E n t w u r f
Mandat:
Der Österreich-Konvent hat dem
Ausschuss 3 die folgenden Themenbereiche zur Vorberatung zugewiesen:
Aufbau des Staates (Bund, Länder, Gemeinden, Selbstverwaltung),
Wahlen, Verfassungsautonomie, Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung
unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips sowie der EU-Rechtsetzung.
Im Einzelnen ergeben sich dazu folgende Fragestellungen:
A)
Bund
1)
Legislative
a)
Nationalrat
-
Zahl der Mitglieder
-
Wahlen zum Nationalrat
insbesondere:
Wahlsystem
Kreis der
Wahlberechtigten
Ausgestaltung
-
Organisation
b)
Bundesrat
insbesondere:
-
Bestellung/Organisation
-
Aufgaben
c)
Weg der Bundesgesetzgebung
-
Verfassungsrechtliche Erfordernisse
d)
Mitwirkung an der Vollziehung
[Parlamentarische Kontrolle =
Ausschuss 8]
2)
Exekutive
a)
Bundespräsident
insbesondere:
-
Wahl/Organisation
-
Aufgaben
b)
Bundesregierung
insbesondere:
-
Bestellung
-
Willensbildung - Geschäftsordnung - Verantwortung
B)
Länder
1)
Legislative/Landtage
2)
Exekutive/Landesregierung, insbesondere Landeshauptmann
C)
Gemeinden
1)
bundesverfassungsgesetzliche Regelungen über die kommunale
Selbstverwaltung
insbesondere: Normsetzungsrechte
2)
Gemeindeverbände
insbesondere: „Aktivierung“ des Art. 120 B‑VG (Gebietsgemeinden)?
3)
Möglichkeiten der Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche
Behörden
[Struktur der Organe der
Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden = Ausschuss 6]
D)
Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen
1)
Zahl der staatlichen Ebenen unter Berücksichtigung der EU-Ebene
2)
Neue Formen der Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden
insbesondere:
a)
Art. 15a B‑VG - Vereinbarung - self-executing?
b)
gemeinsame Einrichtungen
E)
Verfassungsautonomie
insbesondere: bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben für die Länder
F)
Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung (Legalitätsprinzip,
EU-Rechtsetzung)
insbesondere:
1)
Neuformulierung des Art. 18 B‑VG?
2)
Erfordernis der gesetzlichen Umsetzung von EU-Richtlinien?
G)
Mitwirkung österreichischer Organe an der Ernennung von Mitgliedern von
Organen der Europäischen Union (Art. 23c B‑VG)
Zeitplan
Der Ausschuss hat
dem Präsidium spätestens Ende Jänner 2004 einen schriftlichen Bericht
(gegebenenfalls mit Textvorschlägen für eine neue Verfassung) über die
Ergebnisse der Beratungen vorzulegen.
Mitglieder des Ausschusses und deren
Vertretung:
Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger (Vorsitzender)
Dr. Ulrike
Baumgartner-Gabitzer (stellvertretende
Vorsitzende)
Dr. Maria Berger (fallweise
vertreten durch Dr. Johannes Schnizer)
Ing. Georg Griessner
Dr.
Jörg Haider (fallweise
vertreten durch Univ.Prof. Dr. Wilhelm Brauneder)
Johann Hatzl
Prof. Herwig Hösele
Prof. Albrecht Konecny
Dr. Peter Kostelka
DDr. Karl Lengheimer
Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer
Helmut Mödlhammer (fallweise
vertreten durch Dr. Robert Hink)
Mag. Siegfried Nagl (fallweise
vertreten durch Dr. Christian Buchmann bzw. Mag. Ulrike
Schebach-Huemer)
Dr. Madeleine
Petrovic (fallweise
vertreten durch Dr. Eva Glawischnig)
Dr. Michaela
Pfeifenberger
Bernd Vögerle
Seitens des Büros des Österreich-Konvents
wurde der Ausschuss von Dr. Clemens Mayr betreut.
Der Ausschuss hat seinen Beratungen keine
externen Experten beigezogen.
Der Ausschuss hat sich am 11. September
2003 konstituiert und die Themen, die sich aus dem vom Präsidium erteilten
Mandat ergeben, in sieben - mit
Ausnahme der ersten, konstituierenden - ganztägigen
Sitzungen vorberaten.
Über das bei den Vorberatungen erzielte
Ergebnis wird der nachstehende Bericht erstattet. Dazu wird Folgendes
vorausgeschickt:
Die Gliederung des Berichts entspricht der des
- dem Ausschuss erteilten - Mandates.
Neben den ausdrücklich im Mandat enthaltenen Punkten hat es der Ausschuss - in Absprache mit dem Vorsitzenden des Ausschusses 5 - als zweckmäßig angesehen, auch die Art. 23a, 23e und 23f B‑VG zu
behandeln.
Im Sinne des ihm erteilten Mandates hat der
Ausschuss die im Mandat angeführten Themen (bzw. Subthemen) dahingehend
geprüft, ob ein bundesverfassungsgesetzlicher Änderungsbedarf gegeben ist und - bejahenden Falles - welche
Reformoptionen dafür bestehen; so weit möglich hat der Ausschuss konkrete
Formulierungsvorschläge ausgearbeitet.
Der Bericht gibt das Ergebnis der
Vorberatungen im Ausschuss zu den einzelnen von diesem behandelten Themen
wieder: Soweit dabei kein Konsens erzielt werden konnte, erachtete es der
Ausschuss als zweckmäßig und auch für die weitere Arbeit im Präsidium bzw. im
Plenum des Österreich-Konvents förderlich, die unterschiedlichen Positionen
sowie die dafür jeweils ins Treffen geführten Argumente zu dokumentieren, um
auf diese Weise einen Beitrag zur künftigen Konsensfindung zu leisten.
Bei manchen, vom Ausschuss zu behandelnden
Fragen hat sich in den Vorberatungen herausgestellt, dass eine abschließende
Meinungsbildung vom Ergebnis der Vorberatungen in anderen Ausschüssen, deren
Vorberatungen noch nicht abgeschlossen sind, abhängt. In diesen Fällen hat sich
der Ausschuss bemüht, zumindest eine vorläufige Position zu formulieren. Der
Ausschuss geht diesbezüglich - die
Zustimmung des Präsidiums vorausgesetzt - davon aus,
dass er seine Vorberatungen zu diesen Fragen zu gegebener Zeit wieder aufnimmt
und abschließt.
Abgesehen davon hat sich auch bei anderen vom
Ausschuss zu behandelnden Fragen herausgestellt, dass sie mit Themen
zusammenhängen, die vom Mandat anderer Ausschüsse erfasst sind. Darauf wird im
Bericht jeweils ausdrücklich aufmerksam gemacht.
Der vom Vorsitzenden des Ausschusses verfasste
Bericht ist von dem Bemühen getragen, die in den Vorberatungen jeweils
vertretenen - sei es auch unterschiedlichen - Positionen wiederzugeben und somit abweichende Stellungnahmen
einzelner Ausschussmitglieder entbehrlich zu machen.
1. Bund
1.1. Legislative
1.1.1. Nationalrat
1.1.1.1. Zahl der Mitglieder
Die Zahl der Abgeordneten zum Nationalrat ist
derzeit nicht bundesverfassungsgesetzlich, sondern bloß einfachgesetzlich,
nämlich in § 1 Abs. 1 der Nationalrats-Wahlordnung 1992, geregelt.
Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die
Zahl der Mitglieder des Nationalrates auch künftig nicht
bundesverfassungsgesetzlich geregelt werden sollte.
Er lässt sich dabei zum einen davon leiten,
dass eine verfassungspolitische Notwendigkeit, diesen Gegenstand
bundesverfassungsgesetzlich zu regeln, nicht besteht. In der Zweiten Republik
wurde die entsprechende bundesgesetzliche Regelung bloß ein Mal geändert, und
zwar durch die Nationalrats-Wahlordnung 1970 im Wege der Anhebung der Zahl der
Abgeordneten des Nationalrates von 165 auf 183. Im Hinblick auf die allgemeine
Zielsetzung des Konvents, den Text der von ihm auszuarbeitenden Verfassung auf
das verfassungspolitisch Notwendige zu beschränken, empfiehlt sich daher die
Beibehaltung der geltenden Rechtslage, also der Verzicht auf eine
bundesverfassungsgesetzliche Regelung.
Als Basis für seine diesbezüglichen
Vorberatungen hat der Ausschuss einen Rechtsvergleich mit den Regelungen der
übrigen EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz angestellt. Daraus ergibt sich, dass
von den Staaten, die von ihrer Bevölkerungszahl her mit Österreich einiger
Maßen vergleichbar sind, einige mehr Abgeordnete in der (ersten) Kammer des
nationalen Parlaments haben (Finnland 200, Griechenland 300, Portugal 230,
Schweden 349, Schweiz 200), einige aber auch weniger (Belgien 150, Dänemark
179, Irland 166, die Niederlande 150).
1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat
1.1.1.2.1. Wahlsystem
1.1.1.2.2. Kreis der Wahlberechtigten
1.1.1.2.3. Ausgestaltung
Die Wahl des Nationalrates ist in Art. 26
B‑VG geregelt. Der Ausschuss spricht sich dafür aus, diese Bestimmung zu
ändern.
Einigkeit besteht darüber, dass sämtliche
Wahlrechtsgrundsätze im B‑VG kodifiziert werden sollten und daher auch der
derzeit im B‑VG nicht ausdrücklich genannte Grundsatz der freien Wahl (im Sinne
des Art. 8 des Staatsvertrages von Wien und Art. 3 des
1. ZPEMRK) in den Text des Art. 26 B‑VG aufgenommen werden soll,
sowie auch darüber, dass die Regelung des Art. 26 Abs. 7 B‑VG
(Anlegung der Wählerverzeichnisse) auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene
entbehrlich ist.
Über den Inhalt der weiteren Änderungen
bestehen jedoch unterschiedliche Auffassungen. Diese lassen sich im
Wesentlichen zu folgenden Positionen zusammenfassen:
a) In legistischer Hinsicht treten einige
Mitglieder des Ausschusses dafür ein, eine einheitliche Regelung über die
Grundsätze des Wahlrechts für die Wahlen zum Nationalrat, zu den Landtagen und
zu den Gemeinderäten - allenfalls im Kontext des Art. 1 B‑VG
betreffend das demokratische Prinzip oder als Grundrechtsbestimmung - zu schaffen. Dafür wird vor allem ins Treffen geführt, dass auf diese
Weise die fundamentale Bedeutung des Wahlrechts zu den genannten allgemeinen
Vertretungskörpern für das demokratische Prinzip, aber auch die Einheitlichkeit
der diesbezüglichen Standards für sämtliche „staatliche“ Ebenen zum Ausdruck
gebracht würde. Demgegenüber wird zu Bedenken gegeben, dass spezielle
bundesverfassungsgesetzliche Regelungen für die einzelnen dieser Wahlen dadurch
nicht gänzlich entbehrlich würden und der Gestaltungsspielraum der Länder zur
Regelung der Wahlen zu den Landtagen und zu den Gemeinderäten mehr als
erforderlich beschränkt sein könnte.
b) Abgesehen davon werden zu einer Neufassung
des Art. 26 B‑VG im Wesentlichen die folgenden Varianten in die Diskussion
eingebracht:
ba) Nach einer Position[1]
soll Art. 26 B‑VG dahin gehend abgeändert werden, dass der Grundsatz der
Verhältniswahl nicht mehr bundesverfassungsgesetzlich normiert wird, sondern
die Festlegung des Wahlsystems dem Wahlrechtsgesetzgeber (und zwar mit
einfacher Mehrheit) vorbehalten bleibt. Weiters besteht diese Position auch
darin, dass die Briefwahl als eine gleichwertige Form der Stimmabgabe neben der
Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde vorgesehen und die Einführung von E‑Voting
bei Beachtung der Wahlrechtsgrundsätze nicht ausgeschlossen wird.
Gegen diese Position werden von einer Reihe
von Ausschussmitgliedern, für die der Grundsatz der Verhältniswahl einen
essentiellen Bestandteil der repräsentativen Demokratie im Sinne der
österreichischen Verfassungstradition darstellt, Bedenken geäußert.
