16. November 2004
Ergänzender Bericht
des Ausschusses 6 „Reform der Verwaltung“
zu den drei Mandatsergänzungen
Inhalt
Zu den Ergänzungsmandaten
und ihrer Behandlung
Erste
Mandatsergänzung vom 29. April 2004 .......………………………………….. 4
Zweite Mandatsergänzung vom 9. Juni 2004 ……..…………………….…………... 4
Dritte Mandatsergänzung vom 24. August 2004 ….………………………………… 6
Beratungsverlauf ………...……………………………………………..……………... 6
Ausschussmitglieder und sonstige Mitarbeiter …………………………...………… 7
Ergebnisse der Beratungen
I. Finanzverwaltung
……………………………………………………………………... 8
II. Gesundheitsverwaltung
…………………………………………………………...….. 8
III.
Partizipation der Bürgerinnen und Bürger ……………………………………….…
9
IV.
Mittelbare Bundesverwaltung ………………………………………………………
11
V. Oberste Verwaltungsorgane ……………………………………………..…………..
13
VI.
Verwaltungsorganisation
des Bundes ………………………………...……………. 14
1. Zentrale Ämter ………………………...…………………………………………… 14
2. Gemeinsam unterstellte Einrichtungen …………………………………………….. 15
3. Koordinations- und Steuerungsbedarf …………………………………………...… 15
4. Kanzleramtsminister ……………………………………….………………………. 16
5. Beratungsergebnis ………………………………………………………………….. 16
VII.
Öffentlicher Dienst …………………………………………………………………... 16
1. Verfassungsrechtliche Grundsätze ……………………………………………...….. 16
2. Besonderer Funktionsschutz ……………………………………………………….. 17
3. Disziplinarrecht …………………………………………………………………….. 17
4. Durchlässigkeit und Einheitlichkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften
…….. 18
5. Diensthoheit ……………………………………...………………………………… 18
VIII.
Erweitertes verfassungsrechtliches Effizienz- und
Transparenzgebot ……...….... 19
1. Normadressaten …………………………………………………………………….. 19
2. Zur Partizipation ……………………………………...……………………………. 20
3. Zu Justiziabilität, Sachlichkeitsgebot und Rechtsstaatlichkeit …………………….. 20
4. Zu den Prüfungszielen des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft ………….. 20
5. Textvorschläge ……………………………………………………………………... 21
IX.
Schulverwaltung ……………………………………………………………………... 21
1. Modell „Regionales Bildungsmanagement“………………………………………... 21
2. Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“…………………………………... 23
3. Weitere Vorstellungen zur
Schulverwaltung ………………………………………. 24
X. Sicherheitsverwaltung
…………………………………………………………….… 24
1. Modell „Kombinierte Behördenstruktur“…………………………………………... 25
2. Modell „Sicherheitsregionen“………………………………………………………. 25
3. Keine spezielle verfassungsrechtliche Determinierung der Sicherheitsverwaltung
.. 26
4. Beratungsergebnis ………………………………………………………………….. 26
XI.
Bundesheer …………………………………………………………………………... 27
XII.
Überprüfung der vom Ausschuss 2 übermittelten
Verfassungsbestimmungen …. 28
1. Arbeitsunterlage zur Gesundheitsverwaltung von Matzka und Schnizer
2. Papier zur Bildungs-, Sicherheits-, Gesundheits- und Finanzverwaltung
von Raschauer
3. Papier „Öffentlichkeit von Verwaltungsinformationen“ von Raschauer
4. Tagungsbericht „Good Governance“ von Wutscher
5. Arbeitsunterlage des Grünen Klubs „Reform der Verwaltung“ –
Partizipation der Bürger
und
Bürgerinnen im Rahmen des Österreichkonvents, vorgelegt von Meyer
6. Arbeitsunterlage zur mittelbaren Bundesverwaltung von Schnizer
7. Arbeitsunterlage zur Bundes-Verwaltungsorganisation (Art. 77 B-VG)
[von Wielinger]
8. Papier zur Aufhebung der Diensthoheit (Art. 21 Abs. 3 B-VG) von Matzka
und Raschauer
9. Papier zum erweiterten Effizienzgebot von Meyer
10. Arbeitsunterlage [des BMBWK] zur
Schulverwaltung
11. Arbeitsunterlage zur Sicherheitsverwaltung
von Schnizer
12. Papier [des BMI] zur Sicherheitsverwaltung
13. Arbeitsunterlage des BMLV zur
Wehrverfassung
14. Aufstellung von Verfassungsbestimmungen,
die vom Ausschuss 2 zur Überprüfung
übermittelt wurden
Zu den Ergänzungsmandaten und
ihrer Behandlung
Erste Mandatsergänzung vom 29. April 2004
Das
Präsidium des Österreich-Konvents hat in seiner Sitzung am 29. April 2004
beschlossen, dass der Ausschuss 6 seine Beratungen zu den folgenden, noch nicht
behandelten Themen fortsetzen soll:
Finanzverwaltung
und Gesundheitsverwaltung (Punkt B) 4) und B) 5) des Mandates)
Beratung
der Themen Finanzverwaltung und Gesundheitsverwaltung insbesondere unter
Bedachtnahme auf die damit zusammenhängenden verfassungsrechtlichen Aspekte.
Partizipation
der Bürgerinnen und Bürger (Punkt C) 5) des Mandates)
Wie
können die Bürgerinnen und Bürger verstärkt (mit Parteistellung) in das
Verwaltungshandeln eingebunden werden?
Erhebungen
zur mittelbaren Bundesverwaltung (Punkt A) 10) des Mandates)
Bezug
nehmend auf die im Bericht des Ausschusses 6 unter Punkt I. dargestellten Ergebnisse
der Beratungen zur mittelbaren Bundesverwaltung und die von Ihnen zur Verfügung
gestellte Aufstellung der in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehenden
Gesetzen ersucht das Präsidium den Ausschuss 6 weiters, im Wege der jeweils
zuständigen Bundesministerien zu erheben, worin das zentrale
Steuerungsinteresse des Bundes besteht, das für eine Beibehaltung der
mittelbaren Bundesverwaltung spricht (Beibehaltung der im Ausschussbericht
angesprochenen administrativen Steuerungsmöglichkeiten des Bundes). Soweit
notwendig, möge sich der Ausschuss 6 dabei mit dem Ausschuss 5 akkordieren.
Die
Erteilung von weiteren Ergänzungen zum Mandat des Ausschusses 6 hat sich das
Präsidium vorbehalten.
Zweite Mandatsergänzung vom 9. Juni 2004
1.
Im Bereich der
mittelbaren Bundesverwaltung :
a)
Beibehaltung der
mittelbaren Bundesverwaltung:
-
Die Länder sollen zu
allfälligen Mitteln der Bundessteuerung befragt werden (Weisungen – Information)
-
der Bund soll ein
allfälliges Steuerungsinteresse bei Bundesgesetzen, die durch die Länder vollzogen
werden (Art 11 B-VG) bekannt geben
-
Zusammenfassung aller
fugitiven Zuweisungen in die unmittelbare Bundesverwaltung in einem Artikel
b)
Modifikation der mittelbaren
Bundesverwaltung in einem Modell der generellen Steuerung
-
Möglichkeit vom Abgehen
von Einzelfallentscheidungen
Dazu sollen Textvorschläge erarbeitet
werden.
2.
Oberste Organe
Der Ausschuss soll umfassend prüfen, welche Folgen mit der Aufnahme resp. mit der Streichung aus der Aufzählung in Art 19 (1) B-VG verbunden ist und einen diesbez. Textvorschlag vorlegen.
Der Ausschuss soll unter Berücksichtigung der politischen Verantwortung und der jeweiligen parlamentarischen Kontrolle einen Textvorschlag für gebietskörperschaftsübergreifende sowie verbandsinternübergreifende Behörden erstellen. Dabei ist auch die Stellung (insb. Transparenz der Zuständigkeiten, Wahrung eines gleichwertigen Rechtsschutzes) der Rechtsunterworfenen besonders zu beachten.
3.
Öffentlicher Dienst:
a)
auf Bundesebene soll es
ein einheitliches Dienstrecht geben. Der Ausschuss soll für dieses:
-
die
verfassungsrechtlichen Grundsätze für ein öffentlich-rechtliches Dienstrecht
ausarbeiten
-
die
verfassungsrechtlichen Grundsätze für ein privatrechtliches Dienstrecht
ausarbeiten
-
die
verfassungsrechtlichen Grundsätze für eine Mischform zwischen beiden o.a.
Varianten ausarbeiten
Der Ausschuss soll bei allen
Varianten beachten:
-
wo es eines besonderen
Schutzes der Funktion bedarf
-
den Entfall des
Disziplinarrechts
-
Auswirkungen des
Entfalles des Disziplinarrechts
b)
Zur Wahrung der
Durchlässigkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften sollen Verfassungstexte
aa)
für ein gemeinsames
Dienstrecht aller Gebietskörperschaften
bb)
für gemeinsame
Grundsätze
aaa) in Angelegenheiten
der Besoldung
bbb) darüber hinausgehend,
insb. die wechselseitige Informationspflicht, die
Dienstrechtsgesetzgebung betreffend,
erarbeitet
werden.
c)
Dienstrechtskompetenz für Bund und Länder ohne gegenseitige Bindung
(Beibehaltung des Status quo)
Bei allen vorstehenden Varianten ist die Möglichkeit
folgenden Gesetzesauftrages mitzudenken:
„Unparteilichkeit, Gesetzestreue und
Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ist sicherzustellen.“
Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten sind zu
erläutern
Zur Frage, ob die Diensthoheit bei Obersten Organen
beibehalten werden soll, soll der Ausschuss seine Beratungen fortsetzen, unter
Berücksichtigung sowohl hinsichtlich der Situation der Bediensteten in
Ministerien (einheitliches Personalamt?, Beibehaltung der
Letztverantwortlichkeit des zuständigen Bundesministers), als auch hinsichtlich
der Situation der Bediensteten ausgegliederter Organisationseinheiten (keine
Telecom 2).
Weiters soll untersucht werden, ob eine
verfassungsrechtliche Regelung notwendig ist, oder ob mit einer einfachgesetzliche
Regelung das Auslangen gefunden werden kann.
4.
Erweitertes
verfassungsrechtliches Effizienzgebot
Zur Frage, ob ein Effizienz- bzw. Effektivitätsgebot
verfassungsrechtlich verankert werden soll, soll der Ausschuss aufbauend auf
dem vorliegenden Textvorschlag unter Berücksichtigung folgender Punkte:
-
ist Normadressat die
Gesetzgebung und/oder die Verwaltung?
-
Partizipation
-
Justiziabilität
-
Verhältnis zum
Sachlichkeitsgebot
-
Verhältnis zur
Rechtsstaatlichkeit
-
Verhältnis zu den
Prüfungszielen des Rechnungshofes
-
Verhältnis zu den
Prüfungszielen der Volksanwaltschaft
einen Vorschlag ausarbeiten.
Der Ausschuss wird darauf hingewiesen, dass der Textvorschlag auch Varianten aufweisen kann.
5.
Schulverwaltung und
Sicherheitsverwaltung:
Der Ausschuss soll für beide Verwaltungsbereiche die im Bericht vorgestellten Modelle unter Berücksichtigung folgender Punkte ausarbeiten:
-
Vor- und Nachteile
-
Kosten (neue Kosten +
Einsparungspotentiale)
-
wo können Reibungsverluste
vermieden werden?
Bei der Schulverwaltung soll bei allen drei Modellen
Möglichkeiten der Partizipation
der Betroffenen untersucht und berücksichtigt werden. Bei der
Sicherheitsverwaltung ist die neue StPO zu berücksichtigen.
6.
