16. November 2004            

 

 

 

 

 

 

Ergänzender Bericht

des Ausschusses 6 „Reform der Verwaltung“

zu den drei Mandatsergänzungen

 

 


Inhalt

Zu den Ergänzungsmandaten

und ihrer Behandlung

 

Erste Mandatsergänzung vom 29. April 2004 .......………………………………….. 4

Zweite Mandatsergänzung vom 9. Juni 2004 ……..…………………….…………... 4

Dritte Mandatsergänzung vom 24. August 2004 ….………………………………… 6

Beratungsverlauf ………...……………………………………………..……………... 6

Ausschussmitglieder und sonstige Mitarbeiter …………………………...………… 7

 

Ergebnisse der Beratungen

 

       I.      Finanzverwaltung ……………………………………………………………………... 8

    II.      Gesundheitsverwaltung …………………………………………………………...….. 8

 III.      Partizipation der Bürgerinnen und Bürger ……………………………………….… 9

  IV.      Mittelbare Bundesverwaltung ……………………………………………………… 11

     V.      Oberste Verwaltungsorgane ……………………………………………..………….. 13

  VI.      Verwaltungsorganisation des Bundes ………………………………...……………. 14
1. Zentrale Ämter ………………………...…………………………………………… 14
2. Gemeinsam unterstellte Einrichtungen …………………………………………….. 15
3. Koordinations- und Steuerungsbedarf …………………………………………...… 15
4. Kanzleramtsminister ……………………………………….………………………. 16
5. Beratungsergebnis ………………………………………………………………….. 16

VII.      Öffentlicher Dienst …………………………………………………………………... 16
1. Verfassungsrechtliche Grundsätze ……………………………………………...….. 16
2. Besonderer Funktionsschutz ……………………………………………………….. 17
3. Disziplinarrecht …………………………………………………………………….. 17
4. Durchlässigkeit und Einheitlichkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften …….. 18
5. Diensthoheit ……………………………………...………………………………… 18

VIII.      Erweitertes verfassungsrechtliches Effizienz- und Transparenzgebot ……...….... 19
1. Normadressaten …………………………………………………………………….. 19
2. Zur Partizipation ……………………………………...……………………………. 20
3. Zu Justiziabilität, Sachlichkeitsgebot und Rechtsstaatlichkeit …………………….. 20
4. Zu den Prüfungszielen des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft ………….. 20
5. Textvorschläge ……………………………………………………………………... 21

  IX.      Schulverwaltung ……………………………………………………………………... 21
1. Modell „Regionales Bildungsmanagement“………………………………………... 21
2. Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“…………………………………... 23

3. Weitere Vorstellungen zur Schulverwaltung ………………………………………. 24

     X.      Sicherheitsverwaltung …………………………………………………………….… 24
1. Modell „Kombinierte Behördenstruktur“…………………………………………... 25
2. Modell „Sicherheitsregionen“………………………………………………………. 25
3. Keine spezielle verfassungsrechtliche Determinierung der Sicherheitsverwaltung .. 26
4. Beratungsergebnis ………………………………………………………………….. 26

  XI.      Bundesheer …………………………………………………………………………... 27

XII.      Überprüfung der vom Ausschuss 2 übermittelten Verfassungsbestimmungen …. 28

 

 

Anlagen

 

  1. Arbeitsunterlage zur Gesundheitsverwaltung von Matzka und Schnizer

  2. Papier zur Bildungs-, Sicherheits-, Gesundheits- und Finanzverwaltung von Raschauer

  3. Papier „Öffentlichkeit von Verwaltungsinformationen“ von Raschauer

  4. Tagungsbericht „Good Governance“ von Wutscher

  5. Arbeitsunterlage des Grünen Klubs „Reform der Verwaltung“ – Partizipation der Bürger
      und Bürgerinnen im Rahmen des Österreichkonvents, vorgelegt von Meyer

  6. Arbeitsunterlage zur mittelbaren Bundesverwaltung von Schnizer

  7. Arbeitsunterlage zur Bundes-Verwaltungsorganisation (Art. 77 B-VG) [von Wielinger]

  8. Papier zur Aufhebung der Diensthoheit (Art. 21 Abs. 3 B-VG) von Matzka und Raschauer

  9. Papier zum erweiterten Effizienzgebot von Meyer

10. Arbeitsunterlage [des BMBWK] zur Schulverwaltung

11. Arbeitsunterlage zur Sicherheitsverwaltung von Schnizer

12. Papier [des BMI] zur Sicherheitsverwaltung

13. Arbeitsunterlage des BMLV zur Wehrverfassung

14. Aufstellung von Verfassungsbestimmungen, die vom Ausschuss 2 zur Überprüfung
      übermittelt wurden

 


Zu den Ergänzungsmandaten und ihrer Behandlung

 

 

 

Erste Mandatsergänzung vom 29. April 2004

 

Das Präsidium des Österreich-Konvents hat in seiner Sitzung am 29. April 2004 beschlossen, dass der Ausschuss 6 seine Beratungen zu den folgenden, noch nicht behandelten Themen fortsetzen soll:

 

Finanzverwaltung und Gesundheitsverwaltung (Punkt B) 4) und B) 5) des Mandates)

Beratung der Themen Finanzverwaltung und Gesundheitsverwaltung insbesondere unter Bedachtnahme auf die damit zusammenhängenden verfassungsrechtlichen Aspekte.

 

Partizipation der Bürgerinnen und Bürger (Punkt C) 5) des Mandates)

Wie können die Bürgerinnen und Bürger verstärkt (mit Parteistellung) in das Verwaltungshandeln eingebunden werden?

 

Erhebungen zur mittelbaren Bundesverwaltung (Punkt A) 10) des Mandates)

Bezug nehmend auf die im Bericht des Ausschusses 6 unter Punkt I. dargestellten Ergebnisse der Beratungen zur mittelbaren Bundesverwaltung und die von Ihnen zur Verfügung gestellte Aufstellung der in mittelbarer Bun­desverwaltung zu vollziehenden Gesetzen ersucht das Präsidium den Ausschuss 6 weiters, im Wege der jeweils zuständigen Bundesministerien zu erheben, worin das zentrale Steuerungsinteresse des Bundes besteht, das für eine Beibehaltung der mittelbaren Bundesverwaltung spricht (Beibehaltung der im Ausschussbericht angespro­chenen administrativen Steuerungsmöglichkeiten des Bundes). Soweit notwendig, möge sich der Ausschuss 6 dabei mit dem Ausschuss 5 akkordieren.

 

Die Erteilung von weiteren Ergänzungen zum Mandat des Ausschusses 6 hat sich das Präsidium vorbehalten.

 

 

 

Zweite Mandatsergänzung vom 9. Juni 2004

 

Das Präsidium hat in seiner Sitzung vom 9. Juni 2004 folgende weitere Ergänzung des Mandates des Ausschus­ses 6 beschlossen:

 

1.        Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung :

 

a)       Beibehaltung der mittelbaren Bundesverwaltung:

-          Die Länder sollen zu allfälligen Mitteln der Bundessteuerung befragt werden (Weisungen – Informa­tion)

-          der Bund soll ein allfälliges Steuerungsinteresse bei Bundesgesetzen, die durch die Länder vollzo­gen werden (Art 11 B-VG) bekannt geben

-          Zusammenfassung aller fugitiven Zuweisungen in die unmittelbare Bundesverwaltung in einem Arti­kel

b)     Modifikation der mittelbaren Bundesverwaltung in einem Modell der generellen Steuerung

-          Möglichkeit vom Abgehen von Einzelfallentscheidungen

 

Dazu sollen Textvorschläge erarbeitet werden.

 

2.        Oberste Organe

Der Ausschuss soll umfassend prüfen, welche Folgen mit der Aufnahme resp. mit der Streichung aus der Aufzählung in Art 19 (1) B-VG verbunden ist und einen diesbez. Textvorschlag vorlegen.

 

Der Ausschuss soll unter Berücksichtigung der politischen Verantwortung und der jeweiligen parlamentari­schen Kontrolle einen Textvorschlag für gebietskörperschaftsübergreifende sowie verbandsinternübergrei­fende Behörden erstellen. Dabei ist auch die Stellung (insb. Transparenz der Zuständigkeiten, Wahrung ei­nes gleichwertigen Rechtsschutzes) der Rechtsunterworfenen besonders zu beachten.

 

3.        Öffentlicher  Dienst:

a)       auf Bundesebene soll es ein einheitliches Dienstrecht geben. Der Ausschuss soll für dieses:

-          die verfassungsrechtlichen Grundsätze für ein öffentlich-rechtliches Dienstrecht ausarbeiten

-          die verfassungsrechtlichen Grundsätze für ein privatrechtliches Dienstrecht ausarbeiten

-          die verfassungsrechtlichen Grundsätze für eine Mischform zwischen beiden o.a. Varianten ausarbei­ten

 

Der Ausschuss soll bei allen Varianten beachten:

-          wo es eines besonderen Schutzes der Funktion bedarf

-          den Entfall des Disziplinarrechts

-          Auswirkungen des Entfalles des Disziplinarrechts

 

b)       Zur Wahrung der Durchlässigkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften sollen Verfassungstexte

aa)          für ein gemeinsames Dienstrecht aller Gebietskörperschaften

bb)         für gemeinsame Grundsätze

aaa)         in Angelegenheiten der Besoldung

bbb)        darüber hinausgehend, insb. die wechselseitige Informationspflicht, die
Dienstrechts­gesetzgebung betreffend,

            erarbeitet werden.

 

c)       Dienstrechtskompetenz für Bund und Länder ohne gegenseitige Bindung (Beibehaltung des Status quo)

 

Bei allen vorstehenden Varianten ist die Möglichkeit folgenden Gesetzesauftrages mitzudenken:

„Unparteilichkeit, Gesetzestreue und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ist sicherzustellen.“

 

Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten sind zu erläutern

 

Zur Frage, ob die Diensthoheit bei Obersten Organen beibehalten werden soll, soll der Ausschuss seine Beratun­gen fortsetzen, unter Berücksichtigung sowohl hinsichtlich der Situation der Bediensteten in Ministerien (ein­heitliches Personalamt?, Beibehaltung der Letztverantwortlichkeit des zuständigen Bundesministers), als auch hinsichtlich der Situation der Bediensteten ausgegliederter Organisationseinheiten (keine Telecom 2).

 

Weiters soll untersucht werden, ob eine verfassungsrechtliche Regelung notwendig ist, oder ob mit einer ein­fachgesetzliche Regelung das Auslangen gefunden werden kann.

 

4.        Erweitertes verfassungsrechtliches Effizienzgebot

Zur Frage, ob ein Effizienz- bzw. Effektivitätsgebot verfassungsrechtlich verankert werden soll, soll der Ausschuss aufbauend auf dem vorliegenden Textvorschlag unter Berücksichtigung folgender Punkte:

-          ist Normadressat die Gesetzgebung und/oder die Verwaltung?

-          Partizipation

-          Justiziabilität

-          Verhältnis zum Sachlichkeitsgebot

-          Verhältnis zur Rechtsstaatlichkeit

-          Verhältnis zu den Prüfungszielen des Rechnungshofes

-          Verhältnis zu den Prüfungszielen der Volksanwaltschaft

einen Vorschlag ausarbeiten.

Der Ausschuss wird darauf hingewiesen, dass der Textvorschlag auch Varianten aufweisen kann.

 

5.        Schulverwaltung und Sicherheitsverwaltung:

Der Ausschuss soll für beide Verwaltungsbereiche  die im Bericht vorgestellten Modelle unter Berücksichti­gung folgender Punkte ausarbeiten:


-          Vor- und Nachteile

-          Kosten (neue Kosten + Einsparungspotentiale)

-          wo können Reibungsverluste vermieden werden?

Bei der Schulverwaltung soll bei allen drei Modellen Möglichkeiten der  Partizipation der Betroffenen un­tersucht und berücksichtigt werden. Bei der Sicherheitsverwaltung ist die neue StPO zu berücksichtigen.

