Stellungnahme

des Unabhängigen Finanzsenates
zum Bericht des Ausschusses 9
 des Österreich-Konvents
vom 26. März 2004 betreffend
Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit

 

 

 

 

Wien, 13. Mai 2004

 

http: ufs.bmf.gv.at


 

Inhalt

 

Allgemeines_ 2

Reform des abgabenrechtlichen Rechtsmittelverfahrens 2

Umwandlung in ein Sonderverwaltungsgericht? 3

Besonderer Teil 4

Zum Bericht des Ausschusses 9 vom 26. März 2004 5

Kontradiktorisches Verfahren 5

Eigene Finanzgerichtsbarkeit 5

Beibehaltung des Abgabenverfahrensrechts 6

Erstbesetzung eines Finanzgerichtes, Nachbesetzungsverfahren 6

Justizrichter in der Finanzgerichtsbarkeit, Unabhängigkeit 11

Quotenregelung_ 11

Unabhängigkeit 12

Qualifikation der Finanzrichter 13

Säumnisfolgen 16

Struktur der Finanzgerichtsbarkeit 17

Entscheidungsbefugnis 20

Zusammenfassung 21

Zu den Vorschlägen des Ausschusses 9 betreffend eine Änderung des B‑VG   22

Zur Organisation_ 26

Zur formalen Qualifikation_ 26

Laienbeteiligung_ 28

Geschäftsverteilung_ 28

Zum „Anhang C: Geltende Rechtslage“ des Schreiben des Konvents vom 20. April 2004 an die Bundesministerien und Ämter der Landesregierungen_ 30

 


Der Unabhängige Finanzsenat nimmt zum Bericht des Ausschusses 9 des Österreich-Konvents vom 26. März 2004 wie folgt Stellung:

 

.Allgemeines

Reform des abgabenrechtlichen Rechtsmittelverfahrens

Der Unabhängige Finanzsenat ist Ergebnis eines mehr als zehnjährigen Reformprozesses. Ausgehend von der Weisungsfreistellung der Mitglieder der damaligen Berufungssenate in Abgabensachen durch die Änderung der Verfassungsbestimmung in § 271 Abs. 1 BAO mit 13. Jänner 1993 – die Errichtung solcher Berufungssenate im Zollbereich erfolgte im Jahr 1998 - wurde unter Einbeziehung von Verwaltung, Rechtsprechung, Lehre und Interessensvertretungen in den folgenden Jahren die grundlegende Neugestaltung des Rechtsmittelverfahrens in Abgabensachen diskutiert, die im April 2001 zur einem groß angelegten Projekt „Reform des Rechtsmittelwesens“ führte.

In mehreren Phasen wurde im Rahmen dieses Projektes das abgabenrechtliche Rechtsmittelwesen einer umfassenden Neugestaltung unterzogen, die von der legistischen Konzeption über die Grund- und Detailkonzeption der Bereiche Personal, Service, Infrastruktur, die Konzeption der operativen Arbeitsabläufe sowie die Erstellung von Implementierungskonzepten bis hin zur Personalauswahl reichte. Verschiedene legistische Szenarien wurden entwickelt, bis schließlich das heutige Modell des UFS entstand.

Gegen Jahresende 2002 wurden – nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren - Präsidentin, Senatsvorsitzende und sonstige hauptberufliche Mitglieder des UFS ernannt, mit Jahresbeginn 2003 konnte der UFS seine Arbeit aufnehmen. Im Mai 2003 war mit der Durchführung der ersten Vollversammlung – mit Verabschiedung einer Geschäftsordnung und einer Geschäftsverteilung – die Konstituierungsphase des UFS im Wesentlichen abgeschlossen.

Zielsetzung der Reform war es, unter Beachtung der Grundsätze des New Public Manage­ments eine effiziente und schlanke Rechtsmittelbehörde zu schaffen, die gleichzeitig möglichst weitgehend gerichtsähnliche Standards – ähnlich den der anderen Verwaltungs­senate (etwa UVS und UBAS) - im abgabenrechtlichen Rechts­mittelverfahren gewährleistet. In der Lehre wird konstatiert, dass mit dem UFS ein wesentlicher Schritt zu einem umfassenden funktional verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Abgaben- und Finanzstrafsachen erfolgt ist (Holoubek, Der UFS im System oberster Kollegialbehörden, in Holubek/Lang, Das Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat, Wien 2003, 59).

Umwandlung in ein Sonderverwaltungsgericht?

Der Unabhängige Finanzsenat besteht seit rund eineinhalb Jahren, der „Echtbetrieb“ ist seit rund einem Jahr im Gange. Die Konzeption und Implementierung des Unabhängigen Finanzsenates hat – rechnet man die vorangegangene Diskussionsphase nicht hinzu – rund zwei Jahre benötigt.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der Unabhängige Finanzsenat die hohen in ihn gesteckten Erwartungen deutlich erfüllt hat und sehr schnell der Wechsel zu einer allgemein anerkannten unabhängigen Entscheidungsinstanz in Abgabensachen eingetreten ist.

Der Unabhängige Finanzsenat hält es aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Überlegungen für besonders wichtig, diesen Erfolg nicht zu gefährden. Das jahrzehntelange Ungleichgewicht im Rechtsschutzstandard, das gerade erst beseitigt wurde, sollte nicht neu geschaffen und damit prolongiert werden.

Der Unabhängige Finanzsenat hält daher insbesondere einen zeitnahe Umwandlung in ein Sonderverwaltungsgericht erster Instanz des Bundes nur dann für sinnvoll, wenn auf die Besonderheiten des abgabenrechtlichen und abgabenstrafrechtlichen Verfahrens, wie im Folgenden dargestellt, Bedacht genommen wird.

Die erst kurz zurück liegenden Investitionen in die Konstituierung der Selbstverwaltung und in das Auswahlverfahren sollten genutzt, ohne wiederholt werden zu müssen. Die nunmehrigen Mitglieder hatten sich einem auch für Außenstehende offenen, standardisierten und äußerst aufwändigen Auswahlverfahren zu stellen, das bis dahin einzigartig war. Ihre dienstrechtliche Stellung ist mit jener der Richter vergleichbar. Ihre Unabhängigkeit stellen sie schon jetzt täglich unter Beweis.

Es kann nicht im Sinn eines verantwortungsbewussten Umganges mit öffentlichen Mitteln sein, nochmals innerhalb weniger Jahre eine aufwändige Neukonstituierung in die Wege zu leiten. Mit der Schaffung des UFS war ein großer Aufwand in finanzieller und Arbeitskraft bindender Hinsicht verbunden, der nicht nach kürzester Zeit wieder verloren gehen sollte. Der UFS hat sich in den ersten eineinhalb Jahren seines Bestandes bestens in das Rechtssystem integriert. Die nach modernsten internationalen Standards durchgeführte Personalauswahl der Mitglieder des UFS wird durch eine beständig steigende Erledigungszahl bei anerkannt hohem Qualitätsstandard bestätigt. Aufgrund der angeführten Umstände müssten mögliche Synergien in eine Reform mitgenommen werden.

Sollte allerdings eine personelle und organisatorische Überleitung des UFS in ein Sonderverwaltungsgericht des Bundes – unter Mitnahme der angesprochenen Synergien bei gleichzeitiger Verstärkung justizieller Elemente - nicht in Betracht gezogen werden, wäre, wie auch vom Ausschuss 9 wiederholt angesprochen, bis auf Weiteres der derzeitige Status des Unabhängigen Finanzsenates beizubehalten und eine Überführung in die Verwaltungs­gerichtsbarkeit erst dann zu überlegen, wenn sich die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit bewährt hat, evaluiert worden ist und insbesondere klare Vorteile aus der Überführung des Unabhängigen Finanzsenates in die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz nachgewiesen werden können.

Besonderer Teil

Im Folgenden wird auf den Bericht des Ausschusses 9 des Österreich-Konvents vom 26. März 2004 Bezug genommen, wobei die nachstehende Gliederung dem Bericht des Ausschusses folgt.

Weitere Ausführungen finden sich bei einzelnen Artikeln des Entwurfes einer Änderung des B‑VG.

Abschließend einige Bemerkungen zum „Anhang C“ (Behördenzusammenstellung).


Zum Bericht des Ausschusses 9 vom 26. März 2004

Kontradiktorisches Verfahren

IV) 1) a) Zweigliedrigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit?

 

...Einigkeit bestand weiters darin, dass innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich ein kontradiktorisches Verfahren eingeführt werden solle: Sowohl vor dem Verwaltungsgericht erster Instanz als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof stehen einander Beschwerdeführer, sonstige Verfahrensparteien und Verwaltungsbehörde gegenüber; gegen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte erster Instanz kann jede dieser Parteien den Verwaltungsgerichtshof anrufen; Gegenstand des Verfahrens des Verwaltungsgerichtshofs ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erster Instanz und nicht der Bescheid der Verwaltungsbehörde...

 

Der UFS erfüllt diesen Standard.

Bereits heute nimmt das Finanz- oder Zollamt seine Rolle als Amtspartei bewusst war; Verhandlungen ohne Anwesenheit beider Parteien (Steuerbürger, erstinstanzliche Behörde) sind nur in Ausnahmefällen der Fall.

Begrüßt wird, bei Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auch das Beschwerde­verfahren vor dem VwGH dahingehend umzugestalten, dass Parteien des verwaltungs­gerichtlichen Verfahrens – vereinfacht ausgedrückt – Steuerbürger einerseits und erstinstanzliche Abgabenbehörde andererseits und nicht Steuerbürger einerseits und Verwaltungsgericht andererseits sein sollten. Ebenso wie in der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit sollte nicht das erstinstanzliche Gericht Partei in einem Rechtsmittelverfahren vor dem zweitinstanzlichen Gericht sein (vgl. dazu ausführlich Beiser, Das Verfahren vor dem VwGH nach einer Berufungsentscheidung des UFS in Abgabensachen, Die Parteistellung des Abgabepflichtigen und des Finanzamtes sowie die Rolle des UFS, SWK 34/2003, 833).

Eigene Finanzgerichtsbarkeit

IV) 1) b) Einführung des Modells „9“ („nur“ 9 Landesverwaltungsgerichte) oder des Modells „9 + 1“ (9 Landesverwaltungsgerichte und ein Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz)?