Der Ausschuss erhält
weiters den Auftrag, die Art 19, 20, 21 (3 – 5), 22, 23, 78a – d, 81a, 81b und
insb. die Art. 102, 103 und 104 B-VG auf die Möglichkeit der Straffung und
Systematisierung zu durchforsten.
7.
Die dem Ausschuss 6 vom
Ausschuss 2 übermittelte Aufstellung der Normen im Verfassungsrang sollen
überprüft und entsprechend bearbeitet werden.
Der Ausschuss wird ersucht, dem Präsidium über die
Ergebnisse der Beratungen über die 1. und 2. Mandatsergänzung schriftlich bis
30. September 2004 zu berichten.
Dritte Mandatsergänzung vom 24. August 2004
Das
Präsidium hat in seiner 28. Sitzung vom 24. August 2004 beschlossen, dass der Ausschuss 6 – über die ihm in den
Sitzungen des Präsidiums vom 29. April 2004 und vom 9. Juni 2004 zugewiesenen
Themen hinaus – in seinen weiteren Beratungen auch noch die folgenden
Fragestellungen näher behandeln soll:
-
Aufgaben,
-
Oberbefehl und Befehlsgewalt
-
Mitwirkung der Länder
-
Auslandseinsätze
des
Bundesheeres behandeln und sich dabei auf den Bericht der
Bundesheerreformkommission vom 14. Juni 2004 stützen.
Beratungsverlauf
Die nach Vorlegen des Ausschussberichtes „Reform der Verwaltung“ am 23. März 2004 ergangenen drei zusätzlichen Mandatsergänzungen an den Ausschuss 6 wurden in elf weiteren halbtägigen Sitzungen bearbeitet. Die seitens des Präsidiums gewünschten Textvorschläge fanden nur dort Eingang in den ergänzenden Bericht, wo spezifische substanzielle Beratungen im jeweiligen Gegenstand erfolgten. Ausdrücklich sei auf die bereits im Ausschussbericht vom 23. März enthaltenen Textvorschläge in den einzelnen Fachkapiteln sowie auf die dort befindliche Gesamtdarstellung der Art. 19 bis 23 B-VG hingewiesen.
In der Anlage zu diesem ergänzenden Bericht sind die wichtigsten Unterlagen der Ausschussberatungen zusammengestellt.
Ausschussmitglieder und sonstige Mitarbeiter
Dr. Johannes Abentung (Vorsitzender ab 27. August 2004)
Mag. Werner Wutscher (Vorsitzender bis 20. Juli 2004)
Dr. Johannes Schnizer (stellv. Vorsitzender)
Elisabeth Gehrer Vertretung: Mag. Oliver Henhapel
Dr. Michael Häupl Vertretung: Mag. Ulrike Huemer
Mag. Herbert Haupt Vertretung: Mag. Markus Lenhard
Dr.
Clemens Jabloner
Waltraud Klasnic Vertretung: Dr. Gerhart Wielinger
Dr. Christoph Leitl Vertretung: Dr. Hanspeter Hanreich
Dr. Ulrich E. Zellenberg
Dr.
Manfred Matzka
Hans Niessl Vertretung: Dr. Robert Tauber
Mag. Michaela Piskernik-Schmaldienst
Dr.
Michaela Pfeifenberger
Dr. Josef Pühringer Vertretung: Dr. Eduard Pesendorfer
Dr. Hannes Fischer
Dr. Paul Gruber
Dr.
Bernhard Raschauer
Dr. Wolfgang Schüssel Vertretung: Dr. Alfred Finz
Mag. Klaus Hartmann
Rudolf Schwarzböck Vertretung: Dr. Klaus Wejwoda
Mag. Gerfried Gruber
Friedrich Verzetnitsch Vertretung: Dr. Wilhelm Gloss
Bernd Vögerle Vertretung: Mag. Ronald Faber
Dr.
Peter Wittmann
Als ständige Vertreterin des Grünen Klubs hat Dr. Marlies Meyer im Ausschuss mitgearbeitet. Als Experten standen dem Ausschuss am 12. Juli 2004 Dr. Verena Madner, Wirtschaftsuniversität Wien, sowie am 29. Oktober 2004 Dr. Karl Satzinger und Dr. Peter Vorhofer, beide BM für Landesverteidigung, zur Verfügung. Die Ausschussunterstützung seitens des Konventsbüros lag bei Mag. Michael Bauer, Valentina Ashurov, Brigitte Birkner, Sladjana Marinkovich und Birgit Mayerhofer.
Der Ausschussvorsitzende dankt allen Mitgliedern und deren Vertretern und Vertreterinnen sehr herzlich für die lange Ausdauer und das große Engagement bei den Beratungen über die drei Mandatsergänzungen sowie den sonstigen Experten und Mitarbeitern für die Unterstützung in der Vorbereitung bzw. Durchführung der Ausschusssitzungen. Besonderer Dank gebührt schließlich Dr. Nikolaus Bachler und Mag. Klaus Hartmann für die vielfältige Mitarbeit sowie die fachkundige und umsichtige Unterstützung der Ausschussführung.
Ergebnisse der Beratungen
I.
Finanzverwaltung
In der ersten Ergänzung des Mandates wird der
Ausschuss 6 aufgefordert, die Beratungen zum Thema „Finanzverwaltung“
aufzunehmen, da ein entsprechender Punkt im Mandat, nämlich Reformvorschläge
für diesen Bereich vorzulegen, noch nicht behandelt wurde. Einschränkend wird
in der Mandatsergänzung vermerkt, dass insbesondere auf die „damit zusammenhängenden
verfassungsrechtlichen Aspekte“ Bedacht zu nehmen sei.
Im Ausschussbericht des Ausschusses
wurde auf den Bereich der Finanzverwaltung nicht näher eingegangen. Das lag
darin begründet, dass dieser Teilbereich der Verwaltungsorganisation des
Bundes zum Großteil auf Grundlage des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes
einfachgesetzlich eingerichtet ist und somit kein Reformbedarf im Hinblick auf
die im Österreich-Konvent maßgebliche Verfassungsrechtslage gesehen wurde.
Diese Sichtweise wird vom Ausschuss
auch weiterhin geteilt. In den zu diesem Gegenstand erfolgenden Beratungen
wurde von einigen Ausschussmitgliedern überdies vermerkt, dass derzeit eine
groß angelegte Organisationsreform im Bereich der Finanzverwaltung durchgeführt
wird und deshalb neuerliche Reformüberlegungen ohnehin nicht zweckmäßig
erscheinen.
In dieser
Organisationsreform wurden unter grundsätzlicher Beibehaltung aller Standorte
(Bürgernähe) durch Aufgabenbündelungen neue Strukturen geschaffen und die
Finanzverwaltung in „Wirtschaftsräume“ gegliedert. In diesem Zusammenhang wurde
von den Vertretern des Modells „Autonome Schule und Bildungsregion“ (vgl. dazu
S. 23) darauf hingewiesen, dass in ihrem Reformmodell der Schulverwaltung
ähnliche Erfolg versprechende Überlegungen angestellt werden.
Unter einem verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkt wurde eine etwaige Neupositionierung der unabhängigen
Finanzsenate gesehen. Im Ausschuss bestand Einigkeit, dass diese
Rechtsschutzeinrichtungen im Zusammenhang mit der Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz stehen und verwies diese
Angelegenheit in den Bereich des Ausschusses 9.
II.
Gesundheitsverwaltung
Im Ausschuss wird ein Modell von Dr. Matzka und Dr. Schnizer zur Gesundheitsverwaltung mit folgendem Inhalt vorgelegt (Anlage 1):
· Sicherung des Bestandes der SV als Selbstverwaltungskörper
· Kompetenz für Festlegung von Gesundheitszielen und Erstellung eines Gesundheitsplanes durch den Bund
· Einrichtung von Schlichtungsstellen
· Einbeziehung von Finanzierungsfragen des Gesundheitswesens in den allgemeinen Finanzausgleich
· Information der Patienten über Behandlungen
· Datenschutzinteressen der Patienten
· klare Verantwortungsregeln im Medizinbereich
Der Ausschussvorsitzende erläutert in der Folge das ihm vom Gesundheitsministerium zugegangene Antwortschreiben zu seiner Anfrage bezüglich der Steuerung in der mittelbaren Bundesverwaltung.
Das BMGF schlägt die generelle Übertragung weiter Teile des Vollzugs der Gesundheitsverwaltung aus der mittelbaren Bundesverwaltung in die Landesverwaltung vor. Ausnahmen wären für die Vollziehung betreffend die Sicherheit von Human- und Tierarzneimitteln sowie von Medizinprodukten, die Aufsicht über Selbstverwaltungskörper (mit Ausnahme der Landesärztekammern) sowie das Krisenmanagement bei überregionalen Großseuchen vorzusehen. Das BMGF legt dazu eine detaillierte Auflistung an Gesetzen vor.
In der darauf folgenden Diskussion wird festgestellt, dass der Vorschlag viele Fragestellungen enthält, die nicht verfassungsrelevant sind, bzw. in anderen Ausschüssen zu beraten wären. Darüber hinaus wird betont, dass der Ausschuss einerseits über zu wenig Sachwissen im Gesundheitsbereich verfügt um Detailfragen diskutieren zu können, und dass andererseits für eine intensive Diskussion Ressourcen in einem Ausmaß, über das der Ausschuss nicht verfügt, notwendig wären.
Einig ist sich der Ausschuss darin, dass die zersplitterten Kompetenzen in der Gesundheitsverwaltung neu zu ordnen sind. Dies ist Aufgabe des Ausschuss 5. Daher waren einige Mitglieder der Meinung, dass vor einer Detaildiskussion die Ergebnisse im Ausschuss 5 abzuwarten wären. Weiters wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht das im Ausschuss 6 diskutierte Modell einer gebietskörperschaftsübergreifenden Behörde auch für den Gesundheitsbereich nutzbar gemacht werden kann.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der Ausschuss 6 nicht über die Verfassungsrelevanz der Gesundheitsverwaltung im Hinblick auf den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses 6 einigen konnte. Eine Detaildiskussion ist daher unterblieben
III.
Partizipation der Bürgerinnen und Bürger
Zu diesem Thema lagen dem Ausschuss drei Papiere vor:
· Eine Unterlage „Öffentlichkeit von Verwaltungsinformationen“ eingebracht von Prof. Raschauer (Anlage 3), die in dessen Abwesenheit keiner Diskussion unterzogen wurde
· Die Zusammenfassung einer Tagung zum Thema „Good Governance: Neue Qualitäten im Verhältnis von Staat und Bürgergesellschaft“ (Anlage 4), die dem Ausschuss von Mag. Wutscher zur Information vorgelegt wurde.
· Ein Arbeitspapier des Grünen Klubs „Reform der Verwaltung - Partizipation der Bürgerinnen und Bürger“ (Anlage 5), das drei verfassungsrechtliche Reformaspekte zum Thema Partizipation aufgreift:
- Verankerung einer „Partizipationsbestimmung“
in der Verfassung (das Papier stellt dazu drei Textvorschläge vor)
-
Transparenz
als essentielle Voraussetzung für Partizipation
-
Verbandsklagebefugnisse
Frau Assistenzprofessorin Dr. Verena
Madner von der Wirtschaftsuniversität Wien hat auf der Grundlage dieses
Arbeitspapiers über europarechtliche Entwicklungen und verfassungsrechtliche
Fragen der Partizipation ausführlich referiert.
Im Mittelpunkt der Ausführungen und der nachfolgenden eingehenden Diskussion stand die Frage der Sinnhaftigkeit der Verankerung einer Partizipationsbestimmung in der Verfassung.