 

6.        Der Ausschuss erhält weiters den Auftrag, die Art 19, 20, 21 (3 – 5), 22, 23, 78a – d, 81a, 81b und insb. die Art. 102, 103 und 104 B-VG auf die Möglichkeit der Straffung und Systematisierung zu durchforsten.

 

7.        Die dem Ausschuss 6 vom Ausschuss 2 übermittelte Aufstellung der Normen im Verfassungsrang sollen überprüft und entsprechend bearbeitet werden.     

 

Zeitplan:

Der Ausschuss wird ersucht, dem Präsidium über die Ergebnisse der Beratungen über die 1. und 2. Mandatser­gänzung schriftlich bis 30. September 2004 zu berichten.

 

 

 

Dritte Mandatsergänzung vom 24. August 2004

 

Das Präsidium hat in seiner 28. Sitzung vom 24. August 2004 beschlossen, dass  der Ausschuss 6 – über die ihm in den Sitzungen des Präsidiums vom 29. April 2004 und vom 9. Juni 2004 zugewiesenen Themen hinaus – in seinen weiteren Beratungen auch noch die folgenden Fragestellungen näher behandeln soll:

 

  1. Der Ausschuss soll die Bereiche

-          Aufgaben,

-          Oberbefehl und Befehlsgewalt

-          Mitwirkung der Länder

-          Auslandseinsätze

des Bundesheeres behandeln und sich dabei auf den Bericht der Bundesheerreformkommission vom 14. Juni 2004 stützen.

 

  1. Der Ausschuss wird ersucht, die Organisation von Bundesbehörden zu untersuchen und Vorschläge dazu auszuarbeiten.

 

  1. Der Ausschuss soll die Möglichkeit der erweiterten Einbindung von Bürgerinitiativen und Verbänden in das Verwaltungsverfahren untersuchen und Textvorschläge ausarbeiten.

 

 

Beratungsverlauf

Die nach Vorlegen des Ausschussberichtes „Reform der Verwaltung“ am 23. März 2004 er­gangenen drei zusätzlichen Mandatsergänzungen an den Ausschuss 6 wurden in elf weiteren halbtägigen Sitzungen bearbeitet. Die seitens des Präsidiums gewünschten Textvorschläge fanden nur dort Eingang in den ergänzenden Bericht, wo spezifische substanzielle Beratungen im jeweiligen Gegenstand erfolgten. Ausdrücklich sei auf die bereits im Ausschussbericht vom 23. März enthaltenen Textvorschläge in den einzelnen Fachkapiteln sowie auf die dort befindliche Gesamtdarstellung der Art. 19 bis 23 B-VG hingewiesen.

 

         In der Anlage zu diesem ergänzenden Bericht sind die wichtigsten Unterlagen der Aus­schussberatungen zusammengestellt.


Ausschussmitglieder und sonstige Mitarbeiter

Dr. Johannes Abentung                    (Vorsitzender ab 27. August 2004)

Mag. Werner Wutscher                   (Vorsitzender bis 20. Juli 2004)

Dr. Johannes Schnizer                      (stellv. Vorsitzender)

Elisabeth Gehrer                              Vertretung:       Mag. Oliver Henhapel

Dr. Michael Häupl                            Vertretung:       Mag. Ulrike Huemer

Mag. Herbert Haupt             Vertretung:       Mag. Markus Lenhard

Dr. Clemens Jabloner

Waltraud Klasnic                              Vertretung:       Dr. Gerhart Wielinger

Dr. Christoph Leitl                           Vertretung:       Dr. Hanspeter Hanreich

                                                                                  Dr. Ulrich E. Zellenberg

Dr. Manfred Matzka

Hans Niessl                                       Vertretung:       Dr. Robert Tauber

                                                                                  Mag. Michaela Piskernik-Schmaldienst

Dr. Michaela Pfeifenberger

Dr. Josef Pühringer                          Vertretung:       Dr. Eduard Pesendorfer

                                                                                  Dr. Hannes Fischer

                                                                                  Dr. Paul Gruber

Dr. Bernhard Raschauer

Dr. Wolfgang Schüssel                     Vertretung:       Dr. Alfred Finz

                                                                                  Mag. Klaus Hartmann

Rudolf Schwarzböck             Vertretung:       Dr. Klaus Wejwoda

                                                                                  Mag. Gerfried Gruber

Friedrich Verzetnitsch                      Vertretung:       Dr. Wilhelm Gloss

Bernd Vögerle                                  Vertretung:       Mag. Ronald Faber

Dr. Peter Wittmann

 

Als ständige Vertreterin des Grünen Klubs hat Dr. Marlies Meyer im Ausschuss mitgearbei­tet. Als Experten standen dem Ausschuss am 12. Juli 2004 Dr. Verena Madner, Wirtschafts­universität Wien, sowie am 29. Oktober 2004 Dr. Karl Satzinger und Dr. Peter Vorhofer, beide BM für Landesverteidigung, zur Verfügung. Die Ausschussunterstützung seitens des Konventsbüros lag bei Mag. Michael Bauer, Valentina Ashurov, Brigitte Birkner, Sladjana Marinkovich und Birgit Mayerhofer.

 

         Der Ausschussvorsitzende dankt allen Mitgliedern und deren Vertretern und Vertreterin­nen sehr herzlich für die lange Ausdauer und das große Engagement bei den Beratungen über die drei Mandatsergänzungen sowie den sonstigen Experten und Mitarbeitern für die Unter­stützung in der Vorbereitung bzw. Durchführung der Ausschusssitzungen. Besonderer Dank gebührt schließlich Dr. Nikolaus Bachler und Mag. Klaus Hartmann für die vielfältige Mitar­beit sowie die fachkundige und umsichtige Unterstützung der Ausschussführung.


Ergebnisse der Beratungen

 

 

 

I. Finanzverwaltung

 

In der ersten Ergänzung des Mandates wird der Ausschuss 6 aufgefordert, die Beratungen zum Thema „Finanzverwaltung“ aufzunehmen, da ein entsprechender Punkt im Mandat, näm­lich Reformvorschläge für diesen Bereich vorzulegen, noch nicht behandelt wurde. Ein­schränkend wird in der Mandatsergänzung vermerkt, dass insbesondere auf die „damit zu­sammenhängenden verfassungsrechtlichen Aspekte“ Bedacht zu nehmen sei.

 

Im Ausschussbericht des Ausschusses wurde auf den Bereich der Finanzverwaltung nicht näher eingegangen. Das lag darin begründet, dass dieser Teilbereich der Verwaltungsor­ganisation des Bundes zum Großteil auf Grundlage des Abgabenverwaltungsorganisationsge­setzes einfachgesetzlich eingerichtet ist und somit kein Reformbedarf im Hinblick auf die im Österreich-Konvent maßgebliche Verfassungsrechtslage gesehen wurde.

 

Diese Sichtweise wird vom Ausschuss auch weiterhin geteilt. In den zu diesem Ge­genstand erfolgenden Beratungen wurde von einigen Ausschussmitgliedern überdies ver­merkt, dass derzeit eine groß angelegte Organisationsreform im Bereich der Finanzverwaltung durchgeführt wird und deshalb neuerliche Reformüberlegungen ohnehin nicht zweckmäßig erscheinen.

 

In dieser Organisationsreform wurden unter grundsätzlicher Beibehaltung aller Standorte (Bürgernähe) durch Aufgabenbündelungen neue Strukturen geschaffen und die Finanzverwaltung in „Wirtschaftsräume“ gegliedert. In diesem Zusammenhang wurde von den Vertretern des Modells „Autonome Schule und Bildungs­region“ (vgl. dazu S. 23) darauf hingewiesen, dass in ihrem Reformmodell der Schulverwaltung ähnliche Erfolg versprechende Überlegungen angestellt werden.

 

Unter einem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt wurde eine etwaige Neupositionie­rung der unabhängigen Finanzsenate gesehen. Im Ausschuss bestand Einigkeit, dass diese Rechtsschutzeinrichtungen im Zusammenhang mit der Einführung der Verwaltungsgerichts­barkeit erster Instanz stehen und verwies diese Angelegenheit in den Bereich des Ausschus­ses 9.

 

 

 

II. Gesundheitsverwaltung

 

Im Ausschuss wird ein Modell von Dr. Matzka und Dr. Schnizer zur Gesundheitsverwaltung mit folgendem Inhalt vorgelegt (Anlage 1):

 

·        Sicherung des Bestandes der SV als Selbstverwaltungskörper

·        Kompetenz für Festlegung von Gesundheitszielen und Erstellung eines Gesundheitsplanes durch den Bund

·        Einrichtung von Schlichtungsstellen

·        Einbeziehung von Finanzierungsfragen des Gesundheitswesens in den allgemeinen Finanz­ausgleich

·        Information der Patienten über Behandlungen

·        Datenschutzinteressen der Patienten

·        klare Verantwortungsregeln im Medizinbereich

 

Der Ausschussvorsitzende erläutert in der Folge das ihm vom Gesundheitsministerium zugegangene Antwortschreiben zu seiner Anfrage bezüglich der Steuerung in der mittelbaren Bundesverwaltung.

 

Das BMGF schlägt die generelle Übertragung weiter Teile des Vollzugs der Gesund­heitsverwaltung aus der mittelbaren Bundesverwaltung in die Landesverwaltung vor. Aus­nahmen wären für die Vollziehung betreffend die Sicherheit von Human- und Tierarzneimit­teln sowie von Medizinprodukten, die Aufsicht über Selbstverwaltungskörper (mit Ausnahme der Landesärztekammern) sowie das Krisenmanagement bei überregionalen Großseuchen vorzusehen. Das BMGF legt dazu eine detaillierte Auflistung an Gesetzen vor.

 

In der darauf folgenden Diskussion wird festgestellt, dass der Vorschlag viele Frage­stellungen enthält, die nicht verfassungsrelevant sind, bzw. in anderen Ausschüssen zu bera­ten wären. Darüber hinaus wird betont, dass der Ausschuss einerseits über zu wenig Sachwis­sen im Gesundheitsbereich verfügt um Detailfragen diskutieren zu können, und dass anderer­seits für eine intensive Diskussion Ressourcen in einem Ausmaß, über das der Ausschuss nicht verfügt, notwendig wären.

 

Einig ist sich der Ausschuss darin, dass die zersplitterten Kompetenzen in der Ge­sundheitsverwaltung neu zu ordnen sind. Dies ist Aufgabe des Ausschuss 5. Daher waren einige Mitglieder der Meinung, dass vor einer Detaildiskussion die Ergebnisse im Aus­schuss 5 abzuwarten wären. Weiters wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht das im Ausschuss 6 diskutierte Modell einer gebietskörperschaftsübergreifenden Behörde auch für den Gesund­heitsbereich nutzbar gemacht werden kann.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der Ausschuss 6 nicht über die Verfassungsrelevanz der Gesundheitsverwaltung im Hinblick auf den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses 6 einigen konnte. Eine Detaildiskussion ist daher unterblieben

 

 

 

III. Partizipation der Bürgerinnen und Bürger

 

Zu diesem Thema lagen dem Ausschuss drei Papiere vor:

 

·        Eine Unterlage „Öffentlichkeit von Verwaltungsinformationen“ eingebracht von Prof. Raschauer (Anlage 3), die in dessen Abwesenheit keiner Diskussion unterzogen wurde

 

·        Die Zusammenfassung einer Tagung zum Thema „Good Governance: Neue Qualitäten im Verhältnis von Staat und Bürgergesellschaft“ (Anlage 4), die dem Ausschuss von Mag. Wutscher zur Information vorgelegt wurde.

 

·        Ein Arbeitspapier des Grünen Klubs „Reform der Verwaltung - Partizipation der Bürgerin­nen und Bürger“ (Anlage 5), das drei verfassungsrechtliche Reformaspekte zum Thema Partizipation aufgreift:

-     Verankerung einer „Partizipationsbestimmung“ in der Verfassung (das Papier stellt dazu drei Textvorschläge vor)

-         Transparenz als essentielle Voraussetzung für Partizipation

-         Verbandsklagebefugnisse

Frau Assistenzprofessorin Dr. Verena Madner von der Wirtschaftsuniversität Wien hat auf der Grundlage dieses Arbeitspapiers über europarechtliche Entwicklungen und verfassungsrechtliche Fragen der Partizipation ausführlich referiert.

