Bundesministerium für Finanzen, Abt. II/3 / Univ.-Prof. DDr. Ruppe

 

Österreich-Konvent

Ausschuss 10 ‑ Finanzverfassung

 

Vorschlag für eine um Widersprüche und Unklarheiten bereinigte, jedoch inhaltlich im Wesentlichen unveränderte Neufassung des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948

 

Diese Unterlage wurde vom Bundesministerium für Finanzen im Einvernehmen mit Herrn Univ.-Prof. DDr. Ruppe verfasst und wird als gemeinsames Papier dem Ausschuss 10 des Österreich-Konvents vorgelegt.

 

Vorbemerkung:

 

Die folgenden Vorschläge für Änderungen im Finanz-Verfassungsgesetz sind bewusst so gewählt, dass sich daraus möglichst wenig Änderungen gegenüber der derzeitigen Rechtslage und diesbezüglichen VfGH-Judikatur ergeben. Vorschläge rechtspolitischer Natur sind nicht Gegenstand dieses Papiers, rechtspolitische Überlegungen werden nur insoweit in die Überlegungen einbezogen, als sie für die Entscheidung zwischen mehreren möglichen Interpretationen der derzeitigen Rechtslage herangezogen werden. Die Vorschläge dürfen daher auch nicht als Abgehen von Reformvorschlägen interpretiert werden.

 

Wo sich trotz dieser Beschränkung Änderungen gegenüber dem status quo ergeben oder – weil derzeit mehrere Auslegungen möglich sind und noch keine einschlägige Judikatur vorliegt – ergeben könnten, wird dies ausdrücklich angemerkt.

 

Die zumindest formal größten Änderungen betreffen die Bestimmungen über die Gemeindeverbände. Obwohl Gemeindeverbände keine Gebietskörperschaften sind, werden diese bei einzelnen Bestimmungen den Gemeinden gleich gestellt. Vorgeschlagen wird, alle Bestimmungen über Gemeindeverbände zu streichen und die Finanzierung von Gemeindeverbänden (ebenso wie ihre Aufgaben) getrennt zu regeln.

 

Allenfalls könnte in einem eigenen Abschnitt des F-VG geregelt werden, welche Bestimmungen des F-VG auch auf Gemeindeverbände anzuwenden sind (in Betracht kommen zum Beispiel die Bestimmungen über die Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse). Allerdings sollten für eine derartige Bestimmung allfällige Ergebnisse des Konvents für den Bereich der Gemeindeverbände abgewartet werden. Art. II Abs. 2 der Schulverfassungsnovelle 1962 (B‑VG-Nov. 215/1962) und Art. II des B-VG-Novelle BGBl. Nr. 316/1975 jeweils mit Bestimmungen über die Umlegung des Bedarfs der Gemeindeverbände können aufgrund der jüngeren diesbezüglichen VfGH-Judikatur (Slg. 14.457/1996) ersatzlos entfallen.

 

Die Begründungen zu den einzelnen Vorschlägen gehen bewusst nicht auf alle Aspekte der jeweiligen Bestimmungen ein, sondern zumeist nur auf die jeweiligen Änderungen. Für Details zur derzeitigen Rechtslage wird auf die Literatur verwiesen (insb.: Ruppe, F-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht; Ruppe, Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, Teilbereich Finanzverfassung, in: Neuordnung der Kompetenzverteilung in Österreich, Hrsg: Republik Österreich, ca. 1991; Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, Kurzkommentar, 3. Aufl., Wien 2002).

 

Da die Finanzverfassung nur die grundsätzlichen Regelungen über die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften enthält und die Regelung der Details dem Bundes- bzw. Landesgesetzgeber vorbehalten bleibt, sollte sich zwar aus einer Neuordnung der sonstigen Bundesverfassung grundsätzlich kein zwingender wesentlicher Änderungsbedarf für die Finanzverfassung ergeben, ein solcher kann aber auch nicht von vornherein völlig ausgeschlossen werden. Es versteht sich daher von selbst, dass alle Vorschläge auf ihre Konvergenz mit sonstigen Änderungen zu überprüfen sein werden.

 

Die Bezeichnung neuer Absätze mit Buchstaben (z.B. § 7 Abs. 4a und 4b) ist selbstredend nur eine vorläufige, die Absätze werden vor einer allfälligen Umsetzung der Vorschläge durchzunummerieren sein.

 

Zur Vermeidung von Missverständnissen ist schließlich auch zu betonen, dass es sich bei dieser Unterlage um einen Entwurf handelt und sie als solcher zum einen nicht unabänderlich ist und zum anderen zu gegebener Zeit einem angemessenen Begutachtungsverfahren zu unterziehen sein wird.


Bundesverfassungsgesetz über die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und den übrigen Gebietskörperschaften (Finanz-Verfassungsgesetz 1948 - F‑VG 1948)

BGBl. Nr. 45/1948, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 100/2003

 

Beim Titel gibt es keinen Änderungsbedarf.

 

 

 

§ 1. Das Finanz-Verfassungsgesetz regelt den Wirkungsbereich des Bundes und der Länder auf dem Gebiete des Finanzwesens.

 

Vorschlag:

§ 1. Das Finanz-Verfassungsgesetz regelt den Wirkungsbereich des Bundes, der Länder und der Gemeinden (Gebietskörperschaften) auf dem Gebiete des Finanzwesens.

 

 

Die Nennung auch der Gemeinden drückt zum einen die Parität dieser der drei Gebietskörperschaftsebenen aus und entspricht zum anderen dem tatsächlichen Regelungsgegenstand des F-VG.

 

Klammerausdruck „(Gebietskörperschaften)“:

Mit diesem Klammerausdruck wird der in den folgenden Bestimmungen verwendete Ausdruck „Gebietskörperschaften“ als (nur) den Bund, die Länder und die Gemeinden umfassend definiert. Nicht zu den Gebietskörperschaften gehören daher insb. die Gemeindeverbände. Wer die Kostentragung und Finanzierung der Gemeindeverbände regelt, sollte jedoch gesondert klargestellt werden.

 

Bestimmungen im B-VG:

 

Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG: „Zollwesen“:

 

Zölle sind Abgaben und werden daher – auch – im F‑VG geregelt. Dem Art. 10 Abs. 1 Z 2 kann die Bedeutung zugemessen werden, dass der Finanzausgleichsgesetzgeber Zölle zwingend als Bundesabgaben (ausschließliche oder gemeinschaftliche Bundesabgaben) einzuordnen hat bzw. umgekehrt: dass eine Regelung als Landes(Gemeinde)abgabe nicht zulässig ist.

 

Vorschlag: Ersatzloser Entfall.

 

Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG: „Bundesfinanzen, insbesondere öffentliche Abgaben, die ausschließlich oder teilweise für den Bund einzuheben sind“

 

Gegen den (ersatzlosen) Entfall dieser Bestimmung spricht, dass ihr gemäß VfSlg. 7720/75 ein – wenn auch nicht näher bestimmter – Inhalt zukommt: Gemäß diesem Erkenntnis erfasst diese Kompetenzbestimmung die Angelegenheiten der Bundesfinanzen, die nicht durch das F‑VG geregelt sind.[1] Konkret wurden Regelungen über Zuschüsse des Bundes an Krankenanstalten (Art. 12-Materie), bei denen weder Land noch Gemeinde Rechtsträger sind, unter „Bundesfinanzen“ subsumiert.

 

Eine Verallgemeinerung dieser Judikatur würde zum Ergebnis führen, dass alle – auch hoheitlich geregelten – Geldleistungen des Bundes an Nichtgebietskörperschaften unabhängig von den sonstigen Kompetenzverteilungen in den Art. 10 bis 15 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind – ob sich daraus umgekehrt ergibt, dass die Kompetenztatbestände der Art. 10 bis 15 B-VG solche Geldleistungen nicht umfassen, ist unklar.

 

Ein Entfall dieser Bestimmung hätte am Beispiel der Zuschüsse an Krankenanstalten wohl zur Konsequenz, dass derartige Leistungen an Krankenanstalten privater Rechtsträger als Grundsatzgesetze zu regeln wären, die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung sowie gemäß § 2 F-VG 1948 auch die Kostentragung aber den Ländern zukäme. Selbst bei einer Kostenübernahme durch den Bund wäre die unterschiedliche Regelung – Zweckzuschüsse des Bundes an Krankenanstalten von Gebietskörperschaften einerseits und Zuschüsse der Länder an Krankenanstalten von Privaten andererseits – nicht optimal (unterschiedliche Leistungen, Abgrenzungsschwierigkeiten). Bei anderen Konstellationen kann aber eine parallele Kompetenz mit den materiellrechtlichen Bestimmungen und damit die gemeinsame Regelung derartiger Zuschüsse mit diesen vorteilhafter sein. Rechtspolitisch wünschenswert wäre daher eine Art von flexibler Kompetenzneutralität solcher Geldleistungen des Bundes an Nicht-Gebietskörperschaften – zumindest in solchen Materien, bei denen dem Bund irgendeine Art von Gesetzgebungszuständigkeit zukommt.

 

Vorschlag: Änderung in „Angelegenheiten der Bundesfinanzen, die nicht durch das Finanz-Verfassungsgesetz geregelt sind“. Die Kompetenzen des Bundes bei öffentlichen Abgaben werden in der Finanz-Verfassung geregelt. Die Kompetenz zur Regelung von Geldleistungen des Bundes an Nichtgebietskörperschaften ist außerhalb des F‑VG zu klären.

 

Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG: „Monopolwesen“

 

Das ebenfalls in Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG genannte „Monopolwesen“ umfasst nicht (nur) Monopolabgaben, sodass dieser Kompetenztatbestand daher nicht zur Gänze durch das F‑VG abgedeckt wird. Ähnlich wie bei den Zöllen könnte aus diesem Kompetenztatbestand geschlossen werden, dass Monopolabgaben zwingend nur Bundesabgaben sein dürfen.

 

Vorschlag: keine Änderung


I. Finanzausgleich

§ 2. Der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften tragen, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt.

 

Vorschlag:

§ 2. (1) Die Gebietskörperschaften tragen den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt. Davon abweichende Bestimmungen werden im Verhältnis zwischen dem Bund einerseits und den Ländern und den Gemeinden andererseits vom Bundesgesetzgeber, im Verhältnis zwischen dem Land und den Gemeinden vom Landesgesetzgeber geregelt. Unbeschadet der Kompetenzen des Bundesgesetzgebers kann die Landesgesetzgebung die Übernahme oder den Ersatz eines Aufwandes des Bundes durch das Land (Gemeinden) regeln.

 

Begriff „Aufgaben“

 

Was unter "Aufgaben" zu verstehen ist, ist beginnend mit dem so genannten "Kremser Erkenntnis" (VfSlg 9507/1982) geklärt und ist in mittlerweile ständiger Judikatur klargestellt: Der Begriff Aufgaben ist organisatorisch, nicht aber funktionell zu verstehen. Für alle Fälle einer mittelbaren Vollziehung (das sind insb. die mittelbare Bundes­verwaltung und der übertragene Wirkungsbereich der Gemeinden) bedeutet dieser Grundsatz, dass die besorgende Gebietskörperschaft – das sind bei der mittelbaren Bundesverwaltung die Länder – in diesem Bereich zu tragen hat:

 

·         den Personalaufwand (einschließlich Ruhe- und Versorgungsgenüsse) und

·         den Amtssachaufwand: jener Aufwand, der die Voraussetzungen für das Tätig­werden der amtlichen Organe schafft, wie z.B. die Kosten der Amtsräumlichkeiten, Beleuchtung, Beheizung, Büroerfordernisse und überhaupt alles, was zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung routinemäßig erforderlich ist.

 

Wenngleich gerade die Unterscheidung der Kostentragungsarten in den Fällen mittelbarer Vollziehung Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich bringt (Stichwort: Aufwand für amtliche – nicht amtliche Sachverständige), erscheint diesbezüglich eine genauere Definition des Aufgabenbegriffes auf verfassungsrechtlicher Ebene nicht zweckmäßig.

