsverwaltung auf die Gebietskörperschaften
aufzuteilen. Diese Alternative wurde nur vereinzelt angeregt und scheint auch
kaum realisierbar. Es soll also bei der derzeitigen verfassungsrechtlichen
Kompetenzlage bleiben.
Man muss aber die Frage stellen, ob die Formulierung
des Art. 17 B-VG wirklich ausreichend klar zum Ausdruck bringt, was gewollt
ist. Der eigentliche Norminhalt ist: Durch die Kompetenzverteilung wird die
Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder nicht berührt. Die
Beifügung, dass die Gebietskörperschaften und die sonstigen Selbstverwaltungskörper
privatrechtsfähig sind, wird vorgeschlagen.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen
zur Ausgliederung verwiesen.
In
einem modernen Staat, der sich nicht auf die traditionellen hoheitlichen
Verwaltungsformen Bescheid und Verordnung beschränkt, sollen die Grundrechte
auch in die Privatwirtschaftsverwaltung hineinwirken; von einigen
Ausschussmitgliedern wurde die Meinung vertreten, dass in existenziell
wichtigen Bereichen Leistungspflicht bestehen, Gewährleistung den Staat binden,
Gleichheitssatz und Willkürverbot gelten und der Rechtsschutz des Einzelnen
einfach zu handhaben sein soll. Hier ergeben sich auf verfassungsrechtlicher
Ebene insbesondere Anforderungen an die Formulierung der Grundrechte und an
die Formulierung der Zuständigkeiten der ordentlichen Gerichte sowie der Gerichtshöfe
des öffentlichen Rechts.
Bei der Gestaltung des
Verfassungstextes ginge es darum, die Interessenslage der Leistungs- und
Förderungsempfänger sowie der Steuerzahler im Auge zu haben. Dieser Ansatz wird im Wesentlichen dazu
führen, dass dem Gesetzgeber jede Unsachlichkeit und der Vollziehung jegliche
Willkür in der Entscheidung über die (Abschaffung einer) Leistung verboten ist.
Weiters sind Zuständigkeiten und
Instanzenzüge so zu gestalten, dass sie für den Betroffenen optimalen Schutz
gewähren. Es spricht nichts dagegen, für die Kontrolle privatrechtlichen
Handelns des Staates die Gerichte zuständig zu machen; in diesem Fall ist aber
sicherzustellen, dass sie die relevanten Grundrechtsnormen ebenso anwenden,
wie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts.
Auch
in der Privatwirtschaftsverwaltung ist dem Gesetzgeber jede Unsachlichkeit bei
den Parametern und dem Vollzugsorgan jegliche Willkür bei der Zuerkennung einer
Leistung verboten. Was die Wirkung anderer Grundrechte im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung
anlangt, so werden in der Literatur Grenzen der Privatrechtsfähigkeit etwa
infolge der Erwerbsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit, des Rechts auf freie
Meinungsäußerung, etc. diskutiert. Die aufgeworfenen Probleme scheinen sich
mit den Mitteln der Rechtsdogmatik lösen zu lassen.
Der Ausschuss 7 legt zu diesem Thema
keine Textentwürfe vor, regt aber an, dass der Ausschuss 4 solche im Licht
dieser Ausführungen erarbeitet.
5. Förderungen
Aus der konkurrierenden Zuständigkeit
der Gebietskörperschaften ergibt sich logischer Weise, dass privatrechtliche
Förderungen für dasselbe Fördersubjekt bzw. für dieselbe Aufgabe von jeder
Gebietskörperschaft vorgenommen werden können. Damit ist es im Prinzip möglich
- wenngleich in der Praxis eher selten -, dass Einzelprojekte in unkoordinierter
Weise doppelt gefördert werden.
Grundsätzlich wäre dieses Problem
nur dann vollständig zu beseitigen, wenn man an eine klare Kompetenzaufteilung
im Förderwesen denkt. Dieser Weg soll aber aus den bereits dargestellten
Überlegungen heraus nicht eingeschlagen werden. Es empfiehlt sich vielmehr eine
möglichst weitgehendes Zusammenwirken der Gebietskörperschaften im
Förderwesen. Hiefür steht eine ganze Palette von Möglichkeiten zur Verfügung:
-
gemeinsame Schwerpunktsetzung und Programme;
-
gegenseitige Information vor Fördervergabe;
-
gegenseitige Information nach Fördervergabe;
-
gegenseitig generell-abstrakte Information.
Diese Möglichkeiten werden derzeit
bereits genutzt; weder innerhalb der Gebietskörperschaften noch über
Gebietskörperschaftsgrenzen hinweg existiert aber ein vollständig ausgebautes
Koordinationsinstrumentarium. Im Interesse der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit,
aber auch zur Steigerung der politischen Effizienz ist weiters anzuregen, dass
entsprechende Instrumente geschaffen werden, um die Wirkung von Förderungen
statistisch, wirtschaftlich und politisch zu messen.
