22.
November 2004
(Fortsetzung ab der 21. Sitzung)
21. Sitzung (6. Juli 2004):
· Beitrag von Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk zur Konventssitzung am 25. Juni 2004
· Aktualisierte Textvorschläge des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums zu den „Gleichheitsrechten“ (25. Juni 2004).
22. Sitzung (9. Juli 2004):
· Schreiben der Ökumenischen Expertengruppe zu den Themen „Grundrechte, Staatsziele, Präambel“ (30. Juni 2004)
· Schreiben von Dr. Johannes Schnizer zum Thema „Volksgruppenrechte“ (7. Juli 2004).
23. Sitzung (6. September 2004):
· Änderungsvorschlag der Ökumenischen Expertengruppe zum Thema „Grundrecht auf Gedanken- und Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit, Abs. 6 und 7 samt Erläuterungen“ (24. August 2004).
24. Sitzung (10. September 2004):
· Schreiben der Ökumenischen Expertengruppe zum Thema „Volksgruppenrechte“
(10. September 2004).
26. Sitzung (17. September 2004):
· Textentwurf mit Erläuterungen zu „sozialen Grundrechten“ von der Ökumenischen Expertengruppe (14. September 2004)
· Vorläufige Endfassung des Entwurfs eines Grundrechtskataloges vom Sozialdemokratischen Grundrechtsforum (14. Juli 2004).
27. Sitzung (20. September 2004):
· Schreiben der Ökumenischen Expertengruppe zum Thema „Dialogklausel“
(14. September 2004).
28. Sitzung (27. September 2004):
· Schreiben von Univ.Prof. DDr. Christoph Grabenwarter zum Thema „Rechte von Kindern“ (30. September 2004).
31. Sitzung (15. Oktober 2004):
· Schreiben der Sozialpartner Bundesarbeiterkammer, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer zum Thema „soziale Grundrechte im Bereich der Arbeitswelt“
(5. Oktober 2004).
36. Sitzung (29. Oktober 2004):
· Schreiben von Dr. Dieter Böhmdorfer zu den Themen „Eigentumsgarantie“ und „Recht auf Leben, Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit“ (8. November 2004)
· Schreiben von Univ.Prof. Dr. Christoph Grabenwarter und Univ.Prof. Dr. Rudolf Thienel zum Thema „Schutz der persönlichen Freiheit (4. November 2004).
37. Sitzung (12. November 2004):
· Schreiben von Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk zum Thema „Einbindung von völkerrechtlichen Quellen grundrechtlichen Inhaltes“ (5. November 2004)
· Schreiben der Ökumenischen Expertengruppe zu den Themen „Dialogklausel“ und „Schule und Kirche“ (9. November 2004)
· Schreiben von Mag. Terezija Stoisits/Grüner Parlamentsklub zum Thema „Asylrecht“ (11. November 2004)
· Schreiben von Dr. Dieter Böhmdorfer zum Thema „Recht auf ein faires Verfahren“
(12. November 2004).
38. Sitzung (22. November 2004):
· Schreiben von Dr. Johann Rzeszut zum Thema „Verfahrensgarantien“
(15. November 2004)
· Positionspapier der Ökumenischen Expertengruppe zu den Grundrechten
(16. November 2004)
· Schreiben von Dr. Ernst Strasser zum Thema „Asylrecht“ (19. November 2004)
· Zusammenstellung von Mag. Caesar über die Ergebnisse der Beratungen der Aus-
schüsse 3, 6 und 8 zu den Themen „Wahlrecht“, „Petitionsrecht“ und „Auskunftsrecht“.
Bericht Bernd-Christian FUNK an das Konvents-Plenum am 25.6.2004
Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Mitglieder des Österreich-Konvents!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Bericht des Ausschusses 4 ist ein Zwischenbericht. Das Pensum konnte – bei aller Vorsicht, die mit einer quantifizierenden Schätzung geboten ist – zu mehr als einem Drittel erledigt werden. Der heute zu präsentierende Bericht beruht auf insgesamt 20 Sitzungen des Ausschusses. Die letzten beiden Sitzungen waren der Erstellung des Berichtes gewidmet. In 5 Sitzungen hat es Vorträge von 10 Experten und Aussprachen zu den Themen Grundrechte mit Gesundheits- und Umweltbezug, Grundrechtsfragen der Biomedizin, Rechte der Volksgruppen und soziale Grundrechte gegeben.
Dem Ausschuss lagen und liegen Memoranden und Vorschläge von Ausschussmitgliedern, von staatlichen, öffentlichen und privaten Institutionen sowie von Privatpersonen vor. Strukturierte Grundlagen der Ausschussarbeit bildeten und bilden synoptische Listen und Textvorschläge geltender und neu vorgeschlagener Grundrechtsquellen. All das ist im Bericht des Ausschusses im Detail belegt.
An dieser Stelle möchte ich für die vielfältigen Vorschläge, Anregungen und Hinweise danken, die von den Mitgliedern des Ausschusses, von Expertenseite, von Organisationen und Einzelpersonen an den Konvent und an den Ausschuss 4 herangetragen wurden. Danken möchte ich allen, die an den Sitzungen als Ausschussmitglieder, BeobachterInnen und Begleitpersonen, Experten teilgenommen haben. Vor allem aber möchte ich der engagierten, sachkundigen und präzisen Ausschussbetreuung durch Frau Mag. Birgit Caesar und der Unterstützung durch Frau Monika Siller danken. Sie sind die organisatorische Seele der Ausschussarbeit. Nicht zuletzt möchte ich den MitarbeiterInnen im Bereich der Universität, der ich angehöre, danken. Sie haben mitgedacht und mitgearbeitet und dadurch zum Fortgang der Arbeit beigetragen.
Dem Ausschuss 4 ist die Aufgabe gestellt, einen neuen Grundrechtskatalog vorzubereiten und vorzuschlagen – dies vor dem Hintergrund einer zerklüfteten Landschaft der Texte und Quellen, systematischer und semantischer Probleme und einer starken Dynamik der Rechtsprechung und der sozio-politischen Systemumwelt. Im Wissen um die Probleme, mit denen die Grundrechtsreformkommission konfrontiert war, hat der Ausschuss eine Strategie der Kodifikation vermieden, die der Dynamik der Grundrechtsentwicklung Verengungen und Fesseln durch Festschreibung auferlegt hätte. Grundrechtskodifikation kann sinnvoll nur als Notierung und Erhaltung von Steuerungsdynamik betrieben werden.
Dennoch geht es in der Hauptsache nicht um semantische Fragen, sondern um rechtspolitische Weichenstellungen. Die bestehende Grundrechtsordnung umfasst neben Texten und Quellen des formellen Verfassungsrechts, unter denen die EMRK und ihre Zusatzprotokolle eine hervorragende Stellung einnehmen, eine bedeutende Menge an Texten und Quellen, die nicht dem formellen Verfassungsrecht angehören und/oder völkerrechtlicher Herkunft sind und nur teilweise unmittelbar anwendbares Recht bilden.
Die bisherige Phase und die nunmehr vorliegenden konkreten Ergebnisse der Ausschussarbeit betreffen im Wesentlichen den Bereich klassischer Freiheiten, der sog liberalen Grundrechte. Hier gibt es eine Reihe von Textvorschlägen, die von mehr oder weniger starkem Konsens getragen sind. Die Restarbeit in diesem Bereich ist überschaubar und erfolgversprechend.
Wesentliche Grund- und Vorarbeiten liegen für den Bereich der sozial- und leistungsstaatlichen Rechte und Garantien vor. Der Ausschuss kann sich auf Konzepte stützen, die für Gesamt- und Teilkodifikationen vorgelegt wurden. Diese konkurrierenden Konzepte bilden eine unverzichtbare Arbeitshilfe, sie sind allerdings auch Ausgangspunkte für Dissens und Differenzen. Hervorgehoben sei in diesem Zusammenhang der Widerspruch zwischen der Logik von Gesamtlösungen, die als Einheit angenommen werden wollen, und dem allein schon durch die Arbeitstechnik bedingten Operieren mit Einzelbausteinen und Modulen.
Zurück zu den sozial- und leistungsstaatlichen Garantien. Im Ausschuss besteht Übereinstimmung darüber, dass ein neuer Grundrechtskatalog ohne Gewährleistungen dieser Art nicht auskommen kann. Der Ausschuss ist sich weiters darin einig, dass dergleichen Gewährleistungen differenziert zu gestalten sind. Sie sollen neben subjektiven Rechten in Form von sozialen Grundrechten auch Zielbestimmungen, Gesetzgebungsaufträge und Einrichtungsgarantien enthalten. Die richtige Kombination wird in weiterer Arbeit zu suchen sein. Hier besteht Gesprächs- und Koordinationsbedarf mit dem Ausschuss 1, dem die Staatsaufgaben und Staatsziele anvertraut sind.
Übereinstimmung im Grundsätzlichen besteht im Ausschuss 4 des Weiteren darüber, dass der verfassungsrechtliche Ein- und Fortbau sozial- und leistungsstaatlicher Garantien weitreichende Fern- und Folgewirkungen in den Bereichen des Grundrechtsschutzes, der Normenkontrolle und der Staatshaftung haben muss. Hier besteht Gesprächs- und Koordinationsbedarf vor allem mit Ausschuss 9.
Ein weiteres zu bearbeitendes Paket bilden die Volksgruppenrechte in Verbindung mit Gleichbehandlungsgeboten und Diskriminierungsverboten. Dem Ausschuss liegen dazu konkrete Gestaltungsvorschläge vor. Erste Arbeiten sind in Form von Expertenhearings und partiellen Generaldebatten geleistet worden. Der Boden für konkrete Einlassung ist bereitet.
Ein eher technisches und nichts desto weniger wichtiges Problem bilden die Allgemeinen Bestimmungen in einem künftigen Grundrechtskatalog. Auch hier gibt es erste Konsensansätze im Ausschuss. Sie gehen in die Richtung der Kodifikation allgemeiner Grundrechtsmaximen, etwa in Form einer einheitlichen Formel des Gesetzesvorbehaltes anstelle des bisherigen Systems von speziellen und heterogenen Gesetzesvorbehalten zu einzelnen Grundrechten. Erste Überlegungen hat es auch in der Frage einer allgemeinen Bindungsklausel gegeben, mit der die – in Lehre und Rechtsprechung dem Grunde nach anerkannte – Grundrechtspflichtigkeit sämtlicher Staatsfunktionen festgehalten wird.
Bei den noch offenen Fragen der justiziellen Gewährleistungen und der Freiheitsrechte, soweit sie noch nicht abgehandelt wurden, sehe ich die Weichen für einen zügigen Fortgang und raschen Abschluss der Ausschussarbeit gestellt.
Das Thema der politischen Rechte ist noch nicht behandelt worden.
Bei den Rechtsschutzmechanismen besteht Übereinstimmung, dass neue Gewährleistungen sozialen und leistungsstaatlichen Inhalts nicht allein mit Hilfe der klassischen Grundrechtsbeschwerde bei den UVS und beim VfGH bewältigt werden können. Hier werden neue und zusätzliche Formen des Rechtsschutzes vorzuschlagen sein.
Die Frage des Verhältnisses eines neuen Grundrechtskataloges zu bestehenden Grundrechtsgewährleistungen völkerrechtlicher Herkunft hängt eng mit den Problemen der Herstellung geschlossener Texte in der Einheit einer Grundrechtscharta als Teil einer Urkunde des Bundesverfassungsrechts zusammen. Auf Grund der bisherigen Diskussion im Ausschuss zeichnet sich ab, dass es Netto-Textreduktionen geben wird – so dürfte das StGG von 1867 als eigener Text künftig verzichtbar sein –, weiters dass es neben einem neuen Grundrechtskatalog eine zweite Ebene von assoziierten Texten und Quellen, vor allem solchen völkerrechtlicher Herkunft, geben wird, und dass schließlich die normative Integration der verschiedenen Ebenen durch allgemeine Verweisungs- und Auslegungsklauseln im Grundrechtskatalog hergestellt wird.
Keine größeren Probleme sehe ich bei der Frage der Abstimmung eines künftigen österreichischen Grundrechtskataloges mit gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsgarantien. Offen ist die Frage der Grundrechte von EU-Ausländern.
Ich sehe meine Aufgabe der Berichterstattung, die einen Zwischenbericht präsentiert, nicht darin, die Arbeit des Ausschusses einer Beurteilung zu unterziehen. Das ist Sache des Präsidiums und des Konvents. Ganz zu vermeiden ist eine Selbsteinschätzung jedoch nicht und ich meine, dass der Ausschuss in seiner bisherigen Tätigkeit jene Stufe der Operationsfähigkeit erreicht hat und aufrecht erhalten kann, die die Bedingung der Möglichkeit für eine Bewältigung der noch anstehenden Fragen bildet.
Ich danke Ihnen.
Bundesverfassung der Republik Österreich
Artikel 8. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Artikel 9. (1) Diskriminierung, insbesondere wegen der
Geburt, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität,
der Rasse, der Hautfarbe, der genetischen Merkmale, einer Behinderung, des
Alters, der Krankheit, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit
zu einer nationalen Minderheit, der Sprache, der Religion, der Weltanschauung,
der politischen oder sonstigen Anschauung, des Vermögens oder der sozialen
Stellung, sind verboten.
(2) Der Staat
ergreift Maßnahmen, um Diskriminierungen vorzubeugen und sie zu beseitigen.
Artikel 10. (1) Frauen und Männer haben das Recht auf
tatsächliche Gleichstellung.
(2) Menschen des benachteiligten Geschlechts haben
Anspruch auf Maßnahmen, die bestehende Benachteiligungen beseitigen.
(3) Der Staat ergreift Maßnahmen, um eine wirksame
Durchsetzung dieser Rechte zu gewährleisten, insbesondere durch Klagsbefugnisse
für Organisationen, die nach ihrem Wirkungsbereich zur Herbeiführung der
tatsächlichen Gleichstellung berufen sind.
Artikel 11. (1) Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf
Maßnahmen, die tatsächliche Benachteiligungen beseitigen und die volle
Entfaltung ihrer Persönlichkeit durch Ausbildung, Arbeit und Teilnahme am
politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Gemeinschaft
ermöglichen.
(2) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und
Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben das Recht, die
Österreichische Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu
verwenden.
Artikel 12. (1) Jedes Kind hat Anspruch auf Schutz und
Fürsorge für sein Wohlergehen und auf bestmögliche individuelle Entwicklung und
Entfaltung, auf Freizeit und Spiel. Kinder, die dauernd oder vorübergehend aus
ihrer familiären Umgebung herausgelöst sind, haben Anspruch auf besonderen
Schutz und Beistand des Staates.
(2) Jedes Kind hat das Recht auf Partizipation in
allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner
Entwicklung entsprechenden Weise.
(3) Das Wohl des Kindes muss bei allen Kinder
betreffenden Maßnahmen staatlicher Organe oder sonstiger öffentlicher oder
privater Einrichtungen sozialer Fürsorge eine vorrangige Erwägung sein.
(4) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige
persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei
denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
(5) Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie
Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller
Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten. Jedes Kind hat das Recht
auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung, einschließlich von
Kinderarbeit, Kinderprostitution, Kinderpornographie und Kinderhandel. Kinder
als Opfer von Gewalt oder Ausbeutung haben ein Recht auf Rehabilitation.
Artikel 13. Ältere Menschen haben Anspruch auf ein würdiges
und unabhängiges Leben, auf Teilnahme am politischen, sozialen und kulturellen
Leben und auf Pflege.
Artikel 14. (1) Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Achtung
seiner Sprache und Kultur. Der Staat fördert den Geist der Offenheit und des
interkulturellen Dialogs und ergreift Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen
Achtung und der Zusammenarbeit zwischen allen in seinem Staatsgebiet lebenden
Menschen, ungeachtet ihrer Sprache und Kultur.
(2) Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben einen
Anspruch auf besondere Förderung ihrer Entwicklung und Sicherung ihres
Bestandes, ihrer Sprache und ihrer Kultur. Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe
ist frei. Keinem Angehörigen einer Volksgruppe darf durch die Ausübung oder
Nichtausübung der ihm zustehenden Rechte ein Nachteil erwachsen.
(3) Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben
Anspruch auf Kindergartenerziehung und Schulunterricht in öffentlichen
Pflichtschulen in der jeweiligen Volksgruppensprache in ihrem Siedlungsgebiet
und außerhalb dieses bei einem nachhaltigen Bedarf. Weiters haben sie einen
Anspruch auf eine verhältnismäßige Anzahl von öffentlichen höheren Schulen und auf
Einrichtung einer eigenen Schulaufsicht. Die Volksgruppen haben ergänzend einen
Anspruch auf angemessene Förderung von privaten Kindergärten und Privatschulen,
die der Pflege ihrer Sprache und Kultur dienen.
(4) Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben im
gemischtsprachigen Gebiet einen Anspruch auf Gebrauch der jeweiligen
Volksgruppensprache als zusätzliche Amtssprache im Verkehr mit
Verwaltungsbehörden und Gerichten sowie im öffentlichen Leben; außerhalb dieses
Gebietes haben sie Anspruch auf angemessene Erleichterungen zum Gebrauch der
jeweiligen Volksgruppensprache. Die zusätzliche Amtssprache kann im
gemischtsprachigen Gebiet von jeder Person gebraucht werden. Die Volksgruppen
haben im gemischtsprachigen Gebiet einen Anspruch auf mehrsprachige topographische
Bezeichnungen und Aufschriften.
(5) Die Volksgruppen haben einen Anspruch auf einen angemessenen Anteil
an öffentlichen Mitteln als finanzielle Volksgruppenförderung aus dem Budget
des Bundes sowie aus den Budgets der Länder und Gemeinden, in denen sich
gemischtsprachige Gebiete befinden, sowie auf eine besondere Förderung der
Medien in ihrer eigenen Sprache.
(6) Organisationen, die Interessen von Volksgruppen vertreten, haben das
Recht die auf diesen Artikel gegründeten Rechte der betreffenden Volksgruppe
vor Gerichten und Verwaltungsbehörden geltend zu machen. Die Rechte der
Angehörigen der Volksgruppen bleiben davon unberührt.
der gesetzlich anerkannten
christlichen Kirchen in Österreich
An das
Präsidium des Österreich-Konvents
z.H. Herrn Präsident Dr. Franz. Fiedler
Parlament
Dr. Karl Renner-Ring 1
1010 Wien 2004-06-30
Sehr geehrte Mitglieder des Präsidiums,
die Zwischenberichte der Ausschüsse des Österreich-Konvents rechtfertigen die Aussage, dass die Arbeit des Konvents insgesamt erfolgreich sein kann, vor allem auch im Bereich der Grund- und Menschenrechte.
Die Ergebnisse der Konventsarbeit wurden von den Leitungen der gesetzlich anerkannten christlichen Kirchen ausführlich beraten und im Lichte ihrer gemeinsamen Stellungnahme, vorgetragen im Hearing des Konvents am 25.11.2003, geprüft. Im Einvernehmen mit den Kirchenleitungen erklärt die Expertengruppe, dass die Kirchen in Österreich in der zweiten Phase des Konvents wieder aktiv mitarbeiten wollen; die Ökumenische Expertengruppe konnte schon bisher Beiträge leisten, die oft zwischen den Fronten vermittelt und tragfähige Kompromisse eingeleitet haben.
Dankbar ist festzuhalten, dass Menschenwürde ein Grundrecht sein soll, worüber Einstimmigkeit erzielt wurde, und dass für viele der sogenannten „klassischen“ Grundrechte ein schon weitgehender Konsens hergestellt werden konnte. Als Beispiele können etwa das Verbot der Tötung auf Verlangen, die Bildungs- und die Religionsrechte gelten. In diesen Fällen wäre die Arbeit mit Nachdruck fortzusetzen.
Die Beratungen im Ausschuss 4 konnten aber in wesentlichen Punkten nicht abgeschlossen werden:
- So blieb – trotz mehrheitlicher Zustimmung – das Recht auf Sicherstellung der Voraussetzungen, gerade auch der finanziellen Voraussetzungen, für Palliativmedizin und ein menschenwürdiges Sterben unformuliert.
- Beim Recht auf Bildung fehlen noch die Prinzipien, Staatsziele, die den Gesetzgeber leiten sollen, wie z.B. die Ziele von Bildung allgemein und der öffentlichen Bildungseinrichtungen im Besonderen, ein nach Begabungen differenziertes Schulwesen, das Privatschulwesen und seine subsidiäre staatliche Förderung, die staatskirchenrechtliche Zusicherung des Religionsunterrichts. In diesen wenigen Grundsatzfragen müssten bei der Beschlussfassung der Gesetze die bisherigen Mehrheitserfordernisse beibehalten werden, um den gesellschaftspolitischen Konsens zu untermauern. Im Übrigen soll der einfache Gesetzgeber durchaus ohne Formalschranken die Schulgesetze jeweils neu gestalten können, um z.B. die Wettbewerbsfähigkeit der Absolventen zu sichern.
- Bei den Rechten der gesetzlich anerkannten Kirchen ist die „Dialogklausel“ unerledigt geblieben, die dem Art. 51 Abs. 3 des Europäischen Verfassungsvertrages nachgebildet ist und auf Wunsch des Ausschusses 4 von der Ökumenischen Expertengruppe überarbeitet und präzisiert wurde.
Die gesetzlich anerkannten christlichen Kirchen in Österreich begrüßen die Fortschritte in der Arbeit des Konvents und die in Aussicht genommene Verlängerung des Mandats des Ausschusses 4.
Sie weisen für die Weiterarbeit zunächst auf die Diskussionen in verschiedenen Ausschüssen hin, wonach –ähnlich wie im Europäischen Verfassungsvertrag – Staatsziele in der neuen österreichischen Bundesverfassung enthalten sein sollen. Wie von den Kirchen wird von vielen argumentiert, dass sich die Rolle des Staates in unserer Zeit wesentlich verändert hat und dass sie daher, wie in allen menschlichen Organisationen, einer Definition bedarf, die im politischen Prozess außer Streit steht.
Nach dem Beschluss der Regierungschefs der Europäischen Union, den Entwurf des Europäischen Verfassungsvertrages anzunehmen, wird sich die Weiterarbeit, vor allem in den Ausschüssen 4 und 1, stärker als bisher europäisch, d.h. unionsrechtlich orientieren müssen; so vor allem bei der Behandlung der „Dialogklausel“ und der sozialen Grundrechte.
Der beschlossene Verfassungsvertrag hat – was bisher in der öffentlichen Berichterstattung wohl übersehen wurde – die religiöse Dimension verstärkt:
- In der neu formulierten Präambel wird die prägende Kraft des religiösen Erbes deutlicher als bisher unterstrichen.
- Mit der Annahme des Art. 51 hat die europäische Verfassung die Rolle der „freien Kirchen in einem freien Staat“ und „in einem freien Europa“ grundsätzlich und gesamteuropäisch neu bestimmt.
- Mit der angenommenen „Dialogklausel“ hat die Verfassung die Identität der gesetzlich anerkannten Kirchen und ihre besonderen gesamtstaatlichen Leistungen anerkannt; sie hat damit auch das Potenzial der Kirchen für die künftige Politikgestaltung in den wesentlichen Entwicklungsfragen des staatlichen Gemeinwesens unterstrichen.
Die Kirchen haben vorgeschlagen, eine dem Art. 51 Abs. 3 nachgebildete „Dialogklausel“ in die neue österreichische Bundesverfassung aufzunehmen, nicht nur wegen der am Gemeinwohl orientierten Arbeit der Kirchen, sondern auch als Konsequenz ihres besonderen Auftrages und ihrer Freiheit von parteipolitischen Bindungen. Dieser Vorschlag bleibt aktuell; die Beratungen konnten noch nicht abgeschlossen werden.
Die neue europäische Verfassung enthält für den Bereich der Grundrechte und der sozialen Grundrechte gemeinsame europäische Standards, die eine neue österreichische Bundesverfassung nicht unterbieten darf, sondern zu beachten hat und, wenn möglich, ausbauen sollte. Für die Menschen in unserem Land ist entscheidend, ob und inwieweit soziale Grundrechte verbürgt sind und in essentiellen Punkten dafür ein individueller Rechtsschutz gegeben ist; ferner ob die Freiheit zu einer politischen Neugestaltung und Weiterentwicklung in den sich schnell verändernden Zeiten gewährleistet ist. Die bisherigen Positionen werden von vielen auf der einer Seite als zu wenig frei für eine künftige Neugestaltung, auf der anderen Seite aber als zu wenig individuell sicherstellend angesehen. Die Kirchen haben auf der Basis des „Sozialwortes“ des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich einen eigenständigen, vermittelnden Text vorgelegt; er übersetzt die sozialen Grundrechte des Europäischen Verfassungsvertrages ins Österreichische. Ähnliches gilt für die Gleichheitsrechte, die von den Kirchen um die Volksgruppenrechte und um das Asylrecht ergänzt wurden. Da die Kirchen mithelfen wollen, zwischen den Positionen einen für alle akzeptablen Kompromiss zu finden, nehmen sie mit Freude zur Kenntnis, dass am 25.6.2004 im Plenum des Konvents erstmals alle Gruppen die Aufnahme sozialer Grundrechte in die neue Bundesverfassung gefordert haben.
In diesem Zusammenhang ist die „Allianz für den Sonntag“ zu nennen. Die Kirchen unterstützen die Forderung nach einem verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags als arbeitsfreien Tag.
Mit dem Wunsch, dass die Arbeit des Österreich-Konvents wie vorgesehen zu Ende des Jahres 2004 erfolgreich abgeschlossen werden kann, zeichnen für die Ökumenische Expertengruppe
Christine Gleixner
Raoul Kneucker
Walter Hagel
Zur Information an:
die Vorsitzenden der Ausschüsse 1, 2, 4 und 6
Dr. Johannes SCHNIZER 7. Juli
2004
Österreich-Konvent, Ausschuss 4 –
Volksgruppenschutz
Zur Unterstützung der Beratungen des Ausschusses über
das Thema Volksgruppen darf ich folgende Anmerkungen zum Art. 14 des
Sozialdemokratischen Grundrechtsentwurfes machen:
Der Art. 14 basiert auf dem Vorschlag, den
Univ.Prof. Dr. Dieter Kolonovits dem Ausschuss in seiner Sitzung am
30. Jänner 2004 vorgelegt hat. Zu seiner Erläuterung – etwa zu der in der
Ausschussdiskussion aufgetretenen Frage nach der Abgrenzung von
„gemischtsprachigen Gebieten“ – sei daher grundsätzlich auf die von Kolonovits
dem Ausschuss ebenfalls zur Verfügung gestellten „Erläuterungen zum
Textvorschlag“ verwiesen.
Der Art. 14 des Sozialdemokratischen
Grundrechtsentwurfes unterscheidet sich vom Vorschlag Kolonovits insbesondere
durch die Aufnahme des interkulturellen Dialogs (in Abs. 1
Satz 2). Dazu ist folgendes zu bemerken:
Das auch von Österreich unterzeichnete „Rahmenübereinkommen
zum Schutz nationaler Minderheiten“ des Europarates enthält solch ein
Bekenntnis zum „Interkulturellen Dialog“ und zur Partizipation von Minderheiten
an den politischen Willensbildungen, insbesondere auf regionaler Ebene.