Die Ausschussmitglieder stimmen darin überein, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wesentliche Bedeutung für eine gute Regierungs- und Verwaltungsführung und für die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen besitzt. Es herrscht weiters Übereinstimmung, dass Österreich europarechtliche Entwicklungen mit zu vollziehen hat, die auf einen Ausbau von Maßnahmen der Information und Öffentlichkeitsbeteiligung hinzielen. Die Ausschussmitglieder sind einhellig der Auffassung, dass einfachgesetzliche Maßnahmen zur Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf allen Ebenen der Verwaltung sinnvoll und notwendig sind. Festgehalten wurde auch, dass in gesetzlich weniger strikt determinierten Bereichen dem Thema Öffentlichkeitsbeteiligung besondere Relevanz zukommt.
Der Vorschlag,
eine Partizipationsbestimmung in der Verfassung zu verankern, die den
Stellenwert von Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung für die Verwaltung
betont, ist hingegen in den Beratungen mehrfach sowohl auf
verfassungsdogmatische als auch auf rechtspolitische Bedenken gestoßen. Gegen
eine Partizipationsbestimmung in der Verfassung wurde insbesondere ins Treffen
geführt, dass der normative Gehalt einer solchen Bestimmung vage und wenig
vorhersehbar sei. Die gerichtliche Überprüfbarkeit einer solchen, in ihrem
Charakter stark programmatischen Bestimmung wurde bezweifelt und zugleich auf
die demokratiepolitische Problematik einer Ausweitung gerichtlicher
Einflussmöglichkeiten hingewiesen. Dem wurde entgegengehalten, dass die
Partizipationsbestimmung im Zusammenspiel mit anderen weit konkreteren
Verfassungsnormen, wie z.B. einer Beschwerdebefugnis für Bürgerinitiativen und
Verbände beim Verfassungsgerichtshof (eindeutige Öffnung in Art. 144 B-VG)
gesehen werden müsse. Auch könne im Umweltbereich ein Beteiligungsrecht formuliert
werden, wie dies aus den Vorschlägen im Ausschuss 1 ersichtlich ist. Die im
Ausschuss 6 diskutierte Partizipationsbestimmung sei quasi die mit den
vorgeschlagenen „Spielregeln“ korrespondierende Programmnorm.
Speziell zum Aspekt der Transparenz als Teil einer Partizipationsbestimmung wurde darüber hinaus auch die Praktikabilität einer Regelung bezweifelt, mit der die Verwaltung grundsätzlich zu (elektronischer) Informationsbereitstellung verpflichtet wird. Im übrigen wurde in dieser Frage einerseits auf die Diskussion im Ausschuss 8 verwiesen. Andererseits wurde auf die drei dem Ausschuss 6 vorgelegten Textvorschläge zu Amtsverschwiegenheit und Auskunftspflicht hingewiesen, über die kein Konsens erzielt werden konnte.
Für die Verankerung einer Partizipationsbestimmung wurde ins Treffen geführt, dass ein solcher Vorschlag im Zusammenhang und gleichsam als Gegengewicht zu dem Vorschlag zu sehen sei, ein Effizienzgebot ausdrücklich in der Verfassung zu verankern. Für den Fall, dass es zur ausdrücklichen Positivierung eines Effizienzgebots komme, sei – im Sinne der Ausgewogenheit – auch die verfassungsrechtliche Verankerung der Partizipation zu befürworten. Die Textierung einer solchen Partizipationsbestimmung bedürfe freilich im Detail noch näherer Überlegung.
Die Diskussion gab damit auch Anlass, erneut die Sinnhaftigkeit einer ausdrücklichen Aufnahme des Effizienzgebots in die Verfassung zu diskutieren. Von einigen Ausschussmitgliedern wurde auf früher geäußerte Zweifel an einer ausdrücklichen Positivierung eines solchen Gebots hingewiesen. Von anderer Seite wurde hervorgehoben, dass ein Effizienzgebot, ausgehend von den Prüfkriterien des Rechnungshofs, bereits Eingang in die VfGH-Judikatur gefunden habe.
IV.
Mittelbare Bundesverwaltung
Der Ausschuss hält überwiegend an seiner Meinung fest, dass die mittelbare Bundesverwaltung in der bisherigen Form beizubehalten ist. In Bezugnahme auf ein allfälliges Steuerungsinteresse bei Bundesgesetzen wurde eine Befragung bei den betroffenen Ressorts durchgeführt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass von den Ressorts bei jenen Gesetzen, die in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden, durchgängig ein Steuerungsinteresse festgestellt wurde. Eine ausdrückliche Befragung der Länder entfiel, weil die Länder im Ausschuss repräsentativ durch vier Landeshauptleute vertreten sind.
Von Dr. Schnizer wurde ein „Vorschlag zur Neuregelung der Vollziehung des Landes bei Ersetzung der mittelbaren Bundesverwaltung durch eine generelle Steuerungsbefugnis des Bundes“ als ein alternatives Steuerungsmodell vorgelegt (Anlage 6), der Unterstützung von etlichen Ausschussmitgliedern fand. Dieses enthält betreffend die Vollziehung von Bundesgesetzen Nachstehendes:
· Bundesgesetze werden vom Land vollzogen, soweit nicht der Bund eigene Bundesbehörden errichtet. Die Errichtung von eigenen Bundsbehörden für andere als im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bundesverfassung von Bundesbehörden vollzogene Angelegenheiten kann nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen.
· Der Bund kann in Vollziehung der Bundesgesetze „generelle Weisungen“ erteilen. Diese sind zu veröffentlichen, soweit ihre Geheimhaltung nicht im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder der umfassenden Landesverteidigung geboten ist.
· Das Land ist verpflichtet, dem Bund alle Informationen über die Vollziehung von Bundesgesetzen, auch im Einzelfall, zu erteilen und auf Verlangen die darauf Bezug habenden Akten vorzulegen. Verletzt ein Land diese Pflicht, kann der Bund durch eigene Organe Einschau nehmen.
· Landesbehörden, die Bundesgesetze vollziehen, sind das Amt der Landesregierung und die diesem unterstellten Bezirksverwaltungsbehörden.
· Die nähere Regelung der Vollziehung von Bundesgesetzen durch die Länder obliegt den Landesverfassungen; in diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass schon derzeit alle Landesverfassungen hiefür eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes vorsehen, woran sich nur durch das Landesverfassungsgesetz etwas ändern könne.
Erläuternd wurde zu diesem Modell im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Die mittelbare Bundesverwaltung entspreche in ihrer derzeitigen rechtlichen Ausformung nicht mehr ihrem tatsächlichen Gehalt; sie wirke sich im Wesentlichen in fünf Bereichen aus, wobei der Vorschlag in all diesen Bereichen zu einer klaren Verantwortungsstruktur führe:
· Anrufung des Bundesministers im Instanzenzug: Dieser Instanzenzug wurde einfach gesetzlich durch das Verwaltungsreformgesetz weitest beseitigt und durch Zuständigkeiten des UVS ersetzt; sie erübrige sich völlig durch Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz.
· Weisungsbefugnis des Bundesminister: Dieses Weisungsrecht spiele im Einzelfall keine Rolle mehr und sei auch aus politischen Gründen nicht gerechtfertigt, weil der Landeshauptmann ein demokratisch legitimiertes Organ sei; allerdings spiele es eine wichtige Rolle als generelles Weisungsrecht, weil dadurch die Einheitlichkeit der Vollziehung gesichert werde und es im Hintergrund des tatsächlichen Zusammenspiels zwischen Bundes- und Landesbehörden stehe.
· Parlamentarische Kontrolle: Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung üben die parlamentarischen Kontrollen der National- und Bundesrat aus, was aber weniger effektiv sei, weil dem Bundesminister nicht die Information über den Einzelfall zur Verfügung stehe; gleichzeitig bestehe ein starkes Kontrollbedürfnis auf Landesebene, weil der Landtag die dem Bürger nähere Ebene ist und das parlamentarische Gegenüber von Landeshauptmann und Mitgliedern der Landesregierungen, die die mittelbare Bundesverwaltung ausüben.
· Tragung der Kosten: Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung kommt es zu einem Auseinanderfallen von Kostenverantwortung und Kostenfinanzierung; einfach gesetzlich sei eine Teilung vorgesehen: Personal- und Amtsachaufwand tragen die Länder, Zweckaufwand der Bund, wobei im Einzelfall schwierige Abgrenzungsunterschiede entstehen.
· Amtshaftung: Grundsätzlich haftet der Bund gegenüber dem Bürger für schuldhafte Rechtsverletzungen im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung, auch dann, wenn der Bund de facto keinerlei Einflussmöglichkeit im Zusammenhang mit dem Schaden gehabt hat.
Wie schon im ersten Ausschussbericht dargestellt wurde gegenüber diesem Modell von der überwiegenden Mehrheit angemerkt, dass sich die mittelbare Bundesverwaltung im Großen und Ganzen bewährt habe und es keinen Grund gebe, davon abzugehen; in diesem Zusammenhang wurde eingeräumt, dass sich mit diesem Vorschlag an der Praxis der mittelbaren Bundesverwaltung nichts wesentliches ändern werde, dass aber gerade deswegen auch kein Änderungsbedarf gegeben sei.
Kritik wurde vor allem an drei Punkten geübt:
· Der Terminus generelle Weisung sei unklar; in Wahrheit richte sie sich immer an eine beschränkte Anzahl von Organwaltern, eben die Landeshauptleute, dies könne nicht oder nur schwer von einer Weisung im Einzelfall unterschieden werden; richtiger wäre „abstrakte Weisung“ darunter könne man sich noch weniger vorstellen; tatsächlich scheine es um eine Art „allgemeine“ Weisung zu gehen, was aber ein besonders unklarer Begriff sei; von den Befürwortern einer generellen Steuerungsbefugnis wurde daraufhin vorgeschlagen, den Begriff „Richtlinie“ zu verwenden, wogegen wieder eingewendet wurde, dass die Klarheit mit diesem Begriff nicht gefördert werde.
· Dieses alternative Steuerungsmodell könne das Strukturproblem, das die Vollziehung von Bundesgesetzen im Bundesstaat jedenfalls aufwerfe, nur ungenügend lösen. Demgegenüber schließe das derzeitige Modell der „mittelbaren Bundesverwaltung“ in formaler Hinsicht den Kreis von Demokratie, Bundesstaat und Rechtsstaat. Insoweit nämlich der Landeshauptmann dem Bundesminister weisungsverpflichtet sei und dieser dem Nationalrat verantwortlich, bestehe ein lückenloser Legitimationszusammenhang.
· Für das Funktionieren der mittelbaren Bundesverwaltung im Land sei die Stellung des Landeshauptmannes entscheidend: Bundesgesetze seien vielfach von unterschiedlichen Einrichtungen und Behörden des Landes zu vollziehen, beispielsweise von unterschiedlichen Abteilungen des Amtes der Landesregierung; um hier Konflikte von vornherein zu vermeiden oder im Falle ihres Auftretens zu lösen, sei die oberste Weisungsbefugnis des Landeshauptmannes sowohl im innerdienstlicher Hinsicht als auch in fachdienstlicher Hinsicht unbedingt erforderlich, wobei auf operativer Ebene diese Befugnisse des Landeshauptmannes vom Landesamtsdirektor ausgeübt werden; diese bewährte Struktur, sollte keinesfalls gefährdet werden, weil nur diese eine straffe und effiziente Landesvollziehung ermögliche.
Von letztem Punkt zeigten sich auch die Befürworter des Modells der generellen Steuerbefugnis des Bundes überzeugt, doch wurde in diesem Zusammenhang angemerkt, dass diese Funktion des Landeshauptmannes unschwer in der Bundesverfassung selbst verankert werden könne und sich ohnedies bereits aus den geltenden Landesverfassungen ergebe.
Im Ausschuss war es nicht möglich, zum Themenbereich der mittelbaren Bundesverwaltung einen Konsens zu erzielen.