 

Das Modell „9 + 1“ (9 Landesverwaltungsgerichte und ein Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz) ist konsentiert, weil sowohl bestimmte Sondermaterien (wie etwa das Fremdenrecht einschließlich der Schubhaftprüfung) als auch bestimmte bereits jetzt bestehende „Sondergerichte“ (wie etwa der Unabhängige Bundesasylsenat, der Bundeskommunikationssenat oder auch die Bundesagrarsenate) die Einrichtung eines zentralen Verwaltungsgerichts des Bundes 1. Instanz erforderlich machen (wobei es auch mehr als 9 Landesverwaltungsgerichte und mehr als ein Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz, etwa aufgrund des zu einem Gericht auszugestaltenden UFS, geben könnte). ...

 

Der UFS teilt die Auffassung, dass im Hinblick auf die von ihm zu vollziehenden Gesetze eine eigene Finanzgerichtsbarkeit einer Eingliederung in ein Bundesverwaltungsgericht 1. Instanz (oder etwa in Landesverwaltungsgerichte) vorzuziehen wäre. Dies entspricht auch dem Standard der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland, die neben allgemeinen Verwaltungsgerichten eigene Finanzgerichte vorsieht („Die Finanzgerichts­gerichtsbarkeit wird durch unabhängige, von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere Verwaltungs­gerichte ausgeübt“, § 1 FGO).

Siehe ausführlicher zu „Struktur der Finanzgerichtsbarkeit“.

Beibehaltung des Abgabenverfahrensrechts

IV) 1) f) Bundesweit einheitliches Verfahrensrecht für alle Landesverwaltungsgerichte und

das Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz?

 

Grundsätzlich herrscht in der Arbeitsgruppe Konsens darüber, dass es ein bundeseinheitliches Verfahrensrecht für alle Landesverwaltungsgerichte und die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Bundes 1. Instanz geben sollte (die Finanzgerichtsbarkeit wird von diesem einheitlichen Verfahrensrecht wohl auszunehmen sein); zur Erlassung dieses Verfahrensrechts sollte der Bundesgesetzgeber zuständig sein....

 

Der UFS teilt die Auffassung des Ausschusses 9 des Konvents, dass das eigene Abgabenverfahrensrecht – Bundesabgabenordnung, Finanzstrafgesetz und Zollrechtsdurchführungsgesetz – weiter auch für das Verfahren vor einem Finanzgericht Anwendung finden sollte, zumal sich diese Verfahrensrechte von den Verfahrensrechten, die die den Landesverwaltungsgerichten und den (anderen) Bundesverwaltungsgerichten vorgelagerten Behörden anzuwenden haben, unterscheiden.

Erstbesetzung eines Finanzgerichtes, Nachbesetzungsverfahren

IV) 1) g) Zukünftiges Schicksal der Unabhängigen Verwaltungssenate?

 

Grundsätzlich sollten die derzeit bestehenden Unabhängigen Verwaltungssenate (im Folgenden kurz: UVS) in die neu zu schaffenden Landesverwaltungsgerichte und der Unabhängige Bundesasylsenat (im Folgenden kurz: UBAS) in das neu zu schaffende Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz vollständig integriert werden.

Hinsichtlich der Ernennung der zukünftigen Richter der Verwaltungsgerichte der Länder und des Verwaltungsgerichts des Bundes 1. Instanz zeichnete sich Konsens dahingehend ab, dass diese Gerichte (Landesverwaltungsgerichte, Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz) zur Versachlichung der Entscheidungsfindung durch das Recht auf Erstattung von Besetzungsvorschlägen in das Auswahlverfahren eingebunden werden sollten;eine Einbindung von VwGH und OGH erscheint – nach Meinung der Mehrheit im Ausschuss – für die Ersternennung der zukünftigen Verwaltungsrichter im Zuge der Einführung der (Landes)Verwaltungsgerichtsbarkeit unabdingbar. Für die spätere Ernennung von weiteren Verwaltungsrichtern wäre ein Recht auf Stellungnahme durch diese Höchstgerichte – so die Mehrheitsmeinung im Ausschuss – ebenfalls wünschenswert. Wenngleich nicht alle bisherigen UVS-Mitglieder en bloc in die zukünftige Verwaltungsgerichtsbarkeit übernommen werden sollten, es insbesondere keine zwingende Automatik dafür geben sollte und die Möglichkeit bestehen bleiben muss, bisherige UVS-Mitglieder, die sich in der Vergangenheit nicht bewährt haben, nicht zu übernehmen, war man sich im Ausschuss doch weitestgehend im klaren darüber, dass sich die zukünftigen Verwaltungsgerichte wohl zum überwiegenden Teil aus den bisherigen UVS-Mitgliedern – uU auch solchen aus anderen Bundesländern – zusammensetzen werden. Dabei müsste eine allfällige Nicht-Übernahme mit Bescheid ausgesprochen werden und könnte als Kriterium für die Nicht-Übernahme von UVS-Mitgliedern zu Richtern der Verwaltungsgerichte, ähnlich wie schon derzeit bei der Definitivstellung von Universitätsassistenten, eine Prognoseentscheidung vorgesehen werden, dass die bisherige Tätigkeit als UVS-Mitglied nicht erwarten lasse, dass er/sie sich in Hinblick auf das geänderte Anforderungsprofil in Zukunft als Richter/Richterin des Verwaltungsgerichts bewähren würde...

 

Der Ausschuss 9 befasst sich zwar ausführlich mit der Frage der Überleitung der Mitglieder der heutigen UVS in die Landesverwaltungsgerichte, äußert sich aber nicht zur Überleitung der Mitglieder des UFS in ein Finanzgericht als Bundessonderverwaltungsgericht erster Instanz.

Hierzu sei bemerkt:

Bei der Schaffung des UFS stellte sich ebenfalls die Frage, wie dessen Mitglieder ausgewählt werden sollten. Hier wurde von einer unmittelbaren Übernahme des Personals aus den bisherigen Rechtsmittelabteilungen der Finanzlandesdirektionen Abstand genommen; statt dessen mussten sich sowohl „interne“ als auch „externe“ Bewerber einem mehrstufigen Auswahlverfahren unterziehen, das von der Finanzverwaltung gemeinsam mit Personalberatern entworfen wurde.

Beim UFS wurde für den sensiblen Bereich der Personalbesetzung mit einem kombinierten Überleitungs- und Ausschreibungsverfahren ein transparenter Weg gewählt, der Akzeptanz nach innen und außen fand und sicherstellte, die bestqualifizierten Mitarbeiter für diese verantwortungsvollen Funktionen zu verwenden.

Für alle Funktionen wurden sehr detaillierte Anforderungsprofile entwickelt, in welchen die erwarteten Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen darin abgestuft nach notwendigen, wichtigen und vorteilhaften Voraussetzungen angeführt wurden. So sieht das Anforderungsprofil für hauptberufliche Mitglieder des UFS vor (ein gesondertes, darüber hinausgehendes Anforderungsprofil besteht für die Senatsvorsitzenden):

Fachliche Kompetenzen

Notwendige Voraussetzungen sind

1.       eine abgeschlossene Grundausbildung für den höheren oder gehobenen Finanzdienst oder Zolldienst oder Abschluss einer vergleichbaren allgemeinen und fachlichen Ausbildung (z. B. Notariats-, Richteramts-, Rechtsanwalts- oder Steuerberaterprüfung),

2.       eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung in der Verwaltung, Rechtsprechung, Wissenschaft oder Parteienvertretung im Bereich des Abgaben- oder Finanzstrafrechtes,

3.       sehr gute Kenntnisse im Abgaben- oder Finanzstrafrecht, bei Zollsenaten sehr gute Kenntnisse der Zollrechtsmaterien sowie

4.       juristisches Wissen in den angrenzenden Rechtsgebieten (z. B. im privaten Wirtschaftsrecht, EU-Gemeinschaftsrecht, im Verfahren vor dem VwGH, VfGH, EuGH) und

5.       ein sehr gutes allgemeines juristisches Verständnis und geschultes Rechtsdenken.

Wichtig sind ferner

1.       das Beherrschen einer raschen, effizienten und effektiven, juristischen Arbeitsmethode,

2.       Fertigkeiten in der Verhandlungsführung,

3.       Kenntnisse des Rechnungswesens und gute allgemeine Wirtschaftskenntnisse und

4.       gute Anwenderkenntnisse in dem für den unabhängigen Finanzsenat maßgeblichen IT-Bereich (z. B. Datenbanken der Finanz- und Zollverwaltung, Rechtsinformationssystem, MS-Office).

Von Vorteil sind

1.       Kenntnisse in der Vernehmungstechnik und

2.       verhandlungssichere Kenntnisse einer anderen Amtssprache der EU, insbesondere im Wirtschafts- und Rechtsbereich.

Soziale/persönliche Kompetenzen

Notwendige Voraussetzungen sind

1.       starke Rechtsverbundenheit, Objektivität und Integrität

2.       analytisches Denkvermögen, rasche Auffassungsgabe und geistige Beweglichkeit, insbesondere die Fähigkeit, komplexe wirtschaftliche Vorgänge und Zusammenhänge im Hinblick auf ihre abgabenrechtlichen Auswirkungen rasch zu erfassen,

3.       Entscheidungsfreudigkeit und Verantwortungsbereitschaft,

4.       sehr gutes verbales und schriftliches Ausdrucksvermögen und

5.       Durchsetzungsvermögen (Verhandlungsgeschick, überzeugendes persönliches und fachliches Auftreten).

Wichtige Voraussetzungen sind

1. die ständige Bereitschaft zur fachlichen Fortbildung und persönlichen Weiterentwicklung und

2. Integrations- und Konfliktfähigkeit, Team- und Kommunikationsfähigkeit.

Vorteilhaft sind des Weiteren

1. Verbundenheit mit dem Leitbild der Finanz- und Zollverwaltung,

2. psychologisches Einfühlungsvermögen,

3. überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und

4. Belastbarkeit.

 

Wie bei jeder Personalauswahl ging es darum, Fähigkeiten, Leistungsverhalten und Persönlichkeitsmerkmale von Bewerbern zu beurteilen und zum Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes in Bezug zu setzen und anschließend die Ergebnisse mit denen der anderen Bewerber zu vergleichen.

Beim UFS wurde ein umfassendes Auswahlverfahren unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Objektivität, Reliabilität, Validität und Vergleichbarkeit durchgeführt, in welchem eine Reihe von Instrumenten professioneller Personalauswahl – auch Elemente von Assessment-Centern – zum Einsatz kamen.