Art. 6 Abs. 1 dieses Übereinkommens, an dem sich
der Art. 14 des Sozialdemokratischen Grundrechtsentwurfes orientiert,
lautet:
Die
Vertragsparteien fördern den Geist der Toleranz und des interkulturellen
Dialogs und ergreifen wirksame Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung
und des gegenseitigen Verständnisses sowie der Zusammenarbeit zwischen allen in
ihrem Hoheitsgebiet lebenden Menschen ungeachtet deren ethnischer, kultureller,
sprachlicher oder religiöser Identität, insbesondere in den Bereichen Bildung,
Kultur und Medien.
Schließlich werden beim kollektiven Rechtschutz im
Unterschied zum Kolonovits-Vorschlag „Organisationen, die Interessen von
Volksgruppen vertreten“ zur Geltendmachung der Rechte der Volksgruppen berufen
(Abs. 6). Darunter sind alle Vereinigungen zu verstehen, gleichgültig, ob
sie privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich eingerichtet sind bzw. werden.
24.08.2004
Gedanken- und Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit
__________________________________________________
1.
Artikel Y, C 12,
Seite 2, Absatz 6 hat zu lauten:
„(6) Anerkannte
Kirchen und Religionsgesellschaften haben das Recht, innerhalb ihrer Autonomie
Einrichtungen mit Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich zu gründen.
Sie sind
verpflichtet, diese und deren Organe dem Staat anzuzeigen. Sie sind berechtigt, zur Deckung ihres
Personal- und Sachbedarfes von ihren Mitgliedern Beiträge einzuheben.“
Erläuterungen:
Die
Expertengruppe hat zur Kenntnis genommen, dass in der Diskussion zu Absatz 6
und Absatz 7 des Ausschussentwurfes 1. März 2004 ein hohes Maß an
Konfliktpotential festgestellt wurde, wobei insbesondere die mangelnde
Transparenz der Organisation der einzelnen anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften
geortet wurde.
Diese mangelnde
Transparenz soll mit dem obigen Vorschlag der Einführung des Satzes, „Sie sind
verpflichtet, diese und deren Organe dem Staat anzuzeigen.“, beseitigt werden.
Der Staat hat
dann die Möglichkeit, neben dem Verzeichnis der anerkannten Kirchen und
Religionsgesellschaften einerseits und der religiösen Bekenntnisgemeinschaften
andererseits auch ein Register der Rechtspersonen und deren Organe anzulegen,
welches sowohl die Einrichtungen der anerkannten Kirchen und
Religionsgesellschaften mit Rechtspersönlichkeit einerseits, als auch deren
Vertretung transparent macht.
Überdies wird der
Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich ein Internet-Portal mit den
entsprechenden „Links“ auf die einzelnen Kirchen anbieten.
Nach Meinung der
Expertengruppe ist dadurch Gewähr gegeben, dass nach Aufbau dieses Registers
die fehlende Transparenz der Organisation und der entsprechenden Vertretungen
wegfällt. Zur Aufarbeitung schon bestehender Rechtspersonen können die
Verzeichnisse über die Rechtspersonen und ihre Vertretungen, welche die
anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften führen, dem Staat zur Verfügung
gestellt werden.
2. Begutachtungsrecht
der anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften im Gesetzgebungsverfahren
des Bundes:
Bei der Durchsicht und Kenntnisnahme des Berichtes des Ausschusses 3 (Seite 14) ist die Expertengruppe zur folgenden Auffassung gelangt:
Wenn schon der
Städtebund und der Gemeindebund ein verfassungsrechtlich gewährleistetes
Begutachtungsrecht erhalten, muss dieses jedenfalls auch den anerkannten
Kirchen und Religionsgesellschaften auf Grund ihrer besonderen Stellung und
Aufgabe zukommen.
Das auf
gesetzlicher Grundlage (Protestantengesetz 1961) geregelte Recht auf Teilnahme
am Begutachtungsverfahren von Bundesgesetzen sollte, wenn es nun
verfassungsmäßig geregelt wird, im Sinne des bestehenden Begutachtungsrechtes
auf die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ausgedehnt werden. Dies
würde verhindern, dass einzelne Korporationen ihr Begutachtungsrecht auf
Grund der Bundesverfassung geltend machen können, die anerkannten Kirchen und
Religionsgesellschaften jedoch ein solches Begutachtungsrecht nur auf
gesetzlicher Stufe haben würden.
Die
Positionierung in der Bundesverfassung müsste bei den verfassungsrechtlichen
Bestimmungen über das Begutachtungsverfahren erfolgen.
3.
Absatz
7
Die Expertengruppe hat die kontroverse
Diskussion und die Positionen, die in dieser Diskussion aufgelistet wurden,
studiert und erörtert.
Unter
Bedachtnahme auf diese Positionen und nach ausführlicher Diskussion in der
Expertengruppe wird nunmehr der folgender neuer modifizierte
Formulierungsvorschlag zu Absatz 7 erstattet:
„Gesetzlich
anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften genießen den Beistand des
Staates. Über grundsätzliche Entwicklungen, welche die Interessen dieser
Kirchen und Religionsgesellschaften sowie die des Staates berühren, pflegen
beide einen regelmäßigen, offenen und transparenten Dialog.“
Erläuterungen:
Die
Expertengruppe ist auf Grund der tieferstehenden Überlegungen zur
übereinstimmenden Meinung gelangt, dass der nicht verabschiedete Absatz 7 in
der nunmehr modifizierten Form nochmals im Ausschuss, falls dies nicht möglich
ist, im Präsidium diskutiert werden sollte.
1.
Der
„staatliche Beistand“ ist schon im Anerkennungsgesetz 1874, welches nach wie
vor zum Rechtsbestand der Republik Österreich gehört, für alle anerkannten
Kirchen und Religionsgesellschaften vorgesehen und stellt daher kein Novum dar.
2.
Unter
Bedachtnahme auf die Neuformulierung des Absatzes 6 ist die nunmehr in
abgeänderter Formulierung vorgeschlagene Dialogklausel auch im Hinblick auf die
erforderliche Transparenz und Definition des Teilnehmerkreises
verfassungstauglich.
3.
Die in Rede
stehende Bestimmung hat auch im Konventsentwurf der Europäischen Verfassung
(Artikel I – 51 Absatz 3) ihren Platz gefunden. In der Annahme, dass der
Abschluss des Verfassungsvertrages der Union (vorbehaltlich des
Ratifizierungsverfahrens) noch vor Abschluss der Arbeiten des österreichischen
Verfassungskonvents (nämlich noch unter irischem Vorsitz) erfolgen könnte, wäre
eine Harmonisierung der österreichischen Verfassung mit dem Artikel I-51 Absatz
3 mutatis mutandis (d.h. unter Anpassung an die österreichische
Verfassungslage) zweckmäßig und anzustreben.
4.
Kirchen und
Religionsgesellschaften nehmen an der Zivilgesellschaft teil, sind aber nicht
Teile der Zivilgesellschaft, sondern reichen darüber hinaus. Der Verfassungskonvent
der Union hat diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass der Status der
Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften (Artikel I-51) abgesondert von den
Bestimmungen über den Grundsatz der partizipativen Demokratie (Artikel 46)
geregelt wurde. Die besondere Identität der Kirchen und
Religionsgesellschaften, auf die im Artikel I-51 besonders Bedacht genommen
wird, besteht auch darin, dass die Kirchen und Religionsgesellschaften schwer
verzichtbare Beiträge zur notwendigen Bereitschaft der Bürger, den
demokratischen Konsens aus freien Stücken zu akzeptieren und zu seiner
Realisierung beizutragen, über gesellschaftliche Barrieren hinweg leisten
können. Dies bedarf eines vertrauensvollen Gesprächsverhältnisses zwischen
Kirche und Staat und einer ebenso vollständigen wie jeweils aktuellen
Gesprächskultur.
5.
Die
gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und der Staat
sollten deshalb im beiderseitigen Interesse und vor allem im Interesse der
Zivilgesellschaft in grundsätzlichen, beide Teile berührenden Themen nicht nur
gelegentlich Kontakt nehmen, sondern einen offenen, regelmäßigen und
transparenten Dialog pflegen, in dessen Rahmen beide Dialogpartner ihre
notwendigen Beiträge zum Gemeinwohl leisten können (vgl. die auch für unser
Land relevante Diskussion über die „Seele“ der Europäischen Union, anders
gesagt, über das Problem der weithin mangelnden Motivation der Bürger, für den
Staat Verantwortung zu übernehmen und an der Realisierung der Staatsziele aus
freiem Entschluss und über gesetzliche Regelungen und Zwänge hinaus mitzuwirken
– das „Böckenförde –Dilemma“).
Dadurch werden die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften als
Vermittler von Werten für die Gemeinschaft und damit für den Staat wirksam,
eine Aufgabe, die der säkulare Staat von sich aus nicht erfüllen kann.
6.
Die
christlichen Kirchen sind, wie die Vorschläge zu Absatz 6 zeigen, an
Transparenz interessiert, aber auch daran, dass im Interesse der Gesellschaft
ein Miteinander von Staat, Kirchen und Religionsgesellschaften ermöglicht wird.
Mit einem Streben nach Machtausübung im staatlichen Bereich hat dieses Anliegen
nichts zu tun. Im Gegenteil: Gegenseitige offene, transparente regelmäßige Information und Aussprache
unterstreicht die Unabhängigkeit der Gesprächspartner („freie Kirche im freien
Staat“). Die Kirchen und Religionsgesellschaften wollen im staatlichen Bereich
keine Macht ausüben, sondern die Entwicklung in „kirchenspezifischen“ (vgl. die
Einschränkung gegenüber dem Ursprungstext!) Grundsatzangelegenheiten zeitgerecht beraten und begleiten,
anstatt die gegebenenfalls notwendigen staatlichen Reaktionen auf solche
Entwicklungen nur im Nachhinein zu
kritisieren oder gar zu konterkarieren (vgl. zahlreiche Beispiele aus der
Gegenwart, auf die im vorliegenden Rahmen nicht weiter einzugehen ist). Der
angestrebte Gleichklang ohne Vernachlässigung existentieller Überzeugungen ist
aber nur dann herstellbar, wenn der gewünschte Dialog nicht nur zufällig, sondern institutionell stattfindet.
Schon durch die gewünschte Offenheit und Transparenz ist jeder Fehlentwicklung
wirksam vorgebeugt.
7.
Auf dem
im Ursprungstext enthaltenen Bezug auf die besondere Identität und den
gesamtstaatlichen Beitrag der Kirchen und Religionsgesellschaften wird im
modifizierten Textvorschlag nicht
mehr Bedacht genommen, weil diese für das Verständnis und die Interpretation
der Bestimmung nötigen Verweise ebensogut in die Begründung der angestrebten
Regelung übernommen werden können.
Ökumenische
Expertengruppe 10.09.2004
Österreich – Konvent
Zu „Volksgruppenrechten“
Die Pfarrgemeinden vor allem der katholischen, der evangelischen und der orthodoxen Kirchen in Österreich sind oftmals Zentren der Begegnung, der kulturellen und sozialen Aktivitäten und der religiösen Gemeinschaftsbildung von Volksgruppen. Die Erfahrungen der Kirchen mit Volksgruppen motivieren die Ökumenische Expertengruppe, einen neuerlichen Beitrag zur Konsensbildung im Österreich-Konvent zu Fragen der Volksgruppenrechte zu leisten; sie will versuchen, auf der Basis der Diskussionen im Ausschuss 4 zwischen den Positionen zu vermitteln; sie glaubt, dass die Positionen weitgehend vereinbar sind, d.h. dass Elemente des Konsenses den Dissens überwiegen.
Die Ökumenische Expertengruppe lässt sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:
- Die verfassungsrechtlichen Neuregelungen sollten offen für eine zukünftige Entwicklung sein; die historischen Regelungen, die übrigens noch nicht in allen Punkten umgesetzt sind, genügen dafür nicht mehr.
- Neuregelungen sollten die tatsächliche Lage, die Wirklichkeit in den einzelnen Gemeinden, aber auch die Unterschiede in der Situation der Volksgruppen in den Ballungszentren, insbesondere dem Wiener Raum, und in den anderen Landesteilen beachten.
- Neuregelungen sollten vor allem die Veränderungen in den Lagen ethnischer Minderheiten seit dem 2. Weltkrieg beachten: die schrittweise Auflösung der Siedlungsgebiete, selbst für die historischen, „autochthonen“ Minderheiten, die Migrationen, die Flüchtlingswellen, die Auswirkungen der beruflichen Mobilität, die Änderungen der Rechtslage in Europa durch neue Konventionen und durch den Prozess der europäischen Einigung.
Die Expertengruppe ist der Auffassung, dass der zuletzt erarbeitete Textvorschlag des Ausschusses 4 eine geeignete Grundlage für die weiteren Beratungen darstellt. Sie erläutert im folgenden, warum sie diese Auffassung vertritt.
1. Zunächst sind die beiden staatszielartigen Prinzipien beizubehalten, wonach sich Bund, Länder und Gemeinden zur sprachlichen und kulturellen Vielfalt bekennen, die Vielfalt achten und fördern wollen; wonach sie ferner die gegenseitige Achtung und die Zusammenarbeit zwischen allen im Staatsgebiet lebenden Menschen fördern wollen, ungeachtet ihrer Sprache, Kultur und Volksgruppenzugehörigkeit. Die Vielfalt drückt sich heute nicht mehr allein in den autochthonen Minderheiten aus, insoferne ist Art 8 B-VG überholt und wirklichkeitsfremd. Die allgemeine Forderung nach Toleranz und Anerkennung aller Volksgruppen und der Volksgruppen untereinander fehlt in Art 8 B-VG.
2. Der Grundsatz „das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei“ ist trotz der Freiheitsrechte und Diskriminierungsverbote essentiell, ebenso der Grundsatz, dass einem Angehörigen einer Volksgruppe aus seinem Bekenntnis zur Volksgruppe oder aus der Ablehnung seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe kein Nachteil erwachsen darf; gleiches gilt für einen Wechsel dieses Bekenntnisses. Die Gleichheitsrechte genügen nicht; sie sind mit wenigen Ausnahmen staatsgerichtet, Nachteile und Diskriminierungen können sich aber in vielen gesellschaftlichen Bereichen ergeben. Feststellungsverfahren sind abzulehnen.
3. Im Zuge einer Neufassung des Volksgruppengesetzes ist es ratsam, das rudimentäre Anerkennungsverfahren für Volksgruppen rechtstaatlich auszubauen; damit wird Transparenz gesichert, damit werden objektive Kriterien anwendbar und durch die Kontrolle der Höchstgerichte nachprüfbar: wie vor allem eine signifikante Zahl potentieller Angehöriger, deren nichtdeutsche Muttersprache, eine nachhaltige Organisation, eigenes Brauchtum. Das zuletzt genannte Kriterium bedeutet, dass statistische Erwägungen nicht ausreichen und namensgleiche Minderheiten nicht über einen kulturellen Leisten geschlagen werden dürfen. Art 67 StV St.Germain ist in den Text zu übernehmen. Anerkannte Volksgruppen sollen nicht nur den Schutz des Staates genießen, sondern sollen Anspruch auf Förderung ihrer Kultur haben, allerdings im Rahmen der Gesetze und der budgetären Möglichkeiten; Förderungen bestehen übrigens nicht allein in der Form direkter Subventionen und anderer finanzieller Zuwendungen. Indirekte Förderungen zum Anreiz privater und eigenfinanzierter Aktivitäten sind oft wirksamer.
4. Die autochthonen österreichischen Minderheiten sind durch Art.7 StV Wien und durch die Ausführungsgesetze in besonderer Weise geschützt. Wenn der StV Wien in einem vorgesehenen Nebengesetz zur neuen Bundesverfassung erhalten bliebe, bedürfte es keiner weiteren Formulierung der Minderheitenrechte in diesem Text; wenn nicht, sollte der Inhalt des Art 7 in den Text übernommen werden, ungefähr so wie es der bisherige Textentwurf des Ausschusses 4 vorsieht. In diesen Text könnte oder sollte insbesondere die Volksgruppenförderung des gegenwärtigen Volksgruppengesetzes für die autochthonen Minderheiten aufgenommen werden.
14. 9. 2004
Ökumenische Expertengruppe
Soziale Grundrechte
Entwurf - Abänderungsvorschlag
Soziale
Rechte haben ihren Ausgangspunkt und ihre Begründung in der Pflicht des Gemeinwesens,
die Menschenwürde zu achten und zu schützen. Es ist aus christlichem Verständnis
eine unverzichtbare Aufgabe des Staates, bei der Gewährleistung von Grund- und
Menschenrechten für eine Balance von Individualität und Solidarität und für
einen gerechten und wirksamen Ausgleich zwischen Freiheitsrechten und
wesentlichen Lebensbedürfnissen der Einzelnen zu sorgen. Dies erfordert eine
gleichrangige Verbürgung liberaler und sozialer Rechte auf Verfassungsebene.
Eine
solche Ausgewogenheit des Grundrechtsschutzes entspricht auch dem europäischen
Standard, wie er in den Verfassungen der meisten Mitgliedstaaten der EU sowie
im Grundrechtskatalog der EU-Verfassung, die voraussichtlich in naher Zukunft
Rechtsverbindlichkeit erlangen wird, zum Ausdruck kommt.
Die
christlichen Kirchen sind daher der Überzeugung, dass in die neue Verfassung ein
Katalog sozialer Grundrechte aufgenommen werden soll, welche dem Einzelnen
subjektive Rechte im Verfassungsrang vermitteln.
Diese
Rechte können im konkreten Fall einen Anspruch auf bestimmte soziale Mindestleistungen,
ein Recht auf Gleichbehandlung bei der Gewährung staatlicher Leistungen oder
aber auf Gewährleistung des grundrechtlich geschützten Rechts im Rahmen der
formulierten Zielvorgaben durch den Staat, insbesondere durch den Gesetzgeber,
vermitteln. Eine bloße Gewährleistungspflicht des Staates ohne entsprechende
subjektive Rechtsposition des Einzelnen ist nach Auffassung der christlichen
Kirchen allerdings für jene Rechte angezeigt, welche typischerweise nicht
individualisierbar sind, wie z. B. ein nicht weiter spezifiziertes Recht auf
„Wohnung“ oder auf „Arbeit“.
Ganz
allgemein verkörpern ferner auch soziale Grundrechte objektive Grundsatznormen,
die das Staatshandeln in allen seinen Erscheinungsformen binden. Diese
Dimension sozialer Grundrechte bietet die Grundlage für eine von den Kirchen
in ihrem Sozialwort angeregten Sozialverträglichkeitsprüfung.
Die
Gewährleistung sozialer Grundrechte erfolgt durch den einfachen
Gesetzgeber unter Beachtung
der Grundsätze der Eigenverantwortung, der Nachhaltigkeit und der sozialen
Gerechtigkeit. Maßgeblich sind ferner das Sachlichkeitsgebot sowie die Eingriffsschranken
allenfalls berührter Freiheitsrechte. Die erforderlichen Abwägungsvorgänge
eröffnen dem Gesetzgeber relativ weite Gestaltungsspielräume.
Soziale
Grundrechte sind, soferne sie als subjektive öffentliche Rechte verbürgt
werden, nach der gegenwärtig geltenden Rechtslage entweder mittels
Bescheidbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder in Angelegenheiten, deren
Grundlage privatrechtliche Rechtsverhältnisse bilden, mit Klage vor den ordentlichen
Gerichten durchsetzbar. Die Frage, ob dies einen ausreichenden und effizienten
Rechtsschutz sicherstellt oder ob zusätzliche Vorsorgen im Verfahrensrecht,
bei der Antragslegitimation sowie in den Kompetenzen des
Verfassungsgerichtshofs erforderlich sind, ist zu prüfen.
Die im
Folgenden angeführten Rechte orientieren sich, was ihren Gegenstand betrifft,
im Wesentlichen an jenen, die in der EU-Grundrechtscharta und dieser folgend im
EU-Verfassungsentwurf enthalten sind, gehen aber auch darüber hinaus, etwa
durch Aufnahme von Minderheitenrechten. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der
einzelnen Grundrechte wurden eigenständige, auf die Funktion sozialer
Grundrechte in einer Staatsverfassung abgestellte Lösungen auch unter
Berücksichtigung von bestehendem österreichischem Verfassungsrecht gesucht.
Ferner wurde eine knappe Diktion angestrebt, wie sie für Grundrechte
charakteristisch ist.
Eine
allgemeine, offene und zielorientierte Formulierung sozialer Grundrechte, die
auf Zukunft hin angelegt ist und neue sachadäquate Lösungen für künftige
soziale Erfordernisse zulässt, nicht blockiert, ist ein wesentliches
legistisches Erfordernis. Nichts wäre dem Anliegen sozialstaatlicher Garantien
in der Verfassung schädlicher als der Versuch, über entsprechend detaillierte
Vorgaben die bestehende Sozialordnung und ihre Institutionen gleichsam zu
„versteinern“ oder konkrete gesetzgeberische Maßnahmen vorzuschreiben.
Die
meisten der im Vorschlag enthaltenen sozialen Grundrechte sind auch im UN-Sozialpakt,
vor allem aber in der Europäischen Sozialcharta (ESC) sowie in einzelne Schutzbereiche
betreffenden internationalen Verträgen verankert, welche Österreich völkerrechtlich
binden. Die in diesem Abkommen enthaltenen Regelungen zählen jedenfalls zu den
Grundlagen der Auslegung der in der österreichischen Verfassung zu verankernden
respektiven sozialen Grundrechte. Zusätzliche inhaltliche Ausgestaltungen
einzelner sozialer Grundrechte stützen sich ferner auf die revidierte Fassung
der ESC aus 1996 (RevESC), die Österreich unterzeichnet, aber noch nicht
ratifiziert hat. Weitere Vorgaben finden sich im EGV, in der
Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. 12. 1989
(Gemeinschaftscharta) sowie in einer Reihe von Richtlinien, insbesondere zur
Gleichbehandlung von Frau und Mann.
Es wird angeregt, in der neuen
Verfassung ausdrücklich auf die Funktion dieser Verbürgungen als
Auslegungsmaximen hinzuweisen, um auf diese Weise eine inhaltliche Präzisierung
der allgemein formulierten sozialen Rechte sicherzustellen.
Der nachfolgend vorgelegte Katalog fasst
alle Verbürgungen zusammen, die als soziale Grundrechte betrachtet werden
können und bezieht daher auch Gleichheitsrechte mit ein.
Soziale Grundrechte
Art 1
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz seiner
Gesundheit.
(2) Der Gesetzgeber gewährleistet ein allgemein und
gleich zugängliches Gesundheitswesen, das Gesundheitsvorsorge und ärztliche
Versorgung bietet, und bekämpft gesundheitsschädliche Umweltbedingungen.
Art 2
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf soziale
Sicherheit.
(2) Der
Gesetzgeber gewährleistet ein System der Sicherung in den Fällen von Mutterschaft,
Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall, geminderte Erwerbsfähigkeit, Arbeitslosigkeit
und Alter sowie die gleiche Teilhabe an diesem System.
(3) Wer in Not gerät und nicht für sich sorgen
kann, hat einen durch Gesetz verbürgten Anspruch auf Hilfe,
Betreuung und Unterkunft sowie auf jene Mittel, die für ein menschenwürdiges
Dasein unerlässlich sind.
(4) Die öffentliche Hand arbeitet bei der Erfüllung
von sozialpolitischen Aufgaben mit den nicht gewinnorientierten Trägern der
freien Wohlfahrt zusammen.
Art 3
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit unter
gerechten und angemessenen Bedingungen. Dieses Recht wird durch den
Gesetzgeber gewährleistet.
(2) Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zu
einer aktiven Arbeitsmarktpolitik.
Art 4
Die Republik Österreich achtet die Tradition eines
arbeitsfreien Tages in der Woche, insbesondere des Sonntags.
Art 5
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung zu
angemessenen Bedingungen.
(2) Bund,
Länder und Gemeinden bekennen sich zu einer entsprechenden Wohnungspolitik.
Art 6 (Im
Ausschuss bereits behandelt und verabschiedet)
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung mit dem
Ziel der vollen Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und der Stärkung
der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Dazu zählen insbesondere
a)
der Zugang
zur beruflichen Aus- und Weiterbildung;
b)
der
unentgeltliche Pflichtschulbesuch;
c)
der Zugang
zum Religionsunterricht in den Schulen;
d)
der Zugang
zur Erwachsenenbildung und zum lebenslangen Lernen.
(2) Bund, Länder und Gemeinden haben bei Ausübung
der von ihnen auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen
Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht
entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen
sicher zu stellen.
(3) Jeder Staatsbürger ist berechtigt,
Privatschulen zu errichten und zu betreiben. Die Unterrichtserteilung ist an
den Nachweis der gesetzlichen Befähigung gebunden.
Der häusliche Unterricht unterliegt dieser
Beschränkung nicht.
(4) Die
Wissenschaft und ihre Lehre sind frei
Art 7
Jeder Mensch hat das Recht auf Gewährleistung des
gleichen Zugangs zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse zu fairen Bedingungen und in angemessener Qualität durch den
Gesetzgeber.
Art 8
(1) Ehe und Familie werden anerkannt und geschützt.
(2) Pflege und Erziehung ihrer Kinder ist Recht und
Aufgabe der Eltern. Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Ausübung der von
ihnen auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben
das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend
ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicher zu
stellen.
(3) Eltern und ihre Kinder haben das Recht auf
Schutz und Fürsorge sowie auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aus der
Eigenschaft als Mutter oder Vater darf kein Nachteil erwachsen.
Diese Rechte gewährleistet der Gesetzgeber.
Art 9
(1) Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des
18. Lebensjahres haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr
Wohlergehen notwendig sind, sowie auf regelmäßige persönliche Beziehungen und
direkten Kontakt zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies stehe seinem
Wohlergehen entgegen.
Diese Rechte gewährleistet der Gesetzgeber.
(2) Bei allen Maßnahmen öffentlicher und privater
Einrichtungen, die Kinder oder Jugendliche betreffen, hat deren Wohl Vorrang
vor allen anderen Zielsetzungen.
(3) Kinderarbeit
und jede andere Form der Ausbeutung von Kindern ist vom Gesetzgeber zu
verbieten.
Art 10
(1) Frauen und Männer sind gleichberechtigt.
(2) Sie haben das Recht auf Gleichstellung in allen
Lebensbereichen durch den Gesetzgeber.
Der Gleichberechtigung von Männern und Frauen stehen Vergünstigungen
zum Ausgleich bestehender Ungleichheiten nicht entgegen.
Art 11
Alte Menschen
haben das Recht auf ein würdiges und unabhängiges Leben, auf Teilnahme am
Arbeitsleben sowie am sozialen, politischen und kulturellen Leben und auf Hilfe
im Fall der Pflegebedürftigkeit.
Diese Rechte
gewährleistet der Gesetzgeber.
Art 12
(1) Niemand darf wegen seiner Behinderung
benachteiligt werden.
(2) Behinderte haben ein Recht auf Zugang zu und
auf Gleichstellung in allen Bereichen des täglichen Lebens.
Dieses Recht
gewährleistet der Gesetzgeber.