 

Im Mittelpunkt der Ausführungen und der nachfolgenden eingehenden Diskussion stand die Frage der Sinnhaftigkeit der Verankerung einer Partizipationsbestimmung in der Verfassung.

 

Die Ausschussmitglieder stimmen darin überein, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wesentliche Bedeutung für eine gute Regierungs- und Verwaltungsführung und für die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen besitzt. Es herrscht weiters Übereinstim­mung, dass Österreich europarechtliche Entwicklungen mit zu vollziehen hat, die auf einen Ausbau von Maßnahmen der Information und Öffentlichkeitsbeteiligung hinzielen. Die Aus­schussmitglieder sind einhellig der Auffassung, dass einfachgesetzliche Maßnahmen zur Stär­kung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf allen Ebenen der Verwaltung sinnvoll und notwendig sind. Festgehalten wurde auch, dass in gesetzlich weniger strikt determinierten Bereichen dem Thema Öffentlichkeitsbeteiligung besondere Relevanz zukommt.

 

Der Vorschlag, eine Partizipationsbestimmung in der Verfassung zu verankern, die den Stellenwert von Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung für die Verwaltung betont, ist hingegen in den Beratungen mehrfach sowohl auf verfassungsdogmatische als auch auf rechtspolitische Bedenken gestoßen. Gegen eine Partizipationsbestimmung in der Verfassung wurde insbesondere ins Treffen geführt, dass der normative Gehalt einer solchen Bestimmung vage und wenig vorhersehbar sei. Die gerichtliche Überprüfbarkeit einer solchen, in ihrem Charakter stark programmatischen Bestimmung wurde bezweifelt und zugleich auf die demo­kratiepolitische Problematik einer Ausweitung gerichtlicher Einflussmöglichkeiten hingewie­sen. Dem wurde entgegengehalten, dass die Partizipationsbestimmung im Zusammenspiel mit anderen weit konkreteren Verfassungsnormen, wie z.B. einer Beschwerdebefugnis für Bür­gerinitiativen und Verbände beim Verfassungsgerichtshof (eindeutige Öffnung in Art. 144 B-VG) gesehen werden müsse. Auch könne im Umweltbereich ein Beteiligungsrecht formuliert werden, wie dies aus den Vorschlägen im Ausschuss 1 ersichtlich ist. Die im Ausschuss 6 diskutierte Partizipationsbestimmung sei quasi die mit den vorgeschlagenen „Spielregeln“ korrespondierende Programmnorm.

 

Speziell zum Aspekt der Transparenz als Teil einer Partizipationsbestimmung wurde darüber hinaus auch die Praktikabilität einer Regelung bezweifelt, mit der die Verwaltung grundsätzlich zu (elektronischer) Informationsbereitstellung verpflichtet wird. Im übrigen wurde in dieser Frage einerseits auf die Diskussion im Ausschuss 8 verwiesen. Andererseits wurde auf die drei dem Ausschuss 6 vorgelegten Textvorschläge zu Amtsverschwiegenheit und Auskunftspflicht hingewiesen, über die kein Konsens erzielt werden konnte.

 

Für die Verankerung einer Partizipationsbestimmung wurde ins Treffen geführt, dass ein solcher Vorschlag im Zusammenhang und gleichsam als Gegengewicht zu dem Vorschlag zu sehen sei, ein Effizienzgebot ausdrücklich in der Verfassung zu verankern. Für den Fall, dass es zur ausdrücklichen Positivierung eines Effizienzgebots komme, sei – im Sinne der Ausgewogenheit – auch die verfassungsrechtliche Verankerung der Partizipation zu befür­worten. Die Textierung einer solchen Partizipationsbestimmung bedürfe freilich im Detail noch näherer Überlegung.

 

Die Diskussion gab damit auch Anlass, erneut die Sinnhaftigkeit einer ausdrücklichen Aufnahme des Effizienzgebots in die Verfassung zu diskutieren. Von einigen Ausschussmit­gliedern wurde auf früher geäußerte Zweifel an einer ausdrücklichen Positivierung eines sol­chen Gebots hingewiesen. Von anderer Seite wurde hervorgehoben, dass ein Effizienzgebot, ausgehend von den Prüfkriterien des Rechnungshofs, bereits Eingang in die VfGH-Judikatur gefunden habe.

 

 

 

IV. Mittelbare Bundesverwaltung

 

Der Ausschuss hält überwiegend an seiner Meinung fest, dass die mittelbare Bundesverwal­tung in der bisherigen Form beizubehalten ist. In Bezugnahme auf ein allfälliges Steuerungs­interesse bei Bundesgesetzen wurde eine Befragung bei den betroffenen Ressorts durchge­führt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass von den Ressorts bei jenen Gesetzen, die in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden, durchgängig ein Steuerungsinteresse festgestellt wurde. Eine ausdrückliche Befragung der Länder entfiel, weil die Länder im Aus­schuss repräsentativ durch vier Landeshauptleute vertreten sind.

 

Von Dr. Schnizer wurde ein „Vorschlag zur Neuregelung der Vollziehung des Landes bei Ersetzung der mittelbaren Bundesverwaltung durch eine generelle Steuerungsbefugnis des Bundes“ als ein alternatives Steuerungsmodell vorgelegt (Anlage 6), der Unterstützung von etlichen Ausschussmitgliedern fand. Dieses enthält betreffend die Vollziehung von Bundesge­setzen Nachstehendes:

 

·        Bundesgesetze werden vom Land vollzogen, soweit nicht der Bund eigene Bundesbehör­den errichtet. Die Errichtung von eigenen Bundsbehörden für andere als im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bundesverfassung von Bundesbehörden vollzogene Angelegenheiten kann nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen.

 

·        Der Bund kann in Vollziehung der Bundesgesetze „generelle Weisungen“ erteilen. Diese sind zu veröffentlichen, soweit ihre Geheimhaltung nicht im Interesse der Aufrechterhal­tung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit  oder der umfassenden Landesvertei­digung geboten ist.

 

·        Das Land ist verpflichtet, dem Bund alle Informationen über die Vollziehung von Bundesge­setzen, auch im Einzelfall, zu erteilen und auf Verlangen die darauf Bezug ha­benden Akten vorzulegen. Verletzt ein Land diese Pflicht, kann der Bund durch eigene Organe Einschau nehmen.

 

·        Landesbehörden, die Bundesgesetze vollziehen, sind das Amt der Landesregierung und die diesem unterstellten Bezirksverwaltungsbehörden.

 

·        Die nähere Regelung der Vollziehung von Bundesgesetzen durch die Länder obliegt den Landesverfassungen; in diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass schon derzeit alle Landesverfassungen hiefür eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes vorse­hen, woran sich nur durch das Landesverfassungsgesetz etwas ändern könne.

 

Erläuternd wurde zu diesem Modell im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Die mittelbare Bundesverwaltung entspreche in ihrer derzeitigen rechtlichen Ausformung nicht mehr ihrem tatsächlichen Gehalt; sie wirke sich im Wesentlichen in fünf Bereichen aus, wobei der Vor­schlag in all diesen Bereichen zu einer klaren Verantwortungsstruktur führe:

 

·        Anrufung des Bundesministers im Instanzenzug: Dieser Instanzenzug wurde einfach gesetz­lich durch das Verwaltungsreformgesetz weitest beseitigt und durch Zuständigkeiten des UVS ersetzt; sie erübrige sich völlig durch Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbar­keit erster Instanz.

 

·        Weisungsbefugnis des Bundesminister: Dieses Weisungsrecht spiele im Einzelfall keine Rolle mehr und sei auch aus politischen Gründen nicht gerechtfertigt, weil der Landes­hauptmann ein demokratisch legitimiertes Organ sei; allerdings spiele es eine wichtige Rolle als generelles Weisungsrecht, weil dadurch die Einheitlichkeit der Vollziehung gesi­chert werde und es im Hintergrund des tatsächlichen Zusammenspiels zwischen Bundes- und Landesbehörden stehe.

 

·        Parlamentarische Kontrolle: Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung üben die parla­mentarischen Kontrollen der National- und Bundesrat aus, was aber weniger effektiv sei, weil dem Bundesminister nicht die Information über den Einzelfall zur Verfügung stehe; gleichzeitig bestehe ein starkes Kontrollbedürfnis auf Landesebene, weil der Landtag die dem Bürger nähere Ebene ist und das parlamentarische Gegenüber von Landeshauptmann und Mitgliedern der Landesregierungen, die die mittelbare Bundesverwaltung ausüben.

 

·        Tragung der Kosten: Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung kommt es zu einem Auseinanderfallen von Kostenverantwortung und Kostenfinanzierung; einfach gesetzlich sei eine Teilung vorgesehen: Personal- und Amtsachaufwand tragen die Länder, Zweck­aufwand der Bund, wobei im Einzelfall schwierige Abgrenzungsunterschiede entstehen.

 

·        Amtshaftung: Grundsätzlich haftet der Bund gegenüber dem Bürger für schuldhafte Rechts­verletzungen im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung, auch dann, wenn der Bund de facto keinerlei Einflussmöglichkeit im Zusammenhang mit dem Schaden gehabt hat.

 

Wie schon im ersten Ausschussbericht dargestellt wurde gegenüber diesem Modell von der überwiegenden Mehrheit angemerkt, dass sich die mittelbare Bundesverwaltung im Großen und Ganzen bewährt habe und es keinen Grund gebe, davon abzugehen; in diesem Zusam­menhang wurde eingeräumt, dass sich mit diesem Vorschlag an der Praxis der mittelbaren Bundesverwaltung nichts wesentliches ändern werde, dass aber gerade deswegen auch kein Änderungsbedarf gegeben sei.

 

Kritik wurde vor allem an drei Punkten geübt:

 

·        Der Terminus generelle Weisung sei unklar; in Wahrheit richte sie sich immer an eine beschränkte Anzahl von Organwaltern, eben die Landeshauptleute, dies könne nicht oder nur schwer von einer Weisung im Einzelfall unterschieden werden; richtiger wäre „abs­trakte Weisung“ darunter könne man sich noch weniger vorstellen; tatsächlich scheine es um eine Art „allgemeine“ Weisung zu gehen, was aber ein besonders unklarer Begriff sei; von den Befürwortern einer generellen Steuerungsbefugnis wurde daraufhin vorgeschla­gen, den Begriff „Richtlinie“ zu verwenden, wogegen wieder eingewendet wurde, dass die Klarheit mit diesem Begriff nicht gefördert werde.

 

·        Dieses alternative Steuerungsmodell könne das Strukturproblem, das die Vollziehung von Bundesgesetzen im Bundesstaat jedenfalls aufwerfe, nur ungenügend lösen. Demgegen­über schließe das derzeitige Modell der „mittelbaren Bundesverwaltung“ in formaler Hin­sicht den Kreis von Demokratie, Bundesstaat und Rechtsstaat. Insoweit nämlich der Lan­deshauptmann dem Bundesminister weisungsverpflichtet sei und dieser dem Nationalrat verantwortlich, bestehe ein lückenloser Legitimationszusammenhang.

 

·        Für das Funktionieren der mittelbaren Bundesverwaltung im Land sei die Stellung des Landeshauptmannes entscheidend: Bundesgesetze seien vielfach von unterschiedlichen Einrichtungen und Behörden des Landes zu vollziehen, beispielsweise von unterschiedli­chen Abteilungen des Amtes der Landesregierung; um hier Konflikte von vornherein zu vermeiden oder im Falle ihres Auftretens zu lösen, sei die oberste Weisungsbefugnis des Landeshauptmannes sowohl im innerdienstlicher Hinsicht als auch in fachdienstlicher Hin­sicht unbedingt erforderlich, wobei auf operativer Ebene diese Befugnisse des Landes­hauptmannes vom Landesamtsdirektor ausgeübt werden; diese bewährte Struktur, sollte keinesfalls gefährdet werden, weil nur diese eine straffe und effiziente Landesvollziehung ermögliche.

