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Pressedienst des Österreich-Konvents/02/10.12.2004/Nr. 26
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Grundrechte und Finanzen stehen zur Diskussion
Utl.: Weitere Ausschussberichte im Konvent
Der Vorarlberger Landtagspräsident Gebhard Halder betonte, dass der Ruf nach größtmöglicher Einheit im Staat nicht richtig sei. Diese Vereinheitlichung sei im Interesse der
Wirtschaft, heiße es immer, und dafür werde als Beispiel das Baurecht genannt. Er bestreite durchaus nicht, dass es einen gewissen Bedarf nach Einheitlichkeit gebe, wie zum Beispiel bei den
Stiegen, Geländern und Stufen. Hier habe auch die Landeshauptleutekonferenz einen Kompromiss gefunden.
Allerdings betonte er auch, dass Unterschiede die Wertschöpfung fördern. Als Beispiel dafür nannte er die bekannte Vorarlberger Holzbauarchitektur, mit der die regionalen Kreisläufe
gefördert würden. Somit bleibe das Geld in der Region. Die regionale Kompetenz bringe Kosteneinsparung, die Verantwortung sei vor Ort besser wahrzunehmen.
Univ.-Prof. Christoph Grabenwarter merkte zu Ausschuss 9 an, dass der Entwurf für die Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit ein wichtiges Ergebnis sei. Diese könne, unabhängig
von der sonstigen Verfassungsreform, selbstständig umgesetzt werden. Zu Rechtsschutz meinte er, dass es keinen Konnex zwischen Verfassungsbeschwerde und Subsidiarantrag gebe. Die könne unabhängig
umgesetzt werden. Die Gesetzesbeschwerde sei ein logischer nächster Schritt, weil sie absehbare Ergebnisse für die Gerichte liefere.
Zwtl.: Finanzen in die Verfassung
Der stellvertretende Vorsitzende von Ausschuss 10, Bernd Vögerle, stellte die Ergebnisse zum ergänzenden Mandat vor. Er meinte, dass der Ausschuss vor allem über Haushaltswesen, Textvorschläge
und die Zuweisungen von Ausschuss 2 gesprochen habe.
Zum Haushaltswesen gebe es einen Vorschlag, einen mehrjährigen Ausgabenrahmen mit verbindlichen Obergrenzen einzuführen, um die Umsetzung der Maastricht-Kriterien zu erleichtern. Dazu
wäre es auch nötig, die Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung zusammenzuführen und Sanktionsmechanismen sowie Controllinginstrumente einzuführen. Die Länder sprachen
sich gegen die Einführung der Grundsätze des Haushaltswesens in ihrem Bereich aus, weil dies ihre Verfassungsautonomie einschränken würde. Denkbar wären für sie einheitliche
Grundsätze nach Vereinbarung auf Basis von Artikel 15a.
Zum Gender Budgeting einigte sich der Ausschuss auf die Formulierung „tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen“.
Zum gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht oder ausgeglichenen Haushalt gebe es einen Vorschlag, dass der Bund die Verpflichtungen und Vorgaben zur Erreichung des Ziels vorgeben solle. Die Definition
müsse in der Verfassung verankert sein. Dagegen sprach sich ein Teil des Ausschusses aus. Bei der wirtschaftlichen Entwicklung müssten auch die sozialen Parameter berücksichtigt werden.
Er hielt fest, dass die Ergebnisse im Ausschuss 10 ein sehr breites Meinungsspektrum wiedergeben und eine gute Grundlage für die weitere Arbeit wären.
Staatssekretär Alfred Finz merkte in der folgenden Diskussion an, dass auch das Finanzministerium Reformbedarf bei der Finanzverfassung sehe. Die derzeitigen Bestimmungen berücksichtigten
nicht die Verpflichtungen aus dem Stabilitätspakt. Beim Finanzausgleich würde nur auf einfachgesetzlicher Basis Einigung für die Dauer des Finanzausgleichs erzielt. Daher sei eine dauerhafte
Regelung nötig.
Zum Haushaltsrecht betonte er, dass eine wirkungsorientierte Verwaltung nötig wäre. Geregelt sei nicht, welche Leistungen die öffentliche Hand zu vollbringen habe und welche Mittel
dafür nötig seien. Nötig sei auch die Zusammenführung der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung.
Peter Wittmann stellte fest, dass er sich einen detaillierten Endbericht mit vielen Vorschlägen erwarte, die noch politisch verhandelt werden müsse. Zudem betonte er, dass die Arbeit im
Konvent gefährdet sei, wenn die Regierungsparteien die Opposition überrollen würden.
Günter Voith betonte, dass in den Ausschüssen durch die politischen Interessen sehr viel diskutiert worden sei. Fragen zur Reform der Kammeralistik, zum Controlling oder einem modernen
Personalmanagement seien nur zaghaft angesprochen worden. Dabei sei größere Flexibilität für Bund, Länder und Gemeinden und eine größere Freiheit der Ressorts für
eine Modernisierung der Verwaltung dringend erforderlich. Eine Senkung der Verwaltungskosten sei nicht mit der Frage Föderalismus oder Zentralismus verknüpft, sondern mit der Frage der Durchführung.