Art 13 (Formulierung wird im Ausschuss bereits
diskutiert – siehe Protokoll der 21. Sitzung)
(1) Alle Menschen haben das Recht auf Wahrung und
Pflege ihrer Sprache und kulturellen Identität.
(2) Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei.
(3) Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung der
Volksgruppen werden geachtet, gefördert und geschützt.
(4) Art 66 Abs 3 und 4 StV v. St. Germain, StGBl
Nr. 303/1920 und Art 7 des StV v. Wien, BGBl 152/1955 sind Bestandteil der
Bundesverfassung.
Art 14
Flüchtlinge haben das Recht auf Asyl.
Dieses Recht gewährleistet der Gesetzgeber.
Erläuterungen
Der vorliegende
Entwurf stellt eine erweiterte Fassung des inhaltlich weitestgehend
beibehaltenen Vorschlags der ökumenischen Expertengruppe für einen Katalog sozialer
Grundrechte und Gleichheitsrechte dar, der dem Konvent am 14. 4. 2004 übermittelt
worden ist. Die neu hinzugekommenen Formulierungen sollen vor allem
klarstellen, dass die sozialen Rechte vom einfachen Gesetzgeber zu
gewährleisten und zunächst auf dem von diesem vorgesehenen Rechtsweg geltend zu
machen sind. Gesetzgeber und Vollziehung stehen dabei unter der nachprüfenden
Kontrolle des VfGH. Einige soziale Grundrechte wurden inhaltlich präzisiert.
Ferner wurde klar ausgesprochen, welche Verbürgungen nach Auffassung der
christlichen Kirchen als bloße Staatsziele ohne Verleihung subjektiver Rechte
normiert werden sollen.
Art 1
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz seiner
Gesundheit.
(2) Der Gesetzgeber gewährleistet ein allgemein und
gleich zugängliches Gesundheitswesen, das Gesundheitsvorsorge und ärztliche
Versorgung bietet, und bekämpft gesundheitsschädliche Umweltbedingungen.
Erläuterungen:
Mit der Präambel
der WHO-Satzung geht Art 1 von einem umfassenden Begriff der Gesundheit aus,
als einem Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen
Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheiten und Gebrechen. Unter
dem Schutz der Gesundheit sind sowohl kurative als auch präventive Maßnahmen
einschließlich der Gewährleistung einer gesunden Umwelt zu verstehen. Das
Gesundheitssystem soll allgemein und ohne Diskriminierung zugänglich sein.
Gesundheitsbezogene
Schutzpflichten des Staates können auch einem Recht auf körperliche Unversehrtheit
entnommen werden, wenn ein solches in die Verfassung aufgenommen wird (vgl. Art
3 GRCh).
Art 1 entspricht
im Wesentlichen Art II-35 Verfassungsvertrag (VerfV) und stützt sich ferner
auch auf Art 11 ESC und Art 152 EGV.
Art 2
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf soziale
Sicherheit.
(2) Der
Gesetzgeber gewährleistet ein System der Sicherung in den Fällen von Mutterschaft,
Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall, geminderte Erwerbsfähigkeit, Arbeitslosigkeit
und Alter sowie die gleiche Teilhabe an diesem System.
(3) Wer in Not gerät und nicht für sich sorgen
kann, hat einen durch Gesetz verbürgten Anspruch auf Hilfe, Betreuung
und Unterkunft sowie auf jene Mittel, die für ein menschenwürdiges
Dasein unerlässlich sind.
(4) Die öffentliche Hand arbeitet bei der Erfüllung
von sozialpolitischen Aufgaben mit den nicht gewinnorientierten Trägern der
freien Wohlfahrt zusammen.
Erläuterungen:
Abs 2 vermittelt das Recht auf Gewährleistung eines
vom Staat verantworteten Systems der Absicherung gegen typische Lebensrisken
sowie das Recht, an diesem System ohne Diskriminierung teilzuhaben.
Hiezu Art II-34 Abs 1 VerfV, ferner wird auf Art 12
ESC sowie auf Nr. 10 der Gemeinschaftscharta hingewiesen.
Abs 2 gewährt einen Anspruch auf ausreichende Hilfe in
Notsituationen und vermittelt ein Recht auf Gewährleistung entsprechender
Sozialhilfeeinrichtungen wie sie in Art 2 aufgezählt sind.
Er entspricht inhaltlich Art II-34 Abs 3 VerfV, ferner
wird auf Art 13 ESC verwiesen.
Abs 3 anerkennt den sozialen Auftrag der nicht
gewinnorientierten Träger der freien Wohlfahrt und verpflichtet den Staat zur
Zusammenarbeit mit diesen. Auf die von den christlichen Kirchen vorgeschlagene
Aufnahme einer „Dialogklausel“ in den Ausschussentwurf zur Religionsfreiheit
wird hingewiesen.
Art 3
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit unter
gerechten und angemessenen Bedingungen. Dieses Recht wird durch den
Gesetzgeber gewährleistet.
(2) Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zu
einer aktiven Arbeitsmarktpolitik.
Erläuterungen:
Art 3 Abs 1 entspricht in seiner Formulierung im Wesentlichen
Art 31 Abs 1 GRCh. Er fasst unter dem Ausdruck „gerechte und angemessene
[Arbeits-]bedingungen“ jene Anforderungen an das Arbeitsrecht zusammen, die
sich beispielhaft aus Art 31 Abs 2 und Art 32 GRCh, aus Art 1 Z 3 und 4 sowie
aus Art 2 – 4 und Art 7 ESC, Art 26 RevESC sowie aus den einschlägigen Bestimmungen
der Gemeinschaftscharta ergeben und begründet ein Recht auf die Gewährleistung
entsprechender Arbeitsbedingungen durch den Gesetzgeber. Dieser ist ferner
verpflichtet, allfälligen neuen Gefährdungslagen im Bereich der
Arbeitsbeziehungen zu begegnen.
Zu dem in Art II-31 Abs 2 VerfV verbürgten Recht auf
wöchentliche Ruhezeit besteht die Forderung nach Garantie der Sonntagsruhe in
der Verfassung (siehe hiezu auch Art 2 Z 5 ESC).
Art 3 Abs 2 verpflichtet die Gebietskörperschaften in
Form eines Staatsziels zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik.
Art 4
Die Republik Österreich achtet die Tradition eines
arbeitsfreien Tages in der Woche, insbesondere des Sonntags.
Erläuterungen:
In Ergänzung des in Art 3 formulierten, vom
Gesetzgeber zu gewährleistenden Rechts auf Arbeit unter gerechten und
angemessenen Bedingungen verpflichtet der neu eingefügte Art 4 die
Gebietskörperschaften, einen festen arbeitsfreien Tag – nach österreichischer
Tradition wird dies in erster Linie der Sonntag sein – zu sichern.
Sonn- und Feiertage stellen für alle Menschen in
unserer Gesellschaft, insbesondere für Gruppierungen, die im kulturellen,
religiösen, sportlichen, sozialen oder politischen Bereich tätig sind, einen
unverzichtbaren Wert dar.
Als Inbegriff gemeinsamer freier Zeit ist der
arbeitsfreie Sonntag ein wesentlicher Teil unseres gesellschaftlichen,
religiösen, kulturellen und familiären Zusammenlebens und besitzt einen
gesellschaftlichen Wert als Rhythmusgeber und gemeinsame Atempause für unser
aller Lebensqualität. Gerade der gemeinsame arbeitsfreie Sonntag ist ein
Zeichen dafür, dass der Mensch mehr ist als Arbeitskraft und Konsument.
Eine Ausweitung der Sonn- und Feiertagsarbeit in
gesellschaftlich nicht notwendige Bereiche bedeutet somit einen gravierenden
Einschnitt in das Gefüge der Gesellschaft und soll vermieden werden.
Art 5
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung zu
angemessenen Bedingungen.
(2) Bund, Länder
und Gemeinden bekennen sich zu einer entsprechenden Wohnungspolitik.
Erläuterungen:
Ein Recht auf
Wohnen verpflichtet den Staat zu einer geeigneten Wohnungspolitik, die für
eine ausreichende Wohnversorgung zu erschwinglichen Preisen sorgt, die aber
vom Einzelnen rechtlich nicht einforderbar ist. Hiezu auch Art 31 RevESC.
Das Recht auf
Bereitstellung einer Unterkunft im Fall der Obdachlosigkeit wurde wegen des
inhaltlichen Zusammenhangs in Art 2 integriert.
Art 6
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung mit dem
Ziel der vollen Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und der Stärkung
der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Dazu zählen insbesondere
e)
der Zugang
zur beruflichen Aus- und Weiterbildung;
f)
der
unentgeltliche Pflichtschulbesuch;
g)
der Zugang
zum Religionsunterricht in den Schulen;
h)
der Zugang
zur Erwachsenenbildung und zum lebenslangen Lernen.
(2) Bund, Länder und Gemeinden haben bei Ausübung
der von ihnen auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben
das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend
ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicher zu stellen.
(3) Jeder Staatsbürger ist berechtigt,
Privatschulen zu errichten und zu betreiben. Die Unterrichtserteilung ist an
den Nachweis der gesetzlichen Befähigung gebunden.
Der häusliche Unterricht unterliegt dieser
Beschränkung nicht.
(4) Die
Wissenschaft und ihre Lehre sind frei
Erläuterungen:
Ein Antrag auf
Verbürgung der in Art 5 angeführten Rechte wurde bereits im Ausschuss 4 behandelt
und verabschiedet. Auf die dort gegebenen Erläuterungen wird verwiesen.
Art 7
Jeder Mensch hat das Recht auf Gewährleistung des
gleichen Zugangs zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse zu fairen Bedingungen und in angemessener Qualität durch den
Gesetzgeber.
Erläuterungen:
Art II-36 VerfV gewährt ein Recht auf Zugang zu
„Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“. Art 7 greift
diese Verbürgung auf und verleiht einen Anspruch auf gleichen Zugang zu diesen
Einrichtungen sowie ein Recht auf Gewährleistung solcher Leistungen zu fairen
Bedingungen und in angemessener Qualität. Die öffentliche Hand kann diese
Leistungen entweder selbst erbringen oder an Private übertragen. Diesfalls ist
sie verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der Anforderungen
gem. Art 7 zu treffen.
Statt des in der ersten Fassung traditionellen
Ausdrucks „öffentliche Leistungen der Daseinsvorsorge“ wird nunmehr die
Bezeichnung im Verfassungsentwurf verwendet.
Art 8
(1) Ehe und Familie werden anerkannt und geschützt.
(2) Pflege und Erziehung ihrer Kinder ist Recht und
Aufgabe der Eltern. Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Ausübung der von
ihnen auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben
das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend
ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicher zu
stellen.
(3) Eltern und ihre Kinder haben das Recht auf
Schutz und Fürsorge sowie auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aus der
Eigenschaft als Mutter oder Vater darf kein Nachteil erwachsen.
Diese Rechte gewährleistet der Gesetzgeber.
Erläuterungen:
Art 8 legt soziale Grundrechte der Familie fest. Er
berücksichtigt dabei Art II-33 VerfV, die Art 8 und 16 ESC sowie Art 8 und 12
EMRK und Art 2 1. ZPEMRK. Abs 1 hebt die besondere Bedeutung von Ehe und
Familie ausdrücklich hervor und statuiert eine Schutzpflicht des Staates.
Die Begriffe von Ehe und Familie sind den Art 12 und 8
EMRK und der dazu ergangenen Judikatur zu entnehmen: Ehe bedeutet gem. Art 12
EMRK die auf Dauer angelegte rechtsförmliche Verbindung von Mann und Frau, der
Familienbegriff des Art 8 EMRK ist hingegen weit und umfasst auch die
Beziehungen nicht verheirateter Eltern, Adoptiv- oder Pflegeeltern sowie von
Alleinerziehenden zu ihren Kindern.
Die besondere Schutzpflicht des Staates gegenüber
diesen Lebensformen vermittelt dem Betroffenen ein Recht auf entsprechende
Berücksichtigung ihrer Lebenssituation. Dies bedeutet unter anderem die Pflicht
des Gesetzgebers zu einer sachlichen Differenzierung zwischen Eltern und
Kinderlosen mit dem Ziel einer Angleichung der Situation dieser beiden
Bevölkerungsgruppen. Als Förderungsmaßnahme nennt Art 16 ESC beispielsweise
Sozial- und Familienleistungen, steuerliche Maßnahmen, Förderung des Baus
familiengerechter Wohnungen, Hilfe für junge Eheleute, verweist aber
ausdrücklich auf andere Mittel jeglicher Art.
Abs 3 hebt insbesondere das Recht der Eltern aber auch
der betroffenen Kinder auf Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und
Beruf hervor. Damit sind nicht nur die traditionellen Maßnahmen des
Mutterschutzes und des Elternurlaubs im Zusammenhang mit der Geburt eines
Kindes angesprochen, sondern auch beispielsweise die Gestaltung von
Arbeitsverhältnissen, Hilfen bezüglich der Kinderbetreuung oder steuerliche
Maßnahmen.
Ausdrücklich ist ferner ein Diskriminierungsverbot für
Eltern festgelegt. Vgl. hiezu auch Art 27 RevESC.
Abs 2 garantiert den Vorrang der Eltern bei der Pflege
und Erziehung der Kinder. Notwendige Eingriffe des Staates in dieses Recht im
Interesse des Kindeswohls können sich auf Art 9 dieses Vorschlages stützen
(verwiesen wird auch auf Art 9 der Kinderrechtskonvention).
Gem. Abs 2 Satz 2 haben Eltern das Recht zu verlangen,
dass der Staat dabei und allgemein bei der Wahrnehmung von Aufgaben der
Erziehung und des Unterrichts ihr Recht auf Erziehung und Unterricht
entsprechend ihrer religiösen und weltanschaulichen Überzeugung achtet. Diese
Garantie enthält schon jetzt Art 2 1. ZPEMRK. Sie hat bereits Eingang in den
Ausschussentwurf betreffend das Recht auf Bildung gefunden.
Art 9
(1) Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des
18. Lebensjahres haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr
Wohlergehen notwendig sind, sowie auf regelmäßige persönliche Beziehungen und
direkten Kontakt zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies stehe seinem
Wohlergehen entgegen.
Diese Rechte gewährleistet der Gesetzgeber.
(2) Bei allen Maßnahmen öffentlicher und privater
Einrichtungen, die Kinder oder Jugendliche betreffen, hat deren Wohl Vorrang
vor allen anderen Zielsetzungen.
(3) Kinderarbeit
und jede andere Form der Ausbeutung von Kindern ist vom Gesetzgeber zu
verbieten.
Erläuterungen:
Art 9 legt Rechte
von Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr auf Schutz und Fürsorge
fest, wie sie vor allem aus der Kinderrechtskonvention ergeben und verpflichten
den Staat dazu, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Er wird sich dabei an
der Kinderrechtskonvention orientieren, auf einen ausdrücklichen Verweis
auf diese Konvention wurde aber aus legistischen Überlegungen verzichtet.
Abs 2 hebt
ausdrücklich den Vorrang des Kindeswohl vor allen anderen Zielsetzungen hervor
(Art 3 Abs 1 Kinderrechtskonvention). Art 9 berücksichtigt Art II-24 sowie Art
II-32 VerfV.
Abs 3 spricht
ein ausdrückliches Verbot von Kinderarbeit und anderen Formen der Ausbeutung
von Kindern aus.
Art 10
(1) Frauen und Männer sind gleichberechtigt.
(2) Sie haben das Recht auf Gleichstellung in allen
Lebensbereichen durch den Gesetzgeber.
Der Gleichberechtigung von Männern und Frauen stehen
Vergünstigungen zum Ausgleich bestehender Ungleichheiten nicht entgegen.
Erläuterungen:
Art 10 betont ausdrücklich die schon im allgemeinen
Gleichheitsgrundsatz verbürgte Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
verleiht diesen ein Recht auf Gleichstellung in allen Lebensbereichen. Damit
geht er über Art 7 Abs 2 B-VG hinaus, welche deren tatsächliche Gleichstellung
lediglich als Staatsziel verankert. Wie Art 7 Abs 2 B-VG erklärt Art 10 Abs 2
einseitig begünstigende Maßnahmen zum Zweck des Ausgleichs bestehender Ungleichheiten
ausdrücklich für zulässig.
Art 10 berücksichtigt Art II-23 VerfV, welcher sich
seinerseits auf Art 2, Art 3 Abs 2 und Art 141 Abs 3 und 4 EGV sowie auf die
Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207 EWG beruft.
Art 11
Alte Menschen
haben das Recht auf ein würdiges und unabhängiges Leben, auf Teilnahme am
Arbeitsleben sowie am sozialen, politischen und kulturellen Leben und auf Hilfe
im Fall der Pflegebedürftigkeit.
Diese Rechte
gewährleistet der Gesetzgeber.
Erläuterungen:
Art 11 garantiert
alten Menschen spezifische, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Rechte. Sie
dürfen von den genannten Lebensbereichen nicht ausgeschlossen werden. Dem steht
eine Pflicht des Staats gegenüber, die Teilnahme durch entsprechende Maßnahmen
zu ermöglichen.
Das Recht auf ein
würdiges und unabhängiges Leben ist insbesondere durch die Sicherung eines
angemessenen Lebensstandards im Alter und durch Hilfe bei Pflegebedürftigkeit
zu sichern. In diesem Zusammenhang wird auch auf Art 2 dieses Vorschlags
verwiesen. Das Recht umfasst aber z. B. auch ein Recht auf entsprechende
Gestaltung der Lebensverhältnisse in Alters- und Pflegeheimen.
Art 11 entspricht
inhaltlich weitgehend Art II-25 VerfV und stützt sich auch auf Nr. 25 und 26
der Gemeinschaftscharta. Siehe auch Art 23 RevESC.
Art 12
(1) Niemand darf wegen seiner Behinderung
benachteiligt werden.
(2) Behinderte haben ein Recht auf Zugang zu und
auf Gleichstellung in allen Bereichen des täglichen Lebens.
Dieses Recht gewährleistet der Gesetzgeber.
Erläuterungen:
Art 12 hebt ausdrücklich das Verbot der
Diskriminierung behinderter Menschen hervor. Er gibt diesen einen Anspruch auf
Maßnahmen zur Integration in allen Lebensbereichen und geht damit über Art 7
Abs 1 3. Satz B-VG hinaus, der lediglich ein Staatsziel dieses Inhalts kennt. Einen
Anspruch auf Integration Behinderter anerkennt auch Art II-26 VerfV. Dieser
Anspruch kann sich auch auf Art 15 ESC und Nr. 26 der Gemeinschaftscharta
berufen.
Art 13
(1) Alle Menschen haben das Recht auf Wahrung und
Pflege ihrer Sprache und kulturellen Identität.
(2) Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei.
(3) Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung der
Volksgruppen werden geachtet, gefördert und geschützt.
(4) Art 66 Abs 3 und 4 StV v. St. Germain, StGBl
Nr. 303/1920 und Art 7 des StV v. Wien, BGBl 152/1955 sind Bestandteil der
Bundesverfassung.
Erläuterungen:
Eine über
diesen Vorschlag inhaltlich hinausgehende Formulierung der Volksgruppenrechte
wurde im Ausschuss bereits akzeptiert (Protokoll der 21. Sitzung).
Art 14
Flüchtlinge haben das Recht auf Asyl.
Dieses Recht gewährleistet der Gesetzgeber.
Erläuterungen:
Art 14 gewährt Flüchtlingen
in Übereinstimmung mit Art 18 GRCh ein Recht auf Asyl. Damit besteht ein
verfassungsgesetzlich gewährleisteter Anspruch der Betroffenen auf Gewährung von
Asyl. Der Gesetzgeber wird dabei das Genfer Abkommen v. 28. 7. 1951 und
das Protokoll v. 31. 1. 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge beachten,
ein ausdrücklicher Verweis auf diese internationalen Vereinbarungen unterbleibt
aber aus legistischen Gründen.
grundrechtsforum.spoe.at
Bundesverfassung
der Republik Österreich
Artikel 1. Alle Menschen haben gleiche, angeborene und unveräußerliche Rechte. Sie zu achten, zu gewährleisten und zu schützen, ist vornehmste Aufgabe des Staates. Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Artikel 2. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
(3) Ein das Leben gefährdender Eingriff ist nur zulässig, wenn er gesetzlich vorgesehen, unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist,
1. um andere Menschen vor rechtswidriger Gewaltanwendung zu schützen,
2. um eine gesetzmäßige Festnahme durchzuführen oder das Entkommen eines gesetzmäßig festgehaltenen Menschen zu verhindern, der eine Gefahr für andere Menschen darstellt.
Artikel 2a. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
(2) Eine Einschränkungen dieses
Rechts sind nur unter den Voraussetzungen des
Artikel 31 zulässig.ist nur zulässig, wenn
sie gesetzlich vorgesehen, verhältnismäßig und in einer demokratischen
Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung,
zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum
Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Artikel 3. (1) Jeder Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben. Tötung auf Verlangen ist verboten.
(2) Dieses Recht
schließt jedenfalls den Anspruch auf Sterbebegleitung und bestmögliche
Schmerzbehandlung ein. Die Betreuung durch Angehörige ist unabhängig vom
Einkommen zu ermöglichen.
Artikel 4. Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Artikel 5. (1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Als Zwangs- oder Pflichtarbeit gilt nicht
1. jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird, die unter den verfassungsgesetzlichen Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist;
1.2.Wehr- oder Zivildienst;
1.3.jede
Dienstleistung im Fall von Notständen und Katastrophen, die das Leben oder das
Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
1.4.jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten
gehört.
(4) Menschenhandel ist verboten.
Artikel 6. (1) Niemand darf in einen Staat verbracht werden, in dem ihr oder ihm die ernstliche Gefahr einer Verletzung elementarer Menschenrechte droht.
(2) Menschen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, haben das Recht auf Aufenthalt.
Artikel 7. Flüchtlinge nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Jänner 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Menschen, die in vergleichbarer Weise verfolgt sind, haben das Recht auf Asyl in Österreich, sofern sie in keinem anderen Staat ausreichend Schutz vor Verfolgung finden.
Artikel 8.
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Artikel 9. (1) Diskriminierung, insbesondere wegen der Geburt, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität, der Rasse, der Hautfarbe, der genetischen Merkmale, einer Behinderung, des Alters, einer Krankheit, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, der Sprache, der Religion, der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, des Vermögens oder der sozialen Stellung, sind verboten.
(2) Der Staat ergreift Maßnahmen, um Diskriminierungen vorzubeugen und sie zu beseitigen.
Artikel 10. (1) Frauen und Männer haben das Recht auf tatsächliche Gleichstellung.
(2) Menschen des benachteiligten Geschlechts haben Anspruch auf Maßnahmen, die bestehende Benachteiligungen beseitigen.
(3) Der Staat ergreift Maßnahmen, um eine wirksame Durchsetzung dieser Rechte zu gewährleisten, insbesondere durch Klagsbefugnisse für Organisationen, die nach ihrem Wirkungsbereich zur Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung berufen sind.
Artikel 11. (1) Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf Maßnahmen, die tatsächliche Benachteiligungen beseitigen und die volle Entfaltung ihrer Persönlichkeit durch Ausbildung, Arbeit und Teilnahme am politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Gemeinschaft ermöglichen.
(2) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben das Recht, die Österreichische Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden.
Artikel 12. (1) Jedes Kind hat Anspruch auf Schutz und Fürsorge für sein Wohlergehen und auf bestmögliche individuelle Entwicklung und Entfaltung, auf Freizeit und Spiel. Kinder, die dauernd oder vorübergehend aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst sind, haben Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand des Staates.
(2) Jedes Kind hat das Recht auf Partizipation in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung entsprechenden Weise.
(3) Das Wohl des Kindes muss bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen staatlicher Organe oder sonstiger öffentlicher oder privater Einrichtungen sozialer Fürsorge eine vorrangige Erwägung sein.
(4) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
(5) Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten. Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung, einschließlich von Kinderarbeit, Kinderprostitution, Kinderpornographie und Kinderhandel. Kinder als Opfer von Gewalt oder Ausbeutung haben ein Recht auf Rehabilitation.
Artikel 13. Ältere Menschen haben Anspruch auf ein würdiges und unabhängiges Leben, auf Teilnahme am politischen, sozialen und kulturellen Leben und auf Pflege.
Artikel 14. (1) Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Achtung seiner Sprache und Kultur. Der Staat fördert den Geist der Offenheit und des interkulturellen Dialogs und ergreift Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung und der Zusammenarbeit zwischen allen in seinem Staatsgebiet lebenden Menschen, ungeachtet ihrer Sprache und Kultur.
(2) Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben einen Anspruch auf besondere Förderung ihrer Entwicklung und Sicherung ihres Bestandes, ihrer Sprache und ihrer Kultur. Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei. Keinem Angehörigen einer Volksgruppe darf durch die Ausübung oder Nichtausübung der ihm zustehenden Rechte ein Nachteil erwachsen.
(3) Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben Anspruch auf Kindergartenerziehung und Schulunterricht in öffentlichen Pflichtschulen in der jeweiligen Volksgruppensprache in ihrem Siedlungsgebiet und außerhalb dieses bei einem nachhaltigen Bedarf. Weiters haben sie einen Anspruch auf eine verhältnismäßige Anzahl von öffentlichen höheren Schulen und auf Einrichtung einer eigenen Schulaufsicht. Die Volksgruppen haben ergänzend einen Anspruch auf angemessene Förderung von privaten Kindergärten und Privatschulen, die der Pflege ihrer Sprache und Kultur dienen.
(4) Die Volksgruppen und ihre Angehörigen haben im gemischtsprachigen Gebiet einen Anspruch auf Gebrauch der jeweiligen Volksgruppensprache als zusätzliche Amtssprache im Verkehr mit Verwaltungsbehörden und Gerichten sowie im öffentlichen Leben; außerhalb dieses Gebietes haben sie Anspruch auf angemessene Erleichterungen zum Gebrauch der jeweiligen Volksgruppensprache. Die zusätzliche Amtssprache kann im gemischtsprachigen Gebiet von jeder Person gebraucht werden. Die Volksgruppen haben im gemischtsprachigen Gebiet einen Anspruch auf mehrsprachige topographische Bezeichnungen und Aufschriften.
(5) Die
Volksgruppen haben einen Anspruch auf einen angemessenen Anteil an öffentlichen
Mitteln als finanzielle Volksgruppenförderung aus dem Budget des Bundes sowie
aus den Budgets der Länder und Gemeinden, in denen sich gemischtsprachige
Gebiete befinden, sowie auf eine besondere Förderung der Medien in ihrer
eigenen Sprache.
(6)
Organisationen, die Interessen von Volksgruppen vertreten, haben das Recht die
auf diesen Artikel gegründeten Rechte der betreffenden Volksgruppe vor
Gerichten und Verwaltungsbehörden geltend zu machen. Die Rechte der Angehörigen
der Volksgruppen bleiben davon unberührt.
Artikel 15. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln.
(2) Wer erklärt, bei Leistung
des Wehrdienstes in Gewissensnot zu geraten, hat das Recht, einen Zivildienst
in gleicher Dauer außerhalb des Bundesheeres zu leisten.
(3) Angehörige des
Bundesheeres haben das Recht den Dienst zu verweigern, wenn die Beteiligung
Österreichs an kriegerischen Maßnahmen gegen das Völkerrecht verstößt.
