Österreich-Konvent

Positionspapier des Bundesministeriums für Finanzen für den Ausschuss 10 Finanzverfassung
22. Februar 2004

 

A)        Allgemeines

 

Wenngleich sich die Finanzverfassung aufgrund ihrer weit gehenden Beschränkung auf die Grundzüge bisher als taugliche Basis für die Regelung der Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften erwiesen hat, kann sie auf die neuen Herausforderungen, die sich durch die Einbindung Österreichs in ein europäisches System von Stabilitäts- und Berichts­pflichten ergeben, keine ausreichenden Antworten geben. Gerade im Zusammenhang mit dem Bestreben, den Konnexitätsgrundsatz und die Einnahmenverantwortung der Länder zu stärken, bedarf es zur Unterstützung der finanzpolitischen Stabilität Österreichs geeigneter Instrumente und Vorgaben für eine Koordinierung der Haushaltspolitik, einschließlich eines adäquaten Informationsaustausches und Möglichkeiten für Schuldenbremsen der Gebiets­körperschaften. Diesen neuen Herausforderungen wurde zwar teilweise durch den Österreichischen Stabilitätspakt Rechnung getragen, allgemeine und unbefristete verfassungsrechtliche Grundlagen fehlen aber weiterhin.

 

1. Grundsätzliches zum Inhalt, zum Aufbau und zur Gesetzestechnik der Finanzverfassung

 

Die Verfassung eines Staates hat die grundsätzlichen "Spielregeln" vorzugeben. Auch jener Teil davon, der die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften betrifft, soll sich daher auf generelle und abstrakte Regelungen beschränken, die es dem Finanz­ausgleichsgesetzgeber ermöglichen, flexibel auf Veränderungen, etwa auf geänderte Aufgabenverteilungen, zu reagieren. Die Finanzverfassung hat daher die Grundsätze im Bereich der Kostentragung sowie der Einnahmenbeschaffung und –verteilung festzulegen. Die Ausführung sollte aber – wie bisher – dem einfachen Bundesgesetzgeber und dem einfachen Landesgesetzgeber (bzw. auf Gemeindeebene auch dem Verordnungsgeber) überlassen werden.

 

So hat sich zum Beispiel das System, die Abgabentypen im F-VG festzulegen und die Kompetenzkompetenz für die Verteilung der Ertragshoheit dem einfachen Bundesgesetz­geber und dem einfachen Landesgesetzgeber zu überlassen, bewährt. Wo einzelne Details jetzt im F-VG geregelt werden, weil Ausnahmen von der grundsätzlichen Kompetenzverteilung für notwendig erachtet wurden (z.B. Kompetenzverteilung bei der Kommunalsteuer), sollte angestrebt werden, diese unsystematischen Detailbestimmungen durch allgemein gültige Regelungen zu ersetzen.

 

Das Ziel, widersprüchliche bzw. verstreute Finanzverfassungsbestimmungen legistisch zu bereinigen, wird begrüßt. Da die bisherige Judikatur des VfGH schon zahlreiche Klarstellungen über die eigentliche Bedeutung der einzelnen Bestimmungen im F-VG getroffen hat, kann sich die legistische Bereinigung des Finanzverfassungsgesetzes weitgehend auf ein Nachvollziehen der VfGH-Judikatur beschränken. Die sonder-finanz­verfassungsrechtlichen Bestimmungen in einzelnen Finanzausgleichsgesetzen (z.B. zur Landesumlage) sollten jedenfalls in die Finanzverfassung übernommen werden. Eine Neuordnung der Finanzverfassung sollte auch dafür genutzt werden, eindeutige Aussagen zu treffen, ob bzw. welche Bestimmungen der Finanzverfassung auch auf die Gemeinde­verbände anzuwenden sind.