Die Begutachtung erfolgte durch unabhängige Begutachtungskommissionen, deren Rechtsstellung und Aufgaben sowie das anzuwendende Verfahren in den §§ 7 ff. des Ausschreibungsgesetzes geregelt sind. Die Kommissionen bestanden aus je zwei vom Bundesminister für Finanzen bestellten Mitgliedern, wovon eines den Vorsitz führte, und je einem von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst und vom zuständigen Zentralausschuss entsendeten Mitglied. Die Mitglieder hatten ihre Tätigkeit selbständig und unabhängig auszuüben; die Mitglieder der Begutachtungskommissionen erhielten auch eine eigene fachliche Schulung durch Personalberater für diese Tätigkeit. Die Vorgangsweise wurde mehrfach zwischen den einzelnen Kommissionen abgestimmt, um bundesweit möglichst gleiche Bedingungen zu erzielen. Auf die Erfüllung der Anforderung des § 9 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes wurde besonderer Wert gelegt; in jeder Kommission waren die beiden vom Bundesminister bestellten Dienstgebervertreter jeweils ein Mann und eine Frau. Die Dienstgebervertreter wurden jeweils so bestellt, dass sie Bewerber anderer Standorte als ihrer eigenen Dienstorte begutachtet haben, um größtmögliche Objektivität sicherzustellen.

Dieses Verfahren ist detailliert bei Fröhlich/Müller/Schatzl/Wanke, Unabhängiger Finanzsenat: Auswahl der Mitglieder, Systematisches Verfahren als Garant für Auswahl der besten „Finanzrichter", SWK 23/24/2002, T 127, beschrieben.

Als Ergebnis dieser „Bestenauswahl“ wurde nur ein Teil der früheren Rechtsmittelbearbeiter der Finanzlandesdirektionen in den UFS übernommen, die übrigen Mitglieder rekrutieren sich aus anderen Teilen der Finanzverwaltung (Finanzämter, Zollämter, Bundesministerium für Finanzen) oder kommen nicht aus dem öffentlichen Dienst, sondern etwa aus dem Berufsstand der Wirtschaftstreuhänder.

Die heutigen Mitglieder des UFS haben sich daher erst vor rund eineinhalb Jahren einem Personalauswahlverfahren gestellt, das sowohl dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht als auch größtmögliche Objektivität gewährleistet hat. Hierbei wurde bereits auf die schon heute richterähnliche Stellung der Mitglieder Bedacht genommen und ein entsprechend strenger Auswahlmaßstab – auch vor dem Hintergrund der unbefristeten Ernennung der hauptberuflichen Mitglieder (anders als etwa bei Gründung der meisten UVS vor rund 15 Jahren der Fall, wo zumeist eine befristete Bestellung vorgesehen war) und deren Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit - angelegt. Dieses Auswahlverfahren hat sich österreichweit über das zweite Halbjahr des Jahres 2002 mit großem zeitlichen Einsatz sowohl auf Bewerberseite als auch auf Seite der Begutachtungs­kommissionen erstreckt. Das Bundesministerium für Finanzen als Dienstgeber ist – soweit bekannt - in weiterer Folge bei der Erstellung der Besetzungsvorschläge in keinem einzigen Fall von den Reihungen der unabhängigen Begutachtungskommissionen abgewichen; die unbefristeten Ernennungen durch den Bundespräsidenten erfolgten auf Vorschlag der Bundesregierung.

Die Durchführung eines neuerlichen derartigen komplexen Verfahrens hinsichtlich der heutigen hauptberuflichen Mitglieder des UFS bei Überleitung in ein Finanzgericht widerspräche zunächst den Grundsätzen sparsamen und wirtschaftlichen Handelns, zumal während eines derartigen neuerlichen Auswahlverfahrens die Erledigung von Rechtsmitteln nur eingeschränkt möglich wäre.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich die Mitglieder des UFS in ihrer Funktion bewährt haben und sich das Anforderungsprofil eines Verwaltungsrichters in Abgabensachen nicht von jenem eines hauptberuflichen Mitgliedes des UFS unterscheiden kann.

Jedes derzeitige hauptberufliche Mitglied des UFS weist heute eine (in vielen Fällen: weit) mehr als zehnjährige Berufserfahrung in Abgaben- oder Abgabenstrafsachen aus. Diese Berufserfahrung ist doppelt so lang wie die vom Ausschuss 9 geforderte (und auch im UFSG vorgesehene) wenigstens fünfjährige einschlägige Vortätigkeit.

Zur einem neuerlichen Auswahlverfahren ebenfalls entgegenstehenden unbefristeten Ernennung sowie Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit der hauptberuflichen Mitglieder des UFS siehe unten unter „Qualifikation der Finanzrichter“.

Bemerkt wird, dass eine Mitwirkung von Vertretern der Kammern der rechtsberatenden Berufe oder der Höchstgerichte an der Auswahl der Mitglieder des UFS ausführlich diskutiert wurde. Die Finanzverwaltung hat jedoch letztlich von einer derartigen Mitwirkung zu Gunsten eines objektivierten, wissenschaftlich abgesicherten Verfahrens Abstand genommen, zumal dieses Verfahren sehr zeitaufwändig war und in dem gebotenen Umfang hierfür Verwaltungsexterne – abgesehen von den ohnehin eingesetzten honorierten Personalberatern – nicht zur Verfügung gestanden wären.

Auch wenn die Erstattung eines Besetzungsvorschlages für zukünftige Auswahlverfahren durch die Vollversammlung begrüßt wird, wäre doch gesetzlich sicherzustellen, dass diesem Vorschlag ein vergleichbares objektiviertes Verfahren – Erstattung von Gutachten durch eine unabhängige, qualifizierte Begutachtungskommission, an die die Vollversammlung (wie der Dienstgeber) zwar nicht gebunden ist, aber eine Abweichung zu begründen hätte - voranzugehen hat.

Justizrichter in der Finanzgerichtsbarkeit, Unabhängigkeit

„Wenigstens der vierte [dritte, fünfte] Teil der Mitglieder [der Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts erster Instanz] soll aus Berufsstellungen im Bund, vorwiegend [bevorzugt] aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit, entnommen werden.“

In diesem Zusammenhang wurde auch die Auffassung vertreten, dass bei der ersten Bestellung von Verwaltungsrichtern erster Instanz eine solche Bestimmung nicht gelten sollte, wenn sie sich dahingehend auswirken sollte, dass eine entsprechende Anzahl von Mitgliedern der UVS nicht in die Verwaltungsgerichte erster Instanz übernommen werden könnte.

 

Quotenregelung

Hinsichtlich der Überleitung der Mitglieder der UVS (des UFS) zu Verwaltungsrichtern – und daher Entfall einer „Justizrichterquote“ bei der Gründung eines Finanzgerichtes - wird die Auffassung des Berichtes geteilt.

Bei künftigen Aufnahmen ist jedoch zu beachten, dass im Bereich der Finanzgerichtsbarkeit eine Quereinstiegstätigkeit von Wirtschaftstreuhändern ausdrücklich gewünscht ist (siehe Erl RV AbgRmRefG). Eine derartige Nachbesetzung nicht nur aus dem öffentlichen Dienst erhöht die Akzeptanz der Finanzgerichtsbarkeit und das Vertrauen in objektive Entscheidungen. Eine „Justizrichterquote“ würde dieser Überlegung entgegenstehen.

Bemerkt wird, dass ursprünglich im Entwurf des UFSG selbst eine „Wirtschaftstreuhänder­quote“ für den UFS vorgesehen war, diese jedoch im beschlossenen Gesetzestext – im Hinblick auf die mit jeder „Quotenregelung“ verbundenen Probleme – entfallen ist. Es hat sich auch in weiterer Folge gezeigt, dass das Interesse erfahrener Wirtschaftstreuhänder, in den UFS zu wechseln, nicht zuletzt im Hinblick auf eine zumeist daraus resultierende ein­kommensmäßige Schlechterstellung begrenzt ist und eine – wie immer angesetzte – „Quote“ mangels qualifizierter Interessenten nicht erfüllbar ist.

Was die Mitwirkung von Justizrichtern in der Finanzgerichtsbarkeit anlangt, ist festzuhalten, dass beim UFS eine derartige Mitwirkung noch in der Regierungsvorlage vorgesehen war, diese jedoch insbesondere auf Grund entsprechender Stellungnahmen, unter anderem auch des Rechnungshofes, auf Grund des Initiativantrages vom 18. April 2002, 666/A-XXI. GP, nicht in den Gesetzestext übernommen wurde. Im Hinblick auf das in der Finanzgerichts­barkeit geforderte abgabenrechtliche Expertenwissen ist darauf zu verweisen, dass die Ausbildung von Justizrichtern naturgemäß den Schwerpunkt nicht auf diesen Rechtsbereich legt und auch die laufende Arbeit in der ordentlichen Gerichtsbarkeit wenig Möglichkeit zur Sammlung von für eine finanzrichterliche Tätigkeit relevante Berufserfahrung bietet.

Argumente des Österreich-Konvents, die sich auf eine Beteiligung von Justizrichtern in der Finanzgerichtsbarkeit unter Hinweis auf "dort sehr oft auftretende handelsrechtliche Probleme" beziehen, vermögen nicht zu überzeugen: Soweit in der Finanzgerichtsbarkeit Handelsrecht zu vollziehen ist, handelt es sich gerade um solche Bereiche (insbesondere Rechnungslegungsrecht), die in der Regel nicht Gegenstand der (streitigen) Zivilgerichtsbarkeit sein dürften.

Unabhängigkeit

Das im Bericht des Ausschusses 9 an anderer Stelle (Punkt IV.1.g) genannte Erfordernis der (inneren) Unabhängigkeit sehen die hauptberuflichen Mitglieder des Unabhängigen Finanzsenates jetzt schon als erfüllt an:

Die in der elektronischen Entscheidungsdokumentation des UFS gespeicherten Entscheidungen beweisen, dass die Mitglieder des UFS in den bisher knapp eineinhalb Jahren des Bestehens des UFS durchwegs auch gegen in Erlässen und Richtlinien geäußerte Rechtsansichten des Bundesministeriums für Finanzen (sowohl zu Ungunsten als auch zu Gunsten des Fiskus) entscheiden. Auch an der Tatsache der von den Abgabenbehörden erster Instanz gegen Entscheidungen des UFS erhobenen Amtsbeschwerden an den VwGH zeigt sich, dass hier durchaus differente Ansichten bestehen und eine Entscheidung hierüber in rechtsförmiger Weise herbeigeführt wird.

Regelungen in der von der Vollversammlung des UFS beschlossenen Geschäftsordnung weichen von Organisationserlässen des BMF ab; die Vollversammlung hat hier ihre vom Verfassungsgerichtshof in seinem – zum UVS Wien ergangenen - Erkenntnis 27.9.2002, B 1074/01, dargelegte Regelungskompentenz unbeschadet gegenteiliger Intentionen seitens der Verwaltung wahrgenommen. Die Geschäftsordnung des UFS wurde auch vom Gesetzgeber zum Anlass einer dieser Rechnung tragenden Anpassung der BAO (§ 285 Abs. 4 BAO idF AbgÄG 2003) genommen.