(4) Niemand darf zur Teilnahme an religiösen Handlungen oder Feierlichkeiten sowie zur Offenlegung seiner religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung gezwungen werden.
(5) Der Staat achtet das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
Artikel 16. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit.
(2) Das bestehende Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr. 684/1988, wird hiemit als Bestandteil dieser Bundesverfassung erklärt.
Artikel 17. (1) Jeder Mensch hat das Recht, sich im Bundesgebiet frei zu bewegen, Wohnsitz oder Aufenthalt frei zu wählen und Österreich zu verlassen.
(2) StaatsbürgerInnen darf die Einreise in das Bundesgebiet nicht verwehrt werden. Sie dürfen weder ausgewiesen noch ausgeliefert werden. Dieses Verbot steht einer im europäischen Recht oder gesetzlich vorgesehenen Zurückstellung oder Überstellung an einen internationalen Gerichtshof oder zur Vollstreckung einer von einem solchen verhängten Strafe nicht entgegen, sofern rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
(3) Für Menschen, die nicht Staats- oder UnionsbürgerInnen sind, kann der Genuss der in Abs. 1 gewährleisteten Rechte von einem rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet abhängig gemacht oder auf bestimmte Gebiete beschränkt werden.
(4) Kollektivausweisungen sind unzulässig.
Artikel 18. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Privat‑ und Familienleben.
(2) Jeder Mensch hat das
Recht, mit Erreichen des gesetzlich zu bestimmenden Alters eine Ehe oder
verschieden- oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft einzugehen und eine
Familie zu gründen.
(3) Jede Frau hat das Recht auf
Selbstbestimmung über ihre Familienplanung und Reproduktion[sfähigkeit],
über ihre Reproduktion frei zu bestimmen.
Artikel 19. (1) Haus und Wohnung sind unverletzlich.
(2) Ihre Durchsuchung oder technische Überwachung bedarf eines richterlichen Befehls.
Artikel 20. (1) Jede Person hat das Recht auf ungestörte Kommunikation.
(2) Eingriffe in das Kommunikationsgeheimnis bedürfen eines richterlichen Befehls.
Artikel 21. (1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden Daten. Dieses Recht umfasst die Geheimhaltung, Richtigstellung und Löschung personenbezogener Daten und die Auskunft über sie.
(2) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.
(3) Die Verwendung sensibler Daten darf nur erlaubt werden, wenn die Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen durch wirksame Garantien geschützt sind.
Artikel 22. Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe zu empfangen und weiterzugeben.
Artikel 23. (1) Presse, Rundfunk und andere Medien sind frei.
(2) Zensur und andere vorbeugende Maßnahmen sind
unzulässig.
(3) Das Redaktionsgeheimnis steht unter besonderem Schutz.
(4) Die Vielfalt der Medien wird geachtet, gefördert und geschützt.
(5) Rundfunk ist eine öffentliche Aufgabe.
(6) Rundfunk darf von einer Bewilligung abhängig gemacht werden. Berichterstattung hat objektiv, wahrheitsgemäß und unparteilich zu erfolgen, Meinungsbildung als solche erkennbar und Meinungsvielfalt gewährleistet zu sein.
Artikel 24. (1) Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich mit anderen zusammenzuschließen.
(2) Die Bildung von Vereinen darf nicht von einer behördlichen Bewilligung abhängig gemacht werden.
(3) Die Gründung von Parteien ist frei, soweit nicht diese Bundesverfassung anderes bestimmt*.
Artikel 25. (1) Alle Menschen haben das Recht, sich frei zu versammeln.
(2) Eine behördliche Anmeldung darf nur für allgemein zugängliche Versammlungen verlangt werden.
Artikel 26. (1) Anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften haben das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung und der selbständigen Ordnung und Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten einschließlich der Errichtung juristischer Personen eigenen Rechts.
(2) Die Anerkennung erfolgt durch Gesetz. **
Artikel 27. (1) Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
(2) Die öffentlichen Universitäten sind Stätten freier wissenschaftlicher
Wissenschaft, Forschung, Lehre und
Bildung mit dem Recht auf Selbstverwaltung.
(3) Jede Person kann Unterrichts‑, Erziehungs- und Bildungseinrichtungen gründen und an ihnen Unterricht erteilen, sofern sie ihre Befähigung hiezu in gesetzlicher Weise nachgewiesen hat.
Artikel 28. (1) Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst und ihre Lehre sind frei.
(2) Ihre
Vielfalt wird geachtet, gefördert und geschützt.
Artikel 29. Jede Person hat das Recht, zu arbeiten, ein Unternehmen zu gründen, einen Beruf frei zu wählen und ihn auszuüben.
Artikel 30. (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums.
(2) Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, dürfen nur gegen rechtzeitige, angemessene Entschädigung erfolgen.
(3) Die Vertragsfreiheit ist gewährleistet.
Artikel 31. Einschränkungen der in diesem Abschnitt gewährleisteten Rechte
1. bedürfen einer gesetzlichen Grundlage;
2. müssen im öffentlichen Interesse oder zum Schutz von Rechten und Freiheiten anderer erforderlich sein;
3. müssen verhältnismäßig sein;
4. müssen die in dieser Bundesverfassung sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgesehenen weiteren Bedingungen und Grenzen wahren.
Artikel 32. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf ein Dasein in Würde.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht durch Maßnahmen zur
Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausschließung.
(3) Jeder Mensch hat Anspruch auf die zur sozialen
Mindestsicherung erforderlichen Leistungen, insbesondere für Nahrung, Kleidung,
Unterkunft, medizinische Versorgung und soziale Teilhabe. Wer
nicht in der Lage ist, für sich und die ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten zu
sorgen, hat Anspruch auf persönliche Hilfe sowie die zur sozialen
Mindestsicherung erforderlichen Leistungen für Nahrung, Kleidung, Unterkunft,
notwendige medizinische Versorgung und soziale Teilhabe. *
Artikel 33. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf soziale Sicherheit.
(2) Der Staat gewährleistet
dieses Recht durch Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen
Pflichtversicherung, die auf Einkommens- und Risikosolidarität beruht und die
im Fall von Krankheit, Mutterschaft, Unfall, geminderter Arbeitsfähigkeit,
Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit und Alter eine
angemessene Versorgung sicherstellt.
(3) Der Staat gewährleistet dieses Recht weiters
durch angemessene Versorgung im Fall von Pflegebedürftigkeit.
(4) Waisen haben Anspruch auf ein angemessenes
Einkommen.
(3) Der Staat gewährleistet, dass die Pensionen gesichert sind und in angemessenem Ausmaß steigen.
Artikel 34. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz der Gesundheit.
(2) Der Staat gewährleistet
dieses Recht durch Einrichtung eines allgemein zugänglichen öffentlichen
Gesundheitswesens, durch den Schutz vor Gesundheitsbeeinträchtigungen und durch
die Förderung der Gesundheitsvorsorge in allen Bereichen.
Artikel 35. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnung.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht durch Maßnahmen, die zu einer ausreichenden Zahl an Wohnungen zu angemessenen Preisen und Bedingungen führen, durch Mieterschutz und durch sozialen Wohnbau.
Artikel 36. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit zu menschenwürdigen, sicheren, gesunden und gerechten Bedingungen.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er sicherstellt:
1. ein angemessenes Entgelt und gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit;
2. angemessene Beschränkungen der Arbeitszeit, einschließlich Erholungszeiten;
3. angemessene Arbeitsruhe, insbesondere auch an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen;
4.Jahresurlaub in einer Dauer, die der gesellschaftlichen Entwicklung angemessen ist;
4.5.berufliche Aus- und Weiterbildung;
6. besonderer Schutz von Jugendlichen und von Schwangeren und Müttern am Arbeitsplatz, soweit erforderlich auch durch Beschäftigungsverbote, sowie durch einen wirksamen Schutz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses während eines angemessenen Zeitraums vor und nach der Geburt;
7. Fortzahlung des Arbeitsentgelts für angemessene Zeit bei Verhinderung an der Arbeitsleistung aus wichtigen Gründen;
8. Schutz vor ungerechtfertigter Beendigung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses;
9. Schutz vor herabwürdigender Behandlung, Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz;
10. Schutz des Entgelts bei Insolvenz der ArbeitgeberIn .
(3) Jeder Mensch hat Anspruch auf unentgeltliche Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und auf Maßnahmen zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung.
(4) ArbeitnehmerInnen Arbeitende Menschen haben
das Recht auf Vertretung ihrer Interessen gegenüber der
ArbeitgeberInim Betrieb. Eine angemessene
Mitbestimmung in personellen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten ist
gewährleistet. Gewählte VertreterInnen sind vor Benachteiligungen wegen Ausübung
dieses Rechts wirksam zu schützen. Wählbar und
wahlberechtigt sind alle ArbeitnehmerInnen ungeachtet ihrer
Staatsangehörigkeit.Das aktive und passive
Wahlrecht steht ungeachtet der Staatsangehörigkeit zu.
Artikel 37. (1) ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnenAlle
Menschen haben das Recht, sich freiwillig zur Vertretung ihrer jeweiligen
Interessen zusammenzuschließen und hiezu Vereinigungen
zu bilden.
(2) Sie können haben das Recht, kollektive
Maßnahmen zur Durchsetzung der Interessen ihrer Mitglieder ergreifen.
(3) Solche Vereinigungen und gesetzliche Interessensvertretungen haben das Recht, im Rahmen der Gesetze alle Angelegenheiten der Arbeitswelt durch Kollektivvertrag verbindlich zu regeln.
Artikel 38. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er sicherstellt:
1. eine den familiären Bedürfnissen entsprechende Gestaltung der Arbeitsbedingungen;
1.2.einen Anspruch auf angemessene Elternkarenz, Pflegeurlaub und
Sterbekarenz einschließlich eines wirksamen Schutzes vor Beendigung des
Arbeitsverhältnisses;
1.3.ein dem Bedarf entsprechendes Angebot an Kinderbetreuung, an
ganztägigen Schulen und an Alten-
und Krankenpflege;
1.ein dem Bedarf entsprechendes Angebot an
ganztägigen Schulformen;
1.4.einen angemessenen Ausgleich für ein wegen der Betreuung
entfallendes Erwerbseinkommen und eine Unterstützung bei der Tragung der
Familienlasten.
Artikel 39. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er
sicherstellt :
1.
die Einrichtung
öffentlicher Kindergärten, Schulen, Fachhochschulen, Hochschulen und
Universitäten; sowie
2.
die Unterstützung
von privaten Bildungseinrichtungen, beruflicher Aus- und Weiterbildung und lebenslangem
lebensbegleitendem Lernen.;
3.
individuelle Förderung
und Integration;
4. eine angemessene Mitbestimmung an öffentlichen Bildungseinrichtungen.
(3) Der Staat hat den Zugang zur Bildung unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten. Der Besuch öffentlicher Bildungseinrichtungen ist grundsätzlich unentgeltlich.
Artikel 39a. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf kulturelle Teilhabe.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht durch Unterstützung von kulturellen Betätigungen sowie von Einrichtungen, die die Mitwirkung am kulturellen Schaffen und die Auseinandersetzung mit kulturellen Gütern ermöglichen.
Artikel 40. (1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Zugang zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse.
(2) Der Staat gewährleistet dieses Recht, indem er die Leistungen selbst erbringt oder die Erbringung durch Private zu gleichen und fairen Bedingungen, in angemessener Qualität und zu erschwinglichen Preisen sicherstellt.
Artikel 40a. (1) Jeder Mensch hat Anspruch auf Schutz als KonsumentIn.
(2) Der Staat gewährleistet
dieses Recht, indem er die Information, die Sicherheit, die Gesundheit und die
legitimen wirtschaftlichen Interessen der Konsumenten durch wirksame Maßnahmen
schützt.
5. Abschnitt: Politische Rechte
Artikel 41. (1) Mit Erreichen des Wahl‑ und Stimmalters sind berechtigt:
1. StaatsbürgerInnen und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen bei der Wahl des Nationalrats, der BundespräsidentIn und der österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament sowie bei der Teilnahme an Abstimmungen, Befragungen und Begehren des Bundesvolkes;
2. BürgerInnen eines Landes und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen bei der Wahl des Landtags und bei der Teilnahme an Abstimmungen, Befragungen und Begehren des Landesvolkes;
3. BürgerInnen einer Gemeinde und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen bei der Wahl des Gemeinderats und der BürgermeisterIn, sofern sie vom Gemeindevolk gewählt wird, sowie bei der Teilnahme an Abstimmungen, Befragungen und Begehren des Gemeindevolkes.
(2) Jedenfalls wahl‑ und stimmberechtigt ist, wer am Tag der Stimmabgabe das 16. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Jede Wahl‑
und Stimmberechtigte hat Anspruch auf die zur Wahrnehmung dieser Rechte nötige
freie Zeit.
Artikel 42. (1) Mit Erreichen des Wählbarkeitsalters sind wählbar:
1. StaatsbürgerInnen und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen zum Nationalrat, zur BundespräsidentIn und zum Europäischen Parlament;
2. BürgerInnen eines Landes und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen zum Landtag und in die Landesregierung;
3. BürgerInnen einer Gemeinde und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen zum Gemeinderat und zur BürgermeisterIn.
(2) Jedenfalls wählbar ist, wer am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Der Ausschluss von der Wählbarkeit darf nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung sein.
Artikel 43. Jede Person hat das Recht, an öffentliche Einrichtungen Petitionen zu richten und im Rahmen der Gesetze an der politischen Willensbildung teilzunehmen.
Artikel 44. Alle StaatsbürgerInnen und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen haben das Recht auf gleichen Zugang zu den öffentlichen Ämtern.
Artikel 45. (1) Öffentlich Bediensteten ist die ungeschmälerte Ausübung ihrer politischen Rechte gewährleistet.
(2) Konflikte zwischen Dienst und Mandat sind zugunsten des Mandats zu lösen.
Artikel 46. Jeder im Bundesgebiet geborene Mensch erwirbt die österreichische
Staatsbürgerschaft.
[Artikel 47. weggefallen]
Artikel 48. (1) Jede Person hat das Recht auf ein Verfahren vor der nach dem Gesetz zuständigen Behörde.
(2) Ausnahmegerichte sind unzulässig.
Artikel 49. Jede Person hat das Recht, über Angelegenheiten öffentlicher Einrichtungen Auskunft zu erhalten und in deren Dokumente Einsicht zu nehmen. Die Auskunft und der Zugang können im öffentlichen Interesse oder zum Schutz von Rechten und Freiheiten anderer gesetzlich beschränkt werden.
Artikel 50. (1) Jede Person hat vor jeder Behörde Anspruch auf faire Behandlung sowie auf Beurteilung ihres Falles innerhalb angemessener Frist.
(2) Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
(3) Jeder festgenommene Mensch hat das Recht auf anwaltliche Vertretung.
(4) Jeder angeklagten Person sind die Verteidigungsrechte gewährleistet.
(5) Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf Verfahrenshilfe, sofern ihr Begehren nicht von vornherein aussichtslos erscheint. Dies schließt unentgeltlichen Rechtsbeistand vor Gericht mit ein.
Artikel 51. (1) In Zivil‑ und Strafsachen hat jede Person Anspruch auf
Beurteilung ihrer Sache durch ein Gericht.
(2) Verhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
(3) In Justizstrafsachen gilt der Anklageprozess.
Artikel 52. (1) Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
(2) Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht prüfen zu lassen. Ausnahmen dürfen nur für strafbare Handlungen geringfügiger Art, für Verurteilungen in erster Instanz durch ein Höchstgericht und für Verurteilungen in zweiter Instanz nach Freispruch in erster Instanz vorgesehen werden.
Artikel 53. Niemand darf wegen einer Tat verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Auch darf keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.
Artikel 54. (1) Niemand darf wegen einer Tat, deretwegen sie oder er bereits in der Europäischen Union nach dem Gesetz rechtskräftig abgeurteilt worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.
(2) Die gesetzlich vorgesehene Wiederaufnahme des Verfahrens ist zulässig, wenn neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder wenn das vorausgegangene Verfahren schwere, seinen Ausgang berührende Mängel aufweist.
Artikel 55. Wer rechtswidrig verhaftet oder angehalten wird oder aufgrund
eines Fehlurteils eine Strafe verbüßt hat, hat das Recht auf angemessene
Entschädigung, sofern sie oder ihn am nicht rechtzeitigen Bekannt werden der
Tatsachen, die zur Aufhebung der Verhaftung, der Anhaltung oder des Urteils
führen, kein oder nur ein geringes Verschulden trifft.
Artikel 56. Wer sich in einem Grundrecht verletzt erachtet, hat das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz.
Artikel 57. Wer durch rechtswidriges Handeln oder Unterlassen der
Gesetzgebung oder durch rechtswidriges schuldhaftes Verhalten der Vollziehung
Schaden erleidet, hat Anspruch auf Entschädigung nach den Bestimmungen des
bürgerlichen Rechts.
Artikel 57a. Opfer strafbarer Handlungen sind am Strafverfahren angemessen zu beteiligen.
Artikel 58. Organisationen, die nach ihrem Wirkungsbereich zum Schutz von Grundrechten oder zur Vertretung grundrechtlich geschützter Interessen berufen sind, ist das Recht einzuräumen, gegen behauptete Verletzungen der betreffenden Grundrechte Beschwerde einzulegen. Näheres bestimmt das Gesetz.
Die Expertengruppe lehnt eine Änderung der
Dialogklausel mit folgenden Gründen ab:
1.
Durch die Einführung des in der EU-Verfassung durchaus eingeführten
Begriffes der „Weltanschauungsgemeinschaften“ würde das österreichische System
der Unterscheidung zwischen gesetzlich anerkannten Kirchen und
Religionsgesellschaften einerseits, den registrierten religiösen
Bekenntnisgemeinschaften andererseits und den ebenfalls existierenden, nicht
registrierten und nicht anerkannten Religionen dritterseits konterkarieren.
2.
Der Begriff der „Weltanschauungsgemeinschaften“ ist der österreichischen
Verfassungsordnung bisher nicht inhärent. Ihn einzuführen, würde eine
Rechtsunsicherheit nach sich ziehen, und zwar insofern, als keinerlei
Definition des Begriffes „Weltanschauungsgemeinschaft“ existiert und daher
nicht bewusst gemacht werden kann, welche in Österreich existierenden
Gemeinschaften unter diesen Begriff fallen könnten oder nicht.
3.
Wenn der Begriff „Weltanschauungsgemeinschaften“ in die österreichische
Verfassungsordnung mit aufgenommen wird, dann müsste – entsprechend der
gesetzlichen Anerkennung von Kirchen und Religionsgesellschaften – auch ein
Verfahren zur gesetzlichen Anerkennung von Weltanschauungsgemeinschaften
eingeführt werden, mit aller Unsicherheit, welche mit der Definition des
Begriffes selbst verbunden ist.
4.
Sollte ein solches Verfahren (einfach gesetzlich) eingeführt werden und würde
dadurch der Begriff der Weltanschauungsgemeinschaften auch in der
österreichischen Rechtsordnung eingeführt sein, wäre seitens der gesetzlich
anerkannten Kirchen sicher kein Einwand, auch gesetzlich anerkannte
Weltanschauungsgemeinschaften in die Dialogklausel mit aufzunehmen.
5.
Solange der Begriff „Weltanschauungsgemeinschaften“ und das Verfahren
einer gesetzlichen Anerkennung analog dem Verfahren zur gesetzlichen
Anerkennung von Religionen als gesetzlich anerkannte Kirchen und
Religionsgesellschaften nicht eingeführt ist, ist keine Parität zwischen
gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften einerseits und
Weltanschauungsgemeinschaften andererseits gegeben, sodass bis dahin die
Aufnahme dieses Begriffes in die vorgeschlagene Dialogklausel von der
Gesamtheit der Rechtsordnung her kontraproduktiv wäre.
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die Regelung ist wortgleich mit Art. 3 EMRK sowie Art. 4 GRCh. Unter unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung fallen auch ensprechende körperliche Bestrafungen und Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen (vgl. EGMR, Urteil vom 25.4.1978, Tyrer, Urteil vom 25.4.1978, Serie A 26, Z. 30 ff.). Darüber hinaus gebietet Art. 3 wie Art. 3 EMRK, dass der Staat konkrete Maßnahmen ergreift, wenn die Gefahr des Missbrauchs eines Kindes in der Familie besteht. Zudem müssen geeignete gesetzliche Regelungen vorhanden sein, um einem Missbrauch in der Familie begegnen zu können (so zu Art. 3 EMRK ausdrücklich EGMR, Urteil vom 23.9.1998, A., RJD 1998-VI, Z. 23 f.).
[…]
(1) Mit Erreichung des heiratsfähigen Alters
haben Frau und Mann das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.
(2) Ehe und Familie genießen den rechtlichen,
wirtschaftlichen und sozialen Schutz des Staates.
(3) Die Erziehung der Kinder ist das Recht und
die Pflicht der Eltern. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiet
der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu
achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren religiösen und
weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
(4) Ehegatten haben untereinander und in ihren Beziehungen zu ihren Kindern gleiche Rechte und Pflichten privatrechtlicher Art hinsichtlich der Eheschließung, während der Ehe und bei Auflösung der Ehe. Die Pflicht des Staates, die im Interesse der Kinder notwendigen Maßnahmen zu treffen, wird dadurch nicht beschränkt.
(5) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden. Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
Erläuterungen:
1. In Artikel 12 sind unter dem Titel Schutz von Ehe und Familie das Recht auf Eheschließung, die Rechte der Ehegatten untereinander, der Schutz der Familie, das Elternrecht im Hinblick auf die Erziehung sowie Kinderrechte zu finden. Diese Garantien sind sowohl in der EMRK als auch in der GRCh an jeweils verschiedenen Stellen zu finden und hier entsprechend ihrem inhaltlichem Zusammenhang in einem Artikel vereint. Hinzukommt der Schutz des Familienlebens gemäß Artikel 8 (s. dort).
1.2.Gemäß
Absatz 1 haben Mann und Frau das Recht auf Eheschließung ab Erreichung des
heiratsfähigen Alters. Dem einfachen Gesetzgeber bleibt es überlassen, das
entsprechende Alter festzulegen. Diese Garantie entspricht Art. 12 EMRK.
Die Formulierung des Grundrechts stellt klar, dass vom Recht auf Eheschließung
wie in der EMRK nur die verschiedengeschlechtliche Verbindung erfasst ist.
Insofern deckt sich die Gewährleistung mit dem Garantieumfang des Art. 12
EMRK, der ebenfalls nur die Verbindung von zwei Personen verschiedenen
Geschlechts erfasst (vgl. den insofern klaren Wortlaut der authentischen
französischen Fassung „l’homme et la femme“ sowie die Rechtsprechung des EGMR,
Urt. v. 27.9.1990, Cosey, Serie A 184, Z. 43; Urt. v. 30.7.1998, Sheffield
u. Horsham, RJD 1998-V, Z. 66). Diese Festlegung steht im Einklang mit
Art. 9 GRCh. Diese Bestimmung gewährt das Recht, eine Ehe einzugehen, nach
den einzelstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Recht regeln. Der
Chartabestimmung ist ein Anspruch auf Zuerkennung des Ehestatus für
gleichgeschlechtliche Verbindungen nicht zu entnehmen, auch wenn sie einer
solchen Zuerkennung durch das innerstaatliche Recht nicht entgegensteht.
Ungleichbehandlungen zwischen Ehe und sonstigen Lebensgemeinschaften sind nach
dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu beurteilen. Im Übrigen sind einzelne
Aspekte des Zusammenlebens gleichgeschlechtlicher Paare, insbesondere mit
Kindern, durch Artikel 8 geschützt (EGMR, Urt. v. 21.12.1999, Salgueiro da
Silva Mouta, RJD 1999-IX, Z. 22).
1.3.Absatz 2 enthält eine Schutzpflicht des Staates gegenüber Ehe und
Familie. Sie entspricht Art. 33 Abs. 1 GRCh sowie dem für diesen als Vorbild
herangezogenen Art. 6 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes. Eine solche
Schutzpflicht ist in der EMRK nicht ausdrücklich verankert, eine Reihe von
Aspekten wird jedoch sowohl durch den EGMR als auch den VfGH aus dem Schutz der
Familie gem. Art. 8 EMRK (Artikel 8 des Entwurfs) abgeleitet. Während der
Begriff der Ehe sich entsprechend Absatz 1 nur auf die Verbindung von Mann und
Frau bezieht, werden mit dem Begriff der Familie (entsprechend dem
Familienbegriff des Art. 8 EMRK) neben der traditionellen Familie auch
andere Lebensformen, insbesondere uneheliche Lebensgemeinschaften und
alleinerziehende Mütter oder Väter mit ihren Kindern erfasst. Aus dieser
Garantie folgen Pflichten des Staates, die Situation von Erziehenden zu
verbessern und damit der von Kinderlosen anzugleichen (etwa durch Leistungen
oder Berücksichtigungen im Steuerrecht). Einzelheiten wird die Rechtsprechung
zu klären haben. Artikel 23 Ziffer 6 des Entwurfs enthält als
Gesetzgebungsauftrag die Gewährleistung von Mutterschutzurlaub, Elternurlaub
und den Schutz vor Entlassung aus einem mit der Elternschaft zusammenhängenden
Grund. Insofern ist die in Artikel 12 Abs. 2 enthaltene allgemeine
Schutzpflicht gegenüber Ehe und Familie konkretisiert.
1.4.In Absatz 3 wird klargestellt, dass das Erziehungsrecht vorrangig
ein Recht der Eltern ist. Subsidiär hat der Staat die Pflicht, das Wohl des
Kindes zu wahren (vgl. auch Abs. 5). Nach Satz 2 hat der Staat dabei und im
Übrigen, soweit er auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts Aufgaben
übernimmt, die Pflicht, das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den
Unterricht entsprechend ihren eigenen Überzeugungen hinsichtlich Religion und
Weltanschauung durchzuführen. Diese Garantie entspricht Art. 2 1. ZPEMRK.
Die Normierung einer gesetzlichen Schulpflicht ist Voraussetzung für die
Übernahme von Erziehungs- und Unterrichtsaufgaben durch den Staat; sie ist
daher verfassungsrechtlich zulässig.
1.5.In Absatz 4 ist der in Art. 5 7. ZPEMRK enthaltene
besondere Gleichheitssatz in Zusammenhang mit der Ehe übernommen.
1.6.Absatz 5 enthält eine Reihe von Rechten des Kindes. Er beruht auf
den entsprechenden Garantien in Art. 24 GRCh. Dieser wiederum
berücksichtigt das internationale Übereinkommen über die Rechte des Kindes, das
für alle Mitgliedstaaten der EU in Kraft getreten ist. Im Einzelnen sind
gewährleistet ein Anspruch des Kindes auf den Schutz und die Fürsorge, die für
sein Wohlergehen notwendig sind.
1.7.Absatz 5 verpflichtet den Staat auch zu aktivem Tun, das heißt dazu,
Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, wenn das Wohl von Kindern beeinträchtigt zu
werden droht (vgl. Hölscheidt, in: Meyer [Hrsg.], Grundrechtecharta.