 

Zuständiger Gesetzgeber

 

Der VfGH hat sich zur Frage, wer zuständiger Gesetzgeber im Sinne § 2 ist, im Erk. VfSlg. 15.039/1997, nur sehr vage geäußert (Hervorhebung nicht im Original):

 

„Wer zuständiger (Finanzausgleichs-)Gesetzgeber im Sinn des §2 F-VG ist, wird sich bei Kostenabwälzungen im Bereich der hoheitlichen Vollziehung von Materien in der Regel aus den Kompetenzvorschriften des B-VG ableiten lassen (Zuständigkeit des sog. Materiengesetzgebers; vgl. z.B. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht, 8. Aufl., Rz 284). In allen anderen Fällen - vor allem bei Kostenübernahmen, aber auch bei Kostenabwälzungen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung bzw. allgemein bei Aufgaben, denen keine kompetenzrechtlichen Tatbestände entsprechen - wird sich der zuständige Gesetzgeber auf diese Weise nicht ermitteln lassen. Er wird dann aus dem Regelungszusammenhang bzw. aus der Art der öffentlichen Aufgabe, ihren Rechtsgrundlagen und ähnlichen Gesichtspunkten abgeleitet werden müssen.“

 

Das Bundesministerium für Finanzen hat in einer Stellungnahme an den VfGH im Jahr 1997 in diesem Verfahren Folgendes ausgeführt:

 

„In der Literatur werden dazu – jeweils ohne nähere Begründungen –verschiedene Ansichten vertreten:

 

-)  In den meisten Fällen wird auf den Materiengesetzgeber verwiesen (z.B. Mayer, B-VG² (1997) Art. 2 B-VG III.1.; Ruppe, Neuordnung, 335). In den Fragen der Teilung in Grund­satz- und Ausführungsgesetzgebung (Art. 12 B-VG) vertritt Ruppe die Auffassung, dass hier eine Kompetenz des Bundes zur Normierung abweichender Kostentragungs­regelungen anzunehmen ist (Ruppe, Juristische Analyse der Aufgabenfinanzierung, 234, in: Matzner [Hsgb.], Öffentliche Aufgaben und Finanzausgleich, Wien 1977).

-)  Pfaundler geht von der Zuständigkeit zur Vollziehung aus: "Die Bundesgesetzgebung kann für den Bereich der Vollziehung des Bundes die Länder und Gemeinden zur Kosten­tragung heranziehen. Die gleiche Möglichkeit steht der Landesgesetzgebung für den Bereich der Vollziehung der Länder gegenüber den Gemeinden zu." (Pfaundler, Die Finanzausgleichsgesetzgebung 1948/58, 2. Aufl., Wien 1958, 17). Da bei einer solchen Betrachtung nur Kostenabwälzungen, nicht jedoch auch Kostenübernahmen vom § 2 F‑VG 1948 gedeckt werden können, muss Pfaundler hinsichtlich der Kostenverlagerungen zur übergeordneten Gebietskörperschaft auf die §§ 12 und 13 F-VG 1948 verweisen.

-)  Wißgott scheint die Kompetenz zur Regelung abweichender Kostentragungs­bestimmungen an die sich aus dem Konnexitätsgrundsatz des § 2 F-VG 1948 ergebenden Kostentragungsverpflichtung zu knüpfen, ohne dabei jedoch auf die weitere Voraussetzung der – nicht weiter präzisierten – Zuständigkeit des Gesetzgebers ganz zu verzichten: "Eine abweichende Kostentragungsregelung zu treffen, kommt der zuständigen Gesetzgebung zu. Es kann also der Bund Kosten, die der Regel nach ihn treffen würden, auf Länder und (oder) Gemeinden, es können die Länder ihrerseits im Zuständigkeitsfall die nach dem Kostentragungsgrundsatz sie selbst belastenden Kosten auf die Gemeinden überwälzen." Weiters: "Es kann aber andererseits die zuständige Bundesgesetzgebung zur Erreichung eines gerechten Finanzausgleichsergebnisses Kosten, die der Regel nach andere Gruppen von Gebietskörperschaften belasten würden, auf den Bundeshaushalt übernehmen und so ein auf andere Weise nicht oder nur mit Schwierigkeiten zu erreichendes angestrebtes Gleichgewicht herstellen." (Wißgott, Der Finanzausgleich im Österreich der Zweiten Republik, Wien 1973, 11f) Zu ergänzen bleibt noch die von Wißgott nicht aufgezählte Möglichkeit des (zuständigen) Landesgesetz­gebers, Kosten, die ansonsten die Gemeinden des Landes treffen würden, auf den Landeshaushalt zu übernehmen.

 

Der Wortlaut und die Systematik des § 2 F-VG 1948 lassen nach Ansicht des Bundes­ministeriums für Finanzen eine Auslegung zu, die in Weiterführung der Ausführungen von Wißgott eine eigenständige finanzverfassungsrechtliche Gesetzgebungszuständigkeit für die Kostenbestimmungen ergibt. § 2 F-VG 1948 verweist nämlich seinem Wortlaut nach weder auf die Vollziehungs- noch auf die Gesetzgebungszuständigkeitsverteilung der Art. 10 bis 15 B-VG 1948, sondern normiert die Zulässigkeit abweichender Kostentragungs­bestimmung durch den (unausgesprochen) dafür zuständigen Gesetzgeber. Einen ausdrück­lichen Kompetenztatbestand für die Gesetzgebung in Angelegenheiten der "Kostentragung durch die Gebietskörperschaften" sieht die Bundesverfassung zwar nicht vor, allerdings lässt sich aus dem System des F-VG 1948 (insb. aus § 3 Abs. 1, § 12 und § 13 F-VG 1948) die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zur Abwälzung der ansonsten ihn treffenden Kosten an Länder oder Gemeinden und umgekehrt zur Übernahme von ansonsten andere Gebiets­körperschaften treffende Kosten und dieselbe Zuständigkeit des Landesgesetzgebers im Verhältnis zu seinen Gemeinden ableiten, und zwar mit denselben Argumenten, mit denen in der Judikatur und Literatur die Ermächtigung zu abweichenden Kostentragungs­bestimmungen als "Einbahnstraße" verstanden wird (VfSlg. 2.604/53, 11.939/88; Ruppe, Neuordnung, 335, mit weiteren Nachweisen).“

 

Diese Auflistung unterschiedlichster Auslegungen zeigt deutlich, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit einer Klarstellung bedarf, welcher Gesetzgeber der zuständige ist.

 

Vorgeschlagen wird eine Regelung, die nicht an die Gesetzgebungs- oder Vollziehungskompetenzen anknüpft, sondern die Gesetzgeber jeweils zu abweichenden Kostentragungsbestimmungen im Verhältnis zu den anderen Gebietskörperschaften ermächtigt, allerdings wie bisher im Sinne einer Einbahnstraße, d.h. dass die Landesgesetzgebung nicht den Bund mit Kosten belasten kann. Der Vorteil einer derartigen Regelung liegt in seiner klaren Struktur, sie entspricht dem Bedürfnis der Praxis und ist auch unabhängig davon, wie die Vorschläge für neue Arten der Kompentenzverteilungen letztlich umgesetzt werden.

 

Der vorgeschlagene neue zweite Satz sieht in concreto folgende Kompetenzen vor:

 

Bundesgesetzgeber: Kostenbestimmungen (Kostenüberwälzungen, Kostenübernahmen, Kostenersätze) im Verhältnis zwischen Bund und Ländern und zwischen Bund und Gemeinden, nicht hingegen: im Verhältnis zwischen den Ländern und ihren Gemeinden

 

Landesgesetzgeber: Kostenbestimmungen im Verhältnis zwischen Land und Gemeinden und Übernahme oder Ersatz von Kosten des Bundes. Die Kompetenz des Landes hinsichtlich der Kosten des Bundes ist bei dem vorgeschlagenen System erforderlich, um wie bisher eine landesgesetzlich geregelte Vergütung der Mitwirkung von Bundesorganen vorsehen zu können (beispielsweise als Einhebungsvergütung bei der Vollziehung von Landes(Gemeinde)abgaben). Dass diese Kompetenz des Landes „unbeschadet der Kompetenzen des Bundesgesetzgebers“ besteht, soll eine Auslegung dahingehend, dass eine derartige Kompetenz nur dem Landesgesetzgeber zusteht, von vornherein ausschließen.

 

Da die vorgeschlagene Formulierung keine Einschränkung über die Art der Kosten normiert, kann die Landesgesetzgebung auch Kosten regeln, die dem Land oder den Gemeinden durch eine abweichende Kostenbestimmung des Bundes entstehen (Bsp.: Bundesgesetzgeber sieht eine Kostentragung des Bundes von 1/3 und den Ländern von 2/3 vor, der Landesgesetzgeber kann wiederum diese 2/3 ganz oder teilweise auf die Gemeinden überwälzen).

 

Dass die Kompetenz zur Regelung von abweichenden Kostenbestimmungen hier umfassend definiert wird, entspricht der VfGH-Judikatur, siehe VfSlg 15.039/1997: „§ 2 F-VG beinhaltet nicht nur eine Ermächtigung zur Normierung von Kostenabwälzungs- oder Kostenübernahmeregelungen, sondern ermächtigt den zuständigen Gesetzgeber auch, Regelungen über den Ersatz von Aufwendungen zu treffen, wenn der Aufwand für die Besorgung der Aufgabe einer Gebietskörperschaft zunächst von einer anderen Gebietskörperschaft getragen (vorfinanziert) wurde.“

 

Gegen die vorgeschlagene Regelung könnte eingewendet werden, dass ihre Kompetenzneutralität zu einer zu weit gehenden Möglichkeit der Gesetzgeber zur Kostenüberwälzung führen würde. Gegen dieses Argument spricht jedoch:

1.   Eine indirekte Verbindung zu den Vollziehungskompetenzen ergibt sich auch bei einer derartigen „materienkompetenzneutralen“ Kompetenzverteilung, weil (zumindest grundsätzlich) nur Kosten überwälzt oder übernommen werden können, die aufgrund der Aufgabenerfüllung im Sinne des § 2 F-VG bei einer Gebietskörperschaft entstehen.

2.  Kostenabwälzungen kommen im Hinblick auf § 4 F-VG nur in Betracht, wenn die Beteiligung einer Gebietskörperschaft an den Kosten von Aufgaben, die eine andere Gebietskörperschaft besorgt, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach sachlich gerechtfertigt ist (VfSlg 15.039/1997)

 

Judikatur des OGH zu § 2

 

Der OGH hat in seinen Erkenntnissen vom 18. März 1992, 1 Ob 526/92 (Übernahme des mit der außerschulischen Jugendbetreuung befassten Landesjugendreferenten vom Bundesdienst in den Landesdienst), vom 21. Dezember 1995, 8 Ob 557/93 (Akademie für Musik und darstellende Kunst in Graz), und vom 22. Mai 1997, 10 Ob 530/94 (Mozarteum), die grundlegende Aussage getroffen, dass privatrecht­liche Vereinbarungen zwischen Gebietskörperschaften über eine Kosten­tragung, die von den gesetzlichen Bestimmungen (§ 2 F-VG 1948, Art. 104 Abs. 2 B‑VG und einfachgesetz­liche Kostentragungsbestimmungen) abweichen, nichtig sind.

 

Obwohl die bisherige Judikatur bereits einige Fragen dazu geklärt hat, bleiben einige Fragen über den genauen Anwendungsbereich dieser Judikatur offen, insb. deren Anwendung auch auf Subventionen (gegen die Anwendung Ruppe, Kommentar § 2, Rz 27, für die Anwendung: Lödl, Verfassungsrechtliche Grundlagen der Bundestransfers an Länder und Gemeinden, ÖHW 1988, 36, hier: 40, 41).

 

Es würde aber die Verfassung überfordern, den Anwendungsbereich bis ins letzte Detail abzugrenzen; dies sollte vielmehr dem zuständigen Gesetzgeber überlassen werden.

 

Ein Vorschlag, in § 2 eine abweichende Kostentragung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag vorzusehen, ist Gegenstand eines eigenen dem Ausschuss 10 des Österreich-Konvents von Ruppe/Schnizer vorgelegten Papiers.

 

Verfassungsrechtliche Sonder-Kostentragungsbestimmungen

 

Vorgeschlagen wird, spezielle verfassungsrechtliche Kostentragungsbestimmungen nicht in das F-VG aufzunehmen, sondern wie bisher im Zusammenhang mit der Regelung der jeweiligen Materie zu belassen. Das gilt insb. für folgende Bestimmungen:

 

Art. 104 Abs. 2 B-VG: Auftragsverwaltung

 

Ruppe, Kommentar § 2 RZ 20: „Aus dem Wortlaut („bei der Besorgung“) dürfte ableitbar sein, dass die Kostentragungspflicht den Personalaufwand, den Amtssachaufwand und den konkreten Sachaufwand, nicht hingegen den Zweckaufwand erfasst. Bei dieser Sicht steht Art. 104 Abs. 2 B-VG hinsichtlich des Personal- und Amtssachaufwandes in Übereinstimmung mit § 2 F-VG in der Deutung, die ihm die jüngere Rsp des VfGH gegeben hat. Hinsichtlich des konkreten Sachaufwandes wäre hingegen im Verhältnis zu § 2 F-VG eine abweichende Kostentragungsregel gegeben (diesen Aufwand müsste nach § 2 F-VG der Bund tragen; vgl. RZ 12f).“

 

Diese Rechtsansicht liegt auch dem VfGH-Erk. Slg. 11204/1987 zugrunde: „Verfehlt ist nun zunächst die Rechtsansicht der klagenden Partei, es seien unter den kraft Art. 104 Abs. 2 Satz 3 B-VG dem Land auferlegten „Kosten“ zwar der Personal- und Amtssachaufwand für alle vom Bund übertragenen (abgegebenen) Geschäfte zu verstehen, nicht aber Werklöhne etc. für Dritte, deren sich der Landeshauptmann bei der Projektierung, Bauleitung und Bauführung bediene.“

 

Vorschlag: Die Kostentragungsbestimmung zur Auftragsverwaltung wird unverändert in Art. 104 belassen.

