Dr. Eva Glawischnig

 

Arbeitsunterlage für die Präsidiumssitzung am 28. Mai 2004

Textvorschläge betreffend Kompetenzverteilung

 

Im Lichte aller im Konvent eingenommen Positionierungen wird die Ausarbeitung folgenden Modells gewünscht:

 

Vorbemerkung: Neben dem vom Ausschuss genannten Zielsetzungen – Reduktion der Kompetenztypen, Flexibilisierung, Vereinfachung und Bedachtnahme auf EU-Kompetenzen – muss das neue  System auch Rechtssicherheit für die BürgerInnen und Handlungsfähigkeit der Politik sicherstellen.

 

1. Kompetenztatbestände

 

Die Kompetenztatbestände sind final zu definieren: Zusammenfassung der alten KTB zu abgerundeten KTB vor dem Hintergrund eines Zwei Säulenmodells und der EU-Rechtssetzung. Diese sind so zu formulieren, dass potentiell jeder neu auftauchende Regelungsbedarf jedenfalls einem Gesetzgebungskörper zuwächst. Eine Interpretation nach dem Versteinerungsprinzip ist auszuschließen. Zu den besonderen ökologischen und sozialen Erfordernissen siehe Arbeitsunterlagen Mag. Dr. Petrovic für den Ausschuss 5 vom Oktober und November 2003.

 

2. Struktur der Kompetenzverteilung:

 

Das Zwei Säulen-Modell ist weiterzuverfolgen:

 

  1. Säule – Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder
  2. Säule – Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes mit Delegationsmöglichkeit an die Länder (mittelbarer bzw unmittelbarer Bundesvollzug)

Plus Bedarfsklausel des Bundes und Untermaßverbot in der Ländergesetzgebung.

 

Eine Einschränkung der Bedarfsklausel auf bestimmte Materien, wie dies im bisher diskutierten Drei Säulen-Modell vorgenommen wird, bringt nicht die notwendige Flexibilität. Eine konkurrierende Gesetzgebung steht diametral zum Gebot der Rechtssicherheit. Gemeinsame Zuständigkeiten ergeben sich einfach durch entsprechende Definition der Kompetenztatbestände zB Naturschutz (Länder) und Koordination des Naturschutzes (Bund), sodass keineswegs nur in der dritten Säule eine gemeinsame Zuständigkeit gegeben ist. Auch bei finalen Tatbeständen käme es zu Überschneidungen der Länder- und Bundesmaterien im tatsächlichen Lebenssachverhalt, sodass insgesamt von einer gemeinsamen Zuständigkeit von Bund und Ländern auszugehen ist. Dem ist durch entsprechende Verfahren Rechnung zu tragen.

 

Bedarfsklausel: Kommt keine Einigung im gemeinsamen NR/BR-Ausschuss (siehe unten) zustande,  so ist der Bedarf des Bundes nach dem Erfordernis zur Herstellung gleichwertiger Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse, zum Schutz des ökologischen Gleichgewichts oder im gesamtstaatlichen Interesse zu beurteilen.

 

 

 

 

  1. Verfahren und neue Institutionen zur Koordination der Gesetzgebung

 

Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung durch einen Bundesrat, der sich aus Landtagsabgeordneten zusammensetzt. Zur Beratung sind nur Materien vorzusehen, die wesentliche Auswirkungen auf die Länder haben, und zwar mit relativem Vetorecht, in eingeschränkten Bereichen mit absoluten Vetorecht. Vor Inanspruchnahme der Bedarfsklausel durch den Bund ist jedenfalls der gemeinsame BR/NR-Ausschuss zu befassen. Der Bundesrat dient des weiteren der Koordination der Landesgesetzgebung, jeder Landtag/jede Landesregierung kann Beratungsgegenstände zur empfehlenden Beschlussfassung herantragen. Des weiteren kommt den Landesregierungen bzw Landtagen ein Gesetzesinitiativrecht zum Nationalrat (also zu Bundesgesetzen) zu. In diesen Fällen sind die InitiatorInnen zur Beratung des Nationalrates beizuziehen. Den Landtagen kommt auch in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung das Interpellationsrecht resp. Entschließungsrecht an den LH (LReg.Mitglied) zu. Sowohl der Bund als auch die Länder können im Zuge eines Begutachtungsverfahrens im Fall positiver Kompetenzkonflikte die geplante Erlassung eines Gesetzes zum Thema des gemeinsamen BR/NR-Ausschusses machen, der eine Empfehlung abgeben kann (letztlich entscheidet der VfGH).

 

Kompetenzvereinbarungen werden abgelehnt, sie schieben Entscheidungen, die jetzt im Zuge des Konvents zu treffen sind, nur hinaus. Das Procedere ist viel zu langwierig.

 

Die Ersatzvornahme des Bundes bei defizitärer Umsetzung von EU-Recht durch die Länder sollte bereits 6 Monate nach Ablauf der Umsetzungsfrist möglich sein.

 

Wie in Ausschuss 9 bereits vorgebracht sollte die Haftung des Staates bei legislativem Unrecht insbesondere Untätigkeit des Gesetzgebers generell eingeführt werden und nicht bloß in Zusammenhang mit der Verletzung von EU-Recht.

 

Weitere Konkretisierungen wären im Laufe der Ausarbeitung zu besprechen.