Die parlamentarische Kontrolle der
Subventionsverwaltung setzt einen umfassenden und detaillierten Informationsfluss
voraus. Die derzeit vorgesehenen zahllosen Berichte insbesondere des Bundes
sollten zu diesem Zweck in der Systematik vereinheitlicht und in ihrem Inhalt
in einen generellen analytischen Teil sowie eine Förderungsliste geteilt
werden. Das Schwergewicht wäre auf den ersten Teil zu legen, der Rechenschaft
zu geben hätte, ob die politischen Ziele mit den Förderungen erreicht wurden,
ob das gewählte Instrumentarium den besten Kosten-Nutzen-Effekt hatte und
welche Konsequenzen für die Zukunft aus den Erfahrungen in der Vergangenheit
gezogen werden.
Zur Erleichterung der politischen
und der Rechnungshofkontrolle wären alle Lücken zu schließen, in denen noch
Förderrichtlinien fehlen. Die Richtlinien sollten möglichst einheitlich
gestaltet sein und den Fördernehmern wie auch der Verwaltung die notwendige
Abrechnung der sachgerechten Mittelverwendung möglichst erleichtern. Sie sollen
den Fördernehmern Klarheit darüber geben, wofür die Mittel einzusetzen sind,
und sie sollen der Verwaltung ein Recht auf vollständige Information über die
geförderte Tätigkeit des Subventionsnehmers einräumen.
Es ist nicht notwendig, dass die
staatliche Verwaltung die Abwicklung von Fördermaßnahmen, die Kontrolle der
widmungsgemäßen Verwendung und die Abrechnung selbst durchführt. Die
Überlegung, dass sich der Staat im Förderwesen auf die politisch-strategische
Aufgabe konzentrieren soll, auf die Entscheidung, was wozu gefördert werden
soll, legt durchaus andere Organisationsformen nahe: Die gesamte Verwaltung
nach der Förderentscheidung an sich kann sehr effizient und unter Lukrierung
von Synergien ausgelagert werden, z.B. an Förderbanken.
6.
Rechtsschutz
Die
rechtsstaatliche Kontrolle der Privatwirtschaftsverwaltung und des
privatwirtschaftlichen Förderungswesens ist bei den ordentlichen Gerichten
durchaus gut aufgehoben. Im Lichte der vorangegangenen Ausführungen ist hier
keine gesonderte verfassungsrechtliche Normierung erforderlich.
Handlungsbedarf besteht allenfalls
in der Stärkung der Schutzbedürfnisse des Einzelnen gegenüber (ausgegliederten
und) privatrechtlich agierenden Einrichtungen des Staates. Hier wird es
notwendig sein, auf einfachgesetzlicher Ebene in der jeweiligen Rechtsgrundlage
einerseits Leistungsansprüche zu verankern, die umso intensiver sein müssen, je
essentieller die Produkte für die Lebenssituation der Menschen sind; weiters
wird man bewährte Instrumente einsetzen müssen, die etwa aus dem
Konsumentenschutz kommen.
Im Unterschied zur territorialen
Selbstverwaltung findet die nichtterritoriale keine explizite Grundlage in der
österreichischen Bundesverfassung. Es wird daher eine ausdrückliche
verfassungsrechtliche Verankerung vorgeschlagen, um diese Lücke zu schließen.
Auch die Sozialpartnerschaft ist ein
wesentlicher Bestandteil der Realverfassung und verfassungsrechtlich nicht
fundiert. Das hat dazu geführt, dass einfachgesetzliche Regelungen, wie das
Begutachtungsrecht der Kammern, die Teilnahme an der öffentlichen Verwaltung in
Kollegialbehörden und Beiräten, die Mitwirkung an der Gerichtsbarkeit durch
fachmännische Laienrichter und die kollektivvertragliche Rechtsetzung von
einzelnen Autoren in der Rechtswissenschaft als verfassungsrechtlich bedenklich
erachtet wurden. Auch hier sind verfassungsrechtliche Klarstellungen
erforderlich.
1. Grundsätze einer Regelung
Es ist angezeigt, die nichtterritoriale
Selbstverwaltung von der Sozialpartnerschaft getrennt zu behandeln. Die beiden
Bereiche berühren einander zwar, doch bestehen einerseits zahlreiche
Selbstverwaltungsträger, die nicht zu den Sozialpartnern zählen, während
andererseits nicht alle Sozialpartner Selbstverwaltungskörper sind.
Die Verankerung der wesentlichen
Strukturmerkmale und Ausprägungen der wirtschaftlichen und sozialen
Selbstverwaltung in der Bundesverfassung ist zweckmäßig. Diese sollen sein:
-
Die
prinzipielle Zulässigkeit der Einrichtung nach Maßgabe des VfGH-Judikats zur
Salzburger Jägerschaft (VfSlg 8215/1977);
-
Pflichtmitgliedschaft;
-
institutionelle
Garantie wirtschaftlicher und sozialer Selbstverwaltung;
-
eigener und
übertragener Wirkungsbereich;
-
staatliche
Aufsicht;
-
demokratische
Binnenstruktur;
-
finanzielle
Selbstständigkeit;
-
Privatrechtsfähigkeit.
In legistisch-systematischer Hinsicht
empfiehlt sich eine Regelung in Anlehnung an die verfassungsrechtlichen
Regelungen zu den Gemeinden. Im Sinne der Transparenz und Systematik sollte die
Verfassung im Ergebnis ein separates Hauptstück der Selbstverwaltung widmen.