 

Auch im Bereich der Kostentragung und des Haushaltsrechts wurden in den letzten Jahren spezielle Regelungen herausgebildet, die die allgemeinen Regeln der Finanzverfassung ergänzen: Die Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und der Österreichische Stabilitätspakt enthalten Bestimmungen, die – teilweise in der Vereinbarung, teilweise durch die Ermächtigung im Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes ("Ermächtigungs-BVG") – Ausnahmen vom F-VG enthalten. Diese Vereinbarungen haben sich grundsätzlich bewährt, den Informationsfluss zwischen den Gebietskörperschaften intensiviert und das Verständnis für eine gesamtstaatliche Verantwortung aller Gebietskörperschaften verstärkt.

 

Die Frage nach der juristischen Vorgangsweise bei derartigen Bestimmungen im Verfassungsrang wird vom Ausschuss 2 zu beantworten sein. Davon unabhängig sollten die grundsätzlichen Ziele des "Ermächtigungs-BVG" sowie der beiden Vereinbarungen (Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt) in die Finanzverfassung selbst integriert werden.

 

2. Grundsätzliches zu den Zielsetzungen einer Finanzverfassung

 

Das F-VG enthält in seinem § 4 allgemeine inhaltliche Anforderungen an die Finanz­ausgleichsgesetzgeber, die dem Gesetzgeber einerseits ausreichend Spielraum geben, andererseits – insbesondere in Zusammenhang mit der Judikatur des VfGH zu dieser Bestimmung – einen hinreichenden Bezug zwischen den Finanzausgleichsgesetzen und den Aufgaben der einzelnen Gebietskörperschaften gewährleisten. Eine Änderung des in § 4 enthaltenen Bezugs auf einen lastenadäquaten Finanzausgleich sowie die Verpflichtung, auf die Leistungsfähigkeit der einzelnen Gebietskörperschaften bedacht zu nehmen, erscheint somit nicht notwendig.

 

Hingegen erscheint eine Ergänzung dieser Zielsetzung dahingehend, dass die Finanz­ausgleichsgesetzgeber sich (auch) am Prinzip gleichwertiger Lebensverhältnisse zu orientieren haben, ebenso diskussionswürdig wie die Aufnahme eines Ziels der Zusammen­führung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung. Die mangelnden Kompetenzen der Länder für die Finanzierung ihrer eigenen Aufgaben und Ausgaben sind als Defizite des österreichischen Finanzausgleichssystems anzusehen, die nicht nur aus finanz­politischer, sondern auch aus demokratie- und föderalismuspolitischer Sicht problematisch sind.

 

Vorschläge für neue Zielbestimmungen oder Vorgaben für den Bereich der Mittelverteilung sollen allerdings nicht dazu führen, dass finanzausgleichsrechtliche Vorstellungen, die in Finanzausgleichsverhandlungen bisher nicht konsensfähig wären, über den Umweg einer Verfassungsänderung durchgesetzt werden. Die bereits dargestellte Rollenverteilung zwischen Finanzverfassung und Finanzausgleichsgesetzgeber ist ebenso einzuhalten wie Abgrenzung zwischen Finanzverfassung und Haushaltsrecht. Letzteres führt zur Erkenntnis, dass Zielsetzungen des Haushaltsrechts und Regelungen über ein Globalbudget nicht Thema der Finanzverfassung sind.

 

3. Grundsätzliches zum Gesetzgebungsverfahren

 

Wenngleich Finanzausgleichsgesetze keinen besonderen formalen Rechtserzeugungsnormen unterliegen, kommt ihnen insofern eine Sonderstellung zu, als nach der Judikatur des VfGH zu § 4 F-VG ein sachgerechtes System des Finanzausgleiches schon im Vorfeld der Gesetz­gebung eine Kooperation in Form von Beratungen zwischen den Gebietskörperschaften voraussetzt.