V.
Oberste Verwaltungsorgane
Zu den obersten Verwaltungsorganen wird vorerst auf den entsprechenden Abschnitt III des Ausschussberichtes vom 23. März 2004 wie auch auf den diesbezüglichen Textvorschlag verwiesen. Durch die Präzisierung des Begriffes „oberste Organe“ in „oberste Verwaltungsorgane“ soll deren Funktion im Verfassungsgefüge besser zum Ausdruck gebracht werden. Die in dem vorgelegten Textvorschlag enthaltenen Organe mit Regierungsfunktion stehen insoferne prototypisch für oberste Verwaltungsorgane, als sie gleichermaßen keinem Weisungszug unterliegen, aber ihrerseits eine umfassende Weisungsgewalt ausüben können. Weiters ist ihnen gemein, dass sie einer parlamentarischen Verantwortlichkeit unterliegen.
In den Ausschussberatungen wurde darauf hingewiesen, dass auch der Bundespräsident in diese Aufzählung aufgenommen werden sollte. Dagegen wurde ins Treffen geführt, dass der Bundespräsident eine spezielle verfassungsrechtliche Verankerung erfährt und er auch keine Regierungsfunktion wahrnimmt.
Gegen die Aufnahme der anderen Staatsorgane, die bloß eine untergeordnete Teilfunktion als oberste Verwaltungsorgane innehaben – wie etwa die Präsidenten des Nationalrates, des Rechnungshofes oder der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts – spricht nach Meinung des Ausschusses, dass deren Hauptfunktion in der Gesetzgebung bzw. in der Rechtspflege durch die Bezeichnung oberste Verwaltungsorgane etwas missverständlich zum Ausdruck käme. Diese „sonstigen obersten Verwaltungsorgane“ sollten freilich an anderer Stelle der Verfassung ihre Verankerung finden, so wie derzeit schon (siehe z.B. Art. 30 Abs. 6 hinsichtlich des Präsidenten des Nationalrates). Siehe dazu auch Raschauer zu Art. 20 Abs. 1 B-VG in: Korinek/Holoubek (Hg.), Bundesverfassungsrecht.
Dem Meinungsstand im Ausschuss zum Bundespräsidenten Rechnung tragend werden in der Folge zwei Verfassungstexte vorgeschlagen:
Textvorschlag A: „Zur
obersten Führung der Verwaltung sind die Bundesregierung und deren Mitglieder
sowie die Landesregierungen und, nach Maßgabe landesverfassungsgesetzlicher
Bestimmungen, deren Mitglieder in ihren jeweiligen Wirkungsbereichen berufen
(oberste Verwaltungsorgane).“ |
Textvorschlag B: „Zur
obersten Führung der Verwaltung sind der Bundespräsident [oder auch.:
unbeschadet der Stellung des Bundespräsidenten], die Bundesregierung und
deren Mitglieder sowie die Landesregierungen und, nach Maßgabe
landesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen, deren Mitglieder in ihren
jeweiligen Wirkungsbereichen berufen (oberste Verwaltungsorgane).“ |
VI.
Verwaltungsorganisation des Bundes
Ausgehend vom Auftrag des Präsidiums, sich mit der Verwaltungsorganisation des Bundes zu beschäftigen, wurde Prof. Wielinger vom Ausschussvorsitzenden ersucht, ein Diskussionspapier samt Textvorschlag zu erstellen. Das entsprechende Papier (Anlage 7) fokussierte die Problemlage auf die verfassungsrechtliche Neuausrichtung der Organisation der Geschäftsbereiche der Mitglieder der Bundesregierung. Im Zentrum stand dabei der Art. 77 B-VG. Die Hauptpunkte der diesbezüglichen Ausschussberatungen waren
· die Möglichkeit zur Einrichtung von „zentralen Ämtern“ als einem weiteren Typus einer dem Bundesminister unterstellten Dienststelle,
· die Ermöglichung von mehreren Bundesministern gemeinsam unterstellten Einrichtungen sowie
· Koordinierungs- und Steuerungsaspekte.
1. Zentrale
Ämter
Der Geschäftsbereich eines Bundesministers gliedert sich gemäß Art. 77 B-VG in das ihm unmittelbar unterstellte Bundesministerium und (allenfalls) in die den Bundesministerien unterstellten Ämter, den sog. „nachgeordneten Dienststellen“. Der vorgelegte Vorschlag, zusätzlich dazu zentrale Ämter einrichten zu können, zielt darauf ab, die Ministerien insoferne zu entlasten, als operative Tätigkeiten von zentraler Bedeutung nicht zwingend in einem Ministerium erledigt werden müssen. Die Hauptaufgabe eines Ministeriums sollte nämlich in der politisch-strategischen Unterstützung des Bundesministers liegen.
Konkreter Hintergrund dieser Überlegungen ist die
Situation in der obersten Sicherheitsverwaltung, wo derzeit operative
Einrichtungen – wie etwa das Bundeskriminalamt – nicht als selbständige
Organisationseinheit geführt werden können. Freilich gelten für diesen Bereich
nicht die allgemeinen Organisationsregeln, sondern verfassungsrechtliche
Sonderbestimmungen (Art. 78a B-VG).
In einer interessanten Grundsatzdiskussion wurde die diesem Vorschlag zugrunde liegende Idee für richtig gehalten. Allerdings wurde bezweifelt, ob in der Schaffung des neuen Organisationstyps „zentrales Amt“ diese Idee auch eine Verwirklichung erfährt. Bei genauerer Analyse würde praktisch kein Unterschied zu den bereits bestehenden „nachgeordneten Dienststellen“ erkennbar sein, denn auch bei den zentralen Ämtern wäre nicht daran gedacht, sie ausschließlich der Person des Bundesministers zu unterstellen – sie also gewissermaßen neben einem Bundesministerium anzusiedeln.
Als ein Manko dieses Vorschlages wurde empfunden, dass der zum Teil recht erfolgreichen Realität von Ausgliederungen nicht Rechnung getragen wurde, indem weiterhin bloß Organisationsformen innerhalb der juristischen Person Bund (Ämter) vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang wurde u.a. auch auf die Ergebnisse der gemeinsamen Beratungen der Ausschüsse 6 und 7 verwiesen, in denen diese Problemlage aufgegriffen wurde und bereits in den vorgeschlagenen Verfassungstexten die Möglichkeit der Einrichtung von „Rechtsträgern außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation“ ausdrücklich vorgesehen ist.
Aus der Sicht der politischen Verantwortlichkeit besteht zwar grundsätzlich kein Unterschied, ob eine Aufgabe im unmittelbar unterstellten Verantwortungsbereich „Bundesministerium“ erledigt wird oder in einer anderen Einrichtung des eigenen Ressortbereiches. Dennoch wurde die Gefahr gesehen, dass zentrale Aufgaben, die nicht unter der persönlichen Leitung eines Bundesministers stehen, aus der Verantwortung „entweichen“ könnten und die grundsätzliche Gefahr einer Verselbständigung der Bürokratie besteht, die damit aus der Verantwortung eines demokratisch legitimierten Organes entlassen wird. Durch eine derartige Konstruktion werden grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Abberufbarkeit von (befristet) bestellten Leitungsorganen aufgeworfen.
Weiters wurde auch auf die Gefahr der Aufblähung des gesamten Verwaltungsapparates hingewiesen, die darin bestehen könnte, dass die derzeitigen strategischen Ministerialeinrichtungen – wie etwa die politischen Kabinette – sich zu kleinen Ministerien entwickeln könnten und gleichzeitig die teilweise operativ tätigen Fachsektionen zu zentralen Ämtern mutieren und somit selbständige Organisationseinheiten (mit entsprechenden Eigenverwaltungserfordernissen) würden; in Summe also der Personalbedarf steigen dürfte.
2. Gemeinsam
unterstellte Einrichtungen
Die strikte Abgrenzung der jeweiligen Ressortbereiche von einander führt dazu, dass für gemeinsame Einrichtungen, die in manchen Fällen zweckmäßig wären, nur der Weg über die Gründung privatrechtlicher Kapitalgesellschaften oder aber über spezielle Organisationsgesetze – u.U. mit spezifischen Verfassungsbestimmungen – gangbar ist. Abgesehen von einigen in § 7 Abs. 6 BundesministerienG festgelegten Bereichen administrativer Hilfstätigkeiten, wie Bibliotheken, Kanzleien u.ä. gibt es regelmäßig auch verfassungsrechtliche Schwierigkeiten bei der Schaffung gemeinsamer behördlicher Organisationsstrukturen. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die verfassungsrechtliche „Sperrwirkung“ gegen gemeinsame Einrichtungen entfallen sollte. Freilich muss aber auch bei gemeinsamen Einrichtungen eine klare Verantwortlichkeit erhalten bleiben.
3.
Koordinations- und Steuerungsbedarf
Als ein wesentlicher Aspekt jeder Regierungstätigkeit wird vom Ausschuss die Koordinierungsmöglichkeit der Regierungsmitglieder samt deren Verwaltungsapparaten gesehen. Insbesondere von Länderseite wird in diesem Zusammenhang auf die Vorzüge des verfassungsrechtlich determinierten Systems der Ämter der Landesregierung hingewiesen. Demgegenüber besteht auf Bundesseite auf Regierungsebene ein System von völlig selbständigen Ministerien. Der Bundesregierung als Kollegialorgan kommt im politischen Verwaltungsalltag nur eine untergeordnete Rolle zu. So gibt es konsequenterweise auch kein eigenes Regierungsamt. Dort, wo ein politisch wesentlicher Koordinierungsbedarf gesehen wird, haben sich als „koordinationserzwingende“ Instrumente speziell vorgesehene Regierungsverordnungen oder aber auch bloß selbstbindend wirkende sog. Ministerratsbeschlüsse etabliert.
Im Ausschuss wurde zum Ausdruck gebracht, dass unter einem realpolitischen Gesichtspunkt die derzeitige Situation relativ gefestigt erscheint, da insbesondere unter den Bedingungen einer Koalitionsregierung eine ausgeprägte verfassungsrechtlich vorgesehene Koordinierungs- und Steuerungskompetenz des Bundeskanzlers etwa von der Qualität einer „Richtlinienbefugnis“ des deutschen Bundeskanzlers nicht auf einhellige Zustimmung stoßen dürfte, wiewohl in diese Richtung Überlegungen anzustellen wären. Gerade auch die europäischen Entscheidungsprozesse erfordern eine reibungslose interne Abstimmung, um auf europäischer Ebene die österreichischen Interessen effizient und wirksam durchzusetzen.
Es sollte daher erwogen werden, eine partielle Stärkung der Koordinierungskompetenzen auf einfachgesetzlicher Ebene – etwa im BundesministerienG – zu ermöglichen. Damit wäre auch gesichert, dass die jeweiligen Regierungspartner Einigung darüber zu erzielen haben, in welchen genau zu definierenden Bereichen eine spezifische Koordinierung und Gesamtsteuerung stattfinden könnte.
4.
Kanzleramtsminister
Der Ausschuss ist der Meinung, an der Institution des Kanzleramtsministers festzuhalten, wenngleich eine Neutextierung des Art. 77 Abs. 3 B-VG die derzeit etwas komplizierten Formulierungen ersetzen könnte.
5.
Beratungsergebnis
Die Beratungen zu diesem Gegenstand wurden nicht abgeschlossen. Schon deshalb kann kein konkreter Textvorschlag vorgelegt werden. Eine deutliche Mehrheit im Ausschuss steht hinter folgenden vorläufigen Positionen:
· Die Schaffung des neuen Organisationstyps „zentrales Amt“ auf verfassungsrechtlicher Ebene erscheint nicht erforderlich.
· Es sollte klargestellt werden, dass sowohl (interne) Ämter, als auch spezielle Rechtsträger zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung herangezogen werden können.
