Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter (Hg.)

Gewaltenteilung im demokratischen Rechtsstaat

Wien: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2006.

 

 

Dieser Sammelband gibt die Vorträge wieder, die im Rahmen eines Symposions der Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter am 22. September 2004 in Wien gehalten wurden. Dieses Symposion hat sich als Beitrag zu den (Schluss-)Beratungen des Österreich-Konvents gesehen, wo die Frage der Organisation der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie der Schaffung von Verwaltungsgerichten zu den zentralen Themen zählte. Die Vorträge werden um einen Artikel von Gerhard Reissner zu den Forderungen der Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter an den Österreich-Konvent, der bereits in der Richterzeitung 1/2004 erschienen ist, sowie um die Ausarbeitung einer Studie, die Gert Schernthanner für den Ausschuss 9 des Österreich-Konvents erstellt hat, ergänzt.

 

Inhaltsübersicht

 

Barbara Helige: Eröffnung

In ihrer Eröffnung erläutert die Präsidentin der Richtervereinigung die Motivation für die Veranstaltung dieses Symposions. Sie sieht nicht nur im Österreich-Konvent sondern überhaupt in Österreich wenig Interesse an dieser Thematik und wenig Auseinandersetzung mit der Frage der Gewaltenteilung. Dabei konzentriert sie sich auf die Stellung der Justiz. Während die persönliche Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter in der Bundesverfassung garantiert ist, stellt sie eine in hohem Maße gegebene strukturelle Abhängigkeit der Richterinnen und Richter in erster Linie vom Justizminister fest. Aus diesem Grund hat die Richtervereinigung auch die Einrichtung eines „Rats der Gerichtsbarkeit“ vorgeschlagen, den Helige hier nochmals erläutert.

 

Bernd Schilcher: Gedanken zur Gewaltenteilung im demokratischen Rechtsstaat

Der Autor erläutert zunächst klassische Definitionen der Gewaltenteilung und geht dann besonders auf den Richter und seine Stellung im Kontext der Rechtsverwirklichung ein. Insbesondere fragt er nach den Einflüssen auf die Entscheidungen eines Richters. Er erläutert die Rechtslage nach der österreichischen Bundesverfassung, die in bestimmten Fällen eine enge Verbindung zwischen Legislative und Judikative, insb. in Fragen der Personalauswahl vorsieht. Zuletzt würdigt er den Vorschlag der Einrichtung eines „Rats der Gerichtsbarkeit“.

 


Ludwig Adamovich: Justizverwaltung und Gewaltenteilung

Nach der Vorstellung des Vorschlages der Richtervereinigung zur Einrichtung eines „Rats der Gerichtsbarkeit“ erläutert der Autor die geltende verfassungsrechtliche Situation. Er fordert eine präzise Analyse dahingehend, dass zwischen der Auslegung des geltenden Bundesverfassungsrechts und verfassungspolitischen Vorschlägen unterschieden wird. Ebenso fordert er, dass sich jede verfassungspolitische Diskussion an gewissen Grundprinzipien orientieren muss, damit nicht die Gefahr entsteht „an einander vorbeizureden“. Das heißt: man muss zwischen dem philosophischen bzw. ideologischen Gehalt von Begriffen und ihrer Ausgestaltung in einer konkreten Verfassungsordnung unterscheiden. Vor diesem Hintergrund erläutert er daher eingehend das österreichische System der Gewaltenverbindung und Gewaltentrennung. Er hebt auch einige Problemfelder in der bestehenden Rechtslage hervor, fragt aber, ob hier wirklich mit einem „Rat der Gerichtsbarkeit“ Abhilfe geschaffen werden kann, oder ob nicht Konfliktfelder verschoben oder gar neu geschaffen werden. Folglich präsentiert er einen Alternativvorschlag zu den bisher vorgebrachten Konzepten, der sich an der ursprünglichen Fassung des Bundes-Verfassungsgesetzes orientiert und ein „Beispiel für eine zweckmäßige Gewaltenverbindung“ darstellt. Konkret geht es dabei um „bindende Vorschläge“ der Richter an den Justizminister. In einem „Epilog“ geht der Autor dann auf Entwicklungen nach der Tagung und während der Schlussberatungen des Österreich-Konvents ein.

 

Clemens Jabloner: Vom unabhängigen Bundesasylsenat zum Verwaltungsgericht des Bundes

Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Einführung von Verwaltungsgerichten befasst sich dieser Beitrag insbesondere mit der möglichen Umwandlung des Unabhängigen Bundesasylsenats in ein Verwaltungsgericht des Bundes. Dabei wird zunächst die bisherige Einrichtung und verfasungsrechtliche Problematik des UBAS erläutert. Sodann wird die Frage gestellt, wie ein solches neues Verwaltungsgericht des Bundes in die Justizverwaltung eingegliedert wird, und welche neuen Probleme (insb. hinsichtlich der Stellung gegenüber dem Innenministerium) sich daraus ergeben können.

 

Gerhard Reissner: Der Rat der Gerichtsbarkeit – ein Mittel zur Sicherung einer unabhängigen Rechtsprechung

 

Dieser Beitrag stellt einen Wiederabdruck eines Artikels aus der Richterzeitung 1/2004 dar. Er vermittelt einen Überblick über die von den Leitungsgremien der Standesvertretung beschlossenen Bemühungen um die Absicherung auch der strukturellen Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit vor dem Einfluss der anderen Staatsgewalten (insbesondere der Exekutive) durch Schaffung eines Rats der Gerichtsbarkeit.

 

Gert Schernthanner: Internationaler Rechtsvergleich über die Spitzen der Justizverwaltung aller 25 EU-Mitgliedstaaten

Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine geringfügig adaptierte und aktualisierte Fassung einer Studie, die der Autor als fachlicher Betreuer des Ausschusses 9 des Österreich-Konvents erstellt hat.