Eine klare Kompetenzgrundlage für die
Einrichtung von Selbstverwaltungsträgern sollte vom Ausschuss 5 vorgeschlagen
werden.
2. Der Kreis der nichtterritorialen Selbstverwaltungskörper
Die in der Verfassungsrealität der 2.
Republik wesentlichen Selbstverwaltungskörper im nichtterritorialen Bereich,
nämlich die Kammern, sollen auch explizit in der Verfassung genannt werden.
Hinsichtlich der Sozialversicherungsträger wurde im Ausschuss keine
gleichlautende einhellige Auffassung erzielt.
Die Qualifizierung der Universitäten als
Selbstverwaltungskörper ist umstritten und auch Religionsgemeinschaften werden
hier üblicherweise nicht einbezogen.
Im Übrigen soll der zuständige einfache
Gesetzgeber zur Schaffung derartiger Einrichtungen ermächtigt werden. Diese
Ermächtigung soll in Anlehnung an die Judikatur des VfGH determiniert sein,
sohin auf ein gemeinsames (öffentliches) Interesse und auf das
Leistungspotential der Gemeinschaft abstellen. Ein wie immer gearteter
Rechtsanspruch einer Personengruppe auf Einrichtung als Selbstverwaltungskörper
soll nicht bestehen; dies soll auch im Bereich der Organisationen der freien
Berufe gelten.
3. Sozialpartner
Im Hinblick
auf die Rolle der Sozialpartner verdient die gegenwärtige europäische
Verfassungsentwicklung (insb. Artikel 47 des Entwurfs des Vertrages über eine
Verfassung für Europa) besondere Beachtung. Eine entsprechende Regelung soll
bei den Staatszielbestimmungen erfolgen. Sie soll auch auf die typischen
sozialpartnerschaftlichen Handlungsformen (insb. kollektive Rechtsgestaltung
zur umfassenden Regelung der Arbeitsbeziehungen) verweisen.
Daneben muss auch im Rahmen der sozialen
Grundrechte auf die Sozialpartner Bezug genommen werden. Insbesondere bedarf
die kollektive Rechtsgestaltung durch freie Verbände, wie etwa den ÖGB
einerseits und bestimmte Selbstverwaltungsträger andererseits, einer
grundrechtlichen Absicherung.
Die einzelnen Sozialpartner sollen im
Verfassungstext nicht aufgezählt werden. Es soll vom derzeit allgemein
akzeptierten Begriffsumfang der „Sozialpartnerschaft“ ausgegangen werden und
sichergestellt sein, dass den bestehenden Einrichtungen der Sozialpartnerschaft
auch weiterhin ihre bisherigen Rechte gewahrt bleiben.
Besonderer Teil
(Textvorschläge samt
Erläuterungen)
Textvorschlag
1 zu Punkt A des Mandats:
Die Ausschussmitglieder konnten
keinen vollständigen Konsens erreichen, sondern unterstützten jeweils eine von
zwei Textvarianten, die sich hinsichtlich ihrer Abs. 2 und 4 voneinander
unterscheiden :
(Weisungsbindung,
weisungsfreie Verwaltung)
(1) Die
Verwaltung wird unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder
geführt. Sofern in den aufgrund des Abs. 2 erlassenen Gesetzen nicht anderes
bestimmt ist, sind die Organe der Verwaltung an die Weisungen der ihnen
vorgesetzten Organe gebunden .... (Fortsetzung geltende Fassung) ...
(2) (Variante
A) Zur
Sicherung des Wettbewerbs, zur Durchführung der Wirtschaftsaufsicht, zur
Regulierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, zur Vergabekontrolle, als Schieds- und
Mediationseinrichtungen, für
gutächtliche Beurteilungen, in Angelegenheiten des Dienstrechts der Gebietskörperschaften
oder für den Datenschutz können weisungsfreie Verwaltungsorgane durch Gesetz
geschaffen werden. Dieses hat zumindest die Voraussetzungen einer Abberufung
taxativ zu bestimmen.
(2) (Variante
B) Zur
Sicherung des Wettbewerbs, zur Durchführung der Wirtschaftsaufsicht, zur Vergabekontrolle, als Schieds- und
Mediationseinrichtungen, für
gutächtliche Beurteilungen, in Angelegenheiten des Dienstrechts der Gebietskörperschaften
oder für den Datenschutz können weisungsfreie Verwaltungsorgane durch Gesetz
geschaffen werden. Dieses hat zumindest die Voraussetzungen einer Abberufung
taxativ zu bestimmen.
(3)
Über Berufungen gegen die Bescheide von Behörden nach Abs. 2 entscheidet das
Verwaltungsgericht in einem Senat, dem fachkundige Laienrichter angehören.
(4) (Variante
A) Regulierungsbehörden können mit weiteren Lenkungsaufgaben unter der
Aufsicht und Leitung eines obersten Organs der Vollziehung betraut werden.
(4) (Variante
B) Soweit Verwaltungsorgane zur Sicherung des Wettbewerbs oder zur
Durchführung der Wirtschaftsaufsicht Regulierungsaufgaben wahrnehmen, haben sie
auf die allgemeinen Grundsätze für Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse Bedacht zu nehmen. Sie können mit weiteren
Lenkungsaufgaben unter der Aufsicht und Leitung eines Obersten Organs der
Vollziehung betraut werden.