· Die Schaffung von mehreren Bundesministern unterstellten gemeinsamen (behördlichen) Einrichtungen sollte zweifelsfrei möglich sein.
· Der Koordinations- und Steuerungsbedarf auf Bundesebene sollte eine gewisse Stärkung erfahren, die freilich möglichst einvernehmlich zwischen den Beteiligten festgelegt wird.
· Beibehaltung der Institution des Kanzleramtsministers.
VII.
Öffentlicher Dienst
1. Verfassungsrechtliche Grundsätze
Der Ausschuss 6 ist in seinem Bericht vom 23.
März 2004 übereingekommen, dass für die Zukunft jedenfalls eine
verfassungsrechtliche Verpflichtung für die Einrichtung eines leistungsfähigen
öffentlichen Dienstes enthalten sein sollte und hat im Konsens folgende Bestimmung
vorgeschlagen:
Textvorschlag: „Unparteilichkeit,
Gesetzestreue und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sind zu
sichern.“ |
Im Ausschuss bestand hingegen kein
Konsens darüber, ob die Rechtsform des öffentlichen Dienstes in der Verfassung
selbst verankert werden soll oder nicht. Zwei Positionen standen letztlich
einander gegenüber:
Von einem Teil des Ausschusses wird
es nicht für erforderlich erachtet, schon auf Verfassungsebene eine
Entscheidung bezüglich der Rechtsform zu treffen. Eine solche verfassungsrechtliche
Vorprägung der Rechtsform des öffentlichen Dienstes wird als eine zu starke
Einengung des einfachen Dienstrechtsgesetzgebers angesehen und steht auch im
Widerspruch zu der Aufgabe im Österreich-Konvent, die verfassungsrechtliche
Regulierungsdichte kritisch zu hinterfragen. Dieser Teil des Ausschusses ist
daher der Ansicht, dass sich die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung
betreffend den öffentlichen Dienst dazu eignet,
·
sowohl
für ein öffentlich-rechtliches Dienstrecht,
·
als
auch für ein privatrechtliches Dienstrecht,
·
als
auch für eine „Mischform zwischen beiden Varianten“
eine verfassungsrechtliche Basis abzugeben.
Ein anderer Teil des Ausschusses
meint hingegen, dass eine verfassungsrechtliche Vorprägung aller öffentlichen
Dienstverhältnisse in Gestalt des öffentlichen Rechts erfolgen sollte.
Es wird aber darauf hingewiesen, dass neue Formen gefunden werden, um die erforderliche
Flexibilität zu gewährleisten. Auch bedeute dies keineswegs, dass alle diese
Dienstverhältnisse lebenslang im Sinne des bisherigen Beamtenbegriffes angelegt
sein sollen.
Stimmen im Ausschuss haben sich
ausdrücklich dazu bekannt, dass alle Dienstverhältnisse des Staates auch in
Zukunft gesetzlich determiniert sein sollen.
2. Besonderer Funktionsschutz
Im Hinblick auf das im Ergänzungsmandat geforderte
materielle Kriterium des besonderen Funktionsschutzes ist ebenfalls auf den
Ausschussbericht (S. 22) zu verweisen, wo bereits ausdrücklich davon die Rede
ist, dass die „Gewährleistung dienstrechtlicher Sicherheiten für exponierte
Bedienstete von der Rechtsform völlig unabhängig [ist].“
Die konkrete Definition eines
Schutzbereiches auf Verfassungsebene ist schon derzeit nicht gegeben und
erscheint auch wenig praktikabel. Aus anderen Vorschriften der Verfassung,
etwa denjenigen über die Justiz oder betreffend die rechtsstaatliche Ausübung
hoheitlicher Gewalt ergeben sich ausreichende Grundsätze für die Ausgestaltung
durch den einfachen Gesetzgeber. Die Ausschussmitglieder sind sich daher
darüber einig, dass mit der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung der
erforderliche dienstrechtliche Schutz effektuierbar ist.
3. Disziplinarrecht
Derzeit gibt es nur im öffentlich-rechtlichen
Dienstrecht ein spezifisches Disziplinarwesen. Es ist dies gewissermaßen eine
Konsequenz der üblichen lebenslangen und unkündbaren öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnisse. Grundsätzlich bestünde aber auch die Möglichkeit, in
privatrechtlich determinierten Dienstordnungen disziplinäre Maßnahmen
vorzusehen, wenn dies für opportun erachtet wird, dies etwa in einem
Disziplinarstatut, das qua lex contractus Teil eines Dienstvertrages sein
könnte.
Dagegen wurde eingewandt, dass dann
ein entsprechender Rechtsschutz für Bedienstete nur im Wege von Verfahren vor
den ordentlichen Gerichten gewährleistet würde, was für die Einschreiter
kostspielig und für die Dienstgeber umständlich und zeitaufwändig würde. In
Einzelmeinungen wurde in diesem Zusammenhang auf eine ausgeprägte Dienstnehmerfreundlichkeit
der Arbeitsgerichte hingewiesen.
Im Hinblick auf die Effektivität
des Disziplinarrechts wurden sehr unterschiedliche Positionen eingenommen. So
wurde einerseits dem Disziplinarwesen jegliche Wirksamkeit abgesprochen und
seine gänzliche Aufhebung verlangt. Dem gegenüber wurde vorgebracht, dass
zumindest in den uniformierten Dienstbereichen der Exekutive und des Militärs
ein spezifisches Disziplinarwesen erforderlich sei.
Die Bedeutung eines
wirksamen Disziplinarrechtes wurde von einem Teil des Ausschusses auch im Zusammenhang
mit Ausgliederungen beispielhaft hervorgehoben. So habe etwa die Übertragung
von öffentlichen Aufgaben an Private auch unter dem Gesichtspunkt des
Disziplinarrechtes extrem nachteilige Auswirkungen für die Betroffenen. Es sei
nahe liegend, dass etwa bei einem Mitarbeiter eines privaten
Sicherheitsdienstes, der sich ohnehin alle paar Monate einen neuen Dienstgeber
suchen muss, auch mit einer angedrohten Entlassung ein rechtskonformes
Verhalten nicht ausreichend sichergestellt ist.
4. Durchlässigkeit und
Einheitlichkeit der Dienste aller Gebietskörperschaften
In Anbetracht der Zusammensetzung des
Ausschusses 6 mit Vertretern u.a. aus dem Bundes-, Landes- und Gemeindebereich
wurde für den Ausschussbericht vom 23. März 2004 der auf S. 25 angeführte
Textvorschlag (im Konsens) erarbeitet.
Grundsätzlich ist zu den im
Ergänzungsmandat unter b) angegebene Punkten folgendes zu bemerken:
·
zu aa)
Ein gemeinsames Dienstrecht aller Gebietskörperschaften erscheint letztlich nur
dann realisierbar, wenn die Dienstrechtskompetenz ungeteilt nur einem Gesetzgeber
zustünde.
·
zu
aaa) Ein diesbezüglicher Vorschlag liegt bereits vor (vgl. S. 25 des
Ausschussberichtes)
·
zu
bbb) Die Umsetzung dieser Variante dürfte die Wiedereinführung der Rechtslage vor
BGBl. I 1999/8 (Abschaffung des Homogenitätsprinzips) erfordern.
In den ergänzenden Ausschussberatungen wurde
der Aspekt eines gebietskörper-schaftsübergreifenden einheitlichen
Dienstrechts wieder aufgegriffen. Es war eine überwiegende Meinung
festzustellen, die sich grundsätzlich zu einem einheitlichen Dienstrecht auch
über die Grenzen der Gebietskörperschaften hinweg bekannte. Es müsse freilich
eine ausreichende Flexibilität bestehen, um die legitimen Interessen der
einzelnen Gebietskörperschaften berücksichtigen zu können. Eine Lösung könnte
darin bestehen, dass ein „Kerndienstrecht“ der Gebietskörperschaften
einheitlich erlassen wird, das insbesondere aus den strukturell bedeutenden
Eckpunkten eines „öffentlichen Arbeitsrechts“ besteht (z.B. Aufnahme und Beendigung
eines Dienstverhältnisses, Urlaubs-, Arbeitszeit- und ähnliche Regelungen).
Nach der Meinung eines Teiles der
Ausschussmitglieder könnte die konkrete Ausgestaltung dann mit einer Art
„öffentlich-rechtlicher Kollektivverträge“ in den jeweiligen Bereichen
erfolgen. Dadurch würde eine weitere Parallelität zur privaten Arbeitswelt
geschaffen und die Autonomie der Dienstnehmer im öffentlichen Bereich gestärkt
werden.
Im Ausschuss wurde die Meinung
bekräftigt, dass das einheitsstiftende Element eines einheitlichen Dienstrechts
in einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz (einer vermutlich neuen
Kompetenzordnung) liegt. Ein solches „Kerndienstrecht“ könnte allenfalls auch
in seinen Beschlussfassungserfordernissen einem erhöhten Ländereinfluss
unterliegen. Als Modell wurde hiefür von einem Ausschussmitglied der geltende
Art. 14b B-VG vorgeschlagen (Einbindung der Länder in die Vorbereitung des
Gesetzes und Kundmachung nur mit Zustimmung aller Länder).
Insbesondere von Landes- und
Gemeindeseite wurde klargestellt, dass deren Interessenssphäre gewahrt bleiben
müsse und etwa speziell ausgerichtete und bereits erprobte Gehalts- und
Pensionssysteme, innerorganisatorische und dienstbehördliche Aspekte,
Objektivierungsangelegenheiten u.a. weiterhin selbst wahrgenommen werden
können.
5. Diensthoheit
Zur Frage der verfassungsrechtlichen
Verankerung der Diensthoheit wurde einerseits die Position vertreten, dass
eine solche nicht dringend erforderlich sei, da die derzeitige Bestimmung im
Art. 21 Abs. 3 B-VG nur von geringer normativer Bedeutung sei und die Dienstgeberfunktion
der Gebietskörperschaften in der Gestalt der „Personalverwaltung“ ohnehin nach
den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verwaltung zu erfolgen
hätte.
Für einige Ausschussmitglieder waren
damit die bereits früher aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die Auswirkungen
der Aufhebung von Art. 21 Abs. 3 weiterhin nicht geklärt. In einigen
Diskussionsbeiträgen wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, dass eine klare
politische Personalverantwortung auch in Zukunft bestehen müsse.
Der Ausschussvorsitzende hat die
Ausschussmitglieder Dr. Matzka und Prof. Raschauer ersucht, eine
Darstellung der Konsequenzen einer Aufhebung von Art. 21 Abs. 3 B-VG vorzunehmen.
In dieser Darstellung (Anlage 8) kommen die beiden Autoren zu dem Ergebnis,
dass bei einer Aufhebung
·
ein
Instanzenzug in dienstrechtlichen Angelegenheiten nicht mehr notwendig zum
obersten Organ führen muss und
·
dass
ein Weisungszusammenhang grundsätzlich nach den normalen Regeln erfolgt, bei
ausgegliederten Rechtsträgern freilich erst positivrechtlich angeordnet werden
müsste.
·
Die
parlamentarische Verantwortlichkeit bliebe wie für jede andere
Verwaltungsmaterie uneingeschränkt bestehen.
In der weiteren Diskussion wurde noch geklärt,
dass sich die angeführten Konsequenzen insbesondere auf die hoheitlichen
Dienstverhältnisse bezögen. Für privatrechtliche Dienstverhältnisse hat diese
Verfassungsbestimmung schon derzeit eine eingeschränkte Bedeutung. Eine
umfassende politische Verantwortlichkeit besteht aber – wie derzeit schon –
auch für öffentlich Bedienstete auf privatrechtlicher Basis.