Kommentar [2003], Art. 24 Rn. 18). Dazu gehören insbesondere
Maßnahmen zum Schutz vor jeder Form körperlicher oder geistiger
Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder
Vernachlässigung vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des
sexuellen Missbrauchs, der Kinderprostitution, des Kinderhandels und der
Kinderpornographie (vgl. auch Art. 19 des Übereinkommens über die Rechte des
Kindes sowie das – von Österreich noch nicht ratifizierte – Fakultativprotokoll
zu dem Übereinkommens über die Rechte des Kindes betreffend Kinderhandel,
Kinderprostitution und Kinderpornographie).
[….]
(1) Jede Person hat das Recht, unter den
gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig auszuüben, ihren Beruf frei zu
wählen sowie sich für diesen auszubilden.
(2) Die öffentlichen Ämter sind für alle
Staatsangehörigen gleich zugänglich. Im Übrigen wird der Eintritt in dieselben
vom Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft abhängig gemacht.
(3) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Als Zwangs- oder Pflichtarbeit gilt nicht:
a) jede Arbeit die normalerweise von einer Person verlangt wird, die unter den von Artikel 5 vorgesehenen Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist;
a)b)
Wehr- oder Ersatzdienst;
a)c)jede Dienstleistung im Falle von Notständen und Katastrophen, die
das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
a)d)
jede Arbeit oder
Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört.
(4)
Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche
und abgesehen von begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt
in das Arbeitsleben das Alter, in dem die Schulpflicht endet, nicht
unterschreiten. Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter
angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und vor wirtschaftlicher Ausbeutung und
vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre Gesundheit, ihre
körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder
ihre Erziehung gefährden könnte.
(5) Menschenhandel ist verboten.
Erläuterungen:
1. Der vorgeschlagene Entwurf verbindet die Garantien der Art. 6 und 18 StGG zu einem Grundrecht der Berufs- und Erwerbsfreiheit. Ferner enthält Artikel 15 die Gewährleistung des Zugangs zu öffentlichen Ämtern (Absatz 2) und das Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit entsprechend Art. 4 EMRK.
1.2.Gemäß
Absatz 1 wird die Berufs- und Erwerbsfreiheit ein Menschenrecht. Der Status quo
ist, dass zwar die Berufsfreiheit ein Menschenrecht, die Erwerbsfreiheit jedoch
ein Staatsbürgerrecht ist. Durch das EU-Recht wurde die Rechtslage insoweit
jedoch erheblich modifiziert.
1.3.Im
Übrigen entspricht der Wortlaut Art. 6 StGG und er nimmt Art. 18 StGG
im Wesentlichen wortgleich in seinen Gewährleistungsumfang auf. Auf folgende
Punkte sei hingewiesen:
a) Mit Erwerbszweig sind sowohl selbstständige, als auch unselbstständige Tätigkeiten erfasst, auch der Beruf des Beamten gehört dazu. Beruf ist nach der Rechtsprechung des VfGH eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit und dient im Allgemeinen der Erzielung des Lebensunterhalts.
Die Erwerbsfreiheit nach Art. 6 StGG steht nach der Judikatur neben Staatsbürgern auch inländischen juristischen Personen zu. Die Berufsfreiheit nach Art. 18 StGG steht nur natürlichen Personen zu. Der neue Text macht keine Unterscheidung mehr zwischen natürlichen und juristischen Personen. Für die Reichweite des Grundrechtsschutzes von juristischen Personen ist Artikel 22 Abs. 3 maßgeblich.
b) Der Entwurf enthält neben dem formellen Gesetzesvorbehalt keine Grundrechtsschranken. Nach der Judikatur des VfGH sind die Grundrechtsschranken für Erwerbsfreiheit und Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit im Wesentlichen einheitlich. Danach dürfen Eingriffe in die Freiheiten erfolgen, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein legitimes Ziel verfolgen und das Verhältnis zwischen Schwere des Eingriffs und Gewicht der rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig (angemessen) ist. Von einer expliziten Normierung dieser „Grundrechtsformel“ kann im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung abgesehen werden. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zulässig ist, die Erwerbsfreiheit im Interesse des Verbraucherschutzes zu beschränken (z.B. VfSlg 11853/1988). Damit wird der für die Europäische Union formulierten Vorgabe eines hohen Verbraucherschutzniveaus in Art. 38 GRCh Rechnung getragen.
4. Absatz 2 entspricht Art. 3 StGG. Bürgerinnen und Bürger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union sind gemäß Artikel 22 Abs. 2 des Entwurfs im Rahmen von Art. 39 EGV österreichischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Soweit ein öffentliches Amt unter Art. 39 Abs. 4 EGV fällt, ist der grundrechtliche Anspruch auf österreichische Staatsangehörige beschränkt.
4.5.Absatz
3 übernimmt inhaltlich Art. 4 EMRK. Er enthält ein ausdrückliches Verbot
von Sklaverei und Leibeigenschaft sowie von Zwangs- und Pflichtarbeit und eine
Aufzählung von Pflichten, die keine Zwangs- oder Pflichtarbeit darstellen. Im
Ergebnis ermächtigen Absatz 3 Satz 2 und 3 zu besonderen Eingriffen in das
Grundrecht jenseits der allgemeinen Schranke der Verhältnismäßigkeit. Von der
EMRK wird nur insoweit abgewichen, als der Tatbestand der lit. b präzise
auf das österreichische Verfassungsrecht abgestimmt ist. Dienstleistungen im
Fall von Notständen und Katastrophen sind z.B. Hilfeleistungen nach einem
Hochwasser. Arbeiten oder Dienstleistungen, die zu den normalen Bürgerpflichten
gehören, sind beispielsweise kommunale Hand- und Spanndienste, Feuerwehrdienste
etc.
4.6.Absatz 5 entspricht inhaltlich Art. 32
GRCh sowie Art. 32 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes. Neben dem
allgemeinen Verbot der Kinderarbeit muss ein Mindestalter festgelegt werden, ab
dem Jugendliche in das Berufsleben eintreten können. Dabei ist eine Regelung,
die nach täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeiten differenzierte
Altersgrenzen festlegt, zulässig. Ferner muss der Gesetzgeber zum Schutz
jugendlicher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besondere Regelungen treffen,
die eine Rücksichtnahme auf das Alter in den Betrieben gewährleisten. Die
geltenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen (z.B. KJBG, BAG,
Verordnungen zum ASchG) werden dieser Vorgabe gerecht und determinieren den
Schutzumfang des Abs. 4.
4.7.Das
Verbot des Menschenhandels gemäß Absatz 5 entspricht Art. 5 Abs. 3
GRCh. Das Verbot ergibt sich unmittelbar aus dem Grundsatz der Menschenwürde
und trägt neueren Entwicklungen auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität
wie der Schlepperkriminalität oder der organisierten sexuellen Ausbeutung
Rechnung. Es umfasst auch das Verbot des Kinderhandels.
Die
Sozialpartner Bundesarbeitskammer, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer
Österreich haben vereinbart, das folgende Papier als gemeinsamen Vorschlag in
den Ausschuss 4 des Österreich-Konvents einzubringen:
im Bereich der Arbeitswelt
Die Punkte 1. bis 4. beziehen sich auf alle Grundrechte
(klassische und soziale).
Grundrechte wirken staatsgerichtet und nicht direkt zwischen Privaten – keine
„unmittelbare Drittwirkung“ (Ausnahme: Grundrecht auf Datenschutz).
Werden aus Grundrechten Leistungsansprüche abgeleitet, bestehen diese in
angemessenem, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und die
Bedürfnisse der Einzelnen berücksichtigenden, Umfang.
2.
Subsidiarantrag
Nach Abschluss des Verfahrens
vor einem zweitinstanzlichen Gericht soll der Beschwerdeführer das Recht
haben, beim VfGH einen „Subsidiarantrag“ auf Normprüfung zu stellen. In diesem
Fall wird die Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels beim OGH bis zur
Entscheidung des VfGH gehemmt. Der VfGH hat ein Ablehnungsrecht innerhalb
einer Frist von ... in Fällen, die keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
haben, insbesondere weil die angefochtene Norm bereits Gegenstand einer früheren
verfassungsgerichtlichen Prüfung war.
3.
Staatshaftung
Gebietskörperschaften haften
unter bestimmten Umständen auch für gesetzgeberisches Unterlassen. Folgendes
Verfahren zur Geltendmachung gesetzgeberischen Unterlassens wird
vorgeschlagen: Auf Antrag eines Betroffenen hat der VfGH ein verfassungswidriges
Unterlassen festzustellen und eine Frist zur Erlassung eines verfassungskonformen
Gesetzes zu setzen. Wenn innerhalb dieser Frist kein verfassungskonformer
Gesetzesbeschluss gefasst wird und das entsprechende Gesetz in Kraft tritt,
soll ein Staatshaftungsanspruch bestehen. Für den Beschwerdeführer soll auch
schon für den Anlassfall eine Art „Ergreiferprämie“ gelten. Andere Betroffene
können einen Staatshaftungsanspruch erst geltend machen, wenn nach Feststellung
eines verfassungswidrigen Unterlassens eines Gesetzesbeschlusses durch den
VfGH die Frist zur Erlassung eines verfassungskonformen Gesetzes verstrichen
ist.
4. Verbandsklage
Die WKÖ lehnt eine „Verbandsklage“ in
Grundrechtsangelegenheiten ab, was von der Arbeitnehmerseite akzeptiert wird.
5.
Koalitionsfreiheit
„Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben das Recht, sich freiwillig zur
Vertretung ihrer Interessen zusammenzuschließen und Vereinigungen zu bilden.
Diese Vereinigungen und gesetzliche berufliche Interessenvertretungen können
kollektive Maßnahmen ergreifen. Jede Person hat das Recht, an derartigen
Maßnahmen teilzunehmen. Jeder Unternehmer darf Abwehrmaßnahmen ergreifen“.
“Solche Vereinigungen und gesetzliche berufliche
Interessenvertretungen haben das Recht, im Rahmen der Gesetze Kollektivverträge
abzuschließen. Durch Kollektivverträge können Angelegenheiten der Arbeitswelt
verbindlich geregelt werden.“
6.
Unternehmerische Freiheit
„Jede Person hat das Recht, unter den gesetzlichen Bedingungen ein
Unternehmen zu gründen und zu führen.“
7.
Existenzielle
Mindestversorgung
„Wer nicht für sich sorgen kann und nicht über ausreichende Mittel verfügt,
hat im notwendigen Umfang Anspruch auf Unterstützung und Betreuung, auf
Nahrung, Kleidung, Unterkunft, medizinische Versorgung und auf jene Mittel,
die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind“.
8.
Soziale Sicherheit
„Der Staat gewährleistet das Recht auf soziale Sicherheit durch Einrichtung
einer selbstverwalteten öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung, die auf
Einkommens- und Risikosolidarität beruht und die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall,
geminderter Arbeitsfähigkeit, im Alter und bei Arbeitslosigkeit eine angemessene
Versorgung sicherstellt. Der Staat gewährleistet dieses Recht weiters durch
eine angemessene Versorgung im
Fall von Pflegebedürftigkeit.“
9.
Arbeit
„Jeder Mensch hat das Recht auf sichere, gesunde, würdige, gerechte und
angemessene Arbeitsbedingungen. Der Staat gewährleistet dieses Recht
insbesondere durch:
- angemessene
Beschränkung der Arbeitszeit;
- angemessene
Arbeitsruhe, insbesondere angemessene Sonn- und Feiertagsruhe;
- bezahlten
Jahresurlaub;
- Schutz von
Jugendlichen;
- Schutz von
Schwangeren und Müttern besonders durch angemessene Beschäftigungsverbote und
Beendigungsschutz vor und nach der Geburt;
- berufliche Aus- und
Weiterbildung;
- Schutz vor
herabwürdigender Behandlung, Belästigung und Diskriminierung;
- Fortzahlung
des Arbeitsentgelts bei Krankheit und Unfall für angemessene Zeit;
- Schutz vor
ungerechtfertigter fristloser Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
-
angemessene Mitwirkung in personellen,
wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten durch gewählte Organe. Die
gewählten Organe dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden.“
10.
Kinderarbeit
„Kinderarbeit ist verboten.“
11. Arbeitsvermittlung
„Jeder Mensch hat ein Recht auf unentgeltliche Arbeitsvermittlung,
Berufsberatung und sonstige Maßnahmen zur beruflichen und sozialen
Wiedereingliederung.“
Wien,
5.10.2004
Österreich-Konvent / Ausschuss 4
08. November 2004
ad
Fundamentalgarantien:
Recht
auf Leben, Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit (Synopse A-02)
„Der
Staat hat das Recht auf Leben, Gesundheit, körperliche und geistige
Unversehrtheit in angemessener Weise und durch präventive und repressive
Maßnahmen auch gegenüber Eingriffen Dritter sicherzustellen.“
ad
Freiheitsrechte:
Eigentumsgarantie
(Synopse C-25)
„Jede Person hat das Recht auf
Achtung ihres Eigentums. Dieses Recht ist durch präventive und repressive
Maßnahmen des Staates auch gegenüber Eingriffen Dritter sicherzustellen.“
(1) Jede
Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die persönliche Freiheit darf
einer Person nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich
vorgeschriebene Weise entzogen werden:
1.
wenn auf
Grund einer mit Strafe bedrohten Handlung auf Freiheitsentzug erkannt worden
ist;
1.2.wenn sie einer bestimmten, mit
gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig ist,
a) zum Zwecke der Beendigung des Angriffes oder zur sofortigen Feststellung des Sachverhalts, sofern der Verdacht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat oder dadurch entsteht, dass sie einen bestimmten Gegenstand innehat,
a)b)
um sie daran zu hindern,
sich dem Verfahren zu entziehen oder Beweismittel zu beeinträchtigen, oder
a)c)
um sie bei einer mit
beträchtlicher Strafe bedrohten Handlung an der Begehung einer gleichartigen
Handlung oder an der Ausführung zu hindern;
3. zum Zweck ihrer Vorführung vor die zuständige Behörde wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung, bei der sie auf frischer Tat betreten wird, sofern die Festnahme zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns erforderlich ist;
3.4.um die Befolgung einer rechtmäßigen Gerichtsentscheidung oder die
Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen;
3.5.wenn Grund zur Annahme besteht, dass sie eine Gefahrenquelle für die
Ausbreitung ansteckender Krankheiten sei oder wegen psychischer Erkrankung sich
oder andere gefährde;
3.6.zum Zweck notwendiger Erziehungsmaßnahmen bei einer minderjährigen
Person;
3.7.wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder
Auslieferung zu sichern.
(2) Niemand darf allein deshalb festgenommen oder angehalten werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.
(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.
(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort der Anhaltung notwendig sind.
Erläuterungen:
1. Das Grundrecht der persönlichen Freiheit entspricht im Wesentlichen der Regelung des Art. 5 Abs. 1 EMRK sowie der Art. 1 und 2 PersFrBVG. Die übrigen, primär verfahrensrechtlichen Garantien des Art. 5 EMRK sowie des PersFrBVG 1988 finden sich in den Art. Y und Z.
1.2.Abs.
1 und 2 führen die Inhalte der Art. 1 Abs. 1 und 2 sowie Art. 2 PersFrBVG
zusammen. Die abschließende Aufzählung der Festnahmegründe entspricht dem
entsprechenden Katalog in Art. 2 Abs. 1 PersFrBVG.
1.3.Abs.
3 enthält das besondere Verhältnismäßigkeitsgebot des Art. 1 Abs 3 PersFrBVG.
1.4.Abs.
4 entspricht Art. 1 Abs. 4 PersFrBVG bzw. Art. 5 Abs. 2 EMRK.
(1) Auf Grund einer mit Strafe bedrohten Handlung darf nur ein Gericht auf Freiheitsentzug erkennen. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe und die Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen durch Verwaltungsbehörden dürfen jedoch vorgesehen werden, wenn das Ausmaß des angedrohten Freiheitsentzuges je sechs Wochen, soweit die Entscheidung einer unabhängigen Behörde obliegt, je drei Monate nicht übersteigt. Wird eine Freiheitsstrafe nicht von einer unabhängigen Behörde verhängt oder eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht von ihr festgesetzt, so muss die Anfechtung der Entscheidung bei einem Gericht in vollem Umfang und mit aufschiebender Wirkung gewährleistet sein.
(2) Eine Festnahme aus den Gründen des Art. X Abs. 1 Z 2 lit. b und c ist nur in Vollziehung eines begründeten richterlichen Befehls zulässig, der dem Betroffenen bei der Festnahme, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden zuzustellen ist. Bei Gefahr im Verzug sowie im Fall des Art. X Abs. 1 Z 2 lit. a darf eine Person auch ohne richterlichen Befehl festgenommen werden. Sie ist freizulassen, sobald sich ergibt, dass kein Grund zu ihrer weiteren Anhaltung vorhanden ist, sonst ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber vor Ablauf von 48 Stunden, dem zuständigen Gericht oder der zuständigen Finanzbehörde zu übergeben.
(3) Eine dem Gericht übergebene Person ist ohne Verzug vom Richter zur Sache und zu den Voraussetzungen der Anhaltung zu vernehmen.
(4) Eine Festnahme aus den Gründen des Art. X Abs. 1 Z 2 lit. b und c wegen des Verdachtes einer mit finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung ist nur in Vollziehung einer begründeten Anordnung eines gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten zulässig. Jedoch darf bei Gefahr im Verzug sowie im Falle des Art. X Abs. 1 Z 2 lit. a eine Person auch ohne eine solche Anordnung festgenommen werden. Im übrigen gelten die Abs. 2 und 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass die festgenommene Person unverzüglich der zuständigen Finanzstrafbehörde zu übergeben ist.
(5) Eine aus dem Grund des Art. X Abs. 1 Z 3 festgenommene Person ist, wenn der Grund für die Festnahme nicht schon vorher wegfällt, unverzüglich der zuständigen Behörde zu übergeben und darf keineswegs länger als 24 Stunden angehalten werden.
(6) Jede festgenommene Person ist ehestens, womöglich bei ihrer Festnahme, in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe ihrer Festnahme und die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Den sprachlichen Minderheiten eingeräumte Rechte bleiben unberührt.
(7) Jede festgenommene Person hat das Recht, dass auf ihr Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach ihrer Wahl ein Angehöriger und ein Rechtsbeistand von der Festnahme verständigt werden.
(8) Jede Person, die auf Grund des Verdachtes einer mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung angehalten wird, hat das Recht auf Beendigung des Verfahrens, das wegen der gegen sie erhobenen Anschuldigung eingeleitet worden ist, innerhalb einer angemessenen Frist oder auf Freilassung während des Verfahrens.
(9) Wenn gelindere Mittel ausreichen, ist vom Freiheitsentzug abzusehen. Wer wegen einer nicht mit schwerer Strafe bedrohten Handlung angehalten wird, um ihn daran zu hindern, sich dem Verfahren zu entziehen, ist jedenfalls freizulassen, wenn er eine vom Gericht oder von den gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten unter Bedachtnahme auf das Gewicht der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlung, seine persönlichen Verhältnisse und das Vermögen des die Sicherheit Leistenden festgesetzte Sicherheit beistellt; zusätzliche gelindere Mittel zur Sicherung des Verfahrens sind zulässig.
Erläuterungen:
1. In Art. Y werden die Verfahrensgarantien der Art. 3 bis 5 PersFrBVG im Wesentlichen inhaltsgleich übernommen und zusammengefasst.
1.2.Abs.
1 entspricht Art. 3 PersFrBVG. Art. 3 Abs. 3 PesFrBVG sah bisher die Anfechtung
einer behördlich verhängten Freiheitsstrafe bei einer unabhängigen Behörde vor.
Im Hinblick auf die Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit ist die
Anfechtung zwingend bei einem Gericht zu gewährleisten.
1.3.Abs.
2 entspricht Art. 4 Abs. 1 und 2 PersFrBVG.
1.4.Abs.
3 enthält das Recht der festgenommenen Person, unverzüglich einem Richter
vorgeführt zu werden. Die Garantie entspricht Art. 4 Abs. 3 PersFrBVG.
1.5.Abs.
4 entspricht Art. 4 Abs. 4 PersFrBVG .
1.6.Abs.
5 entspricht Art. 4 Abs. 5 PersFrBVG.
1.7.Abs.
6 entspricht Art. 4 Abs. 6 PersFrBVG.
1.8.Abs.
7 entspricht Art. 4 Abs. 7
PersFrBVG.
1.9.Abs.
8 enthält einen Anspruch der festgenommenen Person auf Entscheidung über die
Festnahme in angemessener Frist oder auf Freilassung. Er entspricht Art. 5
Abs. 1 PersFrBVG (vgl. auch
Art. 5 Abs. 3 Satz 2 EMRK).
1.10.
Abs. 9 entspricht Art. 5
Abs. 2 PersFrBVG.
Artikel Z
(Haftprüfung, Recht auf Haftentschädigung)
(1) Jede Person, die festgenommen oder angehalten wird, hat das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Falle der Rechtswidrigkeit ihre Freilassung angeordnet wird. Die Entscheidung hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.
(2) Im Fall einer Anhaltung von unbestimmter Dauer ist deren Notwendigkeit in angemessenen Abständen durch ein Gericht zu überprüfen.
(3) Jede Person, die rechtswidrig festgenommen oder angehalten wurde, hat Anspruch auf volle Genugtuung einschließlich des Ersatzes nicht vermögensrechtlichen Schadens.
Erläuterungen:
1. Die Garantie auf Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Festnahme durch ein Gericht gemäß Absatz 4 entspricht im Wesentlichen Art. 6 Abs. 1 PersFrBVG bzw. Art. 5 Abs. 4 EMRK.
2. Im Fall von Anhaltungen unbestimmter Dauer bzw. lebenslanger Haft hat eine Überprüfung der Haft in angemessenen Abständen zu erfolgen. Diese Garantie wurde durch die Rechtsprechung des EGMR aus der Garantie des Art. 5 Abs. 4 EMRK entwickelt (EGMR, Urt. v. 24.10.1979, Winterwerp, Serie A 33, Z. 55) und entspricht Art. 6 Abs. 2 PersFrBVG.
3. Das Recht auf Entschädigung für unrechtmäßige Haft gemäß Abs. 5 entspricht Art. 7 PersFrBVG, der seinerseits Art. 5 Abs. 5 EMRK nachgebildet wurde.
Bernd-Christian FUNK 05.11.2004
Vorschlag an den Ausschuss 4 betr
Einbindung von völkerrechtlichen Quellen grundrechtlichen Inhaltes
Problem
In einer Reihe von völkerrechtlichen Verträgen
sind grundrechtliche oder grundrechtlich relevante Gewährleistungen enthalten,
die größtenteils nicht als formelles Verfassungsrecht transformiert wurden
und/oder – zumeist wegen Erfüllungsvorbehalten – nicht unmittelbar anwendbar
sind (siehe Anlage und den Bericht des Ausschusses 2 – Tabellenteil II). Das
Mandat des Ausschusses 4 umfasst den Auftrag zur Ermittlung und Beratung auch
dieser Grundrechtsquellen und ihrer Berücksichtigung in einem künftigen
Grundrechtskatalog.
Perspektiven
Eine Transformation solcher Verträge als
unmittelbar anwendbares formelles Verfassungsrecht erscheint – schon wegen der
damit verbundenen textlichen Inflationswirkung – nicht sinnvoll. Überdies
enthalten solche Verträge auch außergrundrechtliche Einzelbestimmungen. Ebenso
wenig zweckmäßig wäre es, wenn es in einem künftigen Grundrechtskatalog keinen
ausdrücklichen Bezug auf diese für die Dynamik der Grund- und Menschenrechte
wichtigen Quellen gäbe. Die strikten Grenzziehungen, die sich aus der
Verfassungsform einerseits und der unmittelbaren Anwendbarkeit andererseits
ergeben, tragen dazu bei, dass nicht verfassungsförmliche und nicht
unmittelbare Grundrechtsquellen für die Entwicklung der Grund- und
Menschenrechte im innerstaatlichen Bereich zumeist nicht die gebührende
Beachtung finden und bei der juristischen Argumentation nur selten ins Kalkül
gezogen werden, zumal davon ausgegangen wird, dass dergleichen Gewährleistungen
ohnehin durch die innerstaatliche Rechtslage transponiert werden.
Vorschlag
Entsprechend dem verfassungs- und
völkerrechtlichen Gebot zu völkerrechtskonformer Auslegung sollte als
Bestandteil des Allgemeinen Teils eines künftigen Grundrechtskataloges eine
Regelung geschaffen werden, die eben diesen Grundsatz ausdrücklich festhält.
Die Regelung gilt auch für künftige materielle Grundrechtsquellen
völkerrechtlicher Herkunft:
Art x. Auslegung der Grundrechte
Die in dieser Verfassung gewährleisteten
Rechte sind so zu interpretieren, dass sie mit völkerrechtlichen
Verpflichtungen und Gewährleistungen grundrechtlichen Inhaltes vereinbar sind.
Begleit- und Folgeprobleme
Offen bleibt die Frage nach dem rechtlichen
Schicksal völkerrechtlicher Verträge im Verfassungsrang – vor allem der EMRK
und ihrer Zusatzprotokolle – bzw von Verträgen mit einzelnen
Verfassungsbestimmungen, wie sie auch in einigen der nachstehend aufgelisteten
Quellen enthalten sind. Im Prinzip sind sämtliche Gewährleistungen in den
Gesamtvorschlägen und in den darauf beruhenden, vom Ausschuss in Beratung
gezogenen bzw vorgeschlagenen Texten inhaltlich abgedeckt, sodass die
grundrechtlichen Verfassungsbestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen
aufgelassen werden könnten. Bei der EMRK und ihren Zusatzprotokollen ist dieser
Weg jedoch – schon aus Gründen der Optik – fragwürdig.
Anlage
BGBl. Nr. 460/1969
idF: BGBl. Nr. 284/1970
einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
unterzeichnet am 07. 05. 1999
BGBl. Nr. 74/1989
Europäisches
Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Strafe
idF: BGBl. III Nr. 198/2002
BGBl. III Nr. 199/2002
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 216/2001
Europäische Charta der Regional- oder
Minderheitensprachen
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 317/1988
Übereinkommen
zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener
Daten
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
.
BGBl. Nr. 91/1958
Einfachgesetzlich, (Art IV und VI verfassungsändernd), kein Erfüllungsvorbehalt
zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang auch:
Einfachgesetzlich (Art 27 und Art 89 Abs. 1 und 3 verfassungsändernd), kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. I Nr.
