21. Dezember 2004

 

Neufassung des

ÖVP-Vorschlages zur

 

Kompetenzverteilung und zu den Rechten des Bundesrates

eingebracht am 21.12.2004

 

A.     Verteilung der Gesetzgebungsaufgaben zwischen Bund und Ländern

 

 

-          Anmerkung: Die in den Art. X1, X2, und X3 aufgenommenen Kompetenzfelder werden hinsichtlich ihrer Formulierung und Zuordnung an die Ergebnisse des Ausschusses 5 angeglichen und bedürfen einer gesonderten Einigung.

 

-          Festgehalten werden muss zudem, dass es sich hierbei um ein Gesamtpaket handelt, das nicht isoliert von den Beratungen des Ausschusses 10  gesehen werden kann.

 

 

Art. X1– Ausschließliche Bundesgesetzgebung

 

(1) Ausschließliche Zuständigkeit des Bundes ist die Gesetzgebung in folgenden Angelegenheiten:

 

1.         Bundesverfassung;

 

2.         Auswärtige Angelegenheiten des Bundes;

 

3.         Bundesfinanzen;

 

4.      Statistik für Zwecke des Bundes;

 

5.         Organisation und Dienstrecht des Bundes;

 

6.         Staatsbürgerschaft, Personenstandswesen und Aufenthalt;

 

7.         Geldwirtschaft und Kapitalverkehr

 

8.      Wahrung der äußeren Sicherheit;

 

9.      Wahrung der inneren Sicherheit, soweit sie nicht unter Art. X2 fällt;

 

10.         Zivilrechtswesen, Justizpflege und Justizstrafrecht;

 

11.         Kartellwesen und Wettbewerbsrecht;

 

12.         Wirtschaftliche Schutzrechte;

 

13.    Verkehr, soweit er nicht unter Art. X2 fällt;

 

14.         Arbeitsrecht;

 

15.         Sozialversicherungswesen

 

16.     Medien und Nachrichtenübertragung;

 

17.     Kirchen- und Religionsgemeinschaften;

 

18.     Kulturelle Einrichtungen des Bundes

 

19.         Normung, Standardisierung und Typisierung;

 

20.         Gesundheitswesen, soweit es nicht unter Art. X2 fällt;

 

21.    Tier- und Pflanzenschutz

 

22.    Wasser-, Forst- und Bergwesen

 

23.    Gewerbe und Industrie

 

24.   Wirtschaftslenkung und landwirtschaftliche Marktordnung

 

25.   Umweltschutz, soweit er nicht unter Art. X2 oder Art. X3 fällt

 

26.   Abfallwirtschaft

 

27.   Schulwesen, soweit es nicht unter Art. X2 fällt

 

28. Universitäten und Fachhochschulen

 

29. Familienpolitik

 

            (2) In den Angelegenheiten des Zivilrechts einschließlich der Organisation von Privatrechtsträgern können die Länder im Rahmen ihrer Gesetzgebungszuständigkeiten abweichende zivilrechtliche Regelungen erlassen. In den Angelegenheiten des Strafrechts dürfen die Länder im Rahmen ihrer Gesetzgebungszuständigkeiten die zur Regelung des Gegenstands erforderlichen Bestimmungen erlassen.

 

            (3) In den Angelegenheiten des Abs. 1 Z 26 ist die Landesgesetzgebung zu ermächtigen, Ausführungsbestimmungen zu erlassen, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Ländern auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend erreicht werden können.

 

 

Art. X2– Ausschließliche Landesgesetzgebung

 

Ausschließliche Zuständigkeit der Länder ist die Gesetzgebung in folgenden Angelegenheiten:

 

1.         Landesverfassung;

 

2.         Auswärtige Angelegenheiten der Länder;

 

3.         Landesfinanzen

 

4.      Statistik für Zwecke der Länder und Gemeinden;

 

5.         Organisation des Landes und der Gemeinden;

 

6.         Dienstrecht des Landes und der Gemeinden;

 

7.         Katastrophenhilfe, Feuerwehr und Rettungswesen

 

8.         Veranstaltungen und örtliche Sicherheit

 

9.      Organisation der regionalen und örtlichen Gesundheitsdienste und Bestattungswesen;

 

10.         Kindergärten, Kinderbetreuung, Horte

 

11.         Straßenrecht und öffentliches Wegerecht mit Ausnahme von Bundesstraßen

 

12.    Baurecht

 

13.         Öffentliches Wohnungswesen und Wohnbauförderung

 

14.    Natur- und Landschaftsschutz;

 

