Öhlinger, Theo

Kulturverfassungsrecht

In: Recht der Schule, 1986, S. 47-59.

 

Mit diesem Beitrag wurde erstmals eine systematische Zusammenschau jener verfassungsrechtlichen Bestimmungen unternommen, die sich auf den Bereich „Kultur“ beziehen. Dieser Aspekt des Verfassungsrechts bzw. seiner Betrachtung hatte bis dahin kaum Beachtung in Österreich gefunden. Aus pragmatischen Gründen erfolgt allerdings eine Beschränkung auf die Sektoren Bildung, Wissenschaft und Kunst. Gerade die auf die „Kultur“, speziell die Schule, bezogenen Normen des österreichischen Bundesverfassungsrechtes gehörten zu den strittigsten Punkten der Verfassungsverhandlungen 1919/20 und fanden zunächst nur provisorische Lösungen, die zum Teil noch heute bestehen. Zwischen Staat und Kultur besteht ein dialektisches Verhältnis: Kultur bedarf der staatlichen Förderung und des staatlichen Schutzes, aber auch einer Distanz zum Staat. Die österreichische Bundesverfassung legt wohl in den Grundrechten eine solche Distanz fest, setzt aber im Übrigen einen umfassenden „Kulturauftrag“ des Staates voraus, aus dem dieser Staat seit 1918 zugleich wesentliche Komponenten seiner Identität gewinnt. Abweichend vom traditionellen Typus des Bundesstaates liegt das Schwergewicht staatlicher Aktivitäten auf dem kulturellen Sektor in Österreich beim Bund.