 

§ 6 ÜG 1929 betreffend Kriegsgräber

Vorgeschlagen wird, diese Bestimmung nicht in die F-VG zu übernehmen.

 

Art. IV der Schulverfassungsnovelle 1962 (B-VG-Nov. 215/1962) und

Art. IV des Bundesverfassungsgesetz vom 28.  April 1975, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens neuerlich geändert wird:

 

Diese Bestimmungen über die Kostentragung der Landeslehrer hängen inhaltlich eng mit der Regelung der Kompetenzen im Schulwesen zusammen, sodass auch diese Regelungen nicht in das  F-VG aufgenommen werden sollten.

 

Siehe dazu den Mitte der 90er-Jahre im Entwurf eines Bundesverfassungs-Bereinigungsgesetz – BVBG konzipierten Art. 14c B-VG:

Artikel 14c

Personalaufwand

(1) Im Rahmen der Gewährung von Subventionen zum Personalaufwand konfessioneller Privatschulen durch den Bund obliegt es dem zuständigen Bundesminister, die Aufteilung der diesen Schulen zur Verfügung zu stellenden Lehrerdienstposten auf die einzelnen Schulen vorzunehmen. Die Gebietskörperschaft, die die Diensthoheit über die Lehrer für die entsprechenden öffentlichen Schulen ausübt, hat die Zuweisung der einzelnen Lehrer an die Schulen durchzuführen.

(2) Der Bund trägt, unbeschadet allfälliger gesetzlicher Beitragsleistungen der Länder zum Personalaufwand für die betreffenden Lehrer, die Kosten der Besoldung (Aktivitäts- und Pensionsaufwand)

           1. der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen (Art. 14 Abs. 2) bis zu einer anderweitigen Regelung durch Bundesgesetz,

           2. der unter Art. 14a Abs. 3 lit. b fallenden Lehrer, insoweit keine anderweitige bundesgesetzliche Regelung besteht.

(3) Solange der Bund ganz oder teilweise für die Kosten der Besoldung der in Abs. 2 genannten Lehrer aufkommt,

           1. haben die Länder jährlich einen Dienstpostenplan für diese Lehrer zu erstellen und dabei die für die Erstellung der Dienstpostenpläne für die Lehrer des Bundes jeweils geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden;

           2. bedürfen der Zustimmung des zuständigen Bundesministers im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen

                a) die gemäß Z 2 zu erstellenden Dienstpostenpläne der Länder; die Zustimmung kann aus dem Grunde einer zu geringen Landesdurchschnittszahl der Schüler je Klasse nicht verweigert werden, wenn sie

                     aa)  bei Volks- und Hauptschulen, polytechnischen Lehrgängen und bei gewerblichen, kaufmännischen oder hauswirtschaftlichen Berufsschulen mindestens 30,

                    bb)  bei Sonderschulen mindestens 15,

                     cc)  bei land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen mindestens 25 und

                    dd)  bei land- und forstwirtschaftlichen Berufsschulen mindestens 18

beträgt;

               b) alle im freien Ermessen liegenden Personalmaßnahmen über die in Abs. 3 genannten Lehrer, die finanzielle Auswirkungen nach sich ziehen; der zuständige Bundesminister hat jedoch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen jene im freien Ermessen liegenden Personalmaßnahmen festzustellen, die ihrer Geringfügigkeit wegen ohne eine solche Zustimmung getroffen werden können.


§ 3. (1) Die Bundesgesetzgebung regelt die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) und kann außerdem diesen Gebietskörperschaften aus allgemeinen Bundesmitteln Finanzzuweisungen für ihren Verwaltungsaufwand überhaupt und Zuschüsse für bestimmte Zwecke gewähren.

(2) Die Länder sind berechtigt, durch Landesgesetze ihren durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarf auf die Städte mit eigenem Statut, die Gemeinden oder gegebenenfalls die Gemeindeverbände umzulegen. Durch Bundesgesetz kann ein Höchstausmaß der Landesumlage festgesetzt werden. Soweit Gemeindeverbände am Tage des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes bestehen, regelt die Landesgesetzgebung die Umlegung ihres Bedarfes.

 

Vorschlag:

§ 3. (1) Die Bundesgesetzgebung regelt die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden). Die Landesgesetzgebung regelt die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge hinsichtlich der Landes(Gemeinde)abgaben zwischen dem Land und den Gemeinden.

(2) Die Bundesgesetzgebung kann den Ländern (Gemeinden), die Landesgesetzgebung kann den Gemeinden Finanzzuweisungen für ihren Aufwand überhaupt und Zuschüsse für bestimmte Zwecke gewähren.

(3) Die Länder sind berechtigt, durch Landesgesetz von den Gemeinden eine Umlage zu erheben. Durch Bundesgesetz kann ein Höchstausmaß der Landesumlage festgesetzt werden.

 

§ 3 Abs. 1:

 

-)    „aus allgemeinen Bundesmitteln ... Finanzzuweisungen und Zuschüsse“: Vorgeschlagen wird, die Wortfolge „aus allgemeinen Bundesmitteln“ ersatzlos entfallen zu lassen, weil ihr ohnehin keine normative Bedeutung zukommen dürfte.

-)  „Finanzzuweisungen für ihren Verwaltungsaufwand“: Vorgeschlagen wird, den Begriff Verwaltungsaufwand durch Aufwand zu ersetzen, weil „Aufwand“ auch in § 2 F-VG verwendet wird und dem Begriff Verwaltungsaufwand in § 3 Abs. 1 auch derzeit keine andere normative Bedeutung zukommen dürfte.

 

§ 3 Abs. 2 (neu: Abs. 3):

 

-)  Landesumlage: Vorgeschlagen wird, den in § 21 FAG 1967, BGBl. Nr. 2/1967, normierten Entfall der Beschränkung der Erhebung der Landesumlage auf „ihren durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarf“ in § 3 Abs. 2 zu berücksichtigen. § 21 FAG 1967 lautet.

§ 21. (1) (Verfassungsbestimmung) Die Länder sind – abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 2 erster Satz des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 – berechtigt, für die Zeit vom 1. Jänner 1967 an auch ohne Zutreffen der Voraussetzung des § 3 Abs. 2 erster Satz des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 von den Städten mit eigenem Statut, den Gemeinden oder gegebenenfalls den Gemeindeverbänden eine Umlage zu erheben.

 

-)    Die Unterscheidung zwischen Städten mit eigenem Statut und Gemeinden ist unnötig und widerspricht der Terminologie anderer Bestimmungen.

-)    Die Regelung der Finanzierung und Aufgaben der Gemeindeverbände kann dem zuständigen Gesetzgeber überlassen werden, somit auch die Regelung allfälliger Leistungen der Gemeindeverbände an das Land.

-)    „Soweit Gemeindeverbände am Tage des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes bestehen, regelt die Landesgesetzgebung die Umlegung ihres Bedarfes.“ Aufgrund der neueren Judikatur kommt dieser Bestimmung keine Bedeutung mehr zu (siehe dazu Ruppe, Kommentart § 2, RZ 13ff), sie kann daher entfallen.

 

§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 (neu)

 

Dieser Vorschlag sieht eine formal relativ weit gehende Umgliederung der grundsätzlichen kompetenzrechtlichen Aussagen des F-VG vor, um das F-VG systematisch der Judikatur zu § 4 anzupassen:

 

§ 4 enthält die grundlegenden inhaltlichen Anforderungen an den Finanzausgleich als Gesamtsystem und wird von der Judikatur als Konkretisierung des Gleichheitssatzes interpretiert. Der Finanzausgleich als Gesamtsystem umfasst die Kostentragungsregelungen, die Besteuerungsrechte und Verteilung der Abgabenerträge sowie die Regelung von Finanzzuweisungen und Zweckzuschüssen.

 

Dass § 4 auch für die Landesgesetzgebung gilt, ergibt sich etwas aus dem VfGH-Erk. Slg. 15039/1997. Formal bezieht sich § 4 jedoch nur auf „die in den §§ 2 und 3 vorgesehene Regelung“, umfasst hinsichtlich der Landeskompetenzen daher nur die Kostentragungsregelungen und die Bestimmungen über die Landesumlage, nicht hingegen die Kompetenzen der Länder für die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge und ebenso wenig für die Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse der Länder an die Gemeinden. Nur für Teilbereich der Kompetenzen der Länder für die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge enthält § 8 Abs. 2 zweiter Satz wiederum eine eigene, abgeschwächte Bestimmung über Finanzausgleichsgerechtigkeit mit einem unklaren Verhältnis zu § 4 (Ruppe, Kommentar § 8 RZ 9).

 

Vorgeschlagen wird daher, alle grundlegenden kompetenzrechtlichen Aussagen sowohl für den Bund als auch die Länder in den § 2 und 3 zusammenzufassen, sodass sich der spezielle finanzausgleichsrechtliche Gleichheitssatz des § 4 auch auf alle Landeskompetenzen erstreckt. Im Gegenzug kann der dzt. § 8 Abs. 2 zweiter Satz entfallen.

 

Der vorgeschlagene neue Abs. 1 zweiter Satz und der neue Abs. 2 sehen nur die grundsätzliche Regelung vor, die Details für diese Kompetenzen ergeben sich erst aus den §§ 7ff bzw. §§ 12f. Die Landesgesetzgebung kann daher Landes(Gemeinde)abgaben nur soweit regeln, als sie entweder vom Bundesgesetzgeber dieser Kategorie zugeordnet wurden oder sie den Ländern durch das Abgabenerfindungsrecht frei stehen und soweit nicht bereits der Bundesgesetzgeber selbst darüber durch eine Zuordnung an die Kategorie der ausschließlichen Gemeindeabgaben disponiert hat.


§ 4. Die in den §§ 2 und 3 vorgesehene Regelung hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.

 

Vorschlag: keine Änderung

 

Vorgeschlagen wird, den Wortlaut des § 4 nicht zu ändern. Durch die vorgeschlagene Änderung des Umfangs des § 3 ergibt sich allerdings eine Anpassung an die tatsächliche Bedeutung des § 4 F-VG im Sinne eines speziellen finanzausgleichsrechtlichen Gleichheitssatzes.

 

Die Aussagen des VfGH zu § 4 sind umfangreich und vielschichtig. Es wird daher nicht vorgeschlagen, diese in die Verfassung aufzunehmen. Eine Übernahme dieser Aussagen in die Verfassung müsste in kasuistischer Art und Weise erfolgen und würde den Verfassungstext damit überfrachten (vergleichbar zu einer Übernahme der Judikatur des VfGH zum allgemeinen Gleichheitsgebot).

 


II. Abgabenwesen

§ 5. Öffentliche Abgaben können vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 7 Abs. 5 und 8 Abs. 5 nur auf Grund von Gesetzen erhoben werden.

 

Vorschlag:

§ 5. Abgaben können vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 7 Abs. 5 und 8 Abs. 5 nur auf Grund von Gesetzen erhoben werden.

 

Der Begriff der Abgabe ist durch die Judikatur des VfGH hinreichend definiert: Demnach sind unter Abgaben im Sinne des F-VG Geldleistungen zu verstehen, die eine Gebietskörperschaft kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres Finanzbedarfes erhebt.

 

Eine Änderung dieser Definition und damit des Regelungsgegenstandes der Finanzverfassung ist nicht erforderlich, damit erscheint aber auch eine explizite Aufnahme einer Definition in die Finanzverfassung entbehrlich. Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall (z.B. bei der Weiterleitung von Geldleistungen an Nicht-Gebietskörperschaften) könnten auch durch eine legalgesetzliche Definition nicht vermieden werden.

 

Dass § 5 von „öffentlichen Abgaben“ spricht, ansonsten aber der bedeutungsgleiche Begriff „Abgaben“ verwendet wird, ist inkonsequent, es wird daher – als einzige Änderung in § 5 – vorgeschlagen, den Begriff „öffentliche Abgaben“ durch „Abgaben“ zu ersetzen.