15.    Sport und Tourismus;

 

16.    Kulturelle Angelegenheiten der Länder;

 

17.         Raumordnung und Bodenschutz;

 

18.         Landwirtschaft, soweit sie nicht unter Art. X1 fällt; Jagd und Fischerei; Bodenreform;

 

19.         Jugendfürsorge und Jugendschutz, Sozial- und Behindertenhilfe;

 

20.   Schulwesen hinsichtlich der Pflichtschulen, Erwachsenenbildung und anderer außerschulische Bildungsformen.

 

 

Art. X3 – Kooperative Gesetzgebung

 

 (1) Soweit ein Bedürfnis nach Erlassung bundeseinheitlicher Vorschriften besteht, können folgende Angelegenheiten durch Bundesgesetz geregelt werden. Abweichende Bestimmungen können in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind.

 

1.      Verwaltungsverfahren;

 

2.      Allgemeiner Teil des Verwaltungsstrafrechts;

 

3.      Verwaltungsstrafverfahren;

 

4.      Verwaltungsvollstreckung;

 

5.      Enteignungen

 

6.      Auskunftspflicht

 

7.  Umweltverträglichkeitsprüfung

 

8.  Öffentliche Auftragsvergabe;

 

9.  Datenschutz

 

10. Energiewesen

 

11. Heil- und Pflegeanstalten

 

(2) Soweit der Bund keine Regelungen trifft, kommt die Zuständigkeit zur Gesetzgebung in den Abs 1 Z 10 und 11 genannten Angelegenheiten den Ländern zu. Solche Landesgesetze dürfen den Bundesgesetzen nicht widersprechen.

 

 

Art. X4 - Privatwirtschaftsverwaltung

 

Auf die Tätigkeit von Bund und Ländern als Träger von Privatrechten sind die Bestimmungen der Art. X1-X3 nicht anzuwenden.

 

 

Art. X5 - Vollziehung

 

            (1) Die Vollziehung der in Art. X1 Abs. 1 genannten Angelegenheiten ist Bundessache.

 

            (2) Im Bereich der Länder üben die Vollziehung des Bundes, soweit nicht eigene Bundesbehörden bestehen (unmittelbare Bundesverwaltung), der Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden aus (mittelbare Bundesverwaltung).

 

(3) Die Vollziehung der in Art. X2 genannten Angelegenheiten ist Landessache,

 

(4) Die Vollziehung der in Art. X3 Abs. 1 Z 1 bis 6 genannten Angelegenheiten steht dem Bund oder den Ländern zu, je nachdem, ob die den Gegenstand des Verfahrens bildende Angelegenheit der Vollziehung nach Bundes- oder Landessache ist.

 

 

Art. X6 – Kompetenzzuordnungsgesetz

 

            (1) Der Bund hat für den Bereich der Gesetzgebung die einzelnen Regelungs­materien den Angelegenheiten nach Art. X1 bis X 3 in einem einfachen Bundesgesetz (Kompetenzzuordnungsgesetz) zuzuordnen.

 

            (2) Der Bund hat in diesem Kompetenzzuordnungsgesetz für den Bereich der Vollziehung festzulegen, welche Angelegenheiten des Art. X1 unmittelbar von Bundesbehörden versehen werden können. Ferner hat der Bund darin die Zuständigkeit zur Vollziehung der in Art. X3 Abs. 1 Z 7 bis 11 genannten Angelegenheiten zu regeln.

 

            (3) Gegenstand des Gesetzes gemäß Abs. 1 können auch

 

1) die Abgrenzung der Angelegenheiten und Regelungsmaterien voneinander und die Ausschöpfung von Zuständigkeiten des jeweiligen Wirkungsbereiches des Bundes und der Länder,

 

2) Ausnahmen von der Vollziehung des Bundes und der Länder gemäß X5 sowie

 

                        3) die Festlegung der Zuständigkeit zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht

sein.

 

 

Art. X7 – Umsetzung von Gemeinschaftsrecht

           

(1) Bund und Länder sind verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die in ihrem selbständigen Wirkungsbereich zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der europäischen Integration erforderlich werden.

 

(2) Kommt ein Land dieser Verpflichtung nach Abs. 1 nicht rechtzeitig nach und wurde von der Europäischen Kommission eine entsprechende mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben, kann der Bund die erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere die notwendigen Gesetze erlassen.

 

            (3) Eine nach Abs. 2 vom Bund getroffene Maßnahme, insbesondere ein solcherart erlassenes Gesetz oder eine solcherart erlassene Verordnung, tritt außer Kraft, sobald das Land die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.

 

            (4) Die Länder sind verpflichtet, auf Verlangen dem Bund Auskünfte über die von den Ländern getroffenen Maßnahmen nach Abs. 1, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu erteilen.

 

 

B. Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung

 

 

Art Y1 – Rechte des Bundesrates

 

      (1) Der Bundesrat hat das Recht, während der Verhandlungen eines Gesetzes­vorschlages im Nationalratsausschuss an den Beratungen teilzunehmen und eine Stellungnahme abzugeben.

 

(2) Jeder Gesetzesbeschluss ist dem Bundesrat zu übermitteln. Abgesehen von den Fällen des Abs. 6 hat der Bundesrat das Recht, binnen acht Wochen gegen einen Gesetzesbeschluss oder gegen Teile desselben Einspruch zu erheben.

 

(3) Ein Gesetzesbeschluss kann, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur dann beurkundet und kundgemacht werden, wenn der Bundesrat keinen mit Gründen versehenen Einspruch erhoben hat oder in den Fällen des Abs. 6 seine Zustimmung erteilt hat. Der Einspruch muss dem Nationalrat binnen acht Wochen nach Einlangen des Gesetzesbeschlusses beim Bundesrat von dessen Vorsitzenden schriftlich übermittelt werden; er ist auch dem Bundeskanzler zur Kenntnis zu bringen.

 

(4) Wiederholt der Nationalrat seinen ursprünglichen Beschluss, so ist dieser zu beurkunden und kundzumachen. Beschließt der Bundesrat, keinen Einspruch zu erheben, oder wird innerhalb der im Abs. 2 festgesetzten Frist kein mit Begründung versehener Einspruch erhoben, ist der Gesetzesbeschluss zu beurkunden und kundzumachen.

 

            (5) xxxx

 

Anmerkung: Insoweit Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Auflösung des Nationalrates, eine vorläufige Vorsorge im Sinne von Art. 51 Abs. 5 oder eine Verfügung über Bundesvermögen, die Übernahme oder Umwandlung einer Haftung des Bundes, das Eingehen oder die Umwandlung einer Finanzschuld des Bundes oder die Genehmigung eines Bundesrechnungsabschlusses betreffen, steht dem Bundesrat keine Mitwirkung zu. [vgl. dzt. Art. 42 Abs. 5; muss erst geklärt werden]

 

(6) Folgende Gesetze bedürfen der in Anwesenheit von mindestens einem Drittel der Mitglieder und mit einer unbedingten Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates:

 

1.            Verfassungsgesetze;

2.            das Gesetz nach Art. X6 (Kompetenzzuordnungsgesetz);

3.            Gesetzesbeschlüsse in den Angelegenheiten des Art. X3 (Kooperative Gesetzgebung)

4.            Verfassungsausführungsgesetze (taxative Aufzählung)

-          Bezügebegrenzungsgesetz

-          Unvereinbarkeitsgesetz

 

                        Eine Kundmachung dieser Gesetze ist nicht zulässig, wenn 3 Länder der Kundmachung widersprechen.

 

(7) Der Bund hat den Ländern in den Angelegenheiten des Abs. 6, insbesondere durch rechtzeitige Übermittlung von Entwürfen, Gelegenheit zu geben, an der Vorbereitung von Gesetzgebungsvorhaben des Bundes mitzuwirken.

 

(8) Die gemäß Abs. 6 zu erteilender Widerspruch der Länder erfolgt durch die Landeshauptleute.

 

 

Art. Z1 – Mitwirkungsrechte der Länder am Subsidiaritätsmechanismus

 

Die Landtage haben im Hinblick auf das Subsidiaritätsverfahren gegenüber dem Bundesrat das Recht, die Abgabe von Stellungnahmen zu Vorhaben der Europäischen Union sowie die Einbringung von Klagen beim Europäischen Gerichtshof zu beantragen. Die näheren Regelungen sind in einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern zu treffen.

 

 

Übergangsbestimmung

 

Bis zum Inkrafttreten des Kompetenzzuordnungsgesetzes bleibt die bestehende Verteilung der Zuständigkeiten in Gesetzgebung und Vollziehung, einschließlich Art. 102 Abs. 2 bis 4, zwischen Bund und Ländern aufrecht.

 

Die neue Kompetenzverteilung und das Kompetenzzuordnungsgesetz berühren nicht den älteren Rechtsbestand. Sie gelten nur für nach dem Inkrafttreten zu beschließendes Recht.