Hinsichtlich der Stimmabgabe, die nicht vor einer Wahlbehörde erfolgt, wird von
einigen Mitgliedern des Ausschusses vorgebracht, dass die Briefwahl und in noch
höherem Maße E‑Voting in einem Spannungsverhältnis zu den Grundsätzen der
persönlichen, geheimen und freien Wahl steht. Diese Ausschussmitglieder treten
dafür ein, dass die Stimmabgabe, die nicht vor einer Wahlbehörde erfolgt, stets
nur den Ausnahmefall bilden dürfe.
bb) Eine andere Position[2]
besteht darin, den Art. 26 B‑VG im Wesentlichen zu belassen, in den
Details aber die folgenden Änderungen vorzusehen:
Von einer Reihe von Ausschussmitgliedern wird
die Absenkung des Wahlalters auf das vollendete 16. Lebensjahr - als auf keinem objektiven Kriterium beruhend - abgelehnt. Bedenken werden auch gegen ein Abgehen vom
Bürgerzahlprinzip sowie gegen die Aufhebung des Art. 26 Abs. 5 B‑VG
geäußert.
bc) Schließlich wird noch die folgende
Position[3]
vertreten:
Die bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen
über die Wahl des Nationalrates könnten darauf reduziert werden, dass im B‑VG
lediglich die Wahlrechtsgrundsätze (diesfalls einschließlich des allgemeinen
Wahlrechts) normiert werden. Die nähere Ausführung dieser Grundsätze in der
Nationalrats-Wahlordnung sollte aber - soweit sie
verfassungspolitisch „sensible“ Bereiche betrifft - einer Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit (2/3-Mehrheit)
vorbehalten werden (etwa im Sinne der Regelung des Art. 26 Abs. 6
letzter Satz B‑VG in der geltenden Fassung).
Gegen den Typus des einfachen Gesetzes, über
das - generell oder partiell - mit
qualifizierter Mehrheit zu beschließen ist, wird von manchen
Ausschussmitgliedern vorgebracht, dass es sich dabei um eine „halbherzige
Lösung“ handle. Abgesehen davon wird diesbezüglich das Ergebnis der
Vorberatungen des Ausschusses 2 abzuwarten sein.
1.1.1.3. Organisation des Nationalrates
Dieser Themenbereich betrifft vor allem die
Art. 27 bis 33 B‑VG. Der Ausschuss hat in diesem Zusammenhang insbesondere
die Fragen a) der Dauer der Gesetzgebungsperiode, b) der Diskontinuität
zwischen den Gesetzgebungsperioden bei der Behandlung von Volksbegehren sowie
c) der zweckmäßigen Intensität der bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen
über die Organisation des Nationalrates beraten.
a) Einige Mitglieder des Ausschusses treten
dafür ein, die Dauer der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates auf fünf Jahre
zu verlängern, andere dafür, die geltende Regelung (vier Jahre) beizubehalten.
Der Vorschlag, die Legislaturperiode zu
verlängern, wird vor allem damit begründet, dass der Zeitraum von vier Jahren,
der sich aus Art. 27 Abs. 1 B‑VG ergibt, in der Praxis um die Zeiten
des Wahlkampfes bzw. der Regierungsbildung verkürzt werde und darüber hinaus in
der Vergangenheit eine Reihe von Legislaturperioden zudem durch Beschluss des
Nationalrates vorzeitig beendet worden sei. Durch eine Verlängerung der
Gesetzgebungsperiode auf fünf Jahre könnte somit der für die „politische
Arbeit“ de facto zur Verfügung stehende Zeitraum verlängert werden; dies
entspräche dem Interesse der Bevölkerung an einer effizienten Arbeit sowohl der
Bundesregierung als auch des Nationalrates. Dem wird entgegen gehalten, dass
eine Verlängerung der Legislaturperiode eine erhebliche Einschränkung der
demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung darstelle.
Ein zu dieser Frage angestellter
Rechtsvergleich mit den Verfassungen der übrigen EU-Mitgliedstaaten sowie der
Schweiz hat ergeben, dass in zehn Staaten die Legislaturperiode vier Jahre
dauert, in fünf Staaten hingegen fünf Jahre. Die Wahlperiode des Europäischen
Parlaments beträgt ebenfalls fünf Jahre.
b) Zu Art. 28
Abs. 4 B‑VG (Grundsatz der Diskontinuität der Arbeiten des Nationalrates
zwischen den Gesetzgebungsperioden) wurde Folgendes erwogen:
Während zu
Folge dieser Bestimmung die Arbeiten bei Eröffnung einer neuen Tagung des
Nationalrates innerhalb der gleichen Gesetzgebungsperiode nach dem Stand
fortgesetzt werden, in dem sie sich bei Beendigung der letzten Tagung befunden
haben, herrscht - nach diesbezüglich einhelliger
Lehre - zwischen zwei Gesetzgebungsperioden
Diskontinuität. Alle noch nicht abgeschlossenen Verfahren müssen daher in der
neuen Gesetzgebungsperiode neu initiiert werden. Auch Volksbegehren sind
mangels abweichender Regelungen vom Grundsatz der Diskontinuität erfasst. Dies
wurde in der Vergangenheit - insbesondere angesichts des
Aufwandes, den ein Volksbegehren für die betreibenden Personen mit sich bringt,
- mitunter als unzweckmäßig kritisiert. Dazu
wird im Ausschuss überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Grundsatz der
Diskontinuität zwischen zwei Gesetzgebungsperioden hinsichtlich der Behandlung
von Volksbegehren nicht gelten sollte.[4]
Erwägenswert
erscheint es freilich auch, Art. 28 Abs. 4 B‑VG entfallen zu lassen
und durch eine Regelung in der Geschäftsordnung des Nationalrates (GOG-NR) zu
ersetzen; diesfalls wäre auch eine bundesverfassungsgesetzliche Sonderregelung
für Volksbegehren entbehrlich.
c) Darüber hinaus ist der Ausschuss der
Auffassung, dass eine Reihe der Regelungen in den Art. 27 bis 33 B‑VG
nicht auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene getroffen werden müsste, sondern
in der Geschäftsordnung des Nationalrates (GOG-NR) normiert werden sollte.
So besteht im Ausschuss Konsens darüber, dass
die Befugnisse des Bundespräsidenten gemäß Art. 27 Abs. 2 und
Art. 28 Abs. 1 bis 3 (betreffend die Einberufung des Nationalrates zu
Tagungen und die Erklärung der Beendigung der Tagungen des Nationalrates)
entfallen sollten. Diese Befugnisse sollten im GOG-NR geregelt werden und dem
Präsidenten des Nationalrates zukommen. Entbehrlich erscheint demnach
insbesondere auch Art. 27 Abs. 2 zweiter Satz B‑VG (rechtzeitige
Anordnung der Nationalratswahl durch die Bundesregierung); hiefür erscheint
eine Regelung in der Nationalrats-Wahlordnung (NRWO) ausreichend.
Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang
anzumerken, dass diesfalls auch die Regelung des Art. 25 Abs. 2 B‑VG
betreffend die Befugnis des Bundespräsidenten, den Nationalrat für die Dauer
außerordentlicher Verhältnisse in einen anderen Ort als Wien zu berufen,
entfallen und durch eine Regelung im GOG-NR ersetzt werden könnte, die diese
Befugnis dem Präsidenten des Nationalrates einräumt. Gleiches trifft auch für
die Regelung des Art. 39 Abs. 1 B‑VG betreffend die Befugnis des Bundespräsidenten,
die Bundesversammlung einzuberufen, zu. Diese Befugnis könnte dem Vorsitzenden
der Bundesversammlung zukommen.
Der
Ausschuss ist weiters der Auffassung, dass auch die Abs. 5 und 6 des
Art. 28 B‑VG entfallen und durch eine Regelung im GOG-NR ersetzt werden
könnten.
Zu
Art. 29 Abs. 1 B‑VG (Befugnis des Bundespräsidenten, den Nationalrat
aufzulösen) wird auf die Ausführungen zu Pkt. 1.2.1.2. Bundespräsident/Aufgaben
verwiesen.
Art. 29 Abs. 1 zweiter Satz B‑VG
(Verpflichtung zur Wahlausschreibung für die Bundesregierung) erscheint in
jedem Fall - also auch dann, wenn sich an der Befugnis
des Bundespräsidenten, den Nationalrat aufzulösen, nichts ändert - entbehrlich; die entsprechende Regelung könnte vielmehr in der NRWO
getroffen werden.
Der
Ausschuss ist überwiegend der Auffassung, dass Art. 29 Abs. 2 B‑VG
(vorzeitige Auflösung des Nationalrates durch Beschluss desselben) weiterhin
gelten sollte. Um zu vermeiden, dass aus einem Entfall der dahin gehenden
Bestimmung im Verfassungsrang gegenteilige Schlüsse gezogen werden, sollte die
entsprechende Regelung weiterhin im B‑VG normiert werden.
Zu Art. 29 Abs. 3 B‑VG (Dauer der
Gesetzgebungsperiode in Fällen der Selbstauflösung und des Zeitablaufes): Diese
Bestimmung sieht - ebenso wie Art. 27 Abs. 1 B‑VG - vor, dass in den Fällen der vorzeitigen Selbstauflösung des
Nationalrates sowie des Zeitablaufs die Gesetzgebungsperiode bis zu dem Tag
dauert, an dem der neu gewählte Nationalrat zusammentritt; e contrario ergibt
sich daraus, dass im Falle der Auflösung des Nationalrates durch den
Bundespräsidenten (Art. 29 Abs. 1 B‑VG) sowie nach Ablehnung der
Absetzung des Bundespräsidenten durch Volksabstimmung (Art. 60 Abs. 6
B‑VG) die Gesetzgebungsperiode sofort endet. Im Ausschuss wird vereinzelt die
Auffassung vertreten, dass auch für die zuletzt genannten Fälle die Dauer der
Gesetzgebungsperiode bis zu dem Tag gelten sollte, an dem der neu gewählte
Nationalrat zusammentritt.
Dazu ist noch Folgendes anzumerken: Wenn die
Befugnis des Bundespräsidenten, den Nationalrat aufzulösen, entfallen soll
(siehe dazu unten Pkt. 1.2.1.2.), dann würde für eine solche Regelung kein
Bedarf mehr bestehen.
Weiters könnte für den Fall der Neufassung des
Art. 29 Abs. 3 B‑VG im Sinne der vorstehenden Überlegungen auch die
Regelung des Art. 55 Abs. 3 letzter Satz B‑VG entfallen, wonach im
Falle der Auflösung des Nationalrates durch den Bundespräsidenten gemäß
Art. 29 Abs. 1 B‑VG die sonst dem Nationalrat (Hauptausschuss)
zustehende Mitwirkung an der Vollziehung dem ständigen Unterausschuss des
Hauptausschusses obliegt. Sinngemäß das Gleiche trifft für den ständigen
Unterausschuss gemäß Art. 51c Abs. 1 zweiter Satz B‑VG (Mitwirkung
des Nationalrates an der Haushaltsführung) zu.
Art. 30
Abs. 1 (Wahl der Nationalratspräsidenten) und Abs. 2 B‑VG (Erlassung
eines Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates mit qualifizierter Mehrheit)
sollen nach Meinung des Ausschusses unverändert auf
bundesverfassungsgesetzlicher Ebene bestehen bleiben.
Für die in Art. 30 Abs. 3 bis 6 B‑VG
enthaltenen Regelungen gilt dies jedenfalls insoweit, als sie - in Ausnahme von Art. 19 Abs. 1 B‑VG betreffend die obersten
Organe - die Stellung des Präsidenten des
Nationalrates als oberstes Verwaltungsorgan sowie die Ausübung der Diensthoheit
über die Bediensteten der Parlamentsdirektion betreffen, aber auch für die
Organisation der Parlamentsdirektion in Bezug auf den Bundesrat.
Überwiegend wird die Auffassung vertreten,
dass Art. 31 B‑VG (betreffend das Beschlussquorum) beibehalten werden
soll; einzelne Ausschussmitglieder halten eine diesbezügliche Regelung im
GOG-NR für ausreichend.
Die Art. 32 (Öffentlichkeit der
Nationalratssitzungen) und 33 B‑VG (sachliche Immunität) werden vom Ausschuss
als elementare Bestandteile der Regelung des Nationalrates angesehen und sollen
daher im B‑VG verbleiben.
1.1.2. Bundesrat
Dieser Themenbereich betrifft vor allem die
Art. 24, 34 bis 37, 42 und 44 Abs. 2 B‑VG.
Es besteht Einvernehmen darüber, dass in
diesem Bereich ein besonders dringender Änderungsbedarf besteht, weil der
Bundesrat derzeit seine primäre Aufgabe, die Interessen der Länder in der
Bundesgesetzgebung zu wahren, nicht ausreichend effektiv wahrnehmen kann, was
freilich nicht allein an den einschlägigen bundesverfassungsgesetzlichen
Regelungen liegt.
Konsens besteht auch darüber, dass es zur
Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung im Wege des Bundesrates keine
zweckmäßige Alternative gibt, insbesondere nicht in Form der unmittelbaren
Mitwirkung der (einzelnen) Länder selbst.