 

Von letztem Punkt zeigten sich auch die Befürworter des Modells der generellen Steuerbe­fugnis des Bundes überzeugt, doch wurde in diesem Zusammenhang angemerkt, dass diese Funktion des Landeshauptmannes unschwer in der Bundesverfassung selbst verankert werden könne und sich ohnedies bereits aus den geltenden Landesverfassungen ergebe.

 

Im Ausschuss war es nicht möglich, zum Themenbereich der mittelbaren Bundesver­waltung einen Konsens zu erzielen.

 

 

 

V. Oberste Verwaltungsorgane

 

Zu den obersten Verwaltungsorganen wird vorerst auf den entsprechenden Abschnitt III des Ausschussberichtes vom 23. März 2004 wie auch auf den diesbezüglichen Textvorschlag verwiesen. Durch die Präzisierung des Begriffes „oberste Organe“ in „oberste Verwaltungs­organe“ soll deren Funktion im Verfassungsgefüge besser zum Ausdruck gebracht werden. Die in dem vorgelegten Textvorschlag enthaltenen Organe mit Regierungsfunktion stehen insoferne prototypisch für oberste Verwaltungsorgane, als sie gleichermaßen keinem Wei­sungszug unterliegen, aber ihrerseits eine umfassende Weisungsgewalt ausüben können. Weiters ist ihnen gemein, dass sie einer parlamentarischen Verantwortlichkeit unterliegen.

 

In den Ausschussberatungen wurde darauf hingewiesen, dass auch der Bundespräsi­dent in diese Aufzählung aufgenommen werden sollte. Dagegen wurde ins Treffen geführt, dass der Bundespräsident eine spezielle verfassungsrechtliche Verankerung erfährt und er auch keine Regierungsfunktion wahrnimmt.

 

Gegen die Aufnahme der anderen Staatsorgane, die bloß eine untergeordnete Teil­funktion als oberste Verwaltungsorgane innehaben – wie etwa die Präsidenten des National­rates, des Rechnungshofes oder der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts – spricht nach Mei­nung des Ausschusses, dass deren Hauptfunktion in der Gesetzgebung bzw. in der Rechts­pflege durch die Bezeichnung oberste Verwaltungsorgane etwas missverständlich zum Aus­druck käme. Diese „sonstigen obersten Verwaltungsorgane“ sollten freilich an anderer Stelle der Verfassung ihre Verankerung finden, so wie derzeit schon (siehe z.B. Art. 30 Abs. 6 hin­sichtlich des Präsidenten des Nationalrates). Siehe dazu auch Raschauer zu Art. 20 Abs. 1 B-VG in: Korinek/Holoubek (Hg.), Bundesverfassungsrecht.

 

Dem Meinungsstand im Ausschuss zum Bundespräsidenten Rechnung tragend werden in der Folge zwei Verfassungstexte vorgeschlagen:

 

Textvorschlag A:

 

„Zur obersten Führung der Verwaltung sind die Bundesregierung und deren Mitglieder sowie die Landesregie­rungen und, nach Maßgabe landesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen, deren Mitglieder in ihren jeweiligen Wirkungsbereichen berufen (oberste Verwaltungsorgane).“

 

 

Textvorschlag B:

 

„Zur obersten Führung der Verwaltung sind der Bundespräsident [oder auch.: unbeschadet der Stellung des Bundespräsidenten], die Bundesregierung und deren Mitglieder sowie die Landesregierungen und, nach Maß­gabe landesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen, deren Mitglieder in ihren jeweiligen Wirkungsbereichen berufen (oberste Verwaltungsorgane).“

 

 

 

 


VI. Verwaltungsorganisation des Bundes

 

Ausgehend vom Auftrag des Präsidiums, sich mit der Verwaltungsorganisation des Bundes zu beschäftigen, wurde Prof. Wielinger vom Ausschussvorsitzenden ersucht, ein Diskussionspa­pier samt Textvorschlag zu erstellen. Das entsprechende Papier (Anlage 7) fokussierte die Problemlage auf die verfassungsrechtliche Neuausrichtung der Organisation der Geschäftsbe­reiche der Mitglieder der Bundesregierung. Im Zentrum stand dabei der Art. 77 B-VG. Die Hauptpunkte der diesbezüglichen Ausschussberatungen waren

·        die Möglichkeit zur Einrichtung von „zentralen Ämtern“ als einem weiteren Typus einer dem Bundesminister unterstellten Dienststelle,

·        die Ermöglichung von mehreren Bundesministern gemeinsam unterstellten Einrichtungen sowie

·        Koordinierungs- und Steuerungsaspekte.

 

 

1. Zentrale Ämter

Der Geschäftsbereich eines Bundesministers gliedert sich gemäß Art. 77 B-VG in das ihm unmittelbar unterstellte Bundesministerium und (allenfalls) in die den Bundesministerien un­terstellten Ämter, den sog. „nachgeordneten Dienststellen“. Der vorgelegte Vorschlag, zu­sätzlich dazu zentrale Ämter einrichten zu können, zielt darauf ab, die Ministerien insoferne zu entlasten, als operative Tätigkeiten von zentraler Bedeutung nicht zwingend in einem Mi­nisterium erledigt werden müssen. Die Hauptaufgabe eines Ministeriums sollte nämlich in der politisch-strategischen Unterstützung des Bundesministers liegen.

 

Konkreter Hintergrund dieser Überlegungen ist die Situation in der obersten Sicherheitsverwaltung, wo derzeit operative Einrichtungen – wie etwa das Bundeskriminalamt – nicht als selbständige Organisationseinheit geführt werden können. Freilich gelten für diesen Bereich nicht die allgemeinen Organisationsregeln, sondern verfassungsrechtliche Sonderbestimmungen (Art. 78a B-VG).

 

In einer interessanten Grundsatzdiskussion wurde die diesem Vorschlag zugrunde lie­gende Idee für richtig gehalten. Allerdings wurde bezweifelt, ob in der Schaffung des neuen Organisationstyps „zentrales Amt“ diese Idee auch eine Verwirklichung erfährt. Bei genaue­rer Analyse würde praktisch kein Unterschied zu den bereits bestehenden „nachgeordneten Dienststellen“ erkennbar sein, denn auch bei den zentralen Ämtern wäre nicht daran gedacht, sie ausschließlich der Person des Bundesministers zu unterstellen – sie also gewissermaßen neben einem Bundesministerium anzusiedeln.

 

Als ein Manko dieses Vorschlages wurde empfunden, dass der zum Teil recht erfolg­reichen Realität von Ausgliederungen nicht Rechnung getragen wurde, indem weiterhin bloß Organisationsformen innerhalb der juristischen Person Bund (Ämter) vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang wurde u.a. auch auf die Ergebnisse der gemeinsamen Beratungen der Ausschüsse 6 und 7 verwiesen, in denen diese Problemlage aufgegriffen wurde und bereits in den vorgeschlagenen Verfassungstexten die Möglichkeit der Einrichtung von „Rechtsträgern außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation“ ausdrücklich vorgesehen ist.

 

Aus der Sicht der politischen Verantwortlichkeit besteht zwar grundsätzlich kein Un­terschied, ob eine Aufgabe im unmittelbar unterstellten Verantwortungsbereich „Bundesmi­nisterium“ erledigt wird oder in einer anderen Einrichtung des eigenen Ressortbereiches. Dennoch wurde die Gefahr gesehen, dass zentrale Aufgaben, die nicht unter der persönlichen Leitung eines Bundesministers stehen, aus der Verantwortung „entweichen“ könnten und die grundsätzliche Gefahr einer Verselbständigung der Bürokratie besteht, die damit aus der Ver­antwortung eines demokratisch legitimierten Organes entlassen wird. Durch eine derartige Konstruktion werden grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Abberufbarkeit von (befristet) bestellten Leitungsorganen aufgeworfen.

 

Weiters wurde auch auf die Gefahr der Aufblähung des gesamten Verwaltungsappa­rates hingewiesen, die darin bestehen könnte, dass die derzeitigen strategischen Ministerial­einrichtungen – wie etwa die politischen Kabinette – sich zu kleinen Ministerien entwickeln könnten und gleichzeitig die teilweise operativ tätigen Fachsektionen zu zentralen Ämtern mutieren und somit selbständige Organisationseinheiten (mit entsprechenden Eigenverwal­tungserfordernissen) würden; in Summe also der Personalbedarf steigen dürfte.

 

 

2. Gemeinsam unterstellte Einrichtungen

Die strikte Abgrenzung der jeweiligen Ressortbereiche von einander führt dazu, dass für ge­meinsame Einrichtungen, die in manchen Fällen zweckmäßig wären, nur der Weg über die Gründung privatrechtlicher Kapitalgesellschaften oder aber über spezielle Organisationsge­setze – u.U. mit spezifischen Verfassungsbestimmungen – gangbar ist. Abgesehen von eini­gen in § 7 Abs. 6 BundesministerienG festgelegten Bereichen administrativer Hilfstätigkeiten, wie Bibliotheken, Kanzleien u.ä. gibt es regelmäßig auch verfassungsrechtliche Schwierig­keiten bei der Schaffung gemeinsamer behördlicher Organisationsstrukturen. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die verfassungsrechtliche „Sperrwirkung“ gegen gemeinsame Einrich­tungen entfallen sollte. Freilich muss aber auch bei gemeinsamen Einrichtungen eine klare Verantwortlichkeit erhalten bleiben.

 

 

3. Koordinations- und Steuerungsbedarf

Als ein wesentlicher Aspekt jeder Regierungstätigkeit wird vom Ausschuss die Koordinie­rungsmöglichkeit der Regierungsmitglieder samt deren Verwaltungsapparaten gesehen. Ins­besondere von Länderseite wird in diesem Zusammenhang auf die Vorzüge des verfassungs­rechtlich determinierten Systems der Ämter der Landesregierung hingewiesen. Demgegen­über besteht auf Bundesseite auf Regierungsebene ein System von völlig selbständigen Mi­nisterien. Der Bundesregierung als Kollegialorgan kommt im politischen Verwaltungsalltag nur eine untergeordnete Rolle zu. So gibt es konsequenterweise auch kein eigenes Regie­rungsamt. Dort, wo ein politisch wesentlicher Koordinierungsbedarf gesehen wird, haben sich als „koordinationserzwingende“ Instrumente speziell vorgesehene Regierungsverordnungen oder aber auch bloß selbstbindend wirkende sog. Ministerratsbeschlüsse etabliert.

 

Im Ausschuss wurde zum Ausdruck gebracht, dass unter einem realpolitischen Ge­sichtspunkt die derzeitige Situation relativ gefestigt erscheint, da insbesondere unter den Be­dingungen einer Koalitionsregierung eine ausgeprägte verfassungsrechtlich vorgesehene Koordinierungs- und Steuerungskompetenz des Bundeskanzlers etwa von der Qualität einer „Richtlinienbefugnis“ des deutschen Bundeskanzlers nicht auf einhellige Zustimmung stoßen dürfte, wiewohl in diese Richtung Überlegungen anzustellen wären. Gerade auch die europäi­schen Entscheidungsprozesse erfordern eine reibungslose interne Abstimmung, um auf euro­päischer Ebene die österreichischen Interessen effizient und wirksam durchzusetzen.

 

Es sollte daher erwogen werden, eine partielle Stärkung der Koordinierungskompeten­zen auf einfachgesetzlicher Ebene – etwa im BundesministerienG – zu ermöglichen. Damit wäre auch gesichert, dass die jeweiligen Regierungspartner Einigung darüber zu erzielen ha­ben, in welchen genau zu definierenden Bereichen eine spezifische Koordinierung und Ge­samtsteuerung stattfinden könnte.

 

 

4. Kanzleramtsminister

Der Ausschuss ist der Meinung, an der Institution des Kanzleramtsministers festzuhalten, wenngleich eine Neutextierung des Art. 77 Abs. 3 B-VG die derzeit etwas komplizierten Formulierungen ersetzen könnte.