Als Ergebnis kann festgehalten
werden, dass aus der mehrheitlichen Sicht des Ausschusses keine zwingenden
Gründe für eine Beibehaltung des Art. 21 Abs. 3 B-VG bestehen. Einige
Mitglieder des Ausschusses weisen nachhaltig darauf hin, dass sichergestellt
bleiben sollte, dass die öffentlich Bediensteten auch in Zukunft in einem
unmittelbaren Rechtsverhältnis zur jeweiligen Gebietskörperschaft stehen und
damit in einer staatlichen Verantwortung verankert sind und dass nicht die
Möglichkeit bestehen sollte, die Personalzuständigkeit aus der Verwaltung
auszugliedern. Letztlich ist die Aufhebung des Art. 21 Abs. 3 B-VG auch im
Zusammenhang mit den sonstigen Änderungen im Verwaltungsorganisationsrecht
(insb. oberste Organe) zu sehen.
VIII.
Erweitertes verfassungsrechtliches Effizienz- und
Transparenzgebot
Gemäß der zweiten Mandatsergänzung setzte sich der Ausschuss anhand einer Reihe von vorgegebenen Aspekten nochmals mit dem Vorschlag eines Effizienz- bzw. Effektivitätsgebotes auseinander. Grundsätzlich ist daher zunächst auch weiterhin auf die Erläuterungen, die Begründungen sowie das Beratungsergebnis im Ausschussbericht vom 23. März 2004 (S. 28 f) zu verweisen.
Auf Basis eines Papiers des Vertreters von Landeshauptmann Dr. Pühringer wurden die aufgeworfenen Aspekte im Ausschuss behandelt. In die Beratungen wurde weiters ein von Frau Dr. Marlies Meyer verfasstes Papier einbezogen (Anlage 9).
1. Normadressaten
Die Textvorschläge bauen auf der Formulierung des derzeitigen Art. 22 B-VG (Amtshilfe) auf. Nach Lehre und Judikatur zu dieser Bestimmung sind damit alle Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane des Bundes oder der Länder sowie die Vollzugsorgane der Gemeinden erfasst und daher Normadressaten. Hinsichtlich der Amtshilfe wird also nur die bisherige Formulierung wiedergegeben, hinsichtlich des neu positionierten Effizienzgebotes wird der herrschenden Lehre und der einschlägigen Judikatur Rechnung getragen, wonach ebenfalls sowohl die Organe der Gesetzgebung als auch die der Verwaltung Normadressaten sind. Ein Teil des Ausschusses lehnt freilich die Bindung auch der Gesetzgebung an ein erweitertes Effizienzgebot ab. Hinsichtlich des Transparenz- und Partizipationsgebots ist insbesondere der Gesetzgeber angesprochen, wenn durch Maßnahmen der Transparenz und Partizipation Rechte Dritter tangiert werden oder wenn der Öffentlichkeit Rechte darauf eingeräumt werden sollen. Ansonsten gelten diese Grundsätze als direkte Handlungsanleitungen der Verwaltung.
2. Zur
Partizipation
Ein Teil des Ausschusses war der Auffassung, dass die Frage der Partizipation nicht unmittelbar mit der Frage eines erweiterten Effizienz- bzw. Effektivitätsgebots zusammenhängt, da inhaltliche Gesichtspunkte ( wie z.B. die partizipative Ausgestaltung von Verwaltungsakten) als politische Zielvorgaben in effizienter und effektiver Weise umzusetzen sind und nicht selbst zu einem Kriterium werden können.
Ein anderer Teil des Ausschusses war der Ansicht, dass eine ausdrückliche Verankerung eines erweiterten Partizipationsgebotes nur bei einer gleichzeitigen Aufnahme eines allgemeinen Transparenzgebotes denkbar sei, da es sich hierbei um gleichwertige Maximen staatlicher Tätigkeit handle („erweitertes Effizienz- und Transparenzgebot“). Es bestünde nämlich sonst die Gefahr, dass die partizipativen und Transparenz-Aspekte, die beide in einem Spannungsverhältnis zu wirtschaftlichen Grundsätzen stünden, in der Verwaltungspraxis nicht ausreichend zur Geltung kämen. Auch das Weißbuch „Europäisches Regieren“ nenne die Grundsätze Effektivität, Offenheit und Partizipation auf dieser Ebene.
3. Zu Justiziabilität, Sachlichkeitsgebot und Rechtsstaatlichkeit
Schon bisher stand die Justiziabilität des verfassungsrechtlichen Effizienzgebotes außer Zweifel, wenngleich sie sich naturgemäß auf eine reine „Vertretbarkeitskontrolle“ beschränkt. Daran soll sich auch durch eine Erweiterung des Effizienzgebotes in den verschiedenen vorgeschlagenen Ausprägungen nichts ändern.
Nach Auffassung der Befürworter einer solchen Bestimmung steht das Effizienzgebot weiterhin neben dem Sachlichkeitsgebot um dieses zu ergänzen.
Bereits im derzeitigen Verfassungstext richten sich das Legalitätsprinzip und das Effizienzgebot parallel und kumulativ an die Normadressaten, wobei sich aufgrund der verfassungssystematischen Einordnung dieser Bestimmungen ergibt, dass unter Berufung auf das Effizientgebot das Legalitätsprinzip nicht missachtet werden darf. Auch das Transparenz- und Partizipationsgebot steht unter dem Vorbehalt des Legalitätsprinzips und des Sachlichkeitsgebots. Sollte aber die Befürchtung bestehen, dass ein Unterlaufen des Art. 18 B-VG besteht, könnte eine entsprechende Klarstellung in den Textvorschlag aufgenommen werden.
4. Zu den Prüfungszielen des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft
Da die vorgeschlagenen Bestimmungen das Handeln der Verwaltung determinieren, fallen sie auch in den Bereich der vom Rechnungshof und von der Volksanwaltschaft bei der Kontrolle anzuwendenden Rechtsvorschriften. Da aber bereits jetzt eine umfassende Prüfungsbefugnis des Rechnungshofes (i.S. eines denkbar weiten Gebarungsbegriffes) und eine inhaltlich kaum eingrenzbare Volksanwaltschafts-Missstandskontrolle der Verwaltung besteht, dürfte es bei den angesprochenen Kontrollorganen zu keinen Problemen kommen.
5.
Textvorschläge
Aus den Beratungen im Ausschuss sind folgende – nicht konsentierte – Textvorschläge hervorgegangen:
Textvorschlag A (kein Konsens): „Alle
Organe des Bundes, der Länder und Gemeinden haben ein hohes Maß an
Wirksamkeit anzustreben und sind verpflichtet, im Sinne der Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu handeln. Sie sind weiters im Rahmen
ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung
verpflichtet (Amtshilfe).“ |
Textvorschlag B (kein Konsens): „Alle
Organe des Bundes, der Länder und Gemeinden sind zu Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verpflichtet, haben transparent zu
handeln und grundsätzlich die Öffentlichkeit zu beteiligen. Weiters haben sie
ein hohes Maß an Wirksamkeit anzustreben und sind im Rahmen ihres
gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung
verpflichtet (Amtshilfe).“ |
IX.
Schulverwaltung
In den Beratungen zu diesem Themenbereich wurden zwei Modelle präsentiert:
· das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ sowie
· das Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“.
In den Ausschussberatungen wurde letztlich kein Konsens zur Reform der Schulverwaltung gefunden.
1. Modell „Regionales
Bildungsmanagement“
Für das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ wurde ein Textvorschlag für einen Artikel „Bildung“ eingebracht. Dieser Vorschlag soll die Art. 14, 14a, 81a, 81b B-VG sowie – vorerst noch ohne Bedachtnahme insbesondere auf eine neue finanzverfassungsrechtliche Regelung – die Bundesverfassungsgesetze BGBl. Nrn. 215/1962 und 316/1975 ersetzen. Er bildet in seinem Absatz 9 das Modell „Regionales Bildungsmanagement“ ab:
Verfassungsrechtliche Eckpunkte:
· Definition von Schule und öffentlicher Schule sowie der Gliederung der Schulen nach Bildungshöhe und Bildungsinhalten (Abs. 4, 5 und 6).
· Zur Vollziehung des Bundes und der Länder ist für alle Angelegenheiten der in diesem Artikel geregelten Schulen, einschließlich des Personalrechtes der Lehrer an diesen Schulen, als erstinstanzliche Behörde in jedem Bundesland eine Landes-Bildungsdirektion einzurichten.
· Die Leitung der Landes-Bildungsdirektion obliegt dem Landeshauptmann oder auf dessen Vorschlag einem vom zuständigen Bundesminister für die Dauer der Gesetzgebungsperiode des Landtages zu bestellenden Behördenleiter.
· Die Leitung des inneren Dienstes der Landes-Bildungsdirektion obliegt einem vom Landeshauptmann zu bestellenden rechtskundigen Beamten.
· Die näheren Bestimmungen über die Organisation (Behördenstruktur, Finanzierung) sind unter Berücksichtigung der regionalen Erfordernisse durch Bundesgesetz festzulegen, wobei dieses Bundesgesetz in einzelnen genau zu bezeichnenden Angelegenheiten auch die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers vorsehen kann. In zweiter Instanz erfolgt die Vollziehung des Bundes bzw. des Landes nach Maßgabe bundes- bzw. landesgesetzlicher Vorschriften.
Der Vorschlag für einen Artikel „Bildung“ basiert auf dem Modell „Regionales Bildungsmanagement“, geht jedoch über die den Ausschuss 6 genuin berührenden Themenbereiche weit hinaus.Er sieht nachstehende Regelungsbereiche vor:
· Einen Vorschlag zur Kompetenzverteilung in Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich des Bildungswesens.
· Eine Festlegung der allgemeinen Schulpflicht (Abs. 7).
Das in diesem Textvorschlag ausgearbeitete Modell hat nach Ansicht seiner Proponenten die Wahrung der Einheitlichkeit des Bildungssystems zum Ziel. Dabei wird auf die Einheit von Qualitätssicherung und Ressourcenbewirtschaftung verwiesen.
Die Regelung geht davon aus, dass einfache Gesetze keine Verfassungsbestimmungen mehr enthalten sollen und sieht keine 2/3-Bestimmungen im Schulrecht mehr vor, d.h. die Regelung des derzeitigen Art. 14 Abs. 10 B-VG entfällt ersatzlos. Aufgrund dieses Entfalls ist dort, wo ein besonderer Bestandschutz erforderlich ist, eine Verankerung der Materie direkt in der Verfassung vorgesehen. Dies betrifft insbesondere den Bildungsauftrag des österreichischen Schulwesens, die Schulpflicht, die grundlegende Schulstruktur und die Behördenstruktur.
Die Verwaltung werde nach Ansicht der Proponenten dieses Modells durch Entfall einer Verwaltungsebene straffer und effizienter organisiert sein. Im Bereich des Dienstrechtes werde die derzeitige Rechtslage beibehalten.
Angelegenheiten der Grundsatzgesetzgebung gehen in die Zuständigkeit der Länder oder verbleiben beim Bund und können – im Sinne des Subsidiaritätsprinzips – direkt an die Schulen übertragen werden.
Es erfolge nach Ansicht der Proponenten dieses Modells eine Rücknahme der Regelungsdichte im Bereich der Organisation auf das aus Expertensicht absolut erforderliche Mindestausmaß zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Verwaltung und zur Klarstellung von verfassungsrechtlichen Begrifflichkeiten für die Zukunft im Interesse einer verbesserten Transparenz, Verständlichkeit und Rechtssicherheit für die Normadressaten.
Es sind keine Sonderregelungen wie z.B. für Bundes-Berufsschule für Uhrmacher, Forstfachschule, Land- und forstwirtschaftliche mittlere Schulen mit Versuchsanstalten etc. vorgesehen.