Zu Art. 12 Abs. 2
Die Senate
in Angelegenheiten der Bodenreform sollen entfallen.
Erläuterungen:
Art. 20 sieht - als
Ausnahmebestimmung zum allgemeinen Weisungsprinzip - die Ermächtigung des
Gesetzgebers zur Schaffung weisungsfreier Verwaltungsorgane auf bestimmten
Gebieten vor.
Der einfache
Gesetzgeber hat innerhalb des vorgegebenen Rahmens jeweils unter dem Aspekt der
Effizienz der Verwaltung und der Sachlichkeit den Grad der Unabhängigkeit der
Organe der Verwaltung zu wählen. Sofern europarechtliche Vorgaben besondere
Arten der Unabhängigkeit von weisungsfreien Organen vorschreiben, sind diese
Grenzen im einfachen Gesetz zu berücksichtigen.
Es entspricht der weitgehend
einhelligen Auffassung, dass die Schaffung von weisungsfreien staatlichen
Einrichtungen mit dem über die Verantwortung der obersten Staatsorgane
vermittelten parlamentarisch-demokratischen Prinzip an sich in einem
Spannungsverhältnis steht. Ausnahmsweise liegen jedoch besondere Umstände vor,
die derartige Einrichtungen erforderlich machen oder zumindest ermöglichen
sollen. Diese Umstände sollen verfassungsrechtlich definiert werden.
Ein derartiger Umstand liegt auch
bei den Regulatoren vor. Der vorgeschlagene Verfassungstext definiert diese
Institution nicht ausdrücklich, aber schlüssig in den darauf bezogenen Tatbeständen
als Einrichtungen „zur Sicherung des Wettbewerbs, zur Durchführung der
Wirtschaftsaufsicht“ oder - bei Variante A - „zur Regulierung von
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ .
Die Möglichkeiten
der obersten Organe der Verwaltung, ihre Leitungsaufgaben auch im Bereich
weisungsfreier Verwaltung wahrzunehmen, sind nicht in Art. 20 B-VG, sondern im
Kontext der jeweiligen speziellen Regelungen verankert bzw. vorzusehen:
-
Die Amtsbeschwerde in Art 131 Abs 2 B-VG.
-
Die Legitimation zur Anfechtung von Verordnungen, die von weisungsfreien
Organen der Verwaltung erlassen wurden, in Art 139 B-VG. Sie soll nur
bestehen, wenn im einfachen Gesetz nicht die Zustimmung des obersten Organs zu
generell abstrakten Rechtsakten des weisungsfreien Organs vorgeschrieben ist.
-
Durch Gesetz kann die Erlassung genereller Regelungen
an die Zustimmung des obersten Organs gebunden werden.
-
Die Regelung über die Anfechtbarkeit der konkreten Verwaltungsakte der
weisungsfreien Organe bei den Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte. Dort
ist auch eine Aussage über die Einbindung von fachmännischen Laienrichtern zu
treffen.
-
Zur Enthebung von Organen der weisungsfreien
Verwaltung soll das Gesetz nähere Regelungen treffen, die dort, wo Tribunale
geschaffen werden müssen, in der EMRK ihren Rahmen finden, für andere Organe
der Verwaltung ist der einfache Gesetzgeber frei.
Die Regelung des Abs. 4 geht davon
aus, dass einem Regulator typischerweise zwei Aufgabenbereiche übertragen sind:
die Entscheidung in Einzelfällen über Zulassungen, Streitigkeiten zwischen
Unternehmen etc. und die Wahrnehmung infrastrukturpolitischer Aufgaben. Diese
beiden Bereiche werden unterschiedlich geregelt, wobei die größere
Unabhängigkeit im erstgenannten Bereich besteht.
„Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse“ ist ein gemeinschaftsrechtlich determinierter
Rechtsbegriff (vgl. Artikel 16 und Artikel 86 Absatz 2 EGV). Er bezieht
sich auf wirtschaftliche - d.h. grundsätzlich marktfähige - Tätigkeiten, die
mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden und die im Interesse der
Allgemeinheit erbracht werden. Es ist dabei nicht erheblich, ob diese
Leistungen von einer staatlichen oder privaten Einrichtung erbracht werden.
Im Ausschuss wurde auch die Meinung
vertreten, der Ausschuss 4 habe im Kontext der Behandlung sozialer Grundrechte
auf die besondere Bedeutung von Leistungen im allgemeinem Interesse Bezug zu
nehmen.
Textvorschlag
2 zu Punkt A des Mandats:
Bei den Staatszielbestimmungen oder
sonst an geeigneter Stelle sollte eine Norm geschaffen werden, die jedenfalls
auch für das Handeln von Regulierungsbehörden gelten soll. Dem Ausschuss liegt
eine Formulierung aus den Beratungen des Ausschusses 1 vor, die dieses Ziel umsetzt.
Sie lautet:
(1) Bund, Länder und Gemeinden gewährleisten die
Erbringung von Leistungen im allgemeinen Interesse (Daseinsvorsorge).