135/2002
BG über die
Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
Einfachgesetzlich (§7 Verfassungsbestimmung)
BGBl. Nr. 256/1969
Übereinkommen über die politischen
Rechte der Frau
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 377/1972
Internationales Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen
rassischer Diskriminierung
Einfachgesetzlich (Art 1, 4, 14 Verfassungsbestimmungen), Kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 590/1978
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 591/1978
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 105/1988
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 333/1993
Zweites
Fakultativprotokoll zu dem internationalen Pakt über bürgerliche und politische
Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 443/1982
Einfachgesetzlich, (Art 1-4 verfassungsändernd), Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 206/2000
Fakultativprotokoll
zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 492/1987
Übereinkommen
gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung
oder Strafe
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 7/1993
Übereinkommen über die Rechte des Kindes
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 92/2002
Fakultativprotokoll
zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von
Kindern an bewaffneten Konflikten
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 93/2004
Fakultativprotokoll
zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderhandel und Prostitution)
BGBl. Nr. 55/1955
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Österreich ist auch Vertragspartner von zahlreichen ILO Konventionen; da deren Schutzbereich aber weitgehend von den hier bereits aufgezählten Rechtsquellen (insb. die Sozialcharta) abgedeckt ist, kann auf eine taxative Auflistung der ILO Verträge verzichtet werden. Beispielhaft seien genannt:
BGBl. III Nr. 41/2002
Übereinkommen (Nr. 182) über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen
zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit
einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 200/2001
einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 355/1972
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Übereinkommen (Nr. 128) über Leistungen bei Invalidität und Alter
und an Hinterbliebene
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
idF: BGBl Nr. 39/1964
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Übereinkommen (Nr. 100) über die Gleichheit des Entgelts männlicher
und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Übereinkommen (Nr. 87) über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz
des Vereinigungsrechtes
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Quellen: Index des Bundesrechts, RIS
Österreich - Konvent
Die “Ökumenische Expertengruppe” legt nach zahlreichen Gesprächen mit
Konventualen eine neue Formulierung der sogenannten “Dialogklausel” vor:
“Gesetzlich anerkannte
Kirchen und Religionsgesellschaften
genießen den Beistand des Staates. Wegen ihres besonderen Beitrages werden mit
ihnen grundsätzliche, ihren Wirkungsbereich betreffende Entwicklungen
durch Gesetzgebung und Vollziehung
in regelmäßigen, offenen und transparenten Beratungsvorgängen erörtert. Näheres
bestimmen die Gesetze.”
Motive:
Heute ist das Verhältnis von Staat und Kirchen in Österreich durch das
staatskirchenrechtliche Prinzip “freie Kirchen in einem freien Staat”
gekennzeichnet; dieses Prinzip ist in allen Mitgliedstaaten der EU akzeptiert.
Seine Konsequenz ist es, dass Kirchen und Konfessionen von politischen Kräften
nicht vereinnahmt werden dürfen und dass Kirchen und Religionsgesellschaften
selbst nicht zu politischen Kräften werden. Die “Trennung von Staat und Kirche”
in politischer Dimension erfordert andererseits aber, dass Kirchen und
Religionsgesellschaften als gleichberechtigte Partner in ihrer Verantwortung
für gesamtstaatliche Entwicklungen anerkannt werden. Sie streben damit gerade
nicht politischen Einfluss oder Macht an; denn sie stehen außerhalb der
politischen Prozesse und Taktiken und nehmen ihren eigenen, spezifischen
Auftrag wahr, für eine menschenwürdige Politik und staatliche Entwicklung im
Dienste der Menschen insgesamt zu wirken. Dazu ist ein regelmäßiger und offener
und für alle Teile der Bevölkerung transparenter Dialog mit Parlament und
Regierung zu pflegen, - ähnlich wie im Zuge der Arbeiten des
Österreich-Konvents. Für die Mitarbeit in einem Dialog und Gesprächsforum
bestehen freilich formale und materielle Voraussetzungen: formal bedarf es der
im nationalen Recht vorgesehenen Anerkennung, materiell ist nachzuweisen, dass
diese Kirchen und Religionsgesellschaften die Grundwerte des Staates, seinen
ordre public, anerkennen und glaubwürdig sind durch ihre bisherigen Beiträge
und Leistungen für das Staatsganze.
Textentwurf
Fassung der
Besprechung
in der
Klausur der Ökumenischen Expertengruppe zum Österreichischen Verfassungskonvent
am
9.9.2004 in Klein Mariazell
__________________________________________________________
Bestimmung:
(x) An öffentlichen Schulen und
Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht ist für Angehörige gesetzlich
anerkannter Kirchen oder Religionsgesellschaften Religionsunterricht
Pflichtgegenstand. Die Erlassung der Lehrpläne und die Besorgung des
Religionsunterrichts obliegt der jeweiligen gesetzlich anerkannten Kirche oder
Religionsgesellschaft. Als Religionslehrer dürfen nur Personen beschäftigt
werden, die von der jeweiligen Kirche oder Religionsgesellschaft hiezu
befähigt und ermächtigt erklärt sind. Konfessionelle Privatschulen gesetzlich
anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften oder deren Einrichtungen sowie
von Vereinen, Stiftungen oder Fonds erhaltene Schulen, wenn sie vom zuständigen
kirchlichen oder religionsgesellschaftlichen Entscheidungsträger als
konfessionelle Privatschulen anerkannt sind, sind zumindest in der Ausstattung
mit aus öffentlichen Mitteln finanziertem Unterrichtspersonal mit öffentlichen
Schulen gleichzustellen.
Erläuterungen:
Die
Religionsfreiheit stellt ein Grundrecht im Rahmen der Freiheitsrechte der
Verfassung dar. In Verbindung mit den Rechten der Eltern ergibt sich daraus
auch die Notwendigkeit, eine entsprechende Möglichkeit für Bildung und Erziehung
der Kinder nach den religiösen Vorstellungen der Eltern sicherzustellen. Dazu
bedarf es einer Absicherung der konfessionellen Privatschulen einerseits und
des Religionsunterrichtes andererseits. Dies ergibt sich nicht nur als Ausfluss
der Religionsfreiheit nach dem in Österreich allgemein anerkannten Verständnis
der Grundrechte, sondern auch aus internationalen Verträgen und der besonderen
Bedeutung und den besonderen Leistungen, die die gesetzlich anerkannten Kirchen
und Religionsgesellschaften im Bereich der Wertevermittlung und in ihren
sozialen Tätigkeiten erbringen. Bei der Formulierung wurde von der derzeit
bestehenden Rechtslage, insbesondere des Religionsunterrichtsgesetzes und des
Privatschulgesetzes ausgegangen. Die verwendeten Begriffe sind daher im Kontext
dieser Rechtsnormen zu verstehen. Darüber hinaus kommt den Kirchen und
Religionsgesellschaften eine besondere Bedeutung in der Vermittlung von Werten
und Didaktiken zur Sinnstiftung des Menschen zu.
Die
Selbstbestimmung des Unterrichtes durch Besorgung, Leitung und Aufsicht über
den Religionsunterricht sowie die Auswahl des Lehrpersonals ist ein
unverzichtbarer Teil der kollektiven Religionsfreiheit. Der Begriff „Besorgung“
umfasst dabei sowohl die inhaltliche Gestaltung, als auch die Gestaltung der
Unterrichtsmaterialien. Die Lehrpläne werden wie bisher von der jeweiligen
Kirche oder Religionsgesellschaft erlassen und vom Bund kundgemacht. Dadurch
wird auch nach außen deutlich, dass der Religionsunterricht eine innere
Angelegenheit der Kirchen und Religionsgesellschaften ist.
Neben
einer formalrechtlichen Verfassungsgrundlage bedarf es auch einer materiellen
Absicherung, die sich an der geltenden Rechtslage des Privatschulgesetzes und
des Schulvertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich
orientiert. Diese Regelung ist für die Republik Österreich insofern von
Vorteil, als sich die öffentlichen Haushalte durch die konfessionellen
Schulerhalter erhebliche Aufwendungen im Bereich der Schulerhaltung ersparen.
Durch die große Zahl an Angeboten der konfessionellen Schulerhalter wird das
Erfordernis an ausschließlich staatlich finanzierten Bildungsangeboten
geringer. Dadurch leisten die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften
erhebliche jährliche finanzielle Leistungen, welche sonst im staatlichen
Haushalt abgesichert werden müssten.“
Vorschlag von Terezija STOISITS
11. November 2004
eingebracht im Ausschuss 4
des Österreich-Konvents
Textvorschlag
zum Asylrecht
Variante 3 zum
Asylrecht:
(1) Verfolgte genießen in Österreich Asyl,
sofern sie in keinem anderen Staat tatsächlichen Schutz und rechtmäßigen
Aufenthalt finden.
(2) Jede Asylwerberin und jeder Asylwerber
hat in Österreich ein Aufenthaltsrecht und Anspruch auf Grundversorgung.
(3) Niemand darf in einen Staat
zurückgeschoben oder abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat
ausgeliefert werden, der sie oder ihn nicht vor einer ernstlichen Gefahr einer
Verletzung elementarer Menschenrechte schützt.
Erläuterung:
Der Ausschuss 4 des Österreich-Konvents
hat in seinem ersten Bericht vom 3. Juni 2004 zwei Vorschläge zu einem
Grundrecht auf Asyl erstattet. Beide verweisen auf das Genfer Abkommen vom 28.
Juli 1951 und das Protokoll vom 31. Jänner 1967 über die Rechtsstellung von
Flüchtlingen (Genfer Flüchtlingskonvention).
In der Plenarsitzung des Österreich
Konvents vom 25. Juni 2004 hat Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin die Vorschläge
des Ausschuss 4 zu einem Grundrecht auf Asyl kritisiert. Beide vorgeschlagenen
Formulierungen würden darauf abzielen, ein Grundrecht auf Asyl nach Maßgabe der
Genfer Flüchtlingskonvention zu gewährleisten. Die Genfer Flüchtlingskonvention
kenne aber ein Recht auf Asyl nicht. Nehme man die Formulierung ernst, dann
bedeutete sie, dass Flüchtlinge in Österreich kein Recht auf Asyl haben. Das
sollte aber keinesfalls in die Verfassung hineingeschrieben werden. Wenn man
sich gegen ein Grundrecht auf Asyl entscheiden will, dann solle man das Asyl
unerwähnt lassen, statt Rechte zu versprechen, die es nicht geben soll.
In der nun vorgeschlagenen 3. Variante
wird in Absatz 1 so wie in der 1. Variante das Recht auf Asyl
verfassungsrechtlich festgeschrieben. Im Gegensatz zu den beiden bisherigen
Vorschlägen wird ausdrücklich nicht auf die Genfer Flüchtlingskonvention
verwiesen, da diese kein Recht auf Asyl gewährt, sondern bloß eine
Begriffsbestimmung des Flüchtlingsbegriff enthält.
Anders als in der
bisherigen 1. Variante wird eine ausdrückliche Drittstaatsklausel
vorgeschlagen. Diese ist aber in zweifacher Hinsicht sehr eng auszulegen. Sie
gilt nur, soweit der oder die Verfolgte in dem Drittstaat tatsächlich Schutz
findet und einen legalen Aufenthaltsstatus erlangt hat oder erlangen wird.
Nach dem nun
vorgeschlagenen Abs. 2 hat jede Asylwerberin und jeder Asylwerber bis zum
rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens in Österreich ein Aufenthaltsrecht
und Anspruch auf Grundversorgung. Der Anspruch auf Grundversorgung umfasst im
notwendigen Umfang zum Beispiel Unterstützung, Betreuung, Nahrung, Mittel des
täglichen Bedarfes, Unterkunft und medizinische Versorgung.
In Abs. 3 wird das
allgemeine Non-Refoulment-Prinzip verfassungsrechtlich festgeschrieben. Davon
umfasst ist auch ein Verbot der sogenannten Kettenabschiebungen. Auch wenn eine ernstliche Gefahr einer Verletzung elementarer Menschenrechte
zwar nicht unmittelbar von dem Drittstaat ausgeht, aber von dort eine weitere
Abschiebung in einen Staat droht, in dem der Schutz vor einer solchen Gefahr
nicht sichergestellt ist, genießt die oder der Verfolgte in Österreich Asyl.
Eine Regelung für den Aufenthalt von
Menschen, die keinen legalen Aufenthaltsstatus in Österreich haben, aber keine
Möglichkeit auf Rückkehr in das Heimatland besteht, wird in einer neuen
Verfassung vorzusehen sein. Diese wird vom Ausschuss 4 aber im Zusammenhang mit
der Aufenthaltsfreiheit beraten.
Österreich-Konvent / Ausschuss 4
12. November 2004
ad Verfahrensrechte:
Recht auf ein faires Verfahren (Synopse F-42)
„Der Staat hat sicherzustellen, dass zivilrechtliche
Verfahren vor Behörden in erster Instanz binnen Jahresfrist abgeschlossen
werden. Bei längerer Dauer trifft die Republik Österreich zur Abwehr von
Amtshaftungsansprüchen die Beweislast.“
Begründung:
Die Bedeutung
schneller Verfahren wird sowohl im privaten als auch im wirtschaftlichen
Bereich unterschätzt. Der Kreditschutzverband 1870 hat errechnet, dass
durch Verkürzung der Verfahren auf ein Jahr die Vermögensvernichtung durch
Konkursverschleppung (als Ergebnis der Verfahrensverzögerung) erheblich
eingeschränkt wurde. Die erzielte Ersparnis beziffert der Kreditschutzverband
mit in etwa 1 Mrd. (in Worten: 1 Millarde) Euro. Das Ergebnis der
Verfahrensverkürzung in anderen Bereichen (Abgabenbereich, Bauwesen, etc. ) ist
dabei gar nicht kalkuliert.
Man kann sagen, dass die Verkürzung von Verfahren einen Quantensprung in Rechtssicherheit und rechtsstaatlicher Autorität eines Staates und auch bislang unterschätzte große wirtschaftliche Effekte bringt.
Was würde die Verfahrensverkürzung im Justizbereich kosten?
Das Justizministerium verfügt über eine außergewöhnliche exakte Leistungskennzahlenerfassung. Die Berechnungen des Mehraufwandes für die Verfahrensverkürzung auf ein Jahr haben ergeben, dass der Mehraufwand an Personal im BMJ in etwa 10 bis 15 Mio. (in Worten: Millionen) Euro ausmachen würde.
Also: Eine Personalinvestition von 10 bis 15 Mio. (in Worten: Millionen) Euro stünde ein volkswirtschaftlicher Effekt von jedenfalls mehr als 1. Mrd. (in Worten: Millarden) Euro gegenüber.
Der Investitionsaufwand ist auf jeden Fall vertretbar. Er wird allerdings von der Republik nur dann gemacht werden, wenn eine gesetzliche Verpflichtung - ein konkreter Amtshaftungstatbestand auf Verfassungsebene - geschaffen würde. Diese Regelung wäre für die Republik zumutbar, da sie im Einzelfall den Beweis dafür antreten kann, dass die Einhaltung binnen Jahresfrist nicht möglich war.
Als Folge dieser
Organisationsmaßnahme könnte sich Österreich international als Schiedsgerichtsstand
profilieren und sehr hohe Einnahmen an Schiedsgerichtsgebühren lukrieren, die
vorraussichtlich a la longe die Investition zumindest wettmachen.
Vorschlag
einer Textergänzung zu den Verfahrensgarantien
eingebracht
im Ausschuss 4 des Österreich-Konvents
von Dr. Johann Rzeszut
15.
November 2004
Art... Jeder Mensch hat ein Recht auf
Tatsachenwahrheit als Grundlage justizieller oder verwaltungsbehördlicher
Rechtsakte, die ihn betreffen. Wie
dieses Recht gewährleistet wird, bestimmt das Gesetz.
Erläuterungen:
Fundamentale Voraussetzung dafür, dass Rechtspflege - insbesondere in Form staatlicher Individualakte - die gebotene umfassende gesellschaftliche Akzeptanz (einschließlich und vor allem auch der im Einzelfall Betroffenen) findet, ist auf der Sachverhaltsseite die Basis jeweils realitätskonformer Tatsachenfeststellungen. Der für die Rechtsanwendung jedweder Art dominierende Stellenwert der Tatsachenwahrheit als Grundlage rechtlicher Anknüpfung zur Schaffung von Rechtsfrieden wird zwar im geltenden Recht nicht verkannt, in keinem Regelungstext aber ausdrücklich hervorgehoben. Verfassungsrecht hat (neben der rechtsverbindlichen Vorgabe der wesentlichen Staatsorganisation) begriffsessentiell eine alle weiteren Rechtsebenen leitende Signalfunktion, die ihrer grundlegenden Bedeutung nur dann adäquat und uneingeschränkt gerecht wird, wenn sie sich zu staatstragenden Prinzipien nicht verschweigt, diese vielmehr auch ausdrücklich klarstellt, wie dies etwa im B-VG hinsichtlich der fundamentalen Determinanten des demokratischen Rechtsstaates geschieht. Die - auch unter Bedachtnahme auf gelegentliche Spannungsverhältnisse zu anderen Rechtsinteressen - grundsätzlich unverzichtbare und durch eine Vielzahl von Rechtsvorschriften aller Ebenen verdeutlichte Ausrichtung staatlicher Rechtsanwendung auf den Grundsatz, dass sich die im Einzelfall ausgesprochenen Rechts- oder Unrechtsfolgen auf Tatsachenfeststellungen stützen sollen, die mit dem in der Lebensrealität verwirklichten Sachverhalt übereinstimmen, ist in einem Maß bedeutungsschwer, das - über die indirekten Impulse der geltenden Rechtslage hinaus - eine (soweit überblickbar in sowohl inner- als auch zwischenstaatlichen Rechtstexten bisher unterbliebene) ausdrückliche Signalisierung im Verfassungsrang nahelegt.
Das geltende Recht ist randvoll von Bestimmungen, die im Ergebnis der Korrelation von Rechtsfrieden und Tatsachenwahrheit Rechnung tragen. Dies setzt bereits auf MRK-(sohin Verfassungs-)Ebene ein, indem Art. 6 Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, die notorisch auch aus der Sicht zuverlässiger und vertrauenswürdiger Wahrheitsfindung als geeignete Garantieelemente eingeschätzt werden, als unabdingbare Tribunalkriterien normiert und indem er ferner die bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld bestehende Unschuldsvermutung und die Gewährleistung einer fairen (ausreichende Vorbereitungs- und Entlastungsmöglichkeiten miteinschließende) Verteidigung als zwingende Garantien, die (auch als effizientes Kontrollelement gedachte) Öffentlichkeit der Verhandlung und Urteilsverkündung hinwieder als grundsätzliches Prinzip der “tribunalen” Rechtsanwendung klarstellt . Einfachgesetzlich sind im besonderen alle Verfahrensgesetze im wesentlichen darauf ausgerichtet, dem Ziel realitätskonformer Wahrheitsfindung möglichst optimal Rechnung zu tragen. Dazu sei nur auf all jene prozessualen Bestimmungen verwiesen, die neben den verschiedensten Verpflichtungen und Möglichkeiten zu amtswegiger Wahrheitserforschung ua. auch die Zeugnispflicht sowie die mannigfaltigen Parteienrechte zu Anträgen im Beweisverfahren und zur Bekämpfung der Tatsachengrundlagen ergangener Entscheidungen bis hin zu Korrekturmöglichkeiten, die dem Eintritt der Rechtskraft nachfolgen (etwa Wiederaufnahme des Verfahrens), betreffen.
Die Bedeutung des rechtsstaatlichen Fundamentalprinzips der Tatsachenwahrheit als Anknüpfungsgrundlage jedweder individueller staatlicher Rechtsakte findet nicht zuletzt auch in seiner umfassenden strafrechtlichen Absicherung im einundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches ( Strafbare Handlungen gegen die Rechtspflege - §§ 288 bis 301 StGB) signifikanten Niederschlag (insbes. Tatbestände der falschen Beweisaussage vor Gericht bzw. vor einer Verwaltungsbehörde, Fälschung bzw. Unterdrückung eines Beweismittels, Verleumdung, Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung etc).
Der hier vorgeschlagenen Textergänzung liegt nicht mehr aber auch nicht weniger als die Intention zugrunde, der Tatsachenwahrheit als wesentlichster Grundlage rechtsstaatlicher Rechtsanwendung eine in der Relation zu anderen Grundrechtsaspekten, die auf eine bereits traditionelle verfassungsrechtliche Verankerung zurückblicken, eine entsprechend gleichwertige ausdrückliche Akzentuierung zu verleihen. In diesem Sinn ist die Verpflichtung des Staates, seine Indiviualrechtsakte nicht auf unwahre Tatsachen zu stützen, aus der Sicht und im Interesse der im Einzelfall jeweils Betroffenen grundrechts- und damit verfassungswürdig.
Ökumenische Expertengruppe
zum Österreichischen Verfassungskonvent
An das
Präsidium des Osterreich-Konvents
Herrn Präsident Dr. Franz Fiedler
Parlament
Dr. Karl-Renner-Ring
1010 Wien
Wien, am 16. November 2004
Sehr geehrter Herr Präsident!
Im Österreich-Konvent beginnen in diesen Tagen die Abschlussarbeiten. Für die Schlussberatungen, insbesondere im Konventspräsidium selbst, erlauben wir uns, namens der Expertengruppe der christlichen Kirchen unter Verweis auf deren gemeinsame Stellungnahme vor dem Plenum des Konvents am 21.11.2003 festhalten,
- dass ihre Anliegen im Bereich der Grundrechte weitgehend berücksichtigt wurden, vor allem durch die Anerkennung der Menschenwürde als Grundrecht, durch die geplanten Regelungen der individuellen und korporativen Religionsrechte, des Rechts auf Ehe und Familie und einiger sozialer Grundrechte; dafür ist die Expertengruppe dankbar. Zahlreichen Anregungen und Texte der „Ökumenischen Expertengruppe“ wurden als hilfreich und zwischen den oft starren Positionen als vermittelnd angesehen. Die Kirchen haben ja nicht so sehr ihre eigenen Belange in den Vordergrund gerückt als vielmehr Beiträge zur Verfassungsreform im allgemeinen zu leisten versucht.
- Andererseits blieben Punkte offen, die nach Ansicht der „ökumenischen Expertengruppe im Ausschuss 4 nicht oder noch nicht ausreichend beraten und beachtet wurden.
(a) Mit Bezug auf das Grundrecht der Menschenwürde: die unmissverständliche Ablehnung der Sterbehilfe und die öffentliche Förderung der Sterbebegleitung.
(b) Mit Bezug auf die korporativen Religionsrechte: die Annahme einer
dem Art. I 52 Abs. 3 des Europäischen Verfassungsvertrages nachgebildeteten
„Dialogklausel“ mit folgender Textierung „ Die gesetzlich anerkannten Kirchen
und Religionsgesellschaften genießen den Beistand des Staates. Wegen ihres
besonderen Beitrages wird der Staat mit ihnen die grundsätzlichen, ihren
Wirkungsbereich betreffenden Entwicklungen durch Gesetzgebung und Vollziehung
in regelmäßigen, offenen und transparenten Beratungsvorgängen erörtern. Näheres
bestimmen die Gesetze“.
Die “Trennung von Staat und Kirche” in politischer Dimension erfordert
andererseits aber, dass Kirchen und Religionsgesellschaften als
gleichberechtigte Partner in ihrer Verantwortung für gesamtstaatliche Entwicklungen
anerkannt werden. Sie streben damit gerade nicht politischen Einfluss oder
Macht an; denn sie stehen außerhalb der politischen Prozesse und Taktiken und
nehmen ihren eigenen, spezifischen Auftrag wahr, für eine menschenwürdige
Politik und staatliche Entwicklung im Dienste der Menschen insgesamt zu wirken. Dazu ist ein
regelmäßiger und offener und für alle Teile der Bevölkerung transparenter
Dialog mit Parlament und Regierung zu pflegen.
(c) Mit Bezug auf die sozialen Grundrechte: die Annahme und allfällige Erweiterung des von den Sozialpartnern erstellten Arbeitspapieres zu den sozialen Grundrechten im Bereich der Arbeit, das die „ökumenische Expertengruppe“ unterstützt; ferner die Verankerung des Sonntags in der Formulierung „Die Republik Österreich achtet die Tradition eines arbeitsfreien Tages in der Woche, insbesondere des Sonntags“.
(d) Mit Bezug auf die Volksgruppenrechte: Anerkennung als Staatsziele das Bekenntnis zur kulturellen, religiösen und sprachlichen Vielfalt, deren Achtung und Förderung, ferner die gegenseitige Achtung und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen allen im Staatsgebiet lebenden Menschen, ferner das freie Bekenntnis zu einer Volksgruppe, ohne dass jemandem aus diesem Bekenntnis oder aus der Ablehnung der Zugehörigkeit ein Nachteil erwachsen darf. Aufzunehmen wäre als eine verfassungsrechtliche Vorgabe für eine Neufassung des geltenden Volksgruppengesetzes ein rechtstaatliches Anerkennungsverfahren mit objektiven Kriterien.
(e) Mit Bezug auf die Bildungs-/Schulrechte: die vorgesehene Abschaffung der Zweidrittelmehrheit für grundlegende Aspekte des Schulwesens im gegenwärtigen Art 14 Abs. 10 B-VG (dem die „ökumenische Expertengruppe nicht entgegentritt) erfordert die Sicherung folgender staatskirchenrechtlicher Zusicherungen durch einen ergänzenden Absatz bei den kollektiven Religionsrechten: Religionsunterricht als Pflichtgegenstand für konfessionell bekennende SchülerInnen; Religionspädagogik als Pflichtgegenstand in den Ausbildungsstätten der LehrerInnen; Gestaltung der Lehrpläne und der Unterrichtsmaterialien, die Besorgung, Leitung und unmittelbare Aufsicht über den Religionsunterricht durch die jeweils betroffene gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft; die Erteilung der Unterrichtsbefähigung, auch als Kriterium der Anstellung, für ReligionslehrerInnen durch die jeweils betroffene Kirche oder Religionsgesellschaft; die Festlegung einer Privatschule als konfessionelle Schule; der Anspruch auf Subventionierung der konfessionellen Privatschulen zumindest im Ausmaß der Personalausstattung der öffentlichen Schulen.
Dem Österreich-Konvent sind alle Texte zu diesen Punkten, verbunden mit Erläuterungen, zugegangen; darauf darf verwiesen werden.
Wenn der Entwurf einer neuen Bundesverfassung parlamentarisch behandelt werden wird, werden die Kirchen den Prozess wiederum begleiten.
Die Kirchen wollen sich bei Beachtung der von ihnen vertretenen, berechtigten Anliegen einer Verfassungsreform bemühen, zur Information der Öffentlichkeit und zur Bildung der Urteilsfähigkeit in der Zivilgesellschaft beizutragen.
Wir dürfen Sie, sehr geehrter Herr Präsident, bitten, die oben angesprochenen Problemkreise ins Auge zu fassen, überdies, eine Kopie dieses Schreibens allen Mitgliedern des Präsidiums zuzuleiten.
Mit herzlichem Dank für alle Ihre Bemühungen und freundlichen Grüßen
für die Ökumenische Expertengruppe
Raoul Kneucker Christine Gleixner Walter Hagel
Bundesministerium für Inneres
Textvorschlag
zur Vorlage am 22. November 2004
Asylrecht
Artikel X [Asylrecht]
(1) Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer
Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Jänner 1967 über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge gewährleistet.[1]
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht
berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem
anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Genfer Abkommens vom 28.
Juli 1951 und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Union, auf die die
Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Bundesgesetz bestimmt.[2]
In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von
einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3)
Durch Bundesgesetz können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der
Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse
gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch
unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es
wird vermutet, dass ein Fremder aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird,
solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er
entgegen dieser Vermutung verfolgt wird.