§ 6. (1) Die Abgaben gliedern sich nach dem Recht der Gebietskörperschaften zur Verfügung über den Ertrag im eigenen Haushalt in folgende Haupt- und Unterformen:

           1.     Ausschließliche Bundesabgaben, deren Ertrag ganz dem Bund zufließt.

           2.     Zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilte Abgaben, an deren Ertrag Bund und Länder (Gemeinden) beteiligt sind, mit folgenden Unterformen:

                a)          gemeinschaftliche Bundesabgaben, die durch den Bund erhoben werden und aus denen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) Ertragsanteile zufließen,

               b)          Zuschlagsabgaben, die aus einer Stammabgabe des Bundes und Zuschlägen der Länder (Gemeinden) bestehen,

                c)          Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand: Bund und Länder (Gemeinden) erheben gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand.

           3.     Ausschließliche Landesabgaben, deren Ertrag ganz den Ländern zufließt.

           4.     Zwischen Ländern und Gemeinden geteilte Abgaben, an deren Ertrag Länder und Gemeinden beteiligt sind, mit folgenden Unterformen:

                a)          Gemeinschaftliche Landesabgaben, die durch die Länder erhoben werden und aus denen den Ländern und den Gemeinden Ertragsanteile zufließen,

               b)          Zuschlagsabgaben, die aus einer Stammabgabe der Länder und Zuschlägen der Gemeinden bestehen,

                c)          Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand: Länder und Gemeinden erheben gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand.

           5.     Ausschließliche Gemeindeabgaben, deren Ertrag ganz den Gemeinden zufließt.

(2) Die Erhebung von zwei oder mehreren (auch gleichartigen) Abgaben in den in Abs. 1 genannten Haupt- und Unterformen von demselben Besteuerungsgegenstand nebeneinander ist zulässig.

 

Vorschlag:

§ 6. (1) Die Abgaben gliedern sich nach dem Recht der Gebietskörperschaften zur Verfügung über den Ertrag im eigenen Haushalt in folgende Haupt- und Unterformen:

           1.     Ausschließliche Bundesabgaben, deren Ertrag ganz dem Bund zufließt.

           2.     Zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilte Abgaben, an deren Ertrag Bund und Länder (Gemeinden) beteiligt sind, mit folgenden Unterformen:

                a)          gemeinschaftliche Bundesabgaben, die durch den Bund erhoben werden und aus denen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) Ertragsanteile zufließen,

               b)          Zuschlagsabgaben, die aus einer Stammabgabe des Bundes und Zuschlägen der Länder (Gemeinden) bestehen.

           3.     Ausschließliche Landesabgaben, deren Ertrag ganz den Ländern zufließt.

           4.     Zwischen Ländern und Gemeinden geteilte Abgaben, an deren Ertrag Länder und Gemeinden beteiligt sind, mit folgenden Unterformen:

                a)          gemeinschaftliche Landesabgaben, die durch die Länder erhoben werden und aus denen den Ländern und den Gemeinden Ertragsanteile zufließen,

               b)          Zuschlagsabgaben, die aus einer Stammabgabe der Länder und Zuschlägen der Gemeinden bestehen.

           5.     Ausschließliche Gemeindeabgaben, deren Ertrag ganz den Gemeinden zufließt.

(2) Die Erhebung von zwei oder mehreren (auch gleichartigen) Abgaben in den in Abs. 1 genannten Haupt- und Unterformen von demselben Besteuerungsgegenstand nebeneinander ist zulässig.

 

Vorgeschlagen wird, den Typus „Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand“ aus Abs. 1 ersatzlos zu streichen. Derartige Abgaben können (zumindest seit der Anfügung des Abs. 2) jedenfalls auch zusätzlich jeweils einer anderen Haupt- oder Unterform zugeordnet werden, die zusätzliche Einordnung in eine eigene Kategorie führt zu unnötigen Abgrenzungs- und Auslegungsschwierigkeiten. Wo derzeit in weiteren Bestimmungen an den Typus Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand“ angeknüpft wird, kann dessen Inhalt ohne Änderung der Rechtslage durch die Verbindung zur anderen Kategorie erhalten bleiben.


§ 7. (1) Die Bundesgesetzgebung regelt die Bundesabgaben, das sind die ausschließlichen Bundesabgaben, die gemeinschaftlichen Bundesabgaben und bei Zuschlagsabgaben und Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand die für den Bund erhobene Abgabe.

(2) Der Bundesgesetzgebung ist vorbehalten, Abgaben zu ausschließlichen Bundesabgaben oder zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben zu erklären und Abgaben oder deren Ertrag ausschließlich den Ländern (Gemeinden) zu überlassen. Die Bundesgesetzgebung regelt Art und Ausmaß der Beteiligung des Bundes und der Länder (Gemeinden) an den geteilten Bundesabgaben.

(3) Wenn Abgaben gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 und 2 ausschließlich den Ländern (Gemeinden) überlassen werden, kann die Bundesgesetzgebung die Überlassung dieser Abgaben davon abhängig machen, daß die Regelung der Erhebung und Verwaltung dieser Abgaben einschließlich ihrer Teilung zwischen den Ländern und Gemeinden zur Gänze oder hinsichtlich der Grundsätze (Art. 12 und 15 B‑VG) dem Bund vorbehalten bleibt. Das gleiche gilt hinsichtlich der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes vom Bund für Zwecke der Gemeinden erhobenen Abgaben sowie für die Kommunalsteuer. Durch Bundesgesetz können bestimmte Arten von Abgaben zu ausschließlichen Gemeindeabgaben erklärt werden.

(4) Im übrigen kann die Bundesgesetzgebung hinsichtlich der Landes(Gemeinde)abgaben Bestimmungen zur Verhinderung von Doppelbesteuerungen oder sonstigen übermäßigen Belastungen, zur Anpassung solcher Abgaben an die Bestimmungen des zwischenstaatlichen Steuerrechtes, zur Verhinderung von Erschwerungen des Verkehres oder der wirtschaftlichen Beziehungen im Verhältnis zum Ausland oder zwischen den Ländern und Landesteilen, zur Verhinderung der übermäßigen oder verkehrserschwerenden Belastung der Benutzung öffentlicher Verkehrswege und Einrichtungen mit Abgaben und zur Verhinderung der Schädigung der Bundesfinanzen treffen; sie kann zu diesem Zwecke die notwendigen grundsätzlichen Anordnungen (Art. 12 und 15 B‑VG) erlassen.

(5) Die Bundesgesetzgebung kann Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben.

 

Vorschlag:

§ 7. (1) Die Bundesgesetzgebung erklärt Abgaben zu ausschließlichen Bundesabgaben, zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben oder zu Abgaben gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 bis 5. Die Bundesgesetzgebung regelt Art und Ausmaß der Beteiligung des Bundes und der Länder (Gemeinden) an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben.

(2) Die Bundesgesetzgebung regelt die Bundesabgaben, das sind die ausschließlichen Bundesabgaben, die gemeinschaftlichen Bundesabgaben und bei Zuschlagsabgaben die für den Bund erhobene Abgabe.

(3) Wenn Abgaben gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 und 2 ausschließlich den Ländern (Gemeinden) überlassen werden, kann die Bundesgesetzgebung die Überlassung dieser Abgaben davon abhängig machen, dass die Regelung der Erhebung und Verwaltung (Bemessung, Einhebung und zwangsweise Einbringung) dieser Abgaben einschließlich ihrer Teilung zwischen den Ländern und Gemeinden zur Gänze oder hinsichtlich der Grundsätze (Art. 12 und 15 B‑VG) dem Bund vorbehalten bleibt. Das gleiche gilt hinsichtlich der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes vom Bund für Zwecke der Gemeinden erhobenen Abgaben sowie für die Kommunalsteuer.

(4) Im übrigen kann die Bundesgesetzgebung hinsichtlich der Landes(Gemeinde)abgaben Bestimmungen zur Verhinderung von Doppelbesteuerungen oder sonstigen übermäßigen Belastungen, zur Anpassung solcher Abgaben an die Bestimmungen des zwischenstaatlichen Steuerrechtes, zur Verhinderung von Erschwerungen des Verkehres oder der wirtschaftlichen Beziehungen im Verhältnis zum Ausland oder zwischen den Ländern und Landesteilen, zur Verhinderung der übermäßigen oder verkehrserschwerenden Belastung der Benutzung öffentlicher Verkehrswege und Einrichtungen mit Abgaben und zur Verhinderung der Schädigung der Bundesfinanzen treffen; sie kann zu diesem Zwecke die notwendigen grundsätzlichen Anordnungen (Art. 12 und 15 B‑VG) erlassen.

(4a) Die Bundesgesetzgebung kann für Zuschläge der Länder (Gemeinden) zu Stammabgaben des Bundes ein Höchstausmaß festlegen und bestimmen, inwieweit § 8 Abs. 5 auch auf solche Zuschläge anzuwenden ist.

(4b) Durch Bundesgesetz können Abgaben zu ausschließlichen Gemeindeabgaben erklärt werden.

(5) Die Bundesgesetzgebung kann Gemeinden ermächtigen, Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben.

 

§ 7 Abs. 1 und 2:

 

Da die Abgabenhoheit aus der Ertragshoheit folgt, wird vorgeschlagen, die bisherigen Abs. 1 (Abgabenhoheit) und Abs. 2 (Ertragshoheit) zu tauschen.

 

„ und Abgaben oder deren Ertrag ausschließlich den Ländern (Gemeinden) zu überlassen“:

 

Diese dzt. Bestimmung widerspricht der Systematik des F-VG (Ruppe, Neuordnung, 361): Abgaben sind entweder Bundesabgaben oder Landes(Gemeinde)abgaben, eine Bundesabgabe, deren Ertrag ausschließlich den Ländern (Gemeinden) zufließt, passt nicht in dieses System. Gäbe es eine derartige Abgabe mit einer Abgabenhoheit des Bundes und einer Ertragshoheit der Länder (Gemeinden), bräuchte es nicht die Ausnahmebestimmungen in den Abs. 3 und 5 zu Gunsten der Bundesgesetzgebung. Diese Wortfolge wird daher durch das ersetzt, was vermutlich gemeint war, nämlich Abgaben zu solchen des Typus gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 bis 5 zu erklären..

 

Dass dies im vorgeschlagenen neuen Abs. 1 nicht mit „Landes(Gemeinde)abgaben“, sondern mit „Abgaben gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 bis 5“ formuliert wird, hängt mit der im § 8 vorgeschlagenen Definition des Begriffes der Landes(Gemeinde)abgaben zusammenhängen, der alle der Abgabenhoheit des Landes unterliegenden Abgaben umfasst, somit neben den in § 6 Abs. 1 Z 3 bis 5 genannten Abgabentypen auch die Zuschläge der Länder (Gemeinden) zu Bundesabgaben und die vom Bund noch nicht den Abgabentypen des § 6 zugeordnete, dem Abgabenerfindungsrecht der Länder offen stehende Abgaben. Der bisher für die Abgaben gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 bis 5 verwendete Begriff „ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben“ wird aufgrund seiner Missverständlichkeit vermieden (siehe dazu die Ausführungen zum § 8).

 

„Die Bundesgesetzgebung regelt Art und Ausmaß der Beteiligung des Bundes und der Länder (Gemeinden) an den geteilten Bundesabgaben.“

 

Im Zusammenhang mit Zuschlagsabgaben ist diese Bestimmung zu weitgehend (Ruppe, Neuordnung, 361), weil die Regelung der Höhe des Zuschlages gemäß § 8 Abs. 1 dem Landesgesetzgeber zusteht. Ein ersatzloser Entfall wird aber nicht vorgeschlagen, weil die Aufrechterhaltung von Kompetenzen des Bundesgesetzgebers bei Zuschlägen in zweifacher Richtung sinnvoll erscheint (siehe den neuen Abs. 4a):

 

1.  Höchstausmaß des Zuschlages,

2.   Regelung, inwieweit der Landesgesetzgeber auch Zuschläge zu freien Beschlussrechtsabgaben erklären kann: Eine derartige Kompetenz erscheint deshalb weiterhin sinnvoll, weil die Möglichkeit unterschiedlich hoher Zuschläge je Gemeinde Zuschlagsabgaben unvollziehbar machen können, was einige Abgaben von vornherein für eine derartige Abgabenform ausschließen würde.

 

§ 7 Abs. 3 und 4:

 

Abs. 3 ist ein Sammelsurium von kasuistischen Einzelbestimmungen mit dem Ziel, dem Bundesgesetzgeber die Kompetenzen bei der Feuerschutzsteuer, den Fleischuntersuchungsgebühren, der Grundsteuer, der Gewerbesteuer und der Kommunalsteuer einzuräumen. Zusammen mit den Grundsatzkompetenzen in Abs. 4 zeigen diese Bestimmungen das Bedürfnis nach einer weit gehenden Regelungskompetenz des Bundesgesetzgeber auch hinsichtlich der Landes- und Gemeindeabgaben.