Der gemäß § 8 UFSG von der Vollversammlung gebildete Unvereinbarkeitsausschuss des UFS hat in den an ihn herangetragenen Fällen – in Befolgung eines entsprechenden Beschlusses der Vollversammlung - auf eine strikte Trennung der Mitgliedschaft im UFS von einer Verwendung in der Finanzverwaltung bestanden, um auch nur den äußeren Eindruck einer möglichen Gefährdung der Unabhängigkeit zu vermeiden. Der Unvereinbarkeits­ausschuss ist hierbei nicht Rechtsansichten des BMF gefolgt und hat in den an ihn herangetragenen Fällen ein Gutachten des Verfassungsdienstes des BKA eingeholt. Letztlich hat die Haltung des Unvereinbarkeitsausschusses, auf die Unabhängigkeit des UFS in jeder Hinsicht Bedacht zu nehmen, dazu geführt, dass der Gesetzgeber in § 5 Abs. 4 UFSG idF AbgÄG 2003 eine eigene Ruhensbestimmung für dienstzugeteilte oder entsendete Mitglieder geschaffen hat.

Diese Bespiele beweisen hinreichend, dass die hauptberuflichen Mitglieder des UFS sehr schnell auch die innere Unabhängigkeit erlangt haben.

Qualifikation der Finanzrichter

Schließlich besteht hinsichtlich der Ausbildung der zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichts des Bundes 1. Instanz eine gewisse Einigkeit darüber, dass diese möglichst gut ausgebildet sein sollten (das heißt nicht nur das Diplomstudium der Rechtswissenschaften abgeschlossen, sondern nach Möglichkeit zusätzliche Qualifikationen erworben haben sollten) und dass die Ausbildungsphase mit einer (Art von Dienst-) Prüfung abgeschlossen werden sollte. Die Frage, welche Ernennungsvoraussetzungen in fachlicher Hinsicht im Detail aufgestellt werden sollten, ob man insbesondere – wie etwa derzeit in Art 134 Abs 3 B-VG für die Mitglieder des VwGH vorgesehen – auch für die zukünftigen Verwaltungsrichter die Ausübung einer Berufsstellung über einen bestimmten Mindestzeitraum (zB von 5 Jahren) fordern sollte, für die der Abschluss der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien zwingend vorgeschrieben ist, wurde noch nicht abschließend beantwortet.

 

Die Ernennungsvoraussetzungen der hauptberuflichen Mitglieder des UFS sind in § 3 UFSG wie folgt geregelt:

Zum Präsidenten und Vorsitzenden kann nach § 3 Abs. 7 UFSG ernannt werden, wer

1. die allgemeinen Ernennungserfordernisse für Bundesbeamte erfüllt, soweit nicht § 16 Abs. 3 UFSG anderes bestimmt,

2. ein rechts-, staats- oder wirtschaftswissenschaftliches Universitätsstudium abgeschlossen hat und

3. eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung in der Verwaltung, Rechtsprechung, Wissenschaft oder Parteienvertretung auf dem Gebiet des Abgaben- oder Finanzstrafrechtes aufweist, davon mindestens drei Jahre in der Führung zweitinstanzlicher oder höchstgerichtlicher Abgaben- oder Finanzstrafverfahren.

Zum sonstigen hauptberuflichen Mitglied kann nach § 3 Abs. 8 UFSG ernannt werden, wer

1. die allgemeinen Ernennungserfordernisse für Bundesbeamte erfüllt, soweit nicht § 16 Abs. 3 UFSG anderes bestimmt,

2. die Grundausbildung für den höheren oder gehobenen Finanzdienst oder Zolldienst erfolgreich abgeschlossen hat oder über eine vergleichbare allgemeine und fachliche Ausbildung, wie insbesondere die Berufsbefugnis als Wirtschaftstreuhänder, verfügt und

3. eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung in der Verwaltung, Rechtsprechung, Wissenschaft oder Parteienvertretung auf dem Gebiet des Abgaben- oder Finanzstrafrechtes aufweist.

 

Im Hinblick auf die vom UFS bzw. einem Finanzgericht zu beurteilenden Sachverhalte ist es geboten, auch über eine entsprechende Anzahl von Verwaltungsrichtern mit wirtschafts­wissenschaftlicher Ausbildung zu verfügen. Die Erfahrung im Bereich der abgabenrechtlichen Rechtssachen zeigt, dass gerade im Bereich der Sachverhaltsermittlung – insbesondere auch kalkulatorische Schätzungen im Rahmen des § 184 BAO – wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung von Vorteil ist. Derartige Rechtsmittel fallen um ein Vielfaches häufiger an als etwa Rechtsmittel, in denen (auch) handelsrechtliche Fragen zu beurteilen sind.

Hinzu kommt, dass es für das Bestehenbleiben einer Öffnung der Finanzgerichtsbarkeit für Wirtschaftstreuhandberufe erforderlich ist, auch ein absolviertes Studium der Wirtschafts­wissenschaften als Qualifikation anzuerkennen. Der Großteil der Wirtschaftstreuhänder hat kein rechtswissenschaftliches Studium absolviert.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass – abweichend vom sonstigen Beschwerdeverfahren – gemäß § 23 Abs. 1 VwGG idF BGBl. I Nr. 60/1999 in Abgaben- und Abgabenstrafsachen eine Vertretungsbefugnis vor dem VwGH auch durch Wirtschaftsprüfer besteht und somit das „Juristenmonopol“ in Abgaben- und Abgabenstrafsachen auch im höchstgerichtlichen Verfahren durchbrochen ist.

Die Beibehaltung des Zuganges von Wirtschaftsakademikern zur Finanzgerichtsbarkeit ist daher unabdingbare Voraussetzung für eine Eingliederung des UFS in die Verwaltungs­gerichtsbarkeit – heute und auch in der Zukunft.

Von den derzeit 233 hauptberuflichen Mitgliedern des UFS (seit der Erstbesetzung sind einige Mitglieder in der Ruhestand getreten, ohne dass bisher eine Nachbesetzung erfolgt wäre) haben 182 das Studium der Rechtswissenschaften bzw. Staatswissenschaften absolviert, 24 ein wirtschaftswissenschaftliches Studium und 27 kein Hochschulstudium. An der im Wesentlichen für die Bundesländer Burgenland, Niederösterreich und Wien zuständigen Außenstelle Wien beträgt etwa der Anteil der Juristen an den hauptberuflichen Mitgliedern 65%; die Aufrechterhaltung der Rechtsprechung in Abgabensachen wäre ohne Beibehaltung der UFS-Mitglieder ohne Absolvierung eines juristischen Studiums nicht möglich.

Im Zuge der „Bestenauswahl“ wurden auch Beamte, die die Grundausbildung für den ge­hobenen Finanz- oder Zolldienst absolviert haben, in den UFS übernommen, weil diese auf Grund ihrer herausragenden persönlichen und fachlichen Qualitäten für diese Funktion besser geeignet waren als (zahlreiche) mitbewerbende Akademiker.

Sowohl Beamte, die aus dem höheren Finanz- oder Zolldienst kommen, als auch Beamte, die aus dem gehobenen Finanz- oder Zolldienst kommen, weisen eine Grundausbildung aus, die sich von anderen Verwaltungszweigen von den Anforderungen her deutlich unterscheidet:

Neben einer mehrjährigen Ausbildung bei einer Abgabenbehörde erster Instanz mit Durchlaufen sämtlicher Arbeitsbereiche hatten nach den Ausbildungsordnungen, die der Ausbildung der heutigen Mitglieder des UFS zugrunde lagen, die Beamten einen mehr­wöchigen „Einführungslehrgang“ (mit Prüfungen) zu besuchen, sich während der Praxisaus­bildungen meist auch „Eignungsgesprächen“ zu stellen, den mehrmonatigen Grundaus­bildungslehrgang an der (heutigen) BundesFinanzAkademie zu besuchen (die Lehrgänge beinhalten eine dauernde Anwesenheit an der Bildungseinrichtung an Arbeitstagen während der gesamten Lehrgangsdauer) sowie schließlich eine aus schriftlichen Klausurarbeiten und einer mündlichen kommissionellen Prüfung bestehende Dienstprüfung zu bestehen. In den meisten Fällen wurde – neben der laufenden jährlichen Weiterbildung – auch der Lehrgang für Betriebsprüfer absolviert, der ebenfalls mit einer eigenen Prüfung abschließt.

Auch die Ausbildung zum Wirtschaftstreuhänder setzt – neben einer mehrjährigen Berufstätigkeit als Berufsanwärter – die Ablegung einer umfassenden schriftlichen und mündlichen Prüfung, unter anderem auch aus bürgerlichem Recht und Handelsrecht sowie Steuerrecht (§ 26 Z 3 und Z 4 WTBG) voraus.

Zusätzlich erfordert das UFSG eine „eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung in der Verwaltung, Rechtsprechung, Wissenschaft oder Parteienvertretung auf dem Gebiet des Abgaben- oder Finanzstrafrechtes“.

Die Wahrnehmung der Vorsitzendenfunktion setzt ein absolviertes Studium voraus. Da es der Steuerbürger nach § 282 BAO in der Hand hat, selbst zu entscheiden, ob über sein Rechtsmittel ein Einzelorgan oder der Berufungssenat als Kollegialorgan befindet, bleibt es auf diese Weise dem Steuerbürger überlassen, zu wählen, ob (auch) ein Akademiker (ausgestattet mit Dirmierungsrecht, § 287 BAO) mitentscheiden soll.

Für die Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Rechtsmittelerledigung in Abgabensachen ist die Weiterbeschäftigung auch dieser Mitglieder, die über kein Hochschulstudium, aber über jahrzehntelange Erfahrung verfügen, unerlässlich.

Die bisherige Praxis des UFS zeigt, dass alle Mitglieder des UFS ungeachtet ihrer formalen Qualifikation gleichermaßen in allen Rechtsgebieten eingesetzt und mit der Bearbeitung von Fällen aller Schwierigkeitsgrade betraut werden. Von den Verfahrensparteien werden alle Mitglieder – ob Juristen, Wirtschaftsakademiker oder Nichtakademiker – akzeptiert; aus den in der Entscheidungsdokumentation des UFS gespeicherten Erledigungen lassen sich gleich qualitätsvolle Entscheidungen ersehen.