(2)
Derartige Leistungen stellen einen anerkannten, nicht diskriminierenden Mindeststandard
der Teilhabe an jenen Lebensbereichen sicher, die gesellschaftlich regelmäßig
vorkommen.
Von Mitgliedern des
Ausschusses wird ergänzend dazu folgende Formulierung vorgeschlagen, über die
kein Konsens gefunden werden konnte:
(3)
Leistungen im allgemeinen Interesse sind solche, die aus Gründen der
Versorgungssicherheit, des Verbraucherschutzes, der sozialen Erreichbarkeit,
der Gesundheit, der Bildung, der Nachhaltigkeit und des territorialen und
sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft erbracht werden.
Vorschlag
3 zu Punkt A des Mandats:
Der Ausschuss 7 geht davon aus, dass
der Ausschuss 8, der sich mit Regelungen der politischen und parlamentarischen
Kontrolle des Verwaltungshandelns befasst, dabei Regelungen vorlegt, die eine
solche Kontrolle ausgegliederter und / oder weisungsfreier Einrichtungen
sicherstellen.
Textvorschlag
1 zu Punkt B des Mandats:
Der Ausschuss geht davon aus, dass
es einen Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ weiterhin gibt. Dieser soll so
präzisiert werden, dass er dem Bundesgesetzgeber
-
keinen Spielraum zur Schaffung von
Ausgliederungs-Organisationsrecht in privatrechtlichen Formen, oder
-
einen möglichst engen diesbezüglichen Spielraum lässt,
oder
-
zumindest
sicherstellt, dass alle Gebietskörperschaften eine Sonderform in gleicher Weise
nutzen können.
Nur für den Fall, dass es weiterhin
ein besonderes Ausgliederungs-Organisationsrecht geben soll, wird
vorgeschlagen, in geeigneter Weise festzuhalten: Sofern zur Vornahme von
Ausgliederungen im Rahmen des Kompetenztatbestands „Zivilrechtswesen“
Sonderformen des Privatrechts geschaffen werden, stehen diese allen
Gebietskörperschaften in gleicher Weise zur Verfügung.
Erläuterungen:
Die derzeit nur dem Bund zustehende
Kompetenz zur Schaffung von Sonderprivatrecht im Fall von Ausgliederungen soll
den Bund nicht privilegieren und die Länder und Gemeinden nicht diskriminieren.
Dies wird im Ergebnis bedeuten, dass sie nicht auf eine individuell konkrete
Einrichtung bezogen werden dürfen, sondern generell-abstrakt Typen von
Einrichtungen zu erfassen haben (also nicht „Bundesgesetz über das Bundesmuseum
für XY“, sondern „Bundesgesetz über die Ausgliederung öffentlicher Museen“.)
Textvorschlag
2 zu Punkt B des Mandats:
Von Mitgliedern des Ausschusses
wurden zwei Formulierungen vorgeschlagen, über die kein Konsens gefunden werden
konnte:
Zur
Besorgung der Geschäfte der Verwaltung sind die obersten Organe und die ihnen
unterstellten Ämter berufen. Es können erforderlichenfalls Rechtsträger
außerhalb der staatlichen Verwaltung eingerichtet werden.
Erläuterungen:
Der
Grundsatz der Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben durch die staatliche
Verwaltung soll weiter bestehen. Es soll aber eine verfassungsrechtliche
Klarstellung erfolgen, dass auch Rechtsträger außerhalb der staatlichen
Verwaltung zur Besorgung von hoheitlichen und nichthoheitlichen Verwaltungsgeschäften
eingerichtet werden können.
Textvorschlag
1 zu Punkt C des Mandats:
(Rechnungshof)
(1) Der Rechnungshof überprüft die Gebarung des Bundes, der Länder und der Gemeinden (mit mindestens X Einwohnern).
(2) Der Rechnungshof überprüft die
Gebarung sonstiger Selbstverwaltungskörper und anderer Rechtsträger, die der
Aufsicht des Bundes, der Länder oder der Gemeinden unterliegen, insbesondere
die Gebarung der Träger der Sozialversicherung und der gesetzlichen
beruflichen Vertretungen.
(3) Der Rechnungshof überprüft die Gebarung
von Rechtsträgern,
Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich
auch auf Rechtsträger jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß
Z. 2 und 3 vorliegen.
(4) Der
Rechnungshof überprüft die Verwendung von Mitteln des Bundes, der Länder oder der
Gemeinden, die anderen Rechtsträgern zur Erfüllung bestimmter Zwecke zur
Verfügung gestellt wurden.
(5) Die
Überprüfung des Rechnungshofes hat sich auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die
Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erstrecken. Die Überprüfung umfasst
nicht die für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse der Gesetzgebungsorgane. Die
Überprüfung der Gebarung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen hat sich auf
die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden
Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu erstrecken;
diese Überprüfung umfasst jedoch nicht die für die Gebarung in Wahrnehmung der
Aufgaben als Interessenvertretung maßgeblichen Beschlüsse der zuständigen
Organe der gesetzlichen beruflichen Vertretungen.
