Grabenwarter, Christoph/ Holoubek, Michael

Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden
mit richterlichem Einschlag

Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Einrichtung von Kollegialbehörden nach Art. 20 Abs. 2 und Art. 133 Z 4 B-VG

In: Zeitschrift für Verwaltung 2000/ 520

 

Die Autoren stellen die Entwicklung der Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag dar, indem sie zuerst eine Einführung zum Grundsatz-Ausnahme-System der Art. 20 (Weisungsbindung) und Art. 129 B-VG (Verwaltungskontrolle), weiters die verschiedenen Typen der Kollegialbehörden beschreiben und schlussendlich die verfassungsgerichtlichen Grenzen der Einrichtung solcher Behörden aufzeigen.

Art. 20 Abs. 1 B-VG statuiert den Grundsatz der Weisungsbindung (der gemeinsam mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit der obersten Organe die demokratische Legitimation des Verwaltungshandelns gewährleistet); Art. 129 B-VG normiert den Grundsatz verwaltungsgerichtlicher bzw. verwaltungsgerichtsähnlicher Kontrolle des Verwaltungshandelns. Als Ausnahmen von beiden Grundsätzen können jedoch gemäß Art. 20 Abs. 2 und Art. 133 Z4 B-VG weisungsfreie Kollegialbehörden durch Bundes- oder Landesgesetz eingerichtet werden, welche nicht der Kontrolle des VwGH unterliegen.

Die Autoren nennen die Grundtypen der Kollegialbehörden und führen in detaillierter Weise Beispiele an.

Genauer beschäftigen sie sich dann mit der Frage, wie dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis zu deuten ist. Sie kommen zu dem Schluss, dass das B-VG keineswegs dem Regelfall der hierarchischen Verwaltungsorganisation, den Vorrang einräumen will, sondern dass den Ausnahmen (Selbstverwaltung, Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, UVS) eine gleichrangige Bedeutung zukommt.

Schließlich zeigen die Verfasser auf, was bei der verfassungskonformen Einrichtung von Kollegialbehörden zu beachten ist: Übertragung typisch gerichtlicher Aufgaben bzw. bei Übertragung der Verwaltungsführung wesentlicher Entscheidungseinfluss von Mitgliedern mit richterlicher bzw. verfassungsrechtlich gleichzuhaltender Qualifikation und Unabhängigkeit von nichtrichterlichen Mitgliedern, Kriterien des Art. 6 EMRK, keine gänzliche und undifferenzierte Ausschaltung des VwGH (beispielsweise nicht im Verwaltungsstrafrecht), Unvereinbarkeitsbestimmungen etc.