Auch der bisher zu verzeichnende Rückgang an Beschwerden gegen Entscheidungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz an den VwGH seit Einführung des UFS zeigt, dass sich die Erwartungen einer Entlastung der Höchstgerichte, die sich in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des AbgRmRefG als Ziel finden, zu erfüllen scheinen. Auch dies spricht für die Aktzeptanz der Entscheidungen aller hauptberuflichen Mitglieder des UFS.

Lediglich auf dem Gebiet des Finanzstrafrechtes erscheint es zweckmäßig, abweichend von § 66 Abs. 2 FinStrG in der heutigen Fassung die Rechtskundigkeit der in Finanzstrafsachen tätigen Mitglieder vorzusehen. Dies entspräche auch der heute vom UFS geübten Praxis, dessen Geschäftsverteilung nur den Einsatz von Juristen (mit Gerichtspraxis) im Bereich Finanzstrafrecht vorsieht.

Die hauptberuflichen Mitglieder des UFS unterliegen den richterlichen Garantien der Ernennung auf Lebenszeit, der Unversetzbarkeit und der Unabsetzbarkeit. Diese richterlichen Garantien sind ein wesentlicher Bestandteil der unabhängigen Erledigung der den Mitgliedern heute zugewiesenen Aufgaben. Es wäre ein schwerer Schlag in das Vertrauen in die Unab­hängigkeit der Mitglieder des UFS (und in die Unabhängigkeit sowohl künftiger Verwaltungs­richter als auch der heutigen Berufsrichter), sollte sich auf Grund einer bloßen Organisations­änderung bei im Wesentlichen Beibehaltung der heutigen Aufgaben und Verfahrensvor­schriften diese lebenslange Ernennung, Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit als ge­brochenes Versprechen des Gesetzgebers herausstellen. Der Absetzbarkeit von Richtern in Österreich wäre damit Tür und Tor geöffnet.

Weitere Überlegungen hierzu sind unten bei Art. 134 Entwurf B-VG zu entnehmen.

Im Hinblick darauf, dass mittlerweile bei Neubestellungen von Wirtschaftstreuhändern das Akademikerprinzip gilt, wäre allerdings eine Übergangsregelung in der Weise denkbar, dass zwar die heutigen nichtakademischen Mitglieder des UFS übergeleitet werden und deren Erfahrung und Einsatz der Finanzgerichtsbarkeit dadurch erhalten bleibt; Neubestellungen bei künftigen Aufnahmeverfahren allerdings auf Akademiker (Juristen und Wirtschaftsakademiker) beschränkt werden.

Säumnisfolgen

IV) 1) h) Möglichkeit der Erhebung einer Säumnisbeschwerde bei Untätigkeit der

Verwaltungsgerichte erster Instanz?

 

In der Arbeitsgruppe bestand Einigkeit darüber, dass eine Säumnisbeschwerde nach Vorbild des Art 132 B-VG ausschließlich für das Verhältnis zwischen (säumiger) Verwaltungsbehörde und VwGH konzipiert worden sei und auch nur für dieses Verhältnis „passe“. Nicht geeignet ist jedoch die analoge Anwendung dieser Bestimmung auf das Verhältnis zwischen Gerichten untereinander, also etwa zwischen den einzurichtenden Verwaltungsgerichten und dem VwGH. Aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben (Recht auf den gesetzlichen Richter, feste Zuständigkeitsverteilung, feste Geschäftsverteilung etc) kommt eine Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf den VwGH im Fall der Säumigkeit des Verwaltungsgerichts nicht in Frage. Schließlich wäre es – was von den Vertretern der ordentlichen Gerichtsbarkeit nachdrücklich unterstrichen wird – auch undenkbar, dass etwa im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Fall der Säumigkeit etwa eines Bezirksgerichts die Entscheidungsbefugnis auf den übergeordneten Gerichtshof überginge.

 

Der UFS erfüllt bereits derzeit diesen Standard im Verhältnis zu den Abgabenbehörden. § 311 BAO idF AbgRmRefG sieht eine an § 36 Abs. 2 VwGG angelehnte Regelung in Säumnisfällen der Abgabenbehörden erster Instanz vor.

Erforderlich erschiene eine Regelung bei Säumigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz bei Vorlage der Berufung an die zweite Instanz (bzw. ein Finanzgericht). Die derzeitige Regelung (Säumnis des UFS nach § 27 VwGG) erscheint hier nicht zielführend.

Die Säumnisbeschwerde an den VwGH gegen (echte) Säumigkeit des UFS hat sich bisher als brauchbares Instrument zur Durchsetzung der Entscheidungspflicht erwiesen und erscheint im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit zweckmäßiger als Maßnahmen im Aufsichtsweg. Es ist kein Fall bekannt, in welchem der VwGH wegen anhaltender Säumigkeit des UFS in der Sache selbst entscheiden musste.

Struktur der Finanzgerichtsbarkeit

IV) 1) i) Einbeziehung der Finanzgerichtsbarkeit in die zukünftige Landesverwaltungsgerichtsbarkeit?

 

In der Arbeitsgruppe konnte einerseits Konsens darüber erzielt werden, dass die vollständige organisatorische Eingliederung der Finanzgerichtsbarkeit in die neu zu errichtenden Verwaltungsgerichte zum jetzigen Zeitpunkt nicht praktikabel und auch nicht klug wäre, zumal dadurch das gesamte Reformprojekt der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit gefährdet werden könnte. Andererseits war man sich darin einig, dass – schon aus Vereinheitlichungsgründen – in der Finanzgerichtsbarkeit dieselben rechtsstaatlichen Standards wie bei den neu zu errichtenden Verwaltungsgerichten herrschen sollten und dass gerade in der Finanzgerichtsbarkeit – auch aufgrund der dort sehr oft auftretenden handelsrechtlichen Probleme – die Beteiligung von Justizrichtern besonders wichtig wäre. Die organisatorische Eingliederung des Unabhängigen Finanzsenats in die zukünftigen Verwaltungsgerichte sollte allenfalls langfristig in Angriff genommen werden; dabei könnte man sich hinsichtlich der Größe und der Zahl auch an den seinerzeitigen Finanzlandesdirektionen orientieren.

 

Die Frage der Organisationsstruktur des UFS war Gegenstand ausführlicher Diskussionen vor Schaffung des UFS.

Die bisherigen Finanzlandesdirektionen waren in den Landeshauptstädten – mit Ausnahme von Eisenstadt und St. Pölten – angesiedelt.

Zur Diskussion stand im Wesentlichen die Schaffung von 7 (9) eigenständigen Finanzsenaten, von 4 Finanzsenaten mit Sitz an den heutigen Oberlandesgerichtsstandorten und Außen­stellen an den übrigen FLD-Standorten sowie von einem einzigen Finanzsenat mit Außenstellen an den bisherigen Standorten der Finanzlandesdirektionen.

Der Gesetzgeber entschied sich für letztere Variante, da diese unter dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit die besten Voraussetzungen für eine effizente Verwaltung bot. Der UFS besteht aus 7 Außenstellen (auch Wien ist nicht „präsidiumsunmittelbar“, sondern ein eigener, auch als „Außenstelle“ bezeichneter Standort mit gleichen Standards wie alle anderen sechs Außenstellen) und einem Präsidium.

Die jetzige Organisation des Abgaben-, Zoll- und Finanzstraf-Rechtsmittelwesen in einer bundesweiten Behörde (bzw. später in einem einheitlichen Gericht) mit bürgernahen Außenstellen in den 7 (allenfalls 9) Landeshauptstädten hat sich u.a. aus folgenden Gründen bewährt:

·         Organisationsänderungen in der ersten Instanz – die im Zuge der Verwaltungsreform nunmehr gehäuft anfallen - können keine Zuständigkeitsänderung zu einer Berufungsinstanz in einem anderen Bundesland bewirken; dadurch kann niemand seinem zweitinstanzlichen "Richter" entzogen werden. Anpassungen an geänderte Zuständigkeiten von erstinstanzlichen Behörden erfordern keine gesetzlichen Zuständigkeitsänderungen der zweiten Instanz, weil eine bundesweite zweite Instanz "nur" die Geschäftsverteilung abändern muss. Dies ist zwar auch mühsam, aber immer noch wesentlich einfacher als Gesetzesänderungen.

Gegen die Aufteilung des Tätigkeitsbereiches des Unabhängigen Finanzsenates auf neun Landesverwaltungsgerichte spricht u.a.:

·         Ungleiche regionale Verteilung der Abgabenbehörden erster Instanz, z.B. ist auch für burgenländische und niederösterreichische Aktiengesellschaften, große Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Körperschaften öffentlichen Rechts ein Wiener Finanzamt zuständig.

·         Für Landesverwaltungsgerichte in kleinen Bundesländern wäre die Abdeckung von Spezialmaterien schwierig, z.B. gibt es jetzt einen Finanzstrafvorsitzenden für mehrere Standorte; der Zollbereich ist bundesländerübergreifend in 4 (zukünftig voraussichtlich: 3) Senaten konstituiert.

Gegen die Eingliederung des Tätigkeitsbereiches des Unabhängigen Finanzsenates in ein allgemeines Bundesverwaltungsgericht erster Instanz spräche vor allem die enorme Größe und schwierige Administrierbarkeit eines derartigen Gerichtes.

Das Abgaben-, Zoll- und Finanzstraf-Rechtsmittelwesen unterscheidet sich deutlich von anderen Bereichen des Verwaltungsrechtes, sowohl inhaltlich als auch verfahrensrechtlich. Dies bedeutet, dass einerseits kaum Synergien aus dem Zusammenschluss zu einem einheitlichen Bundesverwaltungsgericht erster Instanz zu erwarten wären. Andererseits sind Kompetenzstreitigkeiten zwischen Unabhängigem Finanzsenat und anderen Rechtsmittelbehörden praktisch unbekannt.

Hinzuweisen ist ferner:

Bei der Besetzung des Präsidiums des UFS wurde auf äußerst schlanke Struktur geachtet. Auf die Funktion eines Vizepräsidenten wurde ebenso wie auf die Funktion eines Präsidialvorstandes verzichtet; die Bereiche Personal, Wirtschaft, Budget/Controlling, IT, Information/Dokumentation und Evidenzierung kommen mit insgesamt 3 A1-, 4 A2 und 6 A3-Planstellen (zur Servicierung von 7 Standorten und 235 Mitgliederplanstellen) aus. Von der Schaffung von „Präsidialrichtern“, also der Übernahme von Justizverwaltungsagenden durch hauptberufliche Mitglieder, wurde auf Präsidiumsebene – abgesehen von der Evidenzierung – Abstand genommen.

