Gesetzesfolgenabschätzung

 

 

Die Industriellenvereinigung hat mich beauftragt, einen Textvorschlag auf Basis des geltenden B-VG zu formulieren, der eine umfassende und verfassungsrechtlich verankerte Verpflichtung zur Durchführung einer Gesetzesfolgenabschätzung für Gesetze und Verordnungen statuiert. Darüber hinaus soll gemäß der IV-Punktation zur Gesetzesfolgenabschätzung[1] eine entsprechende Zuständigkeit für den Rechnungshof festgelegt werden.

 

Die Berechnung budgetärer Auswirkungen von Entwürfen von Bundesgesetzen, Verordnungen, über- oder zwischenstaatliche Vereinbarungen und Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG ist bereits gesetzlich verankert.[2] Hinsichtlich der sonstigen Auswirkungen besteht eine gesetzliche Anordnung, die wesentlichen Auswirkungen von Vorhaben der Bundesgesetzgebung abzuschätzen, seit dem mit 1.1.2002 in Kraft getretenen Deregulierungsgesetz 2001[3]. Bereits 1999 hat die Bundesregierung beschlossen, dass bei Regierungsvorlagen und Verordnungen der Bundesregierung oder eines Regierungsmitglieds die Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich darzustellen sind.[4]

 

Eine umfassende Verpflichtung zur Folgenabschätzung für gesetzgeberische Vorhaben auf Bundes- und Landesebene und für Verordnungsentwürfe besteht allerdings nicht und ist durchaus wünschenswert. Die verfassungsgesetzliche Festschreibung einer solchen Verpflichtung erscheint, wenn sie auch nicht unbedingt als geboten zu erachten ist, zumindest als sinnvoll. Ziel ist, die Gesetzgebungsorgane sowie die verordnungsgebenden Organe in die Lage zu versetzen, einerseits die budgetären Auswirkungen andererseits aber auch die wirtschaftlichen und sonstigen Konsequenzen legislativer Maßnahmen für die Betroffenen (Private und Wirtschaft) besser abschätzen und verantworten zu können (Gesetzesfolgentransparenz). Damit einher geht eine verbesserte parlamentarisch-demokratische Kontrolle. Ein verantwortungsbewusster und seine politischen Steuerungsmöglichkeiten optimal nutzender Gesetzgeber kann mit Hilfe dieses Instruments die geplante Effizienz seines Gesetzes permanent überprüfen und notwendige Umsteuerungen vornehmen (parlamentarische Evaluation).

 

Die Beauftragung von Stellen außerhalb der zuständigen Ressorts mit einer Gesetzesfolgenabschätzung erhöht die Transparenz und Unabhängigkeit der Entwürfe und bringt zusätzliche Expertise in das Rechtsetzungsverfahren ein. Die Ermächtigung des Rechnungshofes mit der Durchführung einer Gesetzesfolgenabschätzung erscheint durchaus sinnvoll, da dadurch dessen wirtschaftliche Kompetenz nutzbringend verwertet werden könnte.

 

In das bestehende B-VG könnte eine verpflichtende Gesetzesfolgenabschätzung sowie die Möglichkeit der Beauftragung des Rechnungshofes wie unten dargestellt eingebaut werden. Die Regelungen über den Konsultationsmechanismus bleiben unberührt. Die Ausgestaltung des Verfahrens sowie die Festlegung, welche Vorhaben dem Rechungshof zur Abschätzung vorgelegt werden müssen (eine lückenlose Zuständigkeit des Rechnungshofes würde wohl dessen Kapazitäten sprengen und zum erzielten Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis stehen) und wer die Erstellung einer Abschätzung beantragen kann (etwa der jeweils zuständige Bundesminister, Ausschuss, ...) sollte naturgemäß dem einfachen Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Für die Möglichkeit, den Rechnungshof beauftragen zu können, ist allerdings eine Verfassungsbestimmung obligatorisch (VfSlg 6885):

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Artikel 18 (2a). Jedem Entwurf für eine Verordnung sind Ausführungen anzuschließen über die damit angestrebten Ziele, über die damit verbundenen Folgen, insbesondere die finanziellen Auswirkungen für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie wirtschafts-, umwelt-, konsumentenschutz- und sozialpolitische Auswirkungen.

 

Artikel 41 (3). Jedem Gesetzesvorschlag sind Ausführungen anzuschließen über die damit angestrebten Ziele, über die damit verbundenen Folgen, insbesondere die finanziellen Auswirkungen für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie wirtschafts-, umwelt-, konsumentenschutz- und sozialpolitische Auswirkungen.

 

Artikel 97 (1a). Jedem Landesgesetzesvorschlag sind Ausführungen anzuschließen über die damit angestrebten Ziele, über die damit verbundenen Folgen, insbesondere die finanziellen Auswirkungen für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie wirtschafts-, umwelt-, konsumentenschutz- und sozialpolitische Auswirkungen.

 

Artikel 121 (5). Der Rechnungshof hat auf Antrag einen öffentlich zugänglichen Bericht über die finanziellen Auswirkungen für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen von Entwürfen von grundsätzlicher Bedeutung über Verordnungen, Bundes- und Landesgesetzen, über- oder zwischenstaatliche Vereinbarungen und Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG zu erstellen. Die näheren Bestimmungen über die Antragstellung werden durch Bundesgesetz und Landesgesetze getroffen.

 

 

 

 



[1] Siehe http://www.iv-newsroom.at/upload_pub/file_155.pdf

[2] Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über den Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl I Nr 35/1999; § 14 Bundeshaushaltsgesetz (BHG), BGBl Nr 213/1986 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 71/2003; Richtlinien für die Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen gem § 14 Abs 5 BHG, BGBl II Nr 50/1999 idF BGBl 511/2003; § 5 Finanzausgleichsgesetz; § 28 Geschäftsordnungsgesetz 1975.

[3] BGBl I 151/2001

[4] Ministerratsbeschluss vom 22. Jänner 1999 über die Darstellung der Auswirkungen von Rechtsetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und den Wirtschaftsstandort Österreich, Rundschreiben des BKA-Verfassungsdienst v 19.2.1999, GZ 600.824/0-V/2/99, abgedruckt in Primosch, Stabilitätspakt/Konsultationsmechanismus (2000) 191ff.,