Er sprach sich gegen einen Bericht aus, in dem die unterschiedlichen Meinungen dargestellt würden. Damit würde man nur die Probleme ans Parlament zurückspielen und der Konvent wäre
sinnlos gewesen. Nötig sei jetzt, einen Bericht mit den konsentierten Punkten und kühnen Ergänzungen auszuarbeiten.
Erich Pramböck stellte fest, dass die Beratungen im Ausschuss 10 sehr intensiv gewesen wären, es aber unüberwindliche Auffassungsunterschiede gebe.
Zur Parität stellte er fest, dass der Finanzausgleich und steuerpolitische Maßnahmen zwingend zwischen Bund und Ländern verhandelt werden müssten. Falls es keine Einigung gebe,
müsse ein Vermittlungsverfahren in Gang gesetzt werden.
Gebhard Holzer betonte, dass beim gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht kooperative, partnerschaftliche Lösungen gefordert seien, und nicht zentrale Vorgaben. Wenn der Bund Defizite produziere,
müssten das die Länder und Gemeinden auffangen, um die Maastricht-Kriterien zu erreichen. Vorarlberg mache schon seit 20 Jahren keine Schulden mehr, was auf die eiserne Haushaltsführung
zurückzuführen sei. Daher lehne er ein Diktat des Bundes ab. Schließlich seien Bund, Länder und Gemeinden gleichberechtigte Partner.
Madeleine Petrovic appellierte an die Konventsmitglieder, den Mut zusammenzunehmen und 1 ½ Jahre intensive Arbeit zu einem Ergebnis zu bringen. Nötig wäre, dass alle über ihren
Schatten springen und einen Kompromiss finden.
Auch im Ausschuss 10 könne mit etwas politischer Mühe ein Kompromiss gefunden werden. Schließlich haben alle Interesse an einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht.. Die Frage sei
nur, ob alle den politischen Willen aufbringen.
Zum Gender Budgeting merkte sie an, dass dieses nicht nur ein Faible der Grünen sei, sondern von der EU immer stärker verlangt würde. Es handle sich hier um ein Prinzip der modernen
Haushaltsführung.
Zwtl.: Debatte über Legistische Strukturfragen
„Ziel des Ausschusses 2 ist es, formale Strukturen zu entwickeln, die die Bereinigung der Verfassung ermöglichen und einen künftigen Wildwuchs von Verfassungsbestimmungen verhindern“,
meinte der Vorsitzende des Ausschusses 2, VfGH-Präsident Karl Korinek, bei der Vorstellung des ergänzenden Berichts. Dies sei in der Ausschussarbeit geschehen. Auch seien Vorschläge zur
Verfassungsbereinigung und für ein relatives Inkorporationsgebot durchwegs im Konsens erarbeitet worden. Korinek meinte, dass den anderen Ausschüssen rund 350 Bestimmungen – vor allem aus
dem Grundrechts- und Rechtsschutzbereich – zugewiesen worden seien, über deren rechtliches Schicksal dort beraten werden sollte. Allerdings sei dafür die Einigung bei der Kompetenzverteilung
und bei den weisungsfreien Behörden unerlässlich. Die Basis zur Verfassungsentrümpelung sei gelegt, allerdings sei zur formellen Bereinigung ein zweiter Durchgang des Ausschusses nötig,
in dem legistische Feinheiten behandelt werden müssten.
In der anschließenden Diskussion meldete sich Johannes Schnizer zu Wort. Er begrüßte die Ergebnisse zur Verfassungsbereinigung und die Vorschläge zur Vermeidung von Verfassungsbestimmungen
in Staatsverträgen. Weiters meinte er, dass im momentanen politischen Klima der Konsens gefährdet sei. Falls kein Konsens über die neue Verfassung zustande kommen sollte, solle der Verfassungsdienst
aus den Konventsergebnissen einen Vorschlag erarbeiten.
Auch Madeleine Petrovic merkte an, dass die tagespolitischen Ereignisse auf die Arbeit des Österreich-Konvents Einfluss hätten. Allerdings appellierte sie, die im Ausschuss 2 im Konsens
erarbeiteten Ergebnisse nicht der Tagespolitik zu opfern. Die Grünen schließen sich der Meinung Korineks an, dass ohne Einigung bei den Kompetenzen die Verfassungsbereinigung nicht möglich
sei. Weiters betonte sie, dass bestimmte Regelungen auch ohne Verfassungsrang weiterhin inhaltlich aufrecht bleiben sollten.
Zwtl: Grundrechte ja, aber wie?
„Ohne Widerspruch gibt es keinen Fortschritt im Denken“ meinte Univ.-Prof. Bernd-Christian Funk, der Vorsitzende des Ausschusses 4 zur Präsentation des Berichts des Grundrechtsausschusses.