Im Übrigen ist der Ausschuss der Auffassung,
dass die Frage der zweckmäßigen bundesverfassungsgesetzlichen Regelung der Bestellung,
der Zusammensetzung und der Aufgaben des Bundesrates entscheidend vom Ergebnis
der Vorberatungen des Ausschusses 5 über die Neuordnung der
Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung sowie gegebenen Falles auch der
Vorberatungen des Ausschusses 6 über die Neuordnung der Verwaltung,
insbesondere über das weitere Schicksal der mittelbaren Bundesverwaltung,
abhängt. Der Ausschuss erachtet es daher als zweckmäßig, sich - die Zustimmung des Präsidiums vorausgesetzt - nach Vorliegen der Ergebnisse dieser Vorberatungen erneut und
abschließend mit diesen Fragen zu befassen.
Unbeschadet dessen ist schon vorweg Folgendes
festzuhalten:
Für eine funktionelle Reform des Bundesrates
wird insbesondere über die folgenden Optionen zu befinden sein:
Für eine allfällige organisatorische Reform
des Bundesrates wäre über die folgenden Optionen zu befinden:
Die diesbezüglichen Vorberatungen des Ausschusses lassen sich wie folgt
zusammenfassen:
Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass der Bundesrat zu einem
früheren Zeitpunkt als bisher in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden
soll. Von einigen Mitgliedern des Ausschusses wird dazu die gleichzeitige,
parallele Befassung des Nationalrates und des Bundesrates mit einer
Gesetzesvorlage vorgeschlagen. Das konkrete Mitwirkungsverfahren könnte je nach
Materie spezifisch ausgestaltet werden. Das nahezu generelle suspensive Veto
nach der Beschlussfassung durch den Nationalrat wird überwiegend als nicht
zweckmäßig erachtet. Gegen eine mögliche Ausweitung des absoluten Vetos werden
von mehreren Ausschussmitgliedern Bedenken geäußert.
Zur Frage der Bestellung der Mitglieder des Bundesrates wird von
mehreren Ausschussmitgliedern die Entsendung von Landtagsabgeordneten
vorgeschlagen. Verschiedentlich wird die Einbeziehung der Landeshauptmänner
bzw. weiterer Mitglieder der Landesregierung als zweckmäßig angeregt. Dagegen
werden vereinzelt Bedenken im Hinblick auf die Vermischung von Legislative und
Exekutive vorgebracht.
Von mehreren Ausschussmitgliedern wird angeregt, den Bundesrat als das
zentrale Organ der Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes zu
installieren und ihm die Ausübung auch der anderen, derzeit vorgesehenen
Mitwirkungsmechanismen zu Gunsten der Länder in Bundesangelegenheiten (etwa
Zustimmung der einzelnen Länder zur Kundmachung von Bundesgesetzen,
Konsultationsmechanismus u.a.) zu übertragen. Ziel sollte es sein, allenfalls
bestehende Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.
1.1.3. Weg der Bundesgesetzgebung
1.1.3.1. Verfassungsrechtliche Erfordernisse
Dieser Themenbereich betrifft die Art. 41
bis 49b B‑VG. Zu den damit zusammenhängenden Fragen betreffend die Stellung des
Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren wird auf die Ausführungen unter Pkt.
1.1.2. hingewiesen.
Weiters wurde dazu Folgendes erörtert:
Unterschiedliche Positionen bestehen im
Ausschuss zur Frage, ob in das B‑VG eine Regelung über das
Begutachtungsverfahren aufgenommen werden soll. Die Befürworterinnen und
Befürworter einer derartigen Regelung begründen ihre Auffassung vor allem mit
der Bedeutung des Begutachtungsverfahrens in demokratiepolitischer Hinsicht
sowie für die rechtsetzungstechnische Qualität von Gesetzesentwürfen der
Bundesregierung. Dem sollte - über die
dazu vereinzelt schon bestehenden einfachgesetzlichen Vorschriften hinaus - durch eine bundesverfassungsgesetzliche Regelung Rechnung getragen
werden. Eine Reihe anderer Ausschussmitglieder hält dem entgegen, dass eine bundesverfassungsgesetzliche
Regelung über das Begutachtungsverfahren die notwendige Flexibilität der
Bundesregierung bei der Vorbereitung ihrer Gesetzesinitiativen über Gebühr
einschränken würde und zu formell mangelhaften Gesetzesbeschlüssen führen könnte,
was der Rechtssicherheit abträglich wäre.
Auch diejenigen, die für eine
bundesverfassungsgesetzliche Regelung des Begutachtungsverfahrens eintreten,
meinen überwiegend, dass eine solche nur für Regierungsvorlagen vorgesehen
werden und bloß grundsätzlichen Charakter haben sollte.[5]
Die Vertreterinnen und Vertreter der
Gegenposition stellen insbesondere eine entsprechende Regelung im
Bundesministeriengesetz oder in der vorzusehenden Geschäftsordnung der
Bundesregierung zur Erwägung.
Ein zur Frage einer allfälligen Regelung des
Begutachtungsverfahrens angestellter Rechtsvergleich mit den Verfassungen der
übrigen EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz hat ergeben, dass eine solche nur in
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, und dort auch nur
sehr eingeschränkt, vorgesehen ist. Art. 147 der Schweizerischen
Bundesverfassung lautet:
„Artikel 147. Vernehmlassungsverfahren Die Kantone, die politischen Parteien
und die interessierten Kreise werden bei der Vorbereitung wichtiger Erlasse und
anderer Vorhaben von großer Tragweite sowie bei wichtigen völkerrechtlichen
Verträgen zur Stellungnahme eingeladen.“
Vereinzelt wird im Ausschuss eine
bundesverfassungsgesetzliche Regelung für ein umfassendes Begutachtungsrecht
des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes
vorgeschlagen.[6]
Ebenso wird von einzelnen Mitgliedern des
Ausschusses vorgeschlagen, dem Österreichischen Gemeindebund und dem
Österreichischen Städtebund auch das Recht der Gesetzesinitiative einzuräumen.[7]
Im Übrigen sieht der Ausschuss in dieser
Hinsicht keinen Änderungsbedarf, wobei angemerkt wird, dass die mit dem Weg der
Bundesgesetzgebung zusammenhängenden Fragen der Instrumente der direkten
Demokratie (vgl. vor allem die Art. 41 Abs. 2, 44 Abs. 3 und 49b
B‑VG) vom Mandat des Ausschusses 8 erfasst sind.
1.1.4. Mitwirkung der Gesetzgebung an der
Vollziehung
In dieser Hinsicht besteht nach Meinung des
Ausschusses auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene kein Änderungsbedarf.
Hingewiesen wird auf die allfällige Änderung
des Art. 55 Abs. 3 B‑VG im Zusammenhang mit dem ständigen
Unterausschuss des Hauptausschusses, die dann zweckmäßig sein könnte, wenn der
Empfehlung des Ausschusses hinsichtlich der Aufhebung des Art. 29
Abs. 3 B‑VG gefolgt wird - siehe dazu
oben Pkt. 1.1.1.3. Organisation
des Nationalrates.)
1.2. Exekutive
1.2.1.Bundespräsident
1.2.1.1. Wahl/Organisation
Die
Bestellung des Bundespräsidenten im Wege der Volkswahl ist im Ausschuss
grundsätzlich unbestritten geblieben. In Frage gestellt könnte sie dann sein,
wenn nach einer allfälligen Änderung des Kataloges der dem Bundespräsidenten
zukommenden Aufgaben (siehe dazu unten Pkt. 1.2.1.2.) staatspolitisch besonders
bedeutsame Befugnisse entfielen und im Hinblick darauf die Volkswahl nicht mehr
gerechtfertigt erscheinen könnte.
Vereinzelt
wird die Zweckmäßigkeit der Regelung betreffend die Immunität und die
rechtliche Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten (Art. 63 und 68 iVm
142 B‑VG) in Frage gestellt. Diese Fragen werden im Ausschuss 8 behandelt
werden.
Vereinzelt
wird auch einer Verlängerung der Amtsperiode des Bundespräsidenten ohne
Wiederwahlmöglichkeit das Wort geredet.
1.2.1.2. Aufgaben
a) Dazu
werden im Wesentlichen die folgenden beiden Positionen vertreten:
aa) Eine
Reihe von Mitgliedern des Ausschusses meint, dass dem Bundespräsidenten - als einem monokratischen Organ - keine Aufgaben mehr zukommen sollten, die ihm
einen dominierenden Einfluss gegenüber anderen direkt oder indirekt
demokratisch legitimierten Staatsorganen, die kollegial organisiert sind, einräumen.
Dem gemäß sollten seine Befugnisse zur Auflösung des Nationalrates
(Art. 29 Abs. 1 B‑VG) sowie eines Landtages (Art. 100 B‑VG) und
zur Ernennung und Entlassung der (Mitglieder der) Bundesregierung (Art. 70
B‑VG) entfallen (zu den Konsequenzen einer derartigen Änderung siehe unten Pkt.
1.2.2.1.). Dem Bundespräsidenten sollte aber die Befugnis eingeräumt werden, - nach Art eines „Ombudsmannes“ – Missstände
aufzuzeigen, bei Gesetzes- oder Vollziehungsmängeln Abhilfe zu schaffen und
positiv rechtlich entstandene Härten zu beseitigen; für diese Befugnisse ebenso
wie für jene gemäß Art. 65 Abs. 2 lit. c und d B‑VG (Begnadigung
u.ä; Legitimation unehelicher Kinder) sollte - im Hinblick auf die unmittelbare
demokratische Legitimation des Bundespräsidenten – keine Antragsbindung
bestehen.
ab) Eine
Reihe anderer Mitglieder des Ausschusses tritt dem gegenüber dafür ein, die
Befugnisse des Bundespräsidenten zur Ernennung und Entlassung der
Bundesregierung und zur Auflösung des Nationalrates beizubehalten. Der durch
die Volkswahl legitimierte Bundespräsident verfüge gegenüber dem Nationalrat
und der Bundesregierung über eine gewisse Unabhängigkeit; diese sei ein Element
der Gewaltenteilung und befähige den Bundespräsidenten gegenüber den genannten
Organen eine gewisse kontrollierende Funktion auszuüben. Es sei durchaus
sinnvoll, dass die Bundesregierung des Vertrauens sowohl des Nationalrates als
auch des Bundespräsidenten bedürfe und daher über eine „doppelte Legitimation“
verfügen müsse. Schon aus diesem Grund sollte eine entscheidende Schwächung des
Amtes des Bundespräsidenten nicht erwogen werden. Im Zusammenhang mit den
Regelungen des B‑VG für einen allfälligen politischen Konflikt zwischen dem
Bundespräsidenten und der Nationalratsmehrheit bzw. der Bundesregierung wird
vereinzelt vorgeschlagen, Art. 60 Abs. 6 B‑VG dahingehend zu ändern,
dass ein Beschluss des Nationalrates, eine Volksabstimmung zur Absetzung des
Bundespräsidenten zu initiieren, mit einfacher Mehrheit gefasst werden kann. Da
die Ablehnung der Absetzung des Bundespräsidenten durch Volksabstimmung die
Auflösung des Nationalrates zur Folge hat, bestehe auch keine Gefahr, dass die
einfache Mehrheit allzu leichtfertig von diesem weit reichenden Instrument
Gebrauch macht. In Frage gestellt wird in diesem Zusammenhang, ob eine
Befassung der Bundesversammlung für die Durchführung einer Volksabstimmung
notwendig ist.
Von den
Vertreterinnen und Vertretern dieser Auffassung wird auch eine Umgestaltung der
Rolle des Bundespräsidenten zu der eines „Oberombudsmannes“ skeptisch gesehen:
Unklar sei insbesondere, nach welchen Kriterien und mit welchen Ressourcen der
Bundespräsident eine derartige „Quasi-Rechtsschutzfunktion“ ausüben solle.
b) Konsens
besteht darüber, dass die Befugnisse des Bundespräsidenten im Zusammenhang mit
der Einberufung und Beendigung der Tagungen des Nationalrates entfallen sollten
(siehe dazu oben Pkt. 1.1.1.3.).
c) Einige
Mitglieder des Ausschusses treten für den Entfall jener – „antiquiert“
erscheinenden - Befugnisse des Bundespräsidenten
ein, die sich aus bestimmten einstigen monarchischen Vorrechten herleiten; das
sind im Wesentlichen die in Art. 65 Abs. 2 B‑VG geregelten Befugnisse
(mit Ausnahme der Ernennungsrechte) sowie die in Art. 65 Abs. 3 B‑VG
vorgesehene Befugnis, außerordentliche Zuwendungen, Zulagen und
Versorgungsgenüsse u.ä. zu gewähren.
d)
Vereinzelt wird auch ein Entfall des Notverordnungsrechtes (Art. 18
Abs. 3 bis 5 B‑VG) sowie der Kompetenz zur Exekution der Erkenntnisse des
Verfassungsgerichtshofes (Art. 146 Abs. 2 B‑VG) bzw. eine Reduzierung
oder Präzisierung dieser Regelungen vorgeschlagen. Hinsichtlich des
Notverordnungsrechtes ist zu beachten, dass nach dem Vorbild der entsprechenden
Bestimmungen in Art. 18 B‑VG eine ähnliche Regelung für die Landesebene
(Art. 97 Abs. 3 und 4 B‑VG) getroffen wurde, die im Falle einer
Neuformulierung der Regelungen über das Notverordnungsrecht ebenfalls
anzupassen wäre.