Mag. Birgit
Caesar
5. November 2004
Ergebnisse der Beratungen
der Ausschüsse 3, 6 und 8 zu den Themen
Wahlrecht, Petitionsrecht und
Auskunftsrecht
WAHLRECHT (AUSSCHUSS 3)
Das Wahlrecht wurde vom Ausschuss 3 (Staatliche Institutionen) beraten. Die Ergebnisse der Beratungen finden sich im Ausschussbericht vom 9. Februar 2004 (S 6-8, 19-20, 31-35) und im Bericht zum Ergänzungsmandat vom 17. Oktober 2004 (S 12-16).
Bericht des Ausschusses 3 vom 9.
Februar 2004
Seite 6 – 8
sowie Seite 32 – 33:
1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat
1.1.1.2.3 Ausgestaltung
Die Wahl des
Nationalrates ist in Art. 26 B‑VG geregelt. Der Ausschuss spricht sich
dafür aus, diese Bestimmung zu ändern.
Einigkeit besteht
darüber, dass sämtliche Wahlrechtsgrundsätze im B‑VG kodifiziert werden sollten
und daher auch der derzeit im B‑VG nicht ausdrücklich genannte Grundsatz der
freien Wahl (im Sinne des Art. 8 des Staatsvertrages von Wien und
Art. 3 des 1. ZPEMRK) in den Text des Art. 26 B‑VG aufgenommen
werden soll, sowie auch darüber, dass die Regelung des Art. 26 Abs. 7
B‑VG (Anlegung der Wählerverzeichnisse) auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene
entbehrlich ist.
Über den Inhalt
der weiteren Änderungen bestehen jedoch unterschiedliche Auffassungen. Diese
lassen sich im Wesentlichen zu folgenden Positionen zusammenfassen:
a) In legistischer
Hinsicht treten einige Mitglieder des Ausschusses dafür ein, eine einheitliche
Regelung über die Grundsätze des Wahlrechts für die Wahlen zum Nationalrat, zu
den Landtagen und zu den Gemeinderäten - allenfalls im Kontext des Art. 1 B‑VG betreffend das
demokratische Prinzip oder als Grundrechtsbestimmung - zu schaffen. Dafür wird vor allem ins Treffen geführt, dass auf
diese Weise die fundamentale Bedeutung des Wahlrechts zu den genannten
allgemeinen Vertretungskörpern für das demokratische Prinzip, aber auch die
Einheitlichkeit der diesbezüglichen Standards für sämtliche „staatliche“ Ebenen
zum Ausdruck gebracht würde. Demgegenüber wird zu Bedenken gegeben, dass
spezielle bundesverfassungsgesetzliche Regelungen für die einzelnen dieser
Wahlen (Nationalrats-, Landtags- und Gemeinderatswahl) dadurch nicht gänzlich
entbehrlich würden und der Gestaltungsspielraum der Länder zur Regelung der
Wahlen zu den Landtagen und zu den Gemeinderäten mehr als erforderlich
beschränkt sein könnte.
b) Abgesehen davon
werden zu einer Neufassung des Art. 26 B‑VG im Wesentlichen die folgenden
Varianten in die Diskussion eingebracht:
ba) Nach einer
Position[3]
soll Art. 26 B‑VG dahin gehend abgeändert werden, dass der Grundsatz der
Verhältniswahl nicht mehr bundesverfassungsgesetzlich normiert wird, sondern
die Festlegung des Wahlsystems dem Wahlrechtsgesetzgeber (und zwar mit
einfacher Mehrheit) vorbehalten bleibt. Weiters besteht diese Position auch
darin, dass die Briefwahl als eine gleichwertige Form der Stimmabgabe neben der
Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde vorgesehen und die Einführung von E‑Voting
bei Beachtung der Wahlrechtsgrundsätze nicht ausgeschlossen wird.
Gegen diese
Position werden von einer Reihe von Ausschussmitgliedern, für die der Grundsatz
der Verhältniswahl einen essentiellen Bestandteil der repräsentativen
Demokratie im Sinne der österreichischen Verfassungstradition darstellt,
Bedenken geäußert. Hinsichtlich der Stimmabgabe, die nicht vor einer
Wahlbehörde erfolgt, wird von einigen Mitgliedern des Ausschusses vorgebracht,
dass die Briefwahl und in noch höherem Maße E‑Voting in einem
Spannungsverhältnis zu den Grundsätzen der persönlichen, geheimen und freien
Wahl steht. Diese Ausschussmitglieder treten dafür ein, dass die Stimmabgabe,
die nicht vor einer Wahlbehörde erfolgt, stets nur den Ausnahmefall bilden
dürfe.
bb) Eine andere
Position[4]
besteht darin, den Art. 26 B‑VG im Wesentlichen zu belassen, in den
Details aber die folgenden Änderungen vorzusehen:
Dem wird
insbesondere Folgendes entgegengehalten: Von einer Reihe von
Ausschussmitgliedern wird die Absenkung des Wahlalters auf das vollendete
16. Lebensjahr - als auf
keinem objektiven Kriterium beruhend -
abgelehnt. Von einigen Ausschussmitgliedern wird weiters die Einführung des
Familienwahlrechts zur Diskussion gestellt. Bedenken werden auch gegen ein
Abgehen vom Bürgerzahlprinzip sowie gegen die Aufhebung des Art. 26
Abs. 5 B‑VG geäußert.
bc) Schließlich
wird noch die folgende Position[6]
vertreten:
Die bundesverfassungsgesetzlichen
Regelungen über die Wahl des Nationalrates könnten darauf reduziert werden,
dass im B‑VG lediglich die Wahlrechtsgrundsätze (diesfalls einschließlich des
allgemeinen Wahlrechts) normiert werden. Die nähere Ausführung dieser
Grundsätze in der Nationalrats-Wahlordnung sollte aber - soweit sie verfassungspolitisch „sensible“ Bereiche betrifft - einer Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit (2/3-Mehrheit)
vorbehalten werden (etwa im Sinne der Regelung des Art. 26 Abs. 6
letzter Satz B‑VG in der geltenden Fassung).
Gegen den Typus des einfachen Gesetzes, über das - generell oder partiell - mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen ist, wird von manchen Ausschussmitgliedern vorgebracht, dass es sich dabei um eine „halbherzige Lösung“ handle. Abgesehen davon wird diesbezüglich das Ergebnis der Vorberatungen des Ausschusses 2 abzuwarten sein.
Textvorschläge zu Art. 26 B‑VG
Variante 1
Art. 26 lautet:
„Artikel 26. (1) Die Mitglieder des Nationalrats werden nach den Grundsätzen der allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, geheimen, persönlichen und freien Wahl gewählt.
(2) Wahlberechtigt sind alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben. Wählbar sind alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die am Wahltag das 19. Lebensjahr vollendet haben. Der Ausschluss vom Wahlrecht oder von der Wählbarkeit darf nur die Folge einer gerichtlichen Entscheidung sein.
(3) Jedes Bundesland bildet einen Wahlkreis. Die Zahl der Abgeordneten wird auf diese Wahlkreise im Verhältnis der Zahl der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger verteilt. Das Wahlgebiet kann darüber hinaus insbesondere zur Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse oder zur Personalisierung des Wahlsystems in weitere Wahlkreise gegliedert oder auf andere Weise unterteilt werden. Dabei dürfen die Wahlrechtsgrundsätze nicht beeinträchtigt werden. Wahlkreise können in einen oder mehrere Wahlkreisverbände zusammengefasst werden.
(4) Die Wählerinnen und Wähler können ihre Stimmen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen vor einer Wahlbehörde, mittels Briefwahl oder auf jede andere technische Weise, die in Hinblick auf die Wahlrechtsgrundsätze geeignet ist, abgeben.
(5) Die näheren Bestimmungen werden durch ein Bundesgesetz festgelegt.“
Variante 2
Art. 26 lautet:
„Artikel 26. (1) Der Nationalrat wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der Frauen und Männer, die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Durch Bundesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren getroffen.
(2) Das Bundesgebiet wird in räumlich geschlossene Wahlkreise geteilt, deren Grenzen die Landesgrenzen nicht schneiden dürfen; diese Wahlkreise sind in räumlich geschlossene Regionalwahlkreise zu untergliedern. Die Zahl der Abgeordneten wird auf die Wahlberechtigten der Wahlkreise (Wahlkörper) im Verhältnis der Zahl der Wahlberechtigten [der Wohnbevölkerung] verteilt; in gleicher Weise wird die Zahl der einem Wahlkreis zugeordneten Abgeordneten auf die Regionalwahlkreise verteilt. Die Wahlordnung zum Nationalrat hat ein abschließendes Ermittlungsverfahren im gesamten Bundesgebiet vorzusehen, durch das sowohl ein Ausgleich der den wahlwerbenden Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als auch eine Aufteilung der noch nicht zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Parteien, denen im Bundesgebiet mehr als 4% [5%] der abgegebenen gültigen Stimmen zugefallen sind, haben Anspruch auf Zuweisung von Mandaten. Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig.
(3) [entfällt]
(4) Wählbar sind alle Frauen und Männer, die am Stichtag die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben.
(5) [Die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung sein.]
(6) Zur Durchführung und Leitung der Wahlen zum Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten und von Volksabstimmungen sowie zur Mitwirkung bei der Überprüfung von Volksbegehren und Volksbefragungen sind Wahlbehörden zu bestellen, denen als stimmberechtigte Beisitzer Vertreter der wahlwerbenden Parteien anzugehören haben, bei der Bundeswahlbehörde überdies Beisitzer, die dem richterlichen Stand angehören oder angehört haben. Die in der Wahlordnung festzusetzende Anzahl dieser Beisitzer ist - abgesehen von den dem richterlichen Berufsstande entstammenden Beisitzern - auf die wahlwerbenden Parteien nach ihrer bei der letzten Wahl zum Nationalrat festgestellten Stärke aufzuteilen. Die näheren Bestimmungen über jene Fälle, in denen die Stimmabgabe bei Wahlen zum Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten sowie bei Volksabstimmungen nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen muss, können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
(7) [entfällt]“
Variante 3
Art. 26 lautet:
„Artikel 26. Der Nationalrat wird auf Grund des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Durch Bundesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren getroffen. Die näheren Bestimmungen über die Gliederung des Wahlgebietes in Wahlkreise, den Kreis der Wahlberechtigten, den Wahltag, die Organisation der Wahlbehörden sowie über jene Fälle, in denen die Stimmabgabe nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen muss, können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.“
[Die Abs. 2 bis 7 entfallen.]
Seite 19 –
20 und Seite 34 – 35:
2. Länder
2.1. Legislative/Landtage
Die Gesetzgebung der Länder ist in den Art. 95 bis 100 B‑VG geregelt.
a) Was das Anliegen einer einheitlichen bundesverfassungsgesetzlichen Regelung über die Grundsätze des Wahlrechtes für die Wahlen zum Nationalrat, zu den Landtagen und zu den Gemeinderäten anlangt, so wird auf die diesbezüglichen Ausführungen unter Pkt. 1.1.1.2. verwiesen.
Unstrittig ist auch für die Wahlen zu den Landtagen die Ergänzung der Auflistung der Wahlrechtsgrundsätze um das freie Wahlrecht.
b) Zur Wahl des Landtages im Besonderen bestehen im Ausschuss im Wesentlichen die folgenden Positionen:
ba) Eine Reihe von Mitgliedern tritt dafür ein, die diesbezüglich geltende Regelung des Art. 95 B‑VG grundsätzlich beizubehalten. Insbesondere sollte auch der Grundsatz der Verhältniswahl ausdrücklich normiert werden, wobei ergänzend auch eine Mindestprozentklausel (von 4 bzw. 5%) vorgesehen werden sollte. Weiters wird angeregt, in Art. 95 Abs. 3 B‑VG für die Verteilung der Abgeordneten auf die Wahlkreise an Stelle des derzeit geltenden Bürgerzahlprinzips auf die Zahl der Wahlberechtigten bzw. der Wohnbevölkerung abzustellen.[7]
bb) Eine Reihe anderer Mitglieder des Ausschusses spricht sich dem gegenüber dafür aus, die Verfassungsautonomie der Länder in diesem Bereich zu stärken und ihnen insbesondere die Regelung des Wahlsystems (also gegebenen Falles auch der Mehrheitswahl) und der Fälle, in denen die Stimmabgabe nicht vor einer Wahlbehörde zu erfolgen hat (vor allem also der Briefwahl und des E‑Voting) zu ermöglichen.[8]
Unbeschadet des zuletzt genannten Aspektes besteht im Ausschuss Einvernehmen darüber, dass bundesverfassungsgesetzlich (zumindest) dafür Vorkehrung getroffen werden sollte, dass bei Landtagswahlen (und auch bei Gemeinderatswahlen) die selben Möglichkeiten zur Stimmabgabe außerhalb des Wahlgebietes bestehen sollten wie bei Nationalratswahlen (vgl. Art. 26 Abs. 6 letzter Satz B‑VG; § 60 NRWO).
c) Vereinzelt wird auch gefordert, in Österreich ansässigen Ausländern (über das kommunale Wahlrecht für EU-Bürger hinaus) das Wahlrecht auf Landes- und Gemeindeebene einzuräumen. Dem wird vereinzelt entgegengehalten, dass das kommunale Wahlrecht vom generellen Recht der Staatsbürger auf demokratische Mitbestimmung in allgemeinen Wahlen nicht abgekoppelt werden sollte.
Textvorschläge zu Art. 95 B‑VG
Variante 1
Art. 95 lautet:
„Artikel 95. (1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt. Deren Mitglieder werden auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten Landesbürgerinnen und Landesbürger gewählt. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren und über die allfällige Wahlpflicht getroffen. In diesem Landesgesetz sind insbesondere auch die Gründe festzusetzen, aus denen eine Nichtteilnahme an der Wahl trotz Wahlpflicht als entschuldigt gilt.
(2) Die Landtagswahlordnungen dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat.
(3) Die Wahlberechtigten üben ihr Wahlrecht in Wahlkreisen aus, von denen jeder ein geschlossenes Gebiet umfassen muss und die in räumlich geschlossene Regionalwahlkreise unterteilt werden können. Die Zahl der Abgeordneten ist auf die Wahlkreise im Verhältnis der Zahl der Wahlberechtigten [der Wohnbevölkerung] zu verteilen. Die Landtagswahlordnung kann ein abschließendes Ermittlungsverfahren im gesamten Landesgebiet vorsehen, durch das sowohl ein Ausgleich der den wahlwerbenden Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als auch eine Aufteilung der noch nicht zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Parteien, denen im Landesgebiet mehr als 4% [5%] der abgegebenen gültigen Stimmen zugefallen sind, haben Anspruch auf Zuweisung von Mandaten. Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig.
(4) Durch Landesgesetz werden jene Fälle geregelt, in denen die Stimmabgabe nicht vor der Wahlbehörde erfolgen muss; diese Bestimmungen können vom Landtag nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.“
[Der bisherige Abs. 4 wird zu Abs. 5.]
Variante 2
Art. 95 Abs. 1 lautet:
„Artikel 95. (1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt. Deren Mitglieder werden auf Grund des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes gewählt. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren getroffen.“
[Der bisherige Abs. 4 wird zu Abs. 2.]
Seite 31:
8. Wahl der Abgeordneten zum Europäischen Parlament (Art. 23a B‑VG), Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates an der nationalen Willensbildung zu Vorhaben der Europäischen Union (Art. 23e B‑VG) sowie Mitwirkung Österreichs an der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 23f B‑VG)
Im Sinne der diesbezüglichen Akkordierung mit dem Vorsitzenden des Ausschusses 5 wurden auch diese Punkte im Ausschuss 3 vorberaten. Als Ergebnis lässt sich Folgendes festhalten:
Hingewiesen wird darauf, dass die Mitwirkung der Länder und Gemeinden bei der innerstaatlichen Willensbildung zu Vorhaben der Europäischen Union (Art. 23d B‑VG) im Ausschuss 5 vorberaten wird.
Bericht des Ausschusses 3 zum Ergänzungsmandat vom 17. Oktober 2004
a. Ergänzungsmandat:
„Der Ausschuss 3 wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages folgenden Inhaltes ersucht:
Es soll eine für die Nationalratswahl und die Landtagswahlen einheitliche Wahlrechtsgrundsatzbestimmung formuliert werden, in der der Grundsatz der Verhältniswahl als Wahlrechtsgrundsatz enthalten ist. In dieser Norm soll der einfache Gesetzgeber ermächtigt werden, den Grundsatz der Verhältniswahl durch eine Mindestprozentklausel, nicht aber durch eine Grundmandatshürde einzuschränken, wobei die konkrete Höhe der Prozentklausel vom Wahlrechtsgesetzgeber festzulegen wäre.
Die Formulierung soll sicherstellen, dass den Ländern im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie ein möglichst großer Gestaltungsspielraum verbleibt, die bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben sollen somit auf ein Minimum beschränkt und die Verfassungsautonomie der Länder soll nach Möglichkeit gestärkt werden.
Darüber hinaus soll der Ausschuss prüfen, welche Auswirkungen eine Ausdehnung einheitlicher Wahlrechtsgrundsätze auch auf die Gemeindeebene hätte und inwieweit ein Bedürfnis bzw. die Notwendigkeit besteht, für Wahlen auf Gemeindeebene größere Gestaltungsspielräume zu eröffnen.“
b. Vorbemerkung des Ausschusses:
Im Sinne der Einleitung zu diesem Bericht wird auf Folgendes hingewiesen:
Der Ausschuss hat in seinen Beratungen über das ursprüngliche Mandat das Thema „Wahlrecht“ eingehend diskutiert. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind auf den Seiten 6 bis 8 des Berichtes vom 9. Februar 2004 wiedergegeben. Darüber hinaus finden sich auf den Seiten 32 bis 35 des genannten Berichtes drei Textvorschläge zu Art. 26 B‑VG sowie zwei Textvorschläge zu Art. 95 B‑VG. Die innerhalb des Ausschusses zu diesem Thema bestehenden Positionen bleiben ebenso aufrecht wie der im Bericht vom 9. Februar 2004 wiedergegebene Meinungsstand sowie die darin erstatteten Textvorschläge. Mit dem nachstehend wiedergegebenen Textvorschlag kommt der Ausschuss also bloß dem diesbezüglichen Ersuchen des Präsidiums im Ergänzungsmandat nach.
Dies ist umso mehr zu betonen, als eine Reihe von Mitgliedern des Ausschusses einer verfassungsgesetzlichen Regelung allein mit dem im Ergänzungsmandat angesprochenen Inhalt völlig ablehnend gegenübersteht. Dazu wird zum einen vorgebracht, dass die meisten der Regelungsinhalte des geltenden Art. 26 B‑VG, insbesondere betreffend die Wahlkreise, die Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise, das Wahlalter, den allfälligen Ausschluss vom Wahlrecht, die Wahlbehörden oder die allfällige Ausübung des Wahlrechtes nicht vor einer Wahlbehörde weiterhin auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene getroffen werden sollten. Zum anderen wird von einigen Mitgliedern des Ausschusses erneut darauf verwiesen, dass auch eine Mindestprozentklausel von 4 bzw. 5% im B‑VG selbst vorgesehen werden sollte.
ca. Textvorschlag:
„Artikel X. Der Nationalrat und die Landtage werden auf Grund des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, geheimen, persönlichen und freien Verhältniswahlrechts gewählt. Die Wahlordnung kann vorsehen, dass nur solche wahlwerbende Parteien Anspruch auf Zuweisung von Mandaten haben, die einen bestimmten Mindestprozentsatz der gültigen Stimmen im gesamten Wahlgebiet erzielt haben.“
cb. Anmerkungen:
Der Textvorschlag enthält - dem Ersuchen des Präsidiums entsprechend - eine Aufzählung sämtlicher (auch schon derzeit geltender) Wahlrechtsgrundsätze, wobei der Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts im geltenden B‑VG in Art. 26 Abs. 1 und 4 eine implizite Regelung erfahren hat, jener des freien Wahlrechts durch bundesverfassungsgesetzliche Regelungen außerhalb des B‑VG (Art. 8 des Staatsvertrages von Wien und Art. 3 des 1. ZPEMRK). Diese Wahlrechtsgrundsätze sollen weiterhin den Inhalt haben, der ihnen vor allem von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und ihr folgend von der Lehre beigemessen wird. Die ausdrückliche verfassungsgesetzliche Ermächtigung zur Regelung einer Mindestprozentklausel soll ‑ auch in dieser Hinsicht dem Ersuchen des Präsidiums folgend ‑ andere „Eintrittshürden“, wie etwa eine Grundmandatsregelung, ausschließen.
d. Überlegungen zur Gemeindeebene:
Eine zukünftige Wahlrechtsregelung sollte sicherstellen, dass derzeit bestehende Gestaltungsspielräume für die Gemeindeebene jedenfalls erhalten bleiben. Die zukünftige Regelung sollte jedenfalls nicht hinter den status quo zurückfallen.
Von einzelnen Mitgliedern des Ausschusses wird zu bedenken gegeben, dass die Frage, ob ein Bedarf nach weiteren Gestaltungsspielräumen für Wahlrechtsregelungen auf Gemeindeebene besteht, erst dann abschließend beurteilt werden kann, wenn feststeht, welche Wahlrechtsautonomie die Bundesverfassung den Gesetzgebern überhaupt einräumt.
a. Ergänzungsmandat:
„Der Ausschuss wird um die Ausformulierung eines Textvorschlages ersucht, der die Stimmabgabe mittels Briefwahl (nicht aber E‑Voting) zulässt.
Als Variante soll eine Regelung ausformuliert werden, der zu Folge die Stimmabgabe mittels Briefwahl nur dann zulässig ist, wenn die Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde aus sachlich gerechtfertigten Gründen nicht möglich ist (Briefwahl nur subsidiär zulässig).“
b. Vorbemerkung des Ausschusses:
Im Sinne der Einleitung zu diesem Bericht wird auf Folgendes hingewiesen:
Der Ausschuss hat in seinen Beratungen über das ursprüngliche Mandat das Thema „Briefwahl“ umfassend diskutiert. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind auf den Seiten 6 und 7 des Berichtes vom 9. Februar 2004 wiedergegeben. Darüber hinaus finden sich auf den Seiten 32 bis 35 des genannten Berichtes Textvorschläge zu den Art. 26 und 95 B‑VG, die Regelungen betreffend die Stimmabgabe beinhalten, die nicht vor einer Wahlbehörde erfolgt. Mit dem nachstehend wiedergegebenen Textvorschlag kommt der Ausschuss bloß dem diesbezüglichen Ersuchen des Präsidiums im Ergänzungsmandat nach. Die innerhalb des Ausschusses zu diesem Thema bestehenden Positionen bleiben ebenso aufrecht wie der im Bericht vom 9. Februar 2004 wiedergegebene Meinungsstand sowie die darin erstatteten Textvorschläge.
ca. Textvorschlag:
„Artikel X. Die Wahlberechtigten können ihre Stimme nach den näheren Bestimmungen der Wahlordnung auch in Form der Briefwahl abgeben.“
cb. Variante:
„Artikel X. Wahlberechtigte, die sich voraussichtlich am Wahltag nicht im Wahlgebiet aufhalten, können ihre Stimme nach den näheren Bestimmungen der Wahlordnung auch in Form der Briefwahl abgeben.“
cc. Anmerkungen:
Während im Textvorschlag die Briefwahl der Stimmabgabe vor der Wahlbehörde prinzipiell gleichgestellt wird, geht die Variante davon aus, dass die Stimmabgabe vor der Wahlbehörde den Grundsatz darstellt, von dem für diejenigen Wahlberechtigten eine Ausnahme zulässig ist, die sich am Wahltag voraussichtlich nicht im Wahlgebiet aufhalten. (Diese Formulierung orientiert sich an der des § 60 Abs. 1 NRWO; diese Bestimmung stützt sich auf die Ermächtigung des Art. 26 Abs. 6 B‑VG.) Der Ausschuss ist überwiegend der Ansicht, dass eine diesbezügliche Regelung jedenfalls nicht zu einem unvertretbaren bürokratischen Aufwand bei den Behörden führen darf.
Als weitere Alternative wurde im Ausschuss 3 auch noch die folgende Textierung vorgelegt: „Wahlberechtigte, die am Wahltag voraussichtlich kein Wahllokal aufsuchen können, können beantragen, ihre Stimme [nach den näheren Bestimmungen der Wahlordnung] auch in Form der Briefwahl abzugeben.“
Von mehreren Mitgliedern des Ausschusses wird darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass eine Regelung betreffend die Briefwahl einen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten sollte, dass sicherzustellen sei, dass der Wahlberechtigte die Wahlentscheidung persönlich und in einer für Dritte nicht erkennbaren Weise getroffen hat. Damit soll einer möglichen Aushöhlung der Grundsätze des persönlichen und geheimen Wahlrechts bei Zulassung der Briefwahl entgegengewirkt werden.
a. Ergänzungsmandat:
„Der Ausschuss wird um die Ausformulierung eines Textvorschlages ersucht, der eine Einräumung des Wahlrechts für Ausländer vorsieht.
Als Variante soll eine Regelung ausformuliert werden, der zufolge Ausländern das Wahlrecht unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit eingeräumt wird.“
b. Vorbemerkung des Ausschusses:
Im Sinne der Einleitung zu diesem Bericht wird auf Folgendes hingewiesen:
Der Ausschuss hat in seinen Beratungen über das ursprüngliche Mandat das Thema „Ausländerwahlrecht“ umfassend diskutiert. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind auf Seite 7 des Berichtes vom 9. Februar 2004 wiedergegeben. Mit dem nachstehend wiedergegebenen Textvorschlag kommt der Ausschuss bloß dem diesbezüglichen Ersuchen des Präsidiums im Ergänzungsmandat nach. Die innerhalb des Ausschusses zu diesem Thema bestehenden Positionen bleiben ebenso aufrecht wie der im Bericht vom 9. Februar 2004 wiedergegebene Meinungsstand.
ca. Textvorschlag:
„Artikel X. Die Wahlordnung kann vorsehen, dass das Wahlrecht auch Personen zukommt, die nicht die Staatsbürgerschaft besitzen.“
cb. Variante:
„Artikel X. Unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit kommt das Wahlrecht auch im Wahlgebiet ansässigen Personen zu, die nicht die Staatsbürgerschaft besitzen.“
cc. Anmerkungen:
Im Textvorschlag wird dem Wahlrechtsgesetzgeber ein Regelungsspielraum eingeräumt. Dazu könnte in den Erläuterungen ausgeführt werden, dass die Einräumung des Wahlrechts an bestimmte Voraussetzungen (etwa ein Wohnsitzerfordernis bestimmter Dauer) geknüpft werden kann.
In der Variante wird - entsprechend dem Ersuchen des Präsidiums im Ergänzungsmandat - das Erfordernis der Gegenseitigkeit normiert.
PETITIONSRECHT (AUSSCHUSS 8)
Das Petitionsrecht wurde vom Ausschuss 8 (Demokratische Kontrollen) beraten. Die Ergebnisse der Beratungen finden sich im Ausschussbericht vom 13. Mai 2004 (S 53).