Erläuterungen:
Abs. 1 fasst die bisher
in den Art. 126b Abs. 1, Art. 127 Abs. 1 und Art. 127a Abs. 1 B-VG enthaltenen
Bestimmungen über die Prüfungskompetenz hinsichtlich der Gebietskörperschaften
zusammen. Gemeinden sollen wie bisher erst ab einer Mindestzahl von Einwohnern
der Rechnungshofkontrolle unterliegen.
Abs. 2 soll eine Prüfung der Selbstverwaltungskörper (außer
den Gemeinden) sowie sonstiger Rechtsträger ermöglichen, die der staatlichen
Aufsicht unterliegen. Darunter fallen etwa auch ausgegliederte Rechtsträger,
die weisungsfrei Verwaltungsaufgaben besorgen. Insbesondere sollen auch die
bisher im Art. 126c und Art. 127b B-VG genannten Träger der Sozialversicherung
und gesetzlichen beruflichen Vertretungen von dieser Bestimmung erfasst und
ausdrücklich genannt werden.
Abs. 3 fasst die bisherige Prüfungskompetenz hinsichtlich
Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen zusammen und knüpft an den umfassenden
Begriff „Rechtsträger“ an.
Abs. 4 entspricht inhaltlich den Art. 126b Abs. 3, Art. 127
Abs. 4 und Art. 127a Abs. 4 B‑VG, wenn man sie in Verbindung mit der Ausführung
der verfassungsgesetzlichen Ermächtigung durch § 13 Abs. 3 Rechnungshofgesetz
1948 liest (vgl. zu letzterer Bestimmung auch Art. 121 Abs. 1 B-VG:
„andere durch Gesetz bestimmte Rechtsträger“). Insofern bewirkt der Vorschlag
keine inhaltliche Rechtsänderung: der Kontrolle unterliegt nicht die gesamte
Gebarung eines geförderten Privatrechtssubjekts, sondern nur die Verwendung der
Fördermittel.
Abs. 5 bewirkt keine Änderung gegenüber der bisherigen
Rechtslage. Diese Bestimmung entzieht die Beschlüsse der Gesetzgebungsorgane -
als deren Organ der Rechnungshof tätig wird - dessen Kontrolle und soll - wie
bisher Art. 127 Abs. 1 letzter Satz B-VG (dieser jedoch nur für die Landtage) -
zum Ausdruck bringen, dass der Kontrollierende sich nicht selbst kontrollieren
kann. Die bisherigen Ausnahmen für gesetzliche berufliche Vertretungen (keine
Zweckmäßigkeitsprüfung und keine Prüfung im Rahmen der Wahrnehmung von
Aufgaben als Interessenvertretung, vgl. Art. 127b Abs. 3 B-VG) sollen
beibehalten werden.
Textvorschlag 2 zu Punkt C des Mandats:
Von Mitgliedern des Ausschusses
wurde folgende Formulierung vorgeschlagen, über die kein Konsens gefunden
werden konnte:
Art. 148a
(Volksanwaltschaft)
(x) Der Prüfung durch die Volksanwaltschaft
unterliegen Rechtsträger,
Die
Zuständigkeit der Volksanwaltschaft erstreckt sich auch auf Rechtsträger jeder
weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß Z. 2 und 3 vorliegen.
Erläuterungen:
Diese Bestimmung orientiert sich an
der Bestimmung über die Zuständigkeit des Rechnungshofs und soll insbesondere
sicherstellen, dass die Privatwirtschaftsverwaltung auch dann der Zuständigkeit
des Volksanwaltschaft unterliegt, wenn sich der Bund ausgegliederter
Rechtsträger bedient. Analog Art. 148i B-VG wäre vorzusehen, dass die
Volksanwaltschaft auch für Rechtsträger im Bereich der Länder und Gemeinden für
zuständig erklärt werden kann.
Textvorschlag
zu Punkt D des Mandats:
Art. 17
(1) Durch die Bestimmungen der Art.
... bis ... über die Zuständigkeit
in Gesetzgebung und Vollziehung wird die Stellung des Bundes und der Länder als
Träger von Privatrechten in keiner Weise berührt.
(2) Bund, Länder, Gemeinden und
sonstige Selbstverwaltungskörper sind privatrechtsfähig. Sie haben das Recht,
innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen
aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen.
Art. 116 Abs. 2
(entfällt)
Erläuterungen:
In den Bestimmungen über die
Privatwirtschaftsverwaltung soll ausdrücklich ohne Veränderungen im derzeit
geltenden Verfassungstext klargestellt werden, dass alle Gebietskörperschaften
und Selbstverwaltungskörper privatrechtsfähig sind.
Durch die allgemeine textliche
Erfassung der Privatrechtsfähigkeit erübrigen sich besondere Normierungen bei
den Gemeinden oder bei den sonstigen Selbstverwaltungskörpern.
Sollte eine Formulierung wie die
vorliegende nicht in den Verfassungstext aufgenommen werden, wäre der Vorschlag
betreffend die Privatrechtsfähigkeit der Selbstverwaltungskörper beim
Textvorschlag zu Punkt E des Mandats (Selbstverwaltung) zu ergänzen.
Textvorschlag
zu Punkt E des Mandats:
x. Hauptstück.
Selbstverwaltung
A. Gemeinden
......