 

Diese Rechtslage bietet einerseits Garantien für einen sachgerechten Finanzausgleich, andererseits lässt es dem Gesetzgeber den notwendigen Gestaltungsspielraum. Diese Konstellation kann als bewährt angesehen werden, besondere formale Rechtserzeugungs­regeln für Finanzausgleichsgesetze sind daher nicht erforderlich.

 

Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bundes- und Landesgesetzgeber zur Regelung der finanziellen Beziehungen zu den Gemeinden ist unsystematisch und besteht aus einem Nebeneinander von Elementen des zweigliedrigen und des dreigliedrigen Finanzausgleich, zum Teil auch aus parallelen Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes und der Länder. In der Finanzausgleichspraxis führt dies zu einer Überlagerung von bundes- und landesgesetz­lichen Bestimmungen, bei der Maßnahmen des einen Gesetzgebers durch Maßnahmen des anderen konterkariert werden können. Die Beschränkung des Bundesgesetzgebers auf die Regelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Land inkl. der Gemeinden dieses Landes einerseits und eine umfassende Kompetenz des Landesgesetzgebers für die Regelung der Finanzbeziehung zwischen Land und den Gemeinden andererseits würde zu eindeutigen Verantwortlichkeiten beitragen und zugleich zu einer Reduzierung der Komplexität des Finanzausgleiches führen.

 

Die in § 9 F-VG vorgesehenen besonderen Mitwirkungsrechte des Bundes an der Abgaben­gesetzgebung der Länder haben sich in der Praxis bewährt. Abgesehen von wenigen Einsprüchen, die ausschließlich mit Eingriffen in Kompetenzen des Bundes begründet wurden, hat die Bundesregierung ihr Einspruchsrecht nur dort angewendet und wurde der gemeinsame Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates – in den letzten Jahrzehnten nur ein einziges Mal – nur dort befasst, wo landesgesetzlich versucht wurde, durch spezielle steuerrechtliche Konstruktionen entweder direkt oder indirekt den Bund oder die Bürger anderer Bundesländer zu belasten.

 

Die bisherige Regelung erscheint daher weiterhin sinnvoll und unverzichtbar.

 

B)        Kostentragung

 

Der in § 2 F-VG enthaltene Grundsatz der eigenen Kostentragung (Konnexitätsgrundsatz) ist beizubehalten und zu stärken.

 

§ 2 F-VG verweist zusätzlich zur Regelung abweichender Kostentragungsbestimmungen auf den zuständigen Gesetzgeber. Zwei Aspekte sind dabei zu beachten:

 

1.   Der Gesetzgeber ist ermächtigt, im Einzelfall Ausnahmen vom Grundsatz der eigenen Kostentragung vorzusehen.

 

Solche Ausnahmeregelungen konterkarieren die Vorzüge, die der Konnexitätsgrundsatz bietet. Zum einen wurde in den letzten Jahren die Möglichkeit der zuständigen Gesetz­gebung, Kosten auf andere Gebietskörperschaften abzuwälzen, bereits durch die Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus abgeschwächt. Zum anderen ermöglichen auch Zweckzuschüsse und Finanzzuweisungen, bei Bedarf eine Gebiets­körperschaft bei der finanziellen Bewältigung einer Aufgabe zu unterstützen. Lediglich dort, wo es um Aufgaben geht, die sinnvollerweise nur gemeinsam erfüllt werden können bzw. im Interesse nicht nur einer Gebietskörperschaft stehen, ist die Möglichkeit einer vom Konnexitätsgrundsatz abweichenden Vereinbarung über die Kostentragung zu bejahen.

 

Es sollten daher abweichende Kostentragungsregelungen weitgehend vermieden und klare Vorgaben dafür vorgesehen werden, wann ein Gesetzgeber abweichende Kosten­tragungen normieren kann.

 

2.   § 2 F-VG verbietet der Vollziehung, ohne gesetzliche Regelung mit privatrechtlichen Vereinbarungen vom Konnexitätsgrundsatz abzuweichen.