1.2.2. Bundesregierung
1.2.2.1. Bestellung
Dabei geht
es im Wesentlichen um Art. 70 B‑VG.
Entsprechend
den Ausführungen zu Pkt. 1.2.1.2. (Bundespräsident/Aufgaben) bestehen dazu
insofern divergierende Positionen, als eine Reihe von Mitgliedern des
Ausschusses dafür eintritt, dass die Befugnis des Bundespräsidenten zur
Ernennung bzw. Entlassung der Mitglieder der) Bundesregierung entfallen soll,
während die übrigen Mitglieder des Ausschusses für die Beibehaltung der
geltenden Rechtslage eintreten.
Ausgehend von der erstgenannten Auffassung erhebt
sich die Frage, wie die Bestellung und Entlassung der (Mitglieder der)
Bundesregierung diesfalls geregelt werden soll. Dazu wird die Meinung
vertreten, dass auf die Stammfassung des B‑VG, BGBl. Nr. 1920/1,
zurückgegriffen werden sollte, wonach die Bundesregierung durch den Nationalrat
zu wählen ist.[8]
Ventiliert wurde - freilich nur vereinzelt - weiters
eine Regelung im Sinne der Art. 63 f des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland, wonach der Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom
Bundestag gewählt wird, die Bundesminister hingegen auf Vorschlag des Bundeskanzlers
vom Bundespräsidenten ernannt werden.[9]
Vereinzelt
wird weiters vorgeschlagen, den vom Bundespräsidenten zu erteilenden
„Regierungsbildungsauftrag“ sowie eine positive „Vertrauensabstimmung“ im
Nationalrat über eine vom Bundespräsidenten neu bestellte Bundesregierung
bundesverfassungsgesetzlich vorzusehen; ferner wird angeregt, die Zahl der
Mitglieder der Bundesregierung bzw. der Staatssekretäre (siehe dazu vor allem
Art. 77 f B‑VG) bundesverfassungsgesetzlich zu regeln. Von der
überwiegenden Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses werden derartige
Regelungen jedoch nicht als zweckmäßig erachtet.
1.2.2.2. Willensbildung - Geschäftsordnung -
Verantwortung
In diesem Zusammenhang geht es vor allem um
die Art. 69 sowie 71 bis 76 B‑VG.
Es besteht Konsens darüber, dass die Erlassung
einer Geschäftsordnung der Bundesregierung bundesverfassungsgesetzlich
vorgesehen werden soll.[10]
Unterschiedliche Auffassungen bestehen
darüber, ob in dieser Geschäftsordnung auch Regelungen über die Vertretung
einzelner Mitglieder der Bundesregierung für den Fall ihrer Verhinderung
getroffen werden sollen oder ob diese Frage weiterhin
bundesverfassungsgesetzlich geregelt werden soll (vgl. Art. 69 Abs. 2
[Vertretung des Bundeskanzlers] und Art. 73 B‑VG [Vertretung eines
Bundesministers]). Vereinzelt wird dazu angemerkt, dass die geltenden
Vertretungsregelungen in Art. 73 B‑VG (deren Fassung im Wesentlichen auf
die B‑VG-Novelle BGBl. I Nr. 1997/87 zurückgeht, also erst vor
wenigen Jahren geschaffen wurde) einfacher gestaltet werden sollten.
Im Zusammenhang mit der Geschäftsordnung der
Bundesregierung wird vereinzelt angeregt, eine Verpflichtung zur
Veröffentlichung der Tagesordnung der Sitzungen der Bundesregierung und der
dabei gefassten Beschlüsse vorzusehen.
Eine Reihe von Mitgliedern des Ausschusses
tritt weiters dafür ein, auch das Beschlussquorum, und zwar im Sinne des
Erfordernisses der Einstimmigkeit, im B‑VG zu regeln.[11]
(Derzeit wird - ohne ausdrückliche Regelung - von der herrschenden Lehre und der Judikatur angenommen, dass
Beschlüsse der Bundesregierung der Einstimmigkeit bedürfen.)
Unterschiedlich wird die Frage beurteilt, ob
eine Beschlussfassung im Umlaufwege (und zwar - dies ist unbestritten - diesfalls
unter Mitwirkung sämtlicher Mitglieder der Bundesregierung) ermöglicht werden
soll.[12]
Zur Frage der Verantwortlichkeit der so
genannten einstweiligen Bundesregierung gemäß Art. 71 B‑VG vertritt der
Ausschuss die Auffassung, dass die einstweilige Bundesregierung im Sinne des
Art. 71 B‑VG der selben Verantwortlichkeit unterliegt wie die „definitive“
Bundesregierung. Insbesondere kann der Nationalrat einem Mitglied einer
einstweiligen Bundesregierung gemäß Art. 74 Abs. 1 B‑VG das Vertrauen
versagen (mit der Konsequenz der Amtsenthebung) oder gegen ein Mitglied einer
einstweiligen Bundesregierung gemäß Art. 142 B‑VG Anklage beim
Verfassungsgerichtshof erheben.
Weiters wird vereinzelt angeregt, bundesverfassungsgesetzlich
klarzustellen, dass ein Mitglied der (einstweiligen) Bundesregierung, dem vom
Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen wurde, nicht mit der Fortführung der
Amtsgeschäfte betraut werden darf.
2. Länder
2.1. Legislative / Landtage
Die
Gesetzgebung der Länder ist in den Art. 95 bis 100 B‑VG geregelt.
a) Was das
Anliegen einer einheitlichen bundesverfassungsgesetzlichen Regelung über die
Grundsätze des Wahlrechtes für die Wahlen zum Nationalrat, zu den Landtagen und
zu den Gemeindenräten anlangt, so wird auf die diesbezüglichen Ausführungen
unter Pkt. 1.1.1.2. verwiesen.
Unstrittig
ist auch für die Wahlen zu den Landtagen die Ergänzung der Auflistung der
Wahlrechtsgrundsätze um das freie Wahlrecht.
b) Zur Wahl
des Landtages im Besonderen bestehen im Ausschuss im Wesentlichen die folgenden
Positionen:
ba) Eine
Reihe von Mitgliedern tritt dafür ein, die diesbezüglich geltende Regelung des
Art. 95 B‑VG grundsätzlich beizubehalten. Insbesondere sollte auch der
Grundsatz der Verhältniswahl ausdrücklich normiert werden, wobei ergänzend auch
eine Mindestprozentklausel (von 4 bzw. 5%) vorgesehen werden sollte. Weiters
wird angeregt, in Art. 95 Abs. 3 B‑VG für die Verteilung der
Abgeordneten auf die Wahlkreise an Stelle des derzeit geltenden
Bürgerzahlprinzips auf die Zahl der Wahlberechtigten abzustellen.[13]
bb) Eine
Reihe anderer Mitglieder des Ausschusses spricht sich dem gegenüber dafür aus,
die Verfassungsautonomie der Länder in diesem Bereich zu stärken und ihnen
insbesondere die Regelung des Wahlsystems (also gegebenen Falles auch der
Mehrheitswahl) und der Fälle, in denen die Stimmabgabe nicht vor einer
Wahlbehörde zu erfolgen hat (vor allem also der Briefwahl und des E‑Voting) zu
ermöglichen.[14]
Unbeschadet
des zuletzt genannten Aspektes besteht im Ausschuss Einvernehmen darüber, dass
bundesverfassungsgesetzlich (zumindest) dafür Vorkehrung getroffen werden
sollte, dass bei Landtagswahlen (und auch bei Gemeinderatswahlen) die selben
Möglichkeiten zur Stimmabgabe außerhalb des Wahlgebietes bestehen sollten wie
bei Nationalratswahlen (vgl. Art. 26 Abs. 6 letzter Satz B‑VG;
§ 60 NRWO).
c)
Vereinzelt wurde auch gefordert, in Österreich ansässigen
Drittstaatsangehörigen das Wahlrecht auf kommunaler Ebene einzuräumen.
Zu
Art. 97 Abs. 2 B‑VG (Zustimmungsrecht der Bundesregierung, insoweit
ein Landesgesetz die Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung vorsieht)
wird vereinzelt angeregt, dem Landesgesetzgeber durch eine klarere Regelung
mehr Sicherheit zu geben, ob mit einer Zustimmung der Bundesregierung gerechnet
werden kann. Vereinzelt wird betont, dass das Zustimmungsrecht jedenfalls
insoweit erhalten bleiben muss, als es um die Mitwirkung von Organen des
öffentlichen Sicherheitsdienstes geht.
Überwiegend
wird die Auffassung vertreten, dass Art. 98 B‑VG (Einspruchsrecht der
Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse der Landtage) entfallen könnte;
vereinzelt wird dazu die Auffassung vertreten, dass diese Frage erst nach
Vorliegen des Ergebnisses der Vorberatungen des Ausschusses 5 betreffend
die Neuordnung der Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung abschließend
beurteilt werden sollte.
Zu
Art. 99 B‑VG (Verfassungsautonomie der Länder) wird auf die Ausführungen
unter Pkt. 5 hingewiesen.
Ob die Befugnis des Bundespräsidenten, einen
Landtag aufzulösen (Art. 100 B‑VG), entfallen soll, ist in Zusammenhang
damit zu sehen, ob dem Bundespräsidenten weiterhin die Befugnis zukommen soll,
gemäß Art. 29 B‑VG den Nationalrat aufzulösen (siehe dazu Pkt. 1.2.1.2.).
2.2. Exekutive / Landesregierung,
insbesondere Landeshauptmann
Die
grundlegenden Regelungen über die Vollziehung der Länder finden sich in den
Art. 101 bis 106 B‑VG, im Bundesverfassungsgesetz über die Ämter der
Landesregierung und in § 8 Abs. 5 des Übergangsgesetzes 1920.
Hinsichtlich der Wahl der Mitglieder der
Landesregierung (Art. 101 Abs. 1 B‑VG) bestehen im Ausschuss die
folgenden divergierenden Positionen:
·
Änderung des Art. 101 Abs. 1 B‑VG
dahin gehend, dass die Bestellung der Mitglieder der Landesregierung durch
Landesverfassungsgesetz zu regeln ist, was insbesondere auch ermöglichte, die
Direktwahl des Landeshauptmannes vorzusehen.[15]
Im übrigen
besteht im Ausschuss Konsens darüber, dass die Regelungen des B‑VG betreffend
die Exekutive der Länder reduziert und jene des Bundesverfassungsgesetzes über
die Ämter der Landesregierung bzw. des § 8 Abs. 5 des
Übergangsgesetzes 1920 - so weit sie noch für erforderlich
gehalten werden – in das B‑VG inkorporiert werden könnten.[16]
Entbehrlich erscheint im Besonderen die
Regelung des Art. 101 Abs. 4 B‑VG (Angelobung des Landeshauptmannes
vom Bundespräsidenten). Divergierende Auffassungen bestehen darüber, ob im B‑VG
eine Regelung betreffend die Landeshauptmännerkonferenz getroffen werden soll.
Was die
Bestimmungen des B‑VG betreffend die Bundeshauptstadt Wien (Art. 108 bis
112) betrifft, so besteht Einvernehmen darüber, dass vor allem im Hinblick auf
Art. 116 Abs. 1 erster Satz B‑VG (Gliederung jedes Landes in
Gemeinden) eine bundesverfassungsgesetzliche (Sonder)Regelung erforderlich ist.
Eine Reihe von Mitgliedern tritt dafür ein, die diesbezüglich geltende Bestimmung
des Art. 108 B‑VG beizubehalten. Andere Mitglieder vertreten die
Auffassung, dass dem Wiener Landesverfassungsgesetzgeber diesbezüglich
Regelungsautonomie eingeräumt werden sollte.[17]
Was die
Art. 109 (mittelbare Bundesverwaltung) und 111 B‑VG (oberste
Kollegialbehörden in Angelegenheiten des Bau- und Abgabenwesens) betrifft, so
ist eine abschließende Beurteilung eines allfälligen Änderungsbedarfes erst
nach Vorliegen des Ergebnisses der Vorberatungen des Ausschusses 6
(mittelbare Bundesverwaltung) und 9 (Landesverwaltungsgerichtsbarkeit) möglich.