Die Außenstellen werden von (über Vorschlag der Außenstellenversammlungen zu ernennenden) Landessenatsvorsitzenden – als weitere Tätigkeit eines Senatsvorsitzenden und ohne gesonderte besoldungsmäßige Bewertung – geleitet; die Geschäftsstellen an den Außenstellen sind mit A3- und A4-Bediensteten besetzt.

Die Zahl der Senatsvorsitzenden wurde derart gering angesetzt, dass nahezu jeder Vorsitzende mehrere Senate zu leiten hat; auf einen Senatsvorsitzenden kommen in der Regel mehr als die in § 270 Abs. 1 Z 2 BAO für die Senatsgröße genannte Höchstgrenze von sieben hauptberuflichen Mitgliedern.

Eine derartig schlanke und kostensparende Struktur sucht wohl ihresgleichen.

Entscheidungsbefugnis

IV) 1) k) Art der Entscheidungsbefugnis der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte: Kassation oder Reformation?

 

Hier besteht in der Arbeitsgruppe Konsens darüber, dass die Verwaltungsgerichte in Zukunft – schon aus praktischen Erwägungen und um überflüssige Verfahrensverzögerungen zu vermeiden – grundsätzlich reformatorisch entscheiden sollen, dass sie jedoch darüber hinaus – nach Vorbild des geltenden § 66 Abs 2 AVG – auch die Möglichkeit zur kassatorischen Entscheidung haben sollten. ... die schon bisher der Landesregierung eingeräumte Möglichkeit der Erhebung einer Amtsbeschwerde beim VwGH gemäß Art 131 Abs 1 Z 3 B-VG auch in Zukunft gegen Entscheidungen derLandesverwaltungsgerichte möglich sein solle ...

 

 

Sowohl der Grundsatz der reformatorischen Entscheidung bei gleichzeitiger eingeschränkter Kassationsmöglichkeit (§ 289 BAO) als auch der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens mit Parteistellung (§ 276 Abs. 7 BAO) und Beschwerdelegitimation (§ 292 BAO) der Abgabenbehörde erster Instanz ist beim UFS bereits derzeit verwirklicht.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist zum Thema „Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz“ festzuhalten, dass der judizielle Einschlag der künftigen Verwaltungsgerichte gegenüber den derzeitigen UVS, dem UBAS und dem UFS betont werden sollte. In diesem Sinne sollten VwGH und OGH bei der Ernennung der künftigen Verwaltungsrichter, zumindest bei der Ersternennung, eingeschaltet, Berufsrichter beteiligt und alle Verwaltungsrichter – ganz generell und auf verfassungsrechtlicher Stufe abgesichert – auf Dauer ernannt werden.

 

...Hinsichtlich der erwähnten „Grundlinien“ bestand in der Arbeitsgruppe weitgehend Konsens darüber, dass es in Zukunft grundsätzlich folgende Typen von Verwaltungsgerichten bzw Behörden geben solle:

- ...zum ersten Landesverwaltungsgerichte und ein Verwaltungsgericht des Bundes 1. Instanz,...

; - zum zweiten Sonderverwaltungsgerichte 1. Instanz (etwa durch Umwandlung des derzeit bestehenden Unabhängigen Finanzsenats);

- zum dritten ...

 

Wie bereits eingangs angeführt hält der Unabhängige Finanzsenat unsbesondere eine zeitnahe Umwandlung in ein Sonderverwaltungs­gericht erster Instanz des Bundes (in Angleichung an die Terminologie in der Bundesrepublik Deutschland wohl als „Finanzgericht“ zu bezeichnen) nur dann für sinnvoll, wenn auf die Besonderheiten des abgabenrechtlichen und abgabenstrafrechtlichen Verfahrens, wie in dieser Stellungnahme dargestellt, Bedacht genommen wird und eine sowohl organisatorische als auch personelle Überleitung in die Verwaltungsgerichtsbarkeit – ohne aufwändige und zeitraubende Neukonstituierungsverfahren - erfolgt.

Sollte dies nicht in Betracht gezogen werden, wäre – wie auch vom Ausschuss 9 wiederholt angesprochen – bis auf Weiteres der derzeitige Status des Unabhängigen Finanzsenates beizubehalten und eine Überführung in die Verwaltungsgerichtsbarkeit erst dann zu überlegen, wenn sich die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit bewährt hat, evaluiert worden ist und insbesondere klare Vorteile aus der Überführung des Unabhängigen Finanzsenates in die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz nachgewiesen werden können.


Zu den Vorschlägen des Ausschusses 9 betreffend eine Änderung des B‑VG

Zum (gekürzt wiedergegebenen) Textvorschlag Ausschuss 9 im Einzelnen (allgemein siehe oben):

„Artikel 89. (1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen, Wiederverlautbarungen, Gesetze und Staatsverträge steht, soweit in diesem Artikel nicht anderes bestimmt ist, den Gerichten nicht zu.

(2) Hat ein Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Hat ein Gericht gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

(3) Ist die vom Gericht anzuwendende Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten, so hat der Antrag des Gerichts an den Verfassungsgerichtshof die Feststellung zu begehren, dass die Rechtsvorschrift gesetzwidrig oder verfassungswidrig war.

(4) Abs 2 erster Satz und Abs 3 gelten für Wiederverlautbarungen, Abs 2 und Abs 3 nach Maßgabe des Art 140a für Staatsverträge sinngemäß.

(5) Welche Wirkungen der Antrag des Gerichts für das bei ihm anhängige Verfahren hat, wird durch Bundesgesetz geregelt.“

 

Die – heute für den UFS nicht bestehende – Möglichkeit der Stellung von Anträgen nach Art. 89 Abs. 2 wird begrüßt.

 

Artikel 129. (1) Zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung sind die Verwaltungsgerichte und der Verwaltungsgerichtshof berufen. Der Verwaltungsgerichtshof hat seinen Sitz in Wien.

(2) In jedem Land ist ein Verwaltungsgericht des Landes einzurichten. Darüber hinaus können die Länder für die Angelegenheiten des Bauwesens und die Angelegenheiten des Abgabenwesens sowie für sonstige Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde besondere Verwaltungsgerichte einrichten.

(3) Zur Entscheidung in verfassungsgesetzlich zu bestimmenden Angelegenheiten des Art 10 Abs 1 B-VG sind Verwaltungsgerichte des Bundes erster Instanz einzurichten.“

 

Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1. gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden;

4. in sonstigen Angelegenheiten, die den Verwaltungsgerichten durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden. Den Verwaltungsgerichten der Länder dürfen Angelegenheiten durch Bundesgesetz nur mit Zustimmung der Länder zugewiesen werden.

(2) Rechtswidrigkeit liegt nicht vor, soweit die Gesetzgebung von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überlässt, die Behörde aber von diesem freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

(3) In den Angelegenheiten des Abs 1 Z 1 – ausgenommen in Angelegenheiten des Art 131 Abs 1 Z 1 – hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Rechtsfrage geklärt ist und der Sachverhalt entweder feststeht oder vom Verwaltungsgericht – insbesondere im Rahmen einer mündlichen Verhandlung – festgestellt werden kann, soweit anzunehmen ist, dass dies im Interesse der Beschleunigung der Erledigung oder einer erheblichen Kosteneinsparung gelegen ist. In den Angelegenheiten des Art 131 Abs 1 Z 1 hat das Verwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden.“

 

Inhaltlich ist Art. 130 Abs. 3 zwar mit der Praxis des UFS zu § 289 Abs. 1 BAO weitgehend vereinbar, zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten und damit in Zusammenhang stehenden höchstgerichtlichen Verfahren, erscheint jedoch eine – im Detail zu diskutierende – Änderung im Sinne von § 289 Abs. 1 BAO – oder Beibehaltung dieser Regelung im Verfassungsrang – zweckmäßig.

 

„Artikel 131. (1) Die Verwaltungsgerichte der Länder erkennen nach Maßgabe des Art 130:

1. in allen Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen;

2. über alle Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden;

3. in allen übrigen Angelegenheiten, ausgenommen jenen, in denen nach Abs 2 die Verwaltungsgerichte des Bundes zuständig sind.

(2) Die Verwaltungsgerichte des Bundes erkennen nach Maßgabe des Art 130 und des Abs 1 Z 3:

1. in Angelegenheiten des Art 10 Abs 1 Z 3 und 7 mit Ausnahme der Personenstandsangelegenheiten sowie in Angelegenheiten des Pressewesens und des

Patentwesens;

2. in Angelegenheiten der Abgaben- und Finanzstrafsachen des Bundes;

3. in Angelegenheiten, die in erster Instanz in die Zuständigkeit der Bundesregierung, eines Bundesministers oder einer anderen Bundesbehörde mit örtlicher Zuständigkeit für das gesamte Bundesgebiet fallen und die Akte der Vollziehung betreffen, die für das gesamte Bundesgebiet oder für mehrere Länder wirksam werden;

4. über Beschwerden gegen einvernehmliche Bescheide der zuständigen Landesbehörden und Bescheide eines Bundesministers nach Art 15 Abs 7.

(3) Durch Landesverfassungsgesetz kann für einzelne Angelegenheiten des Abs 2 Z 1 das Verwaltungsgericht des Landes für den Bereich eines Landes zuständig gemacht werden. Ein solches Landesverfassungsgesetz bedarf der Zustimmung der Bundesregierung (Art 97 Abs 2).“

 

Wenn der vorgeschlagene Art. 131 Abs. 2 Z 2 B-VG ("Angelegenheiten der Abgaben- und Finanzstrafsachen des Bundes") auch die Zollsachen umfassen soll – was anzunehmen ist –, wäre eine entsprechende Klarstellung sinnvoll, denn Zölle werden zwar von Bundesbehörden erhoben, sind aber nunmehr EU-rechtlich geregelte und der EU zufließende Abgaben.

 

„Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet nach Erschöpfung des Instanzenzugs;

2. der zuständige Bundesminister in den Angelegenheiten der Art 11, 12, 14 Abs 2 und 3 und 14a Abs 3 und 4 sowie in jenen Angelegenheiten, in denen dem Bescheid eines Landes- oder Bezirksschulrats ein kollegialer Beschluss zugrunde liegt, soweit die Parteien den Beschluss nicht mehr anfechten können;

3. die Landesregierung gegen Bescheide des zuständigen Bundesministers in den Angelegenheiten des Art 15 Abs 5 erster Satz und des Art 15 Abs 7;

4. in weiteren Fällen nach Maßgabe der die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze wer unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen dazu berechtigt ist.