Umfassendes regionales Bildungsmanagement erfordere eine starke Stellung des jeweiligen Behördenleiters unter direkter Anbindung an die politische Ebene. Da die Vollziehung von Landesaufgaben und im Bereich des Bundesschulwesens gemeinsam erfolgen solle, sei auch eine partnerschaftliche Struktur vorgesehen worden.
Die Festlegung der „Behördenstruktur“ (Organisation, Finanzierung) bleibe dem einfachen Gesetzgeber vorbehalten, wobei ein Entscheidungsfreiraum für die Länder vorgesehen werde. Dies ergebe sich insbesondere aus der stark unterschiedlichen Struktur, sowohl in topografischer und demografischer Hinsicht als auch im Bereich der Schulstrukturen der einzelnen Bundesländer. Damit bestehe die Möglichkeit, eine „Schulverwaltung nach Maß“ für jedes Bundesland zu erarbeiten, wie dies im Rahmen der bisherigen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten für den Landesschulrat für Oberösterreich („Landesschulrat neu“) bereits erfolgt sei. Insbesondere durch die nicht mehr vorgesehene Struktur einer weiteren Verwaltungsebene entstünden Gestaltungsfreiräume in der Schulverwaltung und für die neuen pädagogischen Herausforderungen im Bereich von Qualitätssicherung und -management. Eine Weiterentwicklung der derzeit bestehenden Hilfestellungen für die Schulen durch örtlich dezentrale Einrichtungen, z.B. „Außenstellen“ der Schulpsychologie, sei flexibler und einfacher möglich, als dies derzeit der Fall ist.
Im Rahmen der Behördenstruktur könne der Gesetzgeber auch Möglichkeiten der Partizipation vorsehen, wie sie von verschiedenen Vertretern der Bürgergesellschaft teilweise im Hearing am 26. Jänner 2004 und teilweise in schriftlichen Stellungnahmen, insbesondere der österreichischen Schülerunion, an den Österreich-Konvent herangetragen worden seien.
Gegen dieses Modell wird eingewandt, dass die dort vorgenommene Gliederung der Schule nicht in der Verfassung stehen müsse. Außerdem könne eine inhaltliche Definition der Schule in der Verfassung unterbleiben. Vielmehr könne die Schulorganisation und -erhaltung für alle Schulen in die Kompetenz der Länder fallen. Vereinzelt wurde auch dafür plädiert, das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen nicht anders als das sonstige Schulwesen zu behandeln, wobei eingeräumt wurde, dass eine Lösung dieser Frage in die Zuständigkeit des Ausschusses 5 falle und dort behandelt werden müsse. Auch wird der Bestellungsmodus des Behördenleiters der Landesbildungsdirektion von einigen Ausschussmitgliedern abgelehnt. Es werde nämlich von der bisher bestehenden Rechtslage, wonach die Landesschulräte selbständig von den Ländern bzw. den Landeshauptleuten bestellt werden, dadurch abgegangen, dass der Behördenleiter vom zuständigen Bundesminister ohne Bindung an den Vorschlag des Landeshauptmannes ernannt würde.
Vereinzelt wird dafür plädiert, Abs. 5 Satz 2 des Textvorschlages, wonach ab Beginn der 5. Schulstufe neben der Pflichtschule ein höheres öffentliches Bildungsangebot (differenziertes Bildungsangebot) einzurichten sei, zu streichen. Auch wenn ein differenziertes Bildungsangebot notwendig sei, sollte die Flexibilität gewahrt bleiben, um für mögliche zukünftige Entwicklungen oder Schulversuche offen zu sein.
2. Modell „Autonome Schule und
Bildungsregion“
Das Modell „Autonome Schule und Bildungsregion“ wurde in den Ausschussberatungen weiter vertreten. Eine verfassungslegistische Ausarbeitung ist indessen unterblieben, da ohne definitive Ergebnisse zu den Kompetenzen im Ausschuss 5 im Schulbereich eine solche seitens der Proponenten dieses Modells nicht für sinnvoll erachtet wurde.
Seitens der Proponenten wurde darauf hingewiesen, dass die Schulerhaltung grundsätzlich bei den Bundesländern konzentriert werden sollte, das Personal sollte ausschließlich Bundespersonal sein.
Gegen das Modell der Bildungsregionen wurde vorgebracht, dass dadurch Einheitlichkeit und Durchlässigkeit des Bildungssystems und damit die bestehende Chancengleichheit gefährdet würden.
Weiters entstehe durch die zusätzlichen Verwaltungsebenen ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand und damit höhere Ausgaben. Durch die im Konzept vorgesehene getrennte Verwaltung von Spezialschulen, wobei für Begriffe keine Definitionen vorliegen, und sonstigen Schulen wäre jedenfalls eine Doppelverwaltung erforderlich.
3. Weitere Vorstellungen zur
Schulverwaltung
Im Verlauf der Ausschussberatungen wurde von Ausschussmitgliedern wiederum als weiterer Ansatz die Übertragung der Verwaltung des Schulwesens in die mittelbare Bundesverwaltung – sollte diese erhalten bleiben – vorgeschlagen. Es sollten – auch für den Bereich der Schulverwaltung – die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung zuständig sein. Für die Schulverwaltung sollte es demnach keine Sonderbehörden geben. Die mittelbare Bundesverwaltung biete dabei genügend Steuerungsmöglichkeiten für die im Schulwesen notwendige Vereinheitlichung.
Diesem Modell wurde entgegen gehalten, dass dadurch die Einheitlichkeit, die Durchlässigkeit und damit die Chancengleichheit nicht ausreichend sicher gestellt wären und vor allem der Grundsatz der Einheit zwischen Realisierungsverantwortung und Finanzverantwortung noch weniger als im derzeitigen System gewährleistet wäre. Es bestünde im Schulwesen gegenüber den anderen Materien im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung ein erheblicher Unterschied, da es sich bei den bisherigen Bereichen um Rechtsfragen handle, während im Bereich des Schulwesens die Gestaltung der Bildung den Kern des Aufgabengebietes bilde und rechtliche Fragen, insbesondere Entscheidungen mittels Bescheid, nur einen geringen Teil des Arbeitsfeldes ausmachten.
Weiters wurde von Ausschussmitgliedern vorgebracht, sämtliche Bestimmungen, die die Verwaltungsorganisation (Aufbauorganisation) im Bildungsbereich betreffen, zu streichen. Auf einer solchen Grundlage wäre es dann möglich, einfachgesetzlich, die in der bisherigen Diskussion erwogenen Modelle zu verwirklichen.
Dem wurde von der überwiegenden Mehrheit des Ausschusses entgegengehalten, dass im Bildungsbereich sehr wohl – wie schon bisher – die Aufbauorganisation in der Verfassung festgeschrieben werden sollte. Von einem Teil der Ausschussmitglieder wurde dabei vertreten, dass abgesehen von der Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung betreffend das Bildungswesen zumindest die demokratische Struktur der für das Bildungswesen verantwortlichen Organe (z.B. Bildungsausschuss bzw. Oberstes Organ von Bildungsregionen) in der Verfassung selbst festgeschrieben werden sollte. Konsens bestand darüber, dass der bisherige parteipolitische Proporz in den Kollegialbehörden nicht mehr zeitgemäß sei, kein Konsens aber darüber, ob sie durch anders demokratisch legitimierte Kollegialorgane ersetzt werden sollten. Schließlich wurde vereinzelt vertreten, dass die partnerschaftliche Einbindung von Lehrern und Elternvertretern in Form eines Kollegiums in der Praxis ihre Vorteile bewiesen habe und deshalb auch in Zukunft beibehalten werden sollte.
X.
Sicherheitsverwaltung
Unter Sicherheitsverwaltung im engeren Sinn
wird inhaltlich jene Gruppe von Polizeimaterien verstanden, die eine besondere
Bedeutung für die Erhaltung der inneren Sicherheit im Staat hat. Zu diesen
Polizeimaterien zählen die Sicherheitspolizei (Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie erste allgemeine Hilfeleistungspflicht), die
Fremdenpolizei (im Sinn von aufenthaltsbeendenden bzw. –verhindernden
Maßnahmen), die Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des
Austrittes aus ihm, das Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen
sowie die Vereins- und Versammlungsangelegenheiten. Im weiteren Sinn zählen zur
Sicherheitsverwaltung auch das Pass-, Melde- und Pressewesen.
Sowohl für das Modell der
„Kombinierten Behördenstruktur“ als auch für das Modell „Sicherheitsregionen“
wurden Textvorschläge vorgelegt. Zu den wesentlichen Eckpunkten dieser Modelle
ist auf den Ausschussbericht vom 23. März 2004 (S. 32 f) zu verweisen. In den
Ausschussberatungen wurde kein Konsens hinsichtlich einer der Textvorschläge
erzielt.
1. Modell „Kombinierte
Behördenstruktur“
Nach dem Modell der „Kombinierten
Behördenstruktur“ ist Oberste Sicherheitsbehörde der Bundesminister für
Inneres. Dem Bund obliegt demnach die Organisation und Führung der
Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für
Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, die Regelung der Errichtung und
der Organisierung sonstiger Wachkörper von Gebietskörperschaften, die Regelung
der Bewaffnung der Wachkörper und des Rechtes zum Waffengebrauch.
Der derzeit gültige
Organisationsgrundsatz in der Sicherheitsverwaltung, dass spezialisierte
Sicherheitsbehörden in den Ballungsräumen eingerichtet sind und außerhalb
dieses Bereiches die Sicherheitsveraltung von den Bezirksverwaltungsbehörden
wahrgenommen wird, wird beibehalten.
Dem Bundesminister für Inneres sind
die Landespolizeidirektionen, diesen die Bezirksverwaltungsbehörden als
Sicherheitsbehörden nachgeordnet. Für jedes Land besteht eine
Landespolizeidirektion. An ihrer Spitze steht ein Landespolizeidirektor. Der
Bundesminister für Inneres bestellt den Landespolizeidirektor im Einvernehmen
mit dem Landeshauptmann. Der Landespolizeidirektor hat Weisungen, die für die
Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ruhe, Ordnung und Sicherheit im
gesamten Land maßgeblich sind, dem Landeshauptmann mitzuteilen.
In Städten mit eigenem Statut oder
wenn dies sonst aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit
erforderlich erscheint, können durch Verordnung der Bundesregierung
Stadtpolizeidirektionen samt deren Außenstellen eingerichtet sowie deren
örtlicher Wirkungsbereich festgelegt werden. In Städten, in denen eine
Landespolizeidirektion und eine
Stadtpolizeidirektion eingerichtet sind, ist der Landespolizeidirektor zugleich
Stadtpolizeidirektor.
Neben einer Wachkörperdefinition
enthält der Textvorschlag zur „Kombinierten Behördenstruktur“ noch eine
Festlegung der Zuständigkeit zur allgemeinen Hilfeleistung und eine
Übergangsbestimmung betreffend Wachkörper.
2. Modell „Sicherheitsregionen“
Nach dem Modell der „Sicherheitsregionen“ soll
die Divergenz zwischen Bundespolizeidirektionen und Bezirksverwaltungsbehörden
in der sicherheitspolizeilichen Struktur zugunsten eines einheitlichen Systems
von Polizeidirektionen aufgegeben werden. Die Anzahl und der örtliche
Wirkungsbereich der Polizeidirektionen, an deren Spitze ein Polizeidirektor
steht, werden dem einfachen Bundesgesetzgeber überlassen. Durch die
verfassungsrechtliche Normierung einer Mindestanzahl von 20 und einer
maximalen Anzahl von 35 Direktionen soll sichergestellt werden, dass ein
Sicherheitsregionen-Modell erhalten bleibt, somit eine Ebene geschaffen wird,
die deutlich zwischen den Ländern einerseits und den Bezirksverwaltungsbehörden
andererseits liegt. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass flächendeckend
Polizeidirektionen eingerichtet werden. Im Interesse der Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit können auch die Behörden der allgemeinen
staatlichen Verwaltung mit den Agenden der Sicherheitsverwaltung betraut
werden.