 

 

5. Beratungsergebnis

Die Beratungen zu diesem Gegenstand wurden nicht abgeschlossen. Schon deshalb kann kein konkreter Textvorschlag vorgelegt werden. Eine deutliche Mehrheit im Ausschuss steht hinter folgenden vorläufigen Positionen:

 

·        Die Schaffung des neuen Organisationstyps „zentrales Amt“ auf verfassungsrechtlicher Ebene erscheint nicht erforderlich.

 

·        Es sollte klargestellt werden, dass sowohl (interne) Ämter, als auch spezielle Rechtsträger zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung herangezogen werden können.

 

·        Die Schaffung von mehreren Bundesministern unterstellten gemeinsamen (behördlichen) Einrichtungen sollte zweifelsfrei möglich sein.

 

·        Der Koordinations- und Steuerungsbedarf auf Bundesebene sollte eine gewisse Stärkung erfahren, die freilich möglichst einvernehmlich zwischen den Beteiligten festgelegt wird.

 

·        Beibehaltung der Institution des Kanzleramtsministers.

 

 

 

VII. Öffentlicher Dienst

 

1. Verfassungsrechtliche Grundsätze

Der Ausschuss 6 ist in seinem Bericht vom 23. März 2004 übereingekommen, dass für die Zukunft jedenfalls eine verfassungsrechtliche Verpflichtung für die Einrichtung eines leis­tungsfähigen öffentlichen Dienstes enthalten sein sollte und hat im Konsens folgende Be­stimmung vorgeschlagen:

 

Textvorschlag:

 

„Unparteilichkeit, Gesetzestreue und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sind zu sichern.“

 

 

Im Ausschuss bestand hingegen kein Konsens darüber, ob die Rechtsform des öffent­lichen Dienstes in der Verfassung selbst verankert werden soll oder nicht. Zwei Positionen standen letztlich einander gegenüber:

 

Von einem Teil des Ausschusses wird es nicht für erforderlich erachtet, schon auf Ver­fassungsebene eine Entscheidung bezüglich der Rechtsform zu treffen. Eine solche verfas­sungsrechtliche Vorprägung der Rechtsform des öffentlichen Dienstes wird als eine zu starke Einengung des einfachen Dienstrechtsgesetzgebers angesehen und steht auch im Widerspruch zu der Aufgabe im Österreich-Konvent, die verfassungsrechtliche Regulierungsdichte kritisch zu hinterfragen. Dieser Teil des Ausschusses ist daher der Ansicht, dass sich die vorgeschla­gene Verfassungsbestimmung betreffend den öffentlichen Dienst dazu eignet,

·        sowohl für ein öffentlich-rechtliches Dienstrecht,

·        als auch für ein privatrechtliches Dienstrecht,

·        als auch für eine „Mischform zwischen beiden Varianten“

eine verfassungsrechtliche Basis abzugeben.

 

Ein anderer Teil des Ausschusses meint hingegen, dass eine verfassungsrechtliche Vorprägung aller öffentlichen Dienstverhältnisse in Gestalt des öffentlichen Rechts erfolgen sollte. Es wird aber darauf hingewiesen, dass neue Formen gefunden werden, um die erfor­derliche Flexibilität zu gewährleisten. Auch bedeute dies keineswegs, dass alle diese Dienst­verhältnisse lebenslang im Sinne des bisherigen Beamtenbegriffes angelegt sein sollen.

 

Stimmen im Ausschuss haben sich ausdrücklich dazu bekannt, dass alle Dienstver­hältnisse des Staates auch in Zukunft gesetzlich determiniert sein sollen.

 

 

2. Besonderer Funktionsschutz

Im Hinblick auf das im Ergänzungsmandat geforderte materielle Kriterium des besonderen Funktionsschutzes ist ebenfalls auf den Ausschussbericht (S. 22) zu verweisen, wo bereits ausdrücklich davon die Rede ist, dass die „Gewährleistung dienstrechtlicher Sicherheiten für exponierte Bedienstete von der Rechtsform völlig unabhängig [ist].“

 

Die konkrete Definition eines Schutzbereiches auf Verfassungsebene ist schon derzeit nicht gegeben und erscheint auch wenig praktikabel. Aus anderen Vorschriften der Verfas­sung, etwa denjenigen über die Justiz oder betreffend die rechtsstaatliche Ausübung hoheitli­cher Gewalt ergeben sich ausreichende Grundsätze für die Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber. Die Ausschussmitglieder sind sich daher darüber einig, dass mit der vorgeschla­genen Verfassungsbestimmung der erforderliche dienstrechtliche Schutz effektuierbar ist.

 

 

3. Disziplinarrecht

Derzeit gibt es nur im öffentlich-rechtlichen Dienstrecht ein spezifisches Disziplinarwesen. Es ist dies gewissermaßen eine Konsequenz der üblichen lebenslangen und unkündbaren öffent­lich-rechtlichen Dienstverhältnisse. Grundsätzlich bestünde aber auch die Möglichkeit, in privatrechtlich determinierten Dienstordnungen disziplinäre Maßnahmen vorzusehen, wenn dies für opportun erachtet wird, dies etwa in einem Disziplinarstatut, das qua lex contractus Teil eines Dienstvertrages sein könnte.

 

Dagegen wurde eingewandt, dass dann ein entsprechender Rechtsschutz für Bediens­tete nur im Wege von Verfahren vor den ordentlichen Gerichten gewährleistet würde, was für die Einschreiter kostspielig und für die Dienstgeber umständlich und zeitaufwändig würde. In Einzelmeinungen wurde in diesem Zusammenhang auf eine ausgeprägte Dienstnehmer­freundlichkeit der Arbeitsgerichte hingewiesen.

 

Im Hinblick auf die Effektivität des Disziplinarrechts wurden sehr unterschiedliche Po­sitionen eingenommen. So wurde einerseits dem Disziplinarwesen jegliche Wirksamkeit ab­gesprochen und seine gänzliche Aufhebung verlangt. Dem gegenüber wurde vorgebracht, dass zumindest in den uniformierten Dienstbereichen der Exekutive und des Militärs ein spe­zifisches Disziplinarwesen erforderlich sei.

 

Die Bedeutung eines wirksamen Disziplinarrechtes wurde von einem Teil des Ausschusses auch im Zu­sammenhang mit Ausgliederungen beispielhaft hervorgehoben. So habe etwa die Übertragung von öffentlichen Aufgaben an Private auch unter dem Gesichtspunkt des Disziplinarrechtes extrem nachteilige Auswirkungen für die Betroffenen. Es sei nahe liegend, dass etwa bei einem Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes, der sich ohnehin alle paar Monate einen neuen Dienstgeber suchen muss, auch mit einer angedrohten Entlassung ein rechtskonformes Verhalten nicht ausreichend sichergestellt ist.

 

 


4. Durchlässigkeit und Einheitlichkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften

In Anbetracht der Zusammensetzung des Ausschusses 6 mit Vertretern u.a. aus dem Bundes-, Landes- und Gemeindebereich wurde für den Ausschussbericht vom 23. März 2004 der auf S. 25 angeführte Textvorschlag (im Konsens) erarbeitet.

 

Grundsätzlich ist zu den im Ergänzungsmandat unter b) angegebene Punkten folgendes zu bemerken:

·        zu aa) Ein gemeinsames Dienstrecht aller Gebietskörperschaften erscheint letztlich nur dann realisierbar, wenn die Dienstrechtskompetenz ungeteilt nur einem Gesetzgeber zu­stünde.

·        zu aaa) Ein diesbezüglicher Vorschlag liegt bereits vor (vgl. S. 25 des Ausschussberichtes)

·        zu bbb) Die Umsetzung dieser Variante dürfte die Wiedereinführung der Rechtslage vor BGBl. I 1999/8 (Abschaffung des Homogenitätsprinzips) erfordern.

 

In den ergänzenden Ausschussberatungen wurde der Aspekt eines gebietskörper-schaftsü­bergreifenden einheitlichen Dienstrechts wieder aufgegriffen. Es war eine überwiegende Mei­nung festzustellen, die sich grundsätzlich zu einem einheitlichen Dienstrecht auch über die Grenzen der Gebietskörperschaften hinweg bekannte. Es müsse freilich eine ausreichende Flexibilität bestehen, um die legitimen Interessen der einzelnen Gebietskörperschaften be­rücksichtigen zu können. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass ein „Kerndienstrecht“ der Gebietskörperschaften einheitlich erlassen wird, das insbesondere aus den strukturell bedeu­tenden Eckpunkten eines „öffentlichen Arbeitsrechts“ besteht (z.B. Aufnahme und Beendi­gung eines Dienstverhältnisses, Urlaubs-, Arbeitszeit- und ähnliche Regelungen).

 

Nach der Meinung eines Teiles der Ausschussmitglieder könnte die konkrete Ausges­taltung dann mit einer Art „öffentlich-rechtlicher Kollektivverträge“ in den jeweiligen Berei­chen erfolgen. Dadurch würde eine weitere Parallelität zur privaten Arbeitswelt geschaffen und die Autonomie der Dienstnehmer im öffentlichen Bereich gestärkt werden.

 

Im Ausschuss wurde die Meinung bekräftigt, dass das einheitsstiftende Element eines einheitlichen Dienstrechts in einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz (einer vermut­lich neuen Kompetenzordnung) liegt. Ein solches „Kerndienstrecht“ könnte allenfalls auch in seinen Beschlussfassungserfordernissen einem erhöhten Ländereinfluss unterliegen. Als Mo­dell wurde hiefür von einem Ausschussmitglied der geltende Art. 14b B-VG vorgeschlagen (Einbindung der Länder in die Vorbereitung des Gesetzes und Kundmachung nur mit Zu­stimmung aller Länder).

 

Insbesondere von Landes- und Gemeindeseite wurde klargestellt, dass deren Interes­senssphäre gewahrt bleiben müsse und etwa speziell ausgerichtete und bereits erprobte Ge­halts- und Pensionssysteme, innerorganisatorische und dienstbehördliche Aspekte, Objektivie­rungsangelegenheiten u.a. weiterhin selbst wahrgenommen werden können.

 

 

5. Diensthoheit

Zur Frage der verfassungsrechtlichen Verankerung der Diensthoheit wurde einerseits die Po­sition vertreten, dass eine solche nicht dringend erforderlich sei, da die derzeitige Bestim­mung im Art. 21 Abs. 3 B-VG nur von geringer normativer Bedeutung sei und die Dienstge­berfunktion der Gebietskörperschaften in der Gestalt der „Personalverwaltung“ ohnehin nach den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verwaltung zu erfolgen hätte.

 

Für einige Ausschussmitglieder waren damit die bereits früher aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die Auswirkungen der Aufhebung von Art. 21 Abs. 3 weiterhin nicht geklärt. In einigen Diskussionsbeiträgen wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, dass eine klare politische Personalverantwortung auch in Zukunft bestehen müsse.

 

Der Ausschussvorsitzende hat die Ausschussmitglieder Dr. Matzka und Prof. Raschauer ersucht, eine Darstellung der Konsequenzen einer Aufhebung von Art. 21 Abs. 3 B-VG vor­zunehmen. In dieser Darstellung (Anlage 8) kommen die beiden Autoren zu dem Ergebnis, dass bei einer Aufhebung

·        ein Instanzenzug in dienstrechtlichen Angelegenheiten nicht mehr notwendig zum obers­ten Organ führen muss und

·        dass ein Weisungszusammenhang grundsätzlich nach den normalen Regeln erfolgt, bei ausgegliederten Rechtsträgern freilich erst positivrechtlich angeordnet werden müsste.

·        Die parlamentarische Verantwortlichkeit bliebe wie für jede andere Verwaltungsmaterie uneingeschränkt bestehen.