Der Ausschuss habe seine Arbeit nach der Berichtslegung im Juni fortgesetzt und Textvorschläge ausgearbeitet. Wenngleich nicht überall Konsens bestehe, sei es im Ausschuss doch gelungen, den
Grundrechtsbereich gründlich zu analysieren und Texte – teils in verschiedenen Varianten – zu formulieren, die in einen Grundrechtskatalog aufgenommen werden könnten. Außerdem
betonte Funk, dass es zwei verschiedene Qualitäten von Konsens gebe: einerseits über den Inhalt, andererseits über die Formulierung des Textes. Auch wenn über die Texte Dissens bestehe,
habe der Ausschuss 4 in wichtigen Bereichen – wie zum Beispiel über die Einrichtung und Einklagbarkeit von sozialen Grundrechten – Konsens erzielen können.
Sonja Wehsely merkte in der anschließenden Debatte an, dass die neue Verfassung nicht Selbstzweck sein solle, sondern sie solle für die Bürger mehr Demokratie und mehr Rechte gewährleisten.
Dafür sei die Verankerung sozialer Grundrechte nötig. Weiters appellierte sie an das Konvents-Präsidium, auf die Vorlage eines einheitliches Verfassungstextes zu verzichten, weil dieser
nicht die Arbeit aller Konvents-Mitglieder abbilde.
Univ.-Prof. Christoph Grabenwarter betonte, dass der Grundrechtsausschuss eine intensive Schlussphase hinter sich hätte, in der die verschiedenen Textvorschläge gegenübergestellt
wurden, um Konsens zu erzielen. Der Vorschlag der Sozialpartner zu den sozialen Grundrechten zeige, dass ein Konsens möglich sei. Deshalb befürworte Grabenwarter die Vorlage eines einheitlichen
Grundrechtskatalogs durch das Präsidium des Konvents und er hoffe, dass dort Einigung erzielt werden könne.
Univ.-Prof. Michael Holoubek forderte mehr Mut, vor allem im Bereich der sozialen Grundrechte, wo eine funktionierende Verwaltungsgerichtsbarkeit nötig sei, damit Defizite aufgedeckt werden
könnten. Der Ausschuss 4 habe in seinen 38 Sitzungen mit Hartnäckigkeit die vorhandenen Probleme aufgedeckt und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Der Bericht dieses Ausschusses werde
auch über den 31. Jänner 2005 hinaus Bestand haben und die Politik habe die Verantwortung, ein Klima zu schaffen, in dem die Realisierung eines modernen Grundrechtskatalogs möglich sei.
Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna-Maria Hochhauser erläuterte den Sozialpartner-Vorschlag zu den sozialen Grundrechten und betonte, dass es den Sozialpartnern gelungen sei, unterschiedliche
politische Meinungen zu vereinen. Das Gelingen einer neuen Verfassung sei nur möglich, wenn man über parteipolitische Grenzen hinwegsehe. Diese Verantwortung liege jetzt bei der Politik.
Joachim Preiss, Vertreter der Arbeiterkammer, meinte ebenfalls, dass es den Sozialpartnern gelungen sei, gemeinsame Probleme gemeinsam zu lösen und dass dabei gute Ergebnisse zur sozialen Sicherheit,
zur Mindestversorgung und zum Koalitionsrecht erzielt werden konnten.
OGH-Präsident Johann Rzeszut sprach in seinem Diskussionsbeitrag die Schwierigkeit der Formulierung von Grundrechten an: Ein Grundrecht müsse so determiniert sein, dass es auch rechtlich
durchgesetzt werden könne. Kein anderer Rechtsbereich sei mehr durch widersprüchliche Zusammenhänge gekennzeichnet. Ausschuss 4 habe in seiner Arbeit diese Probleme aufgezeigt und Lösungsmöglichkeiten
erarbeitet. Jetzt sei es Aufgabe der Politik, dementsprechend zu agieren.
Karl Lengheimer bemerkte, dass es dem Ausschuss oft gelungen sei, gemeinsame Ergebnisse zu erzielen. Jetzt sei zu klären, ob der Österreich-Konvent dazu genützt werde, unabänderliche
Positionen darzustellen, oder ob im Sinne des Grundgedankens versucht werde, die Meinungen zusammenkommen zu lassen.
Johannes Schnizer meinte, dass der Konsens im Präsidium zu den sozialen Grundrechten nur scheinbar vorhanden sei, da sich die Mitglieder bezüglich der Texte nicht einigen konnten. Die
Vorlage eines Grundrechtskatalogs durch den Konvent hätte nur dann Sinn, wenn Konsens zum Ganzen bestehe.
Abschließend meldete sich das Präsidiumsmitglied Claudia Kahr zu den Grundrechten zu Wort: Gerade in diesem Bereich sei das Diskussionsklima im Präsidium sehr positiv und durchaus
vom Willen zur Einigung geprägt gewesen. Soziale Grundrechte müssten einklagbar sein, sie sei sehr optimistisch, dass im Präsidium eine Einigung möglich sein werde. (Schluss)
nnnn