(2) Gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit kann Beschwerde erheben, wer behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann Beschwerde erheben, wer als Partei im Verwaltungsverfahren zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Verwaltungsstrafsachen kann gesetzlich ausgeschlossen werden.“

 

Artikel 133. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt kassatorisch über:

1. Revisionen gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nach Maßgabe des Abs 3 wegen Rechtswidrigkeit;

2. Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision wegen Rechtswidrigkeit;

3. Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof.

(2) Von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs sind jene Angelegenheiten ausgeschlossen, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gehören.

(3) Gegen die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts kann von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wegen Rechtswidrigkeit Revision eingelegt werden, wenn das Verwaltungsgericht oder nach Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Verwaltungsgerichtshof die Revision zugelassen hat. Mit der Beschwerde ist zugleich die Revision auszuführen. Die zuständige Landesregierung in Angelegenheiten der Landesverwaltung und der zuständige Bundesminister in Angelegenheiten der Bundesverwaltung können unter diesen Bedingungen auch dann Revision einlegen, wenn sie nicht Parteien sind.

(4) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1. die angefochtene Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird, oder wenn

2. im Fall einer Verwaltungsstrafsache die Begehung der Verwaltungsübertretung nicht nur mit einer geringen Geldstrafe bedroht ist.

(5) Der Verwaltungsgerichtshof kann die Behandlung von Beschwerden und von Revisionen gemäß Abs 1 Z 1 ablehnen, wenn keine der Voraussetzungen des Abs 4 Z 1 oder 2 gegeben ist.“

 

„Artikel 134. (1) Die Verwaltungsgerichte und der Verwaltungsgerichtshof bestehen aus je einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern (Senatspräsidenten und Richtern).

(2) Den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung. Die Bundesregierung erstattet ihre Vorschläge, soweit es sich nicht um die Stelle des Präsidenten oder Vizepräsidenten handelt, auf Grund von Dreiervorschlägen der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtshofs. Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs müssen die rechtswissenschaftlichen Studien vollendet und bereits durch mindestens zehn Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die die Vollendung dieser Studien erforderlich ist. Wenigstens der dritte Teil der Mitglieder muss die Befähigung zum Richteramt haben, wenigstens der vierte Teil soll aus Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst der Länder entnommen werden.

(3) Den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder der Verwaltungsgerichte des Bundes ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung. Die Bundesregierung erstattet ihre Vorschläge, soweit es sich nicht um die Stelle des Präsidenten oder Vizepräsidenten handelt, auf Grund von Dreiervorschlägen des jeweiligen Verwaltungsgerichts des Bundes. Die Mitglieder der Verwaltungsgerichte des Bundes müssen die rechtswissenschaftlichen Studien vollendet und bereits durch mindestens fünf Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die die Vollendung dieser Studien erforderlich ist. Wenigstens der vierte [fünfte?] Teil der Mitglieder soll aus Berufsstellungen der Länder, womöglich aus dem Verwaltungsdienst der Länder entnommen werden. Wenigstens der vierte [fünfte?] Teil der Mitglieder soll womöglich aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit entnommen werden.

(4) Den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder des Verwaltungsgerichts eines Landes ernennt die Landesregierung. Die Ernennung erfolgt, soweit es sich nicht um die Stelle des Präsidenten oder Vizepräsidenten handelt, auf Grund von Dreiervorschlägen des Verwaltungsgerichts des Landes. Die Mitglieder der Verwaltungsgerichte müssen die rechtswissenschaftlichen Studien vollendet und bereits durch mindestens fünf Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die die Vollendung dieser Studien erforderlich ist. Wenigstens der vierte [fünfte?] Teil der Mitglieder soll aus Berufsstellungen im Bund, womöglich aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit entnommen werden.

(5) Den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof können Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines allgemeinen Vertretungskörpers nicht angehören; für Mitglieder der allgemeinen Vertretungskörper, die auf eine bestimmte Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode gewählt wurden, dauert die Unvereinbarkeit auch bei vorzeitigem Verzicht auf das Mandat bis zum Ablauf der Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode fort.

(6) Zum Präsidenten oder Vizepräsidenten eines Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs kann nicht bestellt werden, wer eine der in Abs 5 bezeichneten Funktionen in den letzten vier Jahren bekleidet hat.

(7) Alle Mitglieder der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs sind berufsmäßig angestellte Richter. Die Bestimmungen des Artikels 87 Abs 1 und 2 und des Artikels 88 Abs 2 finden auf sie Anwendung. Am 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, treten die Mitglieder der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs kraft Gesetzes in den dauernden Ruhestand.“

 

Zur Organisation

Im Hinblick auf eine sparsame Gestion sollte beim Finanzgericht ein eigener Vizepräsident nicht zwingend vorgesehen werden. Beim UFS erfolgt die Vertretung der Präsidentin durch den Landessenatsvorsitzenden der Außenstelle Wien (mit weiteren Vertretungsregelungen in § 10 Abs. 2 UFSG) ohne zusätzlichen besoldungsmäßigen Aufwand.

Andererseits ist auch auf die beizubehaltende Funktion von Leitern der Außenstellen (beim UFS „Landessenatsvorsitzende“) Bedacht zu nehmen (entweder in Art. 134 oder im Organisationsgesetz), wobei das Vorschlagsrecht der jeweiligen Mitglieder der Außenstellen für diese Funktion (und die Befristung) im Sinne der Sicherung der Unabhängigkeit übernommen werden sollte (§ 10 Abs. 3 UFSG).

Zur formalen Qualifikation

Die Formulierungen "... Berufsstellung bekleidet haben, für die die Vollendung dieser (=rechtswissenschaftlichen) Studien erforderlich ist" im vorgeschlagenen Art. 134 B-VG ist – wie schon die ähnliche Bestimmung im geltenden Art. 134 Abs. 3 B-VG – missverständlich:
Ist damit eine Berufsstellung gemeint, für die das rechtswissenschaftliche Studium absolut nötig ist (z.B.: Justizrichter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Notar, Landesamtsdirektor gemäß Art. 106 B-VG)?
Oder ist damit eine Berufsstellung gemeint, für die ein Studium o.ä. nötig ist, wobei eine (bzw. die typische) Möglichkeit der Erfüllung dieser Voraussetzung das rechtswissenschaftliche Studium ist (z.B.: der höhere Finanzdienst, für den das rechtswissenschaftliche Studium oder das wirtschaftswissenschaftliche Studium oder die ´VAB-Aufstiegsprüfung´ oder die A-wertige Verwendung eines B-Beamten die Zugangsmöglichkeiten sind; weiteres Beispiel: Steuerberater, wofür gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 lit. a WTBG iVm VO BGBl II 1999/468 viele verschiedene Studien zur Erfüllung der Zugangsvoraussetzung geeignet sind, bzw. wo gemäß § 229 Abs. 1 WTBG Steuerberater, die früher ohne Hochschulstudium ihre Zulassung bekommen haben, weiterhin berufsberechtigt sind)?
Die bisherige Praxis zu Art. 134 Abs. 3 B-VG ging offenbar von der zweiten Variante aus, denn ansonsten hätte niemand aus dem Finanzdienst zum VwGH-Richter ernannt werden können. Da der bisherige und insbesondere der vorgeschlagene Wortlaut aber eher für die erste Variante sprechen, sollte der Vorschlag zu Art. 134 klar in Richtung der zweiten Variante umformuliert werden.

Wenn man die Rechtsprechung nicht in extremer Weise auf Gutachter stützen will, was bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit als Problem gesehen wird, so ist die Erledigung von Rechtsmitteln im Zollbereich ohne einschlägige Ausbildung und vor allem Praxis im Zolldienst fast unvorstellbar. Der Ausschluss von Maturanten mit der entsprechenden Erfahrung von einer weiteren Rechtsprechungstätigkeit (mit Sitz und Stimme im jeweiligen Spruchkörper) wäre ein großer Verlust von Sachkenntnis.

Ebenso gilt: Wenn man die Rechtsprechung nicht in extremer Weise auf Gutachter stützen will, was bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit als Problem gesehen wird, so ist die Erledigung von Rechtsmitteln im Steuerbereich ohne einschlägige Ausbildung und vor allem Praxis entweder im Finanzdienst oder als Steuerberater fast unvorstellbar. Der Ausschluss der in diesen Bereichen häufig anzutreffenden Wirtschaftsakademiker, ´Aufstiegsbeamten´ (´VAB-Aufstiegsprüfung´), aber auch bewährter Maturanten von einer weiteren Rechtsprechungstätigkeit (mit Sitz und Stimme im jeweiligen Spruchkörper) wäre ein großer Verlust von Sachkenntnis und Arbeitskapazität.

Angesichts der Mitwirkung von Nichtjuristen an der Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl etwa Art. 87a und 91 B-VG) geht die Forderung in den Entwürfen zu Art. 134 iVm Art. 131 Abs. 2 Z 2 B-VG, dass nur Absolventen der rechtswissenschaftlichen Studien in dem statt dem UFS zu errichtenden (Sonder)Verwaltungsgericht des Bundes erster Instanz mit Entscheidungsbefugnis tätig werden dürfen, sogar über die Ansprüche in der ordentlichen Gerichtsbarkeit hinaus.

Irritierend ist die Ersetzung des Ausdruckes "das Studium der Rechtswissenschaften oder die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien" im bisherigen Art. 134 Abs. 3 B-VG durch den Ausdruck "die rechtswissenschaftlichen Studien" im Entwurf zu Art. 134 B-VG. Aus den Erläuterungen hierzu kann zwar indirekt geschlossen werden, dass damit keine inhaltliche Änderung beabsichtigt ist; eine Begründung für die Gleichwertigkeit beider Ausdrücke wird aber nicht gegeben.

Zur Qualifikation der Mitglieder siehe auch oben zum Bericht des Ausschusses 9.

 

„Artikel 135. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in Senaten. Die Verwaltungsgerichte erkennen durch Einzelmitglieder, soweit nicht das auf Grundlage des Art 136 Abs 1 oder Abs 2 ergangene Gesetz die Entscheidung in Senaten vorsieht. Die Senate sind von der Vollversammlung aus den Mitgliedern des Gerichts zu bilden.

(2) Die Geschäfte des Verwaltungsgerichtshofs sind durch die Vollversammlung, jene der Verwaltungsgerichte nach Maßgabe gesetzlicher Regelung auch durch ein anderes von deren Vollversammlung gewähltes Organ auf die einzelnen Senate oder auf die einzelnen Mitglieder für die durch Gesetz bestimmte Zeit im voraus zu verteilen.