 

In der weiteren Diskussion wurde noch geklärt, dass sich die angeführten Konsequenzen ins­besondere auf die hoheitlichen Dienstverhältnisse bezögen. Für privatrechtliche Dienstver­hältnisse hat diese Verfassungsbestimmung schon derzeit eine eingeschränkte Bedeutung. Eine umfassende politische Verantwortlichkeit besteht aber – wie derzeit schon – auch für öffentlich Bedienstete auf privatrechtlicher Basis.

 

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass aus der mehrheitlichen Sicht des Aus­schusses keine zwingenden Gründe für eine Beibehaltung des Art. 21 Abs. 3 B-VG bestehen. Einige Mitglieder des Ausschusses weisen nachhaltig darauf hin, dass sichergestellt bleiben sollte, dass die öffentlich Bediensteten auch in Zukunft in einem unmittelbaren Rechtsver­hältnis zur jeweiligen Gebietskörperschaft stehen und damit in einer staatlichen Verantwor­tung verankert sind und dass nicht die Möglichkeit bestehen sollte, die Personalzuständigkeit aus der Verwaltung auszugliedern. Letztlich ist die Aufhebung des Art. 21 Abs. 3 B-VG auch im Zusammenhang mit den sonstigen Änderungen im Verwaltungsorganisationsrecht (insb. oberste Organe) zu sehen.

 

 

 

VIII. Erweitertes verfassungsrechtliches Effizienz- und

          Transparenzgebot

 

Gemäß der zweiten Mandatsergänzung setzte sich der Ausschuss anhand einer Reihe von vorgegebenen Aspekten nochmals mit dem Vorschlag eines Effizienz- bzw. Effektivitätsge­botes auseinander. Grundsätzlich ist daher zunächst auch weiterhin auf die Erläuterungen, die Begründungen sowie das Beratungsergebnis im Ausschussbericht vom 23. März 2004 (S. 28 f) zu verweisen.

 

Auf Basis eines Papiers des Vertreters von Landeshauptmann Dr. Pühringer wurden die aufgeworfenen Aspekte im Ausschuss behandelt. In die Beratungen wurde weiters ein von Frau Dr. Marlies Meyer verfasstes Papier einbezogen (Anlage 9).

 

 

1. Normadressaten

Die Textvorschläge bauen auf der Formulierung des derzeitigen Art. 22 B-VG (Amtshilfe) auf. Nach Lehre und Judikatur zu dieser Bestimmung sind damit alle Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane des Bundes oder der Länder sowie die Vollzugsorgane der Gemeinden erfasst und daher Normadressaten. Hinsichtlich der Amtshilfe wird also nur die bisherige Formulie­rung wiedergegeben, hinsichtlich des neu positionierten Effizienzgebotes wird der herrschen­den Lehre und der einschlägigen Judikatur Rechnung getragen, wonach ebenfalls sowohl die Organe der Gesetzgebung als auch die der Verwaltung Normadressaten sind. Ein Teil des Ausschusses lehnt freilich die Bindung auch der Gesetzgebung an ein erweitertes Effizienz­gebot ab. Hinsichtlich des Transparenz- und Partizipationsgebots ist insbesondere der Gesetz­geber angesprochen, wenn durch Maßnahmen der Transparenz und Partizipation Rechte Dritter tangiert werden oder wenn der Öffentlichkeit Rechte darauf eingeräumt werden sollen. Ansonsten gelten diese Grundsätze als direkte Handlungsanleitungen der Verwaltung.

 

 

2. Zur Partizipation

Ein Teil des Ausschusses war der Auffassung, dass die Frage der Partizipation nicht unmittel­bar mit der Frage eines erweiterten Effizienz- bzw. Effektivitätsgebots zusammenhängt, da inhaltliche Gesichtspunkte ( wie z.B. die partizipative Ausgestaltung von Verwaltungsakten) als politische Zielvorgaben in effizienter und effektiver Weise umzusetzen sind und nicht selbst zu einem Kriterium werden können.

 

Ein anderer Teil des Ausschusses war der Ansicht, dass eine ausdrückliche Veranke­rung eines erweiterten Partizipationsgebotes nur bei einer gleichzeitigen Aufnahme eines all­gemeinen Transparenzgebotes denkbar sei, da es sich hierbei um gleichwertige Maximen staatlicher Tätigkeit handle („erweitertes Effizienz- und Transparenzgebot“). Es bestünde nämlich sonst die Gefahr, dass die partizipativen und Transparenz-Aspekte, die beide in ei­nem Spannungsverhältnis zu wirtschaftlichen Grundsätzen stünden, in der Verwaltungspraxis nicht ausreichend zur Geltung kämen. Auch das Weißbuch „Europäisches Regieren“ nenne die Grundsätze Effektivität, Offenheit und Partizipation auf dieser Ebene.

 

 

3. Zu Justiziabilität, Sachlichkeitsgebot und Rechtsstaatlichkeit

Schon bisher stand die Justiziabilität des verfassungsrechtlichen Effizienzgebotes außer Zwei­fel, wenngleich sie sich naturgemäß auf eine reine „Vertretbarkeitskontrolle“ beschränkt. Daran soll sich auch durch eine Erweiterung des Effizienzgebotes in den verschiedenen vor­geschlagenen Ausprägungen nichts ändern.

 

Nach Auffassung der Befürworter einer solchen Bestimmung steht das Effizienzgebot weiterhin neben dem Sachlichkeitsgebot um dieses zu ergänzen.

 

Bereits im derzeitigen Verfassungstext richten sich das Legalitätsprinzip und das Effi­zienzgebot parallel und kumulativ an die Normadressaten, wobei sich aufgrund der verfas­sungssystematischen Einordnung dieser Bestimmungen ergibt, dass unter Berufung auf das Effizientgebot das Legalitätsprinzip nicht missachtet werden darf. Auch das Transparenz- und Partizipationsgebot steht unter dem Vorbehalt des Legalitätsprinzips und des Sachlichkeitsge­bots. Sollte aber die Befürchtung bestehen, dass ein Unterlaufen des Art. 18 B-VG besteht, könnte eine entsprechende Klarstellung in den Textvorschlag aufgenommen werden.

 

 

4. Zu den Prüfungszielen des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft

Da die vorgeschlagenen Bestimmungen das Handeln der Verwaltung determinieren, fallen sie auch in den Bereich der vom Rechnungshof und von der Volksanwaltschaft bei der Kontrolle anzuwendenden Rechtsvorschriften. Da aber bereits jetzt eine umfassende Prüfungsbefugnis des Rechnungshofes (i.S. eines denkbar weiten Gebarungsbegriffes) und eine inhaltlich kaum eingrenzbare Volksanwaltschafts-Missstandskontrolle der Verwaltung besteht, dürfte es bei den angesprochenen Kontrollorganen zu keinen Problemen kommen.

 

 


5. Textvorschläge

Aus den Beratungen im Ausschuss sind folgende – nicht konsentierte – Textvorschläge her­vorgegangen:

 

Textvorschlag A (kein Konsens):

 

„Alle Organe des Bundes, der Länder und Gemeinden haben ein hohes Maß an Wirksamkeit anzustreben und sind verpflichtet, im Sinne der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu handeln. Sie sind weiters im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet (Amtshilfe).“

 

 

Textvorschlag B (kein Konsens):

 

„Alle Organe des Bundes, der Länder und Gemeinden sind zu Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmä­ßigkeit verpflichtet, haben transparent zu handeln und grundsätzlich die Öffentlichkeit zu beteiligen. Weiters haben sie ein hohes Maß an Wirksamkeit anzustreben und sind im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsberei­ches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet (Amtshilfe).“

 

 

 

 

IX. Schulverwaltung

 

In den Beratungen zu diesem Themenbereich wurden zwei Modelle präsentiert:

·        das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ sowie

·        das Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“.

In den Ausschussberatungen wurde letztlich kein Konsens zur Reform der Schulverwaltung gefunden.

 

 

1. Modell „Regionales Bildungsmanagement“

 

Für das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ wurde ein Textvorschlag für einen Artikel „Bildung“ eingebracht. Dieser Vorschlag soll die Art. 14, 14a, 81a, 81b B-VG sowie – vorerst noch ohne Bedachtnahme insbesondere auf eine neue finanzverfassungsrechtliche Regelung – die Bundesverfassungsgesetze BGBl. Nrn. 215/1962 und 316/1975 ersetzen. Er bildet in sei­nem Absatz 9 das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ ab:

 

Verfassungsrechtliche Eckpunkte:

 

·        Definition von Schule und öffentlicher Schule sowie der Gliederung der Schulen nach Bildungshöhe und Bildungsinhalten (Abs. 4, 5 und 6).

 

·        Zur Vollziehung des Bundes und der Länder ist für alle Angelegenheiten der in diesem Artikel geregelten Schulen, einschließlich des Personalrechtes der Lehrer an diesen Schu­len, als erstinstanzliche Behörde in jedem Bundesland eine Landes-Bildungsdirektion ein­zurichten.

 

·        Die Leitung der Landes-Bildungsdirektion obliegt dem Landeshauptmann oder auf dessen Vorschlag einem vom zuständigen Bundesminister für die Dauer der Gesetzgebungsperi­ode des Landtages zu bestellenden Behördenleiter.

 

·        Die Leitung des inneren Dienstes der Landes-Bildungsdirektion obliegt einem vom Landes­hauptmann zu bestellenden rechtskundigen Beamten.

 

·        Die näheren Bestimmungen über die Organisation (Behördenstruktur, Finanzierung) sind unter Berücksichtigung der regionalen Erfordernisse durch Bundesgesetz festzulegen, wo­bei dieses Bundesgesetz in einzelnen genau zu bezeichnenden Angelegenheiten auch die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers vorsehen kann. In zweiter Instanz erfolgt die Voll­ziehung des Bundes bzw. des Landes nach Maßgabe bundes- bzw. landesgesetzlicher Vor­schriften.

 

Der Vorschlag für einen Artikel „Bildung“ basiert auf dem Modell „Regionales Bildungsma­nagement“, geht jedoch über die den Ausschuss 6 genuin berührenden Themenbereiche weit hinaus.Er sieht nachstehende Regelungsbereiche vor:

 

·        Einen Vorschlag zur Kompetenzverteilung in Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich des Bildungswesens.

·        Eine Festlegung der allgemeinen Schulpflicht (Abs. 7).

 

Das in diesem Textvorschlag ausgearbeitete Modell hat nach Ansicht seiner Proponenten die Wahrung der Einheitlichkeit des Bildungssystems zum Ziel. Dabei wird auf die Einheit von Qualitätssicherung und Ressourcenbewirtschaftung verwiesen.

 

Die Regelung geht davon aus, dass einfache Gesetze keine Verfassungsbestimmungen mehr enthalten sollen und sieht keine 2/3-Bestimmungen im Schulrecht mehr vor, d.h. die Regelung des derzeitigen Art. 14 Abs. 10 B-VG entfällt ersatzlos. Aufgrund dieses Entfalls ist dort, wo ein besonderer Bestandschutz erforderlich ist, eine Verankerung der Materie direkt in der Verfassung vorgesehen. Dies betrifft insbesondere den Bildungsauftrag des österreichi­schen Schulwesens, die Schulpflicht, die grundlegende Schulstruktur und die Behördenstruk­tur.

 

Die Verwaltung werde nach Ansicht der Proponenten dieses Modells durch Entfall ei­ner Verwaltungsebene straffer und effizienter organisiert sein. Im Bereich des Dienstrechtes werde die derzeitige Rechtslage beibehalten.

 

Angelegenheiten der Grundsatzgesetzgebung gehen in die Zuständigkeit der Länder oder verbleiben beim Bund und können – im Sinne des Subsidiaritätsprinzips – direkt an die Schulen übertragen werden.

 

Es erfolge nach Ansicht der Proponenten dieses Modells eine Rücknahme der Rege­lungsdichte im Bereich der Organisation auf das aus Expertensicht absolut erforderliche Min­destausmaß zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Verwaltung und zur Klarstellung von verfassungsrechtlichen Begrifflichkeiten für die Zukunft im Interesse einer verbesserten Transparenz, Verständlichkeit und Rechtssicherheit für die Normadressaten.

 

Es sind keine Sonderregelungen wie z.B. für Bundes-Berufsschule für Uhrmacher, Forstfachschule, Land- und forstwirtschaftliche mittlere Schulen mit Versuchsanstalten etc. vorgesehen.

 

Umfassendes regionales Bildungsmanagement erfordere eine starke Stellung des je­weiligen Behördenleiters unter direkter Anbindung an die politische Ebene. Da die Vollzie­hung von Landesaufgaben und im Bereich des Bundesschulwesens gemeinsam erfolgen solle, sei auch eine partnerschaftliche Struktur vorgesehen worden.

 

Die Festlegung der „Behördenstruktur“ (Organisation, Finanzierung) bleibe dem ein­fachen Gesetzgeber vorbehalten, wobei ein Entscheidungsfreiraum für die Länder vorgesehen werde. Dies ergebe sich insbesondere aus der stark unterschiedlichen Struktur, sowohl in to­pografischer und demografischer Hinsicht als auch im Bereich der Schulstrukturen der einzel­nen Bundesländer. Damit bestehe die Möglichkeit, eine „Schulverwaltung nach Maß“ für jedes Bundesland zu erarbeiten, wie dies im Rahmen der bisherigen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten für den Landesschulrat für Oberösterreich („Landesschulrat neu“) bereits er­folgt sei. Insbesondere durch die nicht mehr vorgesehene Struktur einer weiteren Verwal­tungsebene entstünden Gestaltungsfreiräume in der Schulverwaltung und für die neuen päda­gogischen Herausforderungen im Bereich von Qualitätssicherung und -management. Eine Weiterentwicklung der derzeit bestehenden Hilfestellungen für die Schulen durch örtlich de­zentrale Einrichtungen, z.B. „Außenstellen“ der Schulpsychologie, sei flexibler und einfacher möglich, als dies derzeit der Fall ist.

 

Im Rahmen der Behördenstruktur könne der Gesetzgeber auch Möglichkeiten der Par­tizipation vorsehen, wie sie von verschiedenen Vertretern der Bürgergesellschaft teilweise im Hearing am 26. Jänner 2004 und teilweise in schriftlichen Stellungnahmen, insbesondere der österreichischen Schülerunion, an den Österreich-Konvent herangetragen worden seien.

 

Gegen dieses Modell wird eingewandt, dass die dort vorgenommene Gliederung der Schule nicht in der Verfassung stehen müsse. Außerdem könne eine inhaltliche Definition der Schule in der Verfassung unterbleiben. Vielmehr könne die Schulorganisation und -erhaltung für alle Schulen in die Kompetenz der Länder fallen. Vereinzelt wurde auch dafür plädiert, das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen nicht anders als das sonstige Schulwesen zu behandeln, wobei eingeräumt wurde, dass eine Lösung dieser Frage in die Zuständigkeit des Ausschusses 5 falle und dort behandelt werden müsse. Auch wird der Bestellungsmodus des Behördenleiters der Landesbildungsdirektion von einigen Ausschussmitgliedern abgelehnt. Es werde nämlich von der bisher bestehenden Rechtslage, wonach die Landesschulräte selbstän­dig von den Ländern bzw. den Landeshauptleuten bestellt werden, dadurch abgegangen, dass der Behördenleiter vom zuständigen Bundesminister ohne Bindung an den Vorschlag des Landeshauptmannes ernannt würde.

 

Vereinzelt wird dafür plädiert, Abs. 5 Satz 2 des Textvorschlages, wonach ab Beginn der 5. Schulstufe neben der Pflichtschule ein höheres öffentliches Bildungsangebot (differen­ziertes Bildungsangebot) einzurichten sei, zu streichen. Auch wenn ein differenziertes Bil­dungsangebot notwendig sei, sollte die Flexibilität gewahrt bleiben, um für mögliche zukünf­tige Entwicklungen oder Schulversuche offen zu sein.

 

 

2. Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“

 

Das Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“ wurde in den Ausschussberatungen weiter vertreten. Eine verfassungslegistische Ausarbeitung ist indessen unterblieben, da ohne definitive Ergebnisse zu den Kompetenzen im Ausschuss 5 im Schulbereich eine solche sei­tens der Proponenten dieses Modells nicht für sinnvoll erachtet wurde.

 

Seitens der Proponenten wurde darauf hingewiesen, dass die Schulerhaltung grund­sätzlich bei den Bundesländern konzentriert werden sollte, das Personal sollte ausschließlich Bundespersonal sein.

 

Gegen das Modell der Bildungsregionen wurde vorgebracht, dass dadurch Einheitlich­keit und Durchlässigkeit des Bildungssystems und damit die bestehende Chancengleichheit gefährdet würden.

Weiters entstehe durch die zusätzlichen Verwaltungsebenen ein zusätzlicher Verwaltungs­aufwand und damit höhere Ausgaben. Durch die im Konzept vorgesehene getrennte Verwal­tung von Spezialschulen, wobei für Begriffe keine Definitionen vorliegen, und sonstigen Schulen wäre jedenfalls eine Doppelverwaltung erforderlich.

 

 


3. Weitere Vorstellungen zur Schulverwaltung

 

Im Verlauf der Ausschussberatungen wurde von Ausschussmitgliedern wiederum als weiterer Ansatz die Übertragung der Verwaltung des Schulwesens in die mittelbare Bundesverwaltung – sollte diese erhalten bleiben – vorgeschlagen. Es sollten – auch für den Bereich der Schul­verwaltung – die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung zuständig sein. Für die Schulverwaltung sollte es demnach keine Sonderbehörden geben. Die mittelbare Bundesver­waltung biete dabei genügend Steuerungsmöglichkeiten für die im Schulwesen notwendige Vereinheitlichung.

 

Diesem Modell wurde entgegen gehalten, dass dadurch die Einheitlichkeit, die Durchlässigkeit und damit die Chancengleichheit nicht ausreichend sicher gestellt wären und vor allem der Grundsatz der Einheit zwischen Realisierungsverantwortung und Finanzverant­wortung noch weniger als im derzeitigen System gewährleistet wäre. Es bestünde im Schul­wesen gegenüber den anderen Materien im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung ein erheblicher Unterschied, da es sich bei den bisherigen Bereichen um Rechtsfragen handle, während im Bereich des Schulwesens die Gestaltung der Bildung den Kern des Aufgabenge­bietes bilde und rechtliche Fragen, insbesondere Entscheidungen mittels Bescheid, nur einen geringen Teil des Arbeitsfeldes ausmachten.

 

Weiters wurde von Ausschussmitgliedern vorgebracht, sämtliche Bestimmungen, die die Verwaltungsorganisation (Aufbauorganisation) im Bildungsbereich betreffen, zu strei­chen. Auf einer solchen Grundlage wäre es dann möglich, einfachgesetzlich, die in der bishe­rigen Diskussion erwogenen Modelle zu verwirklichen.

 

Dem wurde von der überwiegenden Mehrheit des Ausschusses entgegengehalten, dass im Bildungsbereich sehr wohl – wie schon bisher – die Aufbauorganisation in der Verfassung festgeschrieben werden sollte. Von einem Teil der Ausschussmitglieder wurde dabei vertre­ten, dass abgesehen von der Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung betreffend das Bil­dungswesen zumindest die demokratische Struktur der für das Bildungswesen verantwortli­chen Organe (z.B. Bildungsausschuss bzw. Oberstes Organ von Bildungsregionen) in der Verfassung selbst festgeschrieben werden sollte. Konsens bestand darüber, dass der bisherige parteipolitische Proporz in den Kollegialbehörden nicht mehr zeitgemäß sei, kein Konsens aber darüber, ob sie durch anders demokratisch legitimierte Kollegialorgane ersetzt werden sollten. Schließlich wurde vereinzelt vertreten, dass die partnerschaftliche Einbindung von Lehrern und Elternvertretern in Form eines Kollegiums in der Praxis ihre Vorteile bewiesen habe und deshalb auch in Zukunft beibehalten werden sollte.

 

 

 

X. Sicherheitsverwaltung

 

Unter Sicherheitsverwaltung im engeren Sinn wird inhaltlich jene Gruppe von Polizeimate­rien verstanden, die eine besondere Bedeutung für die Erhaltung der inneren Sicherheit im Staat hat. Zu diesen Polizeimaterien zählen die Sicherheitspolizei (Aufrechterhaltung der öf­fentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie erste allgemeine Hilfeleistungspflicht), die Fremdenpolizei (im Sinn von aufenthaltsbeendenden bzw. –verhindernden Maßnahmen), die Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, das Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie die Vereins- und Versammlungsangele­genheiten. Im weiteren Sinn zählen zur Sicherheitsverwaltung auch das Pass-, Melde- und Pressewesen.

 

Sowohl für das Modell der „Kombinierten Behördenstruktur“ als auch für das Modell „Sicherheitsregionen“ wurden Textvorschläge vorgelegt. Zu den wesentlichen Eckpunkten dieser Modelle ist auf den Ausschussbericht vom 23. März 2004 (S. 32 f) zu verweisen. In den Ausschussberatungen wurde kein Konsens hinsichtlich einer der Textvorschläge erzielt.

 

 

1. Modell „Kombinierte Behördenstruktur“

Nach dem Modell der „Kombinierten Behördenstruktur“ ist Oberste Sicherheitsbehörde der Bundesminister für Inneres. Dem Bund obliegt demnach die Organisation und Führung der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, die Regelung der Errichtung und der Organisierung sonstiger Wachkörper von Gebietskörperschaften, die Regelung der Bewaffnung der Wachkörper und des Rechtes zum Waffengebrauch.

 

Der derzeit gültige Organisationsgrundsatz in der Sicherheitsverwaltung, dass spezia­lisierte Sicherheitsbehörden in den Ballungsräumen eingerichtet sind und außerhalb dieses Bereiches die Sicherheitsveraltung von den Bezirksverwaltungsbehörden wahrgenommen wird, wird beibehalten.

 

Dem Bundesminister für Inneres sind die Landespolizeidirektionen, diesen die Be­zirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden nachgeordnet. Für jedes Land besteht eine Landespolizeidirektion. An ihrer Spitze steht ein Landespolizeidirektor. Der Bundesminister für Inneres bestellt den Landespolizeidirektor im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann. Der Landespolizeidirektor hat Weisungen, die für die Aufrechterhaltung  der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit  im gesamten Land maßgeblich sind, dem Landeshauptmann mitzuteilen.

 

In Städten mit eigenem Statut oder wenn dies sonst aus Gründen der öffentlichen Ord­nung und Sicherheit erforderlich erscheint, können durch Verordnung der Bundesregierung Stadtpolizeidirektionen samt deren Außenstellen eingerichtet sowie deren örtlicher Wir­kungsbereich festgelegt werden. In Städten, in denen eine Landespolizeidirektion und  eine Stadtpolizeidirektion eingerichtet sind, ist der Landespolizeidirektor zugleich Stadtpolizeidi­rektor.

 

Neben einer Wachkörperdefinition enthält der Textvorschlag zur „Kombinierten Be­hördenstruktur“ noch eine Festlegung der Zuständigkeit zur allgemeinen Hilfeleistung und eine Übergangsbestimmung betreffend Wachkörper.

 

 

2. Modell „Sicherheitsregionen“

Nach dem Modell der „Sicherheitsregionen“ soll die Divergenz zwischen Bundespolizeidi­rektionen und Bezirksverwaltungsbehörden in der sicherheitspolizeilichen Struktur zugunsten eines einheitlichen Systems von Polizeidirektionen aufgegeben werden. Die Anzahl und der örtliche Wirkungsbereich der Polizeidirektionen, an deren Spitze ein Polizeidirektor steht, werden dem einfachen Bundesgesetzgeber überlassen. Durch die verfassungsrechtliche Nor­mierung einer Mindestanzahl von 20 und einer maximalen Anzahl von 35 Direktionen soll sichergestellt werden, dass ein Sicherheitsregionen-Modell erhalten bleibt, somit eine Ebene geschaffen wird, die deutlich zwischen den Ländern einerseits und den Bezirksverwaltungs­behörden andererseits liegt. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass flächendeckend Polizei­direktionen eingerichtet werden. Im Interesse der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit können auch die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung mit den Agenden der Sicherheitsverwaltung betraut werden.

 

Den Polizeidirektionen übergeordnet ist die Generalpolizeidirektion, an deren Spitze der Generalpolizeidirektor steht. Zwar bleibt der Bundesminister für Inneres weisungsbefugt, doch kann er Weisungen nur direkt an den Generalpolizeidirektor erteilen. Auch kann der Bundesminister in Zukunft nicht selbst die Aufgaben einer Sicherheitsbehörde wahrnehmen.

Damit soll eine klare Trennung zwischen politischer Führung und Behördenstruktur der Poli­zei herbeigeführt werden.

 

Mit dem Modell der „Sicherheitsregionen“ wird eine bundeseinheitliche zweistufige Behördenstruktur realisiert (Generalpolizeidirektion-Polizeidirektion). Im Textvorschlag “Si­cherheitsregionen“ erfolgt weiters die Festlegung der sachlichen Zuständigkeit der Sicher­heitsbehörden und eine Definition der Wachkörper. Schließlich erfolgt auch eine Regelung des Menschenrechtsbeirates (Aufgaben, Zusammensetzung) im Zusammenhang mit den Re­gelungen über die Sicherheitsverwaltung.

 

 

3. Keine spezielle verfassungsrechtliche Determinierung der Sicherheitsverwaltung

In der Diskussion wurde noch ein weitere Variante verfolgt: Demzufolge sollten die auf Ver­waltungseinrichtungen der Sicherheitsverwaltung bezogenen Verfassungsbestimmungen (Art. 78a ff B-VG) ersatzlos aufgehoben werden. Auf Basis des Art. 102 Abs. 2 B-VG und eines neu gefassten Art. 102 Abs. 3 B-VG, welcher den Einsatz von Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden erster Instanz absichern sollte, könnten beide oben dargestellten Mo­delle der Sicherheitsverwaltung verwirklicht werden. Dieser Variante liegt die Überlegung zugrunde, dass Bestimmungen über die Aufbauorganisation von Sonderverwaltungsbereichen nicht Regelungsgegenstand einer Verfassung sein sollten.

 

 

4. Beratungsergebnis

Konsens erzielte der Ausschuss darin, dass Grundsätze der Verwaltungsorganisation in der Sicherheitsverwaltung (Aufbauorganisation) in der Verfassung verankert sein müssten. Im Besonderen müsse auch die Abgrenzung Behörde-Wachkörper klar aus der Verfassung ab­leitbar sein. Vereinzelt blieb in diesem Zusammenhang die Forderung, dass es künftig nur einen Wachkörper geben sollte und so etwa die Gemeindewachkörper abgeschafft werden sollten.

 

Konsens erzielte der Ausschuss darin, dass der Menschenrechtsbeirat für die gesamte Verwaltung zuständig sein sollte und dementsprechend bei der Bundesregierung eingerichtet werden soll.

 

Im Zusammenhang mit dem Modell „Sicherheitsregionen“ wurde vor allem der klare zweistufige Organisationsaufbau begrüßt, während hingegen beim Modell „Kombinierte Be­hördenstruktur“ kritisiert wurde, dass dieses im ländlichen Raum offenbar von einer Dreistu­figkeit - im Gegensatz zu den großen Städten, wo eine Zweistufigkeit vorherrsche - ausgehe. Ferner wurde betreffend das Modell der „Kombinierten Behördenstruktur“ kritisch bemerkt, dass für den Bereich der Bezirksverwaltungsbehörden ein getrennter Weisungszusammen­hang (Dienst- und Fachaufsicht) aufrechterhalten bleibe. Darüber hinaus hätten die Magistrate der Landeshauptstädte weniger Aufgaben zu erfüllen als die Städte Steyr, Villach, Wels und Wiener Neustadt. Ebenfalls wird im Zusammenhang mit den Städten mit eigenem Statut kri­tisch angemerkt, dass es zu zahlreichen Aufgabenübertragungen, insbesondere auch jene der sicherheitspolizeilichen Agenden (Waffen-, Schieß-, Fremdenwesen), bei denen es sich um sehr sensible Aufgabenbereiche handelt, kommt. Dies wird vor allem deshalb problematisch gesehen, weil in Städten mit eigenem Statut der Bürgermeister, ein politisches Organ im Ge­gensatz zum Bezirkshauptmann, zur Vollziehung dieser Agenden zuständig ist. Ebenfalls wird festgehalten, dass für den Bürgermeister ein Zugriff auf den zuständigen Wachkörper sichergestellt werden muss. Weiters wird der Entfall des Wachkörpermonopols – bisher in Städten mit Bundespolizeidirektionen – vereinzelt abgelehnt.

 

Zum „Modell der Sicherheitsregionen“ wurde angemerkt, dass sich in den Bezirks­hauptmannschaften sowie bei einzelnen Magistraten die Zuständigkeit für Agenden der Si­cherheitsverwaltung bewährt habe. Weiters erscheine eine Festlegung der sachlichen Zustän­digkeit entbehrlich. Außerdem sei die unbestimmte Zahl der Polizeidirektionen (nicht unter 20, aber auch nicht über 35) nicht tauglich für einen Verfassungstext.

 

Jene Mitglieder, die das Modell der „Sicherheitsregionen“ vertreten, betonen vor al­lem, dass es – unabhängig von einer Zwei- oder Dreistufigkeit – darum gehe, die behördliche Verantwortung für die Tätigkeit des Wachkörpers und dessen Führung zusammenzulegen; eine Zusammenführung dieser Verantwortlichkeiten erst auf Ebene des Bundesministers schaffe einen Staat im Staate.

 

Letztlich konnte kein Konsens über eines der beiden Modelle gefunden werden.

 

 

 

XI. Bundesheer

 

Zu den im Ergänzungsmandat aufgetragenen Fragestellungen wurde ein Textvorschlag „Wehrverfassung“ im Ausschuss behandelt (Anlage 13). Dieser Textvorschlag sieht eine Neu­fassung des Art. 79 B-VG vor. Dabei sollen die Empfehlungen, wie sie im Bericht der Bun­desheerreformkommission niedergelegt sind, ihre Umsetzung im Verfassungsrecht erfahren. Zu diesem Textvorschlag besteht kein Konsens.

 

So wird nunmehr in Art. 79 Abs.1 Z 2 lit. a des Textvorschlages die solidarische Be­teiligung an Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik normiert. Zugleich erfolgt eine Integration der Entsendebestimmungen des KSE-BVG in den Text des Art. 79 B-VG. Dabei sollen die Entsendemodalitäten unter Wahrung der bereits be­stehenden Rechte des Parlamentes in Art. 79 B-VG transformiert werden. Sofern jedoch die besondere Dringlichkeit der Lage eine unverzügliche Entsendung erfordert, kann das notwen­dige Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates auch nachträglich hergestellt werden. Bei Verweigerung der Zustimmung des Hauptausschusses wäre die Entsendung – wie bereits nach geltender Rechtslage – unverzüglich zu beenden.

 

Für neu eintretende Berufssoldaten soll der Grundsatz, dass sie nur freiwillig zu Aus­landseinsätzen entsandt werden dürfen, entfallen. Als Übergangsbestimmung soll sicherge­stellt werden, dass entsprechend der Empfehlung der Bundesheerreformkommission für be­reits im Dienststand befindliches Kaderpersonal der freiwillige Übertritt in das Berufsmodell mit Verpflichtung zum Auslandseinsatz ermöglicht werden soll. Alle Berufssoldaten, die nicht vom Optionsrecht Gebrauch machen, sollen weiterhin auf freiwilliger Basis einen Aus­landseinsatz absolvieren können. Der Verfassungsgrundsatz, dass Soldaten im Grundwehr­dienst und Soldatinnen im Ausbildungsdienst ausschließlich auf der Basis der Freiwilligkeit an Auslandseinsätzen teilnehmen können, soll aufrechterhalten werden.

 

Die Aufgaben des Art. 79 Abs. 1 Z 3 und 4 des Textvorschlages (Schutz der verfas­sungsmäßigen Einrichtungen, Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren, Hil­feleistung bei Elementarereignissen) sind nicht als Kernkompetenz, sondern als Assistenz­leistung zu verstehen und erfolgen nur über Ersuchen der zuständigen Behörden (Abs. 7 des Textvorschlages).

 

Weiters soll es nunmehr in Art. 79 Abs. 1 B-VG „Elemente eines Milizsystems“ und nicht mehr „Grundsätze eines Milizsystems“ lauten. Diese Änderung sei durch die Empfeh­lung der Bundesheerreformkommission bedingt. Um den künftigen sicherheitspolitischen Voraussetzungen gerecht zu werden, sei im Rahmen der Streitkräfteentwicklung eine Ände­rung des Verhältnisses „stehendes Heer“ – Miliz erforderlich, wobei jedoch die Miliz ein in­tegraler Bestandteil des Bundesheeres und seiner gesamtheitlichen Aufgabenerfüllung bleiben sollte. Auch sollte die Heranziehbarkeit des Bundesheeres zu Exekutionen des Verfassungsge­richtshofes (Art. 146 Abs. 2 B-VG) entfallen.

 

Gegen den Textvorschlag „Wehrverfassung“ wurde vorgebracht, dass ein Änderungs­bedarf bei Art. 79 B-VG nicht ersichtlich sei. Aus dem Textvorschlag gehe insbesondere nicht das Prinzip der Subsidiarität bei Assistenzeinsätzen hervor. Darüber hinaus bedürfte die Teil­nahme an Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eines Mandates des UN-Sicherheitsrates. Dem wurde entgegengehalten, dass die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik de lege lata in Art. 23 f B-VG ihren Niederschlag ge­funden habe und ein Mandat des UN-Sicherheitsrates bei solchen Maßnahmen nicht notwen­dig sei. Ein Teil der Ausschussmitglieder widersprach wiederum dieser Rechtsmeinung zu Art. 23 f B-VG und führte aus, dass auch im Rahmen des Art. 23 f B-VG ein Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig sei. Weiters wurden eine Änderung der Entsendungsmodalitäten und des Freiwilligenprinzips abgelehnt. Die Änderung der Wortfolge von „Grundsätzen eines Milizsystems“ in „Elemente eines Milizsystems“ sei entbehrlich, da eine dynamische Inter­pretation der Wortfolge „Grundsätze des Milizsystems“ zum gleichen Ergebnis führe. Auch sollte die Heranziehbarkeit des Bundesheeres zu Exekutionen des Verfassungsgerichtshofes (Art. 146 Abs. 2 B-VG) aufrecht bleiben.

 

 

 

XII. Überprüfung der vom Ausschuss 2 übermittelten

        Verfassungsbestimmungen

 

Die dem Ausschuss 6 vom Ausschuss 2 zur weiteren Überprüfung übermittelte Aufstellung der Normen im Verfassungsrang wurde auf der Basis einer von Prof. Raschauer erstatteten Liste bearbeitet. Zu dieser Liste ergingen Stellungnahmen der Wirtschaftskammer Österreich, von Dr. Meyer und von Dr. Schnizer. Diese Stellungnahmen wurden nach einer Diskussion im Ausschuss in die Anmerkungen des Ausschusses 6 zur Liste des Ausschusses 2 eingear­beitet. Auf Übergangsbestimmungen wird nicht Bedacht genommen. Es handelt sich somit nicht um konsentierte Vorschläge für die Integration der aufgelisteten Verfassungsbestim­mungen in die Verfassungsurkunde.

 

In diesem Zusammenhang bleibt anzumerken, dass sich der Ausschuss 2 eine Schluss­redaktion hinsichtlich des vorgeschlagenen Schicksals der gegenständlichen Verfassungsbe­stimmungen vorbehalten hat.

 

Die angesprochene Liste befindet sich in Anlage 14.

 

 

 

 

 

Der Ausschussvorsitzende:

Dr. Johannes Abentung e.h.