Bericht des Ausschusses 8 vom 13. Mai
2004
Seite 53:
G. Instrumente der direkten Demokratie und
der Bürgerinitiative auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene
Rechtslage
Petitionen und Bürgerinitiativen werden derzeit durch die Verfassung selbst nicht geregelt, sieht man von der grundrechtlichen Verankerung in Art. 11 des Staatsgrundgesetzes ab („Das Petitionsrecht steht jedermann zu“). Die Geschäftsordnungen regeln jedoch Petitionen an die allgemeinen Vertretungskörper. Gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz haben unter anderem Bürgerinitiativen auf Grund einer Verfassungsbestimmung das Recht, Verordnungen nach dem Bundesstraßengesetz und dem Hochleistungsstreckengesetz vor dem VfGH anzufechten. Einfachgesetzlich ist ihnen neben der Parteistellung im Verfahren zur Wahrung des objektiven Umweltschutzrechts das Recht eingeräumt, gegen Bescheide Beschwerde an den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof zu erheben.
Die überwiegende (G.4.1.) Mehrheit des Ausschusses tritt dafür ein, die bestehende Rechtslage aufrecht zu erhalten. Vor allem wurde Konsens (G.4.2.) erzielt, Bürgerinitiativen keiner eingehenden Verrechtlichung zu unterziehen. Die Schaffung eines "Sondervereinsrechtes für Bürgerinitiativen" wird konsensual abgelehnt. Bestehende Verfahrensrechte von Bürgerinitiativen (siehe hiezu das oben angeführte) werden konsensual (G.4.3.) nicht in Frage gestellt. Auf Vorschläge über die Schaffung eines Staatsziels betreffend den Umweltschutz und die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Informations- und Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit in Ausschuss 1 wurde im Zuge der Diskussion verwiesen (Bericht des Ausschusses 1 vom 25. Februar 2004, S 10-11):
-------------------------------------------------
Seite 10-11:
Z 4 Umfassender Umweltschutz (BVG, BGBl 1984/491)
Die
überwiegende Meinung geht dahin, dass der Text moderner formuliert werden soll.
Mehrere Textvorschläge liegen zur Beratung vor. Es werden zwei Textvorschläge
zu einem Kompromissvorschlag zusammengefasst. Konsens besteht über die
Formulierung:
„(1) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) schützt die
Umwelt. Sie bewahrt Mensch, Tier, Pflanze und ökologische Systeme vor
vermeidbaren nachteiligen Einwirkungen und verbessert ihre Lebensgrundlagen und
Bedingungen unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips. Natürliche Ressourcen
sind sparsam zu nützen.“
Für
die nachfolgenden Absätze war kein Konsens erzielbar. Diese lauten:
„(2) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bewahrt den
bestehenden freien Zugang zur Natur; sie ist bestrebt, freien Zugang zur Natur
zu schaffen.“
„(3) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) sorgt für
die gerichtliche Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz der Umwelt.“
Zu
Abs. 2 werden Bedenken im Hinblick auf Eigentumsverhältnisse geltend gemacht,
während zu Abs. 3 eine kritische Anmerkung erfolgt, warum gerade für den
Umweltschutz eine verfassungsmäßige Durchsetzbarkeit konstituiert werden soll.
Gegen
eine allfällige zusätzliche Inkorporierung des Atom-BVG bestehen einhellig
keine inhaltlichen Bedenken. Die Mitglieder treten für eine Integration in die
Verfassungsurkunde ein. Der diesbezügliche Textvorschlag lautet:
„(2) Maßnahmen, die der Herstellung oder Nutzung von
Atomwaffen und der Nutzung der Kernspaltung zum Zweck der Energiegewinnung
dienen, sind verboten.
(3) Die Beförderung von spaltbarem Material auf österreichischem Staatsgebiet
ist untersagt, sofern dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegen
stehen. Von diesem Verbot ausgenommen ist der Transport für Zwecke der
ausschließlich friedlichen Nutzung, nicht jedoch für Zwecke der
Energiegewinnung durch Kernspaltung und deren Entsorgung.“
Diese
beiden Absätze werden inhaltlich als zweckmäßig angesehen. Ob diese
Bestimmungen in den Haupttext der Bundesverfassung integriert werden sollen,
ist vom Ausschuss 2 zu beantworten.
Zu
den Absätzen 2 und 3 enthält ein weiterer Textvorschlag folgende Varianten:
„(2)Maßnahmen entsprechen den Grundsätzen der Vorsorge und
Vorbeugung und dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung
zu bekämpfen. Die Kosten der Vermeidung und Beseitigung von Beeinträchtigungen
tragen die Verursacher und Verursacherinnen.“
„(3) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bezieht die
Öffentlichkeit effektiv in die Umweltpolitik ein, indem sie ihr Informations-
und Beteiligungsrechte und das Recht auf gerichtliche Durchsetzung von
Vorschriften zum Schutz der Umwelt einräumt. Der Bund und die Länder richten
Umweltanwaltschaften zur unabhängigen Wahrung der Umweltschutz-vorschriften
ein.“
Dazu gibt es keine einhellige Auffassung.
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Es bestand Konsens (G.4.4.), dass die Einbringung von Petitionen in gleicher Weise erleichtert werden soll wie die Stimmabgabe bei Wahlen, sofern es dort zu einer Änderung der Rechtslage kommt (einschließlich Briefwahl und elektronische Stimmabgabe).
AUSKUNFTSRECHT (AUSSCHUSS 6)
Das Auskunftsrecht wurde zunächst vom Ausschuss 6 (Reform der Verwaltung) beraten. Die Ergebnisse der Beratungen finden sich im Ausschussbericht vom 23. März 2004 (S 20-21).
Bericht des Ausschusses 6 vom 23. März
2004
Seite 20 –
21:
Die Verfassungsbestimmungen über die Amtsverschwiegenheit und die Auskunftspflicht in Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG sind nicht nur ein treffendes Beispiel für die derzeitige Unübersichtlichkeit im Verfassungsrecht, sondern berühren in einem hohen Ausmaß das Verwaltungshandeln. Deshalb wurde diese Thematik in das Beratungsprogramm des Ausschusses 6 aufgenommen, obgleich es auch dem Ausschuss 8 zugewiesen ist. Der Ausschuss beschränkte sich auf Antrag einiger Mitglieder auf die Feststellung der Hauptzuständigkeit des Ausschusses 8 und nahm die eingebrachten Vorschläge zur Kenntnis.
In
einigen Statements wurde dennoch von einigen Mitgliedern die Meinung vertreten,
dass die derzeit „nebeneinander“ stehenden Tatbestände der Amtsverschwiegenheit
(in Abs. 3) und der Auskunftspflicht (in Abs. 4) zumindest zusammengefasst
werden sollten, wobei der bereits derzeit geltende Grundsatz der
Auskunftspflicht auch legistisch zum Ausdruck gebracht wird. Die
Verfassungsbestimmungen sollten also gewissermaßen „umgedreht“ werden. Weiters
wurde eine grundrechtliche Positionierung der Auskunftspflicht in die Diskussion
eingebracht.
Im Folgenden
werden die drei dem Ausschuss 6 vorgelegten Textvorschläge, die keiner
ausführlichen Diskussion unterzogen wurden und damit keinen Konsens erzielen
konnten, abgebildet:
Textvorschlag A (kein Konsens): [statt Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG]
(x) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung
betrauten Organe haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte
zu erteilen (Auskunftspflicht), soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht
dem nicht entgegensteht. Eine Pflicht zur Verschwiegenheit besteht für
Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse 1. der
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, 2. der umfassenden Landesverteidigung, 3. der auswärtigen Beziehungen, sowie zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im
überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit).
Näheres regeln die Gesetze. [+ Amtsverschwiegenheit gegenüber allg.
Vertretungskörpern] |
Textvorschlag B (kein Konsens): [statt Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG]
(x) Alle mit Aufgaben
der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe
anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über Angelegenheiten
ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen. Das Recht auf Auskunft kann
gesetzlichen Einschränkungen unterworfen werden, wenn und insoweit dies zum
Schutz zwingender Interessen im Sinne des Art. 10 Abs.2 der Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958,
erforderlich ist. Die politische Verantwortung gegenüber parlamentarischen
Vertretungskörpern umfasst in jedem Fall die Pflicht, im Rahmen des
parlamentarischen Fragerechts und in Untersuchungsausschüssen jede
geforderte Auskunft zu erteilen. Die Auskunftserteilung kann in diesen
Fällen in vertraulicher Form erfolgen, wenn die Auskunft geheim zu haltende
Tatsachen enthält und die vertrauliche Auskunftserteilung in der Geschäftsordnung
des betreffenden Vertretungskörpers geregelt ist. |
Textvorschlag C (kein Konsens): [als Teil eines Grundrechtskataloges] Artikel x. Jede Person hat das Recht, über Angelegenheiten
öffentlicher Einrichtungen Auskunft zu erhalten und in deren Dokumente
Einsicht zu nehmen. Die Auskunft und der Zugang können im öffentlichen
Interesse oder zum Schutz von Rechten und Freiheiten anderer gesetzlich
beschränkt werden. |
AUSKUNFTSRECHT (AUSSCHUSS 8)
Das Auskunftsrecht wurde auch vom Ausschuss 8 (Demokratische Kontrollen) beraten.
Die Ergebnisse der Beratungen finden sich im Ausschussbericht vom 13. Mai 2004 (S 15-16, 45-46, 102-103). Auch das Ergänzungsmandat zum Ausschuss 8 berührt dieses Thema. Da der diesbezügliche Bericht des Ausschusses 8 noch nicht vorliegt, können in dieser Übersicht lediglich die vorläufigen Beratungsergebnisse zum Ergänzungsmandat (Stand: 29.10.2004) dargestellt werden.
Bericht des Ausschusses 8 vom 13. Mai
2004
Seite 15 –
16:
A.
Rechte der Parlamente
(Nationalrat, Bundesrat, Landtage)
Rechtslage
Art. 20 Abs. 3 letzter Satz B-VG lautet: " Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt." Der Verfassungsgesetzgeber der B-VG-Novelle 1925 wollte durch diesen Satz ausdrücklich verhindern, dass sich Mitglieder der Bundes-, einer Landesregierung und der Stadtsenate gegenüber „ihren“ allgemeinen Vertretungskörpern auf die gleichzeitig ins B-VG eingefügten Verschwiegenheitspflichten berufen können. Der damaligen Rechtslage zufolge wurden nämlich in allen drei Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) die obersten Exekutivorgane von den Vertretungskörpern bestellt. Durch die B‑VG-Novelle 1929 wurde jedoch die Ernennung der Mitglieder der Bundesregierung dem Bundespräsidenten übertragen. Zudem bestimmt Art. 117 Abs. 6 B-VG seit 1996 zwar nach wie vor grundsätzlich, dass der Bürgermeister vom Gemeinderat gewählt wird, fügt jedoch hinzu, dass in der Landesverfassung vorgesehen werden kann, dass "die zur Wahl des Gemeinderates berechtigten Bürger den Bürgermeister wählen". Sowohl Mitglieder der Bundesregierung wie auch direkt gewählte Bürgermeister können sich daher ‑ zumindest theoretisch – vor "ihren" Vertretungskörper auf die Amtsverschwiegenheit berufen.
Der Ausschuss erachtete im Konsens (A.7.) beide Regelungen als korrekturbedürftige "Redaktionsfehler" des Bundesverfassungsgesetzgebers. Mitglieder der Bundesregierung sowie direkt gewählte Bürgermeister sollen sich daher in Zukunft nicht mehr unter Berufung auf Art. 20 Abs. 3 B-VG auf die Amtsverschwiegenheit gegenüber "ihren" allgemeinen Vertretungskörpern berufen können.
Seite 45 –
46 und Seite 102 – 103:
F. Amtsverschwiegenheit
und Transparenz der Verwaltung
Diskussionsgrundlage waren die Basisinformation VI und ein Fragenkatalog des Ausschussvorsitzenden zur Neuordnung der Amtsverschwiegenheit. Der Ausschuss hat zu diesem Thema weiters Thesenpapiere der Universitätsprofessoren Dr. Kucsko-Stadlmayer und Dr. Hengstschläger eingeholt. Dem Ausschuss lag auch noch eine Darstellung von Ass.Prof. Dr. Feik vor.
Rechtslage
Das B-VG verpflichtet "alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe ... zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, ... deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit)". Diese Regelung wurde im Jahre 1987 durch Art. 20 Abs. 4 B-VG erweitert, der die oben genannten Organe verpflichtet, "über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht". Die nähere Regelung dieser Auskunftspflicht obliegt dem Bund für seinen Vollzugsbereich. Gegenüber den Ländern kommt ihm auch noch eine Grundsatzgesetzgebung zu. Die Landtage haben schließlich die Pflicht zur Ausführungsgesetzgebung. Letztendlich gelten in Österreich somit 11 Auskunftspflichtgesetze: Ein solches des Bundes, ein Bundes-Grundsatzgesetz sowie 9 Ausführungsgesetze der Länder.
Ergebnis der Ausschussberatungen
Im Gegensatz zur geltenden Gleichrangigkeit der B-VG-Regelungen für die Amtsverschwiegenheit und die Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß Art. 20 Abs. 3 und Abs. 4 B-VG besteht im Ausschuss Konsens (F.1.) über eine künftige hierarchische Unterordnung der Amtsverschwiegenheit unter die Informationsverpflichtung. Die Auskunftspflicht soll somit grundsätzlich die geltende Regel darstellen, die Amtsverschwiegenheit die auf ein Mindestmaß reduzierte Ausnahme. Es besteht Konsens (F.2.) im Ausschuss, dass dem Betroffenen ein diesbezügliches verfassungsrechtlich verankertes, subjektiv einklagbares Recht auf Erteilung von Auskünften zuerkannt werden soll.
Die überwiegende (F.3.) Mehrheit des Ausschusses war der Ansicht, dass die Amtsverschwiegenheit – wenn auch eingeschränkt – im B-VG verankert bleiben soll. Im Rahmen eines Ausgestaltungsvorbehaltes soll der einfache Gesetzgeber ermächtigt werden, die für die Amtsverschwiegenheit relevanten Bereiche möglichst klar zu umschreiben. Eine Einschränkung des Rechtes auf Auskunft soll vor allem im Rahmen von Art. 10 Abs. 2 EMRK und zum Schutz personenbezogener Daten möglich sein. Vereinzelt (F.4.) wurde die Ansicht vertreten, dass nur Art. 10 Abs. 2 EMRK zulässige Ausnahmen von der Informationspflicht begründen soll.
Überwiegend (F.5.) wird eine generelle Volksöffentlichkeit von Verwaltungsverfahren vom Ausschuss abgelehnt.
Überwiegend (F.6.) erzielte der Ausschuss Einvernehmen, dass die derzeitige Zersplitterung der Rechtsquellen über die Auskunftspflicht (insgesamt 11 Gesetze) einer einheitlichen Norm weichen soll, um die für alle Gebietskörperschaften und deren mittelbar oder unmittelbar zuzurechnenden Verwaltungen gelten soll. Vereinzelt (F.7.) wurde angeregt, für die bisher von den Landesgesetzgebern zu regelnde Auskunftspflicht eine Bedarfskompetenz des Bundes vorzusehen (vergleichbar jener für das Verwaltungsverfahren gemäß Art. 11 Abs. 2 B-VG). Des Weiteren bestand auch Konsens (F.8.), dass nicht nur die Verwaltung, sondern auch die Gerichte der neuen Auskunftserteilungs-/Amtsverschwiegenheits-Regelung unterworfen werden sollen. Bei ausgegliederten Rechtsträgern wird nach überwiegender (F.9.) Ansicht des Ausschusses jeweils im Einzelfall zu beurteilen sein, ob dem betreffenden Rechtsträger durch eine Auferlegung der Auskunftspflicht ein unzumutbarer Schaden am Markt zugefügt werden würde. Es müssten daher entsprechende Bestimmungen in die jeweiligen Ausgliederungsgesetze aufgenommen werden.
Es bestand schließlich Konsens (F.10.), dass die zu schaffenden B-VG-Bestimmungen möglichst abstrakt formuliert werden sollen. Die von der Regelung erfassten Datenarten (zB Akten, EDV usw.) sollen daher nicht detailliert in die Verfassungsregelung aufgenommen werden.
Sammlung nicht konsentierter verfassungsgesetzlicher
Textvorschläge
Schon während der Ausschussberatungen haben Mitglieder des Ausschusses
Formulierungsentwürfe für Verfassungstexte vorgelegt, die entweder Vorschläge
verdeutlichen oder Beratungsergebnisse widerspiegeln sollten. Weitere
Textvorschläge legten der Vorsitzende und der Präsident des RH als
Diskussionsgrundlagen vor.
In ihrer abschließenden Sitzung erzielten die Ausschussmitglieder
Konsens, diese Vorschläge für Teile einer neuen Verfassung dem Konvent
vorzulegen, ohne jeweils im Einzelfall anzumerken, von wie vielen
Ausschussmitgliedern der jeweilige Textentwurf mitgetragen wurde. (Siehe hiezu
Seite 7 des Berichtes).
Die nachstehenden Formulierungsvorschläge gehen vom geltenden Text des
Bundes-Verfassungsgesetzes aus. Die Textteile in magerer Schrift enthalten das
geltende B-VG; die vorgeschlagenen Neuformulierungen sind fett
gedruckten. In eckigen Klammern finden sich zusätzliche verfassungsgesetzliche
Textvorschläge.
Artikel 20 Abs. 3 und 4 lauten:
Variante 1:
(3) Die österreichischen Staatsbürgerinnen und
Staatsbürger haben gegenüber Organen der Gesetzgebung, der Verwaltung und der
Gerichtsbarkeit das Recht auf Auskunft und Information. Die Ausübung dieses
Rechtes wird durch ein besonderes Gesetz geregelt, in dem insbesondere der
Kreis der Auskunfts- und Informationspflichtigen näher festzulegen ist.
(4) Der Gesetzgeber kann für die Ausübung dieses
Rechtes Bedingungen und Einschränkungen vorsehen, wie sie in einer
demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der
territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der
Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der
Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer,
oder, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das
Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten oder ...
notwendig sind.
Variante 2:
(3) Alle mit Aufgaben Bundes-, Landes- und
Gemeindeverwaltung sowie mit Aufgaben der Gerichtsbarkeit betrauten
Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechtes haben
über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, sofern dies
nicht auf Grund des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens oder des
Datenschutzes unzulässig ist. Berufliche Vertretungen sind nur gegenüber
den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies nur insoweit, als
dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht
verhindert wird (Auskunftspflicht).
(4) Näheres bestimmt ein Bundesgesetz über die
Auskunftspflicht. Dieses kann die Erteilung von Auskünften einschränken oder
untersagen, wenn dies im Interesse der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des
wirtschaftlichen Wohls des Landes, der Verteidigung, der Ordnung und zur
Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral
oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Dieses
Bundesgesetz ist jedoch nicht auf Auskünfte von Mitgliedern von obersten
Organen einer Gebietskörperschaft gegenüber einem allgemeinen Vertretungskörper
anzuwenden, der diese Organe bestellt hat; dies gilt auch für Mitglieder der
Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat und Bundesrat sowie für
Bürgermeister, die gemäß Artikel 117 Abs. 6 letzter Halbsatz gewählt wurden.
Variante 3:
(3) Jede Person hat ein Recht auf Auskunftserteilung sowie Zugang zu den Dokumenten öffentlicher Einrichtungen. Dieses Recht kann durch Gesetz Einschränkungen unterworfen werden wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtssprechung zu gewährleisten.
Vorläufige Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses 8 zum
Ergänzungsmandat
(Stand: 29.10.2004)
A) Rechte
der Parlamente (Nationalrat, Bundesrat, Landtage)
9.) Keine
Amtsverschwiegenheit oberster Vollzugsorgane gegenüber "ihrem"
allgemeinen Vertretungskörper.
Ergänzungsmandat:
Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag zu akkordieren.
Textvorschlag:
Artikel 20 Abs. 3 und 4 (aus dem Ausschussbericht, Anlage II)
Variante 2:
(3) Alle mit Aufgaben Bundes-, Landes- und
Gemeindeverwaltung sowie mit Aufgaben der Gerichtsbarkeit betrauten
Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechtes haben
über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, sofern dies
nicht auf Grund des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens oder des
Datenschutzes unzulässig ist. Berufliche Vertretungen sind nur gegenüber
den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies nur insoweit, als
dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht
verhindert wird (Auskunftspflicht).
(4) Näheres bestimmt ein Bundesgesetz über die
Auskunftspflicht. Dieses kann die Erteilung von Auskünften einschränken oder
untersagen, wenn dies im Interesse der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des
wirtschaftlichen Wohls des Landes, der Verteidigung, der Ordnung und zur
Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral
oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Dieses
Bundesgesetz ist jedoch nicht auf Auskünfte von Mitgliedern von obersten
Organen einer Gebietskörperschaft gegenüber einem allgemeinen Vertretungskörper
anzuwenden, der diese Organe bestellt hat; dies gilt auch für Mitglieder der
Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat und Bundesrat sowie für
Bürgermeister, die gemäß Artikel 117 Abs. 6 letzter Halbsatz gewählt wurden.
Erwägungen des Ausschusses:
Die Frage wird im Zuge der Verhandlungen bei der Amtsverschwiegenheit behandelt (siehe Punkt F.).
F) Amtsverschwiegenheit,
Transparenz der Verwaltung auch unter dem Gesichtspunkt des E-Governments sowie
des Verhältnisses zu den Medien (Art. 20 Abs. 3 und
4 B-VG)
1.) Subjektives
einklagbares Recht des Betroffenen auf Auskunftserteilung
Ergänzungsmandat:
Der Ausschuss wird ersucht, die verfassungsgesetzliche Notwendigkeit zu prüfen.
Textvorschläge:
Artikel 20 Abs. 3 und 4 (aus dem Ausschussbericht, Anlage II)
Variante 1:
(3) Die österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger
haben gegenüber Organen der Gesetzgebung, der Verwaltung und der
Gerichtsbarkeit das Recht auf Auskunft und Information. Die Ausübung dieses
Rechtes wird durch ein besonderes Gesetz geregelt, in dem insbesondere der
Kreis der Auskunfts- und Informationspflichtigen näher festzulegen ist.
(4) Der Gesetzgeber kann für die Ausübung dieses Rechtes
Bedingungen und Einschränkungen vorsehen, wie sie in einer demokratischen
Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen
Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der
Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der
Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, oder, um die Verbreitung
von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die
Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten oder ... notwendig sind.
(5) Näheres bestimmt ein Bundesgesetz über die
Auskunftspflicht. Dieses kann die Erteilung von Auskünften einschränken oder
untersagen, wenn dies im Interesse der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des
wirtschaftlichen Wohls des Landes, der Verteidigung, der Ordnung und zur
Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral
oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Dieses
Bundesgesetz ist jedoch nicht auf Auskünfte von Mitgliedern von obersten
Organen einer Gebietskörperschaft gegenüber einem allgemeinen Vertretungskörper
anzuwenden, der diese Organe bestellt hat; dies gilt auch für Mitglieder der
Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat und Bundesrat sowie für
Bürgermeister, die gemäß Artikel 117 Abs. 6 letzter Halbsatz gewählt wurden.
Variante 2 (3):
(3) Jede Person hat ein Recht auf Auskunftserteilung sowie
Zugang zu den Dokumenten öffentlicher Einrichtungen. Dieses Recht kann durch
Gesetz Einschränkungen unterworfen werden wie sie in einer demokratischen
Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit
oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und Moral,
des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die
Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und
die Unparteilichkeit der Rechtssprechung zu gewährleisten.
(Kucsko-Stadlmayer)
(4) Das
Auskunftsrecht kann durch Gesetz Bedingungen und Einschränkungen unterworfen
werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der
nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit, der öffentlichen
Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und Verbrechensverhütung, zum
Schutz der Gesundheit und der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte
anderer oder zum Schutz von Ansehen und Unparteilichkeit der Recht-sprechung
notwendig sind. Berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils
Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die
ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.
(Poier)
(3) Alle mit
Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die
Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über
Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine
gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nicht besteht. Eine Pflicht zur
Verschwiegenheit besteht für Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der
umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, zur Vorbereitung
einer Entscheidung, im überwiegenden Interesse der Parteien oder aufgrund des
Rechtes auf Datenschutz geboten ist.
(4) Die Pflicht
zur Verschwiegenheit gemäß Abs. 3 besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper
bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er
derartige Auskünfte verlangt. Sinngemäß gilt dies auch für Mitglieder der
Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat und dem Bundesrat sowie für vom Volk
gewählte Bürgermeister gegenüber dem jeweiligen Gemeinderat.
(5) Die näheren
Bestimmungen werden durch ein Bundesgesetz geregelt. Abweichende Regelungen
können in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder
Landesgesetzen getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes
erforderlich sind.
Erwägungen des Ausschusses:
Insbesondere wird die Frage aufgeworfen, ob die Auskunftspflicht für die Organe der Gesetzgebung statuiert werden soll, da manche Textvorschläge dies vorsehen.
Die
Ausschussvorsitzende stellt fest, dass für die weitere Debatte vier
Vorschläge in Verhandlung bleiben: Poier, Kucsko-Stadlmayer, Grüne
(Variante 3) sowie Hatzl
(Variante
1). – Im Einzelnen wird noch zu prüfen sein, welche Schutzgüter aus dem von
Art. 10 Abs. 2 EMRK (Freiheit der Meinungsäußerung) geschützten Bereich
Ausnahmen von der Auskunftspflicht rechtfertigen können (z.B. Interesse der
nationalen Sicherheit, öffentliche Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung
und der Verbrechensverhütung etc.).
2.) Einschränkung
der Amtsverschwiegenheit vor allem auf die Gründe von Art. 10 Abs. 2
EMRK sowie den Schutz personenbezogener Daten
Ergänzungsmandat:
Über diese Frage besteht Dissens. Der Ausschuss wird dennoch ersucht, einen
Textvorschlag zu akkordieren.
Textvorschlag: Wie
F.1.
3.) Einheitliche
Auskunftspflicht in Ausführung des neuen Art. 20 B-VG für Bund, Länder und
Gemeinden.
Ergänzungsmandat:
Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag
auszuarbeiten.
Wie
F.1.
4.) Abstrakte
Formulierung für die erfassten Datenarten (keine taxative Aufzählung im B-VG)
Ergänzungsmandat:
Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag
auszuarbeiten.
Wie F.1.
* Diese Bestimmung geht davon aus, dass das Verbotsgesetz in seiner derzeitigen Form Bestandteil der Verfassung bleibt.
** Übergangsbestimmung: „Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bundesverfassung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften gelten als solche im Sinne des Artikels 26.“
* Variante: (3) Wer nicht in der Lage ist, für sich und die ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten zu sorgen, hat Anspruch auf persönliche Hilfe sowie die zur sozialen Mindestsicherung erforderlichen Leistungen für Nahrung, Kleidung, Unterkunft, notwendige medizinische Versorgung und soziale Teilhabe.
[1] vgl Entwurf Prof. Grabenwarter
[2] Klausel sicherer Drittstaaten
[3] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat als Variante 1.
[4] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat als Variante 2.
[5] Dieser Aspekt ist im diesbezüglichen Textvorschlag (Variante 2) noch nicht berücksichtigt.
[6] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil unter Pkt. 1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat als Variante 3.
[7] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil zu Pkt. 2.1. Legislative der Länder als Variante 1.
[8] Ein aus dieser Position resultierender Textvorschlag findet sich im Besonderen Teil zu Pkt. 2.1. Legislative der Länder als Variante 2.