B. Sonstige Selbstverwaltung
Art. x
(Einrichtung)
(1) Durch Gesetz
können Personengruppen in Selbstverwaltungskörpern zur selbstständigen
Wahrnehmung jener öffentlichen Aufgaben zusammengefasst werden, die in ihrem
ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet
sind, durch sie besorgt zu werden.
(2) Zur Sicherung
einer wirksamen und umfassenden Vertretung beruflicher, wirtschaftlicher und
sozialer Interessen sind gesetzliche Interessenvertretungen der gewerblichen
Wirtschaft, der Arbeitnehmer, der Land- und Forstwirtschaft, der Studierenden
und erforderlichenfalls der freien Berufe als Selbstverwaltungskörper
einzurichten.
Von Mitgliedern des Ausschusses
wurde weiters folgende Formulierung vorgeschlagen, über die kein Konsens
gefunden werden konnte:
(3) Zur Sicherung
einer wirksamen und umfassenden Vertretung der gesundheitlichen und sozialen
Interessen der Versicherten wird die Sozialversicherung im Bereich der Kranken,
Unfall- und Pensionsversicherung durch Selbstverwaltungskörper verwaltet.
Art. y
(Rechtsstellung)
(1)
Selbstverwaltungskörper haben das Recht, ihre Aufgaben im Rahmen der Gesetze
und Verordnungen in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen. Den
zuständigen staatlichen Organen kommt ihnen gegenüber ein Aufsichtsrecht hinsichtlich
der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung zu.
(2)
Selbstverwaltungskörpern können Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen
werden. Die Gesetze haben solche Angelegenheiten ausdrücklich als solche des
übertragenen Wirkungsbereichs zu bezeichnen und den Instanzenzug zu regeln.
(3) Durch Gesetz
können Formen der Mitwirkung der Selbstverwaltungskörper an der staatlichen
Vollziehung vorgesehen werden.
Von Mitgliedern des Ausschusses
wurde für den Abs. 2 folgende Variante vorgeschlagen, über die kein Konsens
gefunden werden konnte:
(2) (Variante)
Selbstverwaltungskörpern können Aufgaben staatlicher Verwaltung unter
Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel übertragen werden. Die Gesetze
haben solche Angelegenheiten ausdrücklich als solche des übertragenen
Wirkungsbereichs zu bezeichnen und den Instanzenzug zu regeln.
Für den Fall, dass Ausschuss 3 zu den Bestimmungen über den Weg der
Gesetzgebung nicht den derzeit vorliegenden Vorschlag unterbreitet, könnte an
dieser Stelle ergänzt werden:
(4) Es ist
sicherzustellen, dass Selbstverwaltungskörper vor der Einbringung von
Regierungsvorlagen in die gesetzgebenden Körperschaften und vor der Erlassung
von Verordnungen rechtzeitig angehört werden.
Art. z
(Organisation)
(1) Die Organe
der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis der ihnen angehörenden Personen
nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.
(2) Die
Einrichtung der Selbstverwaltungskörper ist so zu gestalten, dass durch
Beiträge der ihnen angehörenden Personen und, soweit erforderlich, durch
sonstige Mittel die Erfüllung ihrer Aufgaben sichergestellt wird.
Staatszielbestimmung
betreffend die Sozialpartnerschaft
(ergänzende Bestimmung)
Österreich
achtet und fördert die Autonomie und Handlungsformen der Sozialpartner.
Erläuterungen:
Das
derzeit geltende B-VG enthält lediglich für die territoriale Selbstverwaltung
klare Organisationsgrundsätze und Handlungsbefugnisse, jedoch keine allgemeinen
Verfassungsbestimmungen über die sonstige Selbstverwaltung. Diese Lücke soll
durch Schaffung eines neuen Kapitels im Verfassungstext geschlossen werden.
Die generelle Umschreibung der
sonstigen Selbstverwaltung ist so gestaltet, dass sie den derzeit bestehenden
Kreis von Selbstverwaltungseinrichtungen erfassen soll: Jedenfalls sollen die
großen Kammern in ihrer Existenz als Selbstverwaltungskörper gesichert werden.
Bei den berufsständischen Organisationen der freien Berufe wird dem einfachen
Gesetzgeber ein gewisser Spielraum eingeräumt, was bedeutet, dass nicht jeder
sich selbst definierenden Gruppe von Freiberuflern das verfassungsgesetzlich
gewährleistete Recht zusteht, als Selbstverwaltungskörper eingerichtet zu
werden. Es ist ausreichend, wenn im derzeit bestehenden Umfang die
Zugehörigkeit eines Angehörigen eines freien Berufes zu irgendeiner als
Selbstverwaltungskörper organisierten berufsständischen Vertretung gesichert
ist.
Zur Frage, wie in diesem
Zusammenhang Religionsgesellschaften zu sehen sind, wurde davon Abstand
genommen, diese in eine verfassungsrechtliche Regelung über die sonstige
Selbstverwaltung einzubeziehen.
Für die Aufgaben der
Selbstverwaltung und ihre Zuständigkeiten wurden grundsätzliche Regelungen in
Anlehnung an die für die Gemeinden geltenden Regelungen vorgesehen. Die
Verankerung eines Begutachtungsrechts für Gesetzentwürfe kann und soll dann
entfallen, wenn in den Regelungen über die Entstehung von Gesetzen eine
entsprechende allgemeine Transparenz vorgesehen wird.