(3) Eine nach dieser Einteilung einem Mitglied zufallende Sache darf diesem nur durch das nach Abs 2 zuständige Organ und nur im Falle seiner Verhinderung oder dann abgenommen werden, wenn es wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist.“

 

Laienbeteiligung

Zu begrüßen ist, dass Art. 135 die Senatsbildung nicht näher regelt und so Spielraum für den einfachen Gesetzgeber lässt.

Im Bereich Steuern und Beihilfen sowie Finanzstrafsachen entscheidet der UFS derzeit in Senaten aus zwei haupt- und zwei nebenberuflichen (Laien) Mitgliedern, im Bereich Zoll in Senaten aus drei hauptberuflichen Mitgliedern (sofern nicht – wie grundsätzlich der Fall – Einzelmitgliedszuständigkeit gegeben ist).

Sollte eine Laienbeteiligung weiter vorgesehen werden, wie dies etwa auch bei den deutschen Finanzgerichten der Fall ist, wäre dies bundesverfassungsrechtlich abzusichern; Art. 135 scheint – in Zusammenhalt mit den Ausführungen im Bericht des Ausschusses 9 – gegen eine Laienbeteiligung zu sprechen.

Seitens des UFS sind beide Möglichkeiten (Beibehaltung der Laienbeteiligung oder 3-Richter-Senate) denkbar.

Geschäftsverteilung

Die BAO sieht derzeit eine feste Geschäftsverteilung nur auf Ebene der Senate vor; innerhalb der Senate hat der Senatsvorsitzende nach in § 270 Abs. 2 BAO umschriebenen Kriterien eine Zuteilung an einen Referenten vorzunehmen.

Nach dem Wortlaut des Art. 135 Abs. 2 („auf die einzelnen Senate oder auf die einzelnen Mitglieder“) bliebe es der Vollversammlung (bzw. einem von ihr gebildeten Organ) überlassen, die bisherige Regelung des § 270 Abs. 2 BAO (oder eine vergleichbare Regelung) beizubehalten oder eine feste Geschäftsverteilung auch auf Ebene der Mitglieder festzulegen. § 270 Abs. 2 BAO hätte daher zu entfallen bzw. wäre durch einen Verweis auf die Regelungskompetenz der Vollversammlung zu ersetzen.

Im Hinblick auf die zahlreiche, an der Regelung des § 270 Abs. 2 BAO in der Lehre vorgetragene Kritik (vgl. etwa viele Beiträge in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat, Wien 2003, oder Brunner/Pavlik, Der unabhängige Finanzsenat, Wien 2004, 138 ff), die auch von Teilen der Mitglieder des UFS getragen wird, und den ansonsten in Österreich bei den ordentlichen Gerichten sowie heute bei den UVS und dem UBAS verwirklichten Grundsatz der festen Geschäftsverteilung (der auch etwa durch eine vorbestimmte Zuteilung in der Reihenfolge des Akteneinganges umgesetzt werden kann) auf Einzelrichterebene, wäre jedoch zur Absicherung der persönlichen Unabhängigkeit auch der Finanzrichter die mittelbare Anwendbarkeit des Art. 87 Abs. 3 B‑VG vorzusehen:

An die Stelle des Wortes „oder“ in Art. 135 Abs. 2 hätte daher das Wort „und“ zu treten; hierdurch würde auch eine Verbesserung der richterlichen Garantien für die Mitglieder des VwGH (der ebenfalls heute keine feste Geschäftsverteilung auf Mitgliederebene kennt) eintreten.

Auch könnte bei einer festen Geschäftsverteilung auf Mitgliederebene die Beschränkung der Senatsgröße in § 270 Abs. 1 Z 2 BAO (die zur Limitierung des Auswahlermessens des Senatsvorsitzenden gedacht ist), entfallen, was eine Vereinfachung der Geschäftsverteilung ermöglichen würde.

Allerdings zeigt der nicht längerfristig prognostizierbare Anfall unterschiedlichster Massenverfahren (ausgelöst meist durch den Gesetzgeber oder höchstgerichtliche Entscheidungen bzw. Vorabentscheidungen des EuGH), dass eine längerfristige Bindung einer Geschäftsverteilung Probleme bei einer raschen und effizienten Erledigung der Rechtssachen bereiten kann. Hier geht es nicht nur um einen Belastungsausgleich der Richter untereinander, der auch durch spätere Reduktion eines Neuzuganges an Akten herbeigeführt werden kann, sondern um die – soweit möglich – inhaltliche Zusammenfassung von Verfahren zu einem einheitlichen Thema, was sowohl Raschheit als auch Einheitlichkeit der Entscheidungen gewährleistet. Der Satzteil „für die durch Gesetz bestimmte Zeit“ hätte daher zu entfallen und es wäre dadurch den Vollversammlungen anheim gestellt, flexibel auf einen Anpassungsbedarf zu reagieren. „Rechtsmittelwellen“ lassen sich meist schon ein paar Wochen vorher erkennen, allerdings nicht längerfristig. An der Festlegung „im voraus“ tritt dadurch keine Änderung ein.

 

„Artikel 136. (1) Die näheren Bestimmungen über Einrichtung und Aufgabenkreis der Verwaltungsgerichte des Bundes und des Verwaltungsgerichtshofs werden durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.

(2) Die näheren Bestimmungen über Einrichtung und Aufgabenkreis der Verwaltungsgerichte der Länder sowie das Dienstrecht ihrer Mitglieder werden durch Landesgesetz geregelt. [hinsichtlich Dienstrecht: eventuell Homogenitätsprinzip oder einheitliches Dienstrecht ?]

(3) Das Verfahren der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs wird durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.

(4) Die Vollversammlungen der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs beschließen auf Grund der nach den vorstehenden Absätzen erlassenen Gesetze Geschäftsordnungen, in denen Näheres über den Geschäftsgang und das Verfahren geregelt wird.“

 

Im Hinblick auf die differierenden organisationsrechtlichen Regelungen (siehe oben) erscheint die Formulierung „durch besondere Bundesgesetze“ (Mehrzahl) zweckmäßiger.


Zum „Anhang C: Geltende Rechtslage“ des Schreiben des Konvents vom 20. April 2004 an die Bundesministerien und Ämter der Landesregierungen

 

Unter I. a (Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag / Bundesrecht) sind die "Spruchsenate des Unabhängigen Finanzsenates" gemäß § 66 FinStrG (ohne!? dzt. Anrufbarkeit des VwGH; ohne Eingliederung in Verwaltungsgericht des Bundes erster Instanz) angeführt.

Unter II. 1. a (Sonstige weisungsfreie Verwaltungsbehörden und Organe / Weisungsfreistellung durch Verfassungsbestimmung / Bundesrecht) sind angeführt:

·         die "Mitglieder (der Berufungssenate) des Unabhängigen Finanzsenats" gemäß §§ 260ff BAO (als weisungsfrei gestellt gemäß § 271 BAO; ohne Eingliederung in Verwaltungsgericht des Bundes erster Instanz);

·         die "Mitglieder (der Berufungssenate) des Unabhängigen Finanzsenats" gemäß § 85c ZollR-DG (als weisungsfrei gestellt gemäß § 85d ZollR-DG);

·         die "Mitglieder der Spruchsenate (und der Berufungssenate) des Unabhängigen Finanzsenats" gemäß §§ 65ff FinStrG (als weisungsfrei gestellt gemäß § 66 Abs. 1 FinStrG; fragliche Eingliederung in Verwaltungsgericht des Bundes erster Instanz; mit Thematisierung, ob es sich um eine weisungsfrei gestellte Verwaltungsbehörde oder um eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag handelt);

·         die "Mitglieder des Unabhängigen Finanzsenats" gemäß § 1 Abs. 1 und §§ 3ff UFSG (als weisungsfrei gestellt gemäß § 6 Abs. 1 UFSG und § 271 BAO; fragliche Eingliederung in Verwaltungsgericht des Bundes erster Instanz).

 

Zu all diesen Erwähnungen des Unabhängigen Finanzsenates ist klarzustellen bzw. richtigzustellen:

·         In §§ 65ff FinStrG werden für das verwaltungsbehördliche (Bundes)Finanzstrafverfahren einerseits die Spruchsenate und andererseits die Berufungssenate geregelt.
Nur die Berufungssenate, nicht aber die Spruchsenate gehören zum Unabhängigen Finanzsenat. Den Vorsitz in einem Berufungssenat hat gemäß § 66 Abs. 2 FinStrG idF BGBl I 2002/97 kein Richter des Dienststandes, sondern ein hauptberufliches Mitglied des Unabhängigen Finanzsenates, welches (allgemein) zum Vorsitzenden ernannt ist und die Befähigung zum höheren Finanzdienst hat (=die Dienstprüfung für den höheren Finanzdienst oder den höheren Betriebsprüfungsdienst abgelegt hat). Das Thema der Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag (und der allenfalls aus einer derartigen Einstufung resultierende Ausschluss der VwGH-Beschwerde) ist daher für die Berufungssenate des Unabhängigen Finanzsenates nicht von Belang.
Finanzstrafrechtliche Spruchsenate bestehen hingegen
beim Finanzamt Wien 1 als Organ sämtlicher Finanzämter in Wien, NÖ und Bgld.;
beim Finanzamt Linz als Organ sämtlicher Finanzämter in OÖ;
beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Organ sämtlicher Finanzämter im Land Salzburg;
beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ sämtlicher Finanzämter in der Steiermark;
beim Finanzamt Klagenfurt als Organ sämtlicher Finanzämter in Kärnten;
beim Finanzamt Innsbruck als Organ sämtlicher Finanzämter in Tirol;
beim Finanzamt Feldkirch als Organ sämtlicher Finanzämter in Vorarlberg und
bei den Zollämtern Wien, Linz, Salzburg, Graz, Klagenfurt, Innsbruck und Feldkirch jeweils als deren Organe.
Die finanzstrafrechtlichen Berufungssenate bzw. Mitglieder dieser Senate entscheiden über Beschwerden bzw. Berufungen gegen Bescheide bzw. Erkenntnisse der Finanzstrafbehörden erster Instanz (=sämtliche Finanzämter und die o.a. Zollämter), von denen aber nur ein Teil von den Spruchsenaten bzw. deren richterlichen Vorsitzenden getroffen wird.

·         Je nach dem Tätigwerden im Abgabenrecht, Zollrecht oder Finanzstrafrecht, erfolgt die Weisungsfreistellung von UFS-Mitgliedern durch § 271 BAO, § 85d ZollR-DG oder § 66 Abs. 1 FinStrG. Die Weisungsfreistellung durch § 6 Abs. 1 UFSG betrifft darüber hinaus auch die Aufgaben innerhalb der sogenannten Selbstverwaltung (Vollversammlung, Ausschüsse ...).