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Der Konvent hat dem Ausschuss 10 folgendes Thema
zugewiesen:
Finanzverfassung – Reform der Finanzverfassung,
insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung von Einnahmen- und
Ausgabenverantwortung und eines bedarfsgerechten Finanzausgleichs.
Am 19. Dezember wurde dem Ausschuss ein Mandat
zugewiesen. Aufgrund dieses Auftrages wurde ein Arbeitsprogramm erstellt, das
dem Ausschuss am 25. Februar vorgestellt wurde.
Das Positionspapier des
Österreichischen Gemeindebundes orientiert sich im wesentlichen nach dem Mandat,
um ein Querlesen zu den anderen Stellungnahmen möglichst zu gewährleisten. Im
Text befinden sich zusätzliche Hinweise auf die Kernforderungen des
Gemeindebundes (א). Diese sind auch noch im Anhang
in einer Punktation zusammengefasst.
Die Reform der Finanzverfassung ist für die
österreichischen Gemeinden von existenzieller Bedeutung. Der Ausschuss 10 hat
vom Konvent die Bearbeitung von grundlegenden verfassungsrechtlichen
Reformthemen überantwortet bekommen. Für die österreichischen Gemeinden ist die
Arbeit in diesem Ausschuss schon deshalb von Bedeutung, da die Zukunft der
österreichischen Kommunalverwaltung ganz wesentlich von der finanziellen
Ausstattung der Kommunen abhängt. Wie die Entwicklungen der letzten Jahre
gezeigt haben, werden den Gemeinden zwar immer mehr Aufgaben zugewiesen,
gleichwohl müssen sie Sparpakete mittragen, die zu bedeutenden Einnahmeausfällen
führen. Gerade die Entwicklung des Budgetrechts im Schatten der
„Maastricht-Kriterien“ und die Bestrebungen zur Steuerreform zeigen, dass die
Gemeinden im System der österreichischen Finanzverfassung eine nachrangige
Stellung einnehmen. Ein neues partnerschaftliches bundesstaatliches System
verlangt aber, dass die Gemeinden an der Fortentwicklung der finanziellen Beziehungen
im Bundesstaat stärker als dies derzeit der Fall ist, beteiligt werden müssen.
Die Reform der österreichischen Finanzverfassung muss
eines der zentralen Themen der Bundesstaatsreform sein. Das derzeit geltende
System der österreichischen Finanzverfassung stammt in seinen Grundzügen aus
den 20er-Jahren, wurde durch das Reichsdeutsche Finanzrecht mit
zentralistischem Gehalt aufgeladen und als solches 1948 in das F-VG
übergeführt. Ohne eine Reform des Finanzverfassungsrechts ist eine
Harmonisierung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung nicht möglich.
Der Konvent hat dem Ausschuss 10 das Thema der Reform
der Finanzverfassung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung
von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung und eines bedarfsgerechten
Finanzausgleichs zugewiesen und eine Reihe von Fragestellungen präzisiert. Der
Österreichische Gemeindebund möchte zu diesen Fragestellungen folgende erste
Position abgeben:
§ 6 F-VG gliedert die Abgaben in verschiedene Typen.
Dabei wird auf die Verfügungskompetenz über den Abgabenertrag (Ertragshoheit)
als Unterscheidungsmerkmal angeknüpft. Als Hauptformen kann man ausschließliche
Abgaben, die jeweils einer Gebietskörperschaft zufließen und geteilte Abgaben,
deren Ertrag den verschiedenen Gebietskörperschaften zufließt, unterscheiden. §
6 regelt die Abgabentypen abschließend. Dem einfachen Gesetzgeber ist es
verwehrt, einen Abgabentypus zu schaffen, der im § 6 F-VG nicht vorgesehen ist.
Die Schaffung neuer Typen ist daher nur in Form eines Bundesverfassungsgesetzes
möglich. Diesen Weg ist der Verfassungsgesetzgeber etwa mit Erlassung des § 17
Abs 3 a F-VG gegangen.
Der bestehende Typenzwang in der Finanzverfassung hat
den Vorteil der Übersichtlichkeit und auch einer gewissen Sicherheit vor
einfachgesetzlichem Wildwuchs, der oft aus tagespolitisch motivierten Überlegungen
entstehen kann. Aus der Sicht der Gemeinden ist eine Aufweichung des
Typenzwanges nicht unbedingt erforderlich. Die realen Finanzierungsprobleme der
Gemeinden und die für die Gemeinden vorhandenen Schwächen der österreichischen
Finanzverfassung lassen sich sicherlich nicht am Typenzwang des Finanzverfassungsgesetzes
aufhängen.
Inwieweit die Diskussion im Ausschuss 10 neue
Entwicklungen hervorbringen wird, die welche die
Überlegung dieser Frage notwendig machen, kann derzeit nicht eingeschätzt
werden. Aus einer vorläufigen Position
heraus sollte daher für dDer Österreichische
Gemeindebund votiert
spricht sich in
diesem Sinne für die Beibehaltung der verfassungsrechtlich
festgeschriebenen Abgabentypen ausvotiert
werden.
Das F-VG 1948 kann durchaus als „schlanke
Finanzverfassung“ bezeichnet werden. Im Bereich der finanziellen Beziehungen
ist es sicher nicht anzustreben, zu starke verfassungsrechtliche Regulierungen
vorzusehen, da der Weg der Bundesverfassungsgesetzgebung ein sehr
schwerfälliger und durch vielerlei Kompromissnotwendigkeiten gekennzeichnet
ist. Ein solches System einer schlanken Finanzverfassung mit vielfältigen
Ermächtigungen an den einfachen Bundesgesetzgeber ist aber nur dann akzeptabel,
wenn das bestehende materielle Übergewicht des Bundes zugunsten von
stärkeren Partizipationsmöglichkeiten der Gemeinden zurückgedrängt wird.
Diese prozedurale Strukturschwäche der derzeitigen Finanzverfassung zeigt sich
besonders deutlich beim Verhältnis von bundesverfassungsrechtlichen zu
einfachgesetzlichen Regelungen bei der Verteilung der Besteuerungsrechte. Nach
der derzeitigen Rechtslage kommt die Kompetenzkompetenz auf dem Gebiete der
Verteilung der Besteuerungsrechte dem einfachen Bundesgesetzgeber zu. Diese
einfachgesetzliche Kompetenzkompetenz des Bundesgesetzgebers kann nur dann als
dynamisch und flexibel akzeptiert werden, wenn den Ländern und Gemeinden ein
verbindlicher Einfluss auf diese Verteilung der Besteuerungsrechte eingeräumt
wird.
Die derzeit bestehenden Konsultationsverpflichtungen
sind nur einfachgesetzlich geregelt (§ 7 FAG 2001) und daher jederzeit für den
einfachen Bundesgesetzgeber disponibel. Wenn auch der VfGH in seiner ständigen
Rechtsprechung dem Paktum eine besondere Bedeutung einräumt, so sollten doch die
Verhandlungspflicht und die Grundregeln von fairen Verhandlungen auch außerhalb
von Stabilitätspakt und Konsultationsmechanismus bundesverfassungsrechtlich
festgelegt werden. Nur unter dieser Vorraussetzung ist es für die
österreichischen Gemeinden akzeptabel, am derzeitigen System der
einfachgesetzlichen Kompetenzkompetenz festzuhalten. Konkret sollte diese
Position der Gemeinden am besten dadurch umgesetzt werden, dass § 7 FAG 2001 mit
Verfassungsrang in das F-VG übernommen wird.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Übernahme von § 7 FAG 2001(Verhandlungsgebot bei
steuerpolitischen Maßnahmen) in Verfassungsrang
Ob die Bestimmungen über Haushaltsrecht und
Finanzstatistik bundesverfassungsrechtlich geregelt sein müssen, kann
bezweifelt werdenwird bezweifelt. Durch das derzeit
starre und bundesverfassungsrechtlich festgelegte System des einheitlichen
Haushaltsrechts aller Gebietskörperschaften werden innovative Ansätze unterbunden.
Die Klagen über die negativen „Nebenwirkungen“ der Kameralistik sind
berechtigt. So ist es etwa kaum möglich, Leistungsverträge zwischen
Gebietskörperschaften anzusiedeln und diese in Ergänzung zu den Bedarfs- und
Schlüsselzuweisungen zum Einsatz zu bringen.
Es ist auch zu hinterfragen, ob das Verbot
rechtsgeschäftlicher Verfügung über Abgabenrechte und Ansprüche aus dem
Finanzausgleich – diese Norm ist ausschließlich an die Gemeinden gerichtet –
noch zeitgemäß ist. Solche Fragen könntensollen
im Sinne der Verschlankung des Verfassungsrechts durchaus aus
dem F-VG herausgenommen werden und allenfalls einfachgesetzlich, sei es im FAG
oder in finanzausgleichsrechtlichen Nebenbestimmungen des Bundes,
festgeschrieben werden.
In eine finanzverfassungsrechtliche
Deregulierungsdiskussion kann könnte auch
die Bestimmung des § 14 F-VG gezogen werden. Zunächst ist die praktische
Bedeutung dieser Bestimmung sehr gering, was mit ein Grund für ihre Aufhebung sein
kannwäre. Sodann ist diese Bestimmung ein
stark bevormundendes Instrument der Länder über die Gemeinden. Es ist nicht
ersichtlich, worin ein so überwiegendes Bundesinteresse liegen sollte,
den Ländern vorzuschreiben, in welcher Rechtsform den Gemeinden Kredite zu
gewähren sind. Für den kommunalen Investitionsbereich aber auch für die
Kooperation der Gebietskörperschaften im wirtschaftsrechtlichen Bereich ist
diese Bestimmung in mehrfacher Hinsicht hinderlich. Ein Blick ins geltende
Gesellschaftsrecht und Zivilrecht genügt, um zu erkennen, dass es hier
ausreichend privatrechtliche Umgehungsmöglichkeiten gibt, welche aber im Sinne
der Transparenz problematisch sein könneind.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: stärkere und partnerschaftliche Einbindung der Gemeinden in die
Finanzverfassung als gleichwertige
Finanzausgleichspartner / Ausbau einer kooperativen und föderativen
Finanzordnung
Der Finanzausgleich, verstanden als der Versuch der
Herstellung einer einigermaßen funktionierenden Balance zwischen Ausgaben--
und Ausfgabenverantwortung
wird immer ein komplexes rechtliches Phänomen sein. Daher sind Vorstellungen,
die Komplexität des Finanzausgleichs im weiteren Sinne zu reduzieren, vorsichtig
und skeptisch zu bewerten.
Überlegt werden soll weniger eine Reduktion dieser Komplexität –
diese ergibt sich aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichsten
Interessenslagen und Interessensstrengen in der Steuer- und Finanzpolitik vom
Bund, welche in irgendeiner Form harmonisiert werden müssen. Überlegt werden kannmuss
eine Regelung und transparente Steuerung dieser Komplexität, indem ein neues
Zusammenspiel von Prinzipien, Verfahrensregeln und – soweit notwendig –
materielle Einzelbestimmungen neu positioniert werden. Die Prinzipien des
geltenden Finanzverfassungsrechts sind wohl nicht zu
beanstanden. Sie sollten allerdings modernisiert und
präzisiert werden. Dies gilt sowohl für die Kostentragungsregel als auch für
die Finanzausgleichsgerechtigkeit. Ziel eines Finanzausgleichs im weiteren
Sinne muss es sein, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung so einander näher zu
bringen, dass die Gebietskörperschaften aus eigener Kraft ihre Aufgaben
bewältigen können. Ein Weg der Komplexitätssteuerung köannte
darin liegen, dass eine Regel geschaffen wird, wonach ein eindeutiger Vorrang
der Abgaben vor den Transfers verankert wird.
Eine Reduktion des Finanzausgleichs auf die allgemeine
Ebene von Bund-Länder wird wohl kaum durchhaltbar sein. Landesinterne Maßnahmen
des Finanzausgleichs wird es wohl auch in Zukunft benötigen. Hier
stellt sich lediglich die Frage nach der besten
legistischen Ausgestaltung.
Präzisiert man die Grundsätze (Prinzipien) des
Finanzausgleichs im weiteren Sinne, so solltemuss
dies von einer Neuformulierung der Verfahrensregeln begleitet sein. Hier ist
eine Aufwertung der Gemeinden – aber auch der Länder- als gleichwertige
Finanzausgleichspartner unerlässlich. Der „principal agent’s Ansatz“ (Dieter
Bös) der Finanzverfassung muss zugunsten kooperativer Verfahren weiterentwickelt
werden. Für die Gemeinden muss dabei dem Österreichischen Gemeindebund wohl die
führende Rolle eingeräumt werden.
Auf das komplizierte Regelwerk des FAG wird man wohl auch
in Zukunft nicht verzichten können, da finanzielle Beziehungen zwischen
Gebietskörperschaften, wenn sie mehrjährig vereinbart werden, wohl immer der
Schriftform bedürfen. Ob ein künftiger Finanzausgleich bundesgesetzlich § 15 a
B-VG oder im Wege eines Vertrages unter Einbeziehung der Gemeinden
festgeschrieben wird, ändert an der Komplexität dieses Regelwerkes nichts.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Reduktion der Komplexität des Finanzausgleichs / Transparenz
bei den Finanztransfers
Finanzverfassung und Finanzausgleich haben im
Bundesstaat fast überall dieselben Ziele: Die Übereinstimmung von Aufgaben- und
Ausgabenverantwortung, ausreichende Bedeckung der finanziellen Bedürfnisse der
Gebietskörperschaften und der Ausgleich zwischen strukturstarken und
strukturschwachen Gebietskörperschaften, um eine homogene Wirtschafts- und
Sozialentwicklung im gesamten Bundesgebiet sicherzustellen. Orientiert man die
Finanzverfassung künftig stärker am Gedanken der Finalität, so sollten
die finanzausgleichspolitischen Ziele einer modernen bundesstaatlichen
Verfassung in einem Zielkatalog gleich zu Beginn der Finanzverfassung
niedergeschrieben werden. Dabei sollte Bedacht
genommen werden, dass dieser Zielkatalog nicht überfrachtet oder durch Subziele
zu einer gewissen Beliebigkeit verkommt.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Zusammenführung/Harmonisierung von Aufgaben- und
Ausgabenverantwortung
Die Zusammenführung von Einnahmen- und
Ausgabenverantwortung, von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung ist eines der
wichtigsten Anliegen der Bundesstaatsreform. Dieses Vorhaben ist zwar äußerst
komplex, muss aber im Rahmen einer bundesstaatlichen Struktur mit besonderer
Anstrengung verfolgt werden. Aus der Sicht der Gemeinden werden in einer ersten
Runde zunächst nur die Eckpunkte einer solchen Strategie positioniert:
a) Eine künftige Finanzverfassung solltemuss
sich an der Priorität von Abgaben zulasten von verschiedenen Transferleistungen
orientieren.
b)
Den Gemeinden müssen
ausreichend eigene Steuerquellen offengehalten werden, die sie in die Lage
versetzen, ihre Pflichtaufgaben in großem Umfange aus (diesen) Gemeindeabgaben
zu erfüllen.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Sicherstellung ausreichender gemeindeeigener Steuerquellen
c) Durch eine verfassungsrechtliche Garantie
soll
muss die Finanzierung von Leistungen
der Daseinsvorsorge als Pflichtaufgaben gesichert werden. Die Berücksichtigung
der Daseinsvorsorge und der kommunalen Infrastruktur sollen müssen ausdrücklich
in den § 4 F-VG aufgenommen werden.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Sicherstellung der Grundfinanzierung der kommunalen Aufgaben,
v.a. in Zusammenhang mit dem Bereich der kommunalen Infrastruktur und der
Daseinsvorsorge
c) Die verfahrensrechtlichen Regeln müssen neu strukturiert
werden. Dazu gehört unter anderem, dass dem „26-er Ausschuss“ des § 9 F-VG“
auch eine ausreichende Zahl an Gemeindevertretern angehören müussen.
Auch das Verfahren des § 10 F-VG soll nicht, wie derzeit, ausschließlich von Akteuren
von Bund und Ländern gestaltet werden. Auch hier müssen die Gemeinden
unmittelbar eingebunden werden. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, ob die
Bestimmung des § 10 F-VG überhaupt noch zeitgemäß ist oder ob man hier nicht
mit den Mitteln der Gemeindeaufsicht das Auslangen findetn kann.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Neustrukturierung und Vereinfachung der verfahrensrechtlichen
Regelungen im F-VG und FAG, stärkere und unmittelbare Einbindung der
Interessenvertretungen der Gemeinden (zB in § 9 F-VG)
e) Die Integration und der behutsame Ausbau
der Instrumente des Stabilitätspaktes und des Konsultationsmechanismus in die
Finanzverfassung sollen müssen gewährleisten,
dass den Gemeinden ein wirkungsvolles Instrument in die Hand gegeben wird, um
sich künftig gegen die bestehende Disparität von Einnahmen- und
Ausgabenverantwortung besser zur Wehr setzen zu können.
Die Grundsätze
der Mittelverteilung sollten anhand von finalen
Bedarfskriterien allgemein in der Finanzverfassung geregelt werden. Als wWichtigste
Forderung dazu ist die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips auch
in der Finanzverfassung zu erheben. Es soll damit Kongruenz
zwischen Ausgaben- und Aufgabenverantwortung hergestellt werden. Die Gemeinden
sollen in die Lage versetzt werden, ihre eigenen Aufgaben auch durch eigene
Einnahmen zu finanzieren. Dazu soll das Abgabenerfindungsrecht der Gemeinden
als primäre Einnahmequelle für Gemeindeaufgaben verfassungsrechtlich anerkannt
werden.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Verankerung des Subsidiaritätsprinzips in der Finanzverfassung
Aus der Sicht der Gemeinden ist es sinnvoll, am
dreigliedrigen Finanzausgleich festzuhalten. Eine dreigliedrige Struktur
ermöglicht bei gutem Willen aller Partner eine bessere und problemorientiertere
Mittelverteilung als dies in einem zweigliedrigen System möglich ist. Die
Finanzverfassung sollte zwar deutlich die Grundelemente enthalten, aber keine
Details regeln.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes:
Ein zweistufiger Finanzausgleich wird ausdrücklich abgelehnt
Der Gesetzgebungsprozess, der zur Verabschiedung des
Finanzausgleichs führt, muss alle drei Gebietskörperschaften als
gleichberechtigte Partner einbinden. Die Rechtsform eines Bundesgesetzes für
den Finanzausgleich ist sicherlich nicht zwingend. Genauso gut könnte kann ein
Finanzausgleich in Form einer 15 a BVG-Vereinbarung unter Beteiligung des
Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes
festgeschrieben werden. Dies wäre insbesondere dann systemkonform, wenn es zu
einer Neuregelung der bundesstaatlichen Verträge in der Gestalt käme, dass
nunmehr auch die Gemeinden als vollberechtigte Partner im System der 15 a B-VG
Verträge aufgenommen würde. Sollte sich der Bundesverfassungsgesetzgeber
entschließen, in Hinkunft statt dem derzeit bestehenden Bundesrat eine Länder-
und Gemeindekammer einzurichten, so würde die Einbindung dieser zweiten Kammer
in den Finanzausgleichsgesetzgebungsprozess den Interessen der Gemeinden
entsprechen. Sollte dies nicht der Fall sein und soll an der bundesgesetzlichen
Form des FAG festgehalten werden, so muss die Finanzverfassung mit verfahrensrechtlichen
Elementen aufgeladen werden, die die gleichberechtigte Teilnahme der Gemeinden
am Finanzausgleich sichert. Dazu gehört die finanzverfassungsrechtliche
Garantie der Konsultationspflicht des Bundes mit Ländern und Gemeinden, die die
Gebietskörperschaften zu einvernehmlichen Lösungen verpflichten soll. Diese
Verpflichtung sollte durch einen
Konsultationsmechanismus abgesichert werden.
In diesem Fall sollte der
Gedanke des Paktums verstärkt verfahrensmäßig verankert werden: Als Prüfungsmaßstab
für den VfGH sollte das Paktum positivrechtlich
verankert werden, wie es schon derzeit in der Judikatur praktiziert wird: Ein
paktierter Finanzausgleich trägt daher die Vermutung der Verfassungskonformität
in sich. Stimmen nicht alle Partner dem Finanzausgleich zu, so gilt der
verfassungsrechtliche Prüfungsstab ohne diese Vermutung. In diesem Fall sollte
zur Objektivierung der finanziellen Auseinandersetzungen ein Gutachten des
Rechnungshofes obligatorisch einzuholen sein.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Das Paktum der Finanzausgleichspartner ist verstärkt
verfahrensmäßig abzusichern und als Prüfungsmaßstab positivrechtlich zu verankern
Gegen das Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen
abgabenrechtliche Gesetzesbeschlüsse der Landtage ist aus der Sicht der
Gemeinden nichts einzuwenden, solange auch den Ländern die Möglichkeit gegeben
ist, an der entsprechenden Bundesgesetzgebung mitzuwirken. Der derzeitige
„26-er Ausschuss“ des § 9 F-VG sollte jedoch in seiner Zusammensetzung geändert
werden. Da abgabenrechtliche Gesetze der Länder in ihrer überwiegenden Zahl
unmittelbar oder zumindest mittelbar Auswirkungen auf die Gemeinden haben,
müssen Gemeindevertreter auch in den Ausschuss nach § 9 F-VG eingebunden
werden. Aus der Sicht der Gemeinden wäre ist eine
drittelparitätische Zusammensetzung des Ausschusses anzustreben. Man könnte kann sich
aber auch auf eine geringere Zahl an Mitgliedern einigen, sollte sofern das
Prinzip der Drittelparität politisch nicht durchsetzbar seinist.
Aufbauend auf dem BVG-Gemeindebund behandeln die
rechtlichen Grundlagen des Stabilitätspaktes und des Konsultationsmechanismus
erstmals in der österreichischen Verfassungsrechtsentwicklung die Gemeinden als
gleichwertige bundesstaatliche Partner im föderativen Staatsaufbau. Dieser von
den Gemeinden sehr positiv beurteilte Ansatz der Partnerschaft und Kooperation
sollte
als Grundelement der österreichischen Finanzverfassung generelle Wirksamkeit
erlangen. Aus der Sicht der Gemeinden sind Stabilitätspakt und
Konsultationsmechanismus trotz der derzeit beobachtbaren Aufweichung der
Stabilitätskriterien durch die EU im Sinne einer gesamtstaatlichen
Verantwortung unverzichtbar. Beide Instrumente solltenmüssen
daher in das F-VG (neu) integriert werden, da beide Pakte auch in Zukunft
unverzichtbare Instrumente der föderativen Finanzordnung sein sollen. Das
Verhältnis zwischen Finanzverfassung und dem Konsultationsmechanismus und
Stabilitätspakt sollte daher kein
Ausnahme-Regel-Verhältnis sein, vielmehr solltenmüssen
alle drei Rechtsakte harmonisch ineinander integriert werden.
(in Absprache mit FA 6)
Die Einführung von Globalbudgets mag ist zwar
in Teilbereichen der Staatsorganisation möglich sein, als
gesamtstaatliches Instrument ist hier jedoch Skepsis angebracht. Die
Vorstellungen von Globalbudgets bestechen zwar im ersten Augenblick durch
Einfachheit, Transparenz und Flexibilität, jedes
Globalbudget bedarf jedoch seiner Konkretisierung für die einzelnen
organisatorischen Einheiten und Untereinheiten einer Gebietskörperschaft. Bei
diesem notwendigen Differenzierungsprozess kommt es naturgemäß zu intensiveren
Verteilungskämpfen zwischen den betroffenen Einheiten als dies im derzeitigen
System der Fall ist. Sollte man sich der Idee der Globalbudgets wirklich
nähern, was nicht vor eingehender Diskussion erfolgen sollte, ist wäre es
notwendig, ausdifferenzierte Verfahrensstrukturen zu schaffen, welche
sicherstellen, dass rationale Verteilungs- und Unterverteilungsmechanismen die
Aufgabenerfüllung der Gebietskörperschaften in all ihren Verästelungen
ermöglichen.
Durch die Einführung des Konsultationsmechanismus sind
die Möglichkeiten der Gebietskörperschaften, gegenbeteiligte
Gebietskörperschaften durch Gesetzgebungsmaßnahmen kostenmäßig zu belasten, wesentlich
entschärft worden. Aus diesem Grund ist es aus der Sicht der Gemeinden
notwendig, den Konsultationsmechanismus und auch die Ziele der gerechten
Aufgaben- und Ausgabenverantwortung in den Text des Finanzverfassungsgesetzes
aufzunehmen.
Die Gemeindeverbände sind derzeit nicht in der
Finanzverfassung berücksichtigt. Die Finanzierung der Aufgaben der
Gemeindeverbände findet nach geltender Rechtslage nur eine geringe
finanzverfassungsrechtliche und finanzausgleichsrechtliche Berücksichtigung
vor. Aus der Sicht der österreichischen Gemeinden ist eine generelle
Einbindung der Gemeindeverbände in die Finanzverfassung derzeit nicht unbedingt
erforderlich. Die Aufgaben der Gemeindeverbände finden mittelbar über die
Gemeindeaufgaben Berücksichtigung in den finanzverfassungsrechtlichen
Bestimmungen. Eine generelle Aufnahme der Finanzierung der Gemeindeverbände in
das F-VG birgt die Gefahr in sich, dass damit eine weitere (Zwischen)Schicht
von Gebietskörperschaften geschaffen wird, welche von den österreichischen
Gemeinden insgesamt aber nicht angestrebt wird. Lediglich die
finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Transfers sollten die
Gemeindeverbände einbeziehen.
Weitere kooperative Elemente, insbesondere die Regeln
über den interkommunalen Finanzausgleich, finden sich derzeit in erster Linie
einfachgesetzlich verwirklicht. Daneben stellen die Regelungen über gemeinschaftliche
Abgaben, über die Landesumlage, über verschiedene kooperative
Verfahrensmechanismen, etc, kooperative Elemente in der Finanzverfassung dar.
Aus der Sicht der österreichischen Gemeinden kommt dabei der Ermächtigung des §
3 Abs 2, die Landesumlage einzuheben, besondere Bedeutung zu. Aus der Sicht der
Gemeinden ist diese Bestimmung angesichts der chronischen Finanzierungsnöte der
österreichischen Kommunen nicht nur anachronistisch, sondern auch aus
grundsätzlichen Erwägungen falsch. Die Landesumlage ist in der Tat ein
Instrument der Abschöpfung von Gemeinderessourcen durch die Länder, um diese –
angereichert mit Bedingungen und Auflagen – wiederum an die Gemeinden
zurückfließen zu lassen. Diese Praxis der Gemeindefinanzierung über den Umweg
der Landesumlage muss wird als
Eingriff in die finanzielle Autonomie der Gemeinden gewertet und daher strikt
abgelehnt werden.
& territoriale
Selbstverwaltung (FA 7)
& Stärkung der
interkommunalen Zusammenarbeit und Ausbau des Instituts Stadt mit eigenem
Statut (FA 3)
Dieses Prinzip, das im deutschen Verfassungsrecht der
sechziger und siebziger Jahre eine große Rolle spielte, sieht in der
Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse einen wesentlichen Parameter für die
Aufgabenbesorgung und damit auch für die Aufgabenfinanzierung. Dieses Prinzip
gilt auch als Ausdruck bundesstaatlicher Homogenität, das heute in einer starr
differenzierten Lebenswelt nicht mehr unumstritten ist.
Dieses Prinzip ist aus der Sicht der österreichischen
Gemeinden nicht unproblematisch. Zunächst steht es in einem starken
Spannungsverhältnis zum Prinzip der Einheitsgemeinde. Aus dem Umstand, dass die
Zuweisung von Gemeindeaufgaben an alle Gemeinden, unabhängig von ihrer Größe,
zu erfolgen hat, darf nicht der Schluss gezogen werden, dass die Umsetzung der
Gemeindeaufgaben im Sinne einheitlicher Lebensverhältnisse gleiche Kosten
verursacht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es einen breiten Grundkonsens
über die Qualität von Verwaltungsleistungen in allen Größenklassen von
Gemeinden gibt, bedeutet dies nicht, dass daraus allgemeine Schlüsse für
gleichförmige Kosten der Aufgabenerfüllung in einzelnen Gemeindetypen
abgeleitet werden können. Als Steuerungsprinzip könnte dieses Prinzip der
einheitlichen Lebensverhältnisse aber umgekehrt in dem Sinne dienen, dass den
finanzschwächeren Gemeinden verstärkt Unterstützung entgegengebracht werden
muss, damit sie ihre Verwaltungsstruktur auf eine diesem Prinzip entsprechende
Leistungsschiene bringen können. Dies könnte allenfalls als Argument für einen
stärkeren Finanzbedarf finanzschwächerer Gemeinden verwendet werden. Allerdings
ergibt sich schon aus den Intentionen, Aufgaben-, Ausgaben- und
Einnahmenverantwortung kongruent zu machen, dass dieses Prinzip im Finanzausgleich
eine Rolle spielen muss. Aus der Sicht der Gemeinden sollte die Positivierung
eines solchen Grundsatzes zunächst sehr gründlich diskutiert werden, da dieses
Prinzip ein sehr schillerndes ist. Hier könnte für die österreichischen
Gemeinden unter Umständen mehr Schaden als Nutzen drohen, wenn es nicht klar
definiert wird.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Ziel ist es, die Ausgleichselemente in der Finanzverfassung vor
allem zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden zu stärken.
Basisausstattung mit Steuereinnahmen (Sockelbetrag).
(Querschnittsmaterie zum FA 2)
Aus der Sicht der Gemeinden kommt dieser Frage keine
prioritäre Bedeutung zu. Gleichwohl wird der Vorstellung, eine umfassende
Verfassungsurkunde zu erstellen, wo in der in
einem eigenen Abschnitt die finanziellen Beziehungen zwischen Bund, Länder und
Gemeinden geregelt werden, doch eine gewisse Attraktivität zu. Sollte die
Neuerlassung der Bundesverfassung mit einem Inkorporierungsgebot verbunden
sein, so müsste muss die
Finanzverfassung sicherlich in diese einheitliche Bundesverfassung aufgenommen
werden, da nur so verhindert werden kann, dass finanzverfassungsrechtliche
Sondergesetze das System der Einheitlichkeit der Bundesverfassung wieder
zerstören könnten.
(Querschnittsmaterie zum FA 2)
Das österreichische Finanzverfassungsrecht ist zwar
nicht in gleicher Weise zersplittert wie das übrige Bundesverfassungsrecht, von
einer übersichtlichen Finanzverfassung kann aber auch in Österreich nicht
geredet werden. Aus der Sicht der Gemeinden wäre die Zusammenführung aller
finanzverfassungsrechtlicher Bestimmungen entweder in einer
Gesamt-Bundesverfassung oder auch nur in einem eigenen Finanzverfassungsgesetz
wünschenswert. Gerade im Bereich der Gemeinden, wo in vielen Fällen die
juristische Professionalisierung nicht so stark ausgeprägt ist wie in anderen
Gebietskörperschaften, ist Rechtsklarheit, Einheitlichkeit von Rechtstexten
auch eine Frage der Rechtssicherheit. Ein solches Unternehmen wird daher von
den österreichischen Gemeinden nachhaltig begrüßt.
§ 2 F-VG normiert den Grundsatz der Konnexität als das
wohl wichtigste Prinzip der österreichischen Finanzverfassung. Danach tragen
die Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der sich aus der Besorgung
ihrer Aufgaben ergibt, selbst. Allerdings nur soweit, als die zuständige
Gesetzgebung nichts anderes bestimmt. Dieses Konnexitätsprinzip ist
grundsätzlich ein bundesstaatsadäquates Instrument der Aufgabenfinanzierung im
Bundesstaat. Allerdings wird dieses Prinzip durch ein dichtes Netz von
sondergesetzlichen Regelungen überlagert und wurde durch die Judikatur des VfGH
in einer Art und Weise modifiziert, dass in einer künftigen Verfassung
Klarstellungen nötig sind.
§ 2 F-VG lässt die Frage offen, ob die Zuordnung einer
Aufgabe zu einer Gebietskörperschaft nach funktionalen oder nach
organisatorischen Gesichtspunkten erfolgen soll. Die Judikatur des VfGH
verlangt seit 1982, dass die Gebietskörperschaft, die eine Aufgabe für eine
andere besorgt, jedenfalls den Personalaufwand und den Amtssachaufwand zu
finanzieren hat. Jener Sachaufwand, der mit der konkreten Tätigkeit erst entsteht
und der Zweckaufwand sind von der Gebietskörperschaft zu finanzieren, für die
die Besorgung der Aufgabe erfolgt.
Aus der Sicht der Gemeinden sollte muss §
2 F-VG zur funktionalen Auffassung zurückkehren. Die vom VfGH entwickelte
differenzierte Zuordnung teils nach funktionalen, teils nach organisatorischen
Gesichtspunkten lässt viele Fragen offen und ist der Rechtssicherheit nicht
dienlich. Die funktionale Sichtweise („Wer bestellt, bezahlt“) entspricht einem
partnerschaftlichen bundesstaatlichen Aufbau viel besser als das derzeit gehandhabte
System.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: "wer bestellt, bezahlt" (funktionale Betrachtungsweise
in § 2 F-VG)
Die Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers, vom
Kostentragungsgrundsatz abweichende Regelungen erlassen zu dürfen, wird istman
aus Gründen der Flexibilität wohl beizubehalten müssen.
Es könnte
kann hier allenfalls erwogen werden,
Kriterien für die Inanspruchnahme dieser Ermächtigung in den Text des F-VG aufzunehmen.
Angesichts der notwendigen Dynamik finanzpolitischer Entscheidungen wird man
sichmuss man sich aber auch hier auf
allgemeine Formulierungen beschränken müssen, was
eine solche Eingrenzung des Ermächtigungsumfanges dann wiederum
stark relativiert.
Die von VfGH entwickelte Kostentragungsregel zu
Artikel 118 Abs 7 B-VG, wonach der Aufwand für eine Gemeindeaufgabe, welche
durch eine Übertragungsverordnung an eine staatliche Behörde übertragen wird,
von dieser zu tragen ist, könnte kann auch in
diesem Zusammenhang angesprochen werden. Hier wäre musszu
erwägen die diesbezügliche ungeschriebene Kostentragungsregelung
ausdrücklich in den Art 118 Abs 7 B-VG aufzunehmen. aufgenommen
werden.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: ausdrückliche Aufnahme einer (Kosten)Regelung, wonach bei der
Delegierung von Aufgaben iS es Art 118 Abs 7 B-VG die Finanzierungsverantwortung
bei der Behörde der allg. staatlichen Verwaltung liegt
Zur Sicherung der Kostentragungsregel des § 2 wurde
der Konsultationsmechanismus eingeführt. Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung
und der Inhalt des Konsultationsmechanismus müssensollten
entweder in das F-VG aufgenommen und integriert werden oder es sollte muss ein
eigenes Ausführungsgesetz zu § 2 F-VG geschaffen werden, das diesen
Konsultationsmechanismus als allgemeine Sicherung und verfahrensrechtliche
Ausgestaltung des Konnexitätsgrundsatzes festschreibt.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Verbesserte Integration des Konsultationsmechanismus in die
Finanzverfassung.
§ 3 Abs 2 F-VG wird durch die Verfassungsbestimmung
des nach wie vor in Geltung stehenden § 21 Abs 1 FAG 1967 modifiziert. Danach
können die Länder Landesumlagen unabhängig vom Bestehen eines ungedeckten
Bedarfes festsetzen. Das FAG 2001 legt hierfür lediglich Obergrenzen fest.
Angesichts der prekären finanziellen Situation der
österreichischen Gemeinden muss die Abschaffung sowohl des § 3 Abs 2 als auch –
insbesondere – des § 21 Abs 1 FAG 1967 dringend gefordert werden. Das derzeitige
System der Umlagenfinanzierung, insbesondere im Sozialhilfe- und
Krankenanstaltenbereich, stellt eines der größten finanzpolitischen Probleme
aus der Sicht der Gemeinden dar. Schon an anderer Stelle (A11) wird die
Problematik der Landesumlage angeführt.
Das Instrument der Landesumlage ist aber aus
föderalistischer und staatstheoretischer Sicht obsolet geworden. Es dient heute
nur mehr dazu, Mittel von den Gemeinden abzuschöpfen und sie dann – aufgeladen
mit Bedingungen und Zweckbindungen – im Wege von Transfers wieder an die
Gemeinden zurückfließen zu lassen. Eine bundesstaatlich neu orientierte
Finanzverfassung sollte soll auf
diese, die Gemeindeautonomie schwerwiegend beeinträchtigende Ermächtigung an
den Landesgesetzgeber verzichten. Die Umsetzung eines solchen Vorhabens hat
jedoch durch flankierende Maßnahmen eine unbeabsichtigte Beeinträchtigung des
bisherigen inneren Zusammenhalts der Gemeindefinanzierung zu vermeiden.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Zurücknahme des Umlagen(un)wesens (Landesumlage, Sozialhilfe,
Krankenanstalten etc.)
Trotz etlicher terminologischer Unsicherheiten in
Randbereichen dieser Begriffe ist aus der Sicht der österreichischen Gemeinden
eine Neudefinition des Abgabenbegriffes nicht erforderlich. Der Abgabenbegriff
– aufgespalten in Steuern und Abgaben – wurde als Rechtsbegriff durch die
Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hinreichend klargestellt und
dieses Begriffsverständnis hat auch Eingang in die Rechtsentwicklung der
letzten Jahrzehnte gefunden. Die Gemeinden konnten mit diesen Begriffen gut
leben. Aus der Sicht der österreichischen Gemeinden ist daher eine
Begriffsdefinition zum derzeitigen Zeitpunkt keine prioritäre Aufgabe des
Österreich-Konvents.
Die Kompetenzkompetenz des einfachen
Bundesgesetzgebers, die Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zu verteilen,
sind bereits in der Vergangenheit auf vehemente Kritik gestoßen. Diese
einfachgesetzliche Verfügungsgewalt betont die unitarischen Züge der
österreichischen Finanzverfassung in besonderer Weise. Aus der Sicht der
Gemeinden wäre es aber nicht befriedigend, diese Kompetenzkompetenz durch den
Bundesverfassungsgesetzgeber wahrnehmen zu lassen. Angestrebt werden muss
vielmehr ein kooperatives System der Verfügung über diese Rechte, wobei den
Gemeinden ein angemessener Anteil an der Mitwirkung bei der Verteilung dieser
Rechte zukommen muss.
Die föderalistisch beste Lösung wäre die Verfügung
über die Besteuerungsrechte und Abgabenerträge durch eine 15
a-B-VG-Vereinbarung, bei der der Österreichische Gemeindebund und der
Österreichische Städtebund als Vertragspartner gleichberechtigt mitwirken
können. Diese Lösung entspricht der Vorstellung des Paktums am besten.
Eine weitere föderalistisch orientierte Vorgangsweise
würde zwar an der einfachen Gesetzgebungskompetenz festhalten, jedoch eine
Zustimmung der neuzuschaffenden Länder- und Gemeindekammern vorsehen. Dies
setzt allerdings voraus, dass der Bundesrat tatsächlich in einer Weise
reformiert wird, dass den Gemeinden eine entsprechende Vertretungsmacht im
Bundesrat eingeräumt wird.
Die Einräumung eines Zustimmungsrechts des
Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes zu einem
Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 3 Abs 1 F-VG dürfte –
zurecht – auf gravierende Bedenken von Verfassungsjuristen stoßen.
Als gelindestes Partizipationsinstrument käme kommt ein
zwingend eingeräumtes Anhörungsrecht der beiden Bünde in Betracht.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Zurückdrängen des Übergewichts des Bundes bei der Verteilung
der Steuererträge und der Festlegung von Besteuerungsrechten
Das Abgabenerfindungsrecht der Gemeinden ist nach der
geltenden Finanzverfassung von bundes- bzw landesgesetzlichen Ermächtigungen
abhängig. Innerhalb der Grenzen der Gesetzgebung können die Gemeinden im Wege
einer selbständigen Verordnung Ansätze eines materiellen Steuerrechts
realisieren. Allerdings erlaubt die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung dem
einfachen Gesetzgeber, dieses materielle Steuerrecht zu beschränken.
Aus der Sicht der Gemeinden wäre ist es
jedenfalls wünschenswert, dass in der neuen Finanzverfassung ein
verfassungsrechtlich gewährleisteter Freiraum für dieses materielle Steuerrecht
garantiert wird. Die Gesetzgeber sollten sollen sich
auf die Bestimmung der Abgabe und allenfalls auf die Festsetzung von
Obergrenzen beschränken, weitere Regelungen aber den Gemeinden überlassen.
Ob die Forderung nach einem gesetzesfreien
Abgabenerfindungsrecht der Gemeinden sinnvoll ist – auf die politische
Realisierbarkeit soll zunächst gar kein Blick geworfen werden – erfordert
subtile Überlegungen. Neben genauen finanzpolitischen Überlegungen müssen hier
auch allfällige Konsequenzen aus einem zu erwartenden Standortwettbewerb der
Gemeinden überdacht werden. Daher sollte in den
Beratungen des Österreich-Konvent in einem ersten Schritt eher die Forderungen
nach Respektierung des Freiraums der Gemeinden für die Schaffung eines
materiellen Steuerrechts erhoben werden und weiterführende Forderungen intensiv
mit Finanzexperten diskutiert werden.
Die Systemwidrigkeit des § 10 F-VG wurde bereits oben
aufgezeigt. Fraglich ist auch, ob die Verpflichtung der Gemeinden,
Abgaben zu erheben, wie sie auf Grund des § 8 Abs 6 F-VG möglich ist, noch
zeitgemäß ist. Zwar sind die Gemeinden schon heute gezwungen, alle
Möglichkeiten der Abgabenerhebung auszuschöpfen, gleichwohl stellt die
Bestimmung des § 8 Abs 6 F-VG einen Eingriff in die Gemeindeautonomie dar, der
aus der Sicht der Gemeinden nicht nötig ist. Hier sollten vielmehr
im Rahmen der zu fordernden kooperativen Rechtssetzungsinstrumente die
Gemeinden auf die Notwendigkeit einer allfälligen Abgabenerhebung hingewiesen
und dieser Frage einem rationalen Diskurs zwischen Gemeinden und den Ländern
zugeführt werden, anstatt eine einseitige Anordnungsbefugnis des Landes
weiterhin aufrecht zu erhalten.
Die Einhebung der Gemeindeabgaben erfolgt derzeit in
einem sehr heterogenen System von bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften.
Die Frage der Einhebung der Abgaben stellt aus der Sicht der Gemeinden nicht so
sehr ein föderalistisches Problem dar. Vielmehr sollte diese Frage anhand von
Effizienzkriterien beurteilt werden. Derzeit werden eine Reihe von Modellen im
Zuge der Diskussion um das e-government diskutiert. Für die Gemeinden ist die
Frage der Einhebung der Abgaben in erster Linie eine Frage, wie dies am
kostengünstigsten und am effizientesten geschehen soll.
Das geltende Finanzverfassungsrecht kennt
Finanzzuweisungen und Zuschüsse. Diese Transferzahlungen sollen fein-steuernde
Effekte im Sinne der Finanzausgleichsgerechtigkeit, aber auch konkrete Projektfinanzierungen
ermöglichen. Das Problem dieser Transfers liegt aus heutiger Sicht darin, dass
sich die finanzverfassungsrechtlich vorgesehenen Finanzierungsinstrumente in
einer beinahe undurchschaubaren Verflechtung mit zahlreichen privatrechtlichen
Organisations- und Finanzierungsformen verfilzt haben. Dieser Zustand wird in
der rechtswissenschaftlichen, aber auch in der finanzwissenschaftlichen
Literatur vielfach beklagt, ohne dass freilich überzeugende Konzepte für eine
neue Transferpolitik entwickelt wurden.
Transferleistungen sind aus der Sicht der Gemeinden
unverzichtbar und werden es auch dann bleiben, wenn es gelingen könntänge,
den Gemeinden eine verfassungsrechtlich garantierte Grundversorgung und eine
verfassungsrechtlich garantierte Anerkennung ihrer Leistungen in der
Daseinsvorsorge zu schaffen. Die verfassungsrechtlich eingeräumte Möglichkeit
des Transfergebers, Bedingungen an die Gewährung einer Transferleistung zu
knüpfen, stellt zwar einen nicht unerheblichen Eingriff in die Autonomie der Gemeinden
dar. Man kannönnte diese
Klausel ohne weiteres streichen, da in den politischen Verhandlungen über
solche Leistungen die Fragen von Bedingungen, Zweckbindungen und Kontrolle
unausweichlich sindsein werden.
In der Praxis dürftewird sich durch eine autonomiefreundlichere
Regelung der Transferleistungen in der Finanzverfassung nicht sehr viel ändern.
Angesichts der im Österreich-Konvent auch nicht weiter
problematisierten Privatrechtsfähigkeit der Gebietskörperschaften dürfte das
Problem der Vernetzung der regulären Transferleistungen nach dem F-VG mit dem
„grauen“ Finanzausgleich derzeit verfassungsrechtlich derzeit kaum lösbar sein.
Hier dürften würden am
ehesten die Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts entflechtend und
transparenzsteigernd wirken.
Aus der Sicht der Gemeinden sollten Instrumente in
Anlehnung an die §§ 13 und 14 F-VG auch auf die Gemeindeverbände ausgedehnt
werden. Dies könnte kann zu mehr
Transparenz und auch zu einer Entbürokratisierung des Transferwesens beitragen.
Der interkommunale Finanzausgleich ist derzeit
einfachgesetzlich geregelt und durch ein kompliziertes Zusammenspiel von
verschiedenen Verfahren und Berechnungsmethoden gekennzeichnet. Aus der Sicht
der österreichischen Gemeinden ist eine Vereinfachung dieses kasuistischen
Prinzips erwünscht. Stattdessen sollte soll die
Finanzverfassung Verfahrensgrundsätze festlegen, wie künftige Anpassungen des
interkommunalen Finanzausgleiches an geänderte ökonomische Situationen
kooperativ zwischen Ländern und Gemeinden erfolgen können. Dabei ist an eine
stärkere Einbindung des Österreichischen Gemeindebundes und seiner
Landesorganisationen zu denken. Ein solcher künftiger interkommunaler
Finanzausgleich soll te sich stärker an vertraglichen
Elementen von Leistungsvereinbarungen und finalen Zielsetzungen orientieren als
an materiell-rechtlichen Details. Solche könnten dann dem
Verhandlungsweg überlassen bleiben, wenn gesetzlich gesichert ist, dass ein
„Überfahren“ der Gemeinden nicht möglich ist.
Aus der Sicht der Gemeinden ist die Bindung der
kommunalen Haushalte an das Bundeshaushaltsrecht äußerst problematisch und
verhindert die in Angriffnahme moderner wirtschafts- und finanzpolitischer Lösungen.
Das strenge Festhalten am Jährlichkeitsprinzip, die kameralistische
Rechnungsführung und vieles andere mehr sind aus der Sicht der Gemeinden nicht
mehr zeitgemäß. Es wird vielmehr gefordeDer
Österreichische Gemeindebund forderrt, dass die
formalen Regeln über den Gemeindehaushalt vom Bundesrecht abgekoppelt werden
und dass es den Gemeinden möglich sein muss, ihr eigenes Haushaltsrecht nach
ökonomischen und finanzpolitischen Effizienzkriterien zu organisieren. Dass
dabei Grundsätze wie Transparenz, Rechtmäßigkeit, Sparsamkeit und
Zweckmäßigkeit dominierend sein müssen, ergibt sich schon aus dem
verfassungsrechtlichen Effizienzgebot. Der Österreich-Konvent sollte
dieses einheitliche Budgetrecht trotz seiner beachtlichen Tradition überdenken
und es den Gemeinden ermöglichen, eigene haushaltsrechtliche Vorstellungen zu
entwickeln. Es ist im derzeitigen Stadium der Beratungen des Ausschusses X
nicht sinnvoll, detaillierte Vorschläge zu erstellen. Es müsste muss vorher
die Bereitschaft des Konvents erkundet werden, auf dieses grundlegende Anliegen
der österreichischen Kommunen einzugehen. Jedenfalls könnte kann sich
der Bundesverfassungsgesetzgeber auf wenige Grundsätze und Ziele der kommunalen
Haushaltsführung beschränken.
Gemäß § 14 F-VG regelt die Landesgesetzgebung die
Aufnahme von Anlegen (Darlehen) der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden. Der
Bundesregierung wird dazu ein Einspruchsrecht eingeräumt für diesen Fall ein
Verfahren gemäß § 9 F-VG angeordnet.
Diese Bestimmung stellt klar, dass die Kreditaufnahme
durch die Gemeinden nicht ohne eine – allgemeine oder spezielle – Regelung des
Landesgesetzgebers möglich ist. Ob eine solche Bestimmung noch notwendig ist,
ist aus der Sicht der Gemeinden fraglich. Hier bieten die Möglichkeiten der
Gemeindeaufsicht in Form der Genehmigungsvorbehalte ausreichend Schutz und
Kontrolle des kommunalen Kreditwesens. Durch das dichte Netz von
gemeinschaftsrechtlichen und bundesrechtlichen Regelungen der Kreditverträge
ist eine spezielle darüber hinausgehende gesetzliche Regelung aus heutiger
Sicht nicht mehr unbedingt erforderlich. Abzulehnen ist auf jeden Fall, dass
die Aufnahme von Krediten durch Gemeinden überhaupt einer spezialgesetzlichen
Ermächtigung bedarf. Sollte an dieser Regelung aber festgehalten werden, so
sollte
die Ermächtigung wegfallen und eine kompetenzbegründende Norm allenfalls für
Grenzen und Schranken der Kreditfähigkeit von Gemeinden geschaffen werden. Denn
die derzeitige Bestimmung des § 14 F-VG bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff
in die durch Art 116 B-VG garantierte volle Privatrechtsfähigkeit und des Unternehmertums
der Gemeinden.
Durch den Stabilitätspakt hat eine sehr weitgehende
Haushaltskoordinierung und auch Verpflichtung zur Haushaltsdisziplin Eingang in
das kommunale Haushaltsrecht gefunden. Aus der Sicht der österreichischen
Gemeinden ist es nötig, um die Stabilitätskriterien der EU weiter erfüllen zu
können, dass die Elemente des Stabilitätspaktes Eingang in ein reformiertes
Finanzverfassungsrecht finden müssen.
Die Sicherung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
ist schon nach der derzeitigen Verfassungsrechtslage ein Staatsziel (Art 13 Abs
2 B-VG). Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht besteht in einem ausgewogenen
Verhältnis zwischen einem hohen Beschäftigungsstand, einem hinreichend stabilen
Geldwert, der Sicherung des Wachstumspotentials und der Wahrung des
außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Adressaten dieses Staatszieles sind alle
drei Ebenen von Gebietskörperschaften. Heute ist dieses Staatsziel weitgehend
durch die Wirtschaftspolitik der EU, die sich diesem Ziel gleichfalls auf ihre
Art verschrieben hat. Zwar bleibt die Wirtschaftspolitik nationale
Angelegenheit, die Gemeinschaft hat aber die Kompetenz der Koordinierung der
einzelnen nationalen Wirtschaftspolitiken, was sich selbstverständlich auch auf
dieses Staatsziel auswirkt.
Die österreichischen Gemeinden tragen dieses Ziel
selbstverständlich mit. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass gerade
die Gemeinden die von Budgetsanierungsmaßnahmen am meisten betroffenen
Gebietskörperschaften sind. Aus der Sicht der Gemeinden ist die Beibehaltung
des Art 13 Abs 2 B-VG aus mehreren Gründen problematisch:
Zum Einen ist nach herrschender Auffassung ein
Staatsziel „gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“ durch das Gemeinschaftsrecht
und seine Entwicklung weitgehend obsolet geworden. Im Sinne der auch von den
österreichischen Gemeinden mitgetragenen Idee einer schlanken Bundesverfassung
erhebt sich die Frage, ob in einer neuen Bundesverfassung inhaltsleere und kaum
justiziable Bestimmungen weitergeführt werden sollen. Zum anderen sind die
Gemeinden gegenüber der Wiederaufnahme oder Neuformulierung eines solchen
Staatszieles deshalb so skeptisch, da mögliche weitere Sparprogramme des Bundes
und der Länder zwar mit Hinweis auf dieses Staatsziel geschnürt werden, die
Hauptbetroffenen aber die Gemeinden sind. Für den Bund und die Länder wäre eine
solche Bestimmung ein - für die Gemeinden unangenehmes -Argumentationsmuster,
allfällige kommunale Proteste gegen weitere Mittelkürzungen zu kritisieren. Schließlich
hängt die Einlösung eines solchen Staatszieles nicht nur vom guten Willen und
den verfassungsrechtlichen Möglichkeiten der Gebietskörperschaften ab, sondern
ist in weitem Umfang von externen ökonomischen Zwängen bestimmt. Aus diesen
Gründen sollte wird sich der
österreichische Gemeindebund für ein solches Staatsziel nicht unbedingt stark
machen.
„Gender Budgeting“ meint, dass die künftige Erstellung
von Budgets sich an frauenpolitischen Anliegen zu orientieren hat.
Generationengerechtigkeit meint die Orientierung des Budgets an den
Bedürfnissen aller Generationen.
Beide Anliegen sind den Österreichischen österreichischen
Gemeinden seit langem vertraut und werden weniger mit großem
ideologischen Pathos als vielmehr in der daseinsvorsorgenden Alltagsarbeit der
Kommunen realisiert. Dass in den meisten Fällen die Mittel, die den Gemeinden
dafür zur Verfügung stehen, viel zu knapp sind, kann den Gemeinden nicht
wirklich angelastet werden. Gegen die Aufnahme einer finanzverfassungsrechtlichen
Zielbestimmung über „Gender Budgeting“ und Generationengerechtigkeit sprechen
aus der Sicht der Gemeinden eine Reihe von Gründen: dDie
kommunalen Budgets sind schon derzeit kaum in der Lage, alle für die
Gemeindebürger notwendigen Ausgaben zu bestreiten. Auch ist die Möglichkeit, zusätzliche
Abgaben zu erfinden, an den Grenzen des Möglichen angelangt. Soll nunmehr
„Gender Budgeting“ und generationgerechtigkeitsorientierte Budgeterstellung als
ausdrückliches Ziel in die Finanzverfassung aufgenommen werden, so erweckt man
damit Hoffnungen und Wünsche, welche kaum eingelöst werden können. Die
Gemeinden sind schon derzeit mit diesbezüglichen Wünschen und Forderungen konfrontiert,
welche in vielen Fällen aus purem Geldmangel nicht erfüllt werden können. Durch
die Aufnahme solcher Überlegungen in die Bundesverfassung würde eine
zusätzliche nicht judizierbare Schicht an Staatszielbestimmungen in die
Finanzverfassung hineinkommen. Über die Bedeutung des „Gender Budgeting“ im
kommunalen Bereich bestehen nur sehr schwammige Vorstellungen. Es ist daher zu
erwarten, dass solche Bestimmungen ein größeres Konflikterzeugungs- als
Konfliktregelungspotential aufweisen würdenwerden.
Jede politische Gruppierung könnte ihre politischen Vorstellungen zum Budget
und zum Budgetvollzug mit einem solchen verfassungsrechtlichen Gebot begründen
und die Auffassung anderer politischer Gruppierungen als entsprechend
verfassungswidrig abzuqualifizieren. Daher sollte wird sich
auch in diesem Fall der österreichische Gemeindebund bei der Diskussion um
diese Fragen um eine möglichst offene und flexible Regelung bemühen.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: keine Einschränkung der Budgethoheit der Gemeinden durch
„Gender Budgeting“ oder anderen Zielbestimmungen zugunsten bestimmter
Personengruppen (Senioren etc.)
Mit den Maastricht-Kriterien hat die EU einen
wichtigen Schritt zur Schulden- und Defizitbegrenzung gesetzt. Innerstaatlich
wurden diese europäischen Haushaltsvorgaben durch den Stabilitätspakt und den
Konsultationsmechanismus umgesetzt. Dabei ist Österreich den Vorgaben der EU
weitgehend gefolgt.
Die Frage, ob die Schulden-–
und Defizitgrenzen positivrechtlich in die Verfassung, konkret: in die Finanzverfassung,
aufgenommen werden sollen, ist eher mit einem vorsichtigen nein zu beantworten.
Die europäischen Ereignisse der letzten Monate und Jahre hat nämlich gezeigt,
dass die Festsetzung von fixen Grenzen ökonomisch umstritten und politisch
nicht immer durchhaltbar ist. Was die Schulden- und Defizitbegrenzung betrifft,
so ist auch in Zukunft davon auszugehen, dass hier die EU im Rahmen ihrer
Harmonisierungs- und Koordinierungsbestrebungen der Wirtschaftspolitiken der
Mitgliedsstaaten die verbindlichen Anordnungen treffen wird, denen nachzukommen
Österreich wohl oder übel verpflichtet sein wird. Daher kann es sein, dass
selbst im Falle einer verfassungsrechtlichen Verankerung solcher Grenzen
vorrangiges Gemeinschaftsrecht etwas Anderes anordnen wird. Schon aus diesem
Grunde ist es fraglich, ob die Aufnahme solcher Grenzen in die österreichische
Bundesverfassung sinnvoll ist.
Aber auch unabhängig davon ist die rechtliche
Verankerung solcher Schulden- und Defizitgrenzen problematisch. Eine allgemeine
Zielformulierung, dass Schulden und Defizite möglichst gering sein sollten, wäre ist wenig
sinnvoll, da eine solche nicht justiziable Absichterklärung so richtig wie
banal wäreist. Damit
sollte
man aber die neue Bundesverfassung nicht überfrachten. eEine
Konkretisierung von Schulden– und Defizitgrenzen würde eine zu strikte
Festlegung von solchen Grenzen und damit die Abkoppelung der Verfassung von der
Wirtschaftspolitik zu bedeuten. Hier ist doch darauf hinzuweisen, dass eine
globalisierte Ökonomie ihre Grundlage und ihre Schranken eben nicht in der
Österreichischen Bundesverfassung findet, der österreichische
Bundesverfassungsgesetzgeber vielmehr größte Flexibilität gegenüber
wirtschaftpolitischen Entwicklungen an den Tag legen sollte.
Schließlich würde eine solche starre Grenzziehung für die Gemeinden mehr
Probleme schaffen als lösen. Gerade im kommunalen Haushaltsbereich können
kurzfristige Verschuldungen oft sinnvoller sein als die Zurücknahme des
Leistungsangebots der Kommune. Aus der Sicht der Gemeinden ist die
Stabilisierung der öffentlichen Haushalte sicherlich ein wichtiges Instrument
nachhaltiger Budgetpolitik. Schulden- und Defizitgrenzen sollten
aber nicht im nationalen Alleingang festgelegt werden. Vielmehr verlangt
der Österreichische Gemeindebund ist aus
der Sicht der Gemeinden eine möglichste Offenheit und Flexibilität der
kommunalen Haushaltspolitik zu verlangen.
Der Österreichische Stabilitätspakt wurde in die
Rechtsform einer 15-a-B-VG Vereinbarung gegossen. Dies entspricht auch am
besten dem Wesen einer staatsrechtlichen Vereinbarung zwischen den drei Ebenen
der Gebietskörperschaften. Die Form der staatsrechtlichen Vereinbarung schützt
die Länder und die Gemeinden vor einer einseitigen Abänderung durch den Bund.
Genau das wäre aber möglich, wenn der Stabilitätspakt in die Form eines
Bundesgesetzes gegossen würde. Aus diesem Grunde solltewird
seitens der Gemeinden einem Vorstoß, den Stabilitätspakt bundesgesetzlich zu
verankern, entgegengetreten werden.
Die Frage, ob es für die Gemeinden günstig wäre,
Abgabenrechte und vermögensrechtliche Ansprüche privatrechtlich abzutreten oder
zu verpfänden, bedarf zunächst einer intensiven
Diskussion. Schon jetzt ist das Vermögen der Gemeinden, dass sich ja zu
einem überwiegenden Teil aus Abgabenerträgen zusammensetzt, Basis für
Kreditaufnahmen durch die Kommunen. Es ist davon auszugehen, dass die Gemeinden
auch in Zukunft auf Kreditfinanzierungen angewiesen sein werden, wobei
zumindest indirekt das aus Abgaben resultierende Vermögen den Kreditgebern
Sicherheit bietet. Inwieweit es sich hier lediglich um eine finanztechnische
Variante gegenüber den jetzigen Kreditgebarungen handelt, muss eingehend
abgeklärt werden. Aus kommunalpolitischer Sicht sind solche Vorschläge
allerdings sehr kritisch zu betrachten. Denn die Möglichkeit der Abtretung und
Verpfändung von Abgabenrechten, Abgabenertragsteilen und sonstiger vermögensrechtlicher
Ansprüche kann die Handlungsfähigkeit der Gemeinde langfristig erheblich
beschränken und kann privaten Financiers einen demokratiepolitisch äußerst
bedenklichen Einfluss auf die Gemeindegebarung und damit auch auf die
Gemeindepolitik einräumen.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist eine Verquickung
der hoheitlichen Abgabenverwaltung mit privatrechtlichen Kreditgeschäften in
jedem Fall problematisch. Gerade im Gemeindebereich können solche finanzielle
Transaktionen mit dem erheblichen Risiko von Intransparenz, der Gefahr von
verfassungsrechtlich unzulässigen Vermischungsformen und von finanziellen
Übervorteilungen der Gemeinden begleitet sein.
Mit dem bisherigen System zu Voranschlag und
Rechnungsabschluss wurden positive Erfahrungen gemacht. Daneben sollte soll allerdings
ein zeitgemäßes Buchhaltungssystem zum Einsatz kommen. Detaillierte bundesverfassungsrechtliche
Vorgaben über das Voranschlags- und Rechnungsabschlusswesen sind aus der Sicht
der Gemeinden entbehrlich. Aus der Sicht der Gemeinden ist vielmehr die
Anbindung des kommunalen Haushaltsrechtes an das Bundeshaushaltsrecht nicht
ohne Probleme. Bundeshaushalt und kommunaler Haushalt sollen zwar weiterhin
transparent gesetzlich geregelt sein, die Probleme beider Gebietskörperschaften
sind aber doch unterschiedlich. Gerade im kommunalen Bereich zeigt sich immer
wieder, dass das kameralistische System und das Prinzip des einjährigen
Haushaltes oft zu unerwünschten Ergebnissen führen. Das im Konvent diskutierte
Modell eines neuen Haushaltsrechts des Bundes weist zwar durch die Möglichkeit zwei2-jähriger
Budgets und der Wahlmöglichkeit zwischen kameralistischer und kaufmännischer
Haushaltsführung deutliche Fortschritte auf, die Bindung der Gemeinden an das
Bundeshaushaltsrecht soll aber bestehen bleiben. Aus der Sicht der Gemeinden
wäre es lediglich nötig, gewisse Schrankenregeln zu schaffen, den Gemeinden im
übrigen aber mehr Handlungsspielraum für die Erstellung des Voranschlage
einzuräumen, als dies derzeit der Fall ist. Dies gilt auch für die Erstellung
des Rechnungsabschlusses. Hier müssen die Regeln mit jenen des Haushalsvoranschlages
korrespondieren und aufeinander abgestimmt bzw. einer zeitgemäßen Wirtschaft
angepasst sein.
Aus der Sicht der Gemeinden sollte daher die
Finanzverfassung in diesen Fragen lediglich Eckpunkte vorgeben, das weitere der
Landesgesetzgebung überlassen.
Das Recht der Kostenrechnung ist ein weithin
technokratisches Rechtsgebiet. Auf diesem Gebiete kommen aus der
betriebswirtschaftlichen Forschung ständig neue Impulse. Eine detaillierte
bundesverfassungsrechtliche Festlegung der kommunalen Kostenrechnung wird von
den Gemeinden abgelehntwohl abzulehnen sein,
da sie der Flexibilität dieses Bereiches nicht gerecht wird. Zudem bedeutet die
bundesverfassungsrechtliche Festlegung von Kostenrechnungsmodellen, die dann
wohl für alle drei Gebietskörperschaften gleich sein müssten, eine dem
kommunalen Rechnungswesen nicht entsprechende Nivellierung. Diese Fragen sollen
in Zukunft besser dem Landesgesetzgeber überlassen bleiben. Allenfalls könnte kann die
Finanzierung einige Eckpunkte der Verpflichtung der Gemeinden zur
Kostenrechnung erfassen und für eine gewisse Homogenität innerhalb der
kommunalen Finanzpraxis sorgen. Mehr sollte jedoch in der Finanzverfassung
nicht enthalten sein.
Schon derzeit verlangen Bund und Länder von den
Gemeinden umfangreiche Auskünfte finanzstatistischer Art. Dies ist teilweise in
Materiengesetzen vorgegeben, teilweise erfolgen solche Auskunftsverlangen auf
der Basis der Gemeindeaufsicht, zum Teil sind sie aber auch
gemeinschaftsrechtlich vorgegeben
Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur
Auskunftserteilung über kommunale Finanzangelegenheiten führt aus der Sicht der
Gemeinden zu einer weiteren Bürokratisierung, ohne dass damit ein sichtbarer Gewinn
verbunden wäre. Sollte dies auch noch mit einem Sanktionenkatalog bei
Nichterfüllung verbunden werden, würde dies eine zusätzliche Belastung der
Gemeinden bedeuten, welche zwar erst genau durchgerechnet werden muss, aber
schon prima facie einen unzumutbaren Zusatzaufwand der Gemeinden bedeuten
würde. Die Regeln über die kommunale Demokratie ermöglichen es der
Volksvertretung im Kommunalbereich hinreichend, sich über finanzielle und auch
finanzstatistische Belange zu informieren. Darüber hinausgehende Erweiterungen
müssen von den Gemeinden aus Gründen ihrer Kapazitätsgrenzen abgelehnt werden.
א Forderung
des Österreichischen
Gemeindebundes: Entbürokratisierung beim Haushaltsrecht und bei der Erfüllung
der finanzstatistischen Aufgaben
א Stärkere
und partnerschaftliche Einbindung der Gemeinden in die Finanzverfassung als
gleichwertige Finanzausgleichspartner / Ausbau einer kooperativen und
föderativen Finanzordnung
א Ein zweistufiger
Finanzausgleich wird abgelehnt
א Sicherstellung
der Grundfinanzierung der kommunalen Aufgaben, v.a. in Zusammenhang mit dem Bereich mit dem Bereich
der kommunalen Infrastruktur und der Daseinsvorsorge
א „Wwer
bestellt, bezahlt“ (funktionale Betrachtungsweise in § 2 F-VG)
א Zurückdrängen des Übergewichts des Bundes bei
der Verteilung der Steuererträge und der Festlegung von Besteuerungsrechten
א Das
Paktum der Finanzausgleichspartner ist verstärkt verfahrensmäßig abzusichern und als Prüfungsmaßstab
positivrechtlich zu verankern
א ausdrückliche Ausdrückliche
Aufnahme einer (Kosten)Regelung, wonach bei der Delegierung von
Aufgaben iS es Art 118 Abs 7 B-VG die Finanzierungsverantwortung bei der
Behörde der allg. staatlichen Verwaltung liegt
א Zusammenführung/Harmonisierung von Aufgaben- und
Ausgabenverantwortung
א Verbesserte
Integration des Konsultationsmechanismus in die Finanzverfassung
א Zurücknahme des Umlagen(un)wesens
(Landesumlage, Sozialhilfe, Krankenanstalten etc.)
א Übernahme von § 7 FAG
2001(Verhandlungsgebot bei steuerpolitischen Maßnahmen) in Verfassungsrang
א Reduktion
der Komplexität des
Finanzausgleichs / Transparenz bei den Finanztransfers
א Sicherstellung
ausreichender gemeindeeigener Steuerquellen
א Ziel
ist es, die Ausgleichselemente in der Finanzverfassung vor allem zwischen finanzstarken und finanzschwachen
Gemeinden zu stärken. Basisausstattung mit Steuereinnahmen (Sockelbetrag).
א Neustrukturierung
und Vereinfachung der verfahrensrechtlichen
Regelungen im F-VG und FAG, stärkere und unmittelbare Einbindung der
Interessenvertretungen der Gemeinden (zB in § 9 F-VG)
א Kkeine
Einschränkung der Budgethoheit der Gemeinden durch „Gender Budgeting“ oder
anderen Zielbestimmungen zugunsten bestimmter Personengruppen
(Senioren etc.)
א Entbürokratisierung im Haushaltsrecht und bei
der Erfüllung der finanzstatistischen Aufgaben