Den Polizeidirektionen übergeordnet
ist die Generalpolizeidirektion, an deren Spitze der Generalpolizeidirektor
steht. Zwar bleibt der Bundesminister für Inneres weisungsbefugt, doch kann er
Weisungen nur direkt an den Generalpolizeidirektor erteilen. Auch kann der
Bundesminister in Zukunft nicht selbst die Aufgaben einer Sicherheitsbehörde
wahrnehmen.
Damit soll eine klare Trennung zwischen
politischer Führung und Behördenstruktur der Polizei herbeigeführt werden.
Mit dem Modell der
„Sicherheitsregionen“ wird eine bundeseinheitliche zweistufige Behördenstruktur
realisiert (Generalpolizeidirektion-Polizeidirektion). Im Textvorschlag “Sicherheitsregionen“
erfolgt weiters die Festlegung der sachlichen Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden
und eine Definition der Wachkörper. Schließlich erfolgt auch eine Regelung des
Menschenrechtsbeirates (Aufgaben, Zusammensetzung) im Zusammenhang mit den Regelungen
über die Sicherheitsverwaltung.
3. Keine spezielle
verfassungsrechtliche Determinierung der Sicherheitsverwaltung
In der Diskussion wurde noch ein weitere
Variante verfolgt: Demzufolge sollten die auf Verwaltungseinrichtungen der
Sicherheitsverwaltung bezogenen Verfassungsbestimmungen (Art. 78a ff B-VG)
ersatzlos aufgehoben werden. Auf Basis des Art. 102 Abs. 2 B-VG und eines neu
gefassten Art. 102 Abs. 3 B-VG, welcher den Einsatz von
Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden erster Instanz absichern
sollte, könnten beide oben dargestellten Modelle der Sicherheitsverwaltung
verwirklicht werden. Dieser Variante liegt die Überlegung zugrunde, dass
Bestimmungen über die Aufbauorganisation von Sonderverwaltungsbereichen nicht
Regelungsgegenstand einer Verfassung sein sollten.
4. Beratungsergebnis
Konsens erzielte der Ausschuss darin, dass
Grundsätze der Verwaltungsorganisation in der Sicherheitsverwaltung (Aufbauorganisation)
in der Verfassung verankert sein müssten. Im Besonderen müsse auch die
Abgrenzung Behörde-Wachkörper klar aus der Verfassung ableitbar sein.
Vereinzelt blieb in diesem Zusammenhang die Forderung, dass es künftig nur
einen Wachkörper geben sollte und so etwa die Gemeindewachkörper abgeschafft
werden sollten.
Konsens erzielte der Ausschuss
darin, dass der Menschenrechtsbeirat für die gesamte Verwaltung zuständig sein
sollte und dementsprechend bei der Bundesregierung eingerichtet werden soll.
Im Zusammenhang mit dem Modell
„Sicherheitsregionen“ wurde vor allem der klare zweistufige Organisationsaufbau
begrüßt, während hingegen beim Modell „Kombinierte Behördenstruktur“
kritisiert wurde, dass dieses im ländlichen Raum offenbar von einer Dreistufigkeit
- im Gegensatz zu den großen Städten, wo eine Zweistufigkeit vorherrsche -
ausgehe. Ferner wurde betreffend das Modell der „Kombinierten Behördenstruktur“
kritisch bemerkt, dass für den Bereich der Bezirksverwaltungsbehörden ein
getrennter Weisungszusammenhang (Dienst- und Fachaufsicht) aufrechterhalten
bleibe. Darüber hinaus hätten die Magistrate der Landeshauptstädte weniger
Aufgaben zu erfüllen als die Städte Steyr, Villach, Wels und Wiener Neustadt.
Ebenfalls wird im Zusammenhang mit den Städten mit eigenem Statut kritisch
angemerkt, dass es zu zahlreichen Aufgabenübertragungen, insbesondere auch jene
der sicherheitspolizeilichen Agenden (Waffen-, Schieß-, Fremdenwesen), bei
denen es sich um sehr sensible Aufgabenbereiche handelt, kommt. Dies wird vor
allem deshalb problematisch gesehen, weil in Städten mit eigenem Statut der
Bürgermeister, ein politisches Organ im Gegensatz zum Bezirkshauptmann, zur
Vollziehung dieser Agenden zuständig ist. Ebenfalls wird festgehalten, dass für
den Bürgermeister ein Zugriff auf den zuständigen Wachkörper sichergestellt
werden muss. Weiters wird der Entfall des Wachkörpermonopols – bisher in
Städten mit Bundespolizeidirektionen – vereinzelt abgelehnt.
Zum „Modell der Sicherheitsregionen“
wurde angemerkt, dass sich in den Bezirkshauptmannschaften sowie bei einzelnen
Magistraten die Zuständigkeit für Agenden der Sicherheitsverwaltung bewährt
habe. Weiters erscheine eine Festlegung der sachlichen Zuständigkeit
entbehrlich. Außerdem sei die unbestimmte Zahl der Polizeidirektionen (nicht
unter 20, aber auch nicht über 35) nicht tauglich für einen Verfassungstext.
Jene Mitglieder, die das Modell der
„Sicherheitsregionen“ vertreten, betonen vor allem, dass es – unabhängig von
einer Zwei- oder Dreistufigkeit – darum gehe, die behördliche Verantwortung für
die Tätigkeit des Wachkörpers und dessen Führung zusammenzulegen; eine
Zusammenführung dieser Verantwortlichkeiten erst auf Ebene des Bundesministers
schaffe einen Staat im Staate.
Letztlich konnte kein Konsens über
eines der beiden Modelle gefunden werden.
XI. Bundesheer
Zu den im Ergänzungsmandat aufgetragenen Fragestellungen wurde ein Textvorschlag „Wehrverfassung“ im Ausschuss behandelt (Anlage 13). Dieser Textvorschlag sieht eine Neufassung des Art. 79 B-VG vor. Dabei sollen die Empfehlungen, wie sie im Bericht der Bundesheerreformkommission niedergelegt sind, ihre Umsetzung im Verfassungsrecht erfahren. Zu diesem Textvorschlag besteht kein Konsens.
So wird nunmehr in Art. 79 Abs.1 Z 2 lit. a des Textvorschlages die solidarische Beteiligung an Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik normiert. Zugleich erfolgt eine Integration der Entsendebestimmungen des KSE-BVG in den Text des Art. 79 B-VG. Dabei sollen die Entsendemodalitäten unter Wahrung der bereits bestehenden Rechte des Parlamentes in Art. 79 B-VG transformiert werden. Sofern jedoch die besondere Dringlichkeit der Lage eine unverzügliche Entsendung erfordert, kann das notwendige Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates auch nachträglich hergestellt werden. Bei Verweigerung der Zustimmung des Hauptausschusses wäre die Entsendung – wie bereits nach geltender Rechtslage – unverzüglich zu beenden.
Für neu eintretende Berufssoldaten soll der Grundsatz, dass sie nur freiwillig zu Auslandseinsätzen entsandt werden dürfen, entfallen. Als Übergangsbestimmung soll sichergestellt werden, dass entsprechend der Empfehlung der Bundesheerreformkommission für bereits im Dienststand befindliches Kaderpersonal der freiwillige Übertritt in das Berufsmodell mit Verpflichtung zum Auslandseinsatz ermöglicht werden soll. Alle Berufssoldaten, die nicht vom Optionsrecht Gebrauch machen, sollen weiterhin auf freiwilliger Basis einen Auslandseinsatz absolvieren können. Der Verfassungsgrundsatz, dass Soldaten im Grundwehrdienst und Soldatinnen im Ausbildungsdienst ausschließlich auf der Basis der Freiwilligkeit an Auslandseinsätzen teilnehmen können, soll aufrechterhalten werden.
Die Aufgaben des Art. 79 Abs. 1 Z 3 und 4 des Textvorschlages (Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen, Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren, Hilfeleistung bei Elementarereignissen) sind nicht als Kernkompetenz, sondern als Assistenzleistung zu verstehen und erfolgen nur über Ersuchen der zuständigen Behörden (Abs. 7 des Textvorschlages).
Weiters soll es nunmehr in Art. 79 Abs. 1 B-VG „Elemente eines Milizsystems“ und nicht mehr „Grundsätze eines Milizsystems“ lauten. Diese Änderung sei durch die Empfehlung der Bundesheerreformkommission bedingt. Um den künftigen sicherheitspolitischen Voraussetzungen gerecht zu werden, sei im Rahmen der Streitkräfteentwicklung eine Änderung des Verhältnisses „stehendes Heer“ – Miliz erforderlich, wobei jedoch die Miliz ein integraler Bestandteil des Bundesheeres und seiner gesamtheitlichen Aufgabenerfüllung bleiben sollte. Auch sollte die Heranziehbarkeit des Bundesheeres zu Exekutionen des Verfassungsgerichtshofes (Art. 146 Abs. 2 B-VG) entfallen.
Gegen den Textvorschlag „Wehrverfassung“ wurde vorgebracht, dass ein Änderungsbedarf bei Art. 79 B-VG nicht ersichtlich sei. Aus dem Textvorschlag gehe insbesondere nicht das Prinzip der Subsidiarität bei Assistenzeinsätzen hervor. Darüber hinaus bedürfte die Teilnahme an Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eines Mandates des UN-Sicherheitsrates. Dem wurde entgegengehalten, dass die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik de lege lata in Art. 23 f B-VG ihren Niederschlag gefunden habe und ein Mandat des UN-Sicherheitsrates bei solchen Maßnahmen nicht notwendig sei. Ein Teil der Ausschussmitglieder widersprach wiederum dieser Rechtsmeinung zu Art. 23 f B-VG und führte aus, dass auch im Rahmen des Art. 23 f B-VG ein Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig sei. Weiters wurden eine Änderung der Entsendungsmodalitäten und des Freiwilligenprinzips abgelehnt. Die Änderung der Wortfolge von „Grundsätzen eines Milizsystems“ in „Elemente eines Milizsystems“ sei entbehrlich, da eine dynamische Interpretation der Wortfolge „Grundsätze des Milizsystems“ zum gleichen Ergebnis führe. Auch sollte die Heranziehbarkeit des Bundesheeres zu Exekutionen des Verfassungsgerichtshofes (Art. 146 Abs. 2 B-VG) aufrecht bleiben.
XII. Überprüfung der vom
Ausschuss 2 übermittelten
Verfassungsbestimmungen
Die dem Ausschuss 6 vom Ausschuss 2 zur weiteren Überprüfung übermittelte Aufstellung der Normen im Verfassungsrang wurde auf der Basis einer von Prof. Raschauer erstatteten Liste bearbeitet. Zu dieser Liste ergingen Stellungnahmen der Wirtschaftskammer Österreich, von Dr. Meyer und von Dr. Schnizer. Diese Stellungnahmen wurden nach einer Diskussion im Ausschuss in die Anmerkungen des Ausschusses 6 zur Liste des Ausschusses 2 eingearbeitet. Auf Übergangsbestimmungen wird nicht Bedacht genommen. Es handelt sich somit nicht um konsentierte Vorschläge für die Integration der aufgelisteten Verfassungsbestimmungen in die Verfassungsurkunde.
In diesem
Zusammenhang bleibt anzumerken, dass sich der Ausschuss 2 eine Schlussredaktion
hinsichtlich des vorgeschlagenen Schicksals der gegenständlichen Verfassungsbestimmungen
vorbehalten hat.
Die angesprochene Liste befindet sich in Anlage 14.
Der Ausschussvorsitzende:
Dr. Johannes Abentung e.h.