 

Die unsystematischen Abs. 3 und 4 sollten durch eine allgemeine Bedarfskompetenz des Bundes ersetzt werden; ein derartiger Vorschlag geht jedoch über das Ziel dieses Papiers hinaus.

 

Gemäß der Judikatur des VfSlg. (siehe insb. 8394/78 mwN) ist unter "Erhebung" die Erschließung einer Einnahmequelle durch Einführung einer bestimmten Steuerart für Zwecke der Finanzverwaltung, unter "Verwaltung" die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Einbringung zu verstehen. Da bisher an anderen Stellen des F-VG „Bemessung, Einhebung und zwangsweise Einbringung“ verwendet wird, wird der Begriff „Verwaltung“ hier in diesem Sinne durch einen Klammerausdruck definiert.

 

Der bisherige letzte Satz in Abs. 3 über die Kompetenz des Bundesgesetzgebers, Abgaben zu ausschließlichen Gemeindeabgaben erklärt zu können, passt systematisch nicht in diesen Abs., weil dieser letzte Satz einerseits nicht nur einzelne Abgaben betrifft, andererseits aber im Gegensatz zu den anderen Bestimmungen nur eine bestimmten Kompetenz, nämlich die Verteilung der Ertragshoheit zwischen Land und Gemeinden betrifft. Diese Bestimmung steht inhaltlich dem Abs. 5 näher und wird daher als Abs. 4b vorgesehen.

 

„bestimmte Arten von Abgaben“, „bestimmte Abgaben“

 

Es wird vorgeschlagen, die vom F-VG dzt. teilweise verwendeten Begriffe „bestimmte Arten von Abgaben“ oder „bestimmte Abgaben“ auf „Abgaben“ zu ändern. Sollten die Begriffe „bestimmte Arten von Abgaben“ oder „bestimmte Abgaben“ tatsächlich Unterschiedliches meinen (zweifelnd Ruppe, Kommentar, RZ 24), könnte dies verfassungsrechtspolitisch nicht begründet werden. Gleiches gilt für eine allenfalls konstruierbare Unterscheidung von „bestimmten Abgaben“ und „Abgaben“ (diesfalls wohl: „unbestimmten Abgaben“):

 

Verfassungsrechtliche Sonder-Kostentragungsbestimmungen

 

§ 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1951 über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages, BGBl. Nr. 13/1952

(2) (Verfassungsbestimmung.) Die Vollziehung dieses Bundesgesetzes in seiner jeweiligen Fassung - soweit es die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages zum Gegenstand hat - ist auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich deren das Bundes-Verfassungsgesetz etwas anderes bestimmt.

 

Vorschlag: Ersatzloser Entfall. Da der Wohnbauförderungsbeitrag zumindest nach der dzt. Rechtslage eine Abgabe ist, ergeben sich die Kompetenzen zu dessen Regelung aus dem F-VG. Das Bundes-Verfassungsgesetz bestimmt nichts anderes.


§ 8. (1) Die ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben, die Zuschläge der Länder (Gemeinden) zu Bundesabgaben und die Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand wie eine Bundesabgabe werden vorbehaltlich der Bestimmungen des § 7 Abs. 3 bis 5 durch die Landesgesetzgebung geregelt.

(2) Die Landesgesetzgebung kann solche Abgaben dem Land vorbehalten, sie zwischen dem Land und den Gemeinden teilen oder den Gemeinden überlassen. Sie hat bei dieser Regelung nicht nur auf die finanzielle Lage des Landes, sondern auch auf die Erhaltung der finanziellen Lebensfähigkeit der Gemeinden Rücksicht zu nehmen.

(3) Neben Bundesabgaben dürfen Zuschläge der Länder (Gemeinden) oder gleichartige Abgaben der Länder (Gemeinden) von demselben Besteuerungsgegenstand nur mit bundesgesetzlicher Ermächtigung erhoben werden.

(4) Abgaben der Länder (Gemeinden), die die Einheit des Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebietes verletzen oder in ihrer Wirkung Zwischenzöllen oder sonstigen Verkehrsbeschränkungen gleichkommen, dürfen nicht erhoben werden, Verbrauchsabgaben der Länder (Gemeinden), die auch den Verbrauch außerhalb des Geltungsgebietes der Abgaben treffen oder nicht grundsätzlich den gesamten Verbrauch in diesem Geltungsgebiet erfassen, sind unzulässig.

(5) Die Landesgesetzgebung kann Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben. Solche Landesgesetze müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß bestimmen.

(6) Die Landesgesetzgebung kann Gemeinden zur Erhebung bestimmter Abgaben verpflichten oder die Landesregierung ermächtigen, für die Gemeinden bestimmte Abgaben, zu deren Erhebung die Gemeinden berechtigt wären, zu erheben, wenn dies zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes oder zur Deckung bestimmter Erfordernisse im Haushalt der Gemeinden erforderlich ist.

Siehe auch § 14 Abs. 2 FAG 1989 idF BGBl. 450/1992

(2) (Verfassungsbestimmung) § 8 Abs. 4 F‑VG 1948 ist auf Abgaben auf entgeltliche Lieferungen, für die eine bundesgesetzliche Ermächtigung besteht, nicht anzuwenden.

 

Vorschlag

§ 8. (1) Landes(Gemeinde)abgaben sind die ausschließlichen Landesabgaben, die zwischen Land und Gemeinden geteilten Abgaben, die ausschließlichen Gemeindeabgaben und die Zuschläge der Länder (Gemeinden) zu Bundesabgaben. Landes(Gemeinde)abgaben sind auch Abgaben, die vom Bundesgesetzgeber nicht gemäß § 7 Abs. 1 einer Abgabenform zugeordnet wurden und die keine zu Bundesabgaben gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand sind.

(2) Die Landesgesetzgebung erklärt Landes(Gemeinde)abgaben zu ausschließlichen Landesabgaben, zwischen Land und Gemeinden geteilten Abgaben oder zu ausschließlichen Gemeindeabgaben. Die Landesgesetzgebung regelt Art und Ausmaß der Beteiligung des Landes und der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Landesabgaben.

(3) Die Landesgesetzgebung regelt vorbehaltlich der Bestimmungen des § 7 Abs. 3 bis 5 die Landes(Gemeinde)abgaben.

(4) Abgaben der Länder (Gemeinden), die die Einheit des Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebietes verletzen oder in ihrer Wirkung Zwischenzöllen oder sonstigen Verkehrsbeschränkungen gleichkommen, dürfen nicht erhoben werden, Verbrauchsabgaben der Länder (Gemeinden), die auch den Verbrauch außerhalb des Geltungsgebietes der Abgaben treffen oder nicht grundsätzlich den gesamten Verbrauch in diesem Geltungsgebiet erfassen, sind unzulässig. Diese Bestimmungen sind jedoch auf Abgaben auf entgeltliche Lieferungen, für die eine bundesgesetzliche Ermächtigung besteht, nicht anzuwenden.

(5) Die Landesgesetzgebung kann Gemeinden ermächtigen, Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben. Solche Landesgesetze müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß bestimmen.

(6) Die Landesgesetzgebung kann Gemeinden zur Erhebung von Abgaben verpflichten oder die Landesregierung ermächtigen, für Gemeinden Abgaben, zu deren Erhebung die Gemeinden berechtigt wären, zu erheben, wenn dies zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes oder zur Deckung bestimmter Erfordernisse im Haushalt dieser Gemeinden erforderlich ist.

 

§ 8 Abs. 1 bis 3:

 

Wie bei § 7 wird vorgeschlagen, zuerst die Ertragshoheit (bisheriger Abs. 2) zu regeln und erst anschließend die Abgabenhoheit (bisheriger Abs. 1).

 

Abs. 1 (alt) verwendet dzt. den Begriff „ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben“ in dem Sinn „Abgaben ohne Bundesbeteiligung“. Da damit aber z.B. gemeinschaftliche Landesabgaben ebenfalls unter die ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben zu subsumieren sind, ist das eine unglückliche Wortwahl. Weiters ist der in Abs. 1 verwendete Begriff der ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben“ nicht ident mit den in § 6 Abs. 1 Z 3 und 5 genannten ausschließlichen Landesabgaben und ausschließlichen Gemeindeabgaben. Dazu Ruppe (Neuordnung, 365): „spricht die Verwendung identischer Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung nicht gerade für eine befriedigende Gesetzessystematik“.

 

Der neue Abs. 1 zählt daher die möglichen Arten von Landes(Gemeinde)abgaben vollständig auf und gibt der Gesamtheit dieser Abgabentypen den Namen Landes(Gemeinde)abgaben. Zugleich wird in diesem Absatz das bisher nur mit einem Umkehrschluss aus Abs. 3 ableitbare Abgabenerfindungsrecht der Länder ausdrücklich normiert, indem auch solche Abgaben, die vom Bundesgesetzgeber (noch) nicht einem der Abgabentypen des § 6 Abs. 1 zugeordnet wurden, den Landes(Gemeinde)abgaben zugeordnet werden.

 

Wenn man davon ausgeht, dass für die Abgrenzung von Abgaben untereinander und somit auch für die Prüfung, ob eine Abgabe vom Bundesgesetzgeber bereits einem Abgabentypus zugeordnet wurde, entscheidend ist, ob die Abgaben denselben Besteuerungsgegenstand betreffen und gleichartig sind, dann bedürfte es der bisher in Abs. 3 normierten Einschränkung für den Landesgesetzgeber, gleichartige Landes(Gemeinde)abgaben neben Bundesabgaben nur mit bundesgesetzlicher Ermächtigung zu dürfen, nicht mehr. Dessen ungeachtet wird vorgeschlagen, diesen bisherigen Inhalt des Abs. 3 auch in die Definition der Landes(Gemeinde)abgaben ausdrücklich aufzunehmen, um klarzustellen, dass das von der Judikatur des VfGH aus Abs. 3 abgeleitete Abgabenerfindungsrecht in seinem Umfang nicht geändert wird.

 

Abs. 2 lehnt sich in der Formulierung an den neuen § 7 Abs. 1 an und beschränkt sich auf die Nennung der Kompetenz des Landesgesetzgebers, ohne zwischen „vorbehalten“ und „überlassen“ zu unterscheiden. Die bisher im F-VG fehlende Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Verteilung des Ertrages von gemeinschaftlichen Landesabgaben wird aufgenommen.

 

Einer zum neuen § 7 Abs. 4a analogen Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung des Höchstausmaßes der Zuschläge der Länder zu Stammabgaben der Länder bedarf es nicht, weil die Regelung sowohl der Stammabgabe als auch des Zuschlages gemäß dem Abs. 1 dem Landesgesetzgeber obliegt.

 

Abs. 4 wurde um den Inhalt der unbefristeten Verfassungsbestimmung in § 14 Abs. 2 FAG 1989 idF 450/1992 ergänzt.

 

Abs. 5 wurde an die Formulierung des § 7 Abs. 5 angeglichen, da Erheben (im Sinne des F-VG) und Ausschreibung keine unterschiedlichen Bedeutungen haben.

 

Abs. 6 betrifft die Kompetenzen für den Landesgesetzgeber, Gemeinden zur Abgabenerhebung zu verpflichten und die Abgabenhoheit von Gemeinden an die Landesregierung zu übertragen. Während der erste Teil dieser Bestimmung in der dzt. Fassung von „Gemeinden“ spricht, lautet es im zweiten Teil „für die Gemeinden“, obwohl auch diese Ermächtigung nur auf einzelne Gemeinden, deren Haushaltssituation dies erfordert, bezogen sein kann. Im Sinne einer einheitlichen Semantik wird daher vorgeschlagen, „für die Gemeinden“ im zweiten Teil auf „für Gemeinden“ zu ändern. Ähnlich die Änderung im letzten Satz: Da es nur auf die Haushaltssituation der Gemeinden ankommen kann, bei denen die Ermächtigung konkret ausgenutzt wird, sollte „im Haushalt der Gemeinden“ durch „im Haushalt dieser Gemeinden“ ersetzt werden.


§ 9. Wenn die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages über Landes(Gemeinde)abgaben Einspruch erhebt und der Landtag seinen Beschluß bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder (Art. 98 Abs. 2 B‑VG) wiederholt, so entscheiden, falls die Bundesregierung ihre Einwendung nicht zurückzieht, darüber, ob der Einspruch aufrecht zu bleiben hat, der Nationalrat und der Bundesrat durch einen ständigen gemeinsamen Ausschuß. Dieser Ausschuß besteht aus 26 Mitgliedern, von denen je die Hälfte von jeder der beiden Körperschaften nach den für die Wahl von Ausschüssen nach ihrer Geschäftsordnung geltenden Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt wird. Für jedes Mitglied des ständigen Ausschusses ist in gleicher Art ein Ersatzmitglied zu bestellen. Der Bundesrat muß aus jedem Land ein Mitglied und ein Ersatzmitglied entsenden. Die vom Nationalrat und die vom Bundesrat gewählten Mitglieder wählen je einen Vorsitzenden, die abwechselnd den Vorsitz führen. Der Ausschuß ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Ist weniger als die Hälfte der Mitglieder anwesend, so ist spätestens für den 14. Tag darnach eine neuerliche Sitzung einzuberufen, die beschlußfähig ist, wenn mindestens neun Mitglieder anwesend sind. Die Bundesregierung hat binnen drei Wochen nach Einlangen des wiederholten Gesetzesbeschlusses den Einspruch unter Anschluß des Gesetzesbeschlusses dem Präsidenten des Nationalrates zur Weiterleitung an den Ausschuß mitzuteilen. Der Ausschuß ist innerhalb einer Woche nach Einlangen der Mitteilung der Bundesregierung vom Vorsitzenden einzuberufen. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist obliegt die Einberufung dem Präsidenten des Nationalrates, dem auch die Einberufung des Ausschusses zu einer neuerlichen Sitzung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen obliegt. Der Ausschuß faßt seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende stimmt mit. Der Ausschuß gibt sich seine Geschäftsordnung selbst. Er hat innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Einlangen der Mitteilung der Bundesregierung seine Entscheidung in der Sache zu treffen. Der Gesetzesbeschluß kann kundgemacht werden, wenn der Ausschuß nicht innerhalb der angegebenen Frist entscheidet, daß der Einspruch der Bundesregierung aufrechtzubleiben hat.

 

Vorschlag:

§ 9. (1) Wegen Gefährdung von Bundesinteressen kann die Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluss eines Landtages über eine Landes(Gemeinde)abgabe binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluss beim Bundeskanzleramt eingelangt ist (Art. 98 Abs. 1 B‑VG), einen mit Gründen versehenen Einspruch erheben. Vor Ablauf der Einspruchsfrist ist die Kundmachung nur zulässig, wenn die Bundesregierung ausdrücklich zustimmt.

(2) Wenn der Landtag seinen Beschluss bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder wiederholt, so entscheiden, falls die Bundesregierung ihre Einwendung nicht zurückzieht, darüber, ob der Einspruch aufrecht zu bleiben hat, der Nationalrat und der Bundesrat durch einen ständigen gemeinsamen Ausschuss. Dieser Ausschuss besteht aus 26 Mitgliedern, von denen je die Hälfte von jeder der beiden Körperschaften nach den für die Wahl von Ausschüssen nach ihrer Geschäftsordnung geltenden Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt wird. Für jedes Mitglied des ständigen Ausschusses ist in gleicher Art ein Ersatzmitglied zu bestellen. Der Bundesrat muss aus jedem Land ein Mitglied und ein Ersatzmitglied entsenden. Die vom Nationalrat und die vom Bundesrat gewählten Mitglieder wählen je einen Vorsitzenden, die abwechselnd den Vorsitz führen. Der Ausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Ist weniger als die Hälfte der Mitglieder anwesend, so ist spätestens für den 14. Tag darnach eine neuerliche Sitzung einzuberufen, die beschlussfähig ist, wenn mindestens neun Mitglieder anwesend sind.

(3) Die Bundesregierung hat binnen drei Wochen nach Einlangen des wiederholten Gesetzesbeschlusses den Einspruch unter Anschluss des Gesetzesbeschlusses dem Präsidenten des Nationalrates zur Weiterleitung an den Ausschuss mitzuteilen. Der Ausschuss ist innerhalb einer Woche nach Einlangen der Mitteilung der Bundesregierung vom Vorsitzenden einzuberufen. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist obliegt die Einberufung dem Präsidenten des Nationalrates, dem auch die Einberufung des Ausschusses zu einer neuerlichen Sitzung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen obliegt. Der Ausschuss fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende stimmt mit. Der Ausschuss gibt sich seine Geschäftsordnung selbst. Er hat innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Einlangen der Mitteilung der Bundesregierung seine Entscheidung in der Sache zu treffen.

(4) Der Gesetzesbeschluss kann kundgemacht werden, wenn der Ausschuss nicht innerhalb der angegebenen Frist entscheidet, dass der Einspruch der Bundesregierung aufrecht zu bleiben hat.

 

Dass Art. 98 Abs. 2 B-VG über die Einschränkung des Einspruchsrechts der Bundesregierung  bei vorangegangenem Begutachtungsverfahren nach Judikatur und Literatur nicht anzuwenden ist (Nachweise bei Ruppe, Kommentar, § 9 RZ 4), ergibt sich erst durch den nicht auf den ersten Blick erkennbaren Zusammenhang zwischen Art. 98 Abs. 4 B-VG und § 9 F-VG. Die vorgeschlagene neue Formulierung des Abs. 1 vermeidet diese Undurchsichtigkeit.

 

Die Gliederung der weiteren Bestimmungen in mehrere Absätze soll die Lesbarkeit erhöhen.

 

Inhaltlich sollte eine derartige genaue Regelung einer Ausschussorganisation eher nicht Teil der Verfassung sein, sondern hauptsächlich in einem Geschäftsordnungsgesetz normiert werden. Da es sich jedoch um einen gemeinsamen Ausschuss des NR und des BR handelt, müsste die Regelung – z.B. der Wahl der Mitglieder – in zwei Geschäftsordnungen, teilweise – z.B. Vorsitzführung, Beschlussfähigkeit, Termine – könnte sie nur in einer der beiden Geschäftsordnungen enthalten sein, was wiederum zu einer Zersplitterung der Rechtslage führen würde. Die dzt. Situation eines – langen – § 9 hat somit immerhin den Vorteil einer Regelungskonzentration.


§ 10. Ist ein von einer Gemeindevertretung gefaßter Beschluß auf Ausschreibung von Abgaben, der ohne Erlassung eines Landesgesetzes in Kraft treten soll, gesetzwidrig, so kann der Bundesminister für Finanzen von der Landesregierung seine Aufhebung verlangen. Erfolgt diese nicht innerhalb eines Monates nach Einlangen dieser Aufforderung, so kann der Bundesminister für Finanzen die Aufhebung des Beschlusses beim Verfassungsgerichtshof beantragen.

 

Vorschlag

§ 10. Ist ein von einer Gemeindevertretung gefasster Beschluss auf Ausschreibung von Abgaben gesetzwidrig, so kann der Bundesminister für Finanzen von der Landesregierung seine Aufhebung verlangen. Erfolgt diese nicht innerhalb eines Monates nach Einlangen dieser Aufforderung, so kann der Bundesminister für Finanzen die Aufhebung des Beschlusses beim Verfassungsgerichtshof beantragen. Für das Verfahren zur Aufhebung durch die Landesregierung sind Art. 119a Abs. 6 B‑VG und diesbezügliche landesgesetzliche Bestimmungen mit der Maßgabe anzuwenden, dass allfällige Befristungen des Rechts zur Aufhebung unbeachtlich sind.

 

Die vorgeschlagene Neuformulierung enthält folgende Klarstellungen:

 

1.   Ein „von einer Gemeindevertretung gefasster Beschluss auf Ausschreibung von Abgaben, der ohne Erlassung eines Landesgesetzes in Kraft treten soll“ ist eine Verordnung auf Basis des freien Beschlussrechts, sei es auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 oder § 8 Abs. 5. Andere Interpretationen der dzt. Rechtslage würden zu widersprüchlichen Ergebnissen führen (so auch Ruppe, Kommentar § 10 RZ 8).

 

Durch Entfall des Verweises auf die Nichterlassung eines Landesgesetzes bezieht sich diese Bestimmung nunmehr auf alle Beschlüsse von Gemeindevertretungen auf Ausschreibung einer Abgabe. Ein ausdrücklicher Verweis auf § 7 Abs. 5 und § 8 Abs. 5 erübrigt sich daher, was den Vorteil hat, dass Interpretationsbedarf bei Gemeindeverordnungen, denen weder eine bundesgesetzliche noch eine landesgesetzliche Ermächtigung gemäß diesen Bestimmungen zugrunde liegt, erst gar nicht entsteht.

 

2.   Bei der dzt. Formulierung stellt sich die Frage, welche anderen Bestimmungen über die Aufsichtsrechte auf ein § 10-Verfahren anzuwenden sind.

 

Die mit § 10 geschaffene Möglichkeiten, Verordnungen der Gemeinden aufzuheben, ist zeitlich unbefristet (Ruppe, Kommentar, § 10 RZ 2), während die standardmäßige Verordnungsprüfung im Rahmen der Gemeindeaufsicht befristet sein kann, siehe z.B. § 8 Abs. 3 der NÖ Gemeindeordnung 1973: „Nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Einlangen der von der Gemeinde erlassenen Verordnung bei der Aufsichtsbehörde ist ihre Aufhebung nicht mehr zulässig.“

 

Da das Recht des Bundesministers für Finanzen, die Aufhebung zu verlangen, unbefristet ist, muss dies insofern auch für das Recht der Landesregierung zur Aufhebung gelten, weil ansonsten das Recht des Bundesministers für Finanzen ins Leere ginge.

 

Gemäß Art. 119a Abs. 6 zweiter Satz B-VG hat die Aufsichtsbehörde gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Gemeinde durch Verordnung aufzuheben und die Gründe hiefür der Gemeinde gleichzeitig mitzuteilen. Es stellt sich die Frage, ob dieses Anhörungsrecht und die Informationsverpflichtung auch für § 10-Verfahren gilt.

 

Schließlich erscheint auch unklar, wie andere Bestimmungen von Gemeindeordnungen auf ein § 10-Verfahren anzuwenden sind. Siehe z.B. § 88 Abs. 2 der NÖ Gemeindeordnung 1973: „Die Aufhebungsverordnung ist vom Bürgermeister in gleicher Weise wie die aufgehobene Verordnung kundzumachen. Die Verordnung der Landesregierung tritt, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Kundmachungstages in Kraft.“

 

Um das Verhältnis zwischen § 10-Verfahren und dem standardmäßigen Aufsichtsverfahren klarzustellen, wird vorgeschlagen, grundsätzlich – d.h. mit Ausnahme einer allfälligen zeitlichen Befristung – auf Art. 119a Abs. 6 B VG und auf die landesgesetzlichen Regelungen zu verweisen.


§ 11. (1) Die Bundesabgaben werden, soweit die Bundesgesetzgebung nichts anderes bestimmt, durch Organe der Bundesfinanzverwaltung bemessen, eingehoben und zwangsweise eingebracht. Inwieweit Organe anderer Körperschaften mitzuwirken haben, bestimmen die Abgabengesetze.

(2) Bezüglich der für Zwecke der Länder (Gemeinden) erhobenen Zuschläge zu Bundesabgaben haben, soweit die Bundesgesetzgebung nichts anderes bestimmt, die Organe der Bundesfinanzverwaltung das gesamte Bemessungs- und Einhebungsverfahren einschließlich Vorschreibung und Abschreibung grundsätzlich nach den für die Stammabgabe geltenden Bestimmungen durchzuführen.

(3) Die übrigen Abgaben der Länder (Gemeinden) werden vorbehaltlich der Bestimmung des § 7 Abs. 3 grundsätzlich durch Organe jener Gebietskörperschaften bemessen und eingehoben, für deren Zwecke sie ausgeschrieben werden. Die Landesgesetzgebung bestimmt, inwieweit Landesabgaben von Organen der Gemeinden (Gemeindeverbände) und Gemeindeabgaben von Organen des Landes (der Gemeindeverbände) zu bemessen und einzuheben sind. Sofern durch Landesgesetz die Bemessung und Einhebung solcher Abgaben Bundesorganen übertragen werden soll, findet Artikel 97 Abs. 2 B‑VG Anwendung.

(4) Vergütungen für die Mitwirkung fremder Organe werden gesetzlich geregelt.

 

Vorschlag:

§ 11. (1) Die Bundesabgaben und die zu Abgaben des Bundes erhobenen Zuschläge der Länder (Gemeinden) werden, soweit die Bundesgesetzgebung nichts anderes bestimmt, durch Organe der Bundesfinanzverwaltung bemessen, eingehoben und zwangsweise eingebracht.

(2) Soweit die Landesgesetzgebung nichts anderes bestimmt, werden die übrigen Landes(Gemeinde)abgaben vorbehaltlich der Bestimmung des § 7 Abs. 3 durch Organe der Länder, die ausschließlichen Gemeindeabgaben jedoch durch Organe der Gemeinden bemessen, eingehoben und zwangsweise eingebracht. Sofern durch Landesgesetz die Bemessung, Einhebung oder zwangsweise Einbringung solcher Abgaben Bundesorganen übertragen werden soll, findet Artikel 97 Abs. 2 B‑VG Anwendung.

 

Bund (Abs. 1)

 

Der dzt. letzte Satz („Inwieweit Organe anderer Körperschaften mitzuwirken haben, bestimmen die Abgabengesetze.“) ist überflüssig (Ruppe, Kommentart, § 11 RZ 6) und führt zu unnötigen Auslegungsfragen. Der Begriff „Organe anderer Körperschaften“ könnte etwa im Zusammenhang mit der Einschränkung auf „Organe der Bundesfinanzverwaltung“ im ersten Satz zum falschen Ergebnis verleiten, dass andere Organe des Bundes (insb. die Organe anderer Bundesministerien) vom Bundesgesetzgeber nicht zur Verwaltung von Bundesabgaben berufen werden können, weil es sich nicht um Organe anderer Körperschaften, sondern eben immer noch des Bundes, handelt - siehe aber bereits das Erk. VfSlg. 10.823/86, gemäß dem es dem Bundesgesetzgeber nicht verwehrt ist, die Einhebung, Bemessung und zwangsweise Einbringung von Bundesabgaben anderen Organen (Behörden) als Organen der Bundesfinanzverwaltung (in diesem Erk.: dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) zu übertragen.

 

Da der Bundesgesetzgebung bereits gemäß erstem Satz die Kompetenz zukommt, anderes zu bestimmen, d.h. andere Organe des Bundes selbst oder Organe anderer Rechtsträger (einschließlich anderer Gebietskörperschaften) zur Verwaltung von Abgaben zu verpflichten, kann der zweite Satz ersatzlos entfallen.

 

Der bisherige Abs. 2 überträgt bei Zuschlägen zu Stammabgaben des Bundes dem Bund die Verwaltung des gesamten Bemessungs- und Einhebungsverfahrens (wiederum zu ergänzen: und die zwangsweise Einbringung). Die besondere Betonung der darin inkludierten „Vorschreibung und Abschreibung“ und der „für die Stammabgabe geltenden Bestimmungen“ (wobei hier wohl das Verfahrensrecht gemeint ist, nicht hingegen das materielle Abgabenrecht, weil dieses – abgesehen von der Höhe des Tarifes – das Schicksal der Stammabgabe teilt) bringt dieser Bestimmung keinen zusätzlichen Inhalt, weil dies schon aus der Zuordnung zur Bundesverwaltung folgt.

 

Landes(Gemeinde)abgaben (dzt. Abs. 2 und 3)

 

Gemäß dem dzt. Abs. 3 erster Satz werden die übrigen Abgaben der Länder (Gemeinden) „grundsätzlich durch Organe jener Gebietskörperschaften bemessen und eingehoben, für deren Zwecke sie ausgeschrieben werden“.

 

Diese Bestimmung ist in mehrfacher Hinsicht verbesserungsfähig:

 

-)    Anders als im Abs. 1 wird die zwangsweise Einbringung nicht ausdrücklich erwähnt wird, ohne dass aber hier anderes gemeint sein kann.

 

-)    Mit dem Zweck der Abgabe wird vermutlich die Ertragshoheit gemeint (Ruppe, Kommentar, § 11 RZ 9). Bei geteilten Abgaben ist die Ertragshoheit allerdings geteilt, sodass demnach sowohl bei gemeinschaftlichen Landesabgaben als auch bei Zuschlagsabgaben die Gemeinden den auf sie entfallenden Teil bemessen, einheben und zwangsweise einbringen müssten. Bei gemeinschaftlichen Landesabgaben ist ein derartiges Auslegungsergebnis von vornherein abwegig, bei Zuschlägen zu Landesabgaben stellt sich die Frage, warum hier anderes gelten soll als bei Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zu Stammabgaben des Bundes.

 

Aus dem zweiten Satz des Abs. 3 über die Ausnahmen lässt sich jedenfalls schließen, dass gemeinschaftliche Landesabgaben, da sie unter „Landesabgaben“ zu subsumieren sind, trotz ihres geteilten „Zwecks“ bzw. ihrer geteilten Ertragshoheit grundsätzlich von Landesorganen zu verwalten sind. Hinsichtlich der Zuschlägen der Gemeinden zu Stammabgaben der Länder kann allerdings aus dem zweiten Satz nichts gewonnen werden, weil es letztlich darauf ankommt, ob „Zuschläge der Gemeinden“ zu den Gemeindeabgaben gerechnet werden oder nicht.

 

Abs. 3 zweiter Satz ermächtigt die Landesgesetzgebung zu bestimmen, inwieweit Landesabgaben von Organen der Gemeinden (Gemeindeverbände) und Gemeindeabgaben von Organen des Landes (der Gemeindeverbände) zu bemessen und einzuheben (wiederum zu ergänzen: und zwangsweise einzubringen) sind. Ein Umkehrschluss, dass Organe anderer Rechtsträger als Gemeinden, Gemeindeverbände und Bund mit der Verwaltung gar nicht betraut werden dürfen, erscheint wohl unzulässig. Die Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Betrauung von Gemeindeverbänden ergibt sich bereits aus Art. 116a Abs. 2 B-VG.

 

Damit kann aber der Inhalt des ganzen zweiten Satzes auf eine generelle und uneingeschränkte Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Normierung abweichender Zuständigkeiten zusammengefasst werden.

 

Vorgeschlagen wird als grundsätzliche Einteilung, dass ausschließliche Gemeindeabgaben von der Gemeinde, alle anderen Landes(Gemeinde)abgaben hingegen vom Land verwaltet werden. Analog zur Regelung bei Zuschlägen zu Stammabgaben des Bundes soll die Verwaltung des Zuschlages gemeinsam mit der Stammabgabe des Landes erfolgen. Die Landesgesetzgebung kann – ohne Einschränkung – von diesen Grundsätzen abweichen.

 

Mitwirkungsvergütung

 

Der bisherige Abs. 4 kann ersatzlos entfallen. Sowohl im Verhältnis zwischen den Gebietskörperschaften als auch bei der Verpflichtung von Privaten zur Mitwirkung bei der Vollziehung von Abgabengesetzen können Mitwirkungsvergütungen nur durch den Gesetzgeber erfolgen. Für Kostenersätze zwischen den Gebietskörperschaften gilt dabei die Kompetenzverteilung in § 2.


III. Finanzzuweisungen und Zuschüsse

§ 12. (1) Finanzzuweisungen des Bundes an die Länder (Gemeinden) und der Länder an die Gemeinden können entweder als Schlüsselzuweisungen oder als Bedarfszuweisungen gewährt werden. Bei der Erstellung der Schlüssel ist die durchschnittliche Belastung der Gebietskörperschaften durch die ihnen obliegenden Pflichtaufgaben und ihre eigene Steuerkraft zu berücksichtigen. Bedarfszuweisungen können zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Ausgleich von Härten gewährt werden, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben.

(2) Zweckgebundene Zuschüsse des Bundes werden durch das Finanzausgleichsgesetz oder durch Bundesgesetze festgesetzt, welche die Verwaltungsaufgaben regeln, zu deren Lasten die Zuschüsse zu leisten sind. Diese Bestimmungen gelten sinngemäß für Zuschüsse der Länder an die Gemeinden (Gemeindeverbände).

 

Vorschlag:

III. Finanzzuweisungen und Zuschüsse

§ 12. Finanzzuweisungen des Bundes an die Länder (Gemeinden) und der Länder an die Gemeinden können die durchschnittliche Belastung der Gebietskörperschaften durch die ihnen obliegenden Aufgaben und ihre eigene Steuerkraft berücksichtigen oder zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Ausgleich von Härten gewährt werden, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Finanzzuweisungen ergeben.

 

Abs. 1: Finanzzuweisungen

 

Die Abgrenzung zwischen Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen kann als unvollziehbar bezeichnet werden (siehe etwa Ruppe, Neuordnung, 375, über die divergierenden Einteilungen einiger konkreter Transfers), sie ist aber derzeit kompetenzrechtlich von Bedeutung, weil nur die Gewährung von Bedarfszuweisungen (und Zweckzuschüssen) an Bedingungen geknüpft werden kann. Vorgeschlagen wird daher, die Unterscheidung zwischen diesen beiden Transferarten aufzugeben und deren bisherige Inhalte zusammenfassend als Finanzzuweisung zu normieren.

 

„Pflichtaufgaben“: Dieser Begriff umfasst lt. Ruppe, Kommentar § 12 RZ 11, alle Aufgaben, die eine Gebietskörperschaft im öffentlichen Interesse besorgt, gleichgültig, ob dies in Form der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung geschieht. Bei einem derart umfassenden Inhalt sollte auf diesen nur schwer greifbaren Begriff besser gänzlich verzichtet werden. Da der Finanzausgleichsgesetzgeber gemäß § 4 iVm § 2 den Aufwand, der sich aus der Besorgung der (also aller) Aufgaben der Gebietskörperschaften ergibt, zu berücksichtigen hat, macht es keinen Sinn, dass nur auf den Aufwand aus Pflichtaufgaben abgestellt werden soll.

 

Abs. 2: Zweckzuschüsse

 

Festsetzung von Zweckzuschüssen durch das Finanzausgleichsgesetz: Diese Bestimmung gibt verfassungsrechtlich vor, dass es ein Finanzausgleichsgesetz gibt, ohne dass dessen Inhalt verfassungsgesetzlich konkretisiert wird. Gesetze und gesetzliche Bestimmungen auf der Kompetenzgrundlage des F-VG sind dessen ungeachtet wohl auch außerhalb eines so Finanzausgleichsgesetzes möglich, für Zweckzuschüsse kann nichts anderes gelten.

 

Festsetzung von Zweckzuschüssen „durch Bundesgesetze [...], welche die Verwaltungsaufgaben regeln, zu deren Lasten die Zuschüsse zu leisten sind.“ Der Sinn dieser Bestimmung „ist freilich dunkel“ (Ruppe, Neuordnung, 376). Die Bedeutung des Abs. 2 erschöpft sich letztlich in der Aussage, dass Zweckzuschüsse des Bundes und der Länder eines Gesetzes bedürfen (Ruppe, Kommentar, RZ 4). Für den Bund ist dies aber bereits dzt. auch in § 3 geregelt, für den Bereich der Länder nur hinsichtlich der Zweckzuschüsse ausdrücklich im bisherigen Abs. 2, allerdings gilt für Finanzzuweisungen der Länder an die Gemeinden auch nach der dzt. Rechtslage nichts anderes (siehe Ruppe, Kommentar, § 12 RZ 3).

 

Aufgrund des Vorschlages zu § 3 verbleibt für die Zuständigkeit des Gesetzgebers zur Regelung von Finanzzuweisungen und Bedarfszuweisungen kein weiterer Regelungsbedarf, der dzt. § 12 Abs. 2 kann daher entfallen.


§ 13. Die Gewährung von Bedarfszuweisungen und von zweckgebundenen Zuschüssen kann an Bedingungen geknüpft werden, die der Erhaltung oder Herstellung des Gleichgewichtes im Haushalt der empfangenden Gebietskörperschaften dienen oder mit dem mit der Zuschußleistung verfolgten Zweck zusammenhängen. Die gewährende Gebietskörperschaft kann sich das Recht vorbehalten, die Einhaltung dieser Bedingungen durch ihre Organe wahrnehmen zu lassen.

 

Vorschlag:

§ 13. Die Gewährung von Finanzzuweisungen und von zweckgebundenen Zuschüssen kann an Bedingungen geknüpft werden, die der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt der empfangenden Gebietskörperschaften dienen oder mit dem mit der Gewährung der Leistung verfolgten Ziel zusammenhängen. Die gewährende Gebietskörperschaft kann sich das Recht vorbehalten, die Einhaltung dieser Bedingungen durch ihre Organe wahrnehmen zu lassen.

 

Nach der dzt. Rechtslage ist der Zusammenhang zwischen Finanzzuweisungen und Zweckzuschüssen zu den daran anknüpfbaren Bedingungen unklar und unsystematisch:

 

Für Schlüsselzuweisungen sind trotz der verpflichtenden Berücksichtigung der Pflichtaufgaben und insb. der eigenen Steuerkraft der Länder bzw. Gemeinden keine Bedingungen vorgesehen, sodass Schlüsselzuweisungen insb. auch nicht an die Bedingung geknüpft werden können, dass die empfangende Gebietskörperschaft ihre eigene Abgabenhoheit (in einem zumutbaren Ausmaß) ausschöpft.

 

Bedarfszuweisungen können

1. zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt,

2. zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder

3. zum Ausgleich von Härten gewährt werden, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben.

Es stellt sich nun die Frage, ob nur für den ersten Fall Bedingungen gestellt werden können oder für alle Fälle. Zum ersten Ergebnis gelangt man, wenn man § 13 – entgegen seinem Wortlaut – so auslegt, dass die erste Art von Bedingung („Erhaltung oder Herstellung des Gleichgewichtes im Haushalt“) sich nur auf Bedarfszuweisungen bezieht und die zweite Art von Bedingung („mit der Zuschussleistung verfolgten Zweck“) nur auf Zweckzuschüsse (so Ruppe, Kommentar, § 13, RZ 2).

 

Mit der Wortstellung des § 13 lässt sich aber im Gegensatz dazu argumentieren, dass die möglichen Bedingungen an alle Arten von Bedarfszuweisungen und Zweckzuschüssen geknüpft werden können. Eine einschränkende Interpretation erscheint nicht erforderlich, kann es doch im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, z.B. bei Bedarfszuweisungen für die Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse auch das Haushaltsgleichgewicht der empfangenden Gebietskörperschaft zu berücksichtigen; gleiches gilt für Zweckzuschüsse (so Ruppe, Neuordnung, 375: „§ 13 erlaubt es, auch zweckgebundene Zuschüsse an Bedingungen zu knüpfen, die mit der Erhaltung oder Herstellung des Haushaltsgleichgewichtes bzw mit dem Zweck der Zuschussleistung zu tun haben.“)

 

Diese Interpretation vermeidet die ohnehin nicht lösbare Aufgabe, aus kompetenzrechtlichen Gründen genau zwischen den einzelnen Arten von Bedarfszuweisungen unterscheiden zu müssen.

 

Bei einer dritten möglichen Auslegung kommt man zum Ergebnis, dass unter „Zuschussleistung“ nicht dasselbe zu verstehen ist wie unter einem „zweckgebundenen Zuschuss“ und der mit dem Transfer „verfolgte Zweck“ nicht (unbedingt) dasselbe ist wie der Zweck, für den die Mittel zweckgebunden werden. Als weiter Begriff umfasst hier die „Zuschussleistung“ sowohl Bedarfszuweisungen als auch Zweckzuschüsse, und meint der mit dem Transfer verfolgte Zweck das Ziel (die Begründung, das Motiv) für die Transferleistung.

 

Bei dieser vom Ergebnis her sinnvollsten Auslegung können alle Bedarfszuweisungen und Zweckzuschüsse an Bedingungen geknüpft werden,

1. die der Erhaltung oder Herstellung des Haushaltsgleichgewichts dienen, oder

2. die mit der jeweiligen Art der Transferleistung zusammen, bei Bedarfszuweisung also (wenn Wiederherstellung und Herstellung sowie Wiederherstellung und Herstellung dasselbe bedeuten: wiederum) mit dem Haushaltsgleichgewicht bzw. dem außergewöhnlichen Erfordernis oder den auszugleichenden Härten, bei Zweckzuschüssen der Aufgabe, für die die Mittel zweckgebunden werden.

 

Der Vorschlag einer Neuregelung geht von dieser letzten Interpretation aus und vermeidet durch die vorgeschlagene Zusammenfassung von Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen und daraus folgende Einbindung der bisherigen Schlüsselzuweisungen in den § 13 die bisherigen (unlösbaren) Abgrenzungsschwierigkeiten.


IV. Kreditwesen

§ 14. Die Landesgesetzgebung regelt die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden. Falls die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages, durch den die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) allgemein oder für einen Einzelfall geregelt wird, Einspruch erhebt, und der Landtag seinen Beschluß wiederholt, gilt das im § 9 vorgesehene Verfahren.

 

Vorschlag:

IV. Kreditwesen

§ 14. Die Landesgesetzgebung regelt die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) der Länder und Gemeinden. Für einen Gesetzesbeschluss eines Landtages, durch den die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) allgemein oder für einen Einzelfall geregelt wird, gilt das im § 9 vorgesehene Verfahren.

 

Die vorgeschlagenen Änderungen sind nur formaler Art. Durch die Neuformulierung des § 9 kann der Verweis in § 14 kürzer gehalten werden.


§ 15. Der Bund kann den Ländern (Gemeinden) Darlehen nur auf Grund eines besonderen Bundesgesetzes oder des Bundesfinanzgesetzes gewähren. Das gleiche gilt für eine Beteiligung der Länder (Gemeinden) an Einnahmen des Bundes, die nicht aus Abgaben herrühren. § 13 gilt sinngemäß auch in diesen Fällen.

 

Vorschlag:

§ 15. Der Bund kann den Ländern (Gemeinden) Darlehen auf Grund eines besonderen Bundesgesetzes oder des Bundesfinanzgesetzes gewähren. Das gleiche gilt für eine Beteiligung der Länder (Gemeinden) an Einnahmen des Bundes, die nicht aus Abgaben herrühren. § 13 gilt sinngemäß auch in diesen Fällen.

 

Die eigentliche Aussage des § 15 ist, dass die Darlehensgewährung sowie die Beteiligung der Länder und Gemeinden an bestimmten Einnahmen des Bundes schon auf Basis eines Bundesfinanzgesetzes möglich ist, d.h. dass ein materielles Bundesgesetz („besonderes Bundesgesetz“) dafür nicht erforderlich ist. Das Wort „nur“ in der dzt. Fassung, das auf eine Einschränkung hindeutet, passt somit nicht zu dieser Erweiterung der Kompetenzen des Bundesfinanzgesetzgebers.

 

Während der erste Teil dieser Bestimmung über die Gewährung von Darlehen insofern rechtspolitisch unbedenklich erscheint, als Darlehen zwischen Gebietskörperschaften, zumindest soweit sie verzinslich sind, wegen ihrer Rückzahlbarkeit nicht als Teil Gesamtregelung des Finanzausgleiches (§ 4) angesehen werden müssen, dürfte eine Beteiligung der Länder und Gemeinden an Einnahmen, die nicht aus Abgaben herrühren, ohne materielles Bundesgesetz der Systematik der sonstigen Abschnitte des F-VG nicht entsprechen. Während § 2 für jede Kostenübernahme durch den Bund und § 12 für Zweckzuschüsse des Bundes ein materielles Bundesgesetz verlangen, soll dies ausschließlich aufgrund ihrer Herkunft für bestimmte Mittel nicht mehr gelten.

 

Aufgrund der diesem Papier zugrunde liegenden Beschränkung, möglichst keine Vorschläge rechtspolitischer Natur zu machen, kann aber hier auf weitere Überlegungen dazu verzichtet werden.


V. Haushaltsrecht und Finanzstatistik

§ 16. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Rechnungshof Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften insoweit regeln, als dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist. Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, sich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften vorlegen zu lassen und Auskünfte über deren Finanzwirtschaft einzuholen.

(2) Eine Abtretung oder Verpfändung von Abgabenrechten, Abgabenertragsanteilen und vermögensrechtlichen Ansprüchen, die den Gebietskörperschaften mit Ausnahme der Länder, der Landeshauptstädte und der Städte mit eigenem Statut auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes gegen den Bund oder andere Gebietskörperschaften zustehen, ist unzulässig. Eine Zwangsvollstreckung auf solche Rechte und Ansprüche findet nicht statt. Der Bundesminister für Finanzen kann auf Antrag der Landesregierung Ausnahmen von diesem Verbot bewilligen.

 

Vorschlag

 

V. Haushaltsrecht und Finanzstatistik

§ 16. Der Bundesminister für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Rechnungshof Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften insoweit regeln, als dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist. Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, sich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften vorlegen zu lassen und Auskünfte über deren Finanzwirtschaft einzuholen.

Va. Verfügungsverbote

§ 16a. Gemeinden mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut können Ansprüche auf Abgabenertragsanteile und andere vermögensrechtliche Ansprüche, die ihnen auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes gegen den Bund oder andere Gebietskörperschaften zustehen, sowie Abgabenrechte weder abtreten noch verpfänden. Eine Zwangsvollstreckung auf solche Rechte und Ansprüche findet nicht statt. Der Bundesminister für Finanzen kann auf Antrag der Landesregierung Ausnahmen von diesem Verbot bewilligen.

 

Die Neuformulierung setzt folgendes Interpretationsergebnis zum dzt. § 16 um:

 

-)    Adressat der Bestimmung sind nur die Gemeinden im Ausnahme der Städte mit eigenem Statut, nicht hingegen die Länder und der Bund.

-)    Der Nebensatz „die den Gebietskörperschaften mit Ausnahme der Länder, der Landeshauptstädte und der Städte mit eigenem Statut auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes gegen den Bund oder andere Gebietskörperschaften zustehen,“, bezieht sich nur auf Abgabenertragsanteile und vermögensrechtliche Ansprüche.

 

Nach der Streichung des Wortes Finanzausgleiches aus dem dzt. § 12 Abs. 2 bleibt dieser Begriff finanzverfassungsrechtlich noch in dieser Bestimmung erhalten. Die Verfassung geht demnach davon aus, dass es ein Finanzausgleichsgesetz gibt, ein bestimmter Inhalt wird hingegen nicht vorgegeben.

 

Der einfache Bundesgesetz kann durch eine Regelung von Abgabenertragsanteile und vermögensrechtliche Ansprüchen außerhalb des FAG die Verfügungsverbote des (dzt.) § 16 Abs. 2 vermeiden. Eine Umgehung der verfassungsrechtlichen Vorgaben muss darin aber nicht gesehen werden, weil dem Gesetzgeber nicht verwehrt sein kann, was der Vollziehung (Bundesminister für Finanzen auf Antrag der Landesregierung) möglich ist.


VI. Fristenlauf, Übergangs- und Schlußbestimmungen

§ 17. (1) Für die Berechnung der in diesem Bundesverfassungsgesetz vorgesehenen Fristen gelten die Bestimmungen der §§ 32 und 33 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51.

(2) Abgabenrechtliche Vorschriften des Deutschen Reichsrechtes, die auf Grund des Gesetzes von 8. Mai 1945, St. G. Bl. Nr. 12, vorläufig anzuwenden sind, bleiben, soweit die Regelung nach den Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes in die Zuständigkeit der Länder fällt, als landesrechtliche Vorschriften längstens bis 31. Dezember 1949 in Kraft.

(3) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit 1. Jänner 1948 in Wirksamkeit. Gleichzeitig tritt das Finanz-Verfassungsgesetz, B. G. Bl. Nr. 61 vom Jahre 1931, außer Kraft.

(3a) § 6 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 686/1988 tritt mit 1. Oktober 1988 in Kraft. Auf am 1. Oktober 1988 geltende Bundes- und Landesgesetze ist § 6 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 686/1988 vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an anzuwenden. Dies gilt nicht für das Gesetz über die Erhebung einer Abgabe der Aufsichtsratsmitglieder, dRGBl. 1934 I S 253, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 587/1983 sowie für die Verordnung des Reichsministers der Finanzen über den Steuerabzug von Aufsichtsratsvergütungen, dRGBl. 1939 I S 691.

(3b) § 7 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 818/1993 tritt mit 1. Jänner 1994, § 14 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 818/1993 tritt mit 1. Dezember 1993 in Kraft.

(3c) Der Titel, § 5, § 7 Abs. 4, § 8 Abs. 1, § 9, § 10, § 11 Abs. 3, § 16, § 17 Abs. 1 und 4 und die Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2003 treten mit 1. Jänner in Kraft.

(4) Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist, soweit nicht der Bundesminister für Finanzen ausdrücklich mit der Vollziehung beauftragt ist, die Bundesregierung betraut.

 

Vorschlag:

 

Abs. 1 über den Fristenlauf kann ersatzlos entfallen. Die im F-VG genannten Fristen in § 9 und § 10 sind mit denen anderer Verfassungsbestimmungen vergleichbar (der § 9 insb. mit Art. 98 Abs. 2 B-VG), sodass die Fristenberechnung an diejenige anderer Verfassungsbestimmungen angeglichen werden sollte.



[1] VfSlg. 7720/75: Die §§ 57 ff KAG sehen "Zweckzuschüsse" des Bundes vor, die den Rechtsträgern sowohl öffentlicher Krankenanstalten als auch gemeinnützig geführter privater Krankenanstalten geleistet werden; die gesetzl. Überschrift dazu beruft sich auf die §§ 12 und 13 F‑VG. Als Bedingung wird ein bestimmtes Buchführungssystem normiert:
.) Soweit der einen Zweckzuschuß beanspruchende Rechtsträger ein Land oder eine Gemeinde ist, findet die Regelung ihre verfassungsrechtliche Deckung in § 13 F‑VG; die Bedingung hängt mit dem der Zuschußleistung verfolgten Zweck zusammen.
.) Soweit nicht ein Land oder eine Gemeinde Rechtsträger ist, ist die Berufung auf das F‑VG unzutreffend; als verfassungsrechtliche Grundlage kommt aber die Kompetenzbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Z 4 B‑VG ("Bundesfinanzen, insbesondere öffentliche Abgaben, die ausschließlich oder teilweise für den Bund einzubehalten sind") in Betracht. Diese Kompetenzbestimmung erfaßt die Angelegenheiten der Bundesfinanzen, die nicht durch das F‑VG geregelt sind