3. Gemeinden
3.1. bundesverfassungsgesetzliche Regelungen
über die kommunale Selbstverwaltung, insbesondere Normsetzungsrechte
3.2. Gemeindeverbände, insbesondere:
„Aktivierung“ des Art. 120 B‑VG (Gebietsgemeinden)
3.3. Möglichkeiten der Übertragung von
Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden
Die
Möglichkeit, die bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen betreffend die
Gemeinden (Art. 115 bis 120 B‑VG), die weitaus detaillierter sind als –
beispielsweise – die vergleichbaren Bestimmungen des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland oder der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft, zu reduzieren, wird von den Mitgliedern des Ausschusses
überwiegend skeptisch eingeschätzt.
Mehrheitlich
wird die Auffassung vertreten, dass auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene
Vorsorge dafür getroffen werden sollte, dass Änderungen im Bestand der Gemeinden
nur dann möglich sein sollten, wenn die Mehrheit der Wahlberechtigten in jeder
der davon betroffenen Gemeinden zugestimmt hat.
Unterschiedliche
Auffassungen bestehen darüber, ob hinsichtlich des Verhältnisses zwischen
Gemeinde- und Bezirksebene die derzeitige Struktur beibehalten oder ob vermehrt
Aufgaben, die bisher von den Bezirkshauptmannschaften besorgt werden, auf die
(inter)kommunale Ebene verlagert werden sollen. Die unterschiedlichen
Auffassungen resultieren im Wesentlichen aus Folgendem: Unter den Mitgliedern
des Ausschusses herrscht keine Einigkeit darüber, bei welcher Größe eine
Verwaltungseinheit bestimmte Aufgaben am effizientesten erledigen kann - für eine vermehrte Verlagerung auf größere
Einheiten wird die dort im Regelfall bessere Ressourcenausstattung ins Treffen
geführt; die Befürworterinnen und Befürworter einer Zuweisung von
Verwaltungsaufgaben an kleine Einheiten argumentieren mit der größeren
Bürgernähe des entscheidenden Organs und einer daraus resultierenden besseren
Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen.
Von den
Befürworterinnen und Befürwortern einer Aufgabenverlagerung auf die
(inter)kommunale Ebene wird vor allem vorgeschlagen, das Institut der Stadt mit
eigenem Statut (Art. 116 Abs. 3 B‑VG) auszubauen; dabei wird das
Modell ventiliert, die Verleihung eines eigenen Statuts im Sinne der derzeit
geltenden Regelung, also dann, wenn Landesinteressen hiedurch nicht gefährdet
werden, schon für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern vorzusehen, und
für Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern einen Anspruch auf Verleihung
eines eigenen Statuts zu statuieren; einzelne Mitglieder des Ausschusses
sprechen sich in diesem Zusammenhang auch dafür aus, das Erfordernis der
Zustimmung der Bundesregierung entfallen zu lassen. Von einigen Mitgliedern des
Ausschusses wird darüber hinaus auch das Modell einer (eines) „Region
(Gemeindeverbandes) mit eigenem Statut“ ventiliert.
Dem
gegenüber spricht sich eine Reihe von Mitgliedern dafür aus, die bestehende
Behördenstruktur, im besonderen der Bezirkshauptmannschaften, beizubehalten.
Dazu wird vor allem vorgebracht, dass schon der Ausbau des Instituts der Stadt
mit eigenem Statut, vor allem aber die Schaffung von Gemeindeverbänden bzw.
Regionen mit eigenem Statut zu einer komplizierten und für die Bevölkerung
schwer durchschaubaren Behördenstruktur führen würde.
Divergierende
Auffassungen gibt es auch darüber, ob eine Demokratisierung auf der
Bezirksebene wünschenswert ist.
Eine
„Aktivierung“ des Art. 120 B‑VG wird seitens des Ausschusses nicht als
zweckmäßig erachtet. Gleichwohl wird aber von einigen Mitgliedern die
Auffassung vertreten, dass die Bestimmung beibehalten werden sollte, um eine
allfällige zukünftige Schaffung von „Gebietsgemeinden“ nicht auszuschließen;
andere treten für die Aufhebung des Art. 120 B‑VG ein.
Weitgehender
Konsens besteht dahin gehend, dass die Möglichkeiten für Gemeinden,
Gemeindeverbände zu bilden, gegenüber der derzeitigen Regelung in
Art. 116a B‑VG erweitert werden sollten. Insbesondere sollten derartige
Verbände nicht nur zur Besorgung einzelner Aufgaben des eigenen
Wirkungsbereiches und vor allem auch bezirks- bzw. länderübergreifend möglich
sein.
Divergierende
Auffassungen bestehen darüber, ob und - bejahenden Falles - wie die demokratische Struktur von
Gemeindeverbänden verbessert und die unterschiedliche Größe der
verbandsangehörigen Gemeinden Berücksichtigung finden könnte.
Einvernehmen
besteht darüber, dass die – wünschenswerte – Stärkung der interkommunalen
Zusammenarbeit, aber auch der allfällige Ausbau des Instituts der Stadt mit
eigenem Statut entsprechende finanzverfassungs- bzw. finanzausgleichsrechtliche
Vorkehrungen erforderte. Diese Fragen wären vom Ausschuss 10 zu behandeln.
Eine
realistische Alternative zum Modell der „abstrakten Einheitsgemeinde“ wird –
wie wohl die Probleme dieses Modells vom Ausschuss nicht verkannt werden –
nicht gesehen.
Was die
Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen anlangt, so wird ein dem Ausschuss
vorgelegter Textvorschlag des Österreichischen Gemeindebundes und des
Österreichischen Städtebundes, wonach die Gemeinde auch
Verwaltungsstrafbestimmungen erlassen und vollziehen kann, weitgehend
befürwortet.[18]
Auch was
die Übertragung der Besorgung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches
der Gemeinde auf staatliche Behörden anlangt, wird ein diesbezüglicher
Vorschlag des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen
Städtebundes, wonach der Gemeinde prinzipiell ein Anspruch auf Übertragung
sowie gegebenen Falles auch auf Aufhebung der Übertragungsverordnung eingeräumt
werden soll, weitgehend befürwortet.[19]
Hinsichtlich
einer möglichen Neufassung des Art. 119a Abs. 5 B‑VG (Vorstellung
gegen einen Bescheid eines Gemeindeorgans in Angelegenheiten des eigenen
Wirkungsbereiches) vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass die
diesbezüglichen Ergebnisse der Vorberatungen im Ausschuss 9 betreffend die
allfällige Einführung von Landesverwaltungsgerichten abgewartet werden sollte,
ehe diese Frage abschließend beurteilt wird.
4. Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam
betreffende Fragen
4.1. Zahl der staatlichen Ebenen unter
Berücksichtigung der EU-Ebene
Dazu wird
überwiegend die Auffassung vertreten, dass die „Abschaffung“ einer Ebene wohl
nicht in Betracht komme; überhaupt sei das Bild von drei (Bund, Länder,
Gemeinden) bzw. vier (+ Bezirke) staatlichen Ebenen zu relativieren. Wesentlich
sei vielmehr eine möglichst zweckmäßige Zuweisung der staatlichen Aufgaben zu
den einzelnen Ebenen und die Schaffung möglichst kurzer Instanzenzüge.
Zur Frage
des Verhältnisses zwischen Gemeinde- und Bezirksebene und einer allfälligen
Neugestaltung der Bezirksebene wird auf die diesbezüglichen Ausführungen unter
Pkt. 3. Gemeinden verwiesen.
4.2. Neue Formen der Kooperation zwischen
Bund, Ländern und Gemeinden
4.2.1. Art. 15a B‑VG - Vereinbarung - self-exekuting?
Eine Reihe
von Mitgliedern des Ausschusses vertritt die Auffassung, dass das
Regelungsinstrument der Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG in seiner
gegenwärtigen Ausgestaltung kompliziert und umständlich zu handhaben sei. Auch
wenn der Bedarf nach länderübergreifender Kooperation anerkannt werde, werde
die Ermöglichung von unmittelbar anwendbaren Vereinbarungen dieser Art wegen
der damit verbundenen Probleme hinsichtlich der demokratischen Legitimation
sowie der Kontrollmöglichkeiten durch den Verfassungsgerichtshof skeptisch
beurteilt. Ein Entfall dieses Regelungsinstruments wird aber auch von dieser
Seite nicht angeregt.
Dem
gegenüber vertreten andere Mitglieder des Ausschusses die Auffassung, dass
Art. 15a B‑VG in der Weise geändert werden sollte, dass self-executing
Vereinbarungen ermöglicht werden.[20]
Darüber
hinaus wird von einigen Mitgliedern des Ausschusses die Auffassung vertreten,
dass auch der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund
als mögliche Vertragsparteien von Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG
vorgesehen werden sollten. Divergierende Auffassungen bestehen darüber, ob auch
einzelnen Gemeinden die Möglichkeit des Abschlusses öffentlich-rechtlicher
Vereinbarungen eröffnet werden sollte.
4.2.2. gemeinsame Einrichtungen
Kontroversiell
wird auch die Frage einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung gesehen, der
zufolge Bund, Länder und – allenfalls auch – Gemeinden ermächtigt werden,
gemeinsame Einrichtungen zu schaffen. Als regelungstechnischer Standort einer
derartigen Ermächtigung käme Art. 15a B‑VG in Betracht.
Für eine
derartige Regelung wird ein in der Praxis (z.B. bei der Verwaltung von
Nationalparks) bestehender Bedarf zur Schaffung gemeinsamer Einrichtungen
verschiedener Gebietskörperschaften ins Treffen geführt. Gegen die Schaffung
einer solchen Regelung wird insbesondere vorgebracht, dass der Bedarf nach
gemeinsamen Einrichtungen der Länder ein Indiz für die Zweckmäßigkeit der
Besorgung dieser Aufgabe durch den Bund darstellt.
5. Verfassungsautonomie
5.1. bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben
für die Länder
Konsens
besteht darüber, dass Art. 99 Abs. 1 B‑VG im Sinne der in der
Regierungsvorlage 14 BlgNR 20.GP enthaltenen Fassung geändert werden
sollte.[21]
Im übrigen
wird zur Frage der Erweiterung der Verfassungsautonomie der Länder auf die
diesbezüglichen Ausführungen in Pkt. 2.1. und Pkt. 2.2. verwiesen.
6. Verhältnis zwischen Gesetzgebung und
Vollziehung (Legalitätsprinzip, EU-Rechtsetzung)
6.1. Neuformulierung des Art. 18 B‑VG
a) In seiner derzeit geltenden Fassung (die im
Übrigen nach wie vor der Stammfassung des B‑VG BGBl. Nr. 1920/1
entspricht) bestimmt Art. 18 Abs. 1 B‑VG Folgendes:
„Artikel 18. (1) Die gesamte
staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang
weiters auch Art. 18 Abs. 2 B‑VG, der in seiner derzeit geltenden
Fassung Folgendes bestimmt:
„(2) Jede Verwaltungsbehörde kann auf Grund der
Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen.“
In der Stammfassung wurde dabei an Stelle der
Wortfolge „auf Grund der Gesetze“ die Formulierung „im Rahmen der Gesetze“
verwendet. Zu Folge den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der B‑VG-Novelle
BGBl. Nr. 1925/268, auf die die geltende Fassung zurückgeht, sollte durch
die Änderung klar gestellt werden, dass „der zweite Absatz der Verordnung
[k]einen weiteren Spielraum geben will“, als der erste Absatz der Verwaltung
überhaupt. Nach herrschender Auffassung wird daraus im Wesentlichen abgeleitet,
dass auch der Verordnungsgeber einer hinreichend determinierten materiellen
gesetzlichen Grundlage bedarf, was insbesondere die bloß formalgesetzliche
Delegation ausschließt.
Wenngleich in dieser Bestimmung also nur von
der „Verwaltung“ die Rede ist, so ist doch unbestritten, dass auch die
Gerichtsbarkeit dem Legalitätsprinzip unterliegt. Im Ausschuss besteht daher
Einigkeit dahin gehend, dass für den Fall einer Neufassung des Art. 18
Abs. 1 B‑VG auf die „Vollziehung“, und nicht mehr bloß auf die Verwaltung
abgestellt werden sollte.
Es besteht weiters Einvernehmen darüber, dass - verglichen mit anderen Staaten - die Gesetze
in Österreich tendenziell zu kasuistisch formuliert sind, viele
(Detail-)Regelungen enthalten, die nicht auf gesetzlicher Ebene normiert werden
müssten, und daher insgesamt zu umfangreich sind. Kontroversiell wird im
Ausschuss jedoch die Frage beurteilt, ob die Ursachen dafür allein
rechts(etzungs)technischer Natur sind - denen
letztlich nur durch eine Änderung der Gesetzgebungspraxis begegnet werden kann - oder ob dafür (auch) das in Art. 18 Abs. 1 B‑VG geregelte
Legalitätsprinzip verantwortlich ist, zumal daraus nach herrschender Auffassung
auch das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot abgeleitet wird, das Verwaltungshandeln
im Gesetz entsprechend „vorherzubestimmen“ (Determinierungsgebot).
Vertreterinnen und Vertreter der zuletzt genannten Position sind der Ansicht,
dass auch eine Neuformulierung des Art. 18 Abs. 1 B‑VG (im Sinne
einer „Lockerung“ des Legalitätsprinzips) zur Lösung des genannten Problems
beitragen könnte. Manche der Vertreterinnen und Vertreter dieser Auffassung
führen dafür weiters ins Treffen, dass der Handlungsspielraum der Verwaltung - und hier vor allem des Verordnungsgebers - auch deshalb erweitert werden sollte, um die Effizienz des
Verwaltungshandelns zu erhöhen; einige betonen dabei auch den Aspekt, dass eine
Vergrößerung des Freiraums der Verwaltung mit einer Stärkung der demokratischen
Kontrollrechte der Gesetzgebung gegenüber der Verwaltung einhergehen müsste.
b) Ausgehend davon werden zur Frage einer
Änderung des Art. 18 Abs. 1 und 2 B‑VG im Wesentlichen die folgenden
Positionen vertreten.
ba) Manche Ausschussmitglieder sprechen sich
dafür aus, Art. 18 Abs. 1 B‑VG derart zu ergänzen, dass sich der
Gesetzgeber auf die Vorgabe von Zielen beschränken kann.[22]
Damit würde dem Gesetzgeber ermöglicht, die ihm wesentlich erscheinenden
Regelungen zur Steuerung des Verwaltungshandelns zu treffen, ohne sich mit
Details beschäftigen zu müssen. Der Handlungsspielraum der Verwaltung würde
erweitert; sie wäre in die Lage versetzt, rasch und flexibel zu (re)agieren.
bb) Ein anderer Vorschlag sieht vor,
Art. 18 Abs. 1 B‑VG dahin gehend zu ändern, dass sich der
Determinierungsgrad einer gesetzlichen Regelung - im Sinne eines beweglichen Systems - nach der „Eingriffsnähe“ des Gesetzes bzw. nach den
Mitwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Personen im Verfahren bestimmt.[23]
Im erstgenannten Zusammenhang orientiert sich dieser Vorschlag zu einem
gewissen Grad an der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, der zu Folge so
genannte eingriffsnahe Gesetze, die zu Grundrechtseingriffen ermächtigen, einem
vergleichsweise strengeren Bestimmtheitsgebot unterliegen. Weiters sieht dieser
Vorschlag vor, Art. 18 Abs. 2 B‑VG dahin gehend zu ergänzen, dass
Verordnungen auch dann erlassen werden dürfen, wenn das Gesetz dazu
ausdrücklich ermächtigt und die Ziele der Regelung im Gesetz ausreichend
bestimmt sind, sowie dahin gehend, dass Verordnungen ihre gesetzliche Grundlage
angeben müssen. Schließlich soll diesem Vorschlag zu Folge
bundesverfassungsgesetzlich klargestellt werden, dass die (Aufbau- und
Ablauf-)Organisation der Verwaltung - mit
Ausnahme der Regelung der (sachlichen) Zuständigkeit - grundsätzlich keiner gesetzlichen Regelung bedarf.
Die grundsätzliche Stoßrichtung dieses
Vorschlages wird von mehreren Ausschussmitgliedern begrüßt. Insbesondere wird
die dem Gesetzgeber eingeräumte Wahlmöglichkeit, von einer inhaltlichen
Determinierung des Verordnungsgebers im Einzelfall absehen zu können und
lediglich die Ziele der Regelung im Gesetz explizit festzuhalten, befürwortet.
Skeptisch wird hingegen - selbst von
manchen, die eine Neuregelung grundsätzlich befürworten - das Abstellen auf die Mitwirkung der Betroffenen im Verfahren und die
weit reichende Freistellung der Organisation der Verwaltung von gesetzlichen
Bindungen beurteilt.
bc)
Dem gegenüber spricht sich eine Reihe anderer Ausschussmitglieder gegen eine
Änderung des Art. 18 Abs. 1 und 2 B‑VG aus. Von dieser Seite wird zum
einen bezweifelt, ob die eingangs genannten Probleme (zu viele und zu
detaillierte gesetzliche Regelungen) durch eine Umformulierung des Art. 18
B‑VG behoben werden können. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen,
dass auch die geltende Regelung des Art. 18 B‑VG - im Sinne der (jüngeren)
Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (differenziertes Legalitätsprinzip) - dem Gesetzgeber die Möglichkeit
eröffnet, sich auf die Regelung des (rechtspolitisch) Wesentlichen zu
beschränken. Überdies würde bei einer Lockerung der Gesetzesbindung das Problem
der „Normenflut“ lediglich von der Ebene des Gesetzes auf die der Verordnung
verlagert werden. Zum anderen sprechen sich die Vertreterinnen und Vertreter
dieser Auffassung auch grundsätzlich gegen eine dahin gehende Änderung aus:
Eine Lockerung der Bindung der Verwaltung an das Gesetz und mehr Freiräume für
diese würden insbesondere die Vorhersehbarkeit der Verwaltungsentscheidungen
für den Einzelnen beeinträchtigen und somit zu Rechtsunsicherheit führen. Im
Ergebnis würde eine Reduzierung der Bindung des Verwaltungshandelns an das
Gesetz auch gar nicht zu einer Erweiterung des Handlungsspielraumes der
Verwaltung führen, weil - auf längere Sicht - die (verwaltungs)gerichtliche
Kontrolldichte zunehmen würde. Überhaupt sei die Gesetzesbindung der Verwaltung
in ihrer derzeitigen Ausgestaltung ein wesentlicher Bestandteil des
demokratischen und des rechtsstaatlichen Prinzips und sollte daher aus grundsätzlichen
verfassungspolitischen Erwägungen beibehalten werden.
Gegenüber dem als Variante 2 vorliegenden
Textvorschlag wird von diesen Mitgliedern darüber hinaus angemerkt, dass die
vorgeschlagene Neuformulierung des Art. 18 B‑VG zu einer Reihe von bislang
nicht bestehenden Interpretationsproblemen führen würde und schon aus diesem
Grund unterbleiben sollte.
6.2. Erfordernis der gesetzlichen Umsetzung
von EU-Richtlinien
Nach der Judikatur des
Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 15.189/1998) ist Art. 18 Abs. 2 B‑VG
durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union inhaltlich nicht
modifiziert worden; daraus ergibt sich, dass zur Umsetzung von
gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die einer innerstaatlichen
Konkretisierung zugänglich sind, wie dies bei EU-Richtlinien regelmäßig der
Fall ist, nicht der Verordnungsgeber, sondern der Gesetzgeber berufen ist.
Dafür wird vor allem Folgendes ins Treffen geführt: Wollte man annehmen, dass
eine Verordnung unmittelbar auf Grund eines Gemeinschaftsrechtsaktes erlassen
werden kann, so wäre eine derartige Verordnung der rechtlichen Kontrolle durch
den Verfassungsgerichtshof weitgehend entzogen, da der Verfassungsgerichtshof
nicht dazu befugt ist, innerstaatliche Rechtsnormen am Maßstab des
Gemeinschaftsrechts zu prüfen.
Die Frage, ob die innerstaatliche Umsetzung
von EU-Richtlinien durch Verordnung bundesverfassungsgesetzlich ermöglicht
werden soll, wird im Ausschuss kontroversiell beurteilt:
a) Eine Reihe von Mitgliedern lehnt eine
Änderung des B‑VG in dieser Hinsicht ab. Diese Ausschussmitglieder sprechen
sich vor allem aus grundsätzlichen demokratiepolitischen Erwägungen für die
Beibehaltung des diesbezüglichen „Parlamentsvorbehaltes“ aus. Allenfalls käme - im Sinne einer Entlastung des Plenums des Nationalrates - eine bundesverfassungsgesetzliche Regelung in Betracht, der zu Folge
die Erlassung einer gesetzlichen Regelung zur Umsetzung einer EU-Richtlinie
(„Enderledigung“) in einem Ausschuss des Nationalrates erfolgen kann;
allerdings nur dann, wenn es sich bloß um Regelungen „technischer“ Natur
handelt und die Öffentlichkeit der Ausschussberatungen gewährleistet wird.
b) Eine Reihe anderer Mitglieder des
Ausschusses tritt - vor allem mit dem Argument, dass die Zahl
der gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung von EU-Richtlinien in Österreich
weitaus höher sei als in anderen EU-Mitgliedstaaten und der Gesetzgeber von der
Erlassung zahlreicher zumeist rein „technischer“ (Umsetzungs-)Regelungen
entlastet werden sollte - dafür ein,
eine „vereinfachte“ Umsetzung von EU-Richtlinien durch Verordnung zuzulassen,
wobei im Wesentlichen drei Modelle ventiliert werden:
ba) Der Gesetzgeber soll in jedem Fall befasst
werden, er soll aber die Möglichkeit erhalten, die Verwaltung zur Umsetzung der
Richtlinie durch Verordnung - gegebenen
Falles auch bloß „formell“ - zu
ermächtigen. Dem gemäß hätte es der Gesetzgeber in jedem Einzelfall in der
Hand, die Richtlinie selbst durch Gesetz umzusetzen oder die Umsetzung durch
Verordnung zu ermöglichen. Von Seite derer, die diese Position ablehnen, wird
dazu kritisch bemerkt, dass es die Mehrheit des Nationalrates auf diese Weise in
der Hand hätte, die zur Umsetzung erforderliche Regelung in inhaltlicher
Hinsicht an den Verordnungsgeber zu delegieren.
bb) Die Umsetzung durch Verordnung soll von
Verfassungs wegen (nur) dann zulässig sein, wenn die Richtlinie inhaltlich
derart determiniert ist wie dies Art. 18 B‑VG in der geltenden Fassung für
innerstaatliche Gesetze fordert.
bc) Die Umsetzung durch Verordnung soll dann
zulässig sein, wenn der Hauptausschuss des Nationalrates gemäß Art. 23e B‑VG
mit dem entsprechenden Vorhaben befasst war und dazu eine Stellungnahme
abgegeben hat. Dagegen wird vor allem ins Treffen geführt, dass im Zeitpunkt
der Befassung des Nationalrates mit einem Rechtsetzungsvorhaben der EU der Text
der - letztlich umzusetzenden - Richtlinie
noch nicht endgültig feststehe.
7. Mitwirkung österreichischer Organe an der
Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union (Art. 23c B‑VG)
Die geltende Fassung des Art. 23c B‑VG
geht auf die B‑VG-Novelle BGBl. Nr. 1994/103 zurück, die in Zusammenhang
mit dem Beitritt Österreichs zur EU erlassen wurde.
Die Bestimmung regelt in äußerst detaillierter
Weise die innerstaatliche Willensbildung bei der österreichischen Mitwirkung an
der Ernennung von Mitgliedern näher bezeichneter Organe bzw. Einrichtungen der
EU.
Von einer Reihe von Ausschussmitgliedern wird
die Auffassung vertreten, dass Art. 23c B‑VG zu detailliert formuliert ist
und durch eine knappe, allgemein gehaltene Regelung ersetzt werden sollte. In
diesem Sinne wird insbesondere angeregt, die Aufzählung der von der Bestimmung
erfassten EU-Organe und EU-Einrichtungen auf ihre Aktualität hin zu überprüfen
und nach Möglichkeit durch eine allgemeine Klausel zu ersetzen. Dem gegenüber
wird vereinzelt darauf hingewiesen, dass die ausdrückliche
bundesverfassungsgesetzliche Regelung der diesbezüglichen Mitwirkungsbefugnisse
des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes
unerlässlich sei.
Grundsätzlich wird - auch von den Mitgliedern, die für eine Vereinfachung der Regelung im
oben erwähnten Sinn eintreten - Folgendes
zu Bedenken gegeben: Eine allgemein formulierte Bestimmung käme nur dann in
Betracht, wenn auf die Regelung der spezifischen Mitwirkungsbefugnisse gemäß
den Abs. 2 bis 5, die je nach betroffenem Organ differenzieren, auf
bundesverfassungsgesetzlicher Ebene verzichtet wird. Wenn man freilich die
Entstehungsgeschichte der Regelung berücksichtigt, so erscheint dies wenig aussichtsreich.
Zu erwägen wäre allenfalls auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene eine
allgemeine Regelung zu treffen und die Details einem gegebenen Falles mit
erhöhtem Beschlussquorum zu beschließenden - einfachen - Bundesgesetz vorzubehalten. Ob dieser Weg
gangbar ist, hängt vom Ergebnis der Vorberatungen zu einer derartigen
Rechtsquellenkategorie im Ausschuss 2 ab.
Ungeachtet all dessen wird vereinzelt
vorgeschlagen, die diesbezüglichen Mitwirkungsbefugnisse der Länder dem
Bundesrat zu übertragen; ferner wird vereinzelt angeregt, eine entsprechende
Regelung auch für die österreichische Mitwirkung an der Ernennung von
Mitgliedern anderer Organe, etwa des Generalsekretärs bzw. der Generalsekretärin
des Europarates, zu schaffen
8. Wahl der Abgeordneten zum Europäischen
Parlament (Art. 23a B‑VG), Mitwirkung des Nationalrates und des
Bundesrates an der nationalen Willensbildung zu Vorhaben der Europäischen Union
(Art. 23e B‑VG) sowie Mitwirkung Österreichs an der gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik (Art. 23f B‑VG)
Im Sinne der diesbezüglichen Akkordierung mit
dem Vorsitzenden des Ausschusses 5 wurden auch diese Punkte im
Ausschuss 3 vorberaten. Als Ergebnis lässt sich Folgendes festhalten:
a) Angemerkt wird, dass eine Änderung des
Art. 26 B‑VG auch Anpassungen im Art. 23a B‑VG (Wahl der Abgeordneten
zum Europäischen Parlament) erforderlich machen kann; darauf wäre im Falle
einer Entscheidung über Änderungen des Art. 26 B‑VG Bedacht zu nehmen.
b) Die Praxis der Mitwirkung des Nationalrates
und des Bundesrates an der nationalen Willensbildung zu Vorhaben der
Europäischen Union gemäß Art. 23e B‑VG wird von einigen
Ausschussmitgliedern als wenig befriedigend angesehen - in der Realität seien diese Befugnisse zu wenig effektiv. Bezweifelt
wird allerdings, ob dieses Problem durch eine Neufassung der Bestimmung gelöst
werden kann.
c) Die Frage der Mitwirkung Österreichs an der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Art. 23f B‑VG wird im
Ausschuss 1 (Staatsaufgaben und Staatsziele) im Zusammenhang mit der
Behandlung des Staatzieles der immerwährenden Neutralität behandelt. Die
Beratungen, die sich auch auf die Bedeutung der Teilnahme an der GASP für die
Neutralität erstrecken, sind noch nicht abgeschlossen. Aus diesem Grund
erachtet es der Ausschuss 3 zum gegenwärtigen Zeitpunkt als wenig
zweckmäßig, über eine allfällige Neufassung des Art. 23f B‑VG zu beraten.
1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat
Textvorschläge zu Art. 26 B‑VG
Variante 1
Art. 26 lautet:
„Artikel 26. (1) Die Mitglieder des
Nationalrats werden nach den Grundsätzen der allgemeinen, gleichen,
unmittelbaren, geheimen, persönlichen und freien Wahl gewählt.
(2) Wahlberechtigt sind alle Staatsbürgerinnen
und Staatsbürger, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Wählbar sind alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die am Wahltag das
19. Lebensjahr vollendet haben. Der Ausschluss vom Wahlrecht oder von der
Wählbarkeit darf nur die Folge einer gerichtlichen Entscheidung sein.
(3) Jedes Bundesland bildet einen Wahlkreis.
Die Zahl der Abgeordneten wird auf diese Wahlkreise im Verhältnis der Zahl der
Staatsbürgerinnen und Staatsbürger verteilt. Das Wahlgebiet kann darüber hinaus
insbesondere zur Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse oder zur
Personalisierung des Wahlsystems in weitere Wahlkreise gegliedert oder auf
andere Weise unterteilt werden. Dabei dürfen die Wahlrechtsgrundsätze nicht
beeinträchtigt werden. Wahlkreise können in einen oder mehrere
Wahlkreisverbände zusammengefasst werden.
(4) Die Wählerinnen und Wähler können ihre
Stimmen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen vor einer Wahlbehörde, mittels
Briefwahl oder auf jede andere technische Weise, die in Hinblick auf die
Wahlrechtsgrundsätze geeignet ist, abgeben.
(5) Die näheren Bestimmungen werden durch ein
Bundesgesetz festgelegt.
Variante 2
Art. 26 lautet:
„Artikel 26. (1) Der Nationalrat
wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien
und geheimen Wahlrechtes der Frauen und Männer, die spätestens mit Ablauf des
Tages der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben, nach den Grundsätzen
der Verhältniswahl gewählt. Durch Bundesgesetz werden die näheren Bestimmungen
über das Wahlverfahren getroffen.
(2) Das Bundesgebiet wird in räumlich
geschlossene Wahlkreise geteilt, deren Grenzen die Landesgrenzen nicht
schneiden dürfen; diese Wahlkreise sind in räumlich geschlossene
Regionalwahlkreise zu untergliedern. Die Zahl der Abgeordneten wird auf die
Wahlberechtigten der Wahlkreise (Wahlkörper) im Verhältnis der Zahl der
Wahlberechtigten verteilt; in gleicher Weise wird die Zahl der einem Wahlkreis
zugeordneten Abgeordneten auf die Regionalwahlkreise verteilt. Die Wahlordnung
zum Nationalrat hat ein abschließendes Ermittlungsverfahren im gesamten
Bundesgebiet vorzusehen, durch das sowohl ein Ausgleich der den wahlwerbenden
Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als auch eine Aufteilung der noch nicht
zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Parteien,
denen im Bundesgebiet mehr als 4% der abgegebenen gültigen Stimmen zugefallen
sind, haben Anspruch auf Zuweisung von Mandaten. Eine Gliederung der
Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig.
(3) [entfällt]
(4) Wählbar sind alle Frauen und Männer, die am
Stichtag die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und spätestens mit
Ablauf des Tages der Wahl das 19. Lebensjahr vollendet haben.
(5) Die Ausschließung vom Wahlrecht und von der
Wählbarkeit kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung sein.
(6) Zur Durchführung und Leitung der Wahlen zum
Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten und von Volksabstimmungen sowie zur
Mitwirkung bei der Überprüfung von Volksbegehren und Volksbefragungen sind
Wahlbehörden zu bestellen, denen als stimmberechtigte Beisitzer Vertreter der
wahlwerbenden Parteien anzugehören haben, bei der Bundeswahlbehörde überdies
Beisitzer, die dem richterlichen Stand angehören oder angehört haben. Die in
der Wahlordnung festzusetzende Anzahl dieser Beisitzer ist - abgesehen von den dem richterlichen Berufsstande entstammenden
Beisitzern - auf die wahlwerbenden Parteien nach
ihrer bei der letzten Wahl zum Nationalrat festgestellten Stärke aufzuteilen.
Die näheren Bestimmungen über jene Fälle, in denen die Stimmabgabe bei Wahlen
zum Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten sowie bei Volksabstimmungen
nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen muss, können vom Nationalrat nur in
Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von
zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
(7) [entfällt]“
Variante 3
Art. 26 lautet:
„Artikel 26. Der Nationalrat wird auf
Grund des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und
geheimen Wahlrechtes nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Durch
Bundesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren getroffen.
Die näheren Bestimmungen über die Gliederung des Wahlgebietes in Wahlkreise,
den Kreis der Wahlberechtigten, den Wahltag, die Organisation der Wahlbehörden
sowie über jene Fälle, in denen die Stimmabgabe nicht vor einer Wahlbehörde
erfolgen muss, können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der
Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen
Stimmen beschlossen werden.“
[Die Abs. 2 bis 7 entfallen.]
1.1.1.3. Organisation des Nationalrates
Textvorschlag zu Art. 41 B‑VG
Dem Art. 41 Abs. 2 wird folgender
Satz angefügt:
„Ist die Behandlung eines
Volksbegehrens bei Ablauf einer Gesetzgebungsperiode noch nicht abgeschlossen,
so ist der Antrag von der Bundeswahlbehörde dem neu gewählten Nationalrat
erneut vorzulegen.“
1.1.3. Weg der Bundesgesetzgebung
Textvorschlag zu Art. 41 B‑VG
Art. 41 Abs. 1 wird folgender Satz
angefügt:
„Zur Vorbereitung von Vorlagen der
Bundesregierung ist im Regelfall ein Begutachtungsverfahren durchzuführen.“
Textvorschlag zu Art. 115 B‑VG
Art. 115 Abs. 3 wird folgender Satz
angefügt:
„Sie [das sind: der Österreichische
Gemeindebund und der Österreichische Städtebund] sind vom Bund und von den
Ländern in allen Angelegenheiten einzubinden, die die Gemeinden betreffen,
insbesondere haben sie in diesen Angelegenheiten das Recht, alle Gesetzes- und
Verordnungsentwürfe des Bundes oder der Länder zu begutachten.“
Textvorschlag zu Art. 41 B‑VG
Art. 41 Abs. 1 erster Satz lautet:
„Gesetzesvorschläge gelangen an den
Nationalrat als Anträge seiner Mitglieder, des Bundesrates oder eines Drittels
der Mitglieder des Bundesrates, des Österreichischen Gemeindebundes oder des
Österreichischen Städtebundes sowie als Vorlagen der Bundesregierung.“
1.2.2. Bundesregierung
Textvorschläge zu Art. 69 B‑VG
Art. 69 Abs. 1 wird folgender Satz
angefügt:
„Die Bundesregierung gibt sich eine
Geschäftsordnung [, in der insbesondere die näheren Bestimmungen über den
Geschäftsgang getroffen werden].“
Art. 69 Abs. 3 wird folgender Satz
angefügt:
„Ein gültiger Beschluss bedarf der
Einstimmigkeit der anwesenden Mitglieder der Bundesregierung.“
Art. 69 Abs. 3 wird folgender Satz
angefügt:
„Eine Beschlussfassung im Umlaufwege
durch alle Mitglieder der Bundesregierung ist zulässig.“
Textvorschläge zu Art. 70 B‑VG
Variante 1
Art. 70 lautet:
„Artikel 70. (1) Die Bundesregierung
wird vom Nationalrat in namentlicher Abstimmung auf einen vom Hauptausschuss zu
erstattenden Gesamtvorschlag gewählt.
(2) In die Bundesregierung kann nur gewählt
werden, wer zum Nationalrat wählbar ist; die Mitglieder der Bundesregierung müssen
nicht dem Nationalrat angehören.
(3) Ist der Nationalrat nicht versammelt, wird
die Bundesregierung vorläufig vom Hauptausschuss bestellt; sobald der
Nationalrat zusammentritt, hat die Wahl zu erfolgen.
(4) Auf die Bestellung einzelner Mitglieder der
Bundesregierung finden die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 sinngemäß
Anwendung.“
Variante 2
Art. 70 lautet:
„Artikel 70. (1) Der Bundeskanzler
wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Nationalrat gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der
Mitglieder des Nationalrates auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom
Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so
kann der Nationalrat binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der
Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
(4) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des
Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.“
2.1. Legislative der Länder
Textvorschläge zu Art. 95 B‑VG
Variante 1
Art. 95 lautet:
„Artikel 95. (1) Die Gesetzgebung der
Länder wird von den Landtagen ausgeübt. Deren Mitglieder werden auf Grund des
gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen
Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten
Landesbürgerinnen und Landesbürger gewählt. Durch Landesgesetz werden die
näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren und über die allfällige Wahlpflicht
getroffen. In diesem Landesgesetz sind insbesondere auch die Gründe
festzusetzen, aus denen eine Nichtteilnahme an der Wahl trotz Wahlpflicht als
entschuldigt gilt.
(2) Die Landtagswahlordnungen dürfen die
Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen als die
Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat.
(3) Die Wahlberechtigten üben ihr Wahlrecht in
Wahlkreisen aus, von denen jeder ein geschlossenes Gebiet umfassen muss und die
in räumlich geschlossene Regionalwahlkreise unterteilt werden können. Die Zahl
der Abgeordneten ist auf die Wahlkreise im Verhältnis der Zahl der
Wahlberechtigten zu verteilen. Die Landtagswahlordnung kann ein abschließendes
Ermittlungsverfahren im gesamten Landesgebiet vorsehen, durch das sowohl ein
Ausgleich der den wahlwerbenden Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als
auch eine Aufteilung der noch nicht zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der
Verhältniswahl erfolgt. Parteien, denen im Landesgebiet mehr als 4% der
abgegebenen gültigen Stimmen zugefallen sind, haben Anspruch auf Zuweisung von
Mandaten. Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht
zulässig.
(4) Durch Landesgesetz werden jene Fälle
geregelt, in denen die Stimmabgabe nicht vor der Wahlbehörde erfolgen muss;
diese Bestimmungen können vom Landtag nur in Anwesenheit von mindestens der
Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen
beschlossen werden.“
[Der bisherige Abs. 4 wird zu
Abs. 5.]
Variante 2
Art. 95 Abs. 1 lautet:
„Artikel 95. Die Gesetzgebung der
Länder wird von den Landtagen ausgeübt. Deren Mitglieder werden auf Grund des
allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen
Wahlrechtes gewählt. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über
das Wahlverfahren getroffen.“
[Der bisherige Abs. 4 wird zu
Abs. 2.]
2.2. Exekutive der Länder
Textvorschlag zu Art. 101
Abs. 1 B‑VG
Art. 101 Abs. 1 lautet:
„Artikel 101. (1) Die Vollziehung
jedes Landes übt eine Landesregierung aus. Die Bestellung der Mitglieder der
Landesregierung ist in der Landesverfassung zu regeln.“
Textvorschläge zu Art. 101
Abs. 4 und 5 sowie 105 bis 107 B‑VG (iSd RV 14 BlgNR 20.GP)
Dem Art. 101 werden folgende Absätze
angefügt:
„(4) Die Landesregierung gibt sich eine
Geschäftsordnung, in der nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung
insbesondere die Besorgung von Geschäften durch die Landesregierung als Kollegium
oder auch durch einzelne ihrer Mitglieder geregelt wird. Die Geschäftsordnung
ist der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.
(5) Die Mitglieder der Landesregierung sind dem
Landtag gemäß Art. 142 verantwortlich. Zu einem Beschluss, mit dem eine
Anklage im Sinne des Art. 142 erhoben wird, bedarf es der Anwesenheit der
Hälfte der Mitglieder.“
Art. 105 lautet:
„Artikel 105. (1) Der
Landeshauptmann vertritt das Land.
[(2) Die Landeshauptmänner bilden in ihrer
Gesamtheit die Landeshauptmännerkonferenz.]“
Art. 106 lautet:
„Artikel 106. (1) Die Geschäfte
der Landesregierung und des Landeshauptmannes werden durch das Amt der
Landesregierung besorgt.
(2) Der Landeshauptmann ist der Vorstand des
Amtes der Landesregierung. Als solchem sind ihm auch die Bezirkshauptmannschaften
unterstellt.
(3) Zur Leitung des inneren Dienstes des Amtes
der Landesregierung wird von der Landesregierung ein Landesamtsdirektor
bestellt. Die Leitung des inneren Dienstes erfolgt unter der unmittelbaren
Aufsicht des Landeshauptmannes.
(4) Die Regelungen des Geschäftsganges
(Geschäftsordnung) sowie die innere Gliederung und Verteilung der Geschäfte
(Geschäftseinteilung) im Amt der Landesregierung werden vom Landeshauptmann mit
Zustimmung der Landesregierung getroffen.“
Art. 107 lautet:
„Artikel 107. Die Landesregierung
und die Bezirkshauptmannschaften sind die Behörden der allgemeinen staatlichen
Verwaltung. Die Bezirkshauptmannschaften besorgen die Aufgaben der
Bezirksverwaltung.“
Bundeshauptstadt Wien
Textvorschlag zu Art. 108 B‑VG
„Jedes Bundesland gliedert sich in Gemeinden.
Das Bundesland Wien ist als Bundeshauptstadt gleichzeitig Gemeinde im Sinne der
Art. ... [derzeitige Art. 115 bis 120 B‑VG]“
3. Gemeinden
Textvorschlag zu Art. 118 B‑VG
Art. 118 Abs. 6 lautet:
„(6) In den Angelegenheiten des eigenen
Wirkungsbereiches hat die Gemeinde das Recht, Verordnungen nach freier
Selbstbestimmung zur Abwehr und Beseitigung von Gefahren und Missständen,
soweit dies im öffentlichen Interesse gelegen ist, zu erlassen. Die Gemeinde
kann die Übertretung solcher Verordnungen zu Verwaltungsübertretungen erklären
und Strafbestimmungen bis zu einer gesetzlich festzulegenden Strafhöhe
erlassen. Die Gemeinde ist berechtigt, auch Maßnahmen unmittelbarer Befehls-
und Zwangsgewalt anzuordnen und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
oder der öffentlichen Aufsicht zur Mitwirkung an der Vollziehung zu
ermächtigen. Solche Verordnungen dürfen nicht gegen bestehende Gesetze des
Bundes und des Landes verstoßen.“
Art. 118 Abs. 7 lautet:
„(7) Jede Gemeinde hat das Recht auf
Übertragung der Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen
Wirkungsbereiches nach Maßgabe des Art. 119a Abs. 3 durch Verordnung
der Landesregierung bzw. des Landeshauptmannes auf eine staatliche Behörde. Der
Antrag kann wegen schwerwiegender Beeinträchtigungen von Bundes- oder
Landesinteressen durch die Bundesregierung bzw. durch die Landesregierung
binnen einer Frist von 6 Wochen abgewiesen werden. Zur Wahrung der örtlichen
Interessen erhält sie in diesen Angelegenheiten Parteistellung. Eine solche
Verordnung ist jederzeit auf Verlangen der Gemeinde wieder aufzuheben. Die
Übertragung erstreckt sich nicht auf das Verordnungsrecht nach Abs. 6.“
4. Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam
betreffende Fragen
Textvorschlag zu Art. 15a B‑VG
(iSd RV 14 BlgNR 20.GP)
Art. 15a lautet:
„Artikel 15a. (1) Bund und Länder
können Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches
schließen.
(2) Der Abschluss solcher Vereinbarungen namens des
Bundes obliegt je nach dem Gegenstand der Bundesregierung oder den
Bundesministern. Vereinbarungen gesetzändernden oder gesetzesergänzenden
Inhalts dürfen nur von der Bundesregierung mit Genehmigung des Nationalrates
abgeschlossen werden, wobei Art. 50 Abs. 2 und 3 für solche
Beschlüsse des Nationalrates gilt; sie sind im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
Anlässlich des Abschlusses einer anderen Vereinbarung kann das abschließende
Organ anordnen, dass die Vereinbarung durch Erlassung von Verordnungen zu
erfüllen ist.
(3) Der Abschluss von Vereinbarungen namens eines
Landes obliegt dem nach der Landesverfassung zuständigen Organ. Vereinbarungen
gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Inhalts dürfen nur mit Genehmigung des
Landtages abgeschlossen werden. Bei einer Vereinbarung gesetzändernden oder
gesetzesergänzenden Inhalts kann der Landtag anlässlich ihrer Genehmigung
beschließen, dass sie durch Erlassung von Gesetzen, bei einer anderen
Vereinbarung kann das nach der Landesverfassung zuständige Organ anordnen, dass
sie durch Erlassung von Verordnungen zu erfüllen ist.
(4) Vereinbarungen der Länder untereinander können
nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches abgeschlossen
werden. Bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen, die für die Erlassung von
Gesetzen oder Verordnungen der Länder besondere Erfordernisse festlegen, gelten
auch für Vereinbarungen, die nicht durch Erlassung von Gesetzen oder
Verordnungen zu erfüllen sind. Auf Beschlüsse der Landtage gemäß Abs. 3
zweiter Satz über Vereinbarungen, die nicht durch Erlassung von Gesetzen zu
erfüllen sind, ist Art. 98 anzuwenden; andere Vereinbarungen der Länder
untereinander sind der Bundesregierung vor ihrem Inkrafttreten zur Kenntnis zu
bringen.
(5) Durch Vereinbarungen nach Abs. 4 können für
einzelne Angelegenheiten gemeinsame Einrichtungen [nichtbehördlichen
Charakters] geschaffen werden.
(6) Die Grundsätze des völkerrechtlichen
Vertragsrechtes sind auf Vereinbarungen im Sinne des Abs. 1 anzuwenden.
Das gleiche gilt für Vereinbarungen im Sinne des Abs. 4, soweit nicht
durch die Verfassungen der betreffenden Länder übereinstimmend anderes bestimmt
ist.“
5. Verfassungsautonomie
Textvorschlag zu Art. 99
Abs. 1 B‑VG (iSd RV 14 BlgNR 20.GP)
Art. 99 Abs. 1
lautet:
„(1) Die durch Landesverfassungsgesetz zu
erlassende Landesverfassung darf der Bundesverfassung nicht widersprechen.“
6. Legalitätsprinzip
Textvorschläge zu Art. 18 B‑VG
Variante 1
Dem Art. 18
Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Die Gesetzgebung kann von einer
bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörden absehen und das
Verhalten der Verwaltungsbehörden insbesondere durch die Festlegung von Zielen
vorherbestimmen.“
Variante 2
Art. 18 Abs. 1
bis3 lauten:
„Artikel 18. (1) Die gesamte
Vollziehung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Das Erfordernis
ihrer Bestimmtheit hängt vom Ausmaß des Eingriffs in Rechte [von Personen] und
davon ab, inwieweit die Mitwirkung der Betroffenen im Verfahren eine
sachgerechte Entscheidung gewährleistet.
(2) Jede Verwaltungsbehörde kann auf Grund der
Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen und darüber
hinaus, sofern sie hiezu ausdrücklich durch Gesetz ermächtigt wird und die
Ziele der Regelung im Gesetz ausreichend bestimmt sind. Verordnungen haben ihre
gesetzliche Grundlage anzuführen.
(3) Die Organisation der Verwaltung [mit
Ausnahme des Rechtszuges] bedarf keiner gesetzlichen Grundlage, sofern diese
Bundesverfassung nichts anderes bestimmt.“
Die Abs. 3 bis 5 des Art. 18
erhalten die Absatzbezeichnung „(4)“, „(5)“ und „(6)“.
Vorsitzender des Ausschusses 3
Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger e.h.
[1] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im
Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat als Variante 1.
[2] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im
Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat als Variante 2.
[3] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im
Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat als Variante 3.
[4] Ein
dahingehender Textvorschlag - aus verfassungssystematischen
Erwägungen zu Art. 41 Abs. 2 B‑VG - findet sich im Besonderen Teil
unter Pkt. 1.1.1.3. Organisation
des Nationalrates.
[5] Ein Textvorschlag für eine dementsprechende Vorschrift findet sich im
Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.3. Weg der Bundesgesetzgebung.
[6] Ein Textvorschlag betreffend eine dahin gehende Änderung des
Art. 115 Abs. 3 B‑VG findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.3.
Weg der Bundesgesetzgebung.
[7] Ein dahingehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 1.1.3. Weg der Bundesgesetzgebung.
[8] Ein dahin gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 1.2.2. Bundesregierung als Variante 1.
[9] Ein auf dieser Regelung basierender Textvorschlag findet sich im
Besonderen Teil unter Pkt. 1.2.2. Bundesregierung als Variante 2.
[10] Ein dahingehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 1.2.2. Bundesregierung.
[11] Ein dahin gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 1.2.2. Bundesregierung.
[12] Ein in diese Richtung gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen
Teil unter Pkt. 1.2.2. Bundesregierung.
[13] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im
Besonderen Teil zu Pkt. 2.1. Legislative der Länder als Variante 1.
[14] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im
Besonderen Teil zu Pkt. 2.1. Legislative der Länder als Variante 2.
[15] Ein dahin gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 2.2. Exekutive der Länder.
[16] Ein Textvorschlag zur Bereinigung der bundesverfassungsgesetzlichen
Bestimmungen betreffend die Exekutive der Länder – orientiert an der
seinerzeitigen Regierungsvorlage 14 BlgNR 20.GP – findet sich im
Besonderen Teil unter Pkt. 2.2. Exekutive der Länder.
Diese Änderungsvorschläge bedürfen – vor allem im Hinblick auf die mittelbare
Bundesverwaltung und die Auftragsverwaltung (vor allem Art. 102 bis 104 B‑VG)
– noch der Akkordierung mit dem Ergebnis der Vorberatungen des
Ausschusses 6.
[17] Ein dahin
gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 2.2. Exekutive
der Länder.
[18] Ein dahin gehender Textvorschlag zur Neufassung des Art. 118
Abs. 6 B‑VG findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 3. Gemeinden.
[19] Ein dahin gehender Textvorschlag zur Neufassung des Art. 118
Abs. 7 B‑VG findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 3. Gemeinden.
[20] Ein auf der Regierungsvorlage 14 BlgNR 20.GP basierender Textvorschlag
zur Neufassung des Art. 15a B‑VG findet sich im Besonderen Teil unter Pkt.
4. Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen.
[21] Der dahingehende Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 5. Verfassungsautonomie.
[22] Ein dahin gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 6. Legalitätsprinzip als Variante 1.
[23] Ein dahin gehender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter
Pkt. 6. Legalitätsprinzip als Variante 2.