 

Dieser zweite Aspekt ergibt sich aus einer jüngeren Judikatur des OGH, in der Verträge zwischen Gebietskörperschaften über abweichende Kostentragungsregelungen als nichtig im Sinne des § 879 ABGB betrachtet wurden. Da es dazu allerdings nur vereinzelte Erkenntnisse gibt, ist der genaue Anwendungsbereich dieses Verbotes in einigen Bereichen unklar. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit sollte eine klare Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes- und des Landesgesetzgebers und der Vollziehung in die Finanzverfassung aufgenommen werden.

 

C)        Abgabenwesen

 

Das F-VG enthält derzeit keine Definition des Begriffes "Abgabe", allerdings sind darunter gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nur Geldleistungen zu verstehen, die der Bund, die Länder oder Gemeinden kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres Finanzbedarfes erheben.

 

Diese von der Judikatur herausgearbeitete Begriffsdefinition könnte unverändert in das F-VG übernommen werden, eine Einschränkung oder Ausweitung des Abgabenbegriffes und damit des Regelungsgegenstands der Finanzverfassung ist nicht erforderlich. Ebenso kann die von der Finanzwissenschaft vorgenommene Unterscheidung in Steuern, Beiträge und Gebühren für die Finanzverfassung als entbehrlich angesehen werden, d.h., dass diese unterschied­lichen Arten von Abgaben verfassungsrechtlich – das heißt vor allem kompetenzrechtlich – weiterhin gleich behandelt werden sollten.

 

Auch die grundsätzliche Konzeption des F-VG bei der Verteilung der Ertragshoheit, Abgaben­hoheit und Verwaltungshoheit hat sich im Wesentlichen bewährt und sollte daher beibehalten werden:

 

Die Kompetenz zur Regelung der Ertragshoheit, also die Kompetenzkompetenz, ist zwischen dem Bundesgesetzgeber und dem Landesgesetzgeber geteilt.

 

Die in § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 F‑VG enthaltenen Grundsätze sind allerdings durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen durchbrochen (§ 7 Abs. 3 und 4 F‑VG). Bei allen wichtigen Landes- und Gemeindeabgaben besteht die Möglichkeit für den Bundesgesetz­geber, sich die Regelung und Verwaltung vorzubehalten. Diese Ausnahmen sowie der Umstand, dass der Finanzausgleichsgesetzgeber im Einvernehmen mit den Ländern und Gemeinden davon regelmäßig Gebrauch macht, zeigen ein breites Bedürfnis, die kompetenz­rechtliche Möglichkeit für den Bundesgesetzgeber vorzusehen, auch bei Landes- und Gemeindeabgaben einheitliche Bestimmungen oder Grundsätze vorzusehen.

 

Diese völlig unsystematischen, teils bei bestimmten Anlassfällen entstandenen und aufgrund ihres Umfangs schon als Normalfall zu bezeichnenden Ausnahmebestimmungen sollten in ein systematisches, allgemein gültiges Konzept eingebunden werden, mit dem geregelt wird, unter welchen materiellen und – allenfalls auch nur – formalen Voraussetzungen dem Bundesgesetzgeber hinsichtlich der Landes- und Gemeindeabgaben (Grundsatz‑)Bestimmungen erlassen kann.

 

Das Steuererfindungsrecht der Länder kann vom Landesgesetzgeber nur in geringem Umfang genützt werden, weil die wesentlichen Besteuerungstatbestände bereits finanzausgleichs­rechtlich zugeordnet sind. Auch dort, wo das Steuererfindungsrecht zu Tragen kommt, ist die kompetenzrechtliche Frage, ob gleichartige Bundesabgaben von demselben Besteuerungs­gegenstand bereits bestehen, nur unsicher zu beantworten und bedarf regelmäßig erst einer Klärung durch den VfGH, was aus Gründen der Rechtssicherheit unbefriedigend ist, weshalb Alternativen zum derzeitigen System diskutiert werden sollten.

 

Neue Abgaben werden in der Praxis unabhängig von diesen, wie gesagt beschränkten, kompetenzrechtlichen Möglichkeiten von den Ländern nicht ohne Abstimmung mit dem Bund eingeführt. Die einzigen relevanten Beispiele für derartigen Abgaben der Länder, für die keine finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung vorliegt, bilden die Abgaben auf das Parken von Kraftfahrzeugen. Das Steuererfindungsrecht der Länder kann daher als quasi totes Recht bezeichnet werden und könnte im Interesse der Rechtssicherheit somit auch ersatzlos entfallen.

 

Zur Vermeidung von Missverständnissen ist zu betonen, dass die Frage einer im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage systematischeren Kompetenz des Bundes zur Regelung von materiellem Abgabenrecht für Landes- und Gemeindeabgaben sowie einer Neuregelung oder Abschaffung des Steuererfindungsrechts völlig getrennt zu sehen ist von der Frage der Einnahmenverantwortung der Länder und Gemeinden. Einnahmenverantwortung bedeutet nicht (nur), neue Abgaben zu erfinden, sondern heißt vor allem, dass Landtag und Gemeinde­rat selbst über die Höhe der in ihrem Land bzw. ihrer Gemeinde einzuhebenden Abgaben zu entscheiden haben und damit die Höhe der Steuerbelastung, soweit sie aus den Ausgaben dieser Gebietskörperschaft resultieren, gegenüber den Bürgern selbst zu verantworten haben.

 

Die Finanzausgleichsgesetze haben bisher den Großteil der Einnahmenverantwortung dem Bund und den Gemeinden übertragen, während derartige Kompetenzen der Länder fast zur Gänze fehlen. Die Gründe für dieses Defizit sind allerdings nicht in der Finanzverfassung zu suchen, sondern darin, dass der (einfache) Finanzausgleichsgesetzgeber von den verfassungsrechtlich eingeräumten Möglichkeiten zuwenig Gebrauch macht.

 

Aufgabe der Finanzverfassung ist es vielmehr, dem Finanzausgleichsgesetzgeber weiterhin die erforderlichen Instrumente in größtmöglichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Eine Kompetenz des Bundes zur Normierung einheitlicher (grundsatzgesetzlicher) materiellrecht­licher Regelungen bei Landes- und Gemeindeabgaben kann eine Unterstützung dieser Instrumente sein, weil sie ermöglicht, solche Abgaben der Abgabenhoheit der Länder zu überlassen, wo – etwa im Interesse eines einheitlichen Wirtschaftsstandortes – einheitliche Grundsätze gewünscht oder erforderlich sind.

 

D)        Transfers

 

Zu diskutieren ist, inwieweit die diffizile Abgrenzung des F-VG zwischen Zuschüssen, Finanz­zuweisungen, Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen notwendig ist. § 13 F‑VG enthält zwar einige Möglichkeiten für Bundes- und Landesgesetzgeber, die Leistung von Transfers an Bedingungen zu knüpfen, allerdings beschränkt auf Bedarfszuweisungen und Zweckzuschüsse und auch hier nur in einem unmittelbaren logischen Zusammenhang mit dem Zweck der Transferleistung. Bund und Länder sollten darüber hinaus die Gewährung von Transfers – insbesondere bei nicht zweckgebundenen – mit allgemeinen Zielen oder Bedingungen verbinden können.

 

Das F-VG enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen über die Möglichkeit eines horizontalen Finanzausgleiches zwischen den Ländern oder Gemeinden untereinander. Ein Ausgleich zwischen Gebietskörperschaften einer Ebene kann daher nur über den Umweg der übergeordneten Gebietskörperschaften hergestellt werden (vertikaler Finanzausgleich). Wünschenswert wäre es, auch finanzausgleichsrechtliche Zahlungsströme zwischen den Gebietskörperschaften auf gleicher Ebene vorzusehen. Derartige Instrumente können nicht nur zum Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gebietskörperschaften, sondern etwa auch für eine verstärkte Zusammenarbeit von Gemeinden untereinander bei der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben (z.B. Betriebsansiedlungen oder von Infrastruktur­vorhaben) eingesetzt werden.

 

E)        Haushaltsrecht

 

Gemäß Art. 13 Abs. 2 B-VG haben Bund, Länder und Gemeinden bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes anzustreben. Die sich daraus ergebende Notwendigkeit zur Haushaltskoordinierung wurde durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt der Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiter verstärkt und wird derzeit im Österreichischen Stabilitätspakt normiert. Die grundsätzlichen Bestimmungen des Österreichischen Stabilitätspakts sollten in eine neue Finanzverfassung integriert werden, während die Detailregelungen dem einfachen Bundesgesetzgeber vorbehalten bleiben sollten. Der diesbezügliche Vorschlag des Vorsitzenden des Ausschusses 1 wird daher unter­stützt. Dieser Vorschlag lautet:

 

"Bund, Länder und Gemeinden haben einen ausgeglichenen öffentlichen Haushalt (Gesamt­staat) über einen Konjunkturzyklus sicher zu stellen und ihre Haushaltsführung im Hinblick auf diese Zielsetzung zu koordinieren. Dabei haben Bund, Länder und Gemeinden zu gewähr­leisten, dass die für die Haushaltskoordinierung erforderlichen Daten rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Bundesgesetzgebung regelt die näheren Verpflichtungen der Gebiets­körperschaften zur Erreichung dieser Ziele. Dabei können insbesondere Verpflichtungen in Bezug auf Haushaltsergebnisse und Informationspflichten sowie Sanktionen für den Fall der Verletzung dieser Verpflichtungen vorgesehen werden."

 

Eine unprofessionelle Verwaltung sowohl von Schulden als auch von Vermögen kann zu überhöhten Kosten und Verlusten führen. Größeren Einheiten stehen die für eine sichere und ertragsreiche Verwaltung notwendigen Ressourcen eher zur Verfügung. Bei einer Häufung bestimmter Entwicklungen kann ein unkoordiniertes Vermögensmanagement der Gebiets­körperschaften auch volkswirtschaftlich bedenklich werden, wie es etwa bei der Aufnahme von – nicht professionell verwalteten – Fremdwährungskrediten durch Gemeinden oder bei überhöhten Zinsen auf der Gemeindeebene der Fall ist.

 

Eine Koordinierung der Haushalte der Gebietskörperschaften, die tatsächlich Auswirkungen haben soll, muss letztendlich Schulden- und Defizitgrenzen vorgeben. Dieser Weg wurde bereits im Österr. Stabilitätspakt eingeschlagen und ist aufgrund der Verpflichtungen gegen­über der EU, aber auch aus allgemeinen wirtschaftspolitischen Gründen (Stabilität und Bonität Österreichs) erforderlich. Zu überlegen ist daher, finanzverfassungsrechtlich die Möglichkeiten für den Bundes- und Landesgesetzgeber auszubauen, stärker in die Schulden- und Vermögensverwaltung eingebunden zu werden, wobei primär Aufsichtsrechte unter dem Blickwinkel der Unterstützung der nachgeordneten Gebietskörperschaften in Betracht kommen.

 

Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, sich die Voranschläge und Rechnungs­abschlüsse der Gebietskörperschaften vorlegen zu lassen und Auskünfte über deren Finanz­wirtschaft einzuholen. Diesem Recht steht allerdings keine unter Sanktionen stehende Verpflichtung der betroffenen Gebietskörperschaften gegenüber. Diese Bestimmung bedarf daher einer Ergänzung, die es ermöglicht, dass Konsequenzen für allfällige Verstöße gegen diese Bestimmung vorgesehen werden.

 

Bundesministerium für Finanzen

im Februar 2004