Auch für die innere Organisation der
Selbstverwaltungskörper wurden nur einige wenige grundsätzliche Regelungen
getroffen; im Detail bleibt die Regelung dem einfachen Gesetzgeber überlassen. Die
grundsätzlichen Regelungen orientieren sich ebenfalls an den
verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gemeinden. Die Anführung des
demokratischen Prinzips wurde bewusst vorgenommen.
Zu Art. x:
Abs. 1 legt
das sog. Subsidiaritätskriterium nach Maßgabe der bisherigen Leitjudikatur des
VfGH fest (vgl. insbesondere VfSlg. 8215/1977).
Mit der Wendung „zusammengefasst
werden“ wird die obligatorische Mitgliedschaft als Strukturelement der
gesetzlich eingerichteten Selbstverwaltungskörper in ihrer Unterscheidung zu
den freiwilligen Vereinigungen betont.
Im Hinblick auf die Selbstverwaltung
in der Sozialversicherung (Abs. 3) ist darauf zu verweisen, dass auch
juristische Personen zu „Personengruppen“ im Sinne eines Dachverbandes
zusammengefasst werden können.
Mit dem Terminus „öffentliche
Aufgaben“ wird im Einklang mit der Lehre (z.B. Korinek, Wirtschaftliche
Selbstverwaltung, 1970, S. 101; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht,
1998, Rz 307; Öhlinger, Verfassungsrecht5, 2003, Rz 545)
darauf hingewiesen, dass Selbstverwaltungskörper für die Besorgung von
Gemeinschaftsaufgaben eingerichtet werden. Öffentliche Aufgaben sind Aufgaben,
„an deren Erfüllung die Öffentlichkeit maßgeblich interessiert ist“ (vgl. Korinek,
Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, S. 101 unter Verweis auf Peters,
Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: Dietz/Hübner (Hrsg.),
Festschrift für H.C. Nipperdey, Bd. II, 1965). Es sind Aufgaben, die
sowohl vom Staat als auch von der Gesellschaft wahrgenommen werden können. Der
Begriff der öffentlichen Aufgaben geht damit über den der staatlichen Aufgaben
weit hinaus, was u.a. daran augenscheinlich wird, dass es zur vornehmlichen
öffentlichen Aufgabe von Selbstverwaltungskörpern zählt, die Interessen ihrer Angehörigen
auch gegenüber dem Staat selbst zu vertreten.
Zu Abs 2: Ein
wesentlicher Ausfluss „wirksamer“ Vertretung liegt auch in der individuellen
Interessenvertretung der Angehörigen (insbesondere Beratung und Rechtsschutz).
Mit dem Begriff „Arbeitnehmer“ soll
jener Beschäftigtenkreis erfasst werden, der nach derzeitiger Rechtslage (§ 10
Arbeiterkammergesetz 1992) arbeiterkammerzugehörig ist.
Eine Änderung ist nicht
beabsichtigt. Dies bedeutet insbesondere, dass die in der derzeitigen
Verfassungsbestimmung des § 10 Abs. 2 Z 1 AKG angeführten Arbeitnehmer von
Gebietskörperschaften nicht einbezogen werden, sehr wohl aber Arbeitnehmer im
Sinne des § 10 Abs. 1 AKG. Die Einbeziehung weiterer Personengruppen in
die Zugehörigkeit zur Arbeiterkammer durch Gesetz auf Grundlage des Art x Abs.
1 wird dadurch aber nicht ausgeschlossen.
Eine legistische Bereinigung, die
die derzeitigen verfassungsrechtlichen leges fugitivae in § 10 Abs. 1 Z 2
und Abs. 2 Z 1 AKG überflüssig macht, wird angeregt.
Zu Art. z:
Im Abs. 1 wurde im Hinblick
auf die dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des VfGH
innewohnende Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der
Verbandsangehörigen das Erfordernis der demokratischen Organkreation bewusst
angeführt. Ein Abgehen von der herrschenden Auffassung in Lehre und
Rechtsprechung ist nicht beabsichtigt. Die Selbstverwaltung bleibt daher auch
künftig sowohl in der Form der direkten als auch der indirekten (sog.
„abgeleiteten“) Selbstverwaltung mit indirekter Organbestellung zulässig (VfGH
10.10.2003, G 222/02, G 1/03). Der Kreis, aus dem die Organe berufen werden
können, wird so wie im geltenden Recht derart verstanden, dass auch Vertreter
bestimmter juristischer Personen damit erfasst sind (vgl. etwa § 420 ASVG und
die korrespondierenden Bestimmungen im GSVG, BSVG, B-KUVG).
Zur Staatszielbestimmung betreffend
die Sozialpartnerschaft:
Der Vorschlag für eine
Staatszielbestimmung betreffend die Sozialpartner orientiert sich insbesondere
an Art. 47 des Entwurfs der Verfassung für Europa. Er wird zuständigkeitshalber
dem Ausschuss 1 zugeleitet.
Der Vorsitzende des Ausschusses 7